Vorwort

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Vorwort
Die Paracelsus-Elena-Klinik in Kassel ist heute eine international anerkannte,
moderne neurologische Fachklinik für die Behandlung von Parkinsonsyn­
dromen und Bewegungsstörungen. Mit 120 Betten, etwa 160 Mitarbeitern und
jährlich rund 1 800 Patienten ist die zertifizierte Fachklinik die größte Einrichtung für die Behandlung dieser speziellen neurologischen Krankheitsbilder in
Deutschland.
Die besondere Expertise der Paracelsus-Elena-Klinik fußt auf einer einzigartigen Tradition, die bis ins Jahr 1937 zurückreicht. Damals gründete der Kasseler Arzt Dr. Walther Völler die Königin-Elena-Klinik als erste deutsche Spezialklinik für Parkinsonkranke. In dieser Tradition mischen sich umfassende
praktische Erfahrungen in der medikamentösen Behandlung von Parkinsonsyndromen sowie seit Beginn ein starkes Interesse für die klinische Forschung
und die Pharmakotherapie, eine besondere Wertschätzung der physikalischen
Begleittherapie sowie eine bis heute fast familiäre Klinik-Atmosphäre.
Das 75-jährige Bestehen der Elena-Klinik im Jahr 2012 bot den Anlass, die
Klinikgeschichte detailliert aufzuarbeiten. Obwohl die Eckdaten bekannt waren, fehlte bislang eine umfassende Darstellung und Einordnung des Geschehens in den historischen Kontext. Während die Entwicklungslinien und Zäsuren seit den 1960er Jahren recht gut dokumentiert waren oder durch Gespräche
mit Zeitzeugen rekonstruiert werden konnten, waren wichtige Details der Klinikgründung mit Unterstützung der italienischen Königin Elena in den Jahren
des Nationalsozialismus bisher unbekannt. Insbesondere die staatliche Rückendeckung, die die junge Klinik auch aus außenpolitischen Motiven aus
Berlin erhielt, war bis dato nicht bekannt. Im Dunkeln lagen zudem die Si­
tuation während des Zweiten Weltkriegs, die Lage nach Kriegsende und die
Neuanfänge als Privatklinik 1948.
Es ist das besondere Verdienst der Klinikleitung um Chefärztin Prof. Dr.
Claudia Trenkwalder, Verwaltungsdirektor Birger Kirstein und Pflegedienstleiter Arno Kühnel, eine kritische historische Aufarbeitung gerade der frühen
Jahre der Elena-Klinik nach Kräften befördert zu haben. Dafür sei der Klinikleitung herzlich gedankt. Ein besonderer Dank gebührt Paracelsus-Alleingesellschafter Dr. Manfred Georg Krukemeyer, der die Drucklegung des Buches
maßgeblich unterstützt hat.
Das Ergebnis monatelanger Archiv- und Bibliotheksrecherchen und zahlreicher Interviews mit Zeitzeugen ist der vorliegende Band. Er fußt auf fundierter Forschung und stellt mehr dar als „nur“ eine Klinik-Chronik. Denn in
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der Geschichte der Kasseler Elena-Klinik spiegeln sich die wesentlichen Paradigmen sowie deren Wechsel bei der therapeutischen Behandlung von Parkinsonsyndromen in ganz Deutschland. Es war das Ziel, diese Zusammenhänge,
wo immer möglich, deutlich herauszuarbeiten. Dass einige Detailfragen nicht
restlos geklärt werden konnten und weiterer Forschung bedürfen, schmälert
hoffentlich nicht das Gesamtbild. So ist das vorliegende Buch im Ergebnis eine
Institutionen- und Klinikgeschichte von weit mehr als regionalhistorischem
Interesse. Es führt bewusst Aspekte der Bau- und Lokalhistorie mit Ansätzen
der Medizin- sowie der Wissenschaftsgeschichte in integrativer Absicht zusammen. Dabei sollte es für alle Interessierten spannend und für Laien verständlich bleiben. Ob das gelungen ist, müssen die Leser beurteilen.
Ein erhebliches Problem stellte die schwierige Quellenbasis dar. Patientenakten aus den frühen Jahren sind nicht erhalten, was die Rekonstruktion des
Klinikalltags und der Behandlungspraxis erschwert. Vor diesem Hintergrund
ist erstaunlich, was schließlich doch zusammengetragen werden konnte. Dafür
sei insbesondere der Familie Völler gedankt, die dem Projekt von Anfang an
aufgeschlossen gegenüber stand. Namentlich genannt seien Rommy Meyer
(Berlin), die Tochter des Klinikgründers Dr. Walther Völler, sowie ihre Schwägerin Helga Völler (Wallerfangen), die bereitwillig Auskunft gaben und praktische Unterstützung gewährten.
Erklärtes Ziel war, die großen Entwicklungslinien der Elena-Klinik darzustellen. Das hat zwangsläufig zur Folge, dass mancher Leser in der Darstellung
bestimmte Punkte vermissen wird. Frühere Mitarbeiter, ob aus Pflege, Küche,
technischem Dienst, Krankengymnastik oder Ärzte-Team, werden den einen
oder anderen aus ihrer Sicht wichtigen Aspekt möglicherweise vergeblich
suchen. Es ist unmöglich, „das Ganze“ abzubilden. Ebenso konnten nicht
alle verdienten Mitarbeiter namentlich erwähnt werden. Dafür wie auch für
mögliche Fehler in der Darstellung übernimmt der Verfasser die Verantwortung. Hinweise, Ergänzungen und Korrekturen sind an die Adresse der Klinik
(Klinikstraße 16, 34128 Kassel) jederzeit sehr willkommen.
Die Entwicklung seit dem Jahr 1980, als die Klinik zur Paracelsus-Gruppe
kam, wird in wesentlichen Linien skizziert. Hauptansatz der Arbeit war aber,
Klarheit in die Gründungszusammenhänge der 1930er Jahre zu bringen, den
Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg zu beleuchten und die besondere
Rolle der Elena-Klinik bei den Patientenstudien im Zuge der Einführung des
neuartigen Medikaments L-Dopa in den 1960er und 1970er Jahren zu wür­
digen. Entsprechend nimmt die Darstellung der ersten fünf Jahrzehnte der
Elena-Klinik weitaus mehr Raum ein als der Blick auf gestern und heute.
Kassel, im Januar 2012
Albrecht Weisker
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