Vibographie bei Hirntumoroperationen : ein neuartiges

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Aus der Neurochirurgischen Klinik
des Knappschaftskrankenhauses Bochum-Langendreer
-Universitätsklinikder Ruhr-Universität Bochum
Direktor: Prof. Dr. med. A. Harders
VIBROGRAPHIE BEI HIRNTUMOROPERATIONEN - EIN NEUARTIGES,
BILDGEBENDES VERFAHREN ZUR DARSTELLUNG VON
GEWEBEELASTIZITÄTEN
Inaugural-Dissertation
zur
Erlangung des Doktorgrades der Medizin
einer
Hohen Medizinischen Fakultät
der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von
VOLKER NOACK
aus Steinfurt
2009
Dekan:
Prof. Dr. med. G. Muhr
Referent:
Prof. Dr. med. M. Scholz
Koreferent: Prof. Dr. med. V. Nicolas
Tag der mündlichen Prüfung: 4.11.2010
Meinen Eltern
Inhaltsverzeichnis
1
2
3
Einleitung ................................................................................1
1.1
Historischer Überblick der Neurochirurgie........................1
1.2
Allgemeines ........................................................................3
1.3
Intraoperative Bildgebung und Neuronavigation...............5
1.4
Technische Grundlagen Ultraschallsonographie ...............8
1.5
Technische Grundlagen der Ultraschall-Elastographie ...10
1.6
Zielsetzung .......................................................................15
Material und Methode .........................................................16
2.1
Allgemeines und vorangegangene Untersuchungen........16
2.2
Ultraschall System mit Echt-Zeit-Vibrographie ..............18
2.3
Vorarbeiten .......................................................................22
2.4
Praktische Anwendung der Ultraschall-Vibrographie .....26
Auswertung ...........................................................................29
3.1
Allgemeines ......................................................................29
3.2
Einteilung der Tumoren nach der Darstellung im
Dehnungsbild.............................................................................38
3.3
Vermessung der dargestellten Tumore in den
Vibrographie- und Ultraschallbildern .......................................58
4
Diskussion..............................................................................62
4.1
Allgemein .........................................................................62
4.2
Zukunftsperspektiven .......................................................67
5
Zusammenfassung ................................................................71
6
Literaturverzeichnis .............................................................73
I
Abkürzungsverzeichnis
3D
dreidimensional
Abb.
Abbildung
Bit
Binary digit
bzw.
beziehungsweise
Ca
Carcinom
cm
Zentimeter
CT
Computertomographie
d.h.
das heißt
et al.
und andere
Hz
Hertz
JPEG
Joint Photographic Experts Group
MHz
Megahertz
mm
Millimeter
mmHG
Millimeter Quecksilbersäule
MO
Magneto-Optische
MRT
Magnetresonanztomographie
mSv
Millisievert
OP
Operation
PC
Personal Computer
s.
siehe
sec.
Sekunde
Tab.
Tabelle
u.a.
unter anderem
WHO
Weltgesundheitsorganisation
z.B.
zum Beispiel
z.Zt.
zur Zeit
Z.n.
Zustand nach
II
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Schädeltrepanation im Mittelalter. Illustration aus einem Traktat
des Guido Vigevano (um 1345) .................................................................... 1
Abb.2: Konventionelles B-Bild einer occipitalen Filia eines kleinzelligen
Bronchial-Ca´s (Pfeile) ................................................................................. 9
Abb.3: Beispiel eines Federmodells; vor Kompression links und während
der Kompression rechts............................................................................... 11
Abb. 4: Vibrographie-System mit dem Ultraschallgerät rechts, dem
Haltearm mit der Ultraschallsonde und das PC-System mit einem Monitor
zur Berechnung und Darstellung der Vibrographie-Bilder......................... 19
Abb. 5: Beispiel eines intraoperativen Vibrographie- und B-Mode
Ultraschallbildes eines frontalen Oligodendroglioms WHO II .................. 20
Abb. 6: Zu dem in Abb. 5 dargestellten Vibrographie-Bild
korrespondierendes Ultraschallbild des Ultraschallsystems....................... 20
Abb. 7: Steppmotor(1) mit Ultraschallsonde(2) mit sterilem Überzug ...... 23
Abb. 8: Halterung des Stepmotor (1) mit Antrieb (2)................................. 23
Abb. 9: Pneumatischer Haltearm mit Stepmotor und Ultraschallsonde vor
intraoperativer Anwendung......................................................................... 24
Abb. 10: Intraoperatives Setup mit Ultraschallsystem(1),
Navigationssystem(2) und pneumatischem Haltearm(3) mit Stepmotor und
Ultraschallsonde. ......................................................................................... 25
Abb. 11: Kortexoberfläche nach Applikation der Ultraschallsonde und
Durchführung der Vibrographie.................................................................. 27
III
Abb. 12: Vibrographie-Bild einer links parietal gelegenen
Carcinommetastase; am linken Bildrand ist die Farbkodierung aufgeführt28
Abb. 13 CT-Bild einer frontobasalen Metastase eines Adenocarcinoms ... 30
Abb. 14: Vibrographiebild und korrespondierendes Ultraschallbild einer
Metastase eines kleinzelligen Bronchialkarzinoms bei einer 59- jährigen
Patientin....................................................................................................... 31
Abb. 15: CT-Bild eines links frontalen Glioblastoma multiforme ............. 32
Abb. 16: Der Tumor konnte in der Sonographie dargestellt werden.......... 33
Abb. 17: Aufgrund einer mangelhaften Ankopplung der Ultraschallsonde
gelang eine Darstellung des Tumors in der Vibrographie nicht ................. 33
Abb. 18: Diagramm der prozentualen Verteilung der Tumore anhand der
histologischen Befunde ............................................................................... 34
Abb. 19: Intraoperatives Vibrographie-Bild: 58jährige Patientin mit einem
Gliosarkom WHO IV links frontal.............................................................. 37
Abb. 20: Knollige Tumorformation einer Adenocarcinommetastase links
frontal im MRT-Bild ................................................................................... 40
Abb. 21: Darstellung der Tumorformation mit einem gelben Randsaum
(siehe Pfeil) im Vibrographiebild ............................................................... 41
Abb. 22: Hyperechogene Darstellung der Tumorformation im
korrespondierenden Ultraschallbild ............................................................ 41
Abb. 23: Vibrographiebild einer links frontalen Metastase eines
Bronchialkarzinoms. Der Pfeil markiert den auffälligen Randsaum.......... 42
IV
Abb. 24: Korrespondierendes Ultraschallbild zu Abb.20 Tumor mit
geschlossenem Pfeil gekennzeichnet, Sulcus mit offenem Pfeil
gekennzeichnet ............................................................................................ 43
Abb. 25: MRT-Bild eines Meningeoms WHO Grad 1 ............................... 44
Abb. 26: Vibrographiebild Tumor stellt sich in einem dunklen Rot , ähnlich
wie das umliegende Hirngewebe dar .......................................................... 45
Abb. 27: Ultraschallbild des Meningeoms. Der Pfeil markiert die Falx
cerebri.......................................................................................................... 45
Abb. 28 Vibrographie-Bild eines atypischen Meningeoms WHO II......... 47
Abb. 29 Korrespondierendes Ultraschallbild, Pfeile markieren den Tumor
..................................................................................................................... 47
Abb. 30: CT-Bild der Metastase eines kleinzelligen Bronchialkarzinoms. 48
Abb. 31: Der Tumor stellt sich in einem hellen Rot bis Gelb dar. ............. 49
Abb. 32: Zu Abb. 31 korrespondierendes Ultraschallbild. Der Tumor hat
keine scharfen Grenzen ............................................................................... 49
Abb. 33: CT-Bild einer rechts cerebellär gelegenen Metastase.................. 51
Abb. 34: Rechts cerebelläre Metastase. Die Zyste wird Hellrot bis Gelb
dargestellt .................................................................................................... 52
Abb. 35: Zu Abb 34 korrepondierendes Ultraschallbild, Tumor s. Pfeile.. 52
Abb. 36: CT-Bild von 2 cerebellären Adencarcinommetastasen ............... 54
Abb. 37: Der Tumor besteht aus einem hellroten und einem dunkelroten
Bereich ........................................................................................................ 54
V
Abb. 38: Beide Tumore werden in der Sonographie dargestellt................. 55
Abb. 39: Darstellung der Tumorelastizität nach der histologischen
Klassifikation .............................................................................................. 57
Abb. 40: Vermessung der Tumorgröße im Ultraschall und der Vibrographie
..................................................................................................................... 60
Abb. 41: Vermessung der Tumorgröße im Ultraschall und der Vibrographie
..................................................................................................................... 60
Abb. 42: An der Grenze des Tumors liegender heller Randsaum (Pfeil)... 65
Abb. 43: Präoperatives (links) und intraoperatives (rechts) MRT-Bild zur
Darstellung des Brain-Shift Phänomens ..................................................... 67
Abb. 44: Computeranimierte Fusion von Ultraschallbild und
Vibrographiebild ......................................................................................... 68
Abb. 45: Computeranimierte Fusion von CT-Bild und Vibrographiebild . 69
VI
Tabellenverzeichnis
Tab. 1 Histologische Einteilung der untersuchten Tumore ........................ 35
Tab. 2 Zusammenfassung der Lokalisation der Tumore ............................ 36
Tab. 3 Einteilung der Tumore nach Elastizität verglichen mit dem
umliegenden Hirngewebe............................................................................ 38
Tab. 4 Histologische Einteilung der Tumore der Gruppe I N=6 ................ 39
Tab. 5 Histologische Einteilung Tumore der Gruppe II ............................. 46
Tab. 6 Histologische Einteilung der Tumore der Gruppe III...................... 50
Tab. 7 Histologische Einteilung der Tumore der Gruppe IV ..................... 53
Tab. 8 Messwerte der Tumor-Vermessung im Vibrographie- bzw
Sonographiebild .......................................................................................... 61
Tab. 9 Literaturbeispiele zu Elastographieanwendungen anderer
Organsysteme .............................................................................................. 63
1
1 Einleitung
1.1 Historischer Überblick der Neurochirurgie
Die Trepanation, also die operative Eröffnung der Schädeldecke, ist einer
der ältesten Eingriffe, die aus der Menschheitsgeschichte bekannt sind.
Aufgrund von Schädelfunden, die ovale, runde, oder unregelmäßige
gezackte
Defekte
aufweisen,
wird
angenommen,
dass
erste
Schädeltrepanationen vermutlich um 10.000 vor Christus durchgeführt
wurden. Ob vorzeitliche Trepanationen aus medizinischen oder religiösen
Gründen durchgeführt wurden, ist umstritten. Eine erste schriftliche
Erwähnung findet die Schädeltrepanation im Corpus Hippocraticum zu
dessen Autoren neben dem bekannten Arzt Hippokrates (460-370 vor
Christus) zahlreiche weitere Ärzte zählten. Indikationen zur Trepanation
sah man in dieser Zeit nur nach Traumata. Im frühen Mittelalter verbot die
Kirche Trepanationen an lebenden Menschen. Erst im 16. Jahrhundert
nahmen die Trepanationen wieder zu. Damals setzte man, neben Hammer
und Meißel, zunehmend auch Bohrgeräte ein.
Abb. 1: Schädeltrepanation im Mittelalter. Illustration aus einem
Traktat des Guido Vigevano (um 1345)
2
Im 18. Jahrhundert wurden unter dem Einfluss des englischen Chirurgen P.
Pott (1713-1788) zahlreiche Schädeltrepanationen zu therapeutischen
Zwecken durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt hatten diese Eingriffe eine
hohe Sterblichkeitsrate. Erst mit der Einführung der Anti- und der Asepsis
Mitte des 18. Jahrhunderts konnten neue chirurgische Verfahren entwickelt
werden und Erkrankungen, auch auf neurochirurgischem Gebiet,
erfolgsversprechend behandelt werden. Am 25.11.1884 führten Rickman J.
Godlee (1849-1925) und Hughes Bennet (1857-1901) die erste Extirpation
eines intracerebralen Glioms an einem 25jährigen Patienten durch[40].
Dieser verstarb jedoch am 28. Tage nach der Operation an einer eitrigen
Meningitis. Victor Horsley (1857-1916) führte einige Jahre später
erfolgreich hirntumorchirurgische Eingriffe durch und konnte bereits 1887
von 10 Eingriffen im „British Medical Journal“ berichten. Die eigentliche
Geschichte der deutschen Neurochirurgie beginnt gegen Ende des 19.
Jahrhunderts als Ernst v. Bergmann (1836-1907) und Otfried Foerster
(1873-1941) erste Erfahrungen in der Chirurgie des Nervensystems
sammelten. 1911 beschreibt Fedor Krause (1857-1937) als Erster operative
Zugänge zum Kleinhirnbrückenwinkel. 1934 richtet Wilhelm Tönnis
(1898-1978)
die
erste
unabhängige
neurochirurgische
Abteilung
Deutschlands ein. Die Einführung des Operationsmikroskops in die
Neurochirurgie in den 60iger Jahren des 20. Jahrhunderts, die Einführung
der Computertomographie 1972 und der Kernspintomographie seit 1978
revolutionierten die
Neurochirurgie und legten den Grundstein für
mikrochirurgische und neuronavigierte Operationsverfahren.
3
1.2 Allgemeines
Die Entfernung von raumfordernden Prozessen in der Neurochirurgie stellt
seit jeher eine große Herausforderung für den Operateur dar, wenn es
darum geht, dem intakten Gehirn möglichst wenig Schaden zu zufügen und
trotzdem eine hohe Operationsradikalität zu erlangen [12, 76, 78].
Insbesondere bei Läsionen in eloquenten Hirnarealen erfordert dies eine
exakte Lokalisation des Zielpunktes und der umgebenden anatomischen
Strukturen, um somit den optimalen Zugangsweg und damit ein
schonendes und funktionserhaltendes operatives Vorgehen planen und
durchführen zu können.
Die mikrochirurgische Operationstechnik stellt seit ihrer Einführung durch
Mahmut Gazi Yasargil in den 60iger Jahren in die Neurochirurgie einen
bedeutenden Fortschritt in der Behandlung von Hirntumoren dar und ist
trotz aller technischer Entwicklungen bis heute ein wichtiger Bestandteil
vieler chirurgischer Verfahren [42, 65]. Durch die Einführung der
computerunterstützten
Neuronavigation
in
Kombination
mit
den
intraoperativen, bildgebenden Verfahren ist es gegenwärtig möglich,
Tumoren durch der Tumoranatomie angepasste, kleine operative Zugänge
unter Berücksichtigung und Schonung eloquenter Areale zu entfernen [51].
Um dieses Ziel zu erreichen, war vor den 80iger Jahren vor allem das
Wissen, die Erfahrung und das manuelle Geschick des Neurochirurgen
entscheidend.
Durch die technische Weiterentwicklung haben Neuronavigation und
intraoperative
Bildgebung
bei
der
chirurgischen
Entfernung
von
Hirntumoren eine herausragende Rolle eingenommen. Sie unterstützen den
Operateur sowohl bei der Planung, als auch bei der Durchführung einer
Operation [5, 10]. Bei der Bestimmung des Resektionsausmaßes wurde der
Einsatz von Navigationssystemen vor allem für die Gliomchirurgie
4
beschrieben. Kurimoto et al. konnten in Ihrer Studie aus dem Jahre 2004
zeigen, dass eine totale Tumorresektion supratentorialer Gliome mit Hilfe
der Navigation in 64,3% der Fälle erreicht werden konnte. Der Anteil der
totalen Tumorresektion in der Kontrollgruppe ohne Navigation lag bei
38,2%.
Es wird versucht die bereits bestehenden Systeme ständig zu optimieren
und somit ihre Genauigkeit zu verbessern, aber auch neue Verfahren und
Systeme zu finden die den Operateur bei seiner Arbeit unterstützen.
Eine charakteristische Eigenschaft pathologischer Raumforderungen ist
deren
unterschiedliche
elastische
Eigenschaft
im
Vergleich
zum
umliegenden, gesunden Gewebe [45]. Folglich könnte ein Verfahren, dass
die unterschiedlichen elastischen Eigenschaften von Gewebe darstellt
nützliche Informationen zur Lage, zur Konsistenz eines Tumors und zur
Abgrenzung zum physiologischen Gewebe geben [53, 54].
Ein solches Verfahren, die Vibrographie soll in dieser Arbeit vorgestellt
werden.
5
1.3 Intraoperative Bildgebung und Neuronavigation
Die Neuronavigation basierend auf der Einspielung von präoperativ
erfassten Computertomographie- und Kernspintomographie -Daten ist eine
hervorragende Technik um die Planung und Durchführung einer Operation
zu erleichtern [28, 82].
Unter dieser Technik versteht man die Lokalisation von Punkten in einem
dreidimensionalen Koordinatensystems mittels Vergleich der Koordinaten
mit einem präoperativen Datensatz. Das Prinzip beruht darauf, das z.B. mit
Hilfe von auf den Kopf geklebten Markierungen am Tag vor dem Eingriff
ein CT oder MRT angefertigt wird. Diese Markierungen definieren einen
dreidimensionalen Raum in festem Bezug zur Schädelstruktur.
Der Datensatz dieser Untersuchungen wird vor dem Eingriff in den
Operationscomputer eingespielt. Im Operationssaal selbst wird die Position
der Markierungen und OP-Instrumente mit Hilfe von optischen Sensoren
festgehalten und in Relation zu dem zuvor gewonnenen Datensatz
gebracht. Fakultativ gibt es auch Systeme, die optisch aktiv, optisch passiv
oder magnetresonanztechnisch funktionieren. Während des Eingriffes zeigt
der Computer dem Operateur somit stets an, wo genau er sich befindet.
Der Nachteil besteht jedoch darin, das mit diesen Systemen keine
dynamischen Veränderungen, wie ein „Brain-Shift" des Gehirns während
einer Operation erfasst werden können [43, 52, 76, 85].
Ein „Brain-Shift“, eine Verlagerung des Gehirns innerhalb des Schädels,
kann z.B. durch ein Liquorverlust bei der Operation, oder aber durch
intraoperative Schwellungsvorgänge hervorgerufen werden. Dabei kommt
es zu Lageänderung von Teilen des Gehirns und auch des zu entfernenden
Tumors [29, 38, 61]. Für die weitere Navigation benötigt der Operateur
somit bildgebende Verfahren, die Daten in Echt-Zeit wiedergeben [38].
6
Intraoperative CT und MRT, sowie intraoperative Ultraschall-Systeme
bieten dem Operateur die Möglichkeit in Echt-Zeit die Veränderungen des
Gehirns während einer Operation zu erfassen und den Fortschritt der
Operation zu kontrollieren [8, 38, 76, 78].
Computertomographie und Kernspintomographie stellen dem Operateur
hochqualitative Bilder zur Verfügung, besitzen jedoch einige Nachteile.
Die Computertomographie hat den Nachteil, dass sie einen schlechteren
Weichteilkontrast gegenüber der Sonographie und dem MRT besitzt [33,
35]. Die Strahlenexposition beträgt je nach Untersuchung und Genauigkeit
zwischen
3mSV
und
10mSV.
Gegenüber
einer
konventionellen
Röntgenuntersuchung des Thorax mit 0,3mSV ist dies relativ hoch [60].
Die Magnetresonanz Tomographie ist eine sehr attraktive Methode, da sie
nicht mit Hilfe von ionisierender Strahlung, sondern mittels eines sehr
starken statischen Magnetfeldes Schnittbilder erzeugt [33-35].
Nachteilig hierbei sind die notwendigen baulichen Veränderungen des
Operationssaales, die Anwendung spezieller MRT-tauglicher Instrumente
aufgrund des starken Magnetfeldes und der zusätzlich notwendige
Zeitaufwand [5, 19, 63].
Beide Verfahren, intraoperative CT und MRT stellen einen sehr hohen
Kostenfaktor dar, weswegen sie meist nur in wenigen Zentren zu finden
sind [5, 63, 78].
Intraoperativer Ultraschall wird in der Neurochirurgie seit über 20 Jahren
angewandt und erfasst als Echt-Zeit Verfahren Veränderungen des Gehirns
während einer Operation [11, 17, 38, 59].
Ultraschall-Verfahren sind im Vergleich zu CT und MRT relativ
kostengünstige Systeme und können in jedem Operationssaal in kürzester
7
Zeit angewandt werden [78].
Da der Kontrast zwischen gesundem und pathologischem Hirngewebe oft
wenig aussagekräftig ist und die Interpretation der Ultraschallbilder viel
Erfahrung
voraussetzt,
ist
die
Suche
nach
neuen
Echt-Zeit
Abbildungsverfahren von besondere Bedeutung [2, 59, 78, 79].
Tumorerkrankungen
sind
oftmals
mit
einer
Veränderung
der
Gewebeelastizität verbunden, meist in Form einer lokalen Verhärtung [21].
Somit könnten Verfahren, welche die Elastizität von Gewebe darstellen
können, eine wichtige Rolle in der zukünftigen Tumordiagnostik
einnehmen und andere wichtige Verfahren unterstützen.
Eine Methode die versucht diesen Ansatz für die Tumordiagnostik
aufzugreifen ist die Elastographie, welche in der Ultraschall-Elastographie
und in der MR-Elastographie zur Anwendung kommt [31, 41, 53, 54, 83].
8
1.4 Technische Grundlagen Ultraschallsonographie
Das Grundprinzip der medizinischen Ultraschallsonographie beruht auf
dem Impuls-Echo Verfahren. Das Wesen dieses Verfahrens beruht darin,
dass
der
Ultraschallwandler
(Applikator)
einen
zeitliche
kurzen
Ultraschallwellenzug (Impuls) in einer definierten Richtung in den Körper
sendet.
Unmittelbar
danach
wird
der
Ultraschallwandler
auf
Empfangsbetrieb umgeschaltet. Der ausgesendete Schallimpuls breitet sich
währenddessen mit einer bestimmten Schallgeschwindigkeit aus, wobei an
den Grenzflächen unterschiedlicher biologischer Substanzen jeweils ein
Teil der Energie reflektiert wird. Diese Echosignale laufen wiederum mit
der
dem Untersuchungsgebiet
eigenen
Schallgeschwindigkeit
zum
Schallwandler zurück und werden dort über den piezoelektrischen Effekt in
elektrische Signale gewandelt [6].
Piezoelektrischer Effekt bedeutet, dass bestimmte kristalline Materialien
beim Anlegen einer elektrischen Wechselspannung sich periodisch
verformen, so dass mechanische Schwingungen, also Schallwellen
entstehen. Der piezoelektrische Effekt ist umkehrbar: Schallwellen
verformen die piezoelektrische Substanz, wodurch eine messbare
elektrische Spannung entsteht. Somit dienen piezoelektrische Substanzen
sowohl als Ultraschallsender als auch als Ultraschallempfänger [16].
Aus den so erhaltenen Messwerten werden Bildpunkte errechnet und
zumeist in dem sogenannten B-Bild wiedergegeben (s. Abb.2), wobei die
Signalstärke durch die Helligkeit des Bildpunktes ausgedrückt wird,
während die Laufzeit des Schallimpulses die Tiefenposition festlegt.
9
Abb.2:
Konventionelles
B-Bild
einer
occipitalen
Filia
eines
kleinzelligen Bronchial-Ca´s (Pfeile)
Eine gut reflektierende Schicht bedingt starke Empfangssignale und
erscheint auf dem Monitor in Form heller Bildpunkte, die entsprechend der
Laufzeit des Impulses in einer bestimmten Tiefe auf dem Monitor
abgebildet werden. Der Frequenzbereich der heutzutage benutzten
Schallwellen liegt im Bereich von 1-10 MHz [37].
10
1.5 Technische Grundlagen der Ultraschall-Elastographie
Das Verfahren der Ultraschall-Elastographie wurde zum erstenmal im
Jahre 1991 in einem Artikel von Ophir et al. beschrieben, konnte jedoch
aufgrund seiner fehlenden Echtzeitfähigkeit nicht sinnvoll in Kliniken
eingesetzt werden. Das bedeutet, dass aussagekräftige Bilder erst nach
einer mehrstündigen Berechnungszeit
für die weitere Auswertung zur
Verfügung standen [54].
Das Prinzip der Elastographie beruht auf einer der ältesten Methoden
ärztlicher Diagnostik, der Palpation. Dabei ertastet der Arzt Verhärtungen
oder Erweichungen von Gewebe, welche auf einen pathologischen Prozess
hindeuten.
Elastographie
ist
die
ortsaufgelöste
Ultraschalldarstellung
der
unterschiedlichen elastischen Eigenschaften des Gewebes[47, 54].
Bei
der
Ultraschall-Elastographie
wird
das
Gewebe
von
außen
komprimiert, wozu meist die Ultraschallsonde benutzt wird. Es kommt zu
einer 3-dimensionalen Verformung (Strain) des Gewebes. Besitzen einige
Bereiche des Gewebes unterschiedliche elastische Eigenschaften, wird ein
härtere Bereich nicht so stark verformt, wie ein Bereich mit weichem
Gewebe.
Deutlich wird dieses am Beispiel eines Federmodells (s. Abb3).
11
Abb.3: Beispiel eines Federmodells; vor Kompression links und
während der Kompression rechts
Um
die
elastische
Verformung
des
Gewebes
als
Elastogramm
wiederzugeben, werden hochfrequente Ultraschalldaten bei verschiedenen
Kompressionszuständen aufgenommen. Die Verschiebung des Gewebes
und die resultierende Dehnung werden dann aus den hochfrequenten
Ultraschalldaten anhand von Korrelationsmethoden geschätzt.
Bis vor einigen Jahren war die Elastographie ein Verfahren, welches die
gewonnenen
Ultraschalldaten
in
einem
zeitaufwendigen
Nachbearbeitungsverfahren auswertete und die somit entsprechenden
Bilder nicht in Echt-Zeit darstellen konnte[54].
Lorenz und Pesavento, vom Ingenieursbüro für Informationstechnik in
Bochum,
ein
Spin
off
Unternehmen
des
Lehrstuhles
für
Hochfrequenztechnik der Ruhr-Universität Bochum, entwickelten einen
schnellen
Algorithmus
zur
Berechnung
und
Darstellung
von
Dehnungsbildern, womit bis zu 30 Bilder pro Sekunde berechnet werden
können [56]. Somit konnte die Elastographie zum ersten Mal als Echt- Zeit
12
Verfahren angewendet werden.
In Kooperation mit der Urologischen Abteilung des Marienhospitals Herne,
Ruhr-Universität Bochum wurde die Echtzeit Elastographie erstmals von
Lorenz und Pesavento bei der Erkennung von Prostatakarzinomen
angewandt. Bei der transrektalen Untersuchung der Prostata wurde das
Organ mit der manuell geführten Ultraschallsonde komprimiert und die
korrespondierende Dehnungs- bzw. Kompressionsbilder wurden aus den
bei unterschiedlichen Kompressionsstufen aufgenommenen Einzelbildern
berechnet. Dabei zeigte sich, dass die Elastographie das Potential besitzt,
krankes Gewebe zu erkennen, welches im B-Bild der herkömmlichen
Ultraschall Untersuchung unauffällig war [46].
Um das Verfahren für die Neurochirurgie interessant zu machen hat man
die Ausführung der Gewebekompression im Vergleich zur klassischen
Elastographie modifiziert. Die bisherige manuelle Kompression wird durch
niederfrequente mechanische Vibrationen, welche durch einen Stepmotor
ausgelöst werden, ersetzt. Dieses Verfahren wird als Vibrographie
bezeichnet. So kann der lokal applizierte Druck verringert und genauestens
kontrolliert werden [55].
In einer Studie von Scholz et al. wurde die Vibrographie an
Schweinehirnen, welchen Agarose an bestimmten Punkten injiziert wurde,
durchgeführt. Dabei wurden 55 intrakranielle Läsionen erzeugt. 46 konnten
mit der Vibrographie dargestellt werden, 34 mit dem konventionellen
Ultraschall. 17 Läsionen konnten nur durch die Vibrographie, 5 Läsionen
nur durch die Ultraschall-Sonographie gefunden werden [66].
In dieser Studie konnte gezeigt werden, dass es mittels Vibrographie
möglich ist, intrakranielle Läsionen aufzufinden und diese in Echt-Zeit
darzustellen.
13
Die Vibrographie könnte sich als ein vielversprechendes Echt-Zeit
Verfahren für die Neurochirurgie erweisen und die herkömmliche
Bildgebung und Neuronavigation bei der Entfernung von raumfordernden
Prozessen unterstützen [66].
Die Elastographie ist durch die Entwicklung eines neuartigen Algorithmus,
mit dem die Wiedergabe der gewonnen Bilder in Echt-Zeit möglich wurde,
für diverse Bereiche der Medizin zu einem interessanten Verfahren
geworden, mit dem pathologische Veränderungen von Gewebe erfasst
werden können [21].
Mittels intravaskulärer Ultraschall-Elastographie versucht man zum einen
thrombotische Plaques hinsichtlich ihrer Stabilität zu charakterisieren,
zusätzlich gibt es Arbeiten, bei denen die Gefäßwand-Elastizität von
Aneurysmen untersucht wird, um das Risiko einer möglichen Ruptur
einschätzen zu können [9, 14, 64].
Lyshchik et al. untersuchten die Anwendung der Elastographie bei der
Charakterisierung von knotigen Veränderungen der Schilddrüse bezüglich
ihrer
Malignität.
Dabei
machte
man
sich
ebenfalls
die
Elastizitätsunterschiede von gutartigen und bösartigen Prozessen zu nutze
[48].
Zu weiteren Bereichen in der Medizin, bei denen die klinische Anwendung
der Ultraschall-Elastographie untersucht wird, gehört die Mammacarcinom
Diagnostik [4, 30]. Garra et al. untersuchten 46 Raumforderungen der
Brustdrüste [23]. Bei allen Patienten wurde eine Biopsie durchgeführt, um
die histologische Diagnose mit den Ergebnisse der Ultraschall und
Elastographie Untersuchung vergleichen zu können. Mit Hilfe der
Elastographie war es in 73% der Fälle möglich Fibroadenome und in 56%
der Fälle gutartige Raumforderungen von einem malignen Prozess zu
14
unterscheiden.
Eine weitere Anwendung der Elastographie liegt in der Überwachung von
Thermotherapie-Verfahren zur Behandlung von Tumoren [70, 81]. Bei der
Thermotherapie wird das Gewebe lokal begrenzt auf 60 Grad erhitzt, was
zum Untergang des Gewebes führt. Das Ausmaß der thermischen
Schädigung kann mit der Ultraschall-Elastographie überwacht werden.
15
1.6 Zielsetzung
Ziel der vorliegende Arbeit ist die Testung und erste klinische Erprobung
eines
neuartigen
Echt-Zeit
Ultraschall-Vibrographie-Verfahrens
am
menschlichen Gehirn, während der Resektion von Hirntumoren bei 50
Patienten, die im Zeitraum zwischen März 2003 und Februar 2006 an der
Neurochirurgischen Universitätsklinik des Knappschaftskrankenhauses in
Bochum-Langendreer operiert wurden.
Es soll geprüft werden, ob die Vibrographie in der Lage ist intraoperativ
sowohl primäre Tumore, d.h. vom Nervensystem ausgehende, als auch
sekundäre Tumore wie Metastasen, zu erkennen.
Dabei soll untersucht werden, wie weit sich Hirntumore in ihrer Elastizität
vom umliegenden Hirngewebe unterscheiden lassen, und ob ein
Zusammenhang
zwischen
der
histologischen
Klassifikation
der
untersuchten Tumore und der dargestellten Elastizität besteht.
Die gespeicherten Vibrographie-Bilder werden mit den zeitgleich
gewonnenen Ultraschall-Bildern verglichen.
16
2 Material und Methode
2.1 Allgemeines und vorangegangene Untersuchungen
Zwischen März 2003 und Februar 2006 wurden 49 Patienten im Alter
zwischen 31 und 77 Jahren mit intrakraniellen Raumforderungen in der
Neurochirurgischen
Universitätsklinik
am
Knappschaftsrankenhaus
Bochum-Langendreer operiert, bei denen intraoperativ sowohl die
Ultraschall-Vibrographie
als
auch
die
konventionelle
Ultraschall-
Sonographie angewandt wurde.
Die intraoperative
Anwendung der Ultraschall-Vibrographie am
menschlichen Gehirn wurde von der Ethik-Kommission der Ruhr
Universität Bochum genehmigt (Nummer 1985).
Das Verfahren wurde nicht bei Operationen eingesetzt, die aufgrund einer
Notfallindikation, z.B. bei starker Hirnschwellung, durchgeführt wurden,
oder bei Tumoren, die in eloquenten Hirnregionen lagen. Minderjährige
wurden grundsätzlich nicht in das Patientenkollektiv aufgenommen.
Die Patienten wurden vor der Operation genauestens über die neue Technik
und ihre Anwendung aufgeklärt und haben bei Zustimmung eine
Einwilligung unterschrieben, welche das Verfahren und die Durchführung
beschreibt und auf die daraus resultierenden möglichen Gefahren wie
Blutungen, Infektionen und Verletzungen der Hirnoberfläche mit
neurologischen Ausfällen hinweist.
Vor Begin der intraoperativen Anwendung der Vibrographie führten
Scholz et al. Untersuchungen am Schweinehirn durch, um einschätzen zu
können wie stark die Belastung für das Gehirn bei dieser Technik sein wird
und so die optimale Vibrationsamplitude für die nötige Kompression des
Hirngewebes finden zu können [68].
17
Nachdem in ein Schweinehirn Agarose injiziert wurde, platzierte man eine
Drucksonde, welche normalerweise zur Überwachung des intrakraniellen
Druckes beim Menschen eingesetzt wird, unterhalb der polymerisierten
Agarose.
Daraufhin
wurde
die
Vibrographie
mit
unterschiedlich
starken
Vibrationsamplituden von 0,2 bis 0,5 mm und einer geringen
Vorkompression durch die Ultraschallsonde von 1mm durchgeführt. Die
erhaltenen
Messergebnisse
gaben
keinen
Hinweis
auf
eine
Drucksteigerung. Um einen Vergleich zu bekommen simulierten Scholz et
al. einige chirurgische Vorgehensweisen, wie sie während einer Operation
durchgeführt werden. Der gemessene Druck lag ebenfalls unter 4mmHg.
Nur bei einer Vibrationsamplitude von 1mm kombiniert mit einer
Vorkompression von 3mm erhöhte sich der Druck auf Werte von 5-8
mmHg.
Auf
der
Grundlage
dieser
Messungen
wurde
eine
Vibrationsamplitude von 0,3 mm und eine Vorkompression von kleiner 1
mm als Standard gewählt [68].
18
2.2 Ultraschall System mit Echt-Zeit-Vibrographie
Das von uns benutzte Echt-Zeit-Vibrographie System besteht aus einem
High-End Ultraschallgerät der Firma Siemens (Sonoline Omnia©; Siemens
AG, Erlangen) und einer PC-Einheit mit eigenem Bildschirm für die
Darstellung und Speicherung der Vibrographie-Bilder (s. Abb.4).
Die Software zur Berechnung der Echtzeit-Vibrographie-Bilder aus den
gemessenen Ultraschalldaten wurde uns freundlicherweise von der Firma
LP-IT Bochum, einem Spin off Unternehmen des Lehrstuhles für
Hochfrequenztechnik der Ruhr-Universität Bochum, zur Verfügung gestellt
und eingerichtet.
Als Ultraschallsonde dient eine 6.5MHz intrakavitäre Sonde der Firma
Siemens (6.5EC10; Siemens AG), da diese Sonde durch Ihren geringen
Durchmesser auch bei kleinen Trepanationen und innerhalb von
Resektionshöhlen angewendet werden kann.
Die von der Ultraschallsonde empfangenen hochfrequenten Echosignale
werden fokussiert und im PC mit Hilfe einer PCI digital Card (GaGe 6012)
mit einer Abtastfrequenz von 30 MHz und einer Auflösung von 10 Bit
abgetastet und digitalisiert und anschließend auf dem Rechner gespeichert.
Die Weiterverarbeitung der Signale erfolgt rechnergestützt.
19
Abb. 4: Vibrographie-System mit dem Ultraschallgerät rechts, dem
Haltearm mit der Ultraschallsonde und das PC-System mit einem
Monitor zur Berechnung und Darstellung der Vibrographie-Bilder
Die Software, welche die Datensätze vom Ultraschallsystem in verwertbare
Elastogramme umrechnet, benötigt eine konstante Schallfrequenz von 7.5
MHz. Somit wurden alle Ultraschall und Vibrographie-Bilder bei einer
Schallfrequenz von 7.5 MHz aufgenommen.
Die erzeugten Dehnungsbilder wurden farbkodiert auf dem PC-Monitor
wiedergegeben. Parallel wurde ein B-Mode Ultraschallbild auf dem PCMonitor dargestellt (s. Abb. 5).
20
Abb. 5: Beispiel eines intraoperativen Vibrographie- und B-Mode
Ultraschallbildes eines frontalen Oligodendroglioms WHO II
Da die Auflösung des Ultraschallbildes auf dem PC-Monitor deutlich
geringer ist als die eines aktuellen Ultraschallgerätes, haben wir für die
Auswertung Ultraschallbilder des Ultraschallsystems (Siemens Sonoline
Omnia©, Erlangen) verwandt (s. Abb. 6).
Abb. 6: Zu dem in Abb. 5 dargestellten Vibrographie-Bild
korrespondierendes Ultraschallbild des Ultraschallsystems
21
Die
korrespondierenden
Vibrographie-Bilder
Vergrößerung von ca. 1:1,5 wiedergegeben.
werden
mit
einer
22
2.3 Vorarbeiten
Um die Vibrographie durchführen zu können und verwertbare Bilder zu
erhalten, musste gewährleistet sein, dass eine konstante, statische Vibration
mit einer Amplitude von 0,3 mm auf die Hirnoberfläche appliziert wurde.
Zu diesem Zweck wurde vom Institut für Hochfrequenztechnik, Fakultät
für Elektrotechnik und Informationstechnik der Ruhr-Universität Bochum
ein Stepmotor entwickelt, welcher die verwendete Ultraschallsonde mit
einer niedrig frequenten Vibration von durchschnittlich 5 bis 10 Hz um 0,3
mm bewegt.
Da die Software des Rechners auf eine statische Vibrationsamplitude von
0,3 mm geeicht ist und diesen Wert für die Berechnung der Dehnungsbilder
benutzt, war weiterhin von entscheidender Bedeutung, dass die
Ultraschallsonde keinen weiteren Bewegungen ausgesetzt war.
Dazu entwickelten wir eine selbststehende Halterung, an die der Stepmotor
angebracht werden konnte. Die Halterung wurde so konstruiert, dass die
Vibrationen des Motors nicht auf die Halterung übertragen wurden und
sich keine Eigenschwingungen des Systems aufbauen konnten. (s. Abb. 7
und Abb. 8)
23
Abb. 7: Steppmotor(1) mit Ultraschallsonde(2) mit sterilem Überzug
Abb. 8: Halterung des Stepmotor (1) mit Antrieb (2)
Ein weiteres Haltesystem, welches von uns jedoch nur einmal angewandt
wurde, ist ein pneumatischer Haltearm der Firma Aesculap (Unitrac©,
Aesculap AG, Tuttlingen, Deutschland).
Dieser besteht aus 3 geraden Segmenten sowie einem Handstück, welche
miteinander über 3 Kugelgelenke verbunden sind. Das Haltesystem wird
direkt am Kopfende des OP-Tisches befestigt (Abb. 9).
24
Um den Stepmotor am Ende des Haltearms zu befestigen, mussten wir
einen passenden Steckkopf, welcher uns von der Firma Aesculap zur
Verfügung gestellt wurde am Motor montieren.
Am Ende des Haltearms kann der Operateur über einen Druckknopf den
Arm in seiner Lage, und somit die Lage der Sonde verändern. Sobald der
Druckknopf nicht mehr betätigt wird ist der Haltearm in seiner
gewünschten Position fixiert (Abb. 9).
Abb. 9: Pneumatischer Haltearm mit Stepmotor und Ultraschallsonde
vor intraoperativer Anwendung
25
Abb.
10:
Intraoperatives
Setup
mit
Ultraschallsystem(1),
Navigationssystem(2) und pneumatischem Haltearm(3) mit Stepmotor
und Ultraschallsonde.
26
2.4 Praktische Anwendung der Ultraschall-Vibrographie
Nach Trepanation der Schädeldecke durch den Operateur und ausführlicher
Blutstillung wurde die Halterung des Stepmotors zusammen mit der
Ultraschallsonde mit einem sterilen Überzug abgedeckt. Als Ultraschallgel
diente steriles Instillagel© (Farco Pharma GmbH, Köln, Deutschland)
welches in den Überzug eingebracht wurde um eine
störende
Luftansammlung zwischen Ultraschallsonde und dem Überzug zu
vermeiden.
Als
erster
Schritt
wurde
mit
Hilfe
der
konventionellen
Ultraschallsonographie der Tumor aufgesucht und zunächst nur als B-Bild
dargestellt. Daraufhin positionierte der Operateur das Haltesystem, sodass
dieses stabil und ohne Unterstützung des Operateurs stehen konnte.
Danach wurden der Stepmotor und die Elastographie-Software gestartet.
Auf
dem
PC-Bildschirm
korrespondierende
wurde
Elastogramm
nun
das
zusammen
zum
mit
Ultraschallbild
einem
weiteren
Ultraschallbild dargestellt. Das zusätzliche Ultraschallbild wurde jedoch
nicht zum Vergleich mit den Vibrographie-Bildern herangezogen, da die
Qualität den Bildern des High End Ultraschallgerätes deutlich unterlegen
war.
Die maximale Applikationszeit der Ultraschallsonde bei laufendem
Stepmotor lag bei 60 sec.
Die Datenaquisition und Berechnungszeit benötigten 33 Millisekunden für
ein einzelnes Dehnungsbild, womit 33 Bilder pro Sekunde aufgenommen
werden konnten.
Nach jeder Aufnahme wurde die Kortexoberfläche durch den erfahrenen
Operateur sorgfältig auf mögliche Verletzungen untersucht (s. Abb. 11).
27
Abb. 11: Kortexoberfläche nach Applikation der Ultraschallsonde und
Durchführung der Vibrographie
Die Vibrographie-Daten wurden zum einen als Video-Buffer Dateien
automatisch auf der Festplatte des Rechners gespeichert, zum anderen
konnten während der Aufnahmen von einzelnen Elastogrammen JPEGDateien erstellt werden.
Die korrespondierenden Ultraschallbilder wurden im Freeze-Modus auf
einem MO-Datenträger gesichert und konnten anschließend auf einen
herkömmlichen PC übertragen werden.
Die Vibrographie-Bilder sind farbkodierte Abbildungen, durch die die
Gewebeelastizität qualitativ wiedergegeben wird. Die Abb. 12 zeigt ein
typisches Dehnungsbild eines Hirntumors.
28
Abb.
12:
Vibrographie-Bild
einer
links
parietal
gelegenen
Carcinommetastase; am linken Bildrand ist die Farbkodierung
aufgeführt
Orte kleiner Dehnung, also harte Gewebebereiche werden dunkel
dargestellt, wohingegen Orte großer Dehnung, also weiche Bereiche heller
dargestellt werden.
Wie schon erwähnt geben diese relativen Dehnungsbilder einen
qualitativen
Einblick
über
die
Elastizität
des
untersuchten
Gewebebereiches. Die Elastizität des Gewebes kann mit dieser Methode
jedoch nicht quantitativ bestimmt. Anhand der Bilder können jedoch
Aussagen zur Form, Größe und Elastizität eines Tumors im Vergleich zum
umliegenden Gewebe gemacht werden.
29
3 Auswertung
3.1 Allgemeines
Von Mai 2003 bis Februar 2006 wurden 49 Patienten mit insgesamt 50
Hirntumoren mittels Ultraschall und Vibrographie intraoperativ an der
Neurochirurgischen Klinik des Knappschaftskrankenhauses BochumLangendreer untersucht.
Das Patientenkollektiv bestand aus 27 männlichen (55%) und 22
weiblichen (45%) Patienten zwischen 33 und 77 Jahren. Die Mortalität
betrug 0%, die Morbidität lag bei 2.0%. Die durchschnittliche Tumorgröße
( Messung im CT- bzw. MRT-Bild) betrug 4,9cm x 3,8cm. Der kleinste
Tumor war 1,3cm x 1,1cm groß. Der größte Tumor hatte ein Maß von
8,8cm x 6,6cm. Bei 2 Patienten lagen 2 Tumore vor, welche in einer
Operation entfernt wurden und intraoperativ untersucht wurden.
Ein routinemäßig angefertigtes CT nach OP zeigte bei allen Patienten einen
typischen postoperativen Zustand. Bei einem Patienten kam es postoperativ
zu einer kurzfristigen Parese der unteren Extremitäten, die jedoch auf
Probleme beim mikrochirurgischen Zugang zurückzuführen waren. Nach
einer Woche kam es zu einer Restitutio ad integrum.
30
Abb. 13 CT-Bild einer frontobasalen Metastase eines Adenocarcinoms
Bei diesem Patienten mit einem frontobasalen Tumor (Metastase eines
Adenocarzinoms) kam es während der Vibrographie zu einer minimalen
cortikalen Blutung, offenbar deshalb weil die Vibrographie in Richtung der
ca. 3cm weit entfernten Frontobasis erfolgte (s. Abb. 13). Die Vibrographie
wurde gestoppt, und die Blutung konnte ohne weitere Probleme gestillt
werden. Postoperativ traten keine Defizite bei dem Patienten auf. In allen
anderen Fällen blieb die Cortexoberfläche intakt, weitere Blutungen traten
nicht auf.
In unseren Untersuchungen an einem Patientenkollektiv von insgesamt 49
Patienten und 50 Tumoren (bei einem Patienten lagen 2 Metastasen vor)
konnten wir bei 43 Patienten die Tumoren mit der Vibrographie darstellen.
Da bei einem Patienten 2 frontale Metastasen vorlagen, konnten insgesamt
44 Tumore von insgesamt 50 Tumoren mittels Vibrographie nachgewiesen
werden. Mittels Ultraschallsonographie konnten die Tumore bei 48
Patienten dargestellt werden.
31
In der Abbildung 14 sieht man eine typische Darstellung eines Tumors
mittels
Vibrographie
im
Vergleich
mit
den
konventionellen
Ultraschallbildern des Siemens Sonoline Omnia.
Abb. 14: Vibrographiebild und korrespondierendes Ultraschallbild
einer Metastase eines kleinzelligen Bronchialkarzinoms bei einer 59jährigen Patientin
32
In insgesamt 6 Fällen gelang keine Darstellung der Tumoren als
Vibrographiebild:
Die bereits erwähnte Untersuchung während der es kurz nach Beginn der
Vibrographie zu einer leichten Blutung der Cortexoberfläche kam wurde in
die weitere Auswertung nicht einbezogen, da verwertbare Dehnungsbilder
wegen der Blutung nicht aufgezeichnet wurden. In 2 Fällen kam es zu
einem Softwareproblem, sodass die Vibrographie-Bilder nicht berechnet
werden konnten. Bei einem Tumor handelte es sich um eine postradiogene
Gliose bei Z.n. Ganzhirnbestrahlung und stereotaktischer Bestrahlung bei
einer Metastase nach Kolonkarzinom. Sowohl die Vibrographie, als auch
das korrespondierende Ultraschallbild lieferten keine verwertbaren Bilder.
In 2 weiteren Fällen wurde das Vibrographie-Stativ manuell gehalten. Dies
führte zu einer schlechten Ankopplung der Ultraschallsonde an die
Hirnoberfläche und einer daraus resultierenden mangelhaften Kompression
des Gewebes, wodurch die Voraussetzungen für eine optimale Berechnung
der Dehnungsbilder nicht gewährleistet wurde. Die Vibrographie-Bilder
konnten aufgrund der vielen Artefakte nicht für die Auswertung verwendet
werden.
Abb. 15: CT-Bild eines links frontalen Glioblastoma multiforme
33
Abb. 16: Der Tumor konnte in der Sonographie dargestellt werden
Abb. 17: Aufgrund einer mangelhaften Ankopplung der
Ultraschallsonde gelang eine Darstellung des Tumors in der
Vibrographie nicht
34
Die histologischen Einteilungen der untersuchten Tumoren sind in der Abb.
18 und in Tab. 1 dargestellt. Metastasen bildeten mit 24 Fällen die größte
Gruppe der Tumoren.
In einem Fall handelte es sich um eine Gliose bei Z.n. Ganzhirnbestrahlung
und stereotaktischer Bestrahlung bei einer Metastase nach Kolonkarzinom.
Abb. 18: Diagramm der prozentualen Verteilung der Tumore anhand
der histologischen Befunde
35
Tab. 1 Histologische Einteilung der untersuchten Tumore
Histologie
Metastasen
Anzahl
Pat. N=49/Tumore N=50
22 (23)
Glioblastome (WHO IV)
11
Meningeome (WHO I)
3
Astrozytome (WHO II)
2
Anaplastische Astrozytome (WHO III)
2
Anaplastische Ependymome (WHO III)
1
Gliosarkome (WHO IV)
2
Atypische Meningeome (WHO II)
2
Oligodendrogliom (WHO II)
2
Melanommetastase
1
Gliose n. Radiatio
1
36
Die Tabelle 2 gibt die unterschiedlichen Lokalisationen der Tumore
wieder.
Tab. 2 Zusammenfassung der Lokalisation der Tumore
Lokalisation
Anzahl der Tumore
N=50
Frontal
20
Occipital
6
Cerebellär
7
Temporal
7
Parietal
5
Frontotemporal
1
Parietooccipital
1
Temporoparietal
1
Frontoparietal
1
Temporodorsal
1
Die Vibrographie-Bilder geben die unterschiedlichen Elastizitäten des
Gewebes farbkodiert wieder (s.Abb.19). Eine geringe Dehnbarkeit stellte
sich dunkelrot bis schwarz dar. Bereiche mit sehr hoher Elastizität wurden
gelb wiedergegeben. Rot bildete eine mittlere Dehnbarkeit ab.
37
Abb. 19: Intraoperatives Vibrographie-Bild: 58jährige Patientin mit
einem Gliosarkom WHO IV links frontal
38
3.2 Einteilung der Tumoren nach der Darstellung im
Dehnungsbild
In den erhaltenen Vibrographie-Bildern wurde die dargestellte Elastizität
des Tumors mit der des Hirngewebes verglichen. So konnten die Tumoren
in 4 Gruppen eingeteilt werden (Tab. 3).
Tab. 3 Einteilung der Tumore nach Elastizität verglichen mit dem
umliegenden Hirngewebe
Gruppeneinteilung
Gruppe I
Tumore mit Elastizität identisch
dem Hirngewebe, aber Randsaum
mit höherer Dehnung
Anzahl Tumore N=44
6
Gruppe II
Tumore weicher als Hirngewebe
23
Gruppe III
Tumore härter als Hirngewebe
10
Gruppe IV
Inhomogene Darstellung des
Tumors
5
39
Die erste Gruppe beinhaltet Tumore mit einer identischen Elastizität wie
die des Hirngewebes. Insgesamt wiesen 6 Tumore diese Eigenschaft auf.
Die Abgrenzung zwischen Tumorgewebe und Hirngewebe wird durch eine
periphere Zone mit einer hohen Dehnung (gelb) markiert (s. Abb. 21). Die
histologische Einteilung dieser 6 Tumore wird in Tab. 4 wiedergegeben.
Bei 4 Tumoren handelte es sich um Metastasen. In den beiden anderen
Fällen handelte sich um jeweils ein Meningeom WHO I, sowie um eine
Oligodendrogliom WHO II.
Tab. 4 Histologische Einteilung der Tumore der Gruppe I N=6
Histologische Einteilung
Anzahl Tumore N=6
Metastasen
4
Meningeome (WHO I)
1
Oligodendrogliome (WHO II)
1
40
Folgende Abbildungen sind Beispiele für Tumore aus der Gruppe I:
Im ersten Beispiel handelt es sich um einen 73jährigen Patienten mit einer
Adenocarcinommetastase links frontal. In der coronaren MRT-Aufnahme
sieht man eine aus 2 Knollen bestehende Tumorformation (s. Abb. 20). Das
Vibrographie-Bild gibt diese Tumorformation wieder. Der Tumor wird wie
das umliegende Hirngewebe gelb-rot dargestellt, daher erfolgte die
Einteilung in Gruppe 1 (s. Abb. 21). Eine Abgrenzung zum Hirngewebe ist
durch
einen
gelblichen
Randsaum
möglich
(siehe
Pfeil).
Das
konventionelle Ultraschallbild stellt den Tumor hyperechogen dar (s. Abb.
22). Die Begrenzungen zum umliegenden Hirngewebe werden klar
dargestellt.
Abb. 20: Knollige Tumorformation einer Adenocarcinommetastase
links frontal im MRT-Bild
41
Abb. 21: Darstellung der Tumorformation mit einem gelben
Randsaum (siehe Pfeil) im Vibrographiebild
Abb. 22: Hyperechogene Darstellung der Tumorformation im
korrespondierenden Ultraschallbild
42
Im folgenden Beispiel handelt es sich um einen 69jährigen Patienten mit
einer links frontalen Metastase eines Bronchialkarzinoms. In der
Vibrographie wird der Tumor und das umliegende Hirngewebe in einem
dunklen Rot dargestellt (s. Abb. 23). Der Tumor wird von einem hellroten
bis gelben Randsaum umschlossen (siehe Pfeil Abb. 23). In der
konventionellen Sonographie kommt der Tumor ebenfalls deutlich zur
Darstellung (s. Abb. 24). Es zeigt sich eine hyperechogene Raumforderung,
welche klar vom umliegenden Gewebe abzugrenzen ist. Die weißlichen
Linien im B-Bild geben die angrenzenden Sulci wieder.
Abb. 23: Vibrographiebild einer links frontalen Metastase eines
Bronchialkarzinoms. Der Pfeil markiert den auffälligen Randsaum
43
Abb. 24: Korrespondierendes Ultraschallbild zu Abb.20 Tumor mit
geschlossenem Pfeil gekennzeichnet, Sulcus mit offenem Pfeil
gekennzeichnet
44
Im letzten Beispiel dieser Gruppe handelt es sich um eine 48jährigen
Patienten mit einem parasagital links gelegenen Meningeom WHO Grad
I. Das Computertomographie-Bild (s. Abb. 25) zeigt deutlich den
Tumor
parasagital
links.
In
der
Vibrographie
erscheint
die
Raumforderung in einem dunklen Rot, ähnlich wie das Hirngewebe. Die
Abgrenzung zum Hirn ist nur durch einen helleren Randsaum möglich
(s. Abb. 26). Das korrespondierende Ultraschallbild gibt den Tumor
ebenfalls wieder. Im Vergleich zur Vibrographie wird zusätzlich die
Falx dargestellt. (s. Abb. 27)
Abb. 25: MRT-Bild eines Meningeoms WHO Grad 1
45
Abb. 26: Vibrographiebild Tumor stellt sich in einem dunklen Rot ,
ähnlich wie das umliegende Hirngewebe dar
Abb. 27: Ultraschallbild des Meningeoms. Der Pfeil markiert die Falx
cerebri
46
In der 2. Gruppe, welche mit 23 Tumoren die größte Gruppe darstellt,
erscheinen die Tumoren in der Vibrographie eine höhere Elastizität als das
umliegenden Hirngewebe zu haben. Die Tumore stellten sich meist in
einem hellen Rot bis Gelb dar. Während der operativen Resektion waren
die Tumore weicher als das gesunde Hirn.
Die histologische Einteilung zeigt die Tab. 5.
Tab. 5 Histologische Einteilung Tumore der Gruppe II
Histologie
Anzahl der Tumore
N=23
Metastasen
8
Glioblastome (WHO IV)
Meningeome (WHO I)
Astrozytome (WHO II)
Anaplastische Astrozytome
(WHO III)
Gliosarkome (WHO IV)
Atypische
(WHO II)
6
1
1
1
2
Meningeome
2
Oligodendrogliome (WHO
II)
1
Melanommetastase
1
47
In den folgenden Abbildungen werden Beispiele für Tumore gegeben,
welche der Gruppe 2 zugeordnet wurden.
Im ersten Beispiel handelt es sich um ein Meningeomrezidiv bei einem
70jährigen Patienten. Histologisch wurde der Tumor als ein atypisches
Meningeom WHO II klassifiziert. Die Vibrographie stellt den Tumor mit
einer höheren Elastizität als das umliegende Hirngewebe dar. Die
Grenzfläche zum Hirn wird wiederum durch einen gelben Randsaum
wiedergegeben (s. Abb. 28). Die herkömmliche Sonographie stellt den
Tumor und die Grenzen ebenfalls deutlich dar (s. Abb. 29).
Abb. 28 Vibrographie-Bild eines atypischen Meningeoms WHO II
Abb. 29 Korrespondierendes Ultraschallbild, Pfeile markieren den
Tumor
48
In einem weiteren Fall handelt es sich um eine occipitale Metastase eines
kleinzelligen Bronchialkarzinoms paramedian gelegen (s. Abb. 30). In der
Vibrographie imponiert der Tumor Hellrot bis Gelb. In diesem Fall ist eine
Abgrenzung zum Hirngewebe sowohl in der Vibrographie als auch in der
Sonographie nicht eindeutig (s. Abb. 31 und Abb. 32).
Abb. 30: CT-Bild der Metastase eines kleinzelligen
Bronchialkarzinoms
49
Abb. 31: Der Tumor stellt sich in einem hellen Rot bis Gelb dar.
Aufgrund der Größe des Tumors sind die Grenzen des Tumors nur
schwer abzugrenzen.
Abb. 32: Zu Abb. 31 korrespondierendes Ultraschallbild. Der Tumor
hat keine scharfen Grenzen
50
Tumore der 3. Gruppe stellen sich in der Vibrographie deutlich dunkler als
das umliegende Hirngewebe dar. Während der Resektion erschienen die
Tumoren härter als das physiologische Gewebe. Insgesamt fällen 10
Tumoren in diese Einteilung.
6 Tumore
waren Metastasen. Weiterhin lag ein Glioblastom, ein
Meningeom WHO I, ein Anaplastisches Astrozytom WHO III, sowie ein
anaplastisches Ependymom vor (Tab. 6).
Tab. 6 Histologische Einteilung der Tumore der Gruppe III
Histologie
Anzahl der Tumore
N=10
Metastasen
6
Glioblastome (WHO IV)
1
Meningeome (WHO I)
1
Anaplastische
(WHO III)
Astrozytome
1
Anaplastische
(WHO III)
Ependymome
1
51
In den folgenden Abbildungen sieht man Bilder einer Metastase bei einem
71jährigen Patienten, welcher dieser Gruppe zugeordnet wurde (s. Abb. 33,
Abb. 34 und Abb. 35). In der Vibrographie wird der Tumor härter als das
umliegende Gewebe dargestellt. Eine Besonderheit ist eine dem Tumor
anliegende Zyste, welche sonographisch sehr gut dargestellt wird. Die
Vibrographie gibt das Zysteninnere
gelb und sehr stränig wieder. Es
handelt sich vermutlich um einen Artefakt, da der flüssige Zysteninhalt
nicht komprimiert werden kann. Dennoch ist die Zyste ebenfalls in der
Vibrographie zu sehen (s. Abb. 34, Abb. 35). Das Sonographiebild gibt die
Tumorgrenzen nicht klar wieder. Vergleicht man die Vibrographie und die
Sonographie, so scheint der Tumor in der Vibrographie eine größere
Ausdehnung zu haben.
Abb. 33: CT-Bild einer rechts cerebellär gelegenen Metastase
52
Abb. 34: Rechts cerebelläre Metastase. Die Zyste wird Hellrot bis Gelb
dargestellt
Abb. 35: Zu Abb 34 korrepondierendes Ultraschallbild, Tumor s.
Pfeile
53
Die 4. Gruppe besteht aus Tumoren, die keiner der bisher genannten
Gruppen zugeordnet werden konnten. Der Tumor stellte sich in der
Vibrographie inhomogen dar. In insgesamt 5 Fällen war dies der Fall. 4
Tumoren waren Metastasen und in einem Fall handelte es sich um eine
Astrozytom WHO II. (s. Tab. 7)
Tab. 7 Histologische Einteilung der Tumore der Gruppe IV
Histologie
Anzahl der Tumore
N=5
Metastasen
4
Astrozytome (WHO II)
1
Bei den folgenden Bildern handelt es sich um 2 Adenocarcinommetastasen
rechts cerebellär bei einer 71jährigen Patientin. In diesem Fall wurde nur
der oberflächlich gelegene Tumor untersucht. (s. Abb. 36) In der
Vibrographie erscheint der Tumor peripher in einem Hellrot mit einer Zone
höherer Elastizität im Inneren, Dunkelrot dargestellt. (s. Abb. 37) Der
tiefergelegene zweite Tumor kommt nur in der Sonographie zur
Erscheinung, da das Vibgrographiebild einem Ausschnitt aus dem
Ultraschallbild wieder gibt.
54
Abb. 36: CT-Bild von 2 cerebellären Adencarcinommetastasen
Abb. 37: Der Tumor besteht aus einem hellroten und einem
dunkelroten Bereich
55
Abb. 38: Beide Tumore werden in der Sonographie dargestellt
56
Aufgrund
der
Einteilung
histologischen Klassifikation
der
untersuchten
Tumore
nach
ihrer
in Gruppen unterschiedlicher Elastizität,
sollte untersucht werden, ob eine mögliche Korellation zwischen den
Histologien und der dargestellten Gewebeelastizität besteht. Da das
Vibrographie-Verfahren eine quantitative Untersuchungsmethode ist,
können keine absoluten Werte für die gemessene Elastizität wiedergegeben
werden. Die Tumorelastizität wird als Vergleich zum umliegenden
Hirngewebe abgebildet. Das untenstehende Diagramm gibt die Einteilung
der unterschiedlichen Histologie in die einzelnen Elastizitäts-Gruppen
wieder (s. Abb. 39). Die zahlenmäßig größte Gruppe der Metastasen (22)
weist in dieser Untersuchung alle 4 Elastizitätseigenschaften auf. 4
Metastasen waren identisch mit dem Hirngewebe. Bei weiteren 4 konnte
aufgrund
der
Inhomogenität
des
Vibrographiebildes
keine
Elastizitätsbestimmung erfolgen. Acht Metastasen wiesen eine höhere
Elastizität als das Hirn auf. Weitere 6 Metastasen waren härter als das
Hirngewebe. Aufgrund der Aufteilung der 22 untersuchten Metastasen in
die 4 Elastizitätsgruppe scheint eine eindeutige Aussage über einen
Zusammenhang zwischen der Histologie und der Elastizität nicht möglich
zu sein. Die Aufteilung der weiteren Tumoren ist der Abb. 39 zu
entnehmen. Da die übrigen Tumoren viele unterschiedliche histologische
Klassifikationen aufweisen und somit nur geringe Fallzahlen für die
einzelnen Tumoren zur Verfügung stehen ist einen Auswertung bzgl. einer
Korrelation zwischen Elastizität und Histologie in den weiteren Fällen
nicht sinnvoll.
57
Abb. 39: Darstellung der Tumorelastizität nach der histologischen
Klassifikation
58
3.3 Vermessung der dargestellten Tumore in den
Vibrographie- und Ultraschallbildern
In insgesamt 7 Fällen wurde exemplarisch eine vergleichende Vermessung
der Tumore im Vibrographie-und Ultraschallbild durchgeführt. In den
restlichen Fällen wurden die Tumoren in ihrer Gesamtgröße im
Ultraschallbild und in der Vibrographie nicht vollständig wiedergegeben,
womit eine Vermessung nicht möglich war. Der Grund hierfür liegt in der
benutzten Software, welche die Datensätze vom Ultraschallsystem in
verwertbare Elastogramme umrechnet und eine konstante Schallfrequenz
von 7.5 MHz benötigt, womit eine Veränderung des dargestellten
Bildausschnittes während der Messung nicht möglich war. In einigen
wenigen Fällen, war eine genaue Abgrenzung von Tumorgewebe zum
Hirngewebe in dem Bildern nicht möglich. Für die Vermessung wurden im
Ultraschallbild und dem korrespondierenden Vibrographiebild zueinander
passenden Bereiche vermessen und miteinander verglichen. Die
unterschiedlichen Maßstäbe im Vibrographiebild und Ultraschallbild
wurden dabei berücksichtigt. Beim Vergleich der Bilder fiel im
Elastogramm die bereits beschriebene Zone höherer Dehnung( Gelb) auf,
welche sich im Randbereich des Tumors befindet. Bei Tumoren, welche
diesen Randsaum in der Vibrographie aufwiesen wurde der Randsaum in
einer Messung mit eingeschlossen, in einer zweiten Messung wurde der
Durchmesser ohne diesen Randsaum bestimmt (siehe Abb. 40, 41). Da der
Saum in vielen Dehnungsbilder zu finden ist, stellt sich die Frage nach der
Entität dieses Bereiches. Aufgrund der nur in 7 Fällen möglichen Messung
ist eine sichere Aussage hierzu sicherlich nicht zu treffen. In Tabelle 8 sind
die Messergebnisse wiedergegeben. Bei Patient 4 wurde aufgrund der aus 2
Knollen bestehenden Tumorform an 2 Tumorbereichen die Tiefe gemessen.
59
Die Breite konnte nicht bestimmt werden, da der Tumor in der
Vibrographie nicht vollständig dargestellt wurde. In unserer Auswertung
bestimmten wir den Messwert aus dem Dehnungsbild (mit oder ohne
Randsaum), welcher mit dem Wert im Ultraschallbild übereinstimmte oder
am nächsten lag. In 6 Fällen stimmten die Messwerte, welche den
Randsaum nicht eingeschlossen hatten, mit den im Ultraschall ermittelten
Werten überein bzw. hatte nur geringe Abweichungen von maximal –
0,3cm bis +0,3cm, die durchschnittliche Abweichung lag bei 0,07cm. In
einem Fall (Patient 5) traf dies für den Messwerte bezüglich der
Tiefenausdehnung zu. Die Breite im Ultraschallbild wurde mit 2 Werten
angegeben, da in der Sonographie ebenfalls ein Randsaum auftrat
(s.Abb.41). Beide Werte lagen zwischen den Werten aus der Vibrographie.
Die Frage, ob der Saum höherer Dehnung noch Tumorgewebe oder
Hirngewebe ist, lasst sich aufgrund der geringen Fallzahl nicht sicher
klären. Nach unseren Messungen erscheint es möglich, dass der Randsaum
kein Tumorgewebe abbildet. Zur Bestätigung dieser Hypothese sind jedoch
weitere Untersuchungen, inklusive histologischer Begutachtung von
Proben aus diesem Bereich nötig.
60
Abb. 40: Vermessung der Tumorgröße im Ultraschall und der
Vibrographie
Abb. 41: Vermessung der Tumorgröße im Ultraschall und der
Vibrographie
61
Tab. 8 Messwerte der Tumor-Vermessung im Vibrographie- bzw
Sonographiebild
Untersuchungsmethode
Patient 1
Patient 2
Patient 3
Patient 4
Patient 5
Patient 6
Patient 7
Tiefe (cm)
Breite (cm)
Vibrographie
ohne Randsaum
3,4
3,1
mit Randsaum
3,9
3,7
Ultraschall
3,5
3,5
ohne Randsaum
1,9
2,4
mit Randsaum
2,5
2,7
Ultraschall
2,2
2,4
ohne Randsaum
2,1
2,7
mit Randsaum
2,7
2,9
Ultraschall
1,8
2,6
Vibrographie
Vibrographie
Vibrographie
ohne Randsaum
1,8
1,8
mit Randsaum
2,2
2,3
Ultraschall
1,8
2,0
Vibrographie
ohne Randsaum
1,1
1,0
mit Randsaum
1,5
1,9
Ultraschall
1,2
1,4 (1,7)
ohne Randsaum
2,5
2,0
mit Randsaum
2,8
2,3
Ultraschall
2,5
2,0
ohne Randsaum
1,8
2,3
mit Randsaum
2,4
3.0
Ultraschall
1,9
Vibrographie
Vibrographie
2,2
62
4 Diskussion
4.1 Allgemein
Die konventionelle Ultraschall-Sonographie ist heutzutage ein anerkanntes,
bildgebendes Verfahren, welches in vielen Bereich der alltäglichen
Medizin angewandt wird. In der Neurochirurgie hat sich das konventionelle
Ultraschallverfahren
zur
intraoperativen
Darstellung
bei
der
Tumorresektion etabliert [59, 78, 79].
Die Erfahrungen mit der Elastographie sind dagegen noch sehr
eingeschränkt, da eine Anwendung dieses Verfahren erst seit einigen
Jahren als Echt-Zeit-System möglich ist. Die Elastographie wird in einigen
Bereichen der Medizin in klinischen Studien bereits erfolgreich
angewendet, z.B. bei der Diagnostik von Tumoren der Brust und zur
Diagnostik bzw. Klassifikation von Schweregraden einer Leberfibrose [7,
13, 30, 39, 62, 69, 73, 84, 86]. Eine bereits zu Beginn dieser Arbeit
erwähnte Anwendung des Verfahrens findet sich in der Diagnostik von
unklaren Raumforderungen der Prostata [18, 50]. Das Verfahren der
Elastographie scheint mit der Einführung der Echt-Zeit-Darstellung der
gewonnenen Bilder jedoch in der Medizin zunehmend an Bedeutung zu
finden, wie eine Literaturrecherche in der Metadatenbank PubMed©
deutlich macht. Bei der Suche nach „Elastographie“ erhält man 1225
Treffer.
Hierunter
findet
man
sowohl
Publikationen
zur
„Sonoleastographie“, als auch zur MR-Elastographie. Eine Suche nach
„Sonoelastographie“ ergibt 706 Ergebnisse. In der folgenden Tabelle 9
werden die unterschiedlichen Anwendungen der Sonoelastographie an
diversen
Organsystemen
zusammengefasst.
und
die
aktuellsten
Publikationen
63
Tab. 9 Literaturbeispiele zu Elastographieanwendungen anderer
Organsysteme
Organsysteme
Autoren (Erscheinungsjahr)
Leber
Del Poggio et al.(2009), Kim et al.(2009), Yoshioka et
al.(2008), Breton et al.(2009)[7, 15, 39, 84]
Formageau et al.(2008), Maurice et al.(2008),
Baldewsing et al.(2007)[3, 22, 49]
Asteria et al.(2008), Rago et al.(2008), Tranquart et
al.(2008)[1, 57, 74]
Miyagawa et al.(2009), Gravas et al.(2009), Eggert et
al.(2008)[18, 26, 50]
Saleem et al. (2009), Sohn et al.(2009),Cho et al.(2009),
Fleury et al.(2009),Thitaikumar et al(2008)[13, 20, 62,
69, 73]
Giovannini et al.(2009), Uchida et al.(2009), Gill et al.
(2008), Uomo et al.(2008)[24, 25, 75, 77]
Scholz et al. (2007)[67]
Gefäße
Schilddrüse
Prostata
Brustdrüse
Pankreas
Gehirn
Die für die Elastographie nötige Kompression wurde in diesen Studien
manuell auf das zu untersuchende Gewebe appliziert.
Während einer neurochirurgischen Operation ist eine unkontrollierte,
manuelle Kompression auf das Hirngewebe jedoch nicht anzustreben, da
Verletzungen der Hirnoberfläche resultieren könnten.
Die in dieser Arbeit vorgestellte Technik der Vibrographie stellt ein
neuartiges Verfahren dar, bei dem die nötige Kompression mit einer
Amplitude von 0,3mm über einen Motor statisch und kontrolliert auf das zu
untersuchende Gewebe appliziert wird. In dieser Arbeit wird gezeigt, dass
die Vibrographie in der neurochirurgischen Tumorresektion mit einem
geringen Zusatzaufwand eingesetzt werden kann.
Als zusätzliche Hardwarekomponenten wird ein handelsüblicher PC mit
einer speziellen Vibrographie-Sofware und ein Haltestativ inklusive
64
Stepmotor, welcher für die nötige Kompression sorgt, benötigt.
Ausschlusskriterien für Anwendung dieses Verfahrens sollten zum einen
eine starke Hirnschwellung, sowie notfallmäßig durchgeführte Operationen
sein. Desweiteren würden wir von der Anwendung der Vibrographie bei
Schädelbasistumoren abraten. Hierauf wird im Verlauf der Diskussion
näher eingegangen.
In unseren Untersuchungen war es bei 43 Patienten. Mit insgesamt 44
Tumoren möglich den Hirntumor mittels Vibrographie darzustellen.
Hirneigene Tumoren und Metastasen mit unterschiedlichen elastischen
Eigenschaften konnten vom umliegenden Gewebe mittels Vibrographie
dargestellt und vom umliegenden Hirngewebe differenziert werden.
Unsere Ergebnisse in dieser Arbeit zeigen, dass die Elastographie ein
zukunftsweisendes
Verfahren
zur
intraoperativen
Darstellung
von
Hirntumoren ist, insbesondere wenn es sich um Tumoren handelt, die in der
Sonographie nur schwer bzw. gar nicht vom umliegenden Hirngewebe zu
unterscheiden
sind, aber
unterschiedliche
elastische
Eigenschaften
aufweisen. Das Vibrographie-Verfahren stellt zusätzlich Informationen
zum umliegenden Hirngewebe zur Verfügung, z.B. zeigt es ödematöse
Bereich oder dem Tumor anliegende Bereiche mit einer geringen
Elastizität, welches seinen Ursprung in der Kompression des Tumors haben
könnte.
Zukünftige Untersuchungen könnten somit nicht nur auf die Darstellung
der Eigenschaften von Hirntumoren ausgerichtet sein, sondern auch auf die
Untersuchung
von
gesundem
Hirngewebe
in
Bezug
auf
seine
unterschiedlichen elastischen Eigenschaften in verschiedenen Alterstufen.
Ein wichtiger Aspekt in der Auswertung der Bilder sollte jedoch dem
Untersucher klar sein. Die Vibrographie ist z.Zt. noch ein qualitatives
65
Verfahren welches die unterschiedliche Verformung unterschiedlicher
Gewebe im Vergleich zu einander wiedergibt. Eine quantitative Aussage
zur Gewebeelastizität ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.
In weiteren Untersuchungen sollte man sich der Genese des in einigen
Fällen sehr auffälligen hellroten bis gelben Randsaums, einer Zone höherer
Elastizität um einen Tumor zuwenden (s. Abb. 42)Dieser könnte ein
Artefakt oder aber auch ein ödematöser Bereich mit einer deutlich
unterschiedlichen Elastizität im Vergleich zum Tumor und dem
angrenzenden Hirngewebe sein. Die Zielsetzung einer Folgestudie dieser
Arbeit könnte der Vergleich dieser den Tumor umgebenden Zone höherer
Dehnung mit intraoperativ gewonnenen Proben aus diesen Bereichen sein.
Abb. 42: An der Grenze des Tumors liegender heller Randsaum (Pfeil)
Sollte es sich um mögliche Artefakte handeln können diese durch
unterschiedliche Umstände verursacht werden, osmotische Gradienten oder
aber auch durch die artifizielle Kompression an sich [36, 80].
Die bisherige Anwendung der Vibrographie mittels Dreifuß-Stativ und dem
daran verankerten Stepmotor sollte verbessert werden. Bei einem Fall in
dieser Arbeit wurde ein pneumatischer Haltearm der Firma Aesculap als
alternative für das Stativ verwendet. Der pneumatische Haltearm bietet den
66
Vorteil, dass die Ultraschallsonde flexibler bewegt werden kann. Eine
Ausrichtung der Sonde in unterschiedliche Ebenen damit einfacher
möglich.
Verbesserungswürdig
erscheint
auch
die
von
unserem
Softwaresystem benötigte konstante Schallfrequenz von 7,5MHz. Dies
bedeutet, das die optimale Eindringtiefe der Schallfrequenzen nicht
variabel zu ändern ist. Dies kann z.B. bei tiefergelegenen Tumor dazu
führen, dass diese mit unserem jetzigen System nicht vollständig oder gar
nicht abgebildet werden können. Hier ist eine weitere Entwicklung
notwendig.
67
4.2 Zukunftsperspektiven
Ein Hauptproblem bei der Hirntumorchirurgie in Bezug auf präoperativ
gewonnene Bilddatensätze stellt das bereits erwähnte Phänomen „Brain
Shift“ dar. Beim „Brain-Shift“ findet nach der Eröffnung der Schädeldecke
und nach Eröffnung der Dura eine nichtlineare Verformung der
Hirngewebes statt. (s. Abb. 43) Diese Verformung ist durch eine Vielzahl
von Faktoren, u.a. aufgrund der Schwerkraft, der Einbringung chirurgischer
Instrumente und durch Austritt von Liquor bedingt.
Abb. 43: Präoperatives (links) und intraoperatives (rechts) MRT-Bild
zur Darstellung des Brain-Shift Phänomens
Durch eine Ankopplung intraoperativ gewonnener Bilder, wie z.B.
Vibrographie-Bilder, an bereits bestehende Navigationssysteme wäre eben
könnten Echt-Zeit-Daten der anatomischen Verhältnisse mit präoperativ
gewonnenen Daten verglichen werden. So könnte das erhaltene
Vibrographiebild mit dem Ultraschallbild oder aber auch mit CT-und
MRT-Bildern kombiniert werden. Die Kombination von Echt-Zeit 3DUltraschall mit präoperativ angefertigten MRT Datensätzen wurde bereits
68
in einigen Studien erfolgreich eingesetzt [44]. Durch die Fusion eines
intraoperativen Echt-Zeit Verfahrens mit präoperativ angefertigten,
hochauflösenden Bilddatensätzen wie z.B. MRT-Bildern können die
Vorteile beider Verfahren kombiniert werden und möglicherweise die
Durchführung und Präzision einer Tumor-Operation in Hinblick auf eine
optimale Resektion und Verbesserung des Outcomes für den Patienten
genutzt
werden
Ultraschallsystems,
[58].
in
Die
welches
Kontrastmittel-Sonographie
und
Entwicklung
eines
die
Vibrographie,
die
reine
multimodalen
3D-Ultraschall,
Ultraschall-Sonographie
integriert werden, bietet für die intraoperative Darstellung von Hirntumoren
und die Resektionskontrolle ein zukunftsweisendes Verfahren, welches ein
Gebiet für weitere Forschungen sein könnte. In Abbildung 44 und 45
wurde das Ultraschallbild bzw. CT-Bild mit dem korrespondierenden
Vibrographiebild zur Veranschaulichung computeranimiert fusioniert.
Abb. 44: Computeranimierte Fusion von Ultraschallbild und
Vibrographiebild
69
Abb.
45:
Computeranimierte
Fusion
von
CT-Bild
und
Vibrographiebild
Für alle zukünftigen Untersuchungen spielt die Sicherheit bzgl. der durch
die Ultraschallsonde ausgeübten Kompression eine wichtige Rolle. In
dieser Arbeit wurde die Kortexoberfläche mit ihrer Gefäßversorgung
während
und
nach
Anwendung
der
Vibrographie
unter
dem
Operationsmikroskop auf kleinste Blutungen untersucht. Dieses scheint
eine einfache, aber aussagekräftige Methode zu sein um die Sicherheit des
Verfahrens während der Anwendung zu kontrollieren. Selbst kleinste
Blutungen der Kortexoberfläche ohne ein postoperatives neurologisches
Defizit wie sie z.B. beim Einsetzen eines Spatels oder durch andere
Operationsinstrumente entstehen können, werden durch das Mikroskop
vom Operateur erkannte.
In unserer Untersuchung kam es in einem Fall zu einer minimalen, venösen
Blutung der Kortexoberfläche nach Anwendung der Vibrographie.
In
diesem
Fall
handelte
Adenocarcinommetastase.
es
sich
Postoperativ
um
traten
eine
keine
frontobasale
neurologischen
Defizite auf. Aufgrund dieser Erfahrung wurden Schädelbasistumoren und
Schädelbasis nahe Tumoren in den weiteren Untersuchungen als
Ausschlusskriterium gewertet.
Nach den von Scholz et al. durchgeführten Voruntersuchungen führten wir
70
die Vibrographie mit einer maximalen Vorkompression von 1mm und einer
Vibrationsamplitude von 0,3 mm durch. Aufgrund der zuvor erwähnten
Ergebnisse erscheint diese Einstellung als eine Vorraussetzung für die
sichere Durchführung der Untersuchung. Zum Vergleich sind diese
Parameter in der manuell durchgeführten Ultraschallsonographie durch den
Operateur und seine Erfahrung allein zu beeinflussen. Die Anwendung der
Vibrographie sollte jedoch vor jeder Operation durch den Operateur
überdacht werden.
Das Vibrographie-Verfahren stellt Informationen über eine bestimmte
Eigenschaft des untersuchten Gewebes dar, der Elastizität. Daher kann
dieses Verfahren sicherlich keines der bisherigen bildgebenden Verfahren
ersetzen. Die Vibrographie könnte jedoch zusätzliche, für den Operateur
nützliche Informationen liefern, die Ihm bei der Tumorresektion
entscheidend helfen. Die Ankopplung von verschiedenen bildgebenden
Verfahren für die Neuronavigation, wie z.B. die Fusion von MRT-Bildern
und CT-Bildern oder aber auch als alternative mit Ultraschallbildern wird
heutzutage bereits erfolgreich durchgeführt [27, 32, 71, 72].
71
5 Zusammenfassung
Ziel dieser Untersuchung war die Anwendung und klinische Erprobung
eines
neuartigen,
bildgebenden
Echt-Zeit
Ultraschall-Vibrographie-
Verfahrens am menschlichen Hirn, während der Resektion von
Hirntumoren. Hintergrund dieser Arbeit ist die ständige Suche nach
Verbesserungen und neuartigen System im Bereich der Neuronavigation
zur Echt-Zeit Darstellung von Gewebeveränderungen während der
Tumorresektion, um eine möglichst hohe Sicherheit bzgl. vollständiger
Resektion und Schutz eloquenter Hirnareale zu gewährleisten.
Mit der Ultraschall-Vibrographie, einem Verfahren zur Darstellung von
Gewebeelastizitäten, wurde eine der ältesten Untersuchungsmethoden, die
Palpation von Gewebeveränderungen, aufgegriffen und technisch zur
Anwendung gebracht. Eine Arbeitsgruppe um Prof. Dr. M.Scholz, aus der
neurochirurgischen Universitätsklinik des Knappschaftskrankenhauses
Bochum-Langendreer testete zunächst die Anwendung des Systems an
Schweinehirnen, um eine optimale und sicherer Durchführung der
Erstanwendung der Vibrographie am menschlichen Hirn zu gewährleisten.
In dieser Arbeit wurde die Vibrographie und die klassische Sonographie
parallel während der Resektion von 50 Hirntumoren bei 49 Patienten
eingesetzt und die erhaltenen Ergebnisse ausgewertet. Die Tumore konnten
bei 43 Patienten mittels der neuartigen Vibrographie dargestellte werden.
Hirneigene Tumoren und Metastasen mit unterschiedlichen elastischen
Eigenschaften konnten vom umliegenden Gewebe mittels Vibrographie
dargestellt und vom umliegenden Hirngewebe differenziert werden Das
bereits etablierte Verfahren der Sonographie war der Vibrographie in der
Darstellung der Tumor noch überlegen und konnte bei 48 Patienten den
Tumor im B-Bild abbilden. Ein Zusammenhang zwischen Tumorentität,
z.B. Metastase oder hirneigener Tumor, und der Darstellung im
72
Vibrographiebild konnten wir nicht feststellen.
Ein in einigen Fällen in der Vibrographie aufgetretener Randsaum höherer
Dehnung, welcher den Tumor umgibt, sollte in weiteren Arbeiten
untersucht werden.
Aufgrund der Ergebnisse dieser Arbeit erscheint die Erstanwendung der
Vibrographie
in
der
Neurochirurgie
für
die
Neuronavigation
erfolgsversprechend. Dieses neuartige Ultraschallverfahren kann dem
Operateur in der Zukunft zusätzlich nützliche Informationen bei der
Resektion von Hirntumoren geben. Zur Zeit kann die Vibrographie
sicherlich keines der bereits etablierten Verfahren ersetzen. Eine zukünftige
Ankopplung an bereits bestehende Navigationssysteme erscheint aber
möglich.
73
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7 Danksagung
Zum Abschluß meiner Arbeit möchte ich mich ganz besonders bei meinem
Doktorvater Professor Dr. med. Martin Scholz für die Überlassung des
Themas und für das Ermöglichen dieser wissenschaftlichen Arbeit
bedanken. Er hat diese Arbeit mit seinen Ideen, seiner Geduld und
Erfahrung und vielen fruchtbaren Diskussionen immer wieder
vorangetrieben und hatte stets ein offenes Ohr für alle anfallenden
Probleme.
Herr A. Lorenz und Herr A. Pesavento vom Ingenieursbüro für
Informationstechnik in Bochum ermöglichten mit der Bereitstellung des
von ihnen neuentwickelten Algorithmus zur Echt-Zeit-Elastographie diese
Forschungsarbeit und standen mir bei Soft-und Hardwareproblemen stets
tatkräftig zur Seite.
Ein weiterer Dank gilt den Mitarbeitern des Neurochirurgischen OP´s im
Knappschaftskrankenhaus in Bochum-Langendreer, die mir während der
intraoperativen Messungen stets mit Rat und Tat zur Seite standen und
ohne die die Durchführung dieser Arbeit nicht möglich gewesen wäre.
Meine Brüder Oliver Noack und Jochen Noack standen mir durch ihr
breites Wissen in Informatik bei der Formatierung dieser Arbeit durch viele
nützliche und kritische Tipps hilfreich beiseite, wofür ich Ihnen herzlich
danke.
Meiner langjährigen Lebensgefährtin Hanna Schwarz danke ich für die
Unterstützung und Motivation, die sie mir bei der Erstellung dieser Arbeit
zukommen ließ.
Zu guter Letzt möchte ich mich bei meinen Eltern Ursula und Klaus Noack
bedanken, die mich bei all dem was ich in meinem Leben gemacht habe
unterstützt haben und immer hinter mir standen. Als Dankeschön möchte
ich ihnen daher diese Arbeit widmen.
8 Lebenslauf
Vorname:
Volker
Nachname:
Noack
Geburtstag und Geburtsort:
29.11.1978 in Steinfurt
Nationalität:
Deutsch
Familienstand:
ledig
Schulausbildung
08/1985
07/1998
– Grundschule und Gymnasium in Burgsteinfurt
Schulabschluss: Abitur
08/1995
02/1996
– South Williamsport High School, Williamsport, USA
Studium
01/1999
Humanmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena
– 07/2002
10/2002
Humanmedizin an der Ruhr-Universität Bochum
– 05/2006
09/2001
Physikum
09/2002
1. Staatsexamen
04/2005
2. Staatsexamen
05/2006
3. Staatsexamen
Praktisches Jahr
04/2005
08/2005
– Hals-Nasen-Ohrenheilkunde am St.Elisabeth Krankenhaus Bochum
Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum
Prof. Dr. S. Dazert
08/2005
11/2005
- Chirurgie in der Augusta-Krankenanstalt Bochum
Allgemein-, Gefäß-, und Viszeralchirurgie
PD Dr. B. Mann
11/2005
03/2006
- Innere Medizin in der Augusta-Krankenanstalt Bochum
Nephrologie und Allgemeine Innere Medizin
Prof. Dr. A. Petrides
Famulaturen/Praktika
02/2002
03/2002
– Allgemein-, Gefäß-, und Unfallchirurgie am Herz-Jesu Krankenhaus
Münster-Hiltrup
PD Dr. Horstmann/ Dr. Scherf
02/2003
03/2003
– Neurochirurgie am Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer
Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum
Prof. Dr. Harders
08/2003
09/2003
– Innere Medizin in der Nephrologie und Dialysepraxis Münster
Prof. Dr. Graefe/ PD Dr. Langer/ Dr. Pöppelmann
02/2004
03/2004
– Plastische-, Handchirurgie am EvK Lütgendortmund
Dr. Reifenrath
02/2001
03/2001
– Notaufnahme und Poliklinik am Enrique Cabrera Hospital
Havana, Kuba
Berufsausbildung
Seit 08/2006
Assistenzarzt in der Weiterbildung im Fachgebiet Hals-NasenOhrenheilkunde im St.Elisabeth Hospital Klinikum der RuhrUniversität Bochum Direktor Prof. Dr. S.Dazert
Dissertation
04/2003
jetzt
– Meine Dissertation mit dem Titel:
“Vibrographie bei Hirntumoroperationen - ein neuartiges,
bildgebendes Verfahren zur Darstellung von Gewebeelastizitäten“
verfasste ich am Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer
(Universitätsklinik) unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. M. Scholz.
W Wissenschaftliche Veröffentlichungen und Vorträge
Scholz M, Noack V, Pechlivanis I, Engelhardt M, Fricke B, Linstedt U, Brendel
B, Schmieder K, Ermert H, Harders A
“Vibrography during Tumor Neurosurgery“
J Ultrasound Med 2005;24:985-992
Scholz M, Noack V, Schmieder K, Siebers S, Lorenz A, Pesavento A, Brendel B,
Harders A
“Elastographie bei Hirntumoroperationen“
(Vortrag im Rahmen der Curac 2003)
Neurochirurgische Universitätsklinik Bochum
Institut für Hochfrequenztechnik der Ruhr-Universität Bochum
Scholz M, Noack V, Schmieder K, Engelhardt M, Brendel B, Harders A.
“Vibrography during brain tumor surgery- a new intraoperative imaging
method?”
(Vortrag im Rahmen der 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für
Neurochirurgie e.V. )
Department of Neurosurgery, Ruhr- University Bochum
Institut of High Frequency Engineering, Ruhr- University Bochum
Scholz M, Lorenz a, Pesavento A, Brendel B, Khaled W, Pechlivanis I,
Engelhardt M, Noack V, Harders A, Schmieder K
“Current status of intraoperativ real-time vibrography in neurosurgery“
Ultraschall Med. 2007 Oct; 28(5); 985-92
Gurr A, Schwaab M, Hansen S, Noack V, Dazert S
Use of the internet for health information by ENT patients
HNO 2009 May; 57(5); 473-9
Gurr A, Stark T, Noack V, Bernal-Sprekelsen M, Dazert S
Malignant Melanoma of the maxillary sinus-a case report
Laryngorhinootolgie 2009 Jan; 88(1); 35-8. Epub 2008 Nov 26.German
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