therapie(un)treu?

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THERAPIE(UN)TREU?
Therapietreue bei
psychiatrischen Erkrankungen
www.focuspatient.at
Projektteilnehmer
Verein Achterbahn, Plattform für Menschen mit psychiatrischer Beeinträchtigung
Plüddemanngasse 45/1, 8010 Graz
Betroffene
Dr. Günter Klug, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychotherapeut,
Obmann der „Gesellschaft zur Förderung seelischer Gesundheit“, Obmann des
„Dachverbandes der sozialpsychiatrischen Vereine und Gesellschaft
Steiermarks“, Präsident der „Österreichischen Schizophreniegesellschaft“
FOCUS PATIENT Ltd.,
Österreich: Kaiser-Franz-Josef-Ring 39 / Top 4, 2500 Baden;
United Kingdom: Unit 8, Bridge Street Mills, Union Street,
Macclesfield, Cheshire, SK 11 6QG
Inhalt
Einleitung
1
Krankheitsbilder
2
Unipolare Depression
2
Bipolare Erkrankung
3
Schizophrenie
4
Was bedeutet Therapietreue?
5
Warum ist Therapietreue wichtig?
5
Gründe für Therapieuntreue seitens des Arztes
5
Gründe für Therapieuntreue seitens des Betroffenen
6
Barrieren für Therapietreue im Gesundheitssystem
7
Was macht uns Betroffene therapietreu?
7
Welches Verhalten und welche Maßnahmen auf
8
Arztseite können die Therapietreue fördern?
Erfahrungsberichte Betroffener
Kontaktadressen
9
13
Einleitung
Ungefähr 50 % der Betroffenen mit einer psychiatrischen
Erkrankung brechen selbstständig ihre Therapie ab.1 Daraus
können nicht nur verheerende Folgen für den Patienten
selbst, sondern auch viel Leid bei Angehörigen resultieren.
Hinzu kommen die Folgekosten für das Gesundheitssystem
und die Volkswirtschaft.
Der Verein Achterbahn, Plattform für Menschen mit
psychischer Beeinträchtigung, 15 Betroffene (Depression,
Schizophrenie) und ein Fachberater haben in einem
Workshop die Wichtigkeit der Therapietreue sowie die
Gründe des Therapieabbruchs und Maßnahmen zur
Verstärkung der Therapietreue erarbeitet.
Zunächst erläutert Dr. Günter Klug die Erkrankungen
unipolare Depression, bipolare Erkrankung und
Schizophrenie. Anschließend werden die im Workshop
erarbeiteten Inhalte dargestellt. Erfahrungsberichte
Betroffener geben einen Einblick in das Erleben von
Patienten.
Diese Broschüre wendet sich sowohl an Patienten, Ärzte,
Therapeuten, Angehörige als auch an verantwortliche
Politiker im Gesundheitssystem. Denn nur ein Miteinander
aller Beteiligten und das gegenseitige Verständnis sowie der
Abbau von Vorurteilen und die Akzeptanz von psychischen
Erkrankungen in unserer Gesellschaft kann zur
Verbesserung der Situation führen.
1
1
http://www.who.int/chp/knowledge/publications/adherence_report/en/
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Krankheitsbilder
Unipolare
Depression
Es handelt sich um eine Erkrankung, bei der das auffälligste Zeichen eine Veränderung der Stimmung ist.
Nicht jede schlechte Stimmung ist eine
Depression, es gibt auch Niedergeschlagenheit, Trauer usw. Ein deutliches Zeichen
einer schweren Depression ist, das „sich
nicht mehr freuen“ bis hin zu „gar nichts
mehr fühlen“ können. Selten, aber dann
sehr unangenehm, ist es, wenn die Stimmung gereizt und angetrieben ist. Begleitet
wird die Depression von vielen anderen
Anzeichen, die aber nicht immer alle auftreten müssen. Schlafstörungen, Störung der Konzentration, die dazu führt, dass man das Gefühl hat, alles zu
vergessen, Mattigkeit und fehlender Antrieb für alles,
besonders in der Früh und am Vormittag, dauerndes
Grübeln über negative Dinge, das sich bis hin zum Wahn
steigern kann, sind häufige Begleiter. Auch Appetitverlust,
vermindertes sexuelles Verlangen und alle möglichen körperlichen Beschwerden können auftreten. Manchmal sind
diese sogar stärker als die üblichen Zeichen ausgeprägt,
und die Depression wird dann kaum erkannt. Fast immer
bestehen Probleme, Entscheidungen treffen zu können.
Depression ist eine sehr häufige Erkrankung und kann
auch immer wieder auftreten. Deshalb sollte man bei allen
möglichen Beschwerden an sie denken.
Dass die meisten Menschen, die einen Suizid oder einen
Versuch begangen haben, vorher eine Depression hatten,
beweist, dass sie auch eine gefährliche Krankheit ist.
In den meisten Fällen ist sie gut behandelbar. Die
Behandlung gehört in die Hände von Fachleuten.
Psychotherapie und in vielen Fällen auch medikamentöse
Therapie stellen die Basis dar, es gibt aber auch noch
einige andere begleitende Möglichkeiten.
Wichtig ist, nicht zu kurz zu behandeln, da der Erfolg
sonst entweder nicht kommt oder nicht bleibt.
Krankheitsbilder
Bipolare
Erkrankung
Darunter versteht man „Himmelhoch jauchzend und zu
Tode betrübt“, ohne direkt nachvollziehbaren Anlass. Die
manischen Phasen entwickeln sich langsam (gelegentlich
kippt man auch hinein), die Stimmung steigt immer weiter,
bis man die Selbsteinschätzung verliert. Man hat das
Gefühl immenser Kreativität und Leistungsfähigkeit,
braucht kaum Schlaf, redet viel und hält viel weniger
Distanz, als man das im „normalen“ Leben tun würde.
Viele Dinge werden gleichzeitig begonnen, können dann
aber nicht fertig gemacht werden. In starken Phasen ist
man also, obwohl man sich sehr gut fühlt, nicht mehr
arbeitsfähig. Häufig kommt es zu einer Enthemmung, die
sich besonders im Beziehungsleben und im Finanziellen
zeigt und die nach Abklingen der Phase in tiefe Schamund Schuldgefühle stürzen kann.
Die bei der Erkrankung auftretenden depressiven Phasen
äußern sich wie bei der Depression beschrieben.
Manchmal treten Mischzustände auf, die von Angetriebenheit und schlechter Stimmung geprägt und besonders
unangenehm sind.
Nicht immer treten die Phasen gleich häufig und gleich
stark auf. Oft sind die depressiven Phasen zahlreicher und
länger. Je nachdem kann man mehrere Formen der
Erkrankung unterscheiden.
Die Erkrankung tritt bei ca. 1,5 bis 5% der Bevölkerung
(je nach Schwere) auf, ist also nicht so selten. Die Behandlung ist grundsätzlich möglich, aber oft nicht einfach. So
wird vom Patienten etwa Medikation in der euphorischen
Phase oft genauso als unnötig eingestuft wie Psychotherapie in den Phasen, wenn es einem gut geht. Gar
nicht selten ist es das Leid der Angehörigen, das zu einem
Umdenken führt. Wenn es zu einer guten Zusammenarbeit
kommt, können die Betroffenen sehr viel zu einem guten
Gelingen beitragen.
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4
Schizophrenie
Schizophrenie ist eine Erkrankung, die häufig bereits sehr
früh auftritt und viele verschiedene Formen annehmen kann.
Bei manchen tritt nur eine Episode im Leben auf, bei anderen kommen solche Schübe gelegentlich wieder, und bei
manchen entwickelt sich eine chronische Erkrankung, bei
der einige Symptome auch lange (manchmal lebenslang)
bestehen bleiben können. Bereits in der Jugend gibt es feine
Vorzeichen von Rückzug, Ängsten etc., auf die dann bei
tatsächlichem Ausbruch verschiedene Symptome folgen. Da
die Menschen mit der zugrunde liegenden Störung der
Informationsverarbeitung und der nicht eindeutigen Grenzziehung zwischen sich und der Umwelt unterschiedlich
umgehen, gibt es verschiedene Symptomgruppen. 1) Die
Positivsymptome, „wo etwas zu viel da ist“: zu viel Wahrnehmung, so dass man eventuell Dinge hört, sieht, spürt,
die gar nicht da sind (Halluzinationen), manchmal kommt es
zu Wahnideen, dass man von etwas völlig überzeugt ist,
was man im „normalen“ Leben“ so nicht denken würde.
2) Bei den Negativsymptomen „fehlt etwas“: der Antrieb,
die Motivation, die innere Energie, manchmal auch die
innere Kreativität und der Ideenreichtum.
Bei Denkstörungen ist es oft schwierig, sich auf etwas zu konzentrieren, die Gedanken in Ordnung zu halten, und manchmal bricht in der Kommunikation auch der Satz unbemerkt
ab. Begleitend können auch Störungen im Gefühlserleben
auftreten. Selten tritt alles zu gleich auf, die Mischung ist bei
jedem Menschen ein bisschen anders.
Bei allen ist aber wichtig, dass die Therapie so früh wie möglich beginnt. Dann ist der Schaden in den sozialen Beziehungen so gering wie möglich, und man kann, wenn man sich
erholt hat, wieder Anschluss finden. Die Therapie besteht in
der Einnahme von Medikamenten; auch über längere Zeit, in
psychotherapeutischen und sozialen Hilfestellungen. Auch
wenn eine gute therapeutische Allianz entsteht, werden nicht
alle frei von Symptomen werden, aber doch Stabilität und
Lebensqualität erreichen.
Günter Klug, Graz 22.8.2011
Was bedeutet Therapietreue (engl. Compliance)?
—
konsequentes Befolgen der ärztlichen Ratschläge
Die Teilnehmer dieses Projekts sind zu dem konsensualen
Ergebnis gekommen, dass Therapietreue sowohl auf
Betroffenen-Seite als auch auf Arzt-Seite begründet wird.
Warum ist Therapietreue wichtig?
—
um den Leidensdruck zu mindern
—
um den bestmöglichen Behandlungserfolg zu erreichen
—
Verantwortung gegenüber der Familie (Familie leidet bei
Rückfall)
—
Verantwortung gegenüber der Gesellschaft (hohe Kosten für
das Gesundheitssystem)
—
durch Therapietreue wird eine gewisse Tagesstruktur
erreicht (regelmäßige Einnahme von Medikamenten,
regelmäßiger Gang zum Therapeuten oder zur
Selbsthilfegruppe)
Gründe für Therapieuntreue (Non-Compliance)
seitens des Arztes
—
Arzt ist nicht von der Therapie überzeugt
—
Arzt bezieht den Patienten nicht in die
Therapieentscheidung ein
—
Arzt traut dem Patienten eine selbstständige
Bewertung seiner Situation nicht zu.
—
Arzt nimmt sich keine Zeit.
—
Patient hat das Gefühl, Arzt sei überfordert.
5
6
Gründe für Therapieuntreue (Non-Compliance)
seitens des Betroffenen
—
Angst
a) dass sich das ICH verändert
b) dass sich der Stoffwechsel ändert
c) ausgeliefert zu sein
d) sich vom Arzt abhängig zu machen
—
Verleugnung der psychischen Erkrankung,
keine Krankheitseinsicht
—
durch die Medikamente wird der Patient an seine
Erkrankung erinnert (er vergisst sie daher)
—
Unfähigkeit, therapietreu zu sein (z. B. Paranoia, Demenz
etc.)
—
der passende Therapeut wird nicht gefunden
—
keine raschen Termine beim behandelnden Facharzt
—
Behandlung durch „anderen“ Arzt – andere Meinung –
Verwirrung seitens des Patienten
—
Patient hat zu wenig Mitgestaltungsmöglichkeit bei der
Therapie
—
später Wirkungseintritt der Therapie
—
rasche Besserung und damit das Gefühl, die Medikation
nicht mehr zu benötigen
—
Nebenwirkungen der Medikamente
—
Angst vor Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
—
Angst vor Abhängigkeit, da er zu wenig aufgeklärt wird
—
Beipacktext fördert die Angst vor dem Medikament
—
das soziale Umfeld verunsichert und beeinflusst den
Patienten
Barrieren für Therapietreue im Gesundheitssystem
—
Das Gesundheitssystem fördert Therapietreue zu wenig
(Anzahl der Kassenärzte ist nicht ausreichend)
—
Psychotherapie
ist oft nicht bezahlbar und für Betroffene
unerschwinglich
—
Viele
Versicherungen lehnen Betriebsausfall- und
Zusatzversicherungen bei psychisch Erkrankten ab.
Was macht uns Betroffene therapietreu?
—
Krankheitseinsicht
—
Vertrauen, Überzeugungskraft des Gegenübers, wie
z. B. Arzt, Therapeut
—
über alles sprechen zu können (z. B. mit Arzt, Therapeut)
—
Verantwortungsgefühl für sich selbst und für seine
Angehörigen
—
das Scheitern nach selbstständigem Absetzen der Therapie
—
Verzweiflung, Leidensdruck
—
gute Erfahrungen, spürbares Erleben der Lebensqualitäts-
verbesserung
—
positiver Einfluss durch das soziale Umfeld
—
zum Teil sanfter Druck (dem Betroffenen wird nicht alles
abgenommen, sondern zur Aktivität motiviert)
—
Gespräch – Zwischenbilanz Arzt / Patient – mehrmalige
Kontrollen
—
maßgeschneiderte Medikamenteneinnahme
—
klare eigene Entscheidung des Betroffenen für die Therapie
—
Glaube an die Wirkung der Therapie – positive Meinung
—
positive Rückmeldung
7
8
Welches Verhalten und welche Maßnahmen auf
Arztseite können die Therapietreue fördern?
—
empathisches Verhalten
—
Dialog und Kooperation zwischen Arzt und Patient auf
Augenhöhe
—
Motivation, über alles sprechen zu können
—
den Patienten ernst nehmen
—
verhandeln statt behandeln
—
direkte und klare Aussagen tätigen
—
kompetentes Verhalten
—
Hilfestellung geben
—
Zusammenarbeit mit Therapeuten
—
Patienten nicht auf Erkrankung reduzieren („Tunnelblick“),
sondern in seiner Gesamtheit (Persönlichkeit)
wahrnehmen
—
individuelles Eingehen auf die Bedürfnisse des Patienten
durch den Arzt
—
Arzt versteht, wie der Patient über seine Krankheit denkt
(z. B. „Warum sind Sie krank?“)
—
Verständnis des Arztes für das Weltbild des Patienten
(z. B. bei spirituellem Weltbild wird die naturwissenschaftliche Erklärung nicht ankommen)
—
Diagnosestellung und verständnisvolle Erklärung
—
Sprache des Patienten lernen und sprechen
—
Worte können sowohl heilen als auch tief verletzen
—
Fachausdrücke vermeiden bzw. diese Patienten-gerecht
erläutern
—
gemeinsame Entscheidungsfindung bezüglich der
Therapie
—
„Chemie“ zwischen Arzt und Patient muss stimmen
Erfahrungsberichte Betroffener
1. Erfahrungsbericht
Die Einsicht kam mit der Zeit
Seit vielen Jahren bin ich von Depression betroffen, und um
ein lebenswertes Leben zu führen, ist es notwendig, dass ich
Medikamente nehme. Jetzt bin ich 47 Jahre alt. Ich war
24 Jahre alt, als die Depression erstmals bei mir diagnostiziert wurde. Meine Ärztin verschrieb mir ein Antidepressivum, das mir auch geholfen hat.
Heute weiß ich um die Wichtigkeit der Medikamente, aber
damals mit 24 hatte ich diese Einsicht noch nicht. Ich wusste
nicht, dass ich mich mit meiner Erkrankung aussöhnen
musste, und dass dazu auch gehört, dass ich die Medikamente weiter nehme. Das habe ich aber nicht gemacht.
Nach einiger Zeit, wenn es mir besser ging, begann ich
jedes Mal, die Tabletten abzusetzen. Das ging einige Zeit
gut, aber nicht lange. Es kam nach einiger Zeit wieder zu
einem Zusammenbruch, und ich musste erneut in die
psychiatrische Klinik.
Das Grundproblem war, dass ich mich mit der Diagnose
„Depression“ nicht abfinden konnte.
Ich lehnte diese Erkrankung ab, konnte sie nicht annehmen.
Mein geringes Selbstwertgefühl ließ es nicht zu, mir dauerhaft einzugestehen, dass ich an der Depression leide und
auf Medikamente angewiesen bin, um komplikationslos
leben zu können. Diese Uneinsichtigkeit hat mich mehrmals
in sehr schlimme Zustände gebracht. Auch versuchte ich in
meinem Umfeld, also bei Nachbarn, Arbeitskollegen und
sogar Freunden, die Krankheit zu vertuschen. Ich wollte als
gesund gelten und hatte Angst, dass hinter meinem Rücken
schlecht über mich gesprochen wird.
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Ein Umdenken war also dringend notwendig. Also beschloss ich, mich mit der Krankheit Depression intensiv
auseinanderzusetzen. Ich informierte mich mithilfe zahlreicher Büchern und begann auch Selbsthilfegruppen
aufzusuchen. Indem ich mit Leuten sprach, die selbst von der
Krankheit betroffen waren, begann ich mich selbst besser zu
akzeptieren.
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Vor zwei Jahren begann ich, in einem Verein zu arbeiten, der
eine Plattform für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung
ist. Diese Beschäftigung hat mir zusätzlich geholfen, mich so
anzunehmen, wie ich eben bin. Heute finde ich, dass es kein
Makel ist, eine Depression zu haben. Ich habe gelernt, besser
mit mir umzugehen, und dazu gehört auch, dass ich die
Medikamente nehme. Wenn man versteht, wie diese Präparate wirken, dass es die fehlenden Botenstoffe im Gehirn
sind, welche die schweren Symptome verursachen, dann
ist man bereit, die medikamentöse Therapie nicht zu
unterbrechen.
Heute bin ich fähig, offen über meine Erkrankung zu
sprechen. Durch diese Offenheit sind auch schon viele
Menschen aus meinem Umfeld an mich herangetreten, weil
es ihnen nicht gut ging. So bin ich durch meine Erfahrungen
auch imstande, Menschen in Notsituationen zuzuhören und
sie über die Wichtigkeit einer ärztlichen Betreuung zu
informieren.
Doris
2. Erfahrungsbericht
COMPLIANCE ...
bedeutet für den einzelnen Patienten jedenfalls nicht immer
das Gleiche. Das Ungleichgewicht, das entsteht, wenn Arzt
und Patient einen „DEAL“ aushandeln, liegt in der Natur der
Sache. Ein Patient hat den „Anweisungen“ seines Arztes zu
folgen, denn sonst droht eine Verschlimmerung des gesundheitlichen Zustandes. Der Patient ist jedenfalls im Akutzustand
angewiesen, sich in die Hände des Arztes zu begeben.
Nach einer Besserung wird es notwendig sein,
COMPLIANCE zu suchen. Und damit beginnt oft eine langjährige Odyssee – auf der Suche nach einem Arzt, der übermenschliche Fähigkeiten haben sollte, die jeder Leidende
voraussetzt. Eine sinnvolle Zusammenarbeit (Compliance)
kann entstehen, wenn Arzt und Patient eine Ebene der
Kommunikation finden, die beiden Beteiligten gerecht wird.
Erfahrungsberichte Betroffener
So steht für mich eine ganzheitliche Sichtweise des Krankheitsgeschehens an vorderster Stelle. Speziell bei psychiatrischen Erkrankungen ist diese Forderung unabdingbar. Der
Anspruch an das Gesundheitssystem, jene Eigenschaften zu
entwickeln, die COMPLIANCE optimieren, steckt leider noch
in den Kinderschuhen. Es gibt einen großen Nachholbedarf
rund um den Begriff COMPLIANCE, bzw. um diesen eindeutig auslegen zu können.
Derzeit sehe ich COMPLIANCE als eine Worthülse, die
noch mit kompatiblen Inhalten zu füllen ist. Ein erster Schritt
wäre getan, wenn der undurchdringliche Dschungel im
Gesundheitsbereich, der mit all seinen Verwaltungshoheiten
dem Patienten und auch dem Arzt das Leben schwer macht,
durchforstet wird, um menschlichere Strukturen zu schaffen.
Einen Zustand der NON-COMPLIANCE sollte es schlussendlich gar nicht geben. Das wäre ein Wunsch ...
Arno
3. Erfahrungsbericht
Im Alter von 41 Jahren im Jahr 1989 hatte ich meinen
ersten Depressions-Schub, ausgelöst durch plötzliche extreme Schlafschwierigkeiten. Ich hatte Angst vor dem zu Bett
gehen mit dem Gedanken: Hoffentlich kann ich schlafen.
Ein stationärer Aufenthalt war zu diesem Zeitpunkt unvermeidlich.
Ich wurde im BHB Eggenberg mit einem Medikament behandelt, das zu keiner Besserung führte.
In den folgenden Monaten bzw. Jahren schlug ich mich so
recht und schlecht durch. 1994 folgte mein zweiter stationärer Aufenthalt in Eggenberg. Wieder erhielt ich Medikamente. Doch auch dieser Aufenthalt brachte keine
Besserung.
Ich begab mich dann in Psychotherapie, die, außer hohe
Kosten verursacht zu haben, bei mir nicht viel genützt hat.
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In weiterer Folge setzte ich mich mit Yoga bzw. mit
Meditation auseinander und allmählich ging es mir besser.
1998 erlitt ich einen Hörsturz mit der Folgeerkrankung
Tinitus, und dieser löste bei mir einen Trauma-ähnlichen
Zustand aus. Mir wurde dann ein Antipsychotikum und ein
trizyklisches Antidepressivum in hohen Dosen verschrieben,
was einerseits eine deutliche Besserung brachte, andererseits mit vielen Nebenwirkungen verbunden war. Dies war
der Grund, warum ich diese Medikamente absetzte.
In weiterer Folge probierte ich es mit tetrazyklischen
Antidepressiva und Serotonin-Wiederaufnahmehemmern.
Fazit: Alle bisherigen Antidepressiva haben bei mir nicht
das gebracht, was ich mir erwartet hatte, und dies war
auch der Grund für meine Therapieabbrüche.
Ich nehme nun seit Jahren nur Benzodiazepine (in der
Nacht) und versuche aufgrund der bekannten Suchtproblematik, die Dosis so gering wie möglich zu halten. Die
Nebenwirkungen bestanden bei den Antidepressiva darin,
dass ich immer sehr müde war, Hungerattacken hatte und
dadurch an Gewicht zunahm oder bei anderen an
Schlaflosigkeit litt.
Da meiner Ansicht nach die Palette der Serotonin-Wiederaufnahmehemmer sehr gering ist, sehe ich für mich zurzeit
keine günstige Therapieform mit dieser Gruppe von
Antidepressiva.
N.N.
Kontaktadressen
Achterbahn
Plattform für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung
Verein Achterbahn
Plüddemanngasse 45, 1. Stock, 8010 Graz
Tel.: 0316/48 34 74
Fax: 0316/48 34 97
E-Mail: [email protected]
Internet: www.achterbahn.st
Österreichischer Bundesverband für Psychotherapie
Löwengasse 3/5/Top 6, 1030 Wien
Tel.: 01/512 70 90
Fax: 01/512 70 91
E-Mail: [email protected]
Internet: www.psychotherapie.at
HPE Steiermark – Hilfe für Angehörige Psychisch
Erkrankter
Tummelplatz 9, 8010 Graz
Tel.: 0316/81 63 13
Plattform Psyche – zur psychosozialen Versorgung der
Steiermark
DDr. Susanna Krainz
Psychiatriekoordination
Amt der Steiermärkischen Landesregierung
FA8B Gesundheitswesen – Sanitätsdirektion
Friedrichgasse 9, 1. Stock, 8010 Graz
Tel.: 0316/877-3525
Fax: 0316/877-4835
E-Mail: [email protected]
Internet: http://www.plattformpsyche.at
Verzeichnis von PsychotherapeutInnen und sonstigen
ExpertInnen (österreichweit)
www.psyonline.at oder www.besthelp.at
Österreichische Telefonseelsorge
Tel.: 142, von 0 bis 24 Uhr
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Notizen
Impressum:
Herausgeber: FOCUS PATIENT Ltd., Ingeborg Beunders, MAS, MBA;
Zweigniederlassung Österreich: 2500 Baden, Kaiser-Franz-Josef-Ring 39 /
Top 4; UK: Unit 8, Bridge Street Mills, Union Street, Macclesfield, Cheshire,
SK11 6QG.
Bildgestaltung: ADB Graphic Ltd., www.adbgraphic.co.uk
Layout: Dr. Mariette Kapeller, Altpölla 12, 3593 Neupölla, [email protected]
1. Auflage: 5000 Exemplare; © 2011: FOCUS PATIENT Ltd.,
www.focuspatient.at
Diese Broschüre, einschließlich aller ihrer Teile, ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwendung außerhalb des Urhebergesetzes ist ohne Zustimmung von
FOCUS PATIENT Ltd. unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für
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Die in dieser Broschüre veröffentlichten Ratschläge sind mit größter Sorgfalt
von den Autoren erarbeitet und geprüft worden. Eine Garantie kann jedoch
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Rechtsinhabers verwendet, ohne die Absicht, diese Rechte zu verletzen. Das
unterstützende Unternehmen hat keinerlei Einfluss auf den Inhalt dieser
Broschüre.
Mit freundlicher Unterstützung von:
NEUROSCIENCE
ID 3002 09-11
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