Register manchen kulturbeflissenen Landespolitiker in Sachsen-Anhalt, Berlin oder Bremen das Fürchten. Die zuletzt verabschiedete Föderalismusreform II nannte der in Dresden, Bonn und München tätige Professor für Volkswirtschaftslehre „faulen Wein“ für die Wähler. Helmut Seitz starb am 1. April in Dresden an den Folgen eines Sturzes von seinem Balkon. Helmut Seitz, 52. Wäre es nach ihm gegangen, so hätte Berlin schon längst keine drei Opernhäuser mehr. Als knallharter Sparer wurde der aus der Pfalz stammende Finanzwissenschaftler immer wieder zu Rate gezogen, wenn es darum ging, hochverschuldete Bundesländer vor dem Ruin zu retten. Dabei lehrte der „Spar-Papst“ so 146 d e r Maurice Jarre, 84. „Mein Leben war eine einzige lange Filmmusik“, sagte Maurice Jarre einmal im Rückblick auf seine Karriere. Für mehr als 150 Filme schrieb der Komponist die Soundtracks, majestätisch-erhabene Partituren ebenso wie virtuos-experimentelle Klang-Collagen. Der internationale Durchbruch gelang ihm mit der Musik zu David Leans Wüstenepos „Lawrence von Arabien“ (1962), für die er den ersten seiner insgesamt drei Oscars gewann. Später komponierte Jarre, ein Meister der großen Geste, für Klassiker wie „Doktor Schiwago“, „Topas“, „Die Blechtrommel“, „Der einzige Zeuge“ und „Der Club der toten Dichter“. Die Zumutungen Hollywoods konterte der Franzose, der seit Jahrzehnten in Kalifornien gelebt hatte, mit Humor: „Wenn ein Film schlecht ist, gibt es immer einen Produzenten, der noch nervöser wird als gewöhnlich und der glaubt, der Film würde ein Meisterwerk, wenn man die Musik auswechselt.“ Im Februar wurde Jarre bei der Berlinale mit einem Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Maurice Jarre starb in der Nacht zum 29. März in Malibu an Krebs. BRISSAUD / STILLS / GAMMA / LAIF Helen Levitt, 95. Sie verbrachte, aus Überzeugung, fast ihr ganzes Leben in New York. Aber nichts lag der Fotografin ferner, als ihre Heimatstadt zum Mythos zu verklären. Klar, direkt und unsentimental sind die Schwarzweißfotos, die Levitt bereits in den vierziger Jahren bekannt und zu einer der bedeutendsten Vertreterinnen der Street Photography machten: Alltagsszenen mit spielenden Kindern aus Spanish Harlem und von der Lower East Side, aufgenommen mit einer kleinen, unauffälligen Leica-Kamera. Henri CartierBresson brachte Levitt die Bedeutung des „entscheidenden Moments“ nahe; ihr anderer Lehrmeister, Walker Evans, riet ihr, keine politischen Botschaften in die Bilder zu packen. In den vierziger Jahren arbeitete sie auch als Cutterin bei Luis Buñuel und machte einige bedeutende Experimental- und Dokumentarfilme. 1997 wurden ihre Werke noch einmal auf der Documenta in Kassel gefeiert. Helen Levitt starb am 29. März in New York. Niki List, 52. Gleich mit seinem ersten DPA Raúl Alfonsín, 82. Der Politiker wurde weit über die Landesgrenzen Argentiniens hinaus als Symbol für Frieden und Demokratie bekannt. 1983 nach siebenjähriger Militärdiktatur ins Präsidentenamt gewählt, stellte er in einer beispielhaften Kampagne die Verantwortlichen der Junta vor Gericht und trieb die öffentliche Aufarbeitung der Diktatur voran. „Wenn Politik kein Dialog ist, endet sie in Gewalt“, war eine der Überzeugungen des bescheiden auftretenden Staatsmannes. Auch verurteilte er – im Gegensatz zu vielen seiner Landsleute – den Krieg mit Großbritannien um die Falklandinseln. Der studierte Jurist profilierte sich in seiner Partei UCR (Radikale Bürgerunion) vor allem als Vorkämpfer für Menschenrechte, wirtschaftlich jedoch hinterließ seine Präsidentschaft 1989 ein Desaster. Raúl Alfonsín starb am 31. März in Buenos Aires an Lungenkrebs. CARLOS CARRION / SYGMA / CORBIS gestorben Spielfilm gelang dem österreichischen Drehbuchautor, Regisseur und Produzenten 1982 ein Publikumserfolg: „Café Malaria“, der mit schwarzem Humor die Wiener Szene durch den Kakao zieht, wurde mit dem Max-Ophüls-Preis ausgezeichnet. „Müllers Büro“, eine Parodie auf Hollywoods Musicals mit Barbara Rudnik in der Hauptrolle, reüssierte 1986 und gehört seitdem zu den erfolgreichsten österreichischen Filmen. Mit der Heimatfilmsatire „Helden in Tirol“ konnte er vor zehn Jahren noch einmal an diese Erfolge anknüpfen, während der Nachfolger „Nick Knatterton“ überhaupt nicht angenommen wurde. List, der Theaterwissenschaften studiert hatte, drehte auch ernsthafte Filme. So dokumentierte er mit seiner Trilogie „Mama lustig?“, „Muss denken“, „Mein Boss bin ich“ über einen Zeitraum von 17 Jahren das Leben eines Mannes mit Down-Syndrom. Niki List starb überraschend am 1. April in Wien. s p i e g e l 1 5 / 2 0 0 9