FREITAG, 31. JULI 2015 Feuilleton | Sternenhimmel NUMMER 174 Natur kommt in den Raum Ausstellung Im Künstlerhaus Marktoberdorf laden vier junge Künstler mit Installationen, Gemälden und Grafiken zur Auseinandersetzung ein VON MICHAEL DUMLER Wiedersehen nach einem Jahr: Ai Weiwei wird bei seiner Ankunft am Münchner Flughafen von seinem Sohn und dessen Mutter empfangen. Foto: Christof Stache, afp Ai Weiwei in München Deutschland-Besuch Die erste Station führt den Künstler nach Bayern. Wirbel um Visum München Der chinesische Künstler Ai Weiwei ist auf seiner ersten Reise nach Rückgabe seines Passes am Donnerstag in München gelandet. Am Flughafen erwartete ihn sein sechsjähriger Sohn, den er seit einem Jahr nicht mehr gesehen hatte. Es fühle sich „sehr gut“ an, wieder reisen zu dürfen, sagte der 57-Jährige. Er werde sich in München, wo er vor einigen Jahren operiert wurde, untersuchen lassen und wolle in einigen Tagen nach Berlin weiterreisen, sagte der Künstler. Sein Abflug aus Peking war begleitet von Wirbel über die angebliche Entscheidung der britischen Regierung, dem regimekritischen Künstler nur ein dreimonatiges Visum statt eines sechsmonatigen zu gewähren. Er habe eine „strafrechtliche Verurteilung“ in seinem Visumsantrag verschwiegen, hieß es. London wies diese Angaben zurück. Der Künstler habe sehr wohl ein Visum erhalten, und zwar „für die gesamte Aufenthaltsdauer, die er beantragt hat“. (dpa, afp) Marktoberdorf Das Unscheinbare und Flüchtige in der Natur faszinieren den Augsburger Maximilian Moritz Prüfer. „Naturantypie“ nennt er sein selbst entwickeltes Druckverfahren, mit dem er etwa Spuren von Ameisen, Käfern, Vögeln sichtbar macht. Wie eingraviert erscheinen diese Spuren auf den großen schwarzen Papierflächen. Ab und an kritzelt Prüfer Kommentare hinzu. So gleichen die drei Arbeiten, die er im Erdgeschoss des Künstlerhauses Marktoberdorf zeigt, Sternenbildern. Doch der Abdruck der eigenen Füße des Künstlers – als raumgebende Koordinate – macht klar: Diese faszinierende Spuren-Welt ist ganz nah bei uns. Prüfer, 1986 in Weilheim geboren, interessieren die prozesshaften Veränderungen in der Natur. So bringt er das Kleine, Banale, kaum Beachtete groß heraus, stellt es in Beziehungen zueinander. Auch Spuren von Wassertropfen finden sich in seinen „Naturantypien“. Und mit Tropfen spielt Sebastian Omatsch (Berlin). Seine umwerfende, aus 36 Kassettenrekordern bestehende, über einen Holzsteg begehbare Klanginstallation „36“ irritiert beim Museumseintritt: Unheimliche, akustische Signale schallen aus dem Untergeschoss herauf. Wie entstehen Klänge? Wie formen sie Räume? Wie funktioniert unsere akustische, aber auch optische Wahrnehmung? Fragen, die den Künstler (Jahrgang 1984) um- treiben. Mit seiner nostalgischen Arbeit will er zum Entschleunigen animieren. Ein Stockwerk höher hat er einen umfunktionierten Fahrkarten-Entwerter positioniert. Ein weißes Kärtchen können die Besucher stempeln lassen und erhalten so ein Exemplar seiner Grafik „Junge im Meer“. So ist zwar jeder Druck ein Original, doch mit jedem Stempel entfernt sich das Kunstwerk vom allerersten Original, das gerahmt an der Wand hängt. Mit der radikalen KlinkerbauArchitektur des Künstlerhauses hat sich Marten Georg Schmid auseinandergesetzt. Drei Installationen hat er vor Ort realisiert. Die beeindruckendste, „horizontal – vertikal“, findet sich im Untergeschoss. 13 gleichförmige Elemente, die aus zwei Meter langen und miteinander verschraubten Dachlatten bestehen, hat er hier platziert, in- und aneinandergestellt. Die Maße nehmen Bezug auf das strenge, rechteckige Format der Wandziegel und Bodenfliesen. Linie, Fläche und Raum, daraus besteht der künstlerische Kosmos des 1977 in München geborenen Künstlers, der in Offenburg lebt. Seine aus roten Seilen bestehende Außeninstallation „Aufwärts“ wirkt wie eine in die Realität projizierte Vektorgrafik. Mit virtuosen fotorealistischen Landschaftsporträts beeindruckt Brigitte Stenzel (Jahrgang 1981). Sie zeigt Arbeiten aus ihrem achtteiligen „Jahreszyklus“. Berührend, wie sie das Licht inszeniert, wie sie die Tiefe des Raumes bis zur Grenze des Surrealen malerisch erkundet. Ausgangspunkt ist die Landschaft ihrer Heimat Freising, in der sie sich verankert sieht. Entsprechend hat sich Stenzel in den großformatigen Gemälden selbst verewigt. Ihre stupende Technik wird auch in zwei eigenwilligen rundformatigen Serien sichtbar, die sich mit Blumenkränzen und Vögeln beschäftigen. „Kuns | T | raum“ nennt sich diese anregende Schau, die der Marktoberdorfer Kunstverein anlässlich seines 20-jährigen Bestehens konzipiert hat. Prüfer, Schmid und Stenzel hatten 2011 bereits das Künstlerhaus bespielt und wurden mit Preisen bedacht. Omatsch, der in Marktoberdorf aufwuchs, ergänzt das Trio perfekt. Im angegliederten Altbau gibt es weitere starke Arbeiten der Künstler zu bestaunen. O Eines der Gemälde aus dem „Jahreszyklus“ von Brigitte Stenzel. Foto: Ralf Lienert Bis 20. September im Künstlerhaus Marktoberdorf, Di.–Fr. 15 bis 18 Uhr, Sa. und So. 14 bis 18 Uhr Grandioses Himmelsschauspiel des Perseidenstromes Astronomie Dutzende Sternschnuppen sausen im August über den Himmel. Aber wo sind Jupiter und Venus? Stuttgart In den lauen Sommernächten im August dürfen sich Sternengucker auf besonders viele Sternschnuppen freuen. Sie kommen vom prominenten Meteorstrom der Perseiden. Der Höhepunkt der Perseidenaktivität ist in den Morgenstunden des 13. zu erwarten. Stündlich flammen dann über hundert Meteore auf, darunter auch sehr helle Exemplare. Die Sternschnuppen scheinen dem Sternbild Perseus zu entströmen. Sie flitzen in alle Himmelsrichtungen. Die Perseiden sind recht schnelle Sternschnuppen. Sie treten mit rund 60 Kilometer pro Sekunde – 216 000 Kilometer pro Stunde - in die Erdatmosphäre ein. Mit dieser Geschwindigkeit dauert ein Flug von der Erde zum Mond nur eineinhalb Stunden. In den Tagen vor und nach dem Maximum ist immer noch mit rund fünfzig Meteoren pro Stunde zu rechnen. Die Perseiden sind abgelöste Trümmerstücke des Kometen 109P/Swift-Tuttle. Im Volksmund werden sie auch Laurentius-Tränen genannt. Der Märtyrer Laurentius wurde am 10. August 258 auf glühendem Rost zu Tode gefoltert. Saturn ist im August Paradeplanet der ersten Nachthälfte. Mit Einbruch der Dunkelheit sieht man den ringgeschmückten Planeten am Südwesthimmel im Sternbild Waage an der Grenze zum auffälligen Skorpion. Anfang des Monats geht Saturn eine Stunde nach Mitternacht unter, zu Monatsende aber bereits um 23 Uhr. Am 22. passiert der zunehmende Halbmond den Ringplaneten in zwei Grad nördlichem Abstand. Mars kann unter extrem guten Sichtbedingungen ab 20. August in der Morgendämmerung tief am Nordosthimmel mit einem Fernglas erspäht werden. Im Mai nächsten Jahres wird der Rote Planet dann zu einem auffällig hellen Gestirn werden, das die Blicke auf sich zieht. Venus, die mit ihrem Glanz in den vergangenen Monaten den Abendhimmel beherrschte, ist von der Himmelsbühne abgetreten und bleibt unsichtbar. Erst Ende August erscheint Venus am Morgenhimmel. Sie bleibt Morgenstern bis weit ins Frühjahr 2016. Jupiter, der Anfang Juli von Venus überholt wurde, hat sich ebenfalls vom Abendhimmel zurückgezogen und kann nicht mehr gesehen werden. Am 26. August wird der Riesenplanet von der Sonne im Sternbild Löwe eingeholt. Er steht mit ihr am Taghimmel und bleibt nachts unter dem Horizont. Auch Merkur bleibt in unseren Breiten unsichtbar. In den Mittelmeerländern und in den Tropen kann man den flinken Planeten Ende August für rund eine Viertelstunde in der Abenddämmerung knapp über dem Westhorizont erkennen. Der Mond kommt am 2. August mittags mit 362 140 Kilometern Abstand in Erdnähe, am 18. frühmorgens passiert er seinen erdfernsten Punkt. Dabei trennen ihn 405 850 Kilometer von uns. Am 14. tritt um 16.53 Uhr die Neumondphase ein. Vollmond wird am 29. um 20.35 Uhr im Sternbild Wassermann erreicht. Die Vollmondscheibe erscheint besonders groß, da der Mond einen Tag später zum zweiten Mal im August in Erdnähe kommt - mit einer Entfernung von nur 358 300 Kilometern. Am Fixsternhimmel dominiert das Sommerdreieck mit Wega in der Leier, Deneb im Schwan und Atair im Adler. Zu Monatsbeginn steht es gegen 23 Uhr hoch im Süden, Ende August bereits zwei Stunden früher. Weit im Westen funkelt der Bärenhüter, besser unter dem Namen Arktur bekannt. Arktur leuchtet orange-rot und ist der Hauptstern des Sternbildes Bootes oder Rinderhirt. Er zählt zu den fünf hellsten Sternen am irdischen Himmel und ist etwa gleich hell wie die bläuliche Wega. Im Südwesten bereitet sich der Skorpion auf seinen Untergang vor. Nahe dem Stern Acrab im Skorpion leuchtet ein helles Gestirn, das in keiner Sternkarte eingetragen ist. Es ist Saturn, der Ringplanet, der sich in diesem Jahr hier aufhält. Dem Skorpion folgt im Tierkreis der Schütze. Im Schützen hält sich zur Zeit der ferne Zwergplanet Plu- N schwächsten Sterne, die man an unserem aufgehellten Nachthimmel mit bloßen Augen sehen kann. Östlich vom Schützen nimmt der lichtGR. PERSEUS BÄR schwache Steinbock seinen Platz GIRAFFE ein. Dem Steinbock folgt im Südosten der Wassermann, der ebenfalls PolarGR. WAGEN zu den lichtschwachen Sternbildern stern KL. KASSIWAGEN zählt. OPEIA DREIECK Im Osten steigt das markante HAAR DER Sternenquadrat des Pegasus empor. ANDROMEDA BERENIKE Es wird auch als Herbstviereck beDRACHE EIDECHSE KEPHEUS BOOTES zeichnet. Denn der Pegasus ist das Leitbild des Herbststernenhimmels. Der Große Wagen sinkt im NordO W HERKULES SCHWAN FISCHE westen herab während das HimSCHLANGE mels-W, die Königin Kassiopeia, im PEGALEIER SUS Nordosten immer höher steigt. Das schimmernde Band der sommerliÄQU PFEIL ATO chen Milchstraße zieht sich im hoR hen Bogen über das vormitternächtSCHLANGENliche Himmelsgewölbe. Allerdings ADLER TRÄGER WASSERMANN Saturn bietet sich in unseren lichtüberfluteSCHILD ten Städten nur noch selten die GeSTEINBOCK legenheit, dieses Naturphänomen EKLI wahrzunehmen. PTIK Die Sonne wandert am absteigenSCHÜTZE den Ast ihrer Jahresbahn und nähert S sich dem Himmelsäquator, den sie So sieht der Sternenhimmel im August .aus. Grafik: AZ-Grafik/dpa im September erreicht. Die Mittagshöhen der Sonne nehmen dabei um to auf, an dem am 14. Juli 2015 die den, vorausgesetzt, man verfügt gut neun Grad ab. Am 11. August Raumsonde „New Horizons“ vor- über ein Teleskop mit mindestens verlässt die Sonne das Sternbild beiflog, der erste Besuch eines irdi- 25 Zentimeter freier Öffnung und Krebs und wechselt in das Sternbild schen Spähers bei Pluto. Anfang eine gute Sternkarte. Wegen seiner Löwe. Am 23. tritt sie mittags in das August steht Pluto knapp südlich enormen Entfernung von 4770 Mil- Zeichen der Jungfrau. Die Tagesdes Sternes Sigma1 Sagittarii. Der lionen Kilometern ist Pluto nur 14. länge nimmt im August in Stuttgart prominente Zwergplanet kann jetzt Größenklasse und damit fast 10 000 um eine Stunde und 36 Minuten ab. am Abendhimmel beobachtet wer- Mal Hans-Ulrich Keller/dpa lichtschwächer als die Sternwarten und Planetarien in der Region ● Sternwarte Oberallgäu Knottenried/Bergstätte, Immenstadt. Öffentliche Himmelsbeobachtungen finden nur noch an bestimmten Freitagen statt, diese sind auf der Internetseite unter „Kalender“ zu finden. Öffnungszeiten während der Sommerzeit ab Einbruch der Dunkelheit, November bis März ab 20 Uhr. Tel. 0 83 23/60 98 05; www.sternwarte-oberallgäu.de ● Sternwarte Violau (Bruder-KlausHeim, Jugenderholungs- und Bildungsstätte der Diözese Augsburg). Termine nach Vereinbarung, für Schulklassen auch tagsüber. Anmeldung und Information unter Tel. 0 82 95/8 40 oder 0 82 95/10 97 ● Volkssternwarte Diedorf (Schule an der Pestalozzistraße), betrieben von der Astronomischen Vereinigung Augsburg. Geöffnet: Freitags ab 20 Uhr. Auskünfte und Anmeldung für Sonderführungen unter Tel. 0 82 38/73 44 während der Öffnungszeiten. www.sternwarte-diedorf.de ● Sternwarte und Planetarium Laupheim (Milchstraße 1, 88471 Laupheim). Planetarium: Mittwoch und Freitag (19.30 Uhr), Samstag (19 und 20.15 Uhr), Sonn-/Feiertag (14.30 und 16 Uhr). Sternwarte: geöffnet bei klarem Wetter, feiertags geschlossen. Beobachtungsabende: Mittwoch und Freitag ab 20 Uhr (Oktober bis März), Sonnenbeobachtungen: Sonntag 15 bis 17 Uhr (April bis September). Kinderprogramm „Einmal Pluto und zurück“ jeden ersten Sonntag im Monat ab 13.30 Uhr (siehe Homepage). Anmeldungen unter 0 73 92/9 10 59. www.planetarium-laupheim.de ● Allgäuer Volkssternwarte Ottobeuren e.V. Bgm.-Hasel-Straße 17. Öffnungszeiten: Freitag (19.30 Uhr). Auskünfte und Anmeldungen unter 0 83 32/9 36 60 58; www.avso.de vorverkauf im Naturmuseum. www.sska.net/ifb/planetarium/ ● Sparkassen-Planetarium Augsburg im Naturmuseum (Eingang durch die Augusta-Arcaden). Vorführungen Dienstag, Mittwoch, Donnerstag: 15 Uhr; Freitag: 15 Uhr, 19.30 Uhr und 21 Uhr; Samstag: 13.30 Uhr, 15 Uhr, 16.30 Uhr, 18 Uhr, 19.30 Uhr, 21 Uhr; Sonntag: 13.30 Uhr, 15 Uhr, 16.30 Uhr, 18 Uhr, 19.30 Uhr; Veranstaltungen für Schulen und Kindergärten nach Voranmeldung: Montag bis Freitag 8.30 Uhr, 10 Uhr, 11.30 Uhr und 13 Uhr. Telefon 08 21/3 24 67 62. Karten- ● Volkssternwarte und Planetarium Streitheim, Weilerhofstraße 21, 86441 Streitheim (Markt Zusmarshausen, Landkreis Augsburg), regelmäßige Öffnungszeiten und Führungen für alle Alters- und Interessensgruppen; Anmeldungen: [email protected], Tel. 0 82 36/96 21 49, www.volkssternwarte-streitheim.de ● Volkssternwarte der Astronomischen Gesellschaft Buchloe (Geschäftsstelle Alois-Reiner-Str. 15b). Beobachtungsabende bei gutem Wetter jeden Dienstag. Mai bis August um 22 Uhr. Gruppenführungen nach Vereinbarung unter 0 82 41/79 24; www.astronomie-buchloe.de ● Volkssternwarte Gundremmingen (beim Wertstoffhof), Öffnungszeiten: Freitag bei klarem Himmel, Oktober bis März ab 20 Uhr, April bis Mai, August bis September ab 21 Uhr, Juni/Juli geschlossen. Sonnenbeobachtung: jeden ersten Sonntag im Monat von 14 bis 15 Uhr. Telefon: 0 82 21/3 31 22 oder 0 82 21/53 81, www.volkssternwarte-gundremmingen.de