Going Public & Finanzierung Delistings nach Frosta Wie lange ist das noch möglich? Das reguläre Delisting war über ca. zehn Jahre von der Macrotron-Rechtsprechung des BGH bestimmt. Insbesondere wegen der darin gesetzten Voraussetzungen (i) eines zustimmenden Beschlusses der Hauptversammlung und (ii) eines Angebots an die außenstehenden Aktionäre, deren Aktien zum vollen Wert zu kaufen, wählten die meisten Unternehmen in der Vergangenheit den Weg des Delistings durch Strukturmaßnahmen, wie z.B. Squeeze-out oder Verschmelzung. Von Dr. Eva Nase und Philipp Opitz iese Voraussetzungen hat der BGH durch den Beschluss i.S. Frosta AG im Oktober 2013 selbst wieder aufgehoben. Ein reguläres Delisting ist seitdem durch bloßen Antrag der Gesellschaft auf Widerruf der Zulassung ihrer Aktien zum Handel im regulierten Markt bei sämtlichen Börsen, an denen sie notiert ist, möglich. Die Stellung eines solchen Antrags liegt im Verantwortungsbereich des Vorstands der Gesellschaft; je nach Zustimmungsvorbehalten ergänzt um einen Aufsichtsratsbeschluss. Obwohl es im Fall der Frosta AG lediglich um ein „Downlisting“ ging, mithin den Wechsel aus dem regulierten Markt in den Freiverkehr, beziehen die Entscheidungsgründe das vollständige Delisting mit ein. Die Praxis nutzt den durch die FrostaEntscheidung entstandenen Spielraum. Im Jahr 2014 erfolgten bereits mehr als 20 Delistings aus dem regulierten Markt, daneben eine bedeutende Zahl von Rückzügen aus dem qualifizierten und einfa- D Die Praxis nutzt den durch die Frosta-Entscheidung entstandenen Spielraum. Im Jahr 2014 erfolgten bereits mehr als 20 Delistings aus dem regulierten Markt. 40 chen Freiverkehr. Weitere Delistings sind angekündigt. Die Frage ist: Wie lange bleibt dies noch möglich? Die einzige gesetzliche Regelung zum regulären Delisting des § 39 Abs. 2 BörsG ist kapitalmarktrechtlich, mithin öffentlich-rechtlich. Danach ist die Geschäftsführung der Börse berechtigt, die Zulassung von Wertpapieren zum Handel im regulierten Markt auf Antrag zu widerrufen, sofern der Schutz der Anleger nicht entgegensteht, § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG. Nähere Bestimmungen über den beim Widerruf zu wahrenden Anlegerschutz sind in den jeweiligen Börsenordnungen enthalten, § 39 Abs. 2 S. 5 BörsG. Die regionalen Börsen haben diese Vorgabe allerdings in unterschiedlicher Form konkretisiert. Beschluss der Hauptversammlung sowie ein § 31 WpÜG entsprechendes Kaufangebot (§ 56 Abs. 4 BörsO Börse Düsseldorf). „Downlisting“ in Qualitätssegmente Daneben privilegieren Börsenordnungen verbreitet auch das „Downlisting“ in Qualitätssegmente des Freiverkehrs, z.B. § 51 Abs. 2 Nr. 2 BörsO Börse München und § 56 Abs. 3 Nr. 3 BörsO Börse Düsseldorf. Damit besteht auch in Düsseldorf die Möglichkeit, ein Abfindungsangebot durch ein „gestuftes“ Delisting zu vermeiden. Fristenlösung Die Mehrzahl der Börsen sieht den Anlegerschutz mit einer sogenannten Fristenlösung gewahrt. Danach soll es zum Schutz der Anleger genügen, wenn ihnen nach Bekanntgabe einer positiven Widerrufsentscheidung durch die Börse bis zum Wirksamwerden des Widerrufs hinreichend Zeit verbleibt, ihre Aktien über den regulierten Markt zu veräußern, z.B. § 46 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, Abs. 2 S. 3 BörsO Frankfurter Wertpapierbörse. Schutzkonzept in Anlehnung an die „Macrotron“-Rechtsprechung Im Gegensatz dazu hält die Börse Düsseldorf bewusst an einem Schutzkonzept in Anlehnung an die Macrotron-Rechtsprechung fest. Nach ihrer Börsenordnung erfordert der Widerruf im Falle eines vollständigen Delistings weiterhin einen Special „Kapitalmarktrecht 2015“ ZU DEN AUTOREN Dr. Eva Nase ist Partnerin der Kanzlei P+P Pöllath + Partners. Von 2005 bis 2009 war sie bei einer bedeutenden US-Kanzlei. Sie berät seit mehr als zehn Jahren auf dem gesamten Gebiet des Gesellschaftsrechts, insbesondere im Aktien- und Konzernrecht, und bei öffentlichen Übernahmen mit anschließendem Taking Private. [email protected] Philipp Opitz ist seit 2013 Associate bei P+P Pöllath + Partners. Er berät auf dem gesamten Gebiet des Gesellschaftsrechts, insbesondere auch in streitigen Verfahren. [email protected] Going Public & Finanzierung (Rechts-)Schutz für Anleger aktuell kaum vorhanden Der BGH stellt in seiner Frosta-Entscheidung klar, dass der gesetzliche Schutz der Anleger in § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG abschließend geregelt sei. Bei Stattgabe eines Widerrufsantrags müssten Anleger Rechtsschutz im verwaltungs(gerichtlichen) Verfahren durchsetzen. Für einen gesellschaftsrechtlichen Anlegerschutz bestehe daneben kein Bedarf. Auch wenn laut BGH ausreichend Ansatzpunkte für einen angemessenen, mit Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den stattgebenden Widerrufsbescheid durchsetzbaren Schutz der betroffenen Aktionäre gegeben sind, hat das Verwaltungsgericht Frankfurt a. M. (Beschluss v. 25. März 2013, 2 L 1073/13) zuvor einen Eilantrag zur Sicherung eines Widerspruchs eines Aktionärs mangels drittschützender Wirkung von § 39 Abs. 2 BörsG als unzulässig verworfen. Die Norm schütze vielmehr nur die Anleger in ihrer Gesamtheit. U.a. gestützt auf diese Entscheidung haben einige Börsen jüngst den Drittschutz im Verfahren über den Widerruf der Zulassung verneint. Es bleibt abzuwarten, wie die Verwaltungsgerichte zukünftig entscheiden, wenn Widerrufsentscheidungen der Börsen gerichtlich angefochten werden. Auch das satzungsmäßige Vorschreiben einer Börsennotierung ist ein ungeeignetes, weil unzulässiges Mittel. Die Entscheidung über den Verbleib an der Börse ist ein im Er- messen des Vorstands liegender Geschäftsführungsakt, der diesem nicht qua Hauptversammlungsbeschluss entzogen werden darf. Fazit Vor diesem Hintergrund prüft der Gesetzgeber zurzeit eine Verbesserung des Anlegerschutzes im Rahmen der Aktienrechtsnovelle (BT-Drucks. 18/4349, S. 42 f.); die Beratungen im Rechtsausschuss sind für Mai 2015 terminiert. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber den Schutz wie vom Bundesrat vorgeschlagen gesellschaftsrechtlich umsetzt oder kapitalmarktrechtlich ausgestaltet. Eine gesetzliche Implementierung der ursprünglichen MacrotonVorgaben ist nicht auszuschließen. ANZEIGE 9PJO[PNKPJRL-PZJOLHUNLSU! Der Bewertungs- und Finanzierungsleitfaden für Investoren & Startups Wie ticken Investoren? Wie lassen sich Schwachstellen in Geschäftsmodellen identifizieren? Was beflügelt den Startup-Erfolg? Sven von Loh sensibilisiert Gründer und Investoren für die jeweils andere Perspektive. 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