21 Sonderausgabe zum Tag der Offenen Tür an der UKL-Zahnklinik 23. November 2012 N EPITHETIK Epithesen – kunstvoll und funktional bei Gesichtsdefekten B ei Defekten im Kiefer- und Gesichtsbereich sind die Erfahrung und die Kunstfertigkeit der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde am Universitätsklinikum gefragt. Denn hier arbeiten Experten, die den Patienten medizinisch und chirurgisch-prothetisch/epithetisch versorgen und damit auch psychisch Halt geben. Sie fertigen ganz individuelle Epithesen an, die Defekte im Gesichtsbereich abdecken. „Die intra- und extraoralen Defekte entstehen zum einen durch Fehlbildungen wie z.B. die Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, z.B. durch die Nichtanlage des Auges oder des Ohres oder bei unterschiedlichen Syndromen wie z.B. beim Franceschetti-Syndrom“, erläutert Dr. Horst-Uwe Klapper, Oberarzt an der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde. „Zum anderen gibt es erworbene Defekte, wie durch Tumoren, durch Unfälle oder in seltenen Fällen durch Infektionskrankheiten.“ Tumordefekte sind insgesamt die häufigste Ursache für die Anfertigung einer Epithese. Gerade bei einem Tumor oder nach einem Unfall ist es wichtig, dass der Patient frühzeitig versorgt wird. Beim Verlust z.B. des Ohres, wird für ihn eine Epithese aus Silikon oder Kunststoff angefertigt. Das ist Kunsthandwerk. Aber wie dieses Silikon-Ohr befestigt werden kann – das ist eine Frage, die medizinisch beantwortet werden muss. „Man kann die Epithese an einer Brille fixieren oder Kleben“, so Dr. Klapper. Eine Epithese gibt den betroffenen Patienten neues Selbstbewusstsein und erlaubt eine Reintegration in das soziale Umfeld. „Dafür gibt es spezielle Epithesenkleber, bei denen aber zum Teil bei längerem Gebrauch Hautreizungen möglich sind. Die komfortabelste Befestigung besteht in einer Fixierung durch extraorale Implantate.“ Dieses Verankerungsprinzip findet auch bei Implantaten im Mundbereich Anwendung: Im Knochen werden Implantate eingebracht, an diesen kann nach der Einheilung und Freilegung die Epithese mit unterschiedlichen Aufbauteilen fixiert werden. Beispielsweise ist eine Magnetverbindung möglich. Der Patient kann die Epithese abnehmen, sich waschen und dann die Ver- sorgung selbst problemlos wieder befestigen. „Aus diesem Grund beraten wir, gemeinsam mit unseren Zahntechnikern aus dem Epithetiklabor und mit dem Patienten, welche Fixierungsvariante für ihn die günstigste ist“, so Dr. Klapper. Warum ein Zahntechniker nicht nur eine Resektionsprothese, sondern auch ein Silikon-Ohr anfertigt, liegt in der Geschichte begründet: Besonders im 18. und 19. Jahrhundert waren es die Zahnärzte und Zahntechniker, die mit ihrem Wissen über Materialien, Abformtechniken und Fixierungsmöglichkeiten die Epithetik wesentlich weiter- Sieht aus wie echt: Die kunstfertigen Spezialisten der Uni-Zahnklinik fertigen eine Epithese in Handarbeit. entwickelten. Heute liegt der zahntechnische Part in der Anfertigung der Epithese. Besondere Herausforderungen liegen in der Feinmodellierung und in der Farbbestimmung. Große künstlerische Fähigkeiten sind nötig, genau die Haut, das Haar oder das Auge zu bestimmen und zu gestalten, das zum Patienten passt. „Mit der Zunahme von Tumorerkrankungen ist auch ein Anstieg in der Epithesenversorgung verbunden“, sagt Dr. Klapper. „Im Gesichtsbereich ist eine operative Rekonstruktion nicht immer möglich, so dass dann eine Epithese ange- fertigt wird.“ Etwa 30 bis 50 Epithesen und Epithesenkorrekturen werden von den Experten der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde jährlich angefertigt. Durch die Eingliederung einer Epithese kann der Gesichtsdefekt verschlossen bzw. abgedeckt und so kaschiert werden. „Damit wird die Reintegration in sein soziales Umfeld ermöglicht. Das wirkt sich positiv auf die Lebensqualität und Psyche des Patienten und – das wollen wir nicht außer Acht lassen – auch der Angehörigen aus“, so Dr. Klapper. N PROTHETIK Moderne Zahnimplantate auch im Alter noch sinnvoll M oderne Implantate können heute Zähne einschließlich der Wurzel ersetzen. „Davon profitieren auch Senioren. Denn das Alter allein ist keine Kontraindikation“, betont Dr. Oliver Schierz, Oberarzt in der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde am Universitätsklinikum Leipzig. Implantate haben im Vergleich zur Prothese den Vorteil, dass sie dem Gebiss insgesamt eine deutlich bessere Funktionalität geben. So wird mit dem festsitzenden Zahnersatz beispielsweise das Beißen in einen Apfel wieder möglich. Im Vergleich zur Brücke wiederum haben Implantate den Vorteil, dass für ihre Verwendung keine benachbarten Zähne beschliffen und damit geschädigt werden müssen. Implantate sind daher auch für Patienten im fortgeschrittenen Alter sinnvoll. Das Zahnimplantat wird – vereinfacht gesagt – nach dem Dü- Das eingeheilte Implantat – sozusagen die künstliche Wurzel. bel-Prinzip eingesetzt: Loch bohren, Dübel einstecken, einheilen lassen, Zahn befestigen. In der überwiegenden Mehrzahl bestehen Implantate aus gewebefreundlichem Titan. Die verschiedensten Implantatsysteme, die in Deutschland Verwendung finden, unterscheiden sich demzufolge im Wesentlichen nur in Form, Aufbaumöglichkeiten, Oberflächenbe- Die künstliche Wurzel mit aufgesetzter Zahnkrone. schichtung – und natürlich im Preis. Dennoch können leider nicht bei jedem Patienten die dauerhaft haltbaren und biologisch verträglichen Zahnimplantate verwendet werden, so Dr. Schierz. Bei Osteoporose müssen zum Beispiel meist Medikamente eingenommen werden, die das Setzen von Zahnim- plantaten unmöglich machen. Auch bei schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder einem schlecht eingestellten Diabetes kommen bedingt durch diese Grunderkrankungen Implantate in der Regel nicht in Frage. Starkes Rauchen stellt ebenfalls eine Kontraindikation dar, da Nikotin ein Zellgift ist, welches die Einheilchancen erheblich vermindert. In Leipzig bietet die Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde in Zusammenarbeit mit der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie am Universitätsklinikum das gesamte Spektrum moderner Zahnimplantate. „Das beginnt bei Vorbereitungsoperationen zum Knochenaufbau, reicht über das Setzen eines einzelnen Zahnimplantates bis zur Versorgung gänzlich Zahnloser mit Implantaten“, so Dr. Schierz. „Dabei können wir im Interesse des Patienten aus den Systemen der verschiedensten Hersteller dasjenige auswählen, das für den individuellen Fall die besten Ergebnisse bringt. Gerade Patienten mit komplexeren Problemen, bei denen beispielsweise ein Knochenaufbau nötig ist, können am Universitätsklinikum Leipzig von der interdisziplinären Zusammenarbeit der verschiedensten Fächer rings um die Zahnmedizin profitieren.“