Funktionen, Ausbildungsziele und Schlüsselqualifikationen

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Schweizerischer Hebammenverband
Fédération suisse des sages-femmes
Federazione svizzera delle levatrici
Federaziun svizra da las spendreras
Funktionen, Ausbildungsziele und Schlüsselqualifikationen
Funktionen, Ausbildungsziele und Schlüsselqualifikationen sind nebst der
Berufsdefinition Kernpunkte der Bestimmungen für die Ausbildung der Hebammen
des Schweizerischen Roten Kreuzes (Inkraft-setzung Juli 1998) und sind
Grundlage für die zukünftige Hebammenausbildung.
Die 6 Funktionen umschreiben die Hauptausrichtung des Hebammenberufs, sie
ergänzen sich gegenseitig. Die Ausbildungsziele sind daraus abgeleitet. Die
Schlüsselqualifikationen
ergänzen
die
Ausbildungsziele,
sie
sind
berufsübergreifend und fördern die Fähigkeit, Veränderungen im Beruf zu
begegnen und die persönliche Handlungsautonomie zu wahren.
Funktion 1
Die diplomierte Hebamme betreut die gesunden Frauen und Neugeborenen
selbständig, eigenverantwortlich und ganzheitlich von der Empfängnis an, vor,
während und nach der Geburt unter Einbeziehung der Familie.
1. Die diplomierte Hebamme nimmt rasch einen persönlichen, auf die Frau
und Familie bezogenen Kontakt auf.
2. Sie beurteilt jede Situation und gewährleistet unter physiologischen
Bedingungen selbständig die Ueberwachung von Schwangerschaft, Geburt
sowie Wochenbett und leitet die Geburt eigenständig.
3. Sie unterstützt den physiologischen Verlauf von Schwangerschaft, Geburt
und Wochenbett.
4. Sie stellt anhand ihres Fachwissens, ihrer sensorischen Fähigkeiten,
ihrer intellektuellen Analyse und ihrer Erfahrung unter Einbezug der
medizinisch-technischen Errungenschaften fortlaufend Diagnosen, leitet
davon vorausschauend den Verlauf ab und handelt adäquat.
5. Sie setzt bei ihren Entscheidungen und Handlungen Prioritäten, die sich
ergeben aus:
- dem Gesundheitszustand von Mutter und Kind
- den sozio-kulturellen Voraussetzungen der Frau
- den Gegebenheiten, die der Ort des Geschehens bietet.
Dabei
respektiert
sie
die
Persönlichkeit,
Autonomie
und
Entscheidungsfreiheit der Frau.
Z e n t r a l s e k r e t a ri a t
F l ur s t r a s s e 2 6
3000 Bern
T e l e f o n 0 3 1 3 3 2 6 3 40 F a x 0 3 1 33 2 7 6 1 9 h e ba m m e n @ b l u e w i n . c h P C 3 0 - 1 9 1 2 2- 7
6. Sie wendet adäquate therapeutische Massnahmen an und
Frau, dem Kind und der geburtshilflichen Situation an.
passt
sie
der
7. Während der ganzen Zeit der Mutterschaft begleitet sie das Paar / die
Familie unter besonderer Berücksichtigung der veränderten Situation;
sie fördert die Entwicklung der Beziehungen zwischen Mutter, Kind und
Vater und erfasst komplexe Situationen rasch.
Funktion 2
Die diplomierte Hebamme betreut Frauen und Kinder in geburtshilfichen und
medizinischen Risiko- und Krisensituationen in Zusammenarbeit mit den
Geburtshelferinnen/Geburtshelfern
und
Gynäkologinnen/-Gynäkologen
sowie
anderen Spezialärztinnen und Spezialärzten.
1. Die diplomierte Hebamme erkennt frühzeitig Normabweichungen (Abweichung
vom Regelrechten) und diagnostiziert pathologische Prozesse.
2. Sie zieht die entsprechenden Aerztinnen und Aerzte bei und informiert
sie entsprechend der Dringlichkeit.
3. Sie
führt
bis
zum
Eintreffen
der
situationsadäquate Notfallmassnahmen aus.
Aerztin
bzw.
des
Aerztes
4. Sie beteiligt sich aktiv an geburtsmedizinischen Entscheidungen und
übernimmt delegierte Aufgaben; sie behält den eigenständigen Bereich.
5. Sie bleibt Referenzperson der Frau und der Familie, setzt Prioritäten
und delegiert Aufgaben.
6. Sie arbeitet im interdisziplinären Team.
Funktion 3
Die diplomierte Hebamme erfasst die Frau in ihrem familiären
gesellschaftlichen Umfeld. Sie erkennt psycho-soziale Krisensituationen.
und
1. Die diplomierte Hebamme schafft durch ihr Wissen, ihre Erfahrungen und
ihr Verhalten die Bedingungen, die es der Familie der Frau ermöglichen,
die neue Situation anzunehmen und aktiv zu gestalten.
2. Sie erkennt und respektiert den sozio-kulturellen Hintergrund der Frau
und der Familie und arbeitet unter den gegebenen Umständen zum Wohle
von Mutter und Kind.
2
3. Sie schafft in schwierigen Situationen eine Atmosphäre des Vertrauens
und steht der Frau / Familie beratend zur Seite. Sie arbeitet mit den
entsprechenden Fachpersonen zusammen.
4. Sie respektiert und unterstützt die Frau in ihrem Entscheidungsprozess.
Funktion 4
Die diplomierte Hebamme fördert die Gesundheit von Mutter, Kind und Familie.
1. Die diplomierte Hebamme informiert und berät die Frau über die Vorgänge
in der Schwangerschaft, den Verlauf von Geburt und Wochenbett sowie
über die Entwicklung des Neugeborenen.
2. Sie nimmt die Aufgaben wahr im Bereich der Geburtsvorbereitung,
Stillberatung sowie der Rückbildung und vermittelt die Prinzipien
weiter.
3. Sie informiert und berät die Frau
Familienplanung und Sexualität.
/
das
Paar
im
Hinblick
auf
die
4. Sie informiert und berät die Frau bei Fragen der Gesundheitserhaltung
und -förderung und gibt Auskunft in bezug auf Arbeitsrecht und
Sozialdienste.
5. Sie schlägt Präventivmassnahmen zur Verhinderung von Krankheiten von
Mutter und Neugeborenem vor.
6. Sie berät Frauen und Paare bei Fragen zur pränatalen Diagnostik; sie
begleitet sie und unterstützt individuelle Entscheidungen.
Funktion 5
Die diplomierte Hebamme trägt die Verantwortung für die Organisation ihrer
Arbeit und ihres Arbeitsgebietes. Sie wirkt als aktives Mitglied in jeder
Struktur mit.
1. Die diplomierte Hebamme
Berufes und hält sie ein.
kennt
2. Sie plant und koordiniert den
Gesamtplanung.
die
rechtlichen
eigenen
Bestimmungen
Arbeitsablauf
als
Teil
ihres
einer
3. Sie erledigt die administrativen Aufgaben in ihrem Arbeitsbereich.
4. Sie arbeitet nach wirtschaftlichen und ökologischen Grundsätzen.
3
5. Sie verfügt über Grundkenntnisse zur Uebernahme von Führungsaufgaben.
6. Sie kennt und nutzt institutionelle sowie nicht-institutionelle
Einrichtungen und arbeitet mit diesen sowie mit den Angehörigen der
verschiedenen Institutionen des Gesundheits-, Sozial- und Erziehungswesens zusammen.
7. Sie kennt die organisatorischen Strukturen und ihre Aufgaben in der
Katastrophenmedizin.
Funktion 6
Die diplomierte Hebamme fördert die Qualität und die Effizienz
Berufsausübung und beteiligt sich an der Entwicklung des Berufs.
1. Die diplomierte Hebamme
handelt entsprechend.
kennt
Grundlagen
2. Sie
erfasst
konkrete
Situationen
Erfahrungen und ihrer Intuition.*
der
anhand
der
Qualitätssicherung
ihres
Wissens,
und
ihrer
3. Sie begründet ihre Vorgehensweise und beurteilt das Ergebnis ihres
Handelns
und
ihrer
Haltung
und
schätzt
die
daraus
folgenden
Konsequenzen ein.
4. Sie
definiert
ihr
eigenes
Berufsverständnis
Notwendigkeit lebenslangen Lernens.
und
erkennt
die
5. Sie erkennt die Interessen ihres Berufsstandes und informiert sich zu
berufspolitischen Entwicklungen.
6. Sie kennt die Strukturen des Gesundheitswesens.
7. Sie verfügt über Grundlagenkenntnisse der Forschungsmethodik.
8. Sie interessiert sich für die Entwicklung in ihrem beruflichen Bereich
und unterstützt Forschungsarbeiten im Rahmen der institutionellen
Möglichkeiten.
*Intuition wird wie folgt umschrieben: Rasche analytische Denkweise, die sich
auf
gefestigte
Kenntnisse
und
breite
Erfahrung
abstützt
und
die
voraussichtliche Entwicklung einer Situation erahnt.
4
Schlüsselqualifikationen
Die Ausbildung fördert als Schlüsselqualifikationen die Fähigkeit, ständig
nach einer Balance zu suchen* zwischen
geschehen lassen - intervenieren
z.B.
- Verwantwortung übernehmen - Verantwortung übergeben und teilen
- abwägen zwischen der eigenen Entscheidung und derjenigen der Frau
- Entscheidungen treffen - Entscheidungen akzeptieren
- eigene Meinungen äussern - andere Meinungen gelten lassen
sich engagieren - sich abgrenzen
z.B.
- mit eigener Betroffenheit umgehen: sich in eine Situation einlassen
- sich zurückziehen
- Probleme angehen - Probleme stehen lassen
- eigene Kompetenzen wahrnehmen - interdisziplinäre Zusammenarbeit
suchen
intuitiv handeln - regelgeleitet handeln
z.B.
- berufliche Kompetenzen erlangen - seine eigenen Grenzen erkennen
- auf der Grundlage von Erfahrungen handeln - auf der Grundlage von
Prinzipien handeln
- erkennen und verbinden von Gewohntem und Ungewohntem
beweglich sein - beharrlich sein
z.B.
- sich mit seinen Werten und Normen auseinandersetzen - diejenigen der
andern akzeptieren
- Bewährtes überprüfen und erhalten - Neues aufnehmen und entwickeln
- Verbindungen schaffen zwischen der Berufsrolle und gesellschaftlichen Entwicklungen
* Die Suche nach der Balance bedeutet eine ständige Bewegung zwischen zwei
gleichwertigen Polen.
Bern, Dezember 1998
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Zugehörige Unterlagen
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