Polymorphe Enzyme als Risikofaktoren bei Kolon - Ruhr

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Ruhr-Universität Bochum
Prof. Dr. med. Klaus Golka
Dienstort: Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund
Zentrale Einrichtung Klinische Arbeitsmedizin
Polymorphe Enzyme als Risikofaktoren bei Kolon- und
Rektumkarzinompatienten aus einer Region der Montanindustrie
Inaugural-Dissertation
zur
Erlangung des Doktorgrades der Medizin
einer
Hohen Medizinischen Fakultät
der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von
Hermann Caspar Römer
aus Hagen
2005
Dekan:
Prof. Dr. med. G. Muhr
Referent:
Prof. Dr. med. K. Golka
Korreferent: Prof. Dr. med. R. Viebahn
Tag der mündlichen Prüfung: 30.1.2007
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung
1
2
Aufgabenstellung
3
3
Die polymorphen Enzyme N-Acetyltransferase 2 (NAT2) und
Glutathion-S-Transferase M1 (GSTM1) und Tumorerkrankungen
4
3.1
Polymorphismus der N-Acetyltransferase 2 (NAT2)
4
3.1.1
NAT2 und kolorektale Karzinome
7
3.1.2
NAT2 und Tumore anderer Lokalisationen
10
3.2
Polymorphismus der Glutathion-S-Transferase M1 (GSTM1)
12
3.2.1
GSTM1 und kolorektale Karzinome
13
3.2.2
GSTM1 und Tumore anderer Lokalisationen
15
4
Pathologie des kolorektalen Karzinoms
16
5
Berufliche Risikofaktoren für kolorektale Karzinome
18
6
Ausserberufliche Risikofaktoren für kolorektale Karzinome
23
7
Methoden und untersuchte Kollektive
34
7.1
Untersuchte Kollektive
34
7.2
Erfasste Daten und ihre statistische Auswertung
35
7.3
Methoden zur Bestimmung der Genotypen von NAT2 und GSTM1
37
7.3.1
PCR-Methode zur Bestimmung des Genotyps der NAT2
37
7.3.2
PCR-Methode zur Bestimmung des Genotyps der GSTM1
39
8
Ergebnisse
40
8.1
Allgemeine Daten der untersuchten Patientenkollektive
40
8.2
Verteilung der polymorphen Enzyme NAT2 und GSTM1
40
8.3
Berufliche Faktoren
48
8.4
Ausserberufliche Faktoren
54
9
Diskussion
59
10
Zusammenfassung
68
11
Literaturverzeichnis
70
12
Danksagung
83
13
Lebenslauf
84
II
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
AFMU
5-Acetylamino-6-formylamino-3-methyluracil
APC
Adenomatöse Polyposis Coli
ASS
Acetylsalicylsäure
BKZ
Berufskennziffer
CYP1A2
Cytochromoxygenase 1A2
DNA
Desoxyribonukleinsäure
EDTA
Ethylendiamintetraacetat
EPIC
European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition
FAP
Familiäre Adenomatöse Polyposis
GSTM1
Glutathion-S-Transferase M1
GSTT1
Glutathion-S-Transferase T1
HNPCC
Hereditary Non-Polyposis Colorectal Carcinoma
IARC
International Agency for Research on Cancer
KI
Konfidenzintervall
LA
Langsamer Acetylierer
NAT1
N-Acetyltransferase 1
NAT2
N-Acetyltransferase 2
NRW
Nordrhein-Westfalen
O/E
Observed/Expected
OR
Odds Ratio
PABA
para-Aminobenzoesäure
PAS
para-Aminosalicylsäure
PCR
Polymerase-Kettenreaktion
RFLP
Restriktionsfragment-Längenpolymorphismus
RR
Relatives Risiko
SA
Schneller Acetylierer
SD
Standardabweichung
SIR
Standardinzidenzrate
SMR
Standardmortalitätsrate
TEN
Toxische Epidermale Nekrolyse
1X
Methylxanthin
1
1
Einleitung
Darmkrebs (im Sinne von Dickdarm- und Mastdarmtumoren) ist die
zweithäufigste Krebstodesursache in der Bundesrepublik Deutschland bei
beiden Geschlechtern. Der Anteil an der Gesamtkrebsmortalität beträgt bei
Männern ca. 13 % und bei Frauen ca. 15 %. In Deutschland erkranken jährlich
ca. 52.000 Menschen an einem kolorektalem Karzinom, ca. 30.000 Menschen
sterben daran (Birkner et al., 1998). Die geschätzten Zahlen für die jährliche
Inzidenz in der Bundesrepublik Deutschland betragen für das Jahr 1998 bei
Dickdarmkrebs (Synonym: Kolonkarzinom) bei Männern 15.000 bzw. bei
Frauen 19.000 (Robert-Koch Institut, 2002).
Darmkrebs gehört zu den Tumoren, für die die Mortalität nach dem 2. Weltkrieg
zunächst stark angestiegen ist. Seit Mitte der 70er Jahre war in den alten
Ländern der Bundesrepublik
Deutschland keine weitere Zunahme zu
verzeichnen. In den letzten Jahren ist allerdings erneut ein Anstieg zu
registrieren.
An der Auslösung von Darmkrebs sind Risikofaktoren aus verschiedenen
Bereichen beteiligt, wie beispielsweise Ernährungsgewohnheiten, genetische,
umwelt- sowie möglicherweise hormonelle Faktoren, berufliche und nichtberufliche Expositionen gegenüber kanzerogenen Stoffen sowie Nikotin- und
Alkoholkonsum (Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg, 1999).
Bei 90-95 % der Kolonkarzinome handelt es sich um sporadisch auftretende
Karzinome, bei denen ein klarer Erbgang vermisst wird, in anderen Fällen wird
eine familiäre Häufung von Kolonkarzinomen beschrieben.
Die Inzidenz der Kolonkarzinome zeigt regionale Unterschiede. So ist für
Dortmund und Umgebung als ein ehemaliger Standort der Kohle-, Eisen- und
Stahlindustrie im Vergleich zu anderen Standorten in Nordrhein-Westfalen
(NRW) eine erhöhte Mortalität für Kolontumore beschrieben (Pesch et al.,
1994).
In einer Pilotstudie, durchgeführt in der Chirurgischen Klinik des Klinikums
Dortmund, waren 28 Patienten mit kolorektalem Karzinom hinsichtlich der NAcetyltransferase 2 (NAT2) mittels Koffeinmetaboliten nach Grant et al. (1984)
2
phänotypisiert worden. Es zeigte sich entgegen den Studien von Ilett et al.
(1987) und Lang et al. (1986) kein Überwiegen des schnellen Acetyliererstatus.
Dieses Ergebnis soll in der folgenden Studie bestätigt oder widerlegt werden.
3
2
Aufgabenstellung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit folgenden
Aufgabenstellungen:
1.
Es waren 108 stationäre Patienten mit kolosigmoidalem Karzinom aus
der Chirurgischen Klinik des Klinikum Dortmund mittels eines Fragebogens zu
möglichen beruflichen und ausserberuflichen Risikofaktoren für kolosigmoidale
Karzinome zu befragen.
2.
Weiterhin waren 80 stationäre Patienten mit rektalem Karzinom ebenfalls
aus der Chirurgischen Klinik des Klinikum Dortmund mit dem gleichen
Fragebogen zu evaluieren.
3.
Weiterhin waren 188 stationäre tumorfreie Patienten aus derselben
Chirurgischen Klinik des Klinikum Dortmund mit dem gleichen Fragebogen zu
befragen.
4.
der
Die Verteilungen der Genotypen der N-Acetyltransferase 2 (NAT2) und
Glutathion-S-Transferase
M1
(GSTM1),
die
mittels
Polymerase-
Kettenreaktion (PCR) und Restriktionsfragment-Längenpolymorphismus (RFLP)
aus genomischer Desoxyribonukleinsäure (DNA) zu bestimmen waren, waren
bei den Patienten mit Kolonkarzinom oder Rektumkarzinom (Fallgruppen) sowie
den tumorfreien Patienten (Kontrollgruppe) zu untersuchen.
5.
Die Ergebnisse der mittels Fragebogen erhobenen standardisierten
Anamnese und die Verteilung der Genotypen der polymorphen Enzyme NAT2
und GSTM1 waren unter verschiedenen Fragestellungen auszuwerten, um
Aussagen hinsichtlich des Einflusses potentieller Risikofaktoren bei der
Auslösung kolosigmoidaler und rektaler Karzinome zu erhalten.
6.
Weiterhin war Ziel der Untersuchung, die Daten in überregionale Studien
einzubringen, damit auch Fragestellungen bearbeitet werden können, die mit
der gewählten Anzahl von Fällen und Kontrollen der vorzulegenden Arbeit nicht
beantwortet werden können.
4
3
Die polymorphen Enzyme N-Acetyltransferase 2 (NAT2) und
Glutathion-S-Transferase M1 (GSTM1) und Tumorerkrankungen
Die Untersuchung von Polymorphismen fremdstoffmetabolisierender Enzyme
hat sich in den letzten Jahren als ein sehr dynamisches Forschungsfeld
etabliert. Auch in der Arbeitsmedizin gewinnt die Kenntnis genetischer
Enzympolymorphismen im Hinblick auf dadurch bedingte Unterschiede in der
Reaktion auf toxische Arbeitsstoffe zunehmend an Bedeutung (Hallier, 1995;
Thier et al., 2003). In Bezug auf die Metabolisierung von Arbeitsstoffen, die
krebserzeugend auf menschliche Gewebe wirken können, sind insbesondere
die Polymorphismen der NAT2 sowie der GSTM1 bedeutsam. Beide Enzyme
gehören zu den Enzymen der Phase-II-Reaktion, die im Organismus eine
Konjugation
eines
Fremdstoffes
beispielweise
mit
einer
Acetylgruppe,
Glutathion, Glucuronsäure oder Schwefelsäure katalysieren.
3.1
Polymorphismus der N-Acetyltransferase 2 (NAT2)
Die NAT2 ist ein Enzym, welches die Acetylierung von Fremdstoffen katalysiert.
Diese Reaktion verändert die Bioaktivität und die Wasserlöslichkeit eines
Moleküls. Im menschlichen Organismus liegen zwei N-Acetyltransferasen vor,
die sich sowohl in der Lokalisation als auch in der Substratspezifität teils
erheblich voneinander unterscheiden. Die N-Acetyltransferase 1 (NAT1)
befindet sich zum Beispiel in Hepatozyten und Leukozyten und acetyliert, im
Gegensatz zu der NAT2, Substanzen wie para-Aminosalicylsäure (PAS) (ein
früher verwendetes Tuberkulostatikum) und para-Aminobenzoesäure (PABA).
Vatsis
et
al.
(1995)
konnten
zeigen,
dass
auch
die
NAT1
einem
Polymorphismus unterliegt. Nach gegenwärtigem Stand ist die NAT1 jedoch nur
in geringem Umfang an der Prädisposition für Karzinome im Bereich des
Dickdarms beteiligt.
Die NAT2 ist durch zwei Allele, die sich ebenfalls auf dem kurzen Arm von
Chromosom 8 befinden, charakterisiert. Der genetische Polymorphismus kann
mit geeigneten Verfahren erfasst werden.
5
Sogenannte "langsame" Acetylierer (LA) setzen weniger Substrat pro
Zeiteinheit um als "schnelle" Acetylierer (SA). Dies hat zur Folge, dass ein mit
der Acetylierung konkurrierender oxidativer Stoffwechselweg bei langsamen
Acetylierern in einem erhöhten Maße beschritten wird. Typische Substrate für
die NAT2 sind aromatische Amine. Neben den “klassischen” aromatischen
Aminen, die vor allem an Arbeitsplätzen in der Farbenindustrie von grosser
Bedeutung waren, gibt es auch Arzneistoffe, die eine Aminogruppe aufweisen,
welche durch die NAT2 acetyliert werden. Als bekannteste Vertreter sind im
folgenden Isoniazid, Sulfonamide und das Koffein ausführlicher dargestellt.
Bei der Gabe des Arzneistoffes Isoniazid, der zur Therapie der Tuberkulose
eingesetzt
wird,
wurde
erstmals
am
Menschen
eine
unterschiedliche
Acetylierungsrate eines Fremdstoffes beobachtet. Bei gleicher Dosis wurden
erheblich divergente Wirkspiegel des Medikamentes erreicht. Dies hatte
Auswirkungen sowohl auf die Wirkung als auch auf die Nebenwirkungen dieses
Medikamentes.
Jenne (1960) publizierte erstmals eine Methode zur Bestimmung des
Acetyliererphänotyps, die auf der intravenösen Gabe von 5 mg Isoniazid/kg
Körpergewicht und auf Blutentnahmen nach 30, 90 und 150 Minuten beruhte.
Die Serumkonzentration des Tuberkulostatikums Isoniazid liegt bei schnellen
Acetylierern bei 30 bis 50 % der Serumkonzentration langsamer Acetylierer. Die
mittlere Halbwertzeit des Isoniazids im Serum beträgt bei schnellen Acetylierern
etwa 70 Minuten, bei langsamen Acetylierern etwa 3 Stunden (Goodman and
Gilman, 1991).
Sulfonamide
wurden
1962
von
Evans
(1989)
zur
Bestimmung
des
Acetyliererphänotyps eingeführt. Die Bestimmung des Acetyliererphänotyps
beruht auf dem Verhältnis des freien Sulfamethazins zu seiner acetylierten
Form.
Ein genereller Nachteil von Sulfonamiden hinsichtlich der Phänotypisierung
besteht darin, dass diese Arzneistoffe als Nebenwirkung ein nicht zu
vernachlässigendes allergenes Potential aufweisen bis hin zur tödlich
verlaufenden toxischen Dermatolyse (Lyell-Syndrom).
6
Grant et al. (1983) führten die Bestimmung des Acetyliererphänotyps mit Hilfe
des Koffeins als Testsubstanz ein. Koffeinhaltige Getränke wie Kaffee,
schwarzer Tee und Colagetränke sind in allen Bevölkerungskreisen weit
verbreitet und akzeptiert. Aufgrund einer hohen Bioverfügbarkeit des Koffeins
bei oraler Aufnahme sind ein bis zwei Tassen dieser koffeinhaltigen Getränke
für die Bestimmung des molaren Quotienten der beiden Metabolite 5Acetylamino-6-formylamino-3-methyluracil (AFMU) und 1-Methylxanthin (1X) im
Harn ausreichend.
Der Anteil der langsamen und schnellen Acetylierer variiert zwischen
ethnischen Gruppen erheblich. So beträgt der Anteil der langsamen Acetylierer
an der Gesamtbevölkerung bei kanadischen Eskimos 5 %, bei Japanern 6,4 %,
bei Chinesen 15 bis 22 %, bei Ägyptern ca. 83 % und bei Marokkanern ca. 90
%. In Mitteleuropa liegt der Anteil der langsamen Acetylierer in der
überwiegenden Mehrzahl der publizierten Studien in der Bevölkerung zwischen
50 und 60 % (Schöps et al., 1996, Golka et al., 2003).
Die Ergebnisse der Genotypisierung der NAT2 stimmen in über 90 % der Fälle
mit den Ergebnissen der Phänotypisierung überein. Jedoch können auch
andere Faktoren die Verstoffwechselung des Koffeins zu den beiden zur
Phänotypisierung erforderlichen Metaboliten beeinflussen (Golka et al., 2002).
Der Genotyp der NAT2 wird mit der von Cascorbi et al. (1995) publizierten
Methode mittels allelspezifischer PCR sowie RFLP aus genomischer DNA
bestimmt.
Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten können beim Menschen in
Abhängigkeit
des
vorliegenen
Acetyliererstatus
unterschiedlich
stark
ausgeprägt sein.
Bekannt sind aber auch verschiedene Krankheitsbilder, bei denen, in
Abhängigkeit des Acetyliererstatus, Wirkungen und Nebenwirkungen von
bestimmten Medikationen eine erhebliche Rolle spielen. Langsame Acetylierer
haben ein erhöhtes Risiko, auf die Verabreichung der Substanzen Trimethoprim
und Sulfamethoxazol im Falle einer HIV-Infektion hyperreaktiv zu reagieren. 92
% der HIV-infizierten Patienten reagierten auf diese Medikation hyperreaktiv im
Vergleich zu 52 % der Nicht-Infizierten (Tohyama et al., 1998). Wolkenstein et
7
al. (1995) sahen ein systemisches Glutathiondefizit bei AIDS-Patienten als eine
mögliche Ursache für die hohe Rate (1/1.000) einer TEN (toxische epidermale
Nekrolyse) in Kombination mit einem langsamen Phänotyp der NAT2 und den
daraus resultierenden hohen Anteilen von Hydroxylaminmetaboliten.
Langsame Acetylierer weisen vermehrt eine hyperreaktive Reaktion auf
Sulfonamide auf. So waren 22 von 23 Patienten mit einem Lyell-Syndrom
(toxische epidermale Epidermolysis necroticans combustiformis) nach der Gabe
von Sulfonamiden langsame Acetylierer (Reiss et al., 1984; SchmidtWesthausen et al., 1998). Nach Wolkenstein et al. (1995) müssen jedoch
zusätzliche Faktoren eine Rolle spielen, da die sulfonamidinduzierte TEN bei
langsamen Acetylierern bei Patienten mit dieser Medikation nur mit einer
Häufigkeit
von
1:100.000
auftritt,
aber
der
Anteil
des
langsamen
Acetyliererstatus bei der mitteleuropäischen Bevölkerung bei 50 bis 60 % liegt.
3.1.1 NAT2 und kolorektale Karzinome
Lang et al. (1986) untersuchten erstmals an einem kolorektalen Tumor
erkrankte Patienten hinsichtlich des Phänotyps der NAT2. Sie fanden bei 43
kolorektalen Tumorpatienten aus Little Rock, Arkansas (USA), 20 schnelle und
20 langsame Acetylierer, in einer Kontrollgruppe (n=41) 11 schnelle und 28
langsame Acetylierer.
Ilett et al. (1987) untersuchten 49 Patienten in Nedlands (Australien), die an
einem primären Adenokarzinom des Kolons oder Rektums erkrankt waren und
verglichen diese mit einer Kontrollgruppe gleichen Geschlechts sowie ähnlichen
Alters und ethnischer Herkunft, die nicht an einem Karzinom erkrankt waren
sowie mit einer jüngeren Kontrollgruppe, die gesunde jüngere Personen
umfasste, die nur nach ethnischen Gesichtspunkten ausgewählt und der Studie
zugeordnet waren.
22 der 49 Patienten mit kolorektalem Karzinom waren langsame Acetylierer. In
der Kontrollgruppe der jüngeren Personen waren 26 von 45 Personen
langsame Acetylierer, in der Kontrollgruppe mit den älteren Personen 31 von
41. Das Überwiegen der schnellen Acetylierer in der Gruppe der Patienten mit
8
kolorektalem Karzinom ist, verglichen mit der Kontrollgruppe, statistisch
signifikant (χ² = 5,03; p = 0,023).
Ladero et al. (1991) führten an 109 spanischen Patienten, davon 52 Männer,
die an einem histologisch gesicherten Kolonkarzinom (61 Fälle) bzw.
Rektumkarzinom (48 Fälle) erkrankt waren, eine Acetyliererphänotypisierung
durch. Als Kontrollgruppe dienten 96 gesunde, nach Alter gematchte Spanier
(davon 42 Männer), die zum Zeitpunkt der Untersuchung keine Arzneimittel
einnahmen. 55 % der kolorektalen Karzinompatienten und 58,3 % der Patienten
der Kontrollgruppe waren langsame Acetylierer.
Kirlin
et
al.
(1991)
fanden
bei
der
Phänotypisierung
anhand
von
Darmschleimhautproben bei 25 an einem Dickdarmkarzinom erkrankten
Patienten 13 langsame, 10 intermediäre und 2 schnelle Acetylierer. Bei der
Untersuchung von Darmschleimhaut von Patienten, die nicht an einem
kolorektalen Karzinom erkrankt waren, fanden sich 3 langsame, 7 intermediäre
und 2 schnelle Acetylierer.
Roots et al. (1989) fanden bei 120 Patienten mit Kolonkarzinom im Raum Berlin
55,8 % langsame Acetylierer (OR 1,21; 95 % KI 0,77 bis 1,91).
Roberts-Thomson et al. (1996) zeigten in ihrer Untersuchung in Australien an
110 Patienten mit kolorektalem Tumor, 89 Patienten mit kolorektalem
adenomatösem Polyp und 110 Kontrollpatienten kein Überwiegen des
schnellen
Acetyliererstatus.
Jedoch
beschrieben
die
Autoren
einen
Zusammenhang zwischen der Häufigkeit des Karzinoms in Abhängigkeit vom
Fleischkonsum und vom Acetyliererstatus. Ein hoher Fleischkonsum von “rotem
Fleisch” korreliert mit dem schnellen Acetyliererstatus und dem Auftreten von
kolorektalen Karzinomen.
Vergleichbare Ergebnisse ergaben sich in der Studie von Welfare et al. (1997)
in Newcastle (GB), die bei 174 Fällen und 174 Kontrollen keinen Unterschied im
Acetyliererstatus zwischen Fallgruppe (42 %) und Kontrollgruppe (42,5 %)
beschrieben. Jedoch war der schnelle Acetylierer bei hohem Fleischkonsum bei
den Tumorpatienten häufiger vertreten. Welfare et al. (1999) beschrieben in
einer weiteren Studie eine Überrepräsentation der Kombination eines
9
langsamen Acetyliererstatus der NAT2 kombiniert mit dem 0/0-Genotyp der
Glutathion-S-Transferase T1 (GSTT1) bei Patienten mit kolorektalem Karzinom.
Scott et al. (1997) beobachteten in ihrer Studie, in der sie die Häufigkeit von
extrakolischen Tumoren bei Patienten mit familiärer adenomatöser Polyposis
(FAP) mit dem Acetyliererstatus der NAT2 verglichen, ein Überwiegen des
langsamen Acetyliererstatus. Bei der Gesamtgruppe der Patienten mit FAP
zeigt sich jedoch eine Normalverteilung im Vergleich zur kaukasischen
Population.
Chen et al. (1998) fanden in ihrer Untersuchung von 212 Patienten mit
kolorektalem Karzinom in den USA eine Überpräsentation der langsamen
Acetyliererstatus mit 62 % in der Fallgruppe gegenüber 57 % in der
Kontrollgruppe. Allerdings lagen die Anteile der langsamen Acetylierer bei
Fällen und Kontrollen in einem Bereich, der in der Normalbevölkerung
mitteleuropäischer Abstammung zu erwarten ist.
Lee et al. (1998a) zeigten bei 216 Patienten mit kolorektalem Karzinom und 187
Kontrollen einer chinesischen Population eine Gleichverteilung des langsamen
Acetyliererstatus in der Fallgruppe mit 18 % und der Kontrollgruppe mit 17 %.
Diese Anteile entsprechen in Singapur derjenigen der Normalbevölkerung.
Jedoch
beschreiben
Tumorlokalisation
im
die
Autoren
Kolon
in
eine
Häufung
Zusammenhang
mit
der
rechtseitigen
dem
schnellen
Acetyliererstatus.
Gill und Lechner (1998) fanden in ihrer Studie in Portugal eine deutliche
Überrepräsentation
des
NAT2-Wildtyps
NAT2*4
bei
kolorektalen
Karzinompatienten (n=114) im Vergleich zur Kontrollgruppe (n=201). Agundez
et al. (2000) fanden in ihrer Untersuchung vor allem eine Überrepräsentation
des NAT2-Wildtyps NAT2*4 bei Patienten mit einem Kolonkarzinom im Sigma
gegenüber anderen Lokalisationen im Kolon, im Rektum sowie in der
tumorfreien Kontrollgruppe.
Lee et al. (1998b) fanden in ihrer Untersuchung eines chinesischen Kollektivs
eine Überrepräsentation des NAT2*7A-Genotyps in der Fallgruppe von 300
Patienten mit kolorektalem Karzinom. Ansonsten war die Verteilung des
Acetyliererstatus unauffällig.
10
3.1.2 NAT2 und Tumore anderer Lokalisationen
Bei Lungenkrebspatienten zeigten die Studien von Burgess und Trafford (1985),
Philip et al. (1988) und Roots et al. (1988) keine Auffälligkeiten hinsichtlich der
Verteilung des Acetyliererphänotyps. Eine später publizierte Studie von Roots
et al. (1989) an 301 Lungentumorpatienten, die auch die Patienten der 1988
publizierten Studie einschloss, zeigte ein nicht signifikantes Überwiegen des
langsamen Acetyliererphänotyps bei Lungentumorpatienten. Cascorbi et al.
(1996) fanden in ihrer Studie an 155 Lungenkarzinompatienten im Vergleich zu
278 gesunden Kontrollen eine Überrepräsentation des schnellen Acetylierers
(OR 2,36), und hier vor allem des Genotyps NAT2*4/4. In einer schwedischen
Studie von Hou et al. (2000) fand sich bei 282 Lungenkarzinompatienten eine
Überrepräsentation des langsamen Genotyps der N-Acetyltransferase 2 (OR
2,5). Es fand sich sogar eine stärker ausgeprägte Überrepräsentation des
langsamen Acetylierers bei Tumorpatienten mit einem inoperablem Befund.
Roots et al. (1989) untersuchten den Acetyliererphänotyp auch in Kollektiven
mit Karzinomen anderer Lokalisation. Bei 203 Magenkarzinompatienten fanden
sich 64,1 % langsame Acetylierer (OR 1,76; 95 % KI 1,20 bis 2,58, p = 0,002).
Bei 109 Pharynx-Karzinompatienten fanden sich 62,4 % langsame Acetylierer
(OR 1,59; 95 % KI 0,09 bis 2,75, p = 0,027), bei 70 Larynx-Karzinompatienten
47,1 % langsame Acetylierer (OR 0,86; 95 % KI 0,49 bis 1,49). Das von Roots
et al. (1989) angegebene OR bezog sich dabei stets auf eine Referenzgruppe
von 292 Patienten des gleichen Krankenhauses ohne bösartige Tumore, die in
51 % der Fälle langsame Acetylierer waren.
Die Ergebnisse von Roots et al. (1989) stehen im Einklang mit der in
Deutschland durchgeführten Studie von Ritter et al. (1986) und im Widerspruch
zu den von Drozdz et al. (1987) in Polen durchgeführten Untersuchungen, in
denen sich ein Überwiegen des langsamen Acetyliererphänotyps bei LarynxKarzinompatienten zeigte. Henning et al. (1999) fanden dagegen eine
Überrepräsentation des schnellen Acetyliererstatus in einer in Deutschland
durchgeführten Studie bei 225 Larynx-Karzinompatienten im Vergleich zu 519
Kontrollen (OR 2,18).
11
Bei Mamma-Tumoren zeigte sich in älteren Arbeiten (Übersicht bei Roots et al.,
1989) mit Ausnahme der russischen Studie von Bulovskaya et al. (1978), die
ein Überwiegen des schnellen Acetyliererphänotyps zeigte, eine unauffällige
Verteilung. Auch Hunter et al. (1997) konnten in ihrer Studie, in der 446 Fälle
und 446 Kontrollen untersucht wurden, keinen signifikanten Zusammenhang
zwischen
schnellem
gewohnheiten
Acetyliererstatus,
feststellen.
Gertig
et
Mammatumoren
al.
(1999)
sowie
untersuchten
Rauchin
einer
prospektiven Studie bei 32.826 Frauen den Zusammenhang zwischen
Acetyliererstatus, Ernährungsgewohnheiten und Mammakarzinom. Es fanden
sich keine signifikanten Ergebnisse bei den 466 Frauen, bei denen sich
innerhalb von 4 Jahren ein Mammakarzinom entwickelte.
Beim Harnblasenkarzinom zeigten verschiedene Studien einen erhöhten Anteil
des
langsamen
Acetylierers
bei
Teilkollektiven
von
Harnblasen-
karzinompatienten, die beruflich gegen aromatische Amine exponiert waren, im
Vergleich zu den nicht nachweisbar beruflich exponierten Karzinompatienten
(Golka et al., 2002). Neuere Studien aus dem deutschen Sprachraum (Cascorbi
et al., 1995; Golka et al., 1996; 1998) zeigten, dass der Unterschied in der
Verteilung
des
Acetyliererstatus
Harnblasenkarzinompatienten
und
zwischen
der
dem
Gesamtkollektiv
Normalbevölkerung
nicht
der
mehr
signifikant ist. Bei Personengruppen mit früherer beruflicher Exposition gegen
aromatische Amine, zeigte sich jedoch weiterhin ein deutliches Überwiegen der
langsamen Acetylierer.
12
3.2
Polymorphismus der Glutathion-S-Transferase M1 (GSTM1)
Glutathion-S-Transferasen
bilden
eine
große
Gruppe
von
Enzymen
("superfamily"), die, ebenso wie die Acetyltransferasen, im Stoffwechsel eine
Konjugation eines Fremdstoffes mit einem Molekül, in diesem Fall Glutathion,
katalysieren.
Durch die Konjugation mit Glutathion ("Phase-II-Reaktion") wird im allgemeinen
eine Entgiftung des Fremdstoffes sowie eine Erhöhung der Wasserlöslichkeit
erreicht. Glutathion-S-Transferasen katalysieren dabei die Konjugationsreaktion
bei
einer
Reihe
elektrophiler
Substanzen,
darunter
karzinogene
und
zytotoxische Stoffe.
In vitro kann an Geweben mit dem Substrat trans-Stilbenoxid eine
Phänotypisierung bezüglich der Aktivität des Enzyms GSTM1 durchgeführt
werden (Seidegard and Pero, 1985). Mit Hilfe der PCR kann zum Beispiel aus
der DNA von Leukozyten eine Genotypisierung des auf dem kurzen Arm des
Chromosom 1 lokalisierten Gens der GSTM1 erfolgen (Lin et al., 1994). Die von
Bell et al. (1993) angegebene, auf der PCR basierende Genotypisierung, ist als
Methode der Wahl für die Praxis anzusehen und wurde in modifizierter Form
(Kempkes et al., 1996) auch in der vorliegenden Arbeit angewandt.
Im Hinblick auf die Verstoffwechselung von polyzyklischen aromatischen
Kohlenwasserstoffen, für die eine krebserzeugende Wirkung in verschiedenen
Organen wie zum Beispiel Haut und Lunge gezeigt wurde, ist die GSTM1 von
Interesse. Sie ist in verschiedenen Geweben nachweisbar.
Für die Bevölkerung mitteleuropäischen Ursprungs (“Kaukasier“) gibt die
Mehrzahl der Autoren bei 50 % ein Fehlen der Anlage des GSTM1-Gens an
(Synonym.: GSTM1 0/0- Genotyp). Für Deutschland wurden von Brockmöller et
al. (1994) für 50,7 % der gesunden Bevölkerung ein Fehlen der Anlage des
GSTM1-Gens angegeben (400 typisierte Personen). Bei einer Untersuchung
der Arbeitsgruppe Kempkes et al. (1996) fanden sich bei 170 Neugeborenen im
Ruhrgebiet in 54 % der Fälle ein Fehlen der Anlage des Gens für GSTM1.
13
3.2.1 GSTM1 und kolorektale Karzinome
Strange et al. (1991) beschrieben in ihrer Studie, dass 16 der 26 untersuchten
Patienten einen GSTM1-negativen Genotyp aufwiesen, somit ein Überwiegen
des GSTM1 0/0-Genotyps im Verhältnis zur Normalbevölkerung in Mitteleuropa,
in der ein Anteil von 50 % des 0/0-Genotyps vorliegt. Allerdings wird die
Aussagekraft der Untersuchung durch die kleine Fallzahl relativiert.
Deakin et al. (1996) sahen in ihrer Studie keinen erhöhten Anteil des GSTM1
0/0-Genotyps bei 252 Patienten mit kolorektalem Karzinom und 577 Kontrollen.
Sie beschrieben keine Interaktion zwischen den Genotypen der GSTT1 und
GSTM1 in ihrem untersuchten Kollektiv.
Lin et al. (1998) beschrieben in ihrer Studie einen Zusammenhang zwischen
einem verminderten kolorektalen Karzinomrisiko bei Patienten mit einem
negativen Genotyp (0/0) der GSTM1 in Zusammenhang mit einem erhöhten
bzw. hohen Broccoli-Konsum. Die Autoren machten hierfür den hohen Gehalt
von Isothiocyanat im Broccoli verantwortlich, welches Enzyme induziert, die
Kanzerogene entgiften. Bei einem 0/0-Genotyp werden die Isothiocyanate nicht
mit Glutathion konjugiert - somit haben höhere Konzentrationen von
Isothiocyanaten vermutlich eine stärker induzierende Wirkung auf die
Karzinogene entgiftenden Enzyme.
In einer prospektiven Studie versuchten Gertig et al. (1998) bei 212 Fällen und
221 Kontrollen einen Zusammenhang jeweils zwischen dem 0/0-Genotyp der
GSTM1
und
der
GSTT1,
sowie
parallel
einen
Zusammenhang
zum
Nikotinabusus bei kolorektalen Tumorpatienten herauszufinden. Jedoch zeigte
sich in den Ergebnissen weder ein Zusammenhang des Genotyps von GSTM1
und GSTT1 mit der Häufigkeit eines kolorektalen Karzinoms noch ein
Zusammenhang
des
0/0-Genotypen
bei
Rauchern
im
Vergleich
zu
Nichtrauchern beim kolorektalen Karzinom.
Kampman
et
al.
(1999)
fanden
in
ihrer
Fall-Kontroll-Studie
keinen
Zusammenhang zwischen den Genotypen der GSTM1 und einem erhöhten
Risiko für das Kolonkarzinom. Ebenfalls zeigte sich in der Studie kein
Zusammenhang zwischen einem hohen Fleischkonsum (rotes Fleisch) und
14
einem erhöhten Kolonkarzinomrisiko im Vergleich zum 0/0-Genotyp der
GSTM1.
Welfare et al. (1999) sahen keine Auswirkungen der 0/0-Genotypen der GSTM1
oder der GSTT1 auf die Erkrankungshäufigkeit bei kolorektalem Karzinom.
Jedoch beschrieben die Autoren ein erhöhtes OR von 2,33 bei Patienten mit
einer Kombination des 0/0-Genotyps der GSTT1 und des langsamen
Acetylierer-Genotyps der NAT2 bei kolorektalem Karzinom.
Smits et al. (2003) untersuchten in einer großen gepoolten Studie, in die auch
die Daten der eigenen Doktorarbeit eingingen, den Zusammenhang zwischen
GSTM1, Rauchen und kolorektalem Tumor. Sie fanden keinen Effekt zwischen
Rauchen und GSTM1.
15
3.2.2 GSTM1 und Tumore anderer Lokalisationen
(a) Bronchialkarzinome
Seidegard et al. (1986) untersuchten erstmals die Frage, ob Lungenkrebspatienten die geraucht hatten, sich in der Enzymausstattung hinsichtlich
der GSTM1 von nicht an Lungenkrebs erkrankten Rauchern (Fall- und
Kontrollgruppe
gaben
anamnestisch
mindestens
20
"pack
years"
an)
unterscheiden. In einer anhand eines erweiterten Patientenkollektivs 1990
publizierten Arbeit fanden die Autoren bei 36 % der 191 Lungenkrebspatienten
eine phänotypische Expression von Enzymen der Klasse M1 (Seidegard et al.,
1990). Bei 192 Rauchern, die nicht an Krebs erkrankt waren, wurde eine
phänotypische Expression von Enzymen der Klasse M1 bei 58,3 % gefunden.
Der Unterschied ist signifikant (p = 0,001). In dieser Studie fand sich ein
höheres Risiko für GSTM1-negative Patienten mit Adenokarzinomen der Lunge,
an Lungenkrebs zu erkranken (OR 3,25; 95 % KI 1,92 bis 5,49, p < 0,05) als für
Patienten mit einem bösartigen Lungentumor anderen histologischen Ursprungs
(OR 1,87; 95 % KI 1,14 bis 3,05, p < 0,05).
Deakin et al. (1996) zeigten in ihrer Studie keinen Zusammenhang zwischen
den Glutathion-S-Transferasen und einem Lungenkarzinom. Ebenfalls fanden
sie keine Interaktionen zwischen T1- und M1-Klassen.
(b) Magenkarzinome
Bei Katoh et al. (1996) zeigte sich ein erhöhter Anteil des 0/0-Genotyps der
GSTM1 bei Magenkarzinompatienten (56,8 %) im Verhältnis zu der
Kontrollgruppe (43,6 %) bei einem japanischen Patientenkollektiv.
(c) Harnblasenkarzinome
Bell et al. (1993) zeigten erstmals ein Überwiegen des GSTM1-negativen
Genotyps bei an einem Harnblasenkarzinom erkrankten Rauchern. Golka et al.
(1998; 2002) fanden ein Überwiegen des GSTM1-negativen Genotyps bei
Harnblasenkarzinompatienten aus dem Grossraum Dortmund sowie im
Grossraum Lutherstadt Wittenberg.
16
4
Pathologie des kolorektalen Karzinoms
Das kolorektale Karzinom ist heute das dritthäufigste diagnostizierte Karzinom
und die zweithäufigste Ursache der Krebssterblichkeit in der westlichen Welt.
Bei den malignen Kolontumoren handelt es sich in 95 % der Fälle um
Adenokarzinome, die sich meist aus gutartigen Adenomen entwickeln und in
etwa 60 bis 70 % der Fälle im Rektosigmoid lokalisiert sind. Das
Adenokarzinom hat bei rechtzeitiger Diagnose eine günstige Prognose.
Das Plattenepithelkarzinom, ausgehend vom Analkanal, das Leiomyosarkom,
maligne Karzinoide und maligne Melanome stellen prognostisch ungünstigere
Tumore des Intestinaltraktes dar.
Der Manifestationsgipfel des Kolonkarzinoms liegt im 6. bis 7. Lebensjahrzehnt.
Der Tumor kann jedoch bereits auch vor dem 30. Lebensjahr auftreten.
Das Kolonkarzinom entsteht in der Regel aus dem Epithel eines Adenoms oder
einer Schleimhautkrypte. In etwa 85 bis 90 % handelt es sich um
Adenokarzinome, in 5 bis 10 % um muzinöse Adenokarzinome und in weiteren
5 bis 10 % um undifferenzierte und seröse Karzinome (Schmoll et al., 2003).
Tabelle 1: Häufigkeit von Karzinomen in verschiedenen Abschnitten des Darms
(Schmoll et al., 2003)
Darmabschnitt
Tumorhäufigkeit (%)
Zoekum
14
Kolon aszendens
10
Kolon transversum
12
Kolon deszendens
7
Sigma
Rektosigmoidaler Übergang
Rektum
25
9
23
Die Tumorausbreitung erfolgt per kontinuitatuem, lympho- und/oder hämatogen.
Dabei werden regionale Lymphknoten, Leber, Lunge, Skelett und Hirn
17
bevorzugt befallen. Das Tumorstadium ist prognostisch relevant und wird
gemäß der TNM-Klassifikation definiert (Winkler und Braun, 1994).
Makroskopische Wachstumsformen (Winkler und Braun, 1994) :
•
polypös, blumenkohlartig, vorwiegend im rechten Dickdarm
•
manschettenförmig stenosierend, hauptsächlich linker Dickdarm
•
schüsselförmig ulzerierend, vorwiegend im Rektum, zentral ulzerierend
•
diffus infiltrierend
Im asymptomatischen Stadium kann als früher Befund der okkulte Blutnachweis
im Stuhl positiv sein. Bei fortgeschrittenen distalen Kolonkarzinomen können
auch makroskopisch sichtbare Blutauflagerungen und Blutabgänge auftreten.
Beim proximalen Karzinom stehen die okkulte, zur Anämie führende Blutung,
der Gewichtsverlust, ein Leistungsknick und Stuhlunregelmäßigkeiten im
Vordergrund.
Die 5-Jahres-Überlebensrate ist stadienabhängig und liegt bei 85 % im Stadium
I (Dukes A), 50 – 60 % im Stadium II (Dukes B), 25- 35 % im Stadium III (Dukes
C) und ca. 5 % im Stadium IV (Dukes IV) (Winkler und Braun, 1994). Eine
Früherkennung von Kolon- und Rektumkarzinomen mit Hilfe der jährlichen
Untersuchung auf okkultes Blut im Stuhl wird von den gesetzlichen
Krankenkassen ab dem 50. Lebensjahr (alle 2 Jahre) angeboten. Dieses
Angebot wird jedoch nur in geringem Maße von der Bevölkerung angenommen.
Sollte eine Steigerung der Beteiligungsraten auf 80 % der über 45-Jährigen
(zum Zeitpunkt der Studie galt diese Vorsorgemaßnahme ab dem 45.
Lebensjahr) erreicht werden, würde man dadurch eine Reduktion der
Mortalitätsrate um 40 % und der Inzidenz um 20 % erreichen (Birkner et al.,
1998). Seit Oktober 2002 wird zusätzlich von den gesetzlichen Krankenkassen
ab dem 55. Lebensjahr als Früherkennungsmaßnahme auch eine Koloskopie
alle 10 Jahre angeboten. Erfolgt eine Koloskopie, wird die Untersuchung auf
okkultes Blut im Stuhl nur alle 2 Jahre als Vorsorgemaßnahme von den
gesetzlichen Krankenkassen anerkannt.
18
5
Berufliche Risikofaktoren für kolorektale Karzinome
In der Literatur werden verschiedene Arbeitsstoffe als mögliche Risikofaktoren
für das kolorektale Karzinom diskutiert.
(a) Asbest
Verschiedene Studien untersuchten den Zusammenhang zwischen einer
Asbest-Exposition und dem Auftreten von Kolonkarzinomen. Garabrant et al.
(1992)
fanden
in
ihrer
Studie
an
746
histologisch
gesicherten
Kolonkarzinompatienten und 746 gematchten Kontrollen in Los Angeles (USA)
keinen
Zusammenhang
zwischen
Asbestexposition
und
Kolonkarzinom.
Demers et al. (1994) fanden bei 261 untersuchten Fällen und 183 Kontrollen
ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen der Exposition gegen Asbest und
der Erkrankungshäufigkeit an Tumoren in Kolon und Rektum. Kang et al. (1997)
beschrieben
einen
minimalen
Effekt
einer
Asbestexposition
auf
das
Kolonkarzinomrisiko. Boffeta et al. (1995) fanden auf der Basis von International
Agency for Research on Cancer (IARC)-Untersuchungen heraus, dass
asbestexponierte Arbeiter in verschiedenen Berufszweigen ein erhöhtes Risiko
für das kolorektale Karzinom hatten.
(b) Organische Bleiverbindungen
Ein hohes Erkrankungsrisiko für rektale Karzinome (OR 3,7) fanden
Fayerweather et al. (1997) bei Arbeitern, die Tetraethylblei bei dessen
Produktion ausgesetzt waren. Bei Arbeitern mit der höchsten Exposition gegen
Tetraethylblei fand sich auch für das sigmoidale Kolonkarzinom ein erhöhtes
Erkrankungsrisiko (OR 3,5). Diese Resultate beruhen auf Erkenntnissen aus
einer Fall-Kontroll-Studie an 735 Arbeitern einer Tetraethylbleifabrik mit einem
entwickelten Malignom und 1.423 Kontrollen.
(c) Aromatische Amine
Ein erhöhtes Risiko für das kolosigmoidale Karzinom konnte 1993 von der IARC
nicht festgestellt werden. Morinaga et al. (1982) konnten bei einer über 20
Jahre
dauernden
begleitenden
Studie
bei
japanischen
Arbeitern,
die
regelmäßigen Umgang mit Benzidin hatten, ebenfalls keine erhöhte Inzidenz für
das Kolonkarzinom feststellen.
19
(d) Heterozyklische Amine
Ein Zusammenhang zwischen einer Exposition gegen heterozyklische Amine
am Arbeitsplatz und einer Inzidenzzunahme von Kolonkarzinomen ist in der
Literatur nicht beschrieben. Andererseits werden heterozyklische Amine vor
allem durch einen hohen Fleischkonsum (vor allem von gegrilltem und stark
gebräuntem Fleisch) aufgenommen (Potter, 1995) (siehe auch Abschnitt 6a,
“Ernährung“).
(e) Nitrosamine
Lijinski (1988) beschrieb in einer Übersichtsarbeit eine Induktion von
Kolonkarzinomen durch Nitrosamine. Dies wurde durch die Ergebnisse
verschiedener tierexperimenteller Studien bestätigt. Nitrosamine sind als
kanzerogene
Stoffe
beim
Menschen
auch
bei
Zustand
nach
Ureterosigmoidostomien bekannt, da nach solchen operativen Eingriffen der
Harn direkt Kontakt mit der Darmschleimhaut hat und die Bakterienflora des
Dickdarms Nitrosamine entstehen lässt (Kälble et al., 1990). Nach einer
Latenzzeit von 20 bis 26 Jahren treten dort vermehrt Kolonkarzinome auf. Eine
regelmäßige Screeninguntersuchung in 5-Jahresabständen ist hier erforderlich.
Azimuddin et al. (1999) beschreiben eine Inzidenzzunahme für Karzinome im
Kolon nach Ureterosigmoidostomie zwischen 2 und 15 %.
(f) Treibstoffe, Öle, Verbrennungsprodukte
Ein erhöhtes Risiko für kolorektale Karzinome war von Gerhardsson de Verdier
et al. (1992a) in einer schwedischen Studie an Tankwarten und KfzMechanikern festgestellt worden (RR 2,3). Kang et al. (1997) beschrieben ein
erhöhtes Kolonkarzinom-Vorkommen bei Mechanikern und Elektrikern.
(g) Kühlschmierstoffe
Bei einer regelmäßigen Exposition gegen Kühlschmierstoffe fanden Calvert et
al. (1998) ein vermehrtes Risiko für Rektumkarzinome, jedoch nicht für
Kolonkarzinome. Bei Kühlschmierstoffen gibt es eine hohe Variation der
Zusammensetzung der Inhaltsstoffe sowie verschiedener Produkte der
Inhaltsstoffe durch Keimbesiedlung. Es entstehen Stoffe wie Nitrosamine, es
20
findet eine Anreicherung mit Metallspänen und Verunreinigungen statt, so dass
ein bestimmter Stoff für die Risikoerhöhung nur schwer zu identifizieren ist.
(h) Holzstaub
Starke Exposition gegen Holzstaub war in den USA in der Studie von Simpson
et al. (1998) mit einem verminderten Kolonkarzinomrisiko assoziiert. Die
Autoren untersuchten in einer Fall-Kontrollstudie 419 Patienten mit einem
Kolonkarzinom. Dagegen beschrieben Roscoe et al. (1992) für 20 beobachtete
Kolonkarzinome keinen Trend einer Risikoveränderung hinsichtlich Höhe und
Dauer der Exposition bei einer Standardmortalitätsrate (SMR) von 1,2 bei 2.294
untersuchten Holzmodell-Herstellern in der US-Autoindustrie.
(i) Andere Arbeitsstoffe
In den zuvor beschriebenen Untersuchungen liegt der Schwerpunkt bei der
Beurteilung
von
bestimmten
Arbeitsstoffen,
die
zu
einer
möglichen
Risikoerhöhung des kolorektalen Karzinoms führen. Andere Arbeitsgruppen
haben Berufszweige oder Populationen untersucht, bei denen mehrere
Faktoren bei der Risikobewertung für das kolorektale Karzinom eine Rolle
spielen können.
Montanaro et al. (1997) fanden in einer Studie bei Gerbereiarbeitern, die auch
Färbereiarbeiten durchführten, ein erhöhtes Mortalitätsrisiko für kolorektale
Karzinome (SMR 180) und Harnblasenkarzinome (SMR 242). Mögliche
Ursachen für diese Erhöhung sind nicht bekannt, vermutet werden aber vor
allem der Umgang mit einer Vielzahl von Chemikalien und Chemikaliengemischen.
Czene et al. (2003) untersuchten das Risiko für ein kolorektales Karzinom im
Friseurhandwerk. Bei Männern mit der Berufsangabe Friseur fand sich eine
geringe Risikoerhöhung (Standardinzidenzrate (SIR) 1,24). Bei Friseurinnen
zeigte sich diese Risikoerhöhung nicht.
Neugut und Wylie (1987) beschrieben in ihrer Übersichtsarbeit eine
Risikoerhöhung für das kolorektale Karzinom in der Asbestverarbeitung, der
Gummiindustrie sowie beim Umgang mit Kühlschmierstoffen, Mineralölen und
21
Metallstaub. Bei Arbeitern aus der Aluminiumindustrie fanden sie keine
Risikoerhöhung.
Chow et al. (1994) untersuchten 18.832 Personen, die innerhalb eines
Zeitraumes von 19 Jahren an einem Kolonkarzinom erkrankten. Es zeigte sich
ein erhöhtes Risiko für Schuhmacher und Personen, die in der Lederindustrie
tätig waren. Personen, die sitzende Tätigkeiten ausführten, hatten ebenfalls ein
erhöhtes Risiko. Personen, die in der Wald-, Forst- und Landwitschaft tätig
waren,
sowie
bei
Jägern
und
bei
Bergleuten
fanden
sie
eine
Risikoverminderung. Als Ursache dieser Risikoverminderung vermuten die
Autoren
die
vermehrte
körperliche
Aktivität
in
den
letztgenannten
Berufsgruppen.
Goldberg et al. (2001) untersuchten in Kanada in einer Fall-Kontrollstudie 497
Kolonkarzinompatienten, 1.514 Kontrollen mit anderen Tumorentitäten und 533
tumorfreie Kontrollen. Sie fanden in 9 Industriezweigen für 12 Berufsgruppen
mit Exposition gegen 21 Arbeitsstoffe ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für das
Kolonkarzinom.
Medrado-Faria et al. (2001) verglichen mittels eines Krebsregisters die
Todesfälle bei kolorektalem Karzinom in einer Industrieregion in Brasilien. Sie
fanden eine Risikoerhöhung (SIR 1,6). Aussagen über bestimmte Berufszweige
oder Arbeitsstoffexpositionen waren nicht möglich. Industriezweige dieser
Region waren insbesondere die Öl- und Petrochemie, die Chlor-AlkaliElektrolyse-Industrie sowie die Stahl-, Zement- und Chemie-Industrie.
(j) Sitzende Tätigkeiten
Die sitzende Tätigkeit wird als Risikofaktor für das kolorektale Karzinom in der
Literatur häufig aufgeführt. Dies steht im Zusammenhang mit der allgemein
fehlenden Bewegung am Arbeitsplatz, aber auch mit der fehlenden sportlichen
Betätigung ausserhalb der Berufsausübung.
Neugut und Wylie (1987) beschrieben in ihrer Übersichtsarbeit eine
Risikoerhöhung
für
Berufe
mit
überwiegend
beispielsweise Verwaltungsangestellte.
sitzender
Tätigkeit,
wie
22
Thune et al. (1996) beschrieben einen Zusammenhang zwischen der
allgemeinen
sportlichen
Aktivität
in
Freizeit
und
Beruf
und
dem
Erkrankungsrisiko für das kolorektale Karzinom. Körperliche Aktivität, die einem
Äquivalent von vier Stunden Gehen oder Fahrradfahren in der Woche
entspricht, ist verbunden mit einem verringerten Kolonkarzinomrisiko (RR 0,62)
im Verhältnis zu Personen, die hauptsächlich sitzende Tätigkeiten ausführen
und sich in der Freizeit nicht oder wenig sportlich betätigen. Jedoch könnten
Faktoren, wie ein gesundheitsbewussterer Lebensstil, eine ausgewogenere
Energiebilanz und Ernährung bei Leuten, die regelmäßig Sport betreiben,
ebenfalls ursächlich sein. White et al. (1996) beschrieben für Personen mit
vermehrten Bewegungsaktivitäten in Freizeit und Beruf ebenfalls ein geringeres
Kolonkarzinomrisiko
im
Vergleich
zu
Personen
mit
einer
geringen
Bewegungsaktivität.
Giovannucci et al. (1995) fanden einen inversen Effekt der Bewegungsaktivität
zum Erkrankungsrisiko für kolorektale Karzinome heraus. Eine Risikoerhöhung
zeigte sich bei Personen mit hoher Körpergrösse, Personen mit Fettleibigkeit
und hier besonders bei Personen mit einer abdominellen Adipositas. Als
Untersuchungskollektiv befragten sie 47.723 männliche Personen, die in
Heilberufen tätig waren.
23
6
Ausserberufliche Risikofaktoren für kolorektale Karzinome
Für kolorektale Karzinome sind eine Reihe ausserberufliche Risikofaktoren
bekannt, die eine sehr unterschiedliche klinische Relevanz haben.
(a) Ernährung
Die Ernährung spielt eine erhebliche Rolle bei der Auslösung von Karzinomen
im Dickdarmbereich.
Ein deutlich protektiver Effekt ist auf einen häufigen Konsum von Früchten und
Gemüse zurückzuführen. Block et al. (1992) werteten in ihrer Übersichtsarbeit
epidemiologische
Studien
aus,
die
einen
Zusammenhang
zwischen
Ernährungsgewohnheiten, bzw. Konsum von Früchten und Gemüse, und dem
Erkrankungsrisiko an verschiedenen Tumoren untersucht hatten. Ein protektiver
Einfluss von häufigem Konsum von Früchten und Gemüse bei der Entstehung
von Kolonkarzinomen zeigte sich in 23 von 38 untersuchten Studien.
Ein hoher Fettkonsum wird hinsichtlich der Auslösung von verschiedenen
Tumorerkrankungen
angesehen.
und
Willett
auch
(1995)
bei
fand
Kolonkarzinomen
einen
als
Zusammenhang
Risikofaktor
mit
dem
Gesamtfettkonsum. Bei differenzierter Betrachtung zeigten sich in erster Linie
eine deutliche Beziehung zwischen dem Konsum von tierischem Fett und einem
erhöhten Risiko, an einem kolorektalen Karzinom zu erkranken.
Giovannucci et al. (1994) beschrieben den häufigen Verzehr von Fleisch als
Risikofaktor, wobei sogar Unterschiede hinsichtlich verschiedener Fleischsorten
gefunden wurden. Sogenanntes "rotes" Fleisch (Rind, Schwein, Lamm) war mit
ansteigendem Risiko bei zunehmender Verzehrhäufigkeit assoziiert, während
für sogenanntes "weisses" Fleisch (Geflügel, Fisch) eine Risikoverminderung
mit steigendem Konsum beobachtet wurde. Einen Zusammenhang mit hohem
Fettkonsum im Verhältnis zum Erkrankungsrisiko für Kolontumore konnten
Giovannucci et al. (1994) jedoch an den 47.949 untersuchten Männern in den
USA nicht nachweisen.
Gerhardsson de Verdier et al. (1991) berichteten, dass der Genuss stark
gebräunten bzw. während der Zubereitung stark erhitzten Fleisches mit einem
erhöhten Darmkrebsrisiko verbunden ist. Als Ursache hierfür wird von den
24
Autoren angegeben, dass bei der Zubereitung von Fleischprodukten ab einer
bestimmten Temperatur aromatische bzw. heterozyklische Amine entstehen.
Dashwood et al. (1999) unterstützen diese These, indem sie die Kanzerogenität
von
heterozyklischen
Aminen
im
Tierversuch
nachwiesen.
Andere
Ernährungsfaktoren können die Kanzerogenität von Nitrosaminen verstärken
oder auch vermindern.
Dashwood et al. (1999) beschrieben einen positiven Effekt von grünem und
schwarzem Tee, das heisst eine Verringerung der Kanzerogenität von
heterozyklischen Aminen im Kolon durch den Teegenuss. Diese begründeten
die Autoren einerseits durch eine vermutete Enzyminduktion von Phase-IIEnzymen und Cytochrom P450-Enzymen durch den Tee, sowie andererseits
durch die Radikalfängereigenschaft.
Augustsson et al. (1999) fanden in ihrer Fall-Kontroll-Studie an 352
Kolontumorpatienten, 249 Rektumtumorpatienten und 553 Kontrollen keinen
Zusammenhang zwischen dem Verzehr von mit heterozyklischen Aminen
belasteten Lebensmitteln und kolorektalen Tumoren.
Kampman et al. (1999) beobachteten in ihrer Fall-Kontroll-Studie an 1.542
Fällen und 1.860 Kontrollen ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen
Fleischkonsum und Kolonkarzinomrisiko. Auch ein unterschiedliches Risiko für
“weisses” gegenüber “rotem” Fleisch konnte von den Autoren nicht gefunden
werden.
Knekt et al. (1999) untersuchten das Risiko von intestinalen Tumoren in
Abhängigkeit zu dem Verzehr von Lebensmitteln mit einem hohen Anteil von
Nitraten, Nitrit und Nitrosaminen. Hinsichtlich des möglichen Einflusses von
Nitrosaminen fand sich eine positive Korrelation zwischen aufgenommener
Menge
von
Lebensmitteln
mit
hohem
Nitratanteil
und
kolorektalem
Karzinomrisiko.
Chen et al. (1998) untersuchten in ihrer Studie, ebenso wie Welfare et al.
(1997) und Roberts-Thomson et al. (1996), den Fleischkonsum (mindestens 1
mal täglich) bei kolorektalen Tumorpatienten. Die Ergebnisse zeigten einen
vermehrten
Fleischkonsum
in
der
Tumorgruppe,
und
hier
eine
Überrepräsentation des schnellen Acetyliererstatus der NAT2. Chen et al.
25
(1998) untersuchten 212 kolorektale Karzinompatienten und 221 Kontrollen in
den USA. Es fand sich keine Überrepräsentation des Acetyliererstatus in der
Fallgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe. Roberts-Thomson et al. (1996)
untersuchten in Australien 110 kolorektale Tumorpatienten, 89 Patienten mit
einem adenomatösen Polypen und 110 Kontrollen. Auch hier zeigten sich keine
Auffälligkeiten in der Verteilung des Acetyliererstatus bei Karzinompatienten mit
einem kolorektalen Tumor. Welfare et al. (1997) führten ihre Fall-Kontroll-Studie
in England durch. Bei 174 kolorektalen Tumorpatienten und 174 Kontrollen
zeigte sich nahezu eine Gleichverteilung von 42 % bei schnellen Acetylierern in
der Fallgruppe gegenüber 42,5 % schnellen Acetylierern in der Kontrollgruppe.
Willett et al. (1990) untersuchten den protektiven Effekt einer faserreichen Kost
beim Kolonkarzinom. Dieser konnte in dieser Studie nicht nachgewiesen
werden. Howe et al. (1992) dagegen postulierten nach einer Analyse von 13
Fall-Kontroll-Studien, dass das Kolonkarzinomrisiko in der U.S.-amerikanischen
Bevölkerung um 31 % reduziert werden könnte, wenn der durchschnittliche
Konsum von faserreicher Kost auf 13 g/Tag erhöht werden würde. Vitamin C
und Beta-Carotin zeigten nur einen geringen Effekt bei der Risikoverminderung.
Jansen el al. (1999) bestätigten diesen inversen Effekt in einer „7Länderstudie“, bei der 12.763 Männer untersucht wurden. Eine Erhöhung des
täglichen Konsums an faserreicher Kost auf 10g pro Tag vermindert das
Mortalitätsrisiko in einem Zeitraum von 25 Jahren um 33 %.
Bingham et al. (2003) zeigten in ihrer aktuellen EPIC-Studie (European
Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) einen inversen Effekt von
ballaststoffreicher Ernährung und dem Erkrankungsrisiko für kolorektale
Karzinome. Sie untersuchten 519.978 Individuen aus 10 europäischen Staaten.
Bei Vergleich der Gruppen mit höchstem und niedrigstem Ballaststoffkonsum
fanden sie ein RR von 0,58 für die Gruppe mit höherem Balaststoffkonsum, an
einem kolorektalen Karzinom zu erkranken. Flood et al. (2002) fanden dagegen
in ihrer Follow-up Studie keinen Zusammenhang zwischen dem Genuss von
obst- und gemüsereicher Kost und dem Erkrankungsrisiko für kolorektale
Karzinome. Sie untersuchten 45.490 Frauen, bei denen in 485 Fällen während
des Follow-up ein kolorektales Karzinom auftrat.
26
Dwyer (1993) diskutierte in ihrer kritischen Übersichtsarbeit die Frage, warum
die Aufnahme faserreicher Kost das Risiko an kolorektalen Karzinomen zu
erkranken, reduziert. Zu berücksichtigen ist bei der Aufnahme von faserreicher
Kost, dass sie weitere biologisch aktive Substanzen beinhaltet, die protektiv auf
das Risiko wirken, an einem kolorektalen Karzinom zu erkranken. Weitere
Untersuchungen zur Klärung folgender Fragen werden von Ihr gefordert:
Senkt faserreiche Kost die Adenoma Polyposis Sequenz, beeinflussen sie
mikrobielle Metabolismen oder des Milieu im Kolon, spielen physikalische
Ursachen eine Rolle, die Absorption von Karzinogenen und die Darmpassage
beeinflussen, oder wird die Zytokinetik der Darmmukosa, die Enzyme im
Dickdarm oder die Hormonproduktion beeinflusst?
Eine Studie an Frauen in Wisconsin (USA) zeigte einen protektiven Effekt eines
hohen Kalziumkonsums bezüglich kolorektaler Tumore (Marcus and Newcomb,
1998). 348 Kolontumorpatienten, 164 Rektumkarzinompatienten und 678
Kontrollen wurden mit einem semi-quantitativen Fragebogen hinsichtlich der
Ernährung (inklusive Nahrungsmittelersatzstoffe) in einer Fall-Kontroll-Studie
befragt. Es wurde ein OR von 0,6 für das Kolonkarzinom und das
Rektumkarzinom bei hohem Kalziumkonsum gefunden.
Einen Effekt von Natrium und Kalium bei kolorektalen Tumoren konnten Kune
et al. (1989) an einem australischen Patientenkollektiv nicht nachweisen. Das
Kollektiv
bestand
aus
715
Patienten
mit
histologisch
gesichertem
Adenokarzinom des Dickdarmes sowie 727 Personen einer alters- und
geschlechtergematchten Kontrollgruppe.
Kune et al. (1989) werteten für die Studie die Daten der Melbourne Colorectal
Cancer Study aus. Nach einer gründlichen Überarbeitung und einer
statistischen Auswertung der Ergebnisse dieser Studie konnten keine
signifikanten Hinweise dafür gefunden werden, dass Natrium oder Kalium einen
positiven oder negativen Einfluss auf die Entstehung von Kolonkarzinomen
haben.
Shannon et al. (1996) zeigten in einer Fall-Kontroll-Studie in den USA eine
Verminderung des Kolontumorerkrankungsrisikos in Abhängigkeit zu einem
hohen Wasserkonsum (OR 0,68 für Konsum > 4 Glas Wasser/Tag versus OR
27
1,0 für Konsum 1 Glas Wasser/Tag). Sie untersuchten 424 Kolontumorpatienten und 414 Kontrollen. Ebenfalls zeigte sich in dieser Studie eine
Verminderung des Erkrankungsrisikos für Kolontumore bei Männern und
Frauen mit hohem Konsum von Obst und Gemüse. Weitere Faktoren, wie
Lebensstil und sportliche Tätigkeiten und Bewegung bzw. sitzende Tätigkeiten,
wurden nicht berücksichtigt.
Greenberg et al. (1994) wiesen auf eine erhöhte Tumorrate bei niedriger
Aufnahme bestimmter Vitamine hin (Vitamin C und E). Jedoch zeigte sich bei
Gabe hoher Dosen der Vitamine C, E und/oder des Provitamins Beta-Carotin,
eine
Vorstufe
von
Vitamin
A,
bei
751
tumorfreien
Patienten
keine
Risikoverminderung für das Entstehen kolorektaler Adenome - eine klinisch
sehr bedeutsame Vorstufe von Kolonkarzinomen -, im Vergleich zur
Placebogruppe. Kalzium sowie den Spurenelementen Selen, Zink und
Molybdän
wurde
eine
protektiver
Effekt
zugeschrieben.
Auch
diese
Arbeitsgruppe schliesst andere Ursachen nicht aus, die in Zusammenhang mit
den Ernährungsgewohnheiten bei hohem Konsum von Obst und Gemüse für
die Risikoverminderung verantwortlich sein könnten.
Giovannucci
et
al.
(1993)
untersuchten
in
ihrer
Studie
an
15.984
amerikanischen Krankenschwestern (“Nurses Health Study”) und 9.490
Männern, ob eine Zunahme der DNA-Methylierung für kolorektale Neoplasien
verantwortlich sein könnte, oder ein ernährungsbedingter Mangel von SAdenosylmethionin, welcher durch starken Alkoholkonsum sowie durch geringe
Folsäure-
und
Methionaufnahme
bedingt
ist,
einen
Effekt
auf
das
Kolonkarzinomrisiko hat. Ein täglicher Alkoholgenuss von mehr als 30 g reinem
Alkohol korrelierte mit einem erhöhten Risiko für Adenome (RR 1,84). Eine
Aufnahme von folsäure- und methioninreicher Kost wirkte sich dagegen
protektiv aus.
(b) Alkoholkonsum
Der Genuss alkoholischer Getränke, auch in geringen Mengen, ist laut Seitz et
al. (1992) mit einem vermehrten Auftreten kolorektaler Adenome und
Karzinome assoziiert. Welfare et al. (1997) fanden in ihrer Fallgruppe bei der
Angabe eines regelmäßigen Genusses von Alkohol ein vermehrtes Auftreten
28
von langsamen Acetylierern bei Kolonkarzinompatienten (OR 2,5). Gerhardsson
de Verdier et al. (1993) fanden keinen Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Tumoren in Kolon und Rektum in ihrer Fall-Kontroll-Studie, die von
1986 bis 1988 an 352 Kolontumorpatienten, 217 Rektumtumorpatienten und
512 Kontrollen in Stockholm durchgeführt wurde. Ein erhöhtes Tumorrisiko bei
Aufnahme von mehr als 30 g reinem Alkohol pro Tag wurde auch von
Giovannuci et al. (1993) (“Nurses Health Study“) beschrieben.
(c) Nikotinabusus
Hsing et al. (1998) beschrieben ein erhöhtes Risiko für Kolonkarzinome bei
starken Rauchern (30 Zigaretten/Tag, RR = 2,3; 95 % KI 0,9-5,7). Diese
Aussage wurde in einer Studie von Nyren et al. (1996) nicht bestätigt, die eine
Kohorte von 135.000 schwedischen Männern untersuchten. Hier ergab sich
kein Zusammenhang zwischen Raucherstatus, Anzahl der Zigaretten pro Tag
oder Anzahl der Raucherjahre, und dem Risiko an einem kolorektalen Karzinom
zu erkranken. Diese Aussage wurde durch die Untersuchung von Knekt et al.
(1998) gestützt. Bei einer Untersuchung an 53.973 finnischen Männern und
Frauen wurde ein geschlechter- und altersadjustiertes Risiko für kolorektale
Tumoren für Raucher bezogen auf Nichtraucher von 1.06 beschrieben. Es
wurde zudem die Bedeutung des Lebensalters diskutiert, indem mit dem
Rauchen begonnen wurde. Welfare et al. (1997) beschrieben in ihrer Studie ein
vermehrtes Auftreten von Rauchern - seit mindestens 5 Jahren vor Diagnosestellung -, die zugleich langsame Acetylierer waren in der Fallgruppe (17,8 %)
bezogen auf die Kontrollgruppe (7,9 %) (OR 1,86).
Marchand et al. (2001) fanden bei Rauchern, die bevorzugt stark gebratenes
Fleisch konsumieren, und einen schnellen Phänotyp der NAT2 sowie einen
schnellen Phänotyp der Cytochromoxygenase 1A2 (CYP1A2) aufwiesen, ein
erhöhtes Erkrankungsrisiko für das kolorektale Karzinom.
(d) Arzneistoffe
Eine sehr interessante Möglichkeit einer Chemoprävention bei Kolontumoren
zeigten mehrere internationale Kohortenstudien auf, die eine Risikoreduktion
29
von etwa 40 % bei Gabe von Acetylsalicylsäure (ASS) zeigten (Peter, 1999).
Als wirksames Prinzip der Chemoprävention durch ASS wurde die Senkung des
Prostaglandinspiegels beschrieben. Ebenfalls zeigte sich unter ASS-Einnahme
eine vermehrte Bildung der Hydroxy-Fettsäure 15R-HETE. Für diese Substanz
wird die Hemmung von angiogenetischen Faktoren und eine Steigerung der
Apoptose in Tumorzelllinien beschrieben (Peter, 1999). Jedoch existieren
ebenfalls Studien, die keinen protektiven Effekt von ASS im Hinblick auf eine
Prophylaxe von Kolonkarzinomen ergeben haben.
Neugut et al. (1998) bestätigten in ihrer Studie, in der sie 256 Patienten mit
kolorektalem Karzinom untersuchten, einen protektiven Effekt bei regelmäßiger
Einnahme von ASS (OR 0,35).
Mahmoud et al. (1998) untersuchten die Wirkung von ASS im Tierversuch. Sie
fanden an C57BL/6J-Min/+(Min/+)-Mäusen (einem Tiermodell für FAP), die mit
ASS behandelt wurden, eine deutliche Reduktion einer Tumorbildung um 44 %
im Vergleich zu einer untersuchten Kontrollgruppe. ASS normalisierte ebenfalls
das Enterocyten-Wachstum in der präneoplastischen intestinalen Mukosa. Es
zeigte sich eine Verminderung des Prostaglandin-2-Serumspiegels um 50 % in
der Gruppe der mit ASS behandelten Mäuse.
(e) Sonstige ausserberufliche Risikofaktoren
Van Loon et al. (1995) beschrieben einen positiven Zusammenhang zwischen
dem sozioökonomischen Status und dem Kolonkarzinomrisiko. Eine eindeutige
Ursache konnte nicht festgestellt werden, die Autoren vermuten jedoch einen
Zusammenhang zwischen Lebensstil, Freizeitgestaltung, sportlicher Aktivität,
Rauch- und Ernährungsgewohnheiten, Alkoholkonsum und Fortpflanzungsfaktoren. Diese Aussage wurde von Munoz et al. (1998) in einer Studie aus
Argentinien unterstützt. Sie untersuchten von 1993 bis 1997 in Cordoba, einer
Region mit relativ hoher Mortalität an kolorektalem Karzinom, 190 Fälle und 393
Kontrollen. Es zeigte sich eine Risikoerhöhung von 2,0 bei Personen mit einem
hohen Sozialstatus gegenüber Personen mit einem niedrigen Sozialstatus, an
kolorektalen Tumoren zu erkranken. Slattery et al. (1999) untersuchten den
Faktor “Lifestyle“ und fassten unter diesem Begriff Ernährung, Alkoholkonsum,
30
Bewegung, und andere Faktoren zusammen und kamen zu vergleichbaren
Ergebnissen.
Exogene Risikofaktoren für die Entstehung von kolorektalen Karzinomen sahen
Kleibeuker et al. (1994) als eine der Ursachen. Diese These stützen sie auf die
Tatsache, dass Emigranten und Einwanderer nach ein bis zwei Generationen
das gleiche Erkrankungsrisiko für kolorektale Karzinome aufweisen wie die
Einwohner des Landes, in welches sie zugereist sind.
In Zusammenhang mit den Ernährungsgewohnheiten und der Kalziumzufuhr
postulierte die Arbeitsgruppe Kleibeuker et al. (1994), dass einerseits eine
Hyperproliferation der Kolonepithelzellen mit einem erhöhten Risiko für das
Kolonkarzinom korreliert, andererseits eine erhöhe Fettzufuhr zu einer
vermehrten
Bildung
von
Fettsäuren
und
Gallensäuren
führt,
die
die
Proliferationsrate im Kolonepithel erhöht und ferner Kalzium, Fett- und
Gallensäuren bindet und unlösliche Seifen bildet.
(f) Hormonersatztherapie
Das Alter der Frau bei der ersten Geburt, die Dauer der Stillzeit, das Alter bei
der Menarche und das Alter bei der Menopause zeigten in mehreren Studien
einen Zusammenhang mit der Entstehungshäufigkeit kolorektaler Tumore. Eine
postmenopausale Hormontherapie weist einen protektiven Effekt für kolorektale
Tumore auf. Ebenfalls zeigte sich in der Studie von Gerhardsson de Verdier
und
London
(1992)
eine
Risikoverminderung
für
das
Auftreten
von
Kolontumoren bei Multipara im Vergleich zu Nullipara. Zu gleichen Ergebnissen
kamen Broeders et al. (1996), die ebenfalls einen positiven Zusammenhang
zwischen der Anzahl der Geburten einer Frau und einem verringerten Risiko für
Kolontumore beschreiben. Grodstein et al. (1998) bestätigten diese Aussage in
einer Studie mit 59.002 Frauen. Hier zeigte sich ebenfalls eine Verringerung
des
Kolonkarzinomrisikos
bei
postmenopausaler
Hormontherapie.
Eine
Verringerung des protektiven Effekts für Kolonkarzinome wurde nach
Beendigung der Hormontherapie beobachtet.
31
(g) Chronische entzündliche Darmerkrankungen
• Morbus Crohn
Das Entartungsrisiko bei dieser chronisch-entzündlich verlaufenden Erkrankung
ist in der Literatur mit 6 bis 20 % angegeben, abhängig von Lokalisation und
Beginn des Befalls. Der Morbus Crohn wird als Präkanzerose eingestuft.
Insbesondere bei Befall des Kolons sollte dieses erhöhte Karzinomrisiko
Beachtung finden. Die durchschnittliche Erkrankungsdauer bis zur Entwicklung
eines Karzinoms beträgt beim Morbus Crohn durchschnittlich 15 bis 24 Jahre.
Nur
2/3
der
Karzinome
liegen
tatsächlich
in
entzündlich
befallenen
Darmabschnitten (Karavias, 1992).
• Colitis ulcerosa
Die Angaben über das Risiko einer malignen Entartung schwanken in der
Literatur für die Colitis ulcerosa und werden mit einem 5 bis 10-fach erhöhtem
Risiko angegeben. Die Höhe des Risikos einer Entartung ist von Dauer,
Intensität und Schwere des Krankheitsverlaufes abhängig, es steigt proportional
zur Dauer der Erkrankung und ihrer Ausdehnung. Stefansson et al. (1993)
beschrieben einen fehlenden Zusammenhang zwischen Divertikulitiden und
Kolontumoren, jedoch zeigte sich in dieser Studie eine Häufung von
linksseitigen Kolontumoren bei divertikulären Darmwandveränderungen.
(h) Genetische Disposition
Auf der Grundlage der Studien von Vogelstein et al. (1988) hat das Wissen über
den Einfluss genetischer Faktoren bei der Kolonkarzinogenese in den 90er
Jahren enorm zugenommen. Hereditäre Formen des Kolonkarzinoms, wie die
Familiäre adenomatöse Polypose (FAP) und das „Hereditary non-polyposis
colorectal carcinoma“ (HNPCC), repräsentieren jedoch nur einen Anteil von 5
bis 10 % aller bösartigen Kolontumore (Riemann, 1998). Diese These vertraten
auch Scott et al. (1997), die Mutationen der FAP auf Chromosom 5 und auf
dem
adenomatösen
Polyposis
coli-Gen
(APC-Gen)
beschrieben.
Die
Entstehung gutartiger Adenome nach Störungen der Zellproliferation und die
Entstehung von invasiv wachsenden Karzinomen nach 10 bis 20 Jahren wird
mit der Adenom-Karzinom-Sequenz beschrieben. Die Entwicklung dieser
32
Sequenz geht mit somatischen Mutationen auf den Chromosomen 5, 12, 17
und 18 einher, die zur Aktivierung von Onkogenen und zur Inaktivierung von
Tumorsuppressorgenen führen. Nach der Vogelstein-Hypothese erklärt sich die
Karzinomentstehung
aus
der
Akkumulation
genetischer
Veränderungen
(Vogelstein et al., 1988).
• Adenom-(Dysplasie)-Karzinom-Frequenz
Kolorektale Karzinome entwickeln sich in 80-90 % aus prämalignen Vorstufen,
den Adenomen, im Rahmen der Adenom-(Dysplasie)-Karzinom-Frequenz
(Tierney et al., 1990). Die Anzahl der kolorektalen Polypen nimmt mit
steigendem Lebensalter zu. Bei Kindern finden sich nur etwa in 1 % der Fälle
kolorektale Polypen, bei 100-jährigen in etwa 90 % (Riemann, 1995).
Über 80 % der kolorektalen Polypen sind laut Jass und Steward (1992)
neoplastische Polypen, die in der Regel Adenomen entsprechen. Sie sind
präkanzeröse Läsionen, die als histopathologische Abnormitäten definiert sind,
bei denen sich Karzinome mit grösserer Wahrscheinlichkeit entwickeln als im
Normalgewebe (Hermanek 1992; Hermanek und Wittekind, 1995). Adenome
können daher auch als umschriebene Dysplasie bezeichnet werden.
Die Adenom-(Dysplasie)-Karzinom-Sequenz gilt heute als gesichert. Danach
sind Adenome mit einem deutlich erhöhten Krebsrisiko verbunden. Jedoch
schwankt das Entartungsrisikio bei einzelnen Adenomen. So sind Grösse,
histologischer Typ und makroskopisches Polypenwachstum wichtige Parameter
für die Karzinomentwicklung im Intestinaltrakt (Riemann, 1998).
Bei 2.124 ausgewerteten koloskopisch untersuchten Patienten (mittleres Alter
62 Jahre) fanden Birkner et al. (1998) in 27,4 % der Fälle Polypen, in 5 % der
Fälle Karzinome des Kolons. In ihrer Untersuchung fand sich für Männer sowohl
ein grösseres Risiko für einen Polypen (OR 2,1) als auch für ein Karzinom (OR
2,08).
Ein hohes Risiko für eine maligne Entartung war dann anzunehmen, wenn
mehrere Polypen vorlagen, die grösser als 10 mm oder histologisch als villöse
oder tubulo-villöse Polypen eingeordnet waren.
33
Moore und Cowled (1999) beschrieben einen Anteil von etwa 4 % für das
HNPCC bei den kolorektalen Karzinomen bei Australiern.
Das Lynch-Syndrom I und II ist zu erwähnen, da bei beiden gehäuft nichtpolypöse kolorektale Karzinome - entweder isoliert (Lynch I) oder in
Kombination mit extraintestinalen Karzinomen (Lynch II) - auftreten. Hierbei
handelt es sich um ein autosomal-dominantes Erbleiden mit inkompletter
Penetranz. Die Mutationen liegen auf den Chromosomen 2p, 3p und 7q (Lutz
und Adler, 1990).
Das Peutz-Jeghers-Syndrom (gastrointestinale Polypose) kann mit einer
vermehrten Entartung (zwischen 2-3 % der Fälle) der übermäßig gebildeten
Polypen in Kolon und Rektum einhergehen. In jungen Jahren entwickeln diese
Patienten schon eine grosse Anzahl von Polypen (>100), die dann entarten
können. Üblicherweise treten Polypen in Kolon und Rektum nur sporadisch auf
und sind erst bei Menschen in höherem Lebensalter in grösserer Anzahl
vorhanden. Beim Peutz-Jeghers-Syndrom liegt ein autosomal-dominanter
Erbgang mit vollständiger Penetranz und variabler Expressivität vor. Ein
sporadisches Auftreten übermäßig gebildeter Polypen ist ebenfalls möglich
(Lutz and Adler, 1990).
• P53-Mutationen
P53-Mutationen kommen häufig bei kolorektalen Tumorpatienten vor (Takeda
et al., 1999). Diese Veränderungen sollen nicht nur im Apoptoseverhalten der
Tumorzellen eine Rolle spielen, sondern auch bei der Chemosensibilität der
Chemotherapie bei Kolonkarzinompatienten. Zheng et al. (1999) fanden in ihrer
Studie bei kolorektalen Karzinompatienten eine p53-Mutation in 17 von 39
Fällen.
34
7
Methoden und untersuchte Kollektive
7.1
Untersuchte Kollektive
(a) Kolonkarzinompatienten
In
die
vorgelegte
Untersuchung
wurden
Patienten
bzw.
Patientinnen
einbezogen, die in der Zeit von November 1997 bis November 1999 stationär in
der Chirurgischen Klinik des Klinikum Dortmund aufgenommen wurden. Sie
waren im Zeitraum von 1997 bis 1999 erstmals an einem histologisch
gesicherten Kolonkarzinom erkrankt. Ausschlusskriterium war die fehlende
schriftliche Einwilligung des Patienten, an der Studienauswertung teilzunehmen.
(b) Rektumkarzinompatienten
Die Rektumkarzinompatienten wurden ebenfalls in der Chirurgischen Klinik des
Klinikum Dortmund im Zeitraum von November 1997 bis November 1999
stationär an einem histologisch gesicherten Rektumkarzinom behandelt.
Ausschlusskriterium war die fehlende schriftliche Einwilligung des Patienten, an
der Studienauswertung teilzunehmen.
(c) Kontrollgruppe
Als Kontrollgruppe wurden Patienten bzw. Patientinnen in die Untersuchung
einbezogen, die in der Zeit von November 1997 bis November 1999 stationär in
der Chirurgischen Klinik des Klinikum Dortmund aufgenommen wurden. Sie
wurden in diesem Zeitraum wegen einer nicht-malignen Erkrankung chirurgisch
versorgt. Ausschlusskriterien waren das Vorliegen einer malignen Erkrankung
in der Vorgeschichte sowie das Fehlen der schriftlichen Einwilligung des
Patienten in diese Untersuchung.
Bei den drei Gruppen wurde bei sämtlichen Patienten anhand eines
Fragebogens ein standardisiertes Interview durch den Verfasser durchgeführt.
Es wurde allen Patienten zur Bestimmung des Genotyps von NAT2 und GSTM1
eine venöse Blutprobe (EDTA-Blut) entnommen.
35
7.2
Erfasste Daten und ihre statistische Auswertung
„ Geburtsjahr
„ Wohnort
„ Einteilung Raucher/Nichtraucher
„ Berufliche Tätigkeiten, die länger als ein Jahr andauerten
„ Anzahl der Jahre in beruflichen Tätigkeiten, die jeweils länger als ein Jahr
andauerten
„ Berufliche Tätigkeit ausgeführt häufig oder immer im Sitzen oder Stehen
„ Häufige oder ständige Exposition gegen folgende Arbeitsstoffe:
Farben/Farbstoffe
Lösemittel
Teer
Bitumen
Pech
Chemikalien
Steinkohlebergbau
Weiterverarbeitung von Kohle
Verbrennungsprodukte
Metalle, Metallstaub
Schweissarbeiten
Kühlschmierstoffe
Mineralische oder keramische Stäube
Holz
Ebenfalls wurden folgende ausserberufliche Risikofaktoren erhoben:
„ Ernährungsgewohnheiten
„ Regelmäßiger Laxantiengebrauch
„ Nikotinkonsum
„ Alkoholkonsum
„ Körperliche Aktivität
„ Freizeitgestaltung
„ Familiäre Disposition gegenüber Tumorerkrankungen
„ Tumorfamilienanamnese
36
Die Auswertung der Daten erfolgte mittels Berechnung der OR. Es erfolgte die
Anwendung mittels Vierfeldertafel für den Einfluss der Genotypen der NAT2
und
GSTM1
auf
die
Entstehung
des
Kolonkarzinoms
und
des
Rektumkarzinoms, um die Zusammenhänge zwischen den erhobenen Daten
beschreiben und darstellen zu können. Das Signifikanzniveau wurde auf 0,05
festgelegt, entsprechend ein p-Wert von weniger als 0,05 als statistisch
signifikant betrachtet.
Berechnet wurden nur die Daten der Hauptfragestellung der Arbeit, also
Berufsfaktoren und Arbeitsstoffe. Weitere erhobene Daten, wie ausserberufliche
Faktoren, wurden ebenfalls aufgeführt.
37
7.3
Methoden zur Bestimmung der Genotypen der NAT2 und der
GSTM1
Die Isolierung der DNA erfolgte aus 10 ml EDTA-Blut mittels Proteinase KVerdau und einer dreistufigen Phenol-Chloroform-Extraktion (Sambrook et al.,
1989) oder dem Aussalzen mit Kochsalz (Miller et al., 1988).
7.3.1 PCR-Methode zur Bestimmung des Genotyps der NAT2
Die Bestimmung der Allele des NAT2-Genotyps erfolgte mittels PCR und RFLP
der von Cascorbi et al. (1995) publizierten Standardmethode mit geringer
Modifikation (Blaszkewicz et al., 2004).
Aus der isolierten Lymphozyten-DNA wurden mit Hilfe der PCR zwei DNAFragmente aus dem NAT2-Exon von der Größe 442 bp (Basenpaare) und 559
bp amplifiziert. Für die PCR des 442 bp großen Amplifikates wurden die Primer
NAT2
P1
und
NAT2
P2
(jeweils
10
µM),
die
entsprechenden
Desoxynukleotidtriphosphate (dNTPs; 25 mM) sowie DNA Taq Polymerase (5
U/µL) eingesetzt. Das Thermocycler-Programm umfaßte 35 Zyklen. Insgesamt
bestand ein Ansatz aus 5 µL DNA-Probe (entsprechend 100 ng/µL) und 45 µL
Reagenzien.
Nach der Zugabe von Ethidiumbromid erfolgte eine Elektrophorese bei 160 Volt
für ca. 60-80 Minuten. Unmittelbar nach der Gelelektrophorese erfolgte die
Anwendung der Restriktionsenzyme Msp I, Fok I und Dde I.
Analog wurde für das zweite Amplifikat mit 559 bp ein weiterer PCR Ansatz
gefahren, in dem jedoch nun die Primer NAT2 P3 und NAT2 P4 (anstatt NAT2
P1 und NAT P2) eingesetzt wurden.
Das Thermocycler-Programm der zweite PCR umfasste ebenfalls 35 Zyklen.
Nach Zugabe von Ethidiumbromid und der elektrophoretischen Auftrennung
analog dem ersten Ansatz erfolgte der Einsatz der Restriktionsenzyme Kpn I,
Taq I, Dde I und BamH I ebenfalls unmittelbar nach der elektrophoretischen
Trennung.
38
Unmittelbar danach wurde das noch feuchte Gel auf einen UV-Transilluminator
gelegt, um bei 312 nm das in die Basenstapel interkalierende Ethidiumbromid
zur
Fluoreszenz
anzuregen.
Die
Bandenmuster
werden
fotographisch
dokumentiert und anschliessend mit Hilfe einer Schablone ausgewertet.
Abb. 1: Amplifikation und Restriktionsschnitte (aus: Blaszkewicz et al., 2004)
Die Sequenzen der verwendeten Primer für NAT2 lauteten:
NAT2-P1:
5´-GTCACACGAGGAAATCAAATGC-3´
NAT2-P2:
5´-ACCCAGCATCGACAATGTAATTCCTGCCCTCA-3´
NAT2-P3:
5´-ACACAAGGGTTTATTTTGTTCC-3´
NAT2-P4:
5´-AATTACATTGTCGATGCTGGGT-3´
Zur Kontrolle der Amplifikate wurde eine 1kbp DNA-Leiter, zur Kontrolle nach
den Restriktionsschnitten eine 100 bp DNA-Leiter verwendet.
39
7.3.2 PCR-Methode zur Bestimmung des Genotyps der GSTM1
Die Bestimmung der Allele des GSTM1-Gens erfolgt mittels PCR nach der von
Bell et al. (1993) vorgegebenen Standardmethode in der Modifikation von
Kempkes et al. (1996).
Zur Kontrolle wurden Primer für das ß-Globin Gen und das γ-Interferon Gen
verwendet. Die PCR-Reaktion umfasste 30 Zyklen.
Die Sequenzen der verwendeten Primer lauteten:
RT21: 5´-CAACTTCATCCACGTTCACC-3´
RT22: 5´-GAAGAGCCAAGGACAGGTAC-3´
RT39: 5´-GAACTCCCTGAAAAGCTAAAGC-3´
RT40: 5´-GTTGGGCTCAAATATACGGTGG-3´
RT1: 5´-TTCCTTACTGGTCCTCACATCTC-3´
RT2: 5´-TCACCGGATCATGGCCAGCA-3´
40
8
Ergebnisse
8.1
Allgemeine Daten der untersuchten Patientenkollektive
Im Kollektiv der untersuchten chirurgischen Patienten mit Kolonkarzinom lag
das Alter bei Erstdiagnose zwischen dem 40. und 90. Lebensjahr. Das Kollektiv
hatte ein Durchschnittsalter von 73 (± 9,4) Jahren. Eine Ersterkrankung vor dem
50. Lebensjahr konnte nur in 2 Fällen beobachtet werden.
Bei den untersuchten Patienten mit einem Rektumkarzinom lag das Alter bei
Erstdiagnose zwischen dem 33. und 88. Lebensjahr. Das Kollektiv hatte ein
Durchschnittsalter von 66 (± 9,4) Jahren, das Maximum der Altersverteilung lag
in dieser Untersuchungsgruppe bei dem 70. Lebensjahr.
Die Verteilung der Parameter “Körpergrösse“ und “Gewicht“ war in allen drei
untersuchten Gruppen vergleichbar. Hinsichtlich der Geschlechterverteilung
zeigten sich keine wesentlichen Unterschiede zwischen Patienten mit Kolonund Rektumkarzinom. In der Kontrollgruppe war der Anteil der Frauen im
Vergleich zu den beiden Fallgruppen leicht erhöht (Tab. 2).
Tab. 2: Die Parameter Geburtsjahr, Körpergröße, Gewicht und Geschlecht
(± SD) in den 3 untersuchten Kollektiven
Kolonkarzinomp.
(n=108)
Rektumkarzinomp.
(n=80)
Kontrollgruppe
(n=188)
1930 ± 9,4
1933 ± 9,4
1935 ± 10
Körpergrösse
171 cm ± 8,6
171 cm ± 9,6
170 cm ± 8,4
Gewicht
79 kg ± 14,7
80 kg ± 14,6
79 kg ± 15,6
61 %
64 %
56 %
Geburtsjahr
Geschlecht (m)*
*(m=männlich)
8.2
Verteilung der polymorphen Enzyme NAT2 und GSTM1
a) Anteile der NAT2-Genotypen in den untersuchten Patientenkollektiven
Bei den ausgewerteten Kolonkarzinompatienten (n=108) wiesen 65 % den
Genotyp eines langsamen Acetylierers auf. Bei den Rektumkarzinompatienten
(n=80) hingegen wiesen 53 % den Genotyp eines langsamen Acetylierers auf
(Tab. 3).
41
In der Kontrollgruppe (n=188) betrug der Anteil der langsamen Acetylierer
58 %. Dieses entspricht dem Anteil der langsamen Acetylierergenotypen in der
Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland mit etwa 50 bis 60 % langsamen
Acetylierern.
Tab. 3:
NAT2-Genotypen in den untersuchten Kollektiven mit einem Karzinom
im Bereich des Kolons bzw. des Rektums und der Kontrollgruppe
Kolonkarzinomp.
(n=108)
Rektumkarzinomp.
(n=80)
Kontrollgruppe
(n=188)
NAT2 langsam
65 %
53 %
58 %
NAT2 schnell
35 %
47 %
42 %
Tab. 4: OR des schnellen Genotyps und des GSTM1-positiven Genotyps bei
Patienten mit Kolon- bzw. Rektumkarzinom (Kontrollgruppe: OR=1)
Kolonkarzinompatienten
(n=108)
(95 % KI)
p-Wert
Rektumkarzinompatienten
(n=80)
(95 % KI)
p-Wert
NAT2 schnell
0,76 (0,46-1,24)
0,27
1,30 (0,76-2,22)
0,33
GSTM1 positiv
0,78 (0,48-1,25)
0,30
1,04 (0,61-1,76)
0,90
Zur Typisierung der schnellen (SA) und langsamen (LA) Genotypen der NAT2
wurden 22 verschiedene Allelkombinationen bestimmt. Hier zeigten sich bis auf
die
Allelkombination
4/5B=5A/12A=12C/5D
(genotypisch
schnell)
und
4/6A=6B/13 (genotypisch schnell) keine besonderen Auffälligkeiten bei der
Verteilung in den drei untersuchten Kollektiven. Die beiden oben angegebenen
Genotypen zeigten in der Gruppe der Rektumkarzinompatienten ein vermehrtes
Auftreten im Vergleich zur Kolonkarzinomgruppe und zur Kontrollgruppe (Tab.
5, Tab. 6).
42
Tab. 5:
Allelkombinationen der NAT2, die für den schnellen Acetyliererstatus
kodieren (Prozentzahl: SA bezogen auf das jeweilige Kollektiv aller
schnellen und langsamen Acetylierer; SA = schneller Acetylierer)
Allelkombinationen SA
Kolonkarzinomp.
(n=37)
Rektumkarzinomp.
(n=36)
Kontrollgruppe
(n=79)
4/5B=5A/12A=12C/5D=SA
17 % (19)
23 % (18)
18 % (33)
4/6A=6B/13=SA
9 % (10)
15 % (12)
13 % (25)
4/4=SA
2,7 % (3)
2,5 % (2)
3,1 % (6)
4/5A=SA
1,9 % (2)
2,5 % (2)
2,1 % (4)
0
1,25 % (1)
2,6 % (5)
4/5C=12A/5D=SA
1 % (1)
0
0,5 % (1)
4/12A=SA
1 % (1)
0
0
0
0
0,5 % (1)
1 % (1)
0
1 % (2)
5C/12A=SA
0
0
0,5 % (1)
6A/13=SA
0
1,25 % (1)
0
7A/12B=7B/12A=SA
0
0
0,5 % (1)
4/7B=7A/13=SA
5A/12B=5B/13=SA
5C/6A=12B/5E=5D/6C=SA
Tab. 6:
Allelkombinationen der NAT2, die für den langsamen Acetyliererstatus
kodieren (Prozentzahl: LA bezogen auf das jeweilige Kollektiv aller
schnellen und langsamen Acetylierer; LA = langsamer Acetylierer)
Allelkombinationen LA
Kolonkarzinomp.
(n=69)
Rektumkarzinomp.
(n=41)
Kontrollgruppe
(n=107)
5A/6C=5B/6A=LA
19 % (21)
18 % (14)
22 % (42)
5B/5B=LA
16 % (17)
19 % (15)
16 % (30)
5A/6A=LA
2,7 % (3)
3,75 % (3)
3,1 % (6)
5A/5B=LA
2,7 % (3)
1,25 % (1)
1 % (2)
5A/5C=LA
1 % (1)
0
0
5B/5C=LA
2,7 % (3)
0
1,6 % (3)
5B/7B=LA
0
3,5 % (2)
2,1 % (4)
5C/7A=LA
0
0
0,5 % (1)
6A/6A=LA
10 % (11)
5 % (4)
9 % (16)
6A/7B=LA
1,9 % (2)
2,5 % (2)
1,6 % (3)
43
b) Anteile der GSTM1-Genotypen in den untersuchten Patientenkollektiven
In dem untersuchten Rektumkarzinom-Patientenkollektiv entsprach der Anteil
des GSTM1-0/0-Genotyps dem Anteil in der Kontrollgruppe (Tab. 7). Der Anteil
bei den Kolonkarzinompatienten war hingegen leicht erhöht. Bei allen drei
Patientengruppen lag der Anteil des GSTM1-negativen Genotyps jedoch mit 4555 % noch in einem Bereich, der bei Mitteleuropäern zu erwarten war.
Tab. 7: Genotypen der GSTM1 in den untersuchten Kollektiven
Genotypen
Kolonkarzinomp.
(n=108)
Rektumkarzinomp.
(n=80)
Kontrollgruppe
(n=188)
GSTM1 negativ
53 %
46 %
47 %
GSTM1 positiv
47 %
54 %
53 %
c) Anteile des langsamen NAT2-Genotyps und des GSTM1-negativen
Genotyps in verschiedenen Teilkollektiven
Der Anteil langsamer NAT2-Genotypen zeigte erhebliche Abweichungen bei
dem Patientenkollektiv mit im Kolon aszendens gelegenen Tumoren (90 %) im
Vergleich zum durchschnittlichen Anteil des langsamen NAT2-Genotyps nicht
erkrankter Mitteleuropäer (50-60 %). Hinsichtlich des GSTM1-Gens zeigten sich
Abweichungen zur Verteilung des GSTM1-0/0-Genotyps im Verhältnis zur
durchschnittlichen Verteilung bei Mitteleuropäern (45-55 %) bei den Tumoren,
die im Kolon deszendens (29 %) lokalisiert waren (Tab. 8).
Tab. 8:
Tumorlokalisationen in den untersuchten Patienten mit Kolonkarzinom
und NAT2- bzw. GSTM1-Genotyp
Kolonkollektiv
(n=108)
K. aszendens
(n=29 )
K. transversum
(n=13)
K. deszendens
(n=14)
Sigma
(n=52)
NAT2 langsam
90 % (26)
61 % (8)
50 % (7)
54 % (28)
GSTM1 negativ
55 % (16)
54 % (7)
29 % (4)
58 % (30)
Eine Untersuchung der Anteile der Genotypen der beiden untersuchten
fremdstoffmetabolisierenden Enzyme, die auch an der Verstoffwechselung von
krebserzeugenden Inhaltstoffen des Tabakrauches beteiligt sind, ergab in den
verschiedenen Teilkollektiven einen vermehrten Anteil GSTM1-negativer
Genotypen bei den Rauchern im Kolonkarzinomkollektiv (57 %) im Verhältnis
44
zur Rektumkarzinomgruppe (48 %) und der Kontrollgruppe (47 %). In der
Rektumkarzinomgruppe zeigte sich ein geringerer Anteil an langsamen NAT2Genotypen (46 %) im Verhältnis zur Kolontumorgruppe (61 %) und zur
Kontrollgruppe (59 %), die sich nur unwesentlich voneinander unterschieden
(Tab.9).
Tab. 9: NAT2- bzw. GSTM1-Genotypen in den Teilkollektiven der Raucher
Raucher
Kolonkarzinomp.
(n=67)
Rektumkarzinomp.
(n=48)
Kontrollgruppe
(n=116)
NAT2 langsam
61 % (41)
46 % (22)
59 % (68)
GSTM1 negativ
57 % (38)
48 % (23)
47 % (55)
Bei der Untersuchung der Anteile der Genotypen der beiden untersuchten
fremdstoffmetabolisierenden Enzyme in den Teilkollektiven mit positiver
Alkoholanamnese zeigte sich ein grösserer Anteil von langsamen Acetylierern
in der Kolonkarzinomgruppe (64 %) im Vergleich zur Rektumkarzinomgruppe
(54 %) und der Kontrollgruppe (54 %). Bezüglich des GSTM1-Gens zeigte sich
in der Rektumkarzinomgruppe mit positiver Alkoholanamnese ein geringerer
Anteil des negativen Genotyps (41 %) im Vergleich zur Kolonkarzinomgruppe
(56 %) und zur Kontrollgruppe (53 %), die sich auch hier nur unwesentlich
voneinander unterschieden (Tab. 10).
Tab. 10: Langsamer NAT2- bzw. GSTM1-negativer Genotyp in
Teilkollektiven mit anamnestisch angegebenem Alkoholkonsum
Positive
Alkoholanamnese
Kolonkarzinomp.
(n= 59)
Rektumkarzinomp.
(n=54)
Kontrollgruppe
(n=81)
NAT2 langsam
64 % (38)
54 % (29)
54 % (44)
GSTM1 negativ
56 % (33)
41 % (22)
53 % (43)
den
45
Tab. 11:
Langsamer NAT2- bzw. GSTM1-negativer Genotyp in den
Teilkollektiven mit anamnestisch angegebenem Kaffee- und
Teekonsum
Kaffeetrinker
Kolonkarzinomp.
(n=95)
Rektumkarzinomp.
(n=74)
Kontrollgruppe
(n=164)
NAT2 langsam
63% (60)
51% (38)
57% (93)
GSTM1 negativ
31% (29)
42% (31)
48% (78)
(n=26)
(n=23)
(n=49)
NAT2 langsam
69 % (18)
43 % (10)
57 % (28)
GSTM1 negativ
73 % (19)
39 % (9)
71 % (35)
Teetrinker
Bei der quantitativen Angabe über den Genuss von Kaffee und Tee zeigten sich
nur geringfügige Unterschiede für Häufigkeit und Höhe des Konsums in den
drei untersuchten Kollektiven (Tab. 11).
Die Anzahl der eingenommenen Medikamente korrelierte in den untersuchten
Kollektiven
nicht
mit
den
Genotypen
der
NAT2
und
GSTM1.
Eine
Aufschlüsselung der Medikamente nach Wirkstoffgruppen wurde aufgrund der
kleinen Fallzahlen und der häufig gleichzeitigen Einnahme von Medikamenten
verschiedener Wirkstoffgruppen nicht vorgenommen (Tab. 12).
Tab. 12: Langsamer NAT2 und/oder GSTM1-negativer Genotyp in den
Teilkollektiven mit unterschiedlicher Medikamentenanamnese
Kein Medikament
Kolonkarzinomp.
Rektumkarzinomp.
Kontrollgruppe
(n=31)
(n=35)
(n=40)
NAT2 langsam
68 % (21)
49 % (17)
63 % (25)
GSTM1 negativ
42 % (13)
49 % (17)
63 % (25)
Beides
29 % (9)
29 % (10)
38 % (15)
Kolonkarzinomp.
(n=25)
Rektumkarzinomp.
(n=14)
Kontrollgruppe
(n=41)
NAT2 langsam
68 % (17)
57 % (8)
62 % (25)
GSTM1 negativ
48 % (12)
36 % (5)
62 % (25)
Beides
32 % (8)
29 % (4)
37 % (15)
1 Medikament
46
2-3 Medikamente
Kolonkarzinomp.
(n=33)
Rektumkarzinomp.
(n=15)
Kontrollgruppe
(n=64)
NAT2 langsam
67 % (22)
60 % (9)
55 % (35)
GSTM1 negativ
64 % (21)
53 % (8)
48 % (31)
Beides
33 % (11)
27 % (4)
28 % (18)
Kolonkarzinomp.
(n=19)
Rektumkarzinomp.
(n=16)
Kontrollgruppe
(n=42)
NAT2 langsam
47 % (9)
38 % (6)
67 % (28)
GSTM1 negativ
58 % (11)
31 % (5)
38 % (16)
Beides
26 % (5)
19 % (3)
24 % (10)
≥ 4 Medikamente
Der in der Literatur als Risikofaktor für kolorektale Karzinome diskutierte
Zustand nach Gallenblasenentfernung (Pinter et al., 1983) korrelierte bei kleiner
Fallzahl weder mit dem langsamen NAT2-Genotyp noch mit dem negativen
GSTM1-Genotyp (Tab. 13).
Tab. 13:
Langsamer NAT2- bzw. GSTM1-negativer Genotyp in den
Teilkollektiven mit Zustand nach Gallenblasenentfernung
Zustand nach
Gallenblasenentf.
Kolonkarzinomp.
(n=16 )
Rektumkarzinomp.
(n=11)
Kontrollgruppe
(n=46)
NAT2 langsam
63 % (10)
64 % (7)
52 % (24)
GSTM1 negativ
44 % (7)
36 % (5)
46 % (21)
Sowohl
bei
den
Kolonkarzinompatienten
als
auch
bei
den
Rektumkarzinompatienten war in den Teilkollektiven der Laxantienabuser der
Anteil der langsamen Acetylierer deutlich erhöht, wenn auch aufgrund der
kleinen Anzahl der Patienten diese Beobachtung nur eine geringe Aussagekraft
hatte. Allerdings ist zu beachten, dass die Anzahl der Rektumkarzinompatienten
(5 %, n=4) mit Laxantienabusus, verglichen mit dem entsprechenden Anteil bei
Kolonkarzinompatienten (16 %, n=17) und den Kontrollen (10 %, n=19) geringer
war (Tab. 14).
47
Tab. 14: Langsamer NAT2- bzw. GSTM1-negativer Genotyp
Teilkollektiven mit chronischem Laxantienabusus
Laxantienabusus
in
Kolonkarzinomp.
(n=17)
Rektumkarzinomp.
(n=4)
Kontrollgruppe
(n=19)
NAT2 langsam
82 % (14)
75 % (3)
63 % (12)
GSTM1 negativ
59 % (10)
25 % (1)
42 % (8)
Bei
der
im
der
Verteilung
Genotypen
Teilkollektiv
mit
den
sportlicher
Bewegungsaktivität zeigten sich keine Unterschiede in den untersuchten
Kollektiven (Tab. 15).
Tab. 15:
Langsamer NAT2- bzw. GSTM1-negativer Genotyp in den
Teilkollektiven mit sportlicher Bewegungsaktivität
Sportlich aktiv
Kolonkarzinomp.
(n=66)
Rektumkarzinomp.
(n=52)
Kontrollgruppe
(n=117)
NAT2 langsam
62 % (41)
52 % (27)
62 % (73)
GSTM1 negativ
51 % (34)
37 % (19)
44 % (52)
48
8.3
Berufliche Faktoren
Bei der Verteilung der nachfolgend aufgeführten Berufsgruppen, die unter
Berücksichtigung der früheren regionalen Industriestrukturen ausgewählt
wurden, ergaben sich für die Mehrzahl der untersuchten Berufsgruppen keine
gravierenden Unterschiede zwischen den drei untersuchten Kollektiven.
Erwähnenswert erscheint der erhöhte Anteil der Maler (6 %) in der Gruppe der
Rektumkarzinompatienten im Vergleich zu den Kolonkarzinompatienten (2,8 %)
und den Patienten der Kontrollgruppe (1 %). Weiterhin war der erhöhte Anteil
der Kaufleute in der Gruppe der Rektumkarzinompatienten sowohl im Vergleich
zu den Kolonkarzinompatienten als auch im Vergleich zur Kontrollgruppe
bemerkenswert (Tab. 16).
Tab. 16: Ausgewählte Berufsgruppen unter besonderer Berücksichtigung der
regionalen Industriestruktur bei den 3 Patientenkollektiven
Kolonkarzinomp.
(n=108)
Rektumkarzinomp.
(n=80)
Kontrollgruppe
(n=188)
Bergleute
11 % (12)
11 % (9)
11 % (21)
Metallarbeiter
4,6 % (5)
2,5 % (2)
6 % (11)
Kraftfahrer
3,7 % (4)
5 % (4)
5 % (10)
Chemiker
4,6 % (5)
0
1,6 % (3)
Schweisser
3,7 % (4)
0
2 % (4)
2 % (2)
7,5 % (6)
5 % (9)
Maler
2,8 % (3)
6 % (5)
1 % (2)
Verwaltungsangest.
14 % (15)
7,5 % (6)
15 % (28)
Kaufleute
13 % (14)
25 % (20)
15 % (29)
Elektromechaniker
Bei der Auswertung der Angaben für eine jemals länger als 12 Monate
ausgeübte berufliche Tätigkeit fanden sich bei den 376 untersuchten Patienten
insgesamt 669 Berufsnennungen.
Es fand sich jedoch weder bei den Kolonkarzinompatienten noch bei den
Rektumkarzinompatienten
eine
Überrepräsentation
von
Montanberufen
(Tab. 16) noch von montanindustrietypischen Arbeitsstoffen (Tab. 18).
49
Tab. 17:
Die OR der zahlenmäßig grössten Berufsgruppen bei
Kolonkarzinompatienten und Rektumkarzinompatienten (Kontrollgruppe: OR=1)
Berufsgruppen
Kolonkarzinompatienten
(n=108)
Rektumkarzinompatienten
(n=80)
OR (95 % KI)
p-Wert
OR (95 % KI)
p-Wert
Bergleute
0,90 (0,41-1,98)
0,79
0,87 (0,37-2,06)
0,75
Metallarbeiter
0,72 (0,24-2,17)
0,56
0,35 (0,08-1,70)
0,18
Kraftfahrer
0,62 (0,19-2,06)
0,43
0,82 (0,24-2,74)
0,74
Chemiker
2,96 (0,69-12,60)
0,13
-
-
Schweisser
1,65 (0,40-6,82)
0,49
-
-
Elektromechaniker
0,34 (0,07-1,65)
0,17
1,48 (0,51-4,35)
0,47
Maler
2,48 (0,40-15,23)
0,31
5,65 (1,06-30,21)
0,025
Verwaltungsangest.
1,00 (0,49-2,05)
0,99
0,51 (0,20-1,31)
0,15
Kaufleute
0,85 (0,42-1,71)
0,65
1,98 (1,03-3,83)
0,039
In der Gruppe der Kolonkarzinompatienten konnten keine signifikanten OR
beobachtet werden. Erstaunlicherweise fanden sich in der kleineren Gruppe der
Rektumkarzinompatienten signifikant erhöhte Erkrankungsrisiken für Maler und
Kaufleute (Tab. 17).
50
Tab. 18:
Angegebener Umgang mit Arbeitsstoffen, für die in der Literatur
ein Zusammenhang mit einem vermehrten Auslösung von
kolorektalen Tumoren diskutiert wird
Arbeitsstoffe*
Kolonkarzinomp.
(n=108)
Rektumkarzinomp.
(n=80)
Kontrollgruppe
(n=188)
Farben
7,4 % (8)
15 % (12)
12 % (23)
Lösemittel
16 % (18)
12,5 % (10)
17 % (32)
Teer
3,7 % (4)
1,3 % (1)
4,3 % (8)
Bitumen
2,7 % (3)
3,8 % (3)
4,3 % (8)
0
1,3 % (1)
2,7 % (5)
Chemikalien
21 % (23)
14 % (11)
12 % (23)
Steinkohle
12 % (13)
12,5 % (10)
12 % (23)
Weiterverarbeitende
1,9 % (2)
1,3 % (1)
2,7 % (5)
Verbrennungsprod.
14 % (15)
18 % (14)
21 % (39)
Metalle, Metallstaub
25 % (27)
23 % (18)
26 % (48)
Schweissrauche
14 % (15)
11 % (9)
18 % (33)
Kühlschmierstoffe
4,6 % (5)
3,8 % (3)
8 % (15)
Mineral. Stäube
6,5 % (7)
15 % (12)
10 % (19)
1 % (1)
13,5 % (10)
6 % (11)
Pech
Kohle
Holzstaub
(*Mehrfachnennungen möglich)
51
Tab. 19: OR für häufig genannte Arbeitsstoffe für Kolonkarzinompatienten und
Rektumkarzinompatienten (Kontrollgruppe: OR=1)
Kolonkarzinompatienten
(n=108)
Rektumkarzinompatienten
(n=80)
OR (95 % KI)
p-Wert
OR (95 % KI)
p-Wert
Farben
0,52 (0,22-1,23)
0,13
1,16 (0,54-2,47)
0,71
Lösemittel
0,91 (0,48-1,75)
0,79
0,62 (0,28-1,36)
0,24
Teer
0,79 (0,23-2,74)
0,71
0,25 (0,03-2,01)
0,16
Bitumen
0,58 (0,15-2,28)
0,44
0,77 (0,19-3,02)
0,70
-
0,07
0,40 (0,05-3,55)
0,40
Chemikalien
1,89 (0,99-3,59)
0,05
1,11 (0,53-2,35)
0,77
Steinkohle
0,89 (0,41-1,90)
0,75
0,88 (0,38-2,02)
0,76
Weiterverarb. Kohle
0,63 (0,12-3,35)
0,59
0,40 (0,05-3,55)
0,40
Verbrennungsprod.
0,53 (0,26-1,05)
0,07
0,68 (0,33-1,40)
0,30
Metalle, Metallstaub
0,88 (0,49-1,57)
0,66
0,72 (0,38-1,38)
0,32
Schweissrauche
0,65 (0,32-1,32)
0,23
0,47 (0,21-1,09)
0,07
Kühlschmierstoffe
0,51 (0,18-1,46)
0,20
0,38 (0,10-1,37)
0,13
Mineral. Stäube
0,55 (0,22-1,39)
0,20
1,43 (0,64-3,18)
0,38
Holzstaub
0,14 (0,02-1,08)
0,03
2,13 (0,85-5,33)
0,10
Pech
Erstaunlicherweise zeigte sich für die weitaus überwiegende Anzahl der
Arbeitsstoffe ein meist deutlich unter 1 liegendes OR. Das OR von 1,89 für
Kolonkarzinompatienten mit einer Exposition gegen Chemikalien erreicht zwar
fast das Signifikanzniveau, lässt jedoch aufgrund der Heterogenität der
angegebenen Stoffe keine weiteren Schlüsse zu (Tab. 19).
Bei der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit im Sitzen (26 %) zeigte sich ein
geringerer prozentualer Anteil von Rektumkarzinompatienten im Vergleich zu
den beiden anderen untersuchten Kollektiven (Tab. 20). Allerdings wurden in
der Gruppe der Rektumkarzinompatienten vermehrt Tätigkeiten im “Gehen“
(18 %) im Verhältnis zu den beiden anderen Patientenkollektiven angegeben
(11 %).
52
Tab. 20: Vorwiegende Art der Bewegung während der Berufsausübung in den
untersuchten Kollektiven
Kolonkarzinomp.
(n=108)
Rektumkarzinomp.
(n=80)
Kontrollgruppe
(n=188)
Stehen
55 %
56 %
58 %
Gehen
11 %
18 %
11 %
Sitzen
34 %
26 %
31 %
Tab. 21: Berufsgruppennennungen in den untersuchten Kollektiven (BKZ =
Berufekennziffern gemäß Stat. Bundesamt, 1992)
BKZ
Berufsgruppe
Rektumpat. Kontrollgr.
Landwirte
Kolonkarzinompat.
5
01
0
10
05/06
Gartenbau-/Forstberufe
0
7
4
07
Bergleute
12
9
21
14/15
Chemieberufe
5
0
3
17
Druckberufe
1
0
2
19/20
Metallschmelzer, -giesser, -walzer
6
2
12
22
Metalldreher, -schleifer
1
2
3
23/27
Andere Metallarbeiter
2
0
5
24
Schweisser/Schmiede
4
0
4
25/26
Schlosser/Klempner
9
0
17
27/29/30 Installateure/Mechaniker
9
10
14
28
Fahrzeugmechaniker
2
2
6
31
Elektroberufe
2
6
9
34/35/37 Lederverarbeitung/Textilberufe
2
2
7
39/40/42 Nahrungsmittelverarbeitung
11
5
14
44/47/48 Hoch-/Tiefbau
8
0
11
50
Holzverarbeitende Berufe
1
4
6
51
Maler und Lackierer
3
5
2
52/53
Warenprüfer/Verpacker
2
1
2
54
Maschinenführer
3
3
8
60
Ingenieure/Architekten
3
0
4
62
Techniker/Werkmeister
11
5
18
66-68
Kaufmännische Berufe
17
20
29
53
70-81
Verwaltung/Justiz/Versicherung
14
6
28
70-74
Verkehrsberufe
4
4
10
79/80
Gebäude-/Personenschutz
6
16
28
83
Künstlerische Berufe
0
0
3
84/85
Medizinische Berufe
2
2
1
86-89
Lehrer/Pfarrer/Pädagogen
2
1
0
90
Friseure
1
2
4
91-93
Sonstige Dienstleistungen
32
15
53
99
Sonstige
10
5
7
190 Nenn.
134 Nenn.
345 Nenn.
Σ
Die 190 Berufegruppennennungen von 108 Kolonkarzinompatienten sowie die
134 Berufegruppennennungen von 80 Rektumkarzinompatienten wurden den
345
Berufegruppennennungen
der
untersuchten
188
Patienten
der
Kontrollgruppe gegenübergestellt, um eine mögliche Häufung von Berufen in
der Montanindustrie zu untersuchen. Von Interesse war ausserdem, ob die
berufliche Tätigkeit im Sitzen oder im Stehen ausgeführt wurde. Die
Berufenennungen wurden nach den Vorgaben des Statistischen Bundesamtes
in der 1992 veröffentlichten Fassung mit Hilfe einer vierstelligen BKZ
verschlüsselt und dann gemäß der Vorgaben des Statistischen Bundesamtes
zu größeren Gruppen zusammengefasst.
Bei der Auswertung der Angaben einer länger als 12 Monate ausgeübten
beruflichen Tätigkeit fanden sich 190 Nennungen bei den Kolonkarzinompatienten, 134 Nennungen bei den Rektumkarzinompatienten und 345
Nennungen in der Kontrollgruppe. Bei insgesamt 376 untersuchten Patienten
wurden insgesamt 669 Berufsnennungen angegeben (Tab. 21).
Es fand sich jedoch weder eine Überrepräsentation von Montanberufen noch
von montanindustrietypischen Arbeitsstoffen in den beiden Tumorpatientenkollektiven.
54
8.4
Ausserberufliche Faktoren
Tab. 22: Lifestyle-Faktoren der untersuchten Patientenkollektive
Kolonkarzinomp.
(n=108)
Rektumkarzinomp.
(n=80)
Kontrollgruppe
(n=188)
Raucher
62 % (67)
60 % (48)
61 % (116)
Pack years
19 ± 24,5
19 ± 23,2
20 ± 22,1
Alkoholkonsum bejaht
55 % (59)
68 % (54)
43 % (81)
- Bier
48 % (52)
59 % (47)
33 % (63)
- Wein
18 % (19)
28 % (22)
16 % (31)
- Schnaps
15 % (16)
15 % (12)
13 % (25)
Kaffee
88 % (95)
93 % (74)
87 % (164)
≤ 1 Tasse/Tag
18 %
10 %
20 %
2 - 4 Tassen/Tag
67 %
69 %
62 %
≥ 4 Tassen/Tag
15 %
21 %
18 %
Tee (schwarz)
24 % (26)
29 % (23)
26 % (49)
Sportlich aktiv
61 % (66)
65 % (52)
62 % (117)
Geruhsam
39 % (42)
35 % (28)
38 % (71)
Laxantien
16 % (17)
5 % (4)
10 % (19)
Bei den Rauchgewohnheiten zeigten sich keine gravierenden Unterschiede
zwischen
den
beiden
untersuchten
Tumorpatientenkollektiven
und
der
Kontrollgruppe hinsichtlich der qualitativen Klassifizierung “Raucher“ oder
“Nichtraucher“. Eine quantitative Erfassung der Rauchgewohnheiten hinsichtlich
der Anzahl der bislang gerauchten Zigaretten (ausgedrückt in “Pack years“)
ergab allenfalls nur minimale Unterschiede (Tab. 22).
Die Frage nach einem regelmäßigen Alkoholkonsum wurde von 68 % der
Rektumkarzinompatienten bejaht. Der Anteil bei den Kolonkarzinompatienten
lag bei 55 %. Somit ergab sich für beide Tumorkollektive im Vergleich zur
Kontrollgruppe
ein
höherer
Anteil
von
Patienten
mit
angegebenem
regelmäßigen Alkoholkonsum. Die bevorzugten alkoholischen Getränke waren
in beiden Tumorpatientengruppen Bier sowie Wein (Tab. 22).
55
Ein vermehrter Laxantienabusus zur Stuhlregulierung wird von Patienten mit
Kolonkarzinom mit 16 % (n=17) häufiger beobachtet als bei der Kontrollgruppe
mit 10 % (n=19) und insbesondere bei den Patienten mit Rektumkarzinom, die
nur in 5 % (n=4) der Fälle angaben, regelmäßig Laxantien zur Stuhlregulierung
eingenommen zu haben (Tab. 22).
Bei der Bewegungsaktivität in der Freizeit zeigten sich keine relevanten
Unterschiede für die drei untersuchten Patientengruppen (Tab. 22).
Tab. 23: Anzahl der eingenommenen Medikamente in den untersuchten
Patientenkollektiven
Anzahl der
Medikamente
Kolonkarzinomp.
(n=108)
Rektumkarzinomp.
(n=80)
Kontrollgruppe
(n=188)
0
29 %
44 %
21 %
1
23 %
18 %
22 %
2-3
31 %
19 %
34 %
≥4
18 %
20 %
23 %
In der Gruppe der Rektumkarzinompatienten zeigte sich ein geringerer
Gebrauch von Medikamenten als in der Kolonkarzinomgruppe und in der
Kontrollgruppe (Tab. 23).
Tab. 24: Ernährungsgewohnheiten der untersuchten Kollektive
Nahezu tägl.
Genuss
Kolonkarzinomp.
(n=108)
Rektumkarzinomp.
(n=80)
Kontrollgruppe
(n=188)
Obst
65 %
61 %
66 %
Gemüse
65 %
66 %
64 %
Fleisch
9%
15 %
12 %
Pfannenfleisch
22 %
25 %
20 %
Geflügel
46 %
59 %
42 %
Süssigkeiten
19 %
15 %
24 %
Bei
den
Ernährungsgewohnheiten
zeigten
sich
keine
wesentlichen
Auffälligkeiten bei dem Konsum von Obst und Gemüse. Ein geringer
Mehrkonsum für Fleisch (15 %) und Geflügel (59 %) zeigte sich in der
Rektumkarzinomgruppe (Tab. 24).
56
Tab. 25: Häufigkeit von Diabetes mellitus und Herz-Kreislauferkrankungen
Kolonkarzinomp.
(n=108)
Rektumkarzinomp.
(n=80)
Kontrollgruppe
(n=188)
Diabetes mellitus
15 % (16)
15 % (12)
14 % (27)
Herz-Kreislauferkr.
23 % (29)
23 % (18)
23 % (43)
Die Anteile der beiden in der Allgemeinbevölkerung häufigen Erkrankungen
“Diabetes mellitus“ und “Herz-Kreislauferkrankungen“ sind in den drei
untersuchten Kollektiven nahezu gleich (Tab. 25).
a) Lokalisation der Kolonkarzinome
Die Karzinome im Bereich des Kolons wiesen in den verschiedenen
anatomischen Abschnitten eine unterschiedliche Häufigkeit auf. Die Mehrzahl
der Karzinome (48 %) wurde, wie erwartet, im Bereich des Sigma diagnostiziert.
Zweithäufigste Tumorlokalisation mit 27 % der diagnostizierten Karzinome war
der Bereich des Kolon aszendens. Die Häufigkeit von Karzinomen im Bereich
des Kolon transversum und deszendens war mit 12 % bzw. 13 % nahezu
gleich. Somit fand sich im untersuchten Patientenkollektiv keine kontinuierliche
Zunahme der Tumorhäufigkeit für die distal gelegenen Darmabschnitte
(Tab. 26).
Tab.
26:
Kolonkollektiv
Tumorlokalisationen
Kolonkarzinom
bei
den
untersuchten
Patienten
mit
K. aszendens
K. transversum
K. deszendens
Sigma
27 % (29)
12 % (13)
13 % (14)
48 % (52)
gesamt
(n=108)
b) Tumorfamilienanamnese
Die Auswertung der Familienanamnese hinsichtlich maligner Erkrankungen bei
Blutsverwandten zeigte ein vermehrtes Auftreten von malignen Tumoren in der
Blutsverwandtschaft von Rektumkarzinompatienten (56 %), nicht jedoch bei
Kolonkarzinompatienten (38 %) und der Kontrollgruppe (39 %) (Tab. 27).
57
Tab. 27: Positive Tumorfamilienanamnese in den untersuchten Kollektiven
Kolonkarzinomp.
(n=108)
Rektumkarzinomp.
(n=80)
Kontrollgruppe
(n=188)
38 %
56 %
39 %
Tumoranamnese
Die
Auswertung
der
Verwandtschaftsverhältnisse
hinsichtlich
des
Angehörigenstatus in der Familie führte zu keinen konsistenten Auffälligkeiten
bei
den
Familienmitgliedern
der
untersuchten
drei
Patientenkollektive
(Tab. 28).
Tab. 28: Angehörigenstatus derjenigen Familienmitglieder, die an einem Tumor
erkrankt waren
Angehörigenstatus
*
Kolonkarzinomp.
(n=54)
Rektumkarzinomp.
(n=47)
Kontrollgruppe
(n=81)
Eltern
54 % (29)
62 % (29)
58 % (47)
Kinder
3,7 % (2)
2,1 % (1)
1,2 % (1)
Geschwister
19 % (10)
27 % (8)
26 % (21)
Grosseltern
19 % (10)
11 % (5)
10 % (8)
Onkel/Tante
1,9 % (1)
8,5 % (4)
1,2 % (1)
(* Mehrfachnennungen möglich)
c) Tumorlokalisation bei positiver Familienanamnese
Bei der Erhebung der Tumorfamilienanamnese wurden von den untersuchten
Patienten
insgesamt
22
verschiedene
Tumorlokalisationen
angegeben
(Tab. 29).
Eine Aufschlüsselung aller angegebenen Tumorlokalisationen ergab, dass 25 %
der Rektumkarzinompatienten einen Angehörigen benannten, der ebenfalls an
einem im Bereich des Darmes lokalisierten Tumors erkrankt war.
Für Patienten mit Kolonkarzinom (13 %) und für die Kontrollgruppe (9 %) waren
die entsprechenden Prozentsätze deutlich geringer.
Die Häufigkeit der in Deutschland relevanten Tumorlokalisationen, wie Lunge,
weibliche Brust und Gebärmutter war in allen drei untersuchten Kollektiven
vergleichbar. Das Magenkarzinom war mit 13,5 % in der Gruppe der
58
Rektumkarzinompatienten
weniger
häufig
als
in
der
Gruppe
der
Kolonkarzinompatienten mit 19 % und der Kontrollgruppe mit 22 %.
Für die Mehrzahl der angegebenen Tumore fanden sich allerdings sehr kleine
Fallzahlen, so dass ein Vergleich der 3 Patientengruppen nicht sinnvoll
erschien.
Tab. 29: Lokalisation der Tumore bei Blutsverwandten bei positiver TumorFamilienanamnese
Lokalisation*
Kolonkarzinomp.
(n=53)
Rektumkarzinomp.
(n=52)
Kontrollgruppe
(n=89)
Mundboden
0
1,9 % (1)
1,1 % (1)
1,9 % (1)
3,8 % (2)
3,3 % (3)
0
3,8 % (2)
5,5 % (5)
Magen
19 % (10)
13,5 % (7)
22 % (20)
Darm
13 % (7)
25 % (13)
9 % (8)
Leber
5,6 % (3)
5,8 % (3)
6,6 % (6)
Gallenblase
1,9 % (1)
0
1,1 % (1)
Bauchspeicheldrüse
0
3,8 % (2)
2,2 % (2)
Nieren
0
1,9 % (1)
0
Lunge
11 % (6)
7,7 % (4)
11 % (10)
Weibliche Brust
7,5 % (4)
5,8 % (3)
9 % (8)
Gebärmutter
11 % (6)
9,6 % (5)
12 % (11)
Harnblase
5,6 % (3)
0
3,3 % (3)
Prostata
11 % (6)
3,8 % (2)
2,2 % (2)
Gehirn
5,6 % (3)
1,9 % (1)
3,3 % (3)
Haut
3,7 % (2)
0
0
Muskel
0
1,9 % (1)
0
Knochen
0
1,9 % (1)
0
“Blutkrebs“
1,9 % (1)
0
3,3 % (3)
Leukämie
0
3,8 % (2)
2,2 % (2)
Lymphom
0
3,8 % (2)
0
Tumor o.n.A.
0
0
1,1 % (1)
Kehlkopf
Speiseröhre
(* Mehrfachnennungen möglich)
59
9
In
Diskussion
der
vorliegenden
Studie
wurden
108
Kolonkarzinompatienten,
80
Rektumkarzinompatienten sowie 188 Patienten ohne maligne Erkrankungen
aus dem Patientengut einer in einer ehemaligen Montanregion gelegenen
Chirurgischen Klinik untersucht.
Eine arbeitsmedizinisch relevante Noxe als Risikofaktor für das Kolon- und/oder
Rektumkarzinom ist bisher aus der Literatur nicht bekannt. Im Laufe der letzten
Jahre
nahm
das
Wissen
über
die
Bedeutung
genetischer
Enzym-
polymorphismen, die auch an der Verstoffwechselung toxikologisch bedeutsamer Arbeitsstoffe beteiligt sind, erheblich zu (Thier et al., 2003). Daher bieten
sich nun Studien an, in denen Patienten mit kolorektalem Karzinom und
arbeitsmedizinisch bedeutsamer beruflicher Exposition nicht nur hinsichtlich der
beruflichen Exposition, sondern zusätzlich hinsichtlich der Verteilung relevanter
fremdstoffmetabolisierender Enzyme - sowohl im Vergleich zu anderen
Patienten mit kolorektalem Karzinom als auch im Vergleich zu Kontrollpatienten
ohne bekannte Krebserkrankungen - untersucht werden.
Erste Untersuchungen von Enzympolymorphismen fremdstoffmetabolisierender
Enzyme bei kolorektalen Karzinompatienten wurden von Lang et al. (1986)
durchgeführt. Es zeigte sich bei den 43 untersuchten Patienten ein Überwiegen
des schnellen Acetyliererstatus der NAT2. Diese Ergebnisse wurden zwar von
Ilett et al. (1987) an einem australischen Kollektiv mit 49 kolorektalen Patienten
bestätigt, die ebenfalls ein Überwiegen des schnellen Acetyliererstatus fanden.
Allerdings zeigten weitere Studien widersprüchliche Ergebnisse (Ladero et al.,
1991; Welfare et al., 1997; Lee et al., 1998a).
In einer von unserer Arbeitsgruppe 1992 durchgeführten Pilotstudie (Reckwitz,
1996) wurden 28 stationäre Patienten der Chirurgischen Klinik des Klinikum
Dortmund mit kolorektalem Adenokarzinom hinsichtlich der N-Acetyltransferase
2 phänotypisiert. Interessanterweise zeigte sich in dieser Pilotstudie kein
Überwiegen des schnellen Acetyliererstatus.
Zwei Jahre später wurde in dem von Pesch et al. (1994) herausgegebenen
Krebsatlas
Nordrhein-Westfalen
(NRW)
gezeigt,
dass
die
Standard-
mortalitätsrate für den Grossraum Dortmund für kolorektale Tumore oberhalb
60
des Landesdurchschnittes lag. Für NRW wurde von Pesch et al. (1994) die
SMR gleich 1 gesetzt. Im Grossraum Dortmund betrug die SMR für Männer mit
Kolonkarzinom 1,14 (Rang 7 in NRW) und für Frauen mit Kolonkarzinom 1,06
(Rang 14 in NRW). Die entsprechende SMR für das Rektumkarzinom betrug
bei Männern 1,04 (Rang 25 in NRW) und bei Frauen 0,98 (Rang 26 in NRW).
Hiermit lagen die Werte teilweise deutlich oberhalb des Durchschnitts aller 54
Kreise bzw. kreisfreien Städte in NRW.
Daten zur Inzidenz kolorektaler Tumore in Nordrhein-Westfalen sind, aufgrund
eines fehlenden landesweiten Krebsregisters, dem Krebsatlas NordrheinWestfalen nicht zu entnehmen. In diesem Zusammenhang sei darauf
hingewiesen, dass die 5-Jahresüberlebensrate zumindest bei Kolontumorpatienten ganz erheblich von der Qualität der Therapie abhängen kann. So
wurde
kürzlich
eine
Arbeit
von
Eisele
publiziert,
in
der
die
5-
Jahresüberlebensrate für nur operativ behandelte Kolontumorpatienten bei
mehreren untersuchten grossen chirurgischen (Universitäts-) Kliniken bei
vergleichbarer Tumorklassifikation um den Faktor 2 zwischen der „besten“ und
der „schlechtesten“ Klinik variierte (Eisele, 2004). In Anbetracht der
histopathologischen Beurteilung durch universitäre Pathologische Institute
erscheint
ein
durch
die
Klassifikation
der
Tumore
bedingter
Bias
unwahrscheinlich.
Auch
andere
Autoren
berichten
von
Unterschieden
bezüglich
der
Überlebensraten in Abhängigkeit von der Qualität der therapeutischen
Behandlung (Lehnert et al., 2002). Daher ist davon auszugehen, dass die von
Pesch et al. (1994) beschriebenen Standardmortalitätsraten zumindest für das
Kolonkarzinom, vermutlich aber auch für das Rektumkarzinom, auch durch das
therapeutische Vorgehen, zumindest in dem einen oder anderen Kreis bzw.
kreisfreien Stadt, moduliert wurden.
Aufgrund der den Grossraum Dortmund betreffenden Daten des Krebsatlas
Nordrhein-Westfalen sowie der Ergebnisse der NAT2-Phänotypisierung der an
der Chirurgischen Klinik des Klinikum Dortmund durchgeführten Pilotstudie
ergab sich weiterer Forschungsbedarf.
61
Aus arbeitsmedizinischer und toxikologischer Sicht ist dabei von besonderer
Bedeutung, dass der Grossraum Dortmund bis in die 80er Jahre ein Zentrum
der Kohle-, Eisen- und Stahlindustrie war. Die Emissionen der Montanindustrie
führten bei den dort Beschäftigten zu einer erheblichen Exposition gegen
verschiedene Schadstoffe, insbesondere gegen diverse Verbrennungsprodukte.
Eine erhöhte Exposition gegen Verbrennungsprodukte bestand ebenfalls, wenn
auch in deutlich geringerem Umfang, für die Normalbevölkerung in dieser
Region.
Sowohl arbeitsmedizinisch als auch umwelttoxikologisch von erheblicher
Bedeutung sind die bei Verbrennungsprozessen entstehenden polyzyklischen
aromatischen Kohlenwasserstoffe, da diese nicht nur an einem Standort der
Kohle-, Eisen- und Stahlindustrie, sondern auch in anderen Regionen mit
erheblichen Belastungen durch Emissionen von Kohlekraftwerken und/oder
Hausbrand von Bedeutung sind.
Zahlreiche der nicht nur bei industriellen Verbrennungsprozessen entstehenden
polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe, wie beispielsweise die
analytische
Leitsubstanz
Verstoffwechslung
dieser
Stoffwechselprodukte
Benzo(a)pyren,
Stoffe
entstehen.
können
Das
sind
kanzerogen.
unteranderem
polymorphe
Enzym
Bei
der
hochreaktive
Glutathion-S-
Transferase M1 ist an der Verstoffwechslung dieser Stoffe beteiligt. Eine
Modulation des Tumorrisikos durch dieses Enzym ist beim Menschen belegt
(Hengstler et al., 1998). Für das Zielorgan Harnblase konnte in der
Arbeitsgruppe eine Modulation des Tumorrisikos für Patienten aus der Region
Dortmund (Golka et al., 1998) als auch, wenn auch in abgeschwächter Form,
für die Region Lutherstadt Wittenberg (Golka et al., 2003, 2005) gezeigt
werden.
Es fanden sich jedoch in der vorliegenden Untersuchung weder bei den Kolonnoch bei den Rektumkarzinompatienten eine typische Tätigkeit oder eine
signifikant vermehrte Exposition gegen montantypische Arbeitsstoffe wie
beispielsweise Teer, Pech, Schweissrauche oder Metallstäube im Vergleich zur
Kontrollgruppe, die mit einer klaren Erhöhung des Risikos, an einem
kolorektalen Karzinom zu erkranken, verbunden war.
62
Von insgesamt 14 verschiedenen erfragten Expositionen am Arbeitsplatz (siehe
Tab. 18) fand sich bei den Kolonkarzinompatienten lediglich für die Exposition
gegen “Chemikalien“ eine OR größer 1 (OR 1,89; 95 % KI 0,99-3,59). Alle
übrigen erfragten beruflichen Expositionen bei Kolonkarzinompatienten wiesen
eine OR kleiner 1 auf. Für 6 Expositionen wurde ein OR kleiner 0,6 ermittelt.
Dies spricht dagegen, dass in dem untersuchten Kollektiv berufliche
Expositionen gegen arbeitsmedizinisch bedeutsame Karzinogene mit dem
Zielorgan Kolon bestanden haben.
Da nicht davon auszugehen ist, dass die Mehrzahl der beschriebenen
Expositionen mit einer OR kleiner 1 vor einem Kolonkarzinom schützt, ist die
Schlussfolgerung naheliegend, dass Erkrankte mit anderen bzw. keinen
beruflichen Expositionen ein höheres Erkrankungsrisiko aufweisen, oder aber
dass andere, mit diesen Expositionen verbundene Einflussfaktoren einen vor
einem Kolontumor schützenden Effekt aufweisen.
Hinsichtlich des Rektums, welches bezüglich der Entstehung von Tumoren
keinesfalls dem Kolon gleichzusetzen ist (Potter, 1999), ist die Datenlage in der
vorliegenden Arbeit etwas anders. Für 4 der erfragten 14 Expositionen fand sich
für Rektumkarzinompatienten eine OR grösser 1. Dabei ist bemerkenswert,
dass die größte OR für eine Exposition gegen Holzstaub vorlag (OR 2,13; 95 %
KI 0,85-5,33).
Dieses Ergebnis ist diametral entgegengesetzt zu den Ergebnissen bei den
untersuchten Kolonkarzinompatienten. Das deutlich verminderte Erkrankungsrisiko bei den Kolonkarzinompatienten in unserer Studie steht im Einklang mit
den von Simpson et al. (1998) in Los Angeles bei 419 Patienten mit
Kolonkarzinom beschriebenen verminderten Erkrankungsrisiko. Roscoe et al.
(1992)
fanden
hingegen
kein
verändertes
Risiko
bezüglich
eines
Kolonkarzinoms bei 2.294 mit der Herstellung von Holzmodellen Beschäftigten
in der amerikanischen Autoindustrie. Allerdings ist die Exposition gegen
Holzstäube bei den Holzmodell-Herstellern nicht ohne weiteres mit einer
Holzstaubexposition in anderen Berufen vergleichbar.
Rein mechanistisch gesehen erscheint eine präventive Wirkung einer
Holzstaubexposition wenig wahrscheinlich, da Holzstaub zumindest von einigen
63
Harthölzern zu einem vermehrten Auftreten von bösartigen Tumoren in der
Nase
und
den
Nasennebenhöhlen
führt
(Berufskrankheit
4203:
Adenokarzinome der Nasenhaupt- und Nasennebenhöhlen durch Stäube von
Eichen-
oder
Buchenstaub).
Möglicherweise
steht
das
verminderte
Erkrankungsrisiko mit dem Bewegungsprofil von Holzstaubexponierten oder
anderen Einflussfaktoren in Zusammenhang. Interessanterweise wurde in der
Untersuchung bei Holzmodell-Herstellern in der Autoindustrie kein erhöhtes
Rektumkarzinomrisiko beobachtet.
Bei Untersuchungen zu Risiken für Tumore im Bereich des Kolons oder
Rektums dürfen auch die Ernährungsfaktoren nicht ausser Acht gelassen
werden.
Zu
der
eigenen
Untersuchung
im
Grossraum
Dortmund
ist
beispielsweise zu bemerken, dass zumindest für einige Berufe in der
Montanindustrie, wie beispielsweise Bergleute, von einer kalorienreicheren
Ernährung auszugehen ist. Eine Kost für körperlich schwer arbeitende
Personen enthält erfahrungsgemäß vermehrt tierisches Eiweiss und Fett. In
einer Reihe von Studien konnte gezeigt werden, dass das Risiko an Krebs zu
erkranken mit einer vermehrten Aufnahme von in Nahrungsmitteln enthaltenem
Fett steigt. So beschrieb beispielsweise Willet (1995) auch einen deutlichen
Zusammenhang zwischen dem Konsum von tierischem Fett und einem
erhöhten Risiko für ein kolorektales Karzinom. Die in unserer Studie erhobenen
Angaben über Ernährungsgewohnheiten zeigten jedoch keine wesentlichen
Auffälligkeiten. Da die Ernährungsgewohnheiten retrospektiv nur schwerlich zu
erfassen sind, ist diesem Befund keine wesentliche Bedeutung beizumessen.
In der Mehrzahl der Studien zu NAT2 und kolorektalem Karzinom ist der Anteil
der schnellen Acetylierer bei Kolonkarzinompatienten im Vergleich zur
Kontrollgruppe erhöht, während in unserer Studie der Anteil der schnellen
Acetylierer bei den Rektumkarzinompatienten erhöht und der Anteil der
schnellen Acetylierer bei Kolonkarzinompatienten zumindest im Vergleich zur
Kontrollgruppe erniedrigt ist.
Bei der Mehrzahl der publizierten Studien wird nicht zwischen Patienten mit
einem im Kolon gelegenen Tumor und denjenigen mit einem im Rektum
gelegenen Tumor differenziert (Roberts-Thomson et al, 1996; Welfare et al.,
1997; Chen et al., 1998). Roots et al. (1989) untersuchten nur Patienten mit der
64
Tumorlokalisation Kolon. Hier betrug der Anteil der schnellen Acetylierer 44 %.
In der Arbeit von Slattery et al. (2003) wurden nur Patienten mit der
Tumorlokalisation Rektum untersucht. Der Anteil der schnellen Acetylierer
betrug 47 %. Es sei angemerkt, dass im Übergangsbereich von Kolon und
Rektum eine klare Abgrenzung schwierig ist, da dieser Bereich allein aufgrund
des histologischen Befundes nicht eindeutig zugeordnet werden kann. Eine
Unterscheidung zwischen Kolon und Rektum erscheint jedoch auch aus
arbeitsmedizinischer und toxikologischer Sicht von Interesse.
Im untersuchten Kollektiv ist der Anteil der schnellen Acetylierer bei den
Kolontumorpatienten mit 35 %, bezogen auf die Verteilung bei Mitteleuropäern,
je nach Autor noch normal (Loktionov et al., 2002) oder aber bereits erniedrigt
(Roots et al., 1989). Bezogen auf die untersuchte Kontrollgruppe ist der Anteil
erniedrigt. Der Anteil der schnellen Acetylierer bei den Rektumkarzinompatienten liegt mit 47 %, bezogen auf die mitteleuropäische Normalbevölkerung,
im normalen Bereich. Somit stellt zumindest der niedrige Anteil der schnellen
Acetylierer, der auch in Einklang mit der auf NAT2-Phänotypisierung
beruhenden Pilotstudie (Reckwitz, 1996) der eigenen Arbeitsgruppe steht,
einen interessanten Befund dar. Eine Aufschlüsselung des Acetyliererstatus
bezüglich verschiedener Berufsgruppen erschien wegen der sich ergebenden
kleinen Fallzahlen nicht sinnvoll.
Die Tumorhäufigkeit ist in den einzelnen Darmabschnitten bekanntermaßen
unterschiedlich. Hinsichtlich des, im Vergleich zu Lehrbüchern, unerwartet
hohen Anteils von Karzinomen im Kolon aszendens an der Gesamtheit der
Kolonkarzinome ist darauf hinzuweisen, dass es im Laufe der Jahre
offensichtlich zu der bereits von Remmele (1984) erwähnten Verschiebung der
Häufigkeit von Rektumtumoren hin zu Kolontumoren kommt. In seinem
Standardwerk “Pathologie“ führte Remmele aus, dass die von Marson und
Dawson (1979) angegebene Verteilung von Karzinomen im Darm von 50 % im
Rektum und 50 % in den übrigen Darmabschnitten, die seinerzeit die
Lehrmeinung
darstellte,
sich
im
Laufe
der
Jahre
zu
den
übrigen
Darmabschnitten hin verschoben habe. In der eigenen Fallsammlung fand
Remmele (1984) seinerzeit nur noch 33 % Rektumkarzinome. Dies steht im
Einklang mit einer kürzlich erschienenen prospektiven Studie auf der Basis der
“Nurses Health Study“ und der “Health Professionals Follow Up Study“ (Wei et
65
al., 2004), bei der 1.139 inzidente Kolonkarzinome und 339 inzidente
Rektumkarzinome beobachtet wurden.
Es fällt auf, dass der Anteil der schnellen Acetylierer in der vorliegenden Studie
bei 29 Patienten mit einem Karzinom im Kolon aszendens nur 10 % beträgt,
während
er
in
allen
anderen
Darmabschnitten
deutlich
höher
liegt
(K. transversum 39 %, K. deszendens 50 %, Sigma 46 %, Rektum 47 %). In
diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass der Anteil der Karzinome im Kolon
aszendens bezogen auf die anderen Dickdarmabschnitte in der vorliegenden
Studie hoch ist. Die Ursache hierfür ist unbekannt.
Der unerwartet hohe Anteil von Patienten mit einem Karzinom im Kolon
aszendens, für die ein ausgesprochen niedriger Anteil von schnellen
Acetylierern (10 %) beobachtet wurde, könnte ein wesentlicher Faktor bezüglich
des insgesamt, im Gegensatz zu anderen Studien (Agundez et al., 2000),
niedrigen Anteil der schnellen Acetylierer bei den Patienten mit Kolonkarzinom
sein. Ein Vergleich mit Publikationen zum Thema Kolonkarzinome und
Acetyliererstatus ist nicht möglich, da in allen in der Arbeit aufgeführten
Publikationen der jeweilige Anteil der schnellen bzw. langsamen Acetylierer für
die einzelnen Abschnitte des Kolons nicht aufgeschlüsselt ist.
GSTM1 ist ein Enzym, das hochreaktive Moleküle (z.B. Epoxide) bzw.
hochreaktive Metabolite (beispielsweise von polyzyklischen aromatischen
Kohlenstoffen), meist im Sinne einer Entgiftungsreaktion, verstoffwechselt. Eine
Reihe von Studien zeigte ein Überwiegen des GSTM1-negativen Genotyps bei
Rauchern mit Lungenkarzinom (Seidegard et al., 1986) sowie bei Harnblasenkarzinompatienten, insbesondere bei positiver Raucheranamnese (Bell et al.,
1993) sowie bei bestimmten beruflichen Expositionen in der Montanindustrie
(Golka et al., 1998).
Die Mehrzahl der grösseren Studien zu GSTM1 und Dickdarmkarzinom zeigt
keinen Zusammenhang. In der vorliegenden Arbeit waren 53 % der
Kolonkarzinompatienten, 46 % der Rektumkarzinompatienten und 47 % der
Kontrollgruppe GSTM1-negativ. Dies steht im Einklang mit einer gepoolten
Studie von Patienten mit kolorektalem Karzinom (Smits et al., 2003), in die auch
die vorliegenden Daten eingingen. In dieser gepoolten Studie wiesen 51,8 %
66
der Fälle und 56,5 % der Kontrollen einen GSTM1-negativen Genotypen auf.
Dabei ist anzumerken, dass der Anteil der GSTM1-negativen Patienten aus der
Kontrollgruppe in der vorliegenden Studie eher im unteren, in der gepoolten
Studie eher im oberen Bereich des bei Kaukasiern zu erwartenden Anteils lag.
Weder in der vorliegenden Auswertung noch in der gepoolten Studie von Smits
et al. (2003) konnte ein Zusammenhang zwischen Rauchern mit Kolonkarzinom
oder Rektumkarzinom und einem erhöhten Anteil des GSTM1-negativen
Genotyps gezeigt werden.
Die unauffälligen Anteile von GSTM1-negativen Patienten stehen auch im
Einklang mit der Beobachtung, dass in den untersuchten Kollektiven der Kolonund Rektumkarzinompatienten der Anteil der Raucher im Vergleich zur
Kontrollgruppe identisch war.
Idealerweise würde eine Studie alle inzidenten Fälle von Kolon- bzw.
Rektumkarzinom der zu untersuchenden Region umfassen. Dieser Ansatz
konnte jedoch bei der Studie im Grossraum Dortmund in der vorliegenden
Arbeit nicht gewählt werden, da eine Einbeziehung der Patienten aus weiteren
7 Chirurgischen Kliniken bzw. Abteilungen aus logistischen Gründen nicht
möglich war.
Inwieweit es durch das Bestehen von mehreren Chirurgischen Kliniken am Ort
zu einer Selektion der Patienten mit Kolon- bzw. Rektumkarzinom kommt, muss
unbeantwortet bleiben. Allerdings kann ausgeschlossen werden, dass operativ
schwierig anzugehende Tumoren bevorzugt in andere Chirurgische Kliniken
eingewiesen wurden, da die Chirurgische Klinik des Klinikum Dortmund eine
Klinik der Maximalversorgung mit visceral-chirurgischem Schwerpunkt ist.
Dies ist eine geeignete Basis, um eine Untersuchung an Patienten mit
kolorektalem Karzinom durchzuführen. Andererseits ergeben sich für das
Gewinnen der Kontrollgruppe aus derselben Chirurgischen Klinik gewisse
Einschränkungen.
Dies
ist
daduch
bedingt,
dass
das
Patientengut
schwerpunktmäßig, abgesehen von Schilddrüsenerkrankungen, vor allem
viszeral-chirurgisch ausgerichtet ist.
67
Andererseits ist aus der Literatur nicht bekannt, dass chirurgisch zu
behandelnde gutartige Erkrankungen der Schilddrüse, der Gallenblase und
verschiedene Arten von Hernien sowie andere gutartige Erkrankungen vermehrt
bei bestimmten Berufen auftreten und/oder mit einem bestimmten Genotyp der
NAT2 oder der GSTM1 assoziiert sind.
68
10
Zusammenfassung
Dortmund, als ein ehemaliger Standort der Montanindustrie, zeigt eine erhöhte
Mortalität für das Kolon- und Rektumkarzinom. Arbeitsmedizinisch relevante
Noxen sind als Risikofaktor für das kolorektale Karzinom explizit nicht bekannt.
Als mögliche Ursache muss die Exposition gegen Verbrennungsprodukte
insbesondere am Arbeitsplatz in Betracht gezogen werden. Polymorphe
Enzyme, die auch an der Verstoffwechselung toxikologisch bedeutsamer
polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe beteiligt sind, könnten an der
Modulation des Risikos, an einem kolorektalen Karzinom zu erkranken, beteiligt
sein.
Vor
diesem
Hintergrund
wurden
108
Kolonkarzinompatienten,
80
Rektumkarzinompatienten und 188 chirurgische Patienten der gleichen Klinik
ohne Karzinom (Kontrollgruppe) aus dieser Region hinsichtlich möglicher
beruflicher und ausserberuflicher Risikofaktoren für kolorektale Karzinome
mittels eines Fragebogens befragt. Zusätzlich wurden die Genotypen der
fremdstoffmetabolisierenden
polymorphen
Enzyme
N-Acetyltransferase
2
(NAT2) und Glutathion-S-Transferase M1 (GSTM1) aus leukozytärer DNA
bestimmt. Zudem wurde in den 3 untersuchten Kollektiven eine Assoziation der
Genotypen der beiden untersuchten Enzyme mit den beruflichen und
ausserberuflichen Risikofaktoren untersucht.
Der Anteil der Raucher betrug 62 % bei den Kolonkarzinompatienten, 60 % bei
den Rektumkarzinompatienten und 61 % bei der Kontrollgruppe. Auch
hinsichtlich der Packungsjahre ergaben sich keine Unterschiede zwischen den
3 Patientengruppen. Ein Alkoholkonsum wurde von 55 % der Kolonkarzinompatienten, 68 % der Rektumkarzinompatienten, aber nur 43 % der Kontrollgruppe bejaht. Für weitere Lebensstilfaktoren wie der Genuss von Kaffee oder
Tee oder die sportliche Aktivität ergaben sich keine erkennbaren Unterschiede.
Hinsichtlich der Tumorlokalisation fanden sich bei den 108 Kolonkarzinompatienten 48 % der Tumore im Bereich des Sigma, 27 % im Bereich des Kolon
aszendens und 12 bzw. 13% im Bereich von Kolon transversum bzw.
deszendens.
69
Bei den Berufsnennungen zeigte sich weder eine Überrepräsentation von
Berufen
der
Montanindustrie
noch
eine
vermehrte
Exposition
gegen
montantypische Arbeitsstoffe in den Fallgruppen gegenüber der Kontrollgruppe.
Als einzige Berufsgruppe wiesen Maler ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für
Karzinome des Kolons (nicht signifikant) und des Rektums (signifikant) auf.
Bei der NAT2-Genotypisierung betrug bei den Kolonkarzinompatienten der
Anteil der schnellen Acetylierer 35 %, bei den Rektumkarzinompatienten 47 %
und bei den Patienten der Kontrollgruppe 42 %. Somit lagen die Anteile der
schnellen Acetylierer in allen 3 Patientenkollektiven im für die mitteleuropäische
Normalbevölkerung zu erwartenden Bereich. Interessanterweise ist jedoch der
Anteil
der
schnellen
Acetylierer
im
untersuchten
Kolonkarzinom-
patientenkollektiv in den einzelnen Kolonabschnitten nicht gleich. Bei 29
Patienten mit einem Karzinom im Kolon aszendens war der Anteil der schnellen
Acetylierer mit 10 % deutlich erniedrigt.
Der Anteil GSTM1-negativer Patienten betrug 53 % bei den Kolonkarzinompatienten, 46 % bei den Rektumkarzinompatienten und 47 % bei der
Kontrollgruppe. Er liegt für alle drei Patientengruppen somit in einem Bereich,
wie er für die mitteleuropäische Normalbevölkerung zu erwarten ist.
70
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12
Danksagung
Herrn Prof. Dr. med. D. Löhlein danke ich für die Erlaubnis zur Untersuchung
der Patienten.
Herrn Prof. Dr. Dr. H.M. Bolt danke ich für die Bereitstellung von Ressourcen.
Herrn Prof. Dr. med. K. Golka danke ich für die vorbildliche Betreuung der
Arbeit.
Frau PD Dr. rer. nat. R. Thier danke ich für die Unterstützung bei der
Bestimmung des Genotyps der fremdstoffmetabolisierenden Enzyme.
Herrn
Dipl.-Stat.
F.
Geller,
Institut
für
Medizinische
Biometrie
und
Epidemiologie, Philipps-Universität Marburg, danke ich für die Unterstützung bei
der statistischen Analyse der Daten.
84
13
Lebenslauf
Name:
Hermann Caspar Römer
Geburtsdatum / -ort:
20.03.1965 in Hagen/Westfalen
Familienstand:
ledig
Schulischer Werdegang
1971 - 1975
Grundschule in Hagen - Dahl
1975 - 1981
Hauptschule in Hagen - Dahl
1981 - 1985
Anne-Frank-Gymnasium Halver, Abitur
1985 - 1987
Zeitsoldat für 2 Jahre beim NATO-HQ Mönchengladbach
1987 - 1988
Tierklinik Dortmund-Scharnhorst (Praktikant)
Studium
04/89 - 06/92
Vorklin. Studienabschnitt an der Universität/GHS Essen
10/92 - 03/96
Klinischer Studienabschnitt an der Universität/GHS Essen
04/96 - 03/97
Praktisches Jahr im Ev. Krankenhaus Oberhausen
Wahlfach Anaesthesie
09/92
Ärztliche Vorprüfung
03/94
Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
04/96
Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
05/97
Dritter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
Famulus
03/93 - 10/95
Chirurgie (03/93), Innere (09/93), Anästhesie (08/94),
Chirurgische Ambulanz (03/95), Dermatologie (08/95),
Radiologie (10/95).
Hospitant
08/96 - 03/97
Chirurgie, Chirurgische Abteilung BG-Kliniken
Bergmannsheil Bochum (Dir.: Prof. Dr. Muhr),
Handchirurgie, Plastische Chirurgie,
Knappschaftskrankenhaus Gelsenkirchen (CA: Dr. Dietrich)
85
Arzt im Praktikum:
08/97-02/99
Zentrale Einrichtung Klinische Arbeitsmedizin (Leiter Prof.
Dr. K. Golka) am Institut für Arbeitsphysiologie an der
Universität Dortmund (Dir.: Prof. Dr. Dr. H.M. Bolt),
und 6-monatige Rotation an die Chirurgische Klinik der
Städtischen Kliniken Dortmund (Dir.: Prof. Dr. D. Löhlein)
Wiss. Mitarbeiter
02/99-05/99
Zentrale Einrichtung Klinische Arbeitsmedizin (Leiter Prof.
Dr. K. Golka) am Institut für Arbeitsphysiologie an der
Universität Dortmund (Dir.: Prof. Dr. Dr. H.M. Bolt)
Stipendiat:
06/99-11/00
Graduierten-Kolleg “Toxikologie und Umwelthygiene” der
Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Heinrich-HeineUniversität Düsseldorf als Stipendiat von Prof. Dr. Dr. H.M.
Bolt
Ärztliche Tätigkeit:
12/00-12/01
Medizinische
Abteilung,
St.-Josefs-Hospital
Dortmund
Hörde (Chefarzt: PD Dr. J. Epping)
01/02-05/04
Projektgruppen “Chronobiologie“ und “Thermophysiologie“
(Leiterin: Prof. Dr. B. Griefahn) am Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund (Dir.: Prof. Dr. Dr.
H.M. Bolt), Erwerb des Facharztes für Arbeitsmedizin
(04/04)
06/04-11/04
Referent im Referat Prävention des Bundesverbandes der
Innungskrankenkassen, Bergisch Gladbach
86
11/04-heute
Weiterbildungsassistent
in
der
Allgemeinmedizin
Standortsanitätszentrum Düsseldorf (6 Mo)
Gemeinschaftspraxis Oschilewski, Rees (6 Mo)
am
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