Quasimodogeniti 3.4.2016 Dekanin Schneider

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Joh20,10-20,24-29
Quasimodogeniti 3.4.2016
Dekanin Schneider-Cimbal
Joh. 20,19-20,24-29
Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger versammelt
und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus
und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch!
Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da
wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.
Thomas aber, der Zwilling genannt wird, einer der Zwölf, war nicht bei
ihnen, als Jesus kam. Da sagten die anderen Jünger zu ihm:
Wir haben den Herrn gesehen.
Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale
sehe und meine Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine
Seite lege, kann ich’s nicht glauben.
Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen versammelt
und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus als die Türen verschlossen
waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch!
Danach spricht er zu Thomas: Reiche deine Finger her und sieh meine
Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei
nicht ungläubig, sondern gläubig!
Thomas antwortete und sprach zu ihm:
Mein Herr und mein Gott!
Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst
du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!
Jesus öffne unsere Ohren und unsere Herzen, dass wir glauben. Amen
Liebe Gemeinde!
Ich kann ihn gut verstehen, den Thomas.
Wenn ich mich in diese Situation hinein versetze, mir vorstelle, die Jünger
hätten mir erzählt, dass Jesus durch die verschlossene Tür zu ihnen
gekommen ist und ihnen die Nägelmale und seine Wunde an der Seite
gezeigt hat, dann hätte ich ihnen auch nicht geglaubt.
Was sie Thomas erzählen, ist nach menschlichem Ermessen nicht möglich.
Doch, und das ist es, was Thomas noch nicht weiß, bei Gott ist es möglich.
Thomas geht also von menschlichen Erfahrungen, menschlichen
Maßstäben aus.
Er rechnet nicht mit Gottes Möglichkeiten und deshalb erscheint ihm das,
was seine Freunde erzählen als Humbuk.
Das ist der gewöhnliche Teil der Geschichte.
Was dann folgt, ist der besondere.
Jesus kommt noch Mal. Er kommt als Thomas anwesend ist und er geht
auf ihn zu und fordert ihn auf, seine Finger in seine Wundmale zu legen,
wie er es gefordert hat.
Kein Vorwurf, keine Schelte – Jesus hat Verständnis für Thomas. Wegen
ihm ist er noch einmal gekommen. Er ist ihm wichtig. Er löst ein, was er
im Gleichnis vom guten Hirten, der das eine verlorene Schaf sucht,
verheißen hat: Er kommt, um Thomas zu suchen und zu überzeugen.
Und Thomas?
Thomas legt seine Finger gar nicht in die Wundmale. Es reicht ihm Jesus
zu sehen.
Vielleicht reicht es ihm auch zu erfahren, dass Jesus zu seinem Wort steht
und sich auch um einen Einzelnen bemüht. Vielleicht genügt es ihm zu
spüren: Ich bin Jesus wichtig.
Mit einem Mal begreift er die Größe Gottes.
„Mein Herr und mein Gott!“ Voll Staunen spricht er diese Worte. „Mein Herr
und mein Gott!“
Ja, wenn es mir wie Thomas gehen würde und Jesus mir gegenüberstehen
würde, dann –
Ja was dann?
Dann würden wir sehen und das Glauben wäre überflüssig. Denn wenn ich
sehe, dann ist es kein Glauben mehr sondern ein Wissen.
Glauben macht aus, dass ich auf die Überlieferung, auf die Erzählungen
derer vertraue, die Erfahrungen mit Gott gemacht haben, die Jesus
begegnet sind.
Durch sie weiß ich von Jesus und indem ich ihnen glaube, vertraue ich auf
Gottes Verheißungen, auf Jesu Worte, seine Auferstehung und die damit
verbundenen Verheißungen an uns.
Das bedeutet, ob ich glaube oder nicht, hängt davon ab, ob ich denen, die
mir etwas erzählen, vertraue oder nicht. Thomas hat den Berichten der
anderen Jünger misstraut und deshalb gezweifelt.
Das bedeutet, ob ich glaube, dass Jesus lebt und ich ihm begegnen kann,
hängt von zwei Dingen ab:
1. Ob ich den Berichten bzw. denen, die davon berichten, dass Jesus
auferstandenen ist, glaube, ohne ihn selbst zu sehen.
Und 2. ob ich Gott zutraue, dass er Jesus auferwecken konnte.
Noch etwas kommt für mich hinzu. Wann ist eine Quelle, eine Erzählung,
ein Bericht glaubwürdig?
Wenn ich diesen Stift loslasse, was passiert dann?
Fällt auf den Boden
Woher wissen Sie, dass er runterfällt?
Wir haben das als Kinder zum Leidwesen unserer Eltern häufig
ausprobiert. Bekamen wir dann auch noch einen mit Helium gefüllten
Luftballon, der sich ganz anders verhalten hat, als wir ihn losließen, dann
haben wir wieder damit begonnen zu testen, was alles auf den Boden fällt,
wenn wir es loslassen und was fliegt.
Was passiert, wenn ich diesen Stift in einem Raumschiff loslasse?
Er schwebt
Woher wissen Sie das?
Durch Berichte der Raumfahrer
Die Raumfahrer haben es berichtet, manche haben es sogar durch
Aufzeichnungen aus einer Raumkapsel gesehen. Wir glauben den
Berichten und kommen gar nicht auf die Idee die Aufzeichnungen könnten
Trick sein. Wenn wir von dem reden, was uns die Raumfahrer erzählen,
sprechen wir davon, dass wir es wissen.
Und das, obwohl wir es selbst gar nicht erfahren oder ausprobiert haben.
Merken Sie, was hier passiert?
Wenn wir eine Quelle haben, der wir voll vertrauen, dann sprechen wir von
Dingen, die nach irdischen, nach menschlichen Maßstäben unmöglich
sind, von Wissen.
Warum glauben wir Raumfahrern mehr als Evangelisten?
Ich finde das spannend!
Noch eine weitere Dimension kommt hinzu.
Wenn ich glaube, darauf vertraue, dass Gott mich liebt, dass er mir alle
Dinge zum Besten dienen lässt, dass ich mit ihm über Mauern springen
kann und er Jesus auferweckt hat. Wenn ich glaube, dass Jesus mir Gottes
Liebe nahebringt, dass er bei mir ist und mich begleitet, dass er ein treuer
Freund an meiner Seite ist, dann verändert das meine Haltung zum
Leben, zu dem, was mir begegnet, zu dem, was mich herausfordert, zu
dem, was anders ist, als ich es mir wünsche.
Wenn ich glaube, gehe ich voll Vertrauen in jeden neuen Tag, ich fürchte
mich nicht, vor dem, was kommt. Dann sind auch Flüchtlinge keine
Bedrohung sondern Aufgabe Gottes an mich.
Wenn ich Gott vertraue, mache ich erstaunliche Erfahrungen. Dinge fügen
sich. Ich bekomme Kraft, von der ich niemals geahnt habe, dass sie in mir
steckt. Aus Steinen, die mir im Weg liegen, baue ich Treppen oder ich
mache die Erfahrung, wie die Schriftstellerin Hilde Domin: „Ich setzte den
Fuß in die Luft und sie trug.“
Alle, die glauben, die sich Gott und seiner Führung anvertrauen, erleben
Erstaunliches.
Je mehr ich dafür sensibilisiert bin, desto mehr Wunder erlebe ich in
meinem Leben.
Wir alle erleben sie. Die Frage ist nur, ob wir sie als solche erkennen. Ob
wir bereit sind, sie als solche zu benennen. Ob wir uns trauen, davon zu
erzählen.
Thomas hat sich getraut, das, was ihm die anderen Jünger erzählt haben
zu bezweifeln und er begegnete Jesus.
Vielleicht brauchen wir es manchmal zu zweifeln, um Jesus zu begegnen.
Er sucht uns.
Vielleicht hilft manchmal auch, mich an Gottes Möglichkeiten zu erinnern,
um mit ihm über Mauern zu springen, meine Ängste zu überwinden und
meine menschlichen Maßstäbe abzulegen und stattdessen zu vertrauen.
Vielleicht ist es gut hinzuschauen, was wir als Wissen verbuchen und was
als unmöglich.
Vielleicht hilft, mich in Gottes Hand zu geben und zu glauben, dass er es
wohl macht, auch wenn ich mir das gerade nicht vorstellen kann.
Vielleicht ist es nötig, dass wir mit offenen Augen und Herzen durch die
Welt gehen und die Wunder erkennen und benennen, die uns begegnen.
„Selig, die nicht sehen und doch glauben.“
Mögen wir diese Erfahrung im Vertrauen auf Jesus oft machen.
Amen
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