IGM-Getriebesammlung Institut für Getriebetechnik und Maschinendynamik der RWTH Aachen Wattscher Lenker, Evans-Lenker 610 - Führungsgetriebe zur Umwandlung einer Drehung in eine angenäherte Geradführung eines Gliedpunktes - Ebene nichtumlauffähige Doppelschwingen A D 2 D 1 1 ϕ 3 g1 2 kK K g2 A´ β A0 B β 4;0 D D C0=K´ 4;0 a) 3 90° B´ g1 * A0 B0 kK* ϕ 90° * K g2 * B 1* * 3 * * 2 A b) β β * 4 ;0 90° * B0 C0 c) Bild 1. Wattscher Lenker, Evans-Lenker a) Strukturbild b) Kinematisches Schema des Wattschen Lenkers c) Kinematisches Schema des Evans-Lenkers d) Getriebemodell d) Symbole im Strukturbild: D für Drehung S für Schiebung W für Schraubung (Windung) Beispiel D2S: Gelenk mit dem Freiheitsgrad 3; 2 Drehungen, 1 Schiebung Zugriffsmerkmale: Antriebsgelenk; Abtriebsglied Erläuterung: Anzahl der Antriebsgelenke : 1, davon 1 Anzahl der Abtriebsglieder : 1, davon 0 Anzahl der Glieder : 4, davon 4 Anzahl der Gelenke : 4, davon 4 am Gestell am Gestell binär Drehgelenke (D) Abmessungen (in Längeneinheiten): Wattscher Lenker A 0 A = l1 = 5 ; AB = l 2 = 4 ; B0 B = l3 = 5 ; A 0 B0 = l 4 = 10,77 ; AK = k = 2 ; BK = l = 2 . Evans-Lenker A*0 A* = l1* = 2 ; A*B* = l*2 = 2,5 ; B*0 B* = l*3 = 2,5 ; A*0 B*0 = l*4 = 5,39 ; A *K * = k * = 5 ; B* K * = l * = 2, 5 . Zur Verwirklichung einer Bahnkurve mit einer guten genäherten Geradführung sind seit dem Beginn der Entwicklung der Dampfmaschine der Wattsche Lenker und der EvansLenker bekannt (Bild 1). Das Modell in Bild 1d zeigt, dass der Wattsche Lenker (dunkle Getriebeglieder) und der EvansLenker (helle Getriebeglieder), wenn sie nach Roberts als gegenseitige Ersatzgetriebe konstruiert sind, dieselbe achtförmige Koppelkurve erzeugen. Zum anschaulichen Nachweis sind die beiden Getriebe im Modell in dem die Kurve beschreibenden Koppelpunkt durch ein Drehgelenk verbunden. Autor: Prof. Dr.-Ing. G. Dittrich Vorveröffentlichung in [1] und Erstveröffentlichung im Internet am 30.05.2000 IGM-Getriebesammlung Der Wattsche Lenker (Bild 1b) ist eine symmetrische, nichtumlauffähige Doppel(innen)schwinge A0ABB0 mit A 0 A = B0 B . Der die achtförmige Koppelkurve erzeugende Koppelpunkt K liegt in der Mitte der Koppelstrecke AB ( AK = BK ). In der gestrichelt eingezeichneten Ausgangsstellung A0A′B′B0 steht die Koppelgerade A′B′ senkrecht auf der Schwingengeraden A0A′ und B0B′. Der Koppelpunkt K′ fällt dann mit der Mitte C0 der Gestellstrecke A 0 B 0 zusammen ( A 0 C 0 = B 0 C 0 ) . Mit den Schwingenlängen A 0 A = l1 , B0 B = l3 und der Koppellänge AB = l2 gilt unter Beachtung von l1 = l3 und von AK = BK = l2/2 für die Gestelllänge A 0 B0 ≡ l 4 = 4l12 + l 22 . (1) Die achtförmige Koppelkurve kK des Koppelpunktes K ist symmetrisch zur Gestellgeraden A0B0 und zur Senkrechten in C0 auf dieser Gestellgeraden; sie besitzt in C0 einen Doppelpunkt. Die beiden Geraden g1 und g2, denen sich die Koppelkurve besonders gut anschmiegt (genäherte Geradführung des Koppelpunktes K), sind fünfpunktig berührende Tangenten in C0 und liegen unter dem Winkel β bzw. (180° - β) gegenüber der Gestellgeraden A0B0, wobei sich der Winkel β aus tan β = (2 l1) / l2 (2) errechnet. Die Gerade g1 stimmt mit der Koppelgeraden A′B′ in der genannten Ausgangsstellung überein. Der in Bild 1c dargestellte Evans-Lenker A0*A*B*B0*ist eines der beiden Ersatzgetriebe, die sich nach dem Satz von Roberts über die dreifache Erzeugung der Koppelkurve ergeben. Dabei fallen der Gelenkpunkt A0* mit A0 und der Gelenkpunkt B0* mit C0 zusammen. Der Evans-Lenker ist eine gleichschenklige, nichtumlauffähige Doppel(innen)schwinge mit B0 * B * = A * B * . Der dieselbe achtförmige Koppelkurve (kK* = kK) beschreibende Koppelpunkt K* liegt auf der Koppelgeraden A*B* im Abstand B * K * = A * B * von B*. Die kinematischen Abmessungen des Evans-Lenkers errechnen sich aus denen des entsprechenden Wattschen Lenkers zu A *0 A * ≡ l1* = 0,5 l 2 , A * B* ≡ l*2 = 0,5 l1 , B*0 B* ≡ l*3 = 0,5 l1 , A *0 B*0 ≡ l*4 = 0,5 l 4 , Institut für Getriebetechnik und Maschinendynamik der RWTH Aachen 610 y g1 e g2 A kK σ< 0 1 yK ψt< 0 ψs K 2 f β β ϕ B xK A0 Bild 2. C0 3 B0 4;0 x Koppelkurvenberechnung Während sich der Wert des Winkels ψ s aufgrund der errechenbaren Sinus- und Kosinuswerte eindeutig ergibt, muss das Vorzeichen des Winkels ψ t je nach Lage der Koppel 2 relativ zur Diagonalen B0A gesetzt werden. Unter Beachtung der Gl.(2) hat die Gerade g1 (bzw. g2) die Gleichung ll 2l y = ( +− ) 1 x ( −+ ) 1 4 , l2 l2 so dass sich die Abweichung e der Koppelkurve von ihr und damit die Güte der Geradführung um den Doppelpunkt C0 herum in Abhängigkeit vom Antriebswinkel ϕ oder dem Abstand C0K = s = ( l4 2 − xK ) +y 2 2 K berechnen lässt (Bild 3): e= l 2l1 x + 2 y −l l4 K ( −) l4 K 1 . A*K * ≡ k * = l1 , B* K * ≡ l* = 0,5 l1 . Der Evans-Lenker benötigt demnach einen kleineren Bauraum als der Wattsche Lenker. Berechnung der Koppelkurve Die Berechnung der Koppelkurve kK kann für den Wattschen Lenker in Abhängigkeit vom Antriebswinkel ϕ = <) B0A0A zwischen den Grenzlagen [ ϕ = ± arc cos ( l12 + l 24 − ( l 2 + l3 ) 2 ) /( 2l1l 4 ) ] wie folgt unter Berücksichtigung von Gl.(1) und den Beziehungen l1 = l3 und AK = BK = l 2 / 2 erfolgen (Bild 2): B0 A = f = l12 cos ψ s = +f2 ( l12 + l 24 − 2l1 l 4 cos ϕ ; − l 24 )/(2l1f ) , sin ψ s = (l 4 sin ϕ)/f ; ( ) cos ψ t = l 22 + f 2 − l32 /( 2l 2 f ) ; σ = ϕ + ψs + ψ t − π x K ( ϕ) = l1 cos ϕ + (Koppelwinkel) ; l2 l cos σ , y K ( ϕ) = l1 sin ϕ + 2 sin σ . 2 2 Bild 3. Abweichung e der Koppelkurve kK von der Geraden g1 in Abhängigkeit vom Abstand s = C 0 K . Literatur: [1] Dittrich, G., Müller, J.: Wattscher Lenker, Evans-Lenker. Der Konstrukteur 23 (1992) Nr. 1-2, S. 39/40. [2] Wunderlich, W.: Ebene Kinematik. BI-Hochschultaschenbücher 447/447a, Mannheim: Bibliographisches Institut, 1970. [3] Artobolevsky, I.I.: Mechanisms in modern engineering design. Band 1. Moskau: Mir Publishers, 1975. [4] Meyer zur Capellen, W.; Rischen, K.-A.: Forschungsbericht des Landes Nordrhein-Westfalen Nr. 1066: Symmetrische Koppelkurven und ihre Anwendungen. Köln, Opladen: Westdeutscher Verlag, 1962. [5] Dittrich, G.; Abel, T.: Kinematik von Blattfeder-Führungsgetrieben, insbesondere für Geradführungen. Konstruktion 38 (1966) Heft 3, S. 101/107. [6] Dittrich, G.; Braune, R.: Getriebetechnik in Beispielen. 2. Aufl. München, Wien: Oldenbourg Verlag, 1987.