Macrons Wahlsieg stärkt die Europäische Union

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Macrons Wahlsieg stärkt die Europäische
Union
Die Märkte werden nach der Niederlage der rechtsextremen Le Pen aufatmen: Die Anleihespreads
dürften sich einengen, während die Kurse von Aktien und Währungen steigen. Als Anführer der noch
jungen En Marche!-Bewegung wird es Macron wohl kaum gelingen, bei der Wahl zur französischen
Nationalversammlung im Juni eine Mehrheit zu erzielen. Dank seiner zentristischen Politik kann er aber
sowohl von Mitte-Links als auch von Mitte-Rechts mit Unterstützung im Parlament rechnen. Seine
proeuropäische Haltung dürfte die EU stärken. Das könnte die Austrittsverhandlungen für
Großbritannien zusätzlich erschweren. Im Gegensatz dazu könnte er sich für Mitgliedsländer in
Schwierigkeiten wie Italien und Griechenland einsetzen.
Erleichterungsrally sorgt den Sommer über für Stabilität
Die Märkte werden rund um den Globus positiv auf das Wahlergebnis reagieren – schon allein aus
Erleichterung, dass Le Pen nicht gewonnen hat. Während der Wahlsieg Macrons nach seinem Erfolg in
der ersten Runde bereits zu einem gewissen Grad eingepreist worden war, konnte die Besorgnis, dass
Le Pen zur Präsidentin gewählt wird, nicht ganz ausgeräumt werden. Das begrenzte die Kursanstiege.
Mit dem Sieg von Macron ist nun eine Rally zu erwarten. Es steht außer Frage, dass der Sieg von
Macron besser für die Märkte ist, als es bei der Wahl von Le Pen der Fall gewesen wäre. Durch das
Wahlergebnis sinkt das geopolitische Risiko in der Region und es dürften wirtschaftliche Chancen
entstehen. „Auch dem Euro dürfte dieses Ergebnis zugutekommen. Die größte Belastung für die
Währung in diesem Jahr war das Risiko, dass ein rechtspopulistischer, EU-feindlicher Kandidat die
Präsidentschaftswahlen gewinnt. Mit dem Wegfall dieses Risikos werden sich die Märkte stärker auf die
Fundamentaldaten konzentrieren.“
Da die Besorgnis der Anleger um französische Staatsanleihen nachgelassen hat, ist zudem eine
Verengung der Anleihespreads zu erwarten. „Zehnjährige französische Anleihen notierten jüngst bis zu
50 Basispunkte höher als zehnjährige deutsche Anleihen, doch wir erwarten eine leichte Verringerung
der Spreads hin zu den durchschnittlichen Niveaus des vergangenen Jahres“, so Ken Orchard,
Portfoliomanager des Global Fixed Income Teams. „Nun, da Frankreich kein politisches Risiko mehr
darstellt, werden sich die Märkte anderen Themen zuwenden.“
Politisches Neuland für Frankreich
Noch nie zuvor hat ein unabhängiger Kandidat in Frankreich die Präsidentschaftswahl gewonnen. Somit
führt Macron sein Land in unbekanntes politisches Terrain. Zunächst steht er vor der Aufgabe, bei den
Wahlen der Legislative am 11. und 18. Juni so viele Sitze wie möglich für seine En Marche!-Bewegung
zu gewinnen. Angesichts der Spaltung des linken Lagers in Frankreich ist es jedoch unwahrscheinlich,
dass En Marche! eine Mehrheit im Senat gewinnen wird. Das heißt, dass Macron wohl auf die
Unterstützung anderer Parteien angewiesen sein wird, um die Zustimmung für eine Regierung zu
erlangen. Da er allerdings weitgehend am Status quo festhalten will und seine Politik gemäßigt ist,
dürfte dies unserer Einschätzung nach kein allzu großes Problem darstellen.
Die Wahlen der Legislative in Frankreich
Ebenso wie die Präsidentschaftswahlen bestehen auch die französischen Parlamentswahlen aus zwei
Wahlgängen. Kandidaten, die in der ersten Runde mehr als 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinen
können, sind automatisch gewählt. Erreicht kein Kandidat mehr als die Hälfte der Stimmen, können in
der zweiten Runde diejenigen antreten, die im ersten Wahlgang mindestens 12,5 Prozent der Stimmen
erhalten haben. En Marche! tritt als neue Partei gegen äußerst erfahrene Mitstreiter aus den Reihen der
etablierten republikanischen und sozialistischen Parteien an, die in der Vergangenheit häufig
zusammengearbeitet haben, um den rechtsextremen Front National daran zu hindern, Sitze zu
gewinnen.
Das wahrscheinlichste Szenario ist unserer Meinung nach, dass die französischen Republikaner, die
wohl die größte Fraktion im Parlament stellen werden, die neu gewählte Regierung in der
Nationalversammlung unterstützen werden. In diesem Fall rechnen wir mit einer zwar klaren, jedoch
nicht umwälzenden Verlagerung von der Mitte-Links-Politik von Präsident Hollande hin zu einer MitteRechts orientierten Agenda. Diese wird wahrscheinlich eine Senkung der Körperschaftsteuer und eine
gewisse Lockerung der Arbeitsgesetze umfassen, die es den Unternehmen ermöglicht, die 35-StundenWoche neu zu verhandeln.
Stärkung der EU: Nachteil für Großbritannien, Vorteil für Italien
Als engagierter Befürworter der EU wird eine gute Zusammenarbeit Macrons mit Merkel erwartet
(ebenso wie mit SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, sollte dieser die Bundestagswahlen im Herbst
gewinnen). Das wird das für die EU so wichtige deutsch-französische Bündnis stärken. In Bezug auf den
Brexit gilt es nach Macron, die „Integrität des Binnenmarktes zu verteidigen“, also das Kernprinzip der
Freizügigkeit von Personen und Gütern. Er zeigte sich besorgt, dass andere Länder nachziehen könnten,
wenn der Eindruck entstünde, dass Großbritannien sich durch den Austritt Vorteile verschafft, denn das
wäre das „Ende des europäischen Projekts“. Das bedeutet: Mit Macron stößt Großbritannien bei den
Brexit-Gesprächen auf einen schwierigeren Verhandlungspartner, als bisher angenommen.
Für die wirtschaftlich angeschlagenen EU-Länder wie Italien und Griechenland zeigte er hingegen offene
Sympathie. Das dürfte in diesen Ländern die Hoffnung nähren, dass er dazu beitragen wird, die
Sparpolitik, die man dort als von Deutschland auferlegt betrachtet, zu lockern. Durch weniger strenge
Sparmaßnahmen der EU könnte sich sogar die Unterstützung für einige der populistischen Parteien
abschwächen, die angesichts dieser als ungerecht empfundenen Sparpläne an Zuspruch gewonnen
haben. „Derzeit ist die antieuropäische Fünf-Sterne-Bewegung auf dem Weg, bei den nächsten Wahlen
in Italien, die Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres abgehalten werden, die meisten Stimmen
zu bekommen“, so Orchard. Er fügt hinzu: „Der Wahlsieg Macrons könnte den proeuropäischen Parteien
in Italien die so dringend benötigte Unterstützung bieten – der Einfluss auf das Verhalten der Wähler ist
allerdings schwer einzuschätzen.“
Das Verhältnis von Macron zu Deutschland gilt als sehr gut, doch sein wirtschaftlicher Kurs war bisher
neutral. Er hat sich als Anti-Establishment-Politiker der Mitte positioniert. Allerdings zeigt er sich bisher
wenig reformfreudig. Mit Unterstützung Deutschlands wird es ihm hoffentlich gelingen, einige Dinge
anzugehen. Inwieweit Veränderungen durchgesetzt werden, ist jedoch ungewiss.
Banken- und Telekomsektor erwarten „Macron-Boost“
Der Wahlsieg Macrons könnte für den französischen Bankensektor von entscheidender Bedeutung sein.
Dafür spricht die starke Rally von Bankaktien im Anschluss an die erste Runde der
Präsidentschaftswahlen. Macron befürwortet eine allmähliche Deregulierung. Das begrüßt der
französische Bankensektor eindeutig. Durch seinen Sieg dürften sich auch die Spreads der
französischen Staatsanleihen verengen. Das bedeutet niedrigere Eigenkapital- und Finanzierungskosten
für den Sektor und ist besonders wichtig, da die französischen Banken generell mehr Marktfinanzierung
in Anspruch nehmen als andere europäische Geldinstitute.
Auch der Telekommunikationssektor dürfte von Macrons Sieg profitieren. Bereits seit einiger Zeit gibt es
in Frankreich Unterstützung für eine stärkere Konsolidierung des Sektors. Bisherige Bemühungen
scheiterten aber auf politischer Ebene. Angesichts seiner wirtschaftsfreundlichen Haltung ist es
wahrscheinlich, dass Macron der Branchenkonsolidierung offener gegenübersteht. Das dürfte den
größeren etablierten Unternehmen des Sektors zugutekommen.
Wie geht es in Europa weiter?
Wenn die Erleichterung über den Wahlsieg Macrons nachlässt, werden sich die Anleger rasch den
anderen Risiken in Europa zuwenden. Neben den anstehenden Wahlen in Italien geht auch von Spanien
ein Risiko aus: Hier könnte es zu Unruhen kommen, wenn Katalonien sein Unabhängigkeitsreferendum
durchsetzt. Es ist unklar, wie sich die Situation entwickeln wird. Die spanische Regierung will das
Referendum vermeiden. Wird es abgehalten und stimmt die Mehrheit für die Unabhängigkeit, könnte es
zu Nervosität an den Märkten und einer Ausweitung der Spreads kommen. „Derzeit schätzen wir die
europäischen Peripherieländer neutral ein, rechnen aber damit, künftig eine untergewichtete Position
einzunehmen“, so Orchard. „Momentan halten wir eine leichte Long-Position in Italien, Portugal und
Zypern, während wir in Spanien deutlich untergewichtet sind.“
Von besonderer Bedeutung ist das weitere Vorgehen der EZB, das gegen Ende des Jahres wieder in den
Mittelpunkt rücken wird. Orchard dazu: „Die meisten Sell-Side-Analysten erwarten eine Reduzierung der
Anleihekäufe von 60 Mrd. Euro pro Monat auf 0 Euro bis Mitte nächsten Jahres. Wir glauben jedoch, dass
die Reduzierung der EZB-Anleihekäufe sehr viel allmählicher erfolgen wird, sodass die quantitative
Lockerung noch bis ins Jahr 2019 anhalten könnte. Dann könnten die Spreads europäischer
Peripherieländer auf längere Zeit niedrig bleiben. Das würde die Möglichkeit bieten, wieder eine LongPosition in der Peripherie einzugehen, sofern die politischen Risiken nicht eintreten.“
Bei europäischen Aktien sind wir in Frankreich leicht gegenüber der Benchmark übergewichtet. Dabei
ist unser Engagement breit gestreut: Es umfasst sowohl inländische Titel mit starker Marktstellung in
Bereichen wie Telekommunikation und Banken als auch internationale Unternehmen in Sektoren wie
Ingenieurwesen und zyklische Konsumgüter. Zwar legen wir hier keinen ausdrücklichen Schwerpunkt,
finden aber derzeit mehr Chancen in defensiv ausgerichteten Unternehmen wie Telekommunikation. Als
weniger attraktiv beurteilen wir Bereiche, die von einem starken Wachstum abhängen, wie Grundstoffe
und Energie. Hier halten wir die Bewertungen für etwas überzogen.
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