Exposé - Thomas A. Bauer

Werbung
Exposé
Themenfeld „Mediensozialisation“ Artikel 1
Die Geschlechterkonstruktion in der Moderne Einführende Betrachtungen zu einem sozialwissenschaftlichen
Phänomen
Von Jürgen Budde
Gruppenarbeit für die Vorlesung PAED (220147)
Unter der Leitung von o. Univ. Prof. Dr. Thomas A. Bauer
Im Wintersemester 2007/2008
A – 033 641 Publizistik und Kommunikationswissenschaft
Kerschbaumer Stefan (0707016)
Künstler Claudia (0601909)
Löffler Iris (0503637)
Pavic Elvis ((0605992)
Punzengruber Christoph (0301406)
Rublow Julia (0605263)
Scheikl Christian (0707246)
Steiner Anna (0603378)
Stürmer Irina (0606710)
Sugar Sheehan Siobhan (0509863)
Exposé – Die Geschlechterkonstruktion in der Moderne
Exposé
Die Geschlechterkonstruktion in der Moderne
Einführende Betrachtungen zu einem sozialwissenschaftlichen Phänomen
Zentrale Problemstellung und Begriffe die der Argumentation zugrunde liegen:
Die zentrale Problemstellung in dem Text von Jürgen Budde beschäftigt sich damit, dass es
sich bei Geschlecht weder um biologische noch um essentialistische Tatsachen sondern um
ein gesellschaftliches Konstrukt handelt was als männlich oder weiblich zu gelten hat. Der
Text versucht die Entwicklung des gängigen Geschlechterverständnisses zu analysieren,
indem der Autor einen bestimmten Blickwinkel darauf wirft.
Bis zum 18. Jahrhundert, war das Ein-Geschlecht-Modell vorherrschend. Erst in dem Zeitalter
der Aufklärung ging man dazu über das Zwei-Geschlechter-Modell zu etablieren.
Die heute gängige Geschlechterordnung weist vier besondere Merkmale auf:
An erster Stelle nennt Jürgen Budde das Merkmal der Dichotomie. D.h. es existieren exakt
zwei Geschlechter, die im Gegensatz zueinander stehen. Die Verschiedenheit der beiden
Geschlechter wird als Tatsache angenommen, egal ob biologisch oder essentialistisch
betrachtet. Die Aufspaltung in männlich und weiblich hat eine Zweiteilung der Welt zur Folge
die sich auch in der scheinbar geschlechtsneutralen Öffentlichkeit manifestiert hat. Als
Beispiele nennt Jürgen Budde Bereiche wie: Raumordnung, Toilettennutzung, usw.
Als nächstes Merkmal, das mit der neuen Geschlechterordnung einhergeht, wird die
Exklusivität genannt. Dies bedeutet, sobald etwas einem Geschlecht zugeordnet wurde, kann
es nicht gleichzeitig dem anderen Geschlecht zugeschrieben werden.
Beim dritten Merkmal, der Heteronormalität, wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass
sich Männlichkeit und Weiblichkeit trotz ihrer prinzipiellen Verschiedenheit ergänzen und
nur in dieser Konstellation vollständig sind. Weiters ist davon die Rede, dass ausschließlich
die heterosexuelle Beziehung als normale Lebens- und Begehrensform zu gelten habe.
Das letzte Merkmal, die Hierarchie, beschreibt die Machtverhältnisse der beiden
Geschlechter. Grundsätzlich wird Männlichkeit als das dominierende Prinzip angesehen,
welches der Weiblichkeit übergeordnet ist. Ferner findet das hierarchische System innerhalb
der Geschlechter statt. Zu erwähnen sei an dieser Stelle auch, dass im Text präsentierte:
“System hegemonialer Männlichkeit“ nach Connell. Nach diesem gebe es unterschiedliche
Formen von Männlichkeit die nicht alle gleich mächtig sind, aber deren grundsätzlich eine
Sache gleich ist: Sie profitieren alle von der Unterdrückung der Frauen.
2 von 6
Exposé – Die Geschlechterkonstruktion in der Moderne
Allerdings wird abschließend darauf verwiesen, dass die oben angeführten Merkmale keine
allgemeine Gültigkeit in Bezug auf die Betrachtung der Geschlechter in der Moderne
enthalten. Im Zuge der feministische Bewegung und der Modernisierung wurde ein
flexibleres Geschlechtermodell etabliert, welches die Ungleichheit zwischen männlich und
weiblich aufhebt und die Gleichberechtigung anstrebt.
Geschlecht als Kategorie ist ein soziales Konstrukt, welches nicht eingeschränkt durch
bestimmte Merkmale definiert werden kann. Budde geht davon aus, dass sich „Geschlecht
nicht von anderen identitären Merkmalen, wie Klasse, Ethnie, sexuelle Orientierung und
Gesundheit unterscheidet“ (Budde, Jürgen; In Luca, Renate, 2003, S14). Geschlecht wäre in
diesem Sinne etwas das es immer gibt, unveränderbar ist bzw. als etwas angesehen wird, was
normal ist.
Geschlecht, ist nach West und Zimmermann keine passive Tatsache, sondern wird in jeder
Situation von den beteiligten Personen aktiv definiert. Umschrieben wird dieser Vorgang, mit
dem Begriff: „doing gender“. Umstritten ist allerdings, ob es auch eine Situation des „undoing
gender“ gibt- sind Situationen und soziale Konstruktionen möglich, die keine geschlechtliche
Komponente aufweisen? Hierbei wird der Begriff der Performativitivität erwähnt. Als
Performativität wird im Grunde der Vollzug einer Handlung durch den Sprechakt bezeichnet.
(„Und der Herr sprach, es werde Licht und es ward Licht“) Butler und Foucault vertreten in
diesem Aspekt eine ähnliche Sichtweise: Beide gehen davon aus, dass nur durch die Sprache
soziale Situationen, Konstruktionen und Tatsachen in ihrer Unterschiedlichkeit begrenzt
werden. Beispielsweise wird das Geschlecht durch die Sprache markiert, organisiert und von
anderen „Dingen“ abgegrenzt. Butler nimmt auch an, dass „Akte der Konstruktion von
Geschlecht in einem intertextuellen Raum stattfinden“. (Butler, Judith, In Budde, Jürgen, In
Luca, Renate, 2003, S17) So kann nach diesen Standpunkten nichts existieren, bevor es nicht
durch die Sprache bezeichnet wurde. Hier ist wieder der Begriff von Performativität von
Bedeutung, denn ohne diese Eigenschaft hätte die Sprache keine Macht, keine Materialität.
Um Macht und Materialität voraussetzen zu können muss der Vorgang der Performativität oft
wiederholt werden. In Bezug auf die Geschlechterordnung nimmt die Performativität
beispielsweise bei der Taufe eines Kindes eine wichtige Rolle ein – den nur durch die
Namensgebung und Verkündung ist das Geschlecht des Menschen, nach dem Grundsatz „es
gibt nichts, das vor der Sprache existiert“, festgelegt. Maihofer stellt bei diesen Überlegungen,
die extreme Wichtigkeit der Sprache in Frage: „Sprache wird quasi zum neuen Subjekt, zur
3 von 6
Exposé – Die Geschlechterkonstruktion in der Moderne
neuen Wahrheit“ (Maihofer, Andrea, In Budde, Jürgen, In Luca, Renate, 2003, S 18.) Die
reine Bezeichnung des Geschlechts durch sprachliche Diskurse, ist für Maihofer auch eine zu
eingeschränkte Sichtweise. Sie lehnt den Begriff des Diskurses an den Denkansätzen
Foucaults an und bezeichnet damit auch Vorgänge wie: „Handlungsweisen, Körperpraxen,
Naturverhältnisse, Architektur ect.“ (Maihofer, Andrea, In Jürgen Budde, In Luca, Renate,
2003, S18.)
Im Folgenden beleuchtet Budde das Geschlecht unter anderem in Bezug auf Materialität und
Habitus. Maihofer führt in diesem Zusammenhang den Begriff von Geschlecht als
„gesellschaftlich-kulturelle Existenzweise“ ein. Durch die Existenzweise soll ausgedrückt
werden, welche wichtige Rolle die Materialität, also die Körper haben.
Jürgen Budde ist der Ansicht, dass der Körper mit der Sprache in einem direkten
Zusammenhang steht. „…zum einen kann sich die Verkörperung von Geschlecht nicht
außerhalb der Sprache begeben, andererseits wirken Zeichen nur dadurch, dass sie erscheinen,
und sie erscheinen mit materiellen Mitteln.“ (Budde, Jürgen, In Luca. Renate, 2003, S 20.)
Bourdieu ist der Meinung, dass die soziale Welt den Körper wie eine Gedächtnisstütze
behandelt. Zwei deutlich unterscheidbare Geschlechter entstehen dadurch, dass die soziale
Welt Einfluss auf die Körper nimmt, wodurch diese dann als Symbole für die
zweigeschlechtliche Ordnung gesehen werden. Eine wichtige Rolle spielt hierbei auch der
Habitus, da er die Verbindungsstelle zwischen der gesellschaftlichen Welt und den Personen
bezeichnet. Der Habitus regelt automatisch die Versicherung des Geschlechts anderer mit
Hilfe von den verschiedensten Kategorien wie z.B. Geschmack, Körperhaltung, usw. Da es
sich hierbei um eine sozusagen „Automatisierung“ handelt, welche sich dem Bewusstsein
entzieht, verkörpert wird und auf den immer wieder zurückgegriffen werden kann, ist es nicht
möglich, dass der Habitus vergessen wird.
Die Konstruktion der Geschlechter geschieht in einem Feld der Macht. Laut Foucault werden
die Subjekte erst durch die Unterwerfung unter den Diskurs hervorgebracht. In
Disziplinaranstalten entwickeln sich dann ihre Bedingungen. Weiters ist die Macht nach
Foucault total. Auch bei Butler und Maihofer gibt es nichts, was außerhalb der Macht ist.
Demzufolge wird das Subjekt durch die Macht erschaffen. Jedoch ist das Subjekt nach Butler
nicht dasselbe wie das Individuum, sondern ein bestimmter Personenstatus. Weiterführend
erklären Maihofer und Butler aber auch, dass Geschlecht nicht oder nicht nur von außen
aufgezwungen ist, sondern selbst inszeniert. „Sie existieren gleichsam wirklich für sich und
4 von 6
Exposé – Die Geschlechterkonstruktion in der Moderne
andere als Frau oder Mann.“ (Budde, Jürgen, In Luca, Renate, 2003, S 21.) Besonders
hervorgehoben wird von Maihofer, dass sich die Hierarchie nicht nur auf die unterschiedliche
Wertigkeit der Geschlechter bezieht. Vielmehr wird „Mann“ mit „Mensch“ gleich gesetzt und
„Frau“ mit „dem Besonderen“. Butler hingegen konzentriert sich auf die Spannung der
Subjektposition als Zuschreibung und Handlungsbedingung zugleich mit dem Begriff der
Subjektivation.
Dem Geschlechterverhältnis liegt viel mehr auch eine symbolische Ordnung zugrunde,
wonach bestimmte Eigenschaften notwendig sind um bestimmte Symbole verstehen und
deuten zu können. Der Status innerhalb dieser symbolischen Ordnung und die
Interpretationsprozesse, die diesen bedingen, werden vor allem durch den Habitus geprägt,
der wiederum in einem engen Verhältnis zu den (symbolischen) Kapitalien steht.
Die symbolische Gewalt trägt ebenfalls dazu bei den konstruierten biologischen Unterschied
zwischen Männern und Frauen bzw. zwischen deren Sexualorganen als Teil einer
symbolischen Ordnung zu „errichten“. Demnach ist die Einteilung der Geschlechter keine
bewusste Entscheidung, sondern sie beruht auf der unmittelbaren und vorreflexiven
Unterwerfung der Körper. Innerhalb der symbolischen Ordnung der Geschlechter findet auch
ein Hierarchisierungsprozess statt, der auf der Unterschiedlichkeit zwischen Männern und
Frauen aufbaut. Um den Bestand dieses biologisch und mythologisch begründeten Systems zu
sichern, bedarf es verschiedener Disziplinierungsprozesse. Innerhalb dieses Prozesses zur
Geschlechtertrennung kommt dem männlichen Geschlecht die dominantere Position zu,
weshalb Bourdieu von „männlicher Herrschaft“ spricht und die Rolle der Frau innerhalb
dieses Systems als „Tauschobjekte“ klassifiziert wird. Frauen wären demnach „symbolisches
und soziales (Tausch-) Kapital“ als symbolische Repräsentation für den Mann.
Verwertbarkeit der vorgestellten Thesen für die Kommunikationswissenschaft:
Es gibt mehrere Zugänge zu der Verwertbarkeit des Themas bzw. der Thesen des Textes in
der Kommunikationswissenschaft.
Zunächst ist zu sagen dass
sich die Akzeptanz, vom als normal angesehenen
Geschlechtermodell abweichenden Konstruktionen durchaus im Wandel der Zeit verändert
wobei dies im Zusammenhang mit kulturellen, sozialen und religiösen Hintergründen zu
betrachten ist. Dieser Wandel ist stets in Wechselbeziehung mit den Medien zu sehen und
verhält sich dynamisch. Einerseits reflektieren die Medien Normen und Wertvorstellungen,
andererseits werden die Rezipienten in ihren Einstellungen und Erfahrungen von den Medien
geprägt und beeinflusst.
5 von 6
Exposé – Die Geschlechterkonstruktion in der Moderne
Durch diese Dynamik ist es eine Aufgabe der Kommunikationswissenschaft die
Veränderungen in der Gesellschaft und dadurch auch in den Medien wahrzunehmen und zu
analysieren um den Diskurs aufrechtzuerhalten und die Entwicklungen kritisch zu
hinterfragen.
Weiters werden drei Aspekte angeführt, die im Laufe unserer Diskussionen im Hinblick auf
die Verwertbarkeit zur Sprache kamen.
Als erstes soll die Rezeptionsforschung dargestellt werden, wobei es hier wichtig ist die
bestehende Dichotomisierung der Geschlechter zu überdenken. Die Problematik hierbei liegt
nicht nur bei der Dichotomisierung der Geschlechter als Thema von Forschung, sondern es
muss auch gesehen werden, dass innerhalb von Forschung Dichotomien bestehen die
überwunden werden müssen.
Als
professionelle
Beobachter
sollten
Kommunikationswissenschafter
Geschlechterkonstruktionen in der Werbung beobachten, da hier bewusst mit bestehenden
Geschlechterordnungen gearbeitet wird. Gerade in der Werbung wird der Wandel medialer
Repräsentationen deutlich und kann damit zum Gegenstand von Aussagen über
Rollenverteilungen und herrschenden Konstruktionen gemacht werden. Zuletzt soll das
Verhältnis von Medien und Identität beschrieben werden. Welche Geschlechterkonstruktionen
werden vermittelt und gibt es einen Bruch innerhalb der normativen Muster?
Resümée:
Die im Text behandelten Thesen über das gesellschaftliche Konstrukt der Geschlechter dürfen
nicht als unveränderbare Tatsache betrachtet werden. Vielmehr sollten sie sich am kritischen
Rationalismus orientieren um die Möglichkeit der Falsifikation, im weiteren Sinne der
Verbesserung, nicht auszuschließen, da sich diese Thesen immer an die Veränderungen der
Gesellschaften anpassen müssen.
6 von 6
Zugehörige Unterlagen
Herunterladen