Buchstabe O - Extras Springer

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O
Oestrus ovis (siehe Myiasis)
Onchocerca volvulus
Fred Engelbrecht, Heidelberg
Erregerbezeichnung
Onchocerca volvulus
Morphologie
Weißliche, fadendünne und langgestreckte, aufgeknäuelte Rundwürmer mit für
Nematoden typischem Aufbau: Pseudocoel (primäre Leibeshöhle), Cuticula
(Abscheidungsprodukt der Hypodermis),
Längsmuskulatur, durchgehender Darm,
Weibchen mit paarigem Genitaltrakt.
Weibchen 25-70 cm lang und 300-400 ? m
dick, Männchen 3-4 cm lang und 200 ? m
dick. Mikrofilarien (L1) etwa 300 ? m lang
und ungescheidet (zur Unterscheidung
von Mansonella streptocerca Differentialdiagnose wichtig!).
Taxonomie
Stamm Nemathelminthes, Unterstamm
Nematoda (Rundwürmer), Überfamilie
Filarioidea (Fadenwürmer), Familie Onchocercidae, Gattung Onchocerca.
Historie
Erster Nachweis von Mikrofilarien in der
Haut von Patienten mit einer in Afrika als
„Craw-Craw“ bekannten Haut-Kondition
1875 durch O’Neill an der Goldküste.
1890 Entdeckung fadenförmiger Würmer
(„Filaria volvulus“) in subkutanen Tumoren durch einen unbekannten deutschen
Arzt, Beschreibung durch Leuckart und
1893 Veröffentlichung durch Manson. Ein
Zusammenhang zwischen Infektion und
Augenkrankheit wurde 1916/17 durch
Robles („Robles Disease“) in Guatemala
vermutet. Erst 1920 Erkenntnis, daß die
adulten Filarien der Onchozerkome und
die Mikrofilarien in der Haut denselben
Parasiten darstellen und für die Hautschäden verantwortlich sind (Montpellier
und Lacroix). Nachweis der Rolle der Simulien als Überträger und Zwischenwirt
durch Blacklock 1926 in Sierra Leone.
Vektorkontroll-Programm der WHO in
Westafrika seit 1975.
Erkrankungen
Erkrankungen durch Onchocerca volvulus sind typischerweise die Folge chronischer und kumulativer Infektionen, betreffen die Haut, das Lymphsystem und
die Augen und sind wahrscheinlich die
Folge allergischer Überreaktionen, begleitet von Eosinophilie und erhöhten
Titern an IgE-Antikörpern. Erste akute
Symptome treten nach einer relativ langen Präpatenzzeit auf. Durch ständige
Neuinfektionen kommt es im Laufe der
Zeit zu typischen chronischen Erkrankungen, die charakterisiert sind durch
Atrophie der Haut, Pigmentstörungen
und Hyperkeratose oder durch Augenschäden, die langfristig zur Erblindung
führen können (besonders häufig als Folge von sklerosierender Keratitis, Chorioretinitis und Optikusatrophie). Hautschäden können auch zu Sekundärinfektionen führen.
Die klinischen Manifestationen der Onchozerkose stellen sich als Spektrum dar
und reflektieren wahrscheinlich unterschiedliche Immunantworten der infizierten Patienten. Patienten mit hohen
KapitelPagina
373
Onchocerca volvulus
Parasitenlasten, aber ohne offensichtliche
Haut- oder Augenschäden, zeigen eine
supprimierte parasitenspezifische zelluläre Immunantwort und stehen Patienten
mit geringen Parasitendichten, jedoch mit
ernsten Haut- oder Augenschäden gegenüber. Diese zeigen eine erhöhte zelluläre
Immunantwort, die aber wahrscheinlich
inadäquat und daher pathogenetisch ist.
Eine adäquate und protektive Immunantwort wird bei „endemisch normalen“ Personen postuliert, die trotz ständiger Exposition keine Infektion zeigen.
Diagnostik/Symptome
Das Ertasten subkutaner Bindegewebsknoten (Onchozerkome) kann als erster
Hinweis auf eine Infektion mit Onchocerca volvulus gelten. Zur Diagnose eignet
sich am besten der mikroskopische Nachweis von lebenden Mikrofilarien, die aus
einer Hautbiopsie („Skin snip“) in physiologische Kochsalzlösung auswandern.
Auf diese Weise jedoch keine präpatenten
Infektionen oder niedrige Parasitendichten nachweisbar. Nachweis parasitenspezifischer Antikörper im Serum in ELISA
oder IFT sehr sensitiv, aber wegen möglicher Kreuzreaktivität mit anderen Helmintheninfektionen nicht immer spezifisch. Verwendung von „Cocktails“ aus
rekombinanten Antigenen und Messung
von IgG4 oder IgE zur Serodiagnose in
Erprobung.
Symptome der Onchozerkose betreffen
Haut, Lymphsystem und Augen. Nach ein
bis zwei Jahren post infectionem treten
schmerzfreie, subkutane Bindegewebsknoten (Onchozerkome) als Reaktion auf
die adulten Filarien auf. Hautveränderungen (Onchodermatitis) können akuter oder chronischer Art sein. Als akute
Symptome treten milder bis sehr starker
Juckreiz (Pruritus), Hautödeme und papulöse Exantheme auf. Im Laufe chronischer Infektionen kommt es häufig zur
generalisierten Form der Onchozerkose
mit Depigmentierungen am Schienbein
(„Leopard skin“), Hautatrophie („Lizard
skin“), Verdickung der Haut (Hyperkeratose, „Elephant skin“), Bildung von Hautlappen vorwiegend im Leistenbereich
374
(Folge von Lymphadenitis, „hanging groins“). Selten und regional begrenzt
kommt eine Form der Onchozerkose vor,
die auf eine Körperseite bzw. Extremität
beschränkt und durch Hyperpigmentierung und papulöse Dermatitis charakterisiert ist („Sowda“). Auftreten vergrößerter, teils schmerzhafter, inguinaler
und femoraler Lymphknoten (Lymphadenopathie). Augenerkrankungen betreffen u. a. Hornhaut (punktförmige und
sklerosierende Keratitis), Iris und Ciliarkörper (Iridozyklitis), Chorioidea und
Retina (Chorioretinitis und chorioretinale Atrophie) und Nervus opticus (Optikusneuritis und Optikusatrophie). Sie
schränken die Sehleistung ein oder führen zu Blindheit.
Therapie
Operativ können Onchozerkome mit
adulten Filarien entfernt werden. Therapeutischer Effekt jedoch zweifelhaft. Für
eine Chemotherapie bislang kein gegen
alle Parasitenstadien wirksames Medikament vorhanden.
Suramin: gegen Adultfilarien gerichtet,
intravenöse Verabreichung, sehr toxisch
(nephrotoxisch), medizinische Überwachung notwendig, kein Mittel für Massentherapie.
Diäthylcarbamazin (DEC, Hetrazan): Mikrofilarizid mit häufigen und teilweise
ernsten Nebenwirkungen und Komplikationen (Mazzotti-Reaktion, Pruritus,
Kopfschmerzen, Schwindel u. a.), häufig
auch Verschlechterung der infektionsbedingten Augenschäden.
Ivermectin (Mectizan): von Streptomyces
avermitilis produziertes und chemisch
modifiziertes makrozyklisches Lacton
(Avermectin B1) mit mikrofilarizider
Wirkung, Nebenwirkungen minimal,
Wirkung auf Embryogenese sehr wahrscheinlich, einfache jährliche Dosis (200
? g/kg) ausreichend, um Patienten frei
von Mikrofilarien zu halten. Seit mehreren Jahren kostenlose Verteilung in Endemiegebieten.
Spezifische Merkmale
Die Adultwürmer leben entweder frei im
subkutanen Binde- oder Fettgewebe oder
Onchocerca volvulus
aufgeknäuelt in Bindegewebsknoten. Je
nach Größe dieser sog. Onchozerkome
(erbsen- bis pflaumengroß) enthalten sie
eine unterschiedliche Anzahl adulter Filarien. Ihre Lebensdauer beträgt bis zu 15
Jahre. Die geschlechtsreifen Weibchen
produzieren etwa 1 Million Mikrofilarien
(L1) pro Jahr, die sich über die Haut verteilen oder auch die Augen befallen können, und von denen die meisten nach
6–30 Monaten absterben. Nur wenige
Mikrofilarien werden von weiblichen
Kriebelmücken der Gattung Simulium
(„Black flies“) bei einer Blutmahlzeit aufgenommen und können sich dort in 6-12
Tagen über ein zweites Larvenstadium
zur infektiösen Larve (L3) entwickeln
und bei erneutem Stich wieder in einen
menschlichen Wirt gelangen. Die dortige
Entwicklung über ein weiteres Larvenstadium zu geschlechtsreifen adulten Filarien dauert mehrere Monate, sodaß die
Präpatenzzeit mit 12-15 Monaten entsprechend lang ist.
Transmission
Die Übertragung erfolgt ausschließlich
durch tagaktive weibliche Kriebelmücken
der Gattung Simulium, die sich während
einer Blutmahlzeit mit Hautmikrofilarien
infizieren und bei einem späteren Stich
passiv mittlerweile entwickelte infektiöse
L3 übertragen.
Wirtsbereich
Der Mensch ist einziger natürlicher Wirt
von Onchocerca volvulus. Kein Tierreservoir! Experimentell lassen sich Schimpansen infizieren. In Mäusen können Mikrofilarien überleben, sich aber nicht
entwickeln.
Risikogruppen
Menschen, die sich dauerhaft in den
Brutgebieten der Kriebelmücken aufhalten, d. h. vor allem die in der Landwirtschaft tätige Bevölkerung entlang der
schnell fließenden Gewässer in endemischen Gebieten Afrikas und Südamerikas.
Epidemiologie
Onchocerca volvulus ist in 34 Ländern im
tropischen Afrika, im Jemen und in Mittel- und Südamerika endemisch. Etwa
95 % aller Infektionen betreffen Afrika,
vor allem Westafrika. Es wird geschätzt,
daß etwa 80 Millionen Menschen dem Risiko einer Infektion ausgesetzt sind, etwa
20 Millionen infiziert und über 300 000
Menschen als Folge erblindet sind. Die
Endemiegebiete hängen vom Verbreitungsgebiet der Überträger, der Simulien,
ab und umfassen die Landstriche entlang
der Flüße, in denen sich die Larven der
Kriebelmücken entwickeln (daher „Flußblindheit“). Typischerweise nehmen Infektionshäufigkeit und -intensität, aber
auch die Schwere der Erkrankungen mit
dem Alter zu. Infektionsraten von über
90 % und Erblindungsraten von über
10 % der erwachsenen Bevölkerung können in Dörfern in hochendemischen Gebieten beobachtet werden.
Prävention
Vernichtung der Larven der Kriebelmükken durch Ausbringen von Larviciden an
den Brutplätzen soll den Übertragungszyklus unterbrechen. Schutz vor Mückenstichen als individuelle Möglichkeit, eine
Infektion mit Onchocerca volvulus zu verhindern.
Referenzzentren
Parasitologische und tropenmedizinische
Institute können als fachlich qualifiziert
betrachtet werden. Referenzzentren im
eigentlichen Sinne gibt es nicht.
Schlüsselliteratur
Piekarski, G.: Medizinische Parasitologie in
Tafeln, 3. Aufl., Springer Verlag Berlin,
Heidelberg, New York, 1987.
Muller, R., Baker, J.R.: Medical Parasitology,
J.B. Lippincott Company, Philadelphia,
1990.
Lang, W. (Hrsg.): Tropenmedizin in Klinik
und Praxis, Georg Thieme Verlag Stuttgart,
New York, 1993.
Mehlhorn, H., Eichenlaub, D., Löscher, T., Peters, W.: Diagnostik und Therapie der Parasitosen des Menschen, 2. Aufl., Gustav Fischer Verlag Stuttgart, Jena, New York, 1995.
375
O
Opisthorchis
Erhard Hinz, Heidelberg
ner Darmegel sehr schwierig ist, sollte
die Diagnose durch parasitologische bzw.
tropenmedizinische Speziallaboratorien
vorgenommen werden.
Erregerbezeichnung
Opisthorchis spec. (Leberegel)
Serologie: Bisher sind keine Tests von
hoher Spezifität und Sensitivität verfügbar.
Opisthorchis
Morphologie
Dorsoventral abgeplattete zwittrige Saugwürmer von 7-25 mm Länge und 2-5 mm
Breite. Mit blind endendem Gabeldarm
und zwei Saugnäpfen. Testes im hinteren
Körperabschnitt.
Taxonomie
Klasse Digenea, Familie Opisthorchiidae
Arten: Opisthorchis felineus, O. viverrini,
O. (Clonorchis) sinensis
Historie
Als erste Species wurde O. sinensis 1874
durch McConnell beim Menschen nachgewiesen. Dem folgte der Nachweis von
O. felineus durch Rivolta (1884) bei der
Katze und durch Winogradoff (1892)
beim Menschen. O. viverrini wurde 1886
durch Poirier als Tierparasit und erst später durch Kerr (1915) und Leiper (1914)
als Parasit des Menschen beschrieben.
Erkrankungen/Register
Opisthorchiasis: Die Erreger sind Gallengangsparasiten, deren Infektionsstadien
(Metacercarien) im Duodenum freigesetzt werden und von dort direkt in die
Gallengänge (gelegentlich auch den Ductus pancreaticus) einwandern. Adultwürmer verursachen Erweiterung der Gallengänge mit Hypertrophie des Epithels
und fibrösen Wandverdickungen.
Diagnostik/Symptome
Mikroskopie: Beweisend für das Vorliegen einer Opisthorchiasis ist allein das
Auffinden der gedeckelten Eier (2835 × 11-19 ? m) in Stuhl oder Gallensaft.
Die Eiausscheidung beginnt ca. 3-4 Wochen p.i. (Präpatenz). Da die Differenzierung der Opisthorchis-Eier gegenüber
denjenigen der zahlreichen Species klei376
Symptome: Adultwürmer verursachen Erweiterung der Gallengänge mit Hypertrophie des Epithels und fibrösen Wandverdickungen. Ausprägung des Krankheitsbildes wird bestimmt von der Dauer der
Infektion (unbehandelt bis zu 10 Jahren)
und von der Massivität des Befalls (bis zu
12.000 Würmer bei Autopsie nachgewiesen). Akute Krankheitsphase (nur bei
gleichzeitiger Aufnahme zahlreicher Metacercarien) ist mit Fieber, epigastrischen und Oberbauchbeschwerden sowie
Durchfällen verbunden. Die chronische
Phase ist charakterisiert durch Fieber, abdominelle kolikartige Schmerzen, u. U.
Gallengangsverschluß,
Hepatomegalie.
Bakterielle Sekundärinfektionen, Cholelithiasis, Abszesse, Cirrhose, Ödembildung,
Ascites und Cholangiocarcinom können
als Komplikationen hinzutreten.
Therapie
Mittel der Wahl ist Praziquantel (Biltricide®). Dosierung: einmal 40 mg/kg oder
3mal 25 mg/kg am selben Tag.
Spezifische Merkmale
Die Gattung Opisthorchis gehört zu den
triheteroxenen Helminthen (mit Endwirt
und 2 Zwischenwirten). Entwicklungszyklus: Ausscheidung der Eier mit dem
Stuhl des Endwirts 1 Weiterentwicklung
nur im Süßwasser 1 Aufnahme Miracidien-haltiger Eier durch den 1. Zwischenwirt (Schnecken: Bithyniidae u. a. Familien)
1
Larvenentwicklung in der
Schnecke (Sporocyste, Redie, Cercarie)
1 Ausschwärmen der Cercarien und Befall des 2. Zwischenwirts (Karpfenfische:
Cyprinidae) 1 Entwicklung zur infektiösen Metacercarie 1 orale Aufnahme der
Metacercarien durch den Endwirt und
Besiedelung der Gallengänge mit Adultwürmern.
Orbiviren
Transmission
Befall des Menschen nahezu ausschließlich durch den Verzehr rohen oder ungaren Fleisches von Karpfenfischen. (In
manchen Endemiegebieten können auch
Fischarten aus anderen Familien als Infektionsquelle in Frage kommen.)
3. Lang, W. (Hrsg.) Tropenmedizin in Klinik
und Praxis. Georg Thieme Verlag Stuttgart,
1993
4. Mehlhorn, H., D. Eichenlaub, T. Löscher, W.
Peters. Diagnostik und Therapie der Parasitosen des Menschen. 2. Aufl. Gustav Fischer Verlag Stuttgart, 1995
Wirtsbereich
Der Mensch ist Hauptendwirt. Daneben
existiert in piscivoren Säugetieren (Caniden, Feliden u. a.) ein weites Spektrum an
Reservoirwirten.
Orbiviren
Risikogruppen
Personen, die (Karpfen-)Fische bzw. Teile
dieser Fische in rohem oder ungarem Zustand verzehren.
Epidemiologie
Die Verbreitung der Opisthorchiasis ist
auf Eurasien beschränkt und tritt überall
dort auf, wo die Eßgewohnheiten eine Infektion ermöglichen. Das Verbreitungsgebiet von O. felineus erstreckt sich von
Spanien ostwärts bis Sibirien, während O.
sinensis ausschließlich in Ostasien und O.
viverrini ausschließlich in Südostasien
(Thailand, Laos) vorkommen. Autochthone Opisthorchis-Infektionen gehören
in West- und Mitteleuropa inzwischen zu
den extremen Seltenheiten.
Prävention
Allein das Vermeiden von Fischgerichten
in rohem oder ungarem Zustand, vor allem von Karpfenfischen, die mit Infektionsstadien behaftet sein können,
schützt zuverlässig vor dem Befall.
Referenzzentren
Offizielle Referenzzentren existieren
nicht; als fachlich qualifiziert anzusehen
sind sämtliche parasitologischen und
tropenmedizinischen Institutionen.
Schlüsselliteratur
1. Beaver, P. C., R. C. Jung, E. W. Cupp. Clinical Parasitology. 9th Edition. Lea & Febiger
Philadelphia, 1984
2. Despommier, D. D., R. W. Gwadz, P. J. Hotez. Parasitic Diseases. 3rd Edition. Springer-Verlag New York etc., 1995
Paul Schnitzler, Heidelberg
Erregerbezeichnung
Orbivirus
Colorado Tick Fever Virus
Morphologie
Orbiviren sind sphärische Partikel mit
ikosaedrischer Symmetrie, ihr Durchmesser liegt bei ca. 60 – 80 nm. Das Virion besteht aus einer äußeren Hülle und
einem inneren Core. Dieses Core besteht
aus den fünf Proteinen VP 1, VP 3, VP 4,
VP 6 und VP 7. Das Nukleokapsid ist von
einer diffusen Proteinschicht aus VP 2
und VP 5 umgeben. Dieses äußere Kapsid besitzt keine klaren morphologische
Untereinheiten. Der Durchmesser des
Colorado Tick Fever Virus beträgt 80 nm
bei negativer Färbung, die Kapsomere
sind bei dieser Art der Darstellung ringförmig angeordnet. Die äußere Kapsidhülle ist eine diffuse Schicht, die im Vergleich zu anderen Reoviren eher zerbrechlich wirkt. Orbiviren ähneln in ihrer
Morphologie stark den Reoviren, d. h. sie
besitzen kein Envelope, aber ein segmentiertes doppelsträngiges RNA Genom.
Die Morphogenese und Ausbildung neuer Viruspartikel findet im Zytoplasma
der infizierten Zelle statt, was an den Einschlußkörperchen zu erkennen ist. Diese
Einschlußkörper sind Orte der Virusreplikation und des Zusammenbaus von
neuen Viruspartikeln. Das virale Genom
besteht aus zehn doppelsträngigen RNA
Segmenten, die einzige Ausnahme ist das
Colorado Tick Fever Virus mit zwölf doppelsträngigen RNA Segmenten.
377
O
Orbiviren
Taxonomie
Aufgrund morphologischer, serologischer und physikochemischer Eigenschaften dieser Virusgruppe wurde das
Genus Orbivirus eingeführt. Im Gegensatz zu anderen Reoviren sind Orbiviren
relativ labil gegenüber Säuren. Die Einführung eines neuen Genus innerhalb
der Familie Reoviridae wird auch durch
die Übertragung dieser Viren durch
Arthropoden untermauert. Orbiviren
werden in 13 verschiedene Serogruppen
eingeteilt, diese Serogruppen werden
nochmals in verschiedene Serotypen untergliedert. Als wichtigste Serogruppen
sind hier das African Horsesickness Virus, das Bluetongue Virus der Schafe und
das humanpathogene Colorado Tick Fever Virus zu nennen.
Historie
Ursprünglich wurde diese Gruppe von
Reoviren als Arboviren klassifiziert, weil
sie von Arthropoden übertragen werden.
Allerdings unterscheiden sie sich stark
von Arboviren in ihrer Resistenz gegen
organische Lösungsmittel. Verwoerd entdeckte 1969 das doppelsträngige RNA
Genom des Bluetongue Virus, womit dieses Virus näher mit den Reoviren als mit
den Arboviren verwandt war. Der Name
Orbivirus ist vom lateinischen orbis
(Ring) abgeleitet und charakterisiert die
ringförmige Anordnung der Kapsomere,
die man durch Negativfärbung im Elektronenmikroskop sichtbar machen kann.
Erkrankungen/Register
Orbiviren sind in der Natur sehr weit verbreitet und wurden von vielen Tierspezies und dem Menschen isoliert. Sie werden durch Zecken, Stechmücken und Culiciden übertragen und replizieren auch
in diesen Vektoren. Das Bluetongue Virus
verursacht verschiedene Symptome in
Schafen und Rindern, das African Horsesickness Virus stellt einen wichtigen ökonomischen Faktor für Pferdezüchter dar.
Das Colorado Tick Fever Virus (CTFV)
ist der humanpathogene Vertreter der
Orbiviren. CTFV verursacht eine febrile
Erkrankung und Enzephalitis beim Menschen. Dermacentor andersoni ist die
378
Zecke, die dieses Virus in den Rocky
Mountains und in Nordwestkanada überträgt.
Die Krankheit, die durch das Colorado
Tick Fever Virus beim Menschen hervorgerufen wird, wird wegen der recht unspezifischen Symptome auch als Bergfieber bezeichnet und wird immer noch mit
einer Anzahl von anderen Erkrankungen
verwechselt. Zu Beginn dieses Jahrhunderts beschrieben Ärzte in Montana und
Colorado eine mild verlaufende Krankheit ohne Ausschlag, die dort nach Zekkenbiß auftrat. Erst 1930 beschrieb Bekker das Colorado Tick Fieber. Florio isolierte das Virus 1944 aus menschlichem
Blut. Dieser Virusstamm ist der Prototyp
des Colorado Tick Fever Virus. Freiwillige wurden mit Seren von infizierten Personen inokuliert und zeigten die gleiche
Symptomatik wie natürlich infizierte Personen. Danach wurde das Virus an Mäuse und Hühnerembryonen adaptiert und
konnte durch Inokulation von Babymäusen isoliert werden.
Infektionen mit dem Colorado Tick Fever
Virus sind mit einer Virämie assoziiert,
die mehrere Monate dauern kann. Das
Virus befindet sich in Erythozyten und
ist somit für eine Immunantwort schlecht
zugänglich.
Über die Pathologie beim Menschen ist
nur sehr wenig bekannt. Leukopenie mit
einer Abnahme von Granulozyten und
Lymphozyten sowie Thrombozytopenie
sind die häufigsten hämatologischen Veränderungen. Patienten mit CTF zeigen eine verminderte Produktion des koloniestimulierenden Faktors, der zirkulierende Inhibitor könnte Interferon sein. Ein
großer Teil der CTF Patienten haben einen hohen Spiegel an zirkulierendem Interferon-alpha während der ersten zehn
Tage der Erkrankung. Der Interferonspiegel korreliert mit dem Fieber aber nicht
mit der Häufigkeit oder dem Schweregrad der Symptome. Zwei fatale Fälle mit
Enzephalitis und Nierenversagen mit Hämorrhagien wurden bei Kindern berichtet. Symptome waren hier Petechien der
Haut, Schwellen des Endothels sowie
Nekrosen der Leber, Milz und des Gehirns.
Orbiviren
Die Inkubationszeit beträgt ungefähr vier
Tage. Die Krankheit beginnt mit Fieber,
Schüttelfrost, Kopfschmerz, Myalgien
und Photophobie, unter Umständen Diarrhoe. Die akute Krankheitsphase dauert fünf bis zehn Tage.
Diagnostik/Symptome
Das Colorado Tick Fieber kann wegen
der Übertragung durch Zecken mit einer
Lyme Borreliose verwechselt werden. Das
Colorado Tick Fever Virus kann leicht
aus infizierten Patienten isoliert werden.
Infektiöses Virus ist in zirkulierenden
Erythrozyten nachweisbar. Das am besten geeignete Untersuchungsmaterial ist
Heparinblut, da das Virus zellassoziiert
ist. Erythrozyten müssen vor einer Untersuchung gut gewaschen werden, um
sie vom Serum und den darin enthaltenen Antikörpern zu befreien. Die Probe
sollte gekühlt transportiert und gelagert
werden, einfrieren ist zu vermeiden. Das
sensitivste Nachweissystem zur Isolierung des Virus ist die intrazerebrale Inokulation von Babymäusen. Ein Antigennachweis mittels Immunfluoreszenz ist
auch möglich.
Zum serologischen Nachweis einer Colorado Tick Fieber Infektion werden die
Komplementbindungsreaktion und der
IgM-Nachweis eingesetzt. Komplementbindende Antikörper werden bei einem
Viertel der Patienten nicht gebildet. Neutralisierende Antikörper werden spät,
d. h. etwa zwei bis drei Wochen nach Beginn der Symptomatik gebildet. Infizierte
Vero- oder BHK-21-Zellen werden zum
Nachweis von Antikörpern gegen das
CTFV in der Immunfluoreszenz benutzt.
Die IgM-Antikörperantwort, die ca. vier
bis fünf Wochen nach der Infektion ihren
höchsten Titer erreicht, wird im ELISA
gemessen.
Therapie
Es gibt keine spezifische Behandlung. Eine Therapie kann daher nur die Senkung
des Fiebers und das Lindern der Schmerzen zum Ziel haben. Ribavirin inhibiert
das Wachstum des CTFV in Zellkultur
und schützt Mäuse gegen eine Infektion
durch intracerebrale Inokulation.
Spezifische Merkmale
Orbiviren besitzen in der Regel zehn
doppelsträngige RNA Moleküle, im Fall
des Colorado Tick Fever Virus wird das
Genom allerdings durch zwölf doppelsträngige RNA Moleküle gebildet. Orbiviren besitzen innerhalb der Familie Reoviridae das kleinste Genom mit 12 × 106
Dalton, das Genom des CTFV hat eine
Masse von 18x106 Dalton und ist damit
größer als das Genom anderer Reoviren.
Sieben Polypeptide wurden in gereinigten Virionen nachgewiesen. VP 2 und
VP 5 bilden das äußere Kapsid, das Core
besteht aus den beiden Hauptproteinen
VP 3 und VP 7 und den drei Proteinen
VP 1, VP 4 und VP 6, die mengenmäßig
weniger stark vertreten sind. Durch Entfernen der beiden Proteine VP 2 und VP
5 wird das Core freigelegt und die virale
RNA-abhängige RNA-Polymerase aktiviert.
Transmission
Orbiviren werden durch Zecken, Stechmücken und Culiciden übertragen und
replizieren auch in diesen Vektoren. Dermacentor andersoni ist die Zecke, die dieses Virus in den Rocky Mountains und in
Nordwestkanada auf den Menschen überträgt. Es wurde ein Fall berichtet, bei
dem eine Person über eine Bluttransfusion infiziert wurde. Ixodes ricinus ist der
Vektor für das Eyach Virus, eine spezifische Serogruppe der Orbiviren, die in
Frankreich und Deutschland nachgewiesen wurde.
Wirtsbereich
Orbiviren sind in der Natur sehr weit verbreitet und wurden von vielen Tierspezies und dem Menschen isoliert. Sie werden durch Zecken, Stechmücken und Culiciden übertragen und replizieren auch
in diesen Vektoren. Das Bluetongue Virus
verursacht verschiedene Symptome in
Schafen und Rindern, das African Horsesickness Virus stellt einen wichtigen
ökonomischen Faktor für Pferdezüchter
dar. Das Colorado Tick Fever Virus ist
der humanpathogene Vertreter der Orbiviren.
379
O
Orthomyxoviren
Risikogruppen
Insbesondere Personen, die sich häufig
im Freien in den Rocky Mountains und
im Nordwesten Kanadas aufhalten, sind
durch die vermehrte Exposition zu infizierten Zecken stärker gefährdet. Hierzu
zählen in erster Linie Jäger, Camper und
Bergsteiger. Über 70 % der Colorado Tick
Fieber Fälle wird bei Erwachsenen verzeichnet, die höchste Inzidenz liegt in der
Altersgruppe von 20 -29 Jahren. Unter
den Infizierten sind etwa dreimal mehr
Männer als Frauen.
Epidemiologie
Das Colorado Tick Fieber Virus kommt
in den Rocky Mountains und im Nordwesten Kanadas in einer Höhe zwischen
1000 und 3000 m vor. Dies entspricht der
natürlichen Verbreitung des Vektors, Dermacentor andersoni. Da das Eyach Virus,
eine bestimmte Serogruppe der Orbiviren, auch in Europa nachgewiesen wurde,
liegt die Vermutung nahe, daß diese Erreger mehr verbreitet sind als bisher angenommen. Bei Personen in Südkorea wurden ebenfalls neutralisierende Antikörper gegen CTFV nachgewiesen.
Das Colorado Tick Fieber tritt vor allem
zwischen April und Juli auf. Im Mai und
Juni, wenn die adulten Zecken am aktivsten sind, ist die Inzidenz am höchsten.
Prävention
Der beste Schutz gegen eine Infektion
durch das CTFV ist das Tragen einer
sachgemäßen Bekleidung für diejenigen
Personen, die häufig in den genannten
Gebieten diesen Zecken exponiert sind.
Dieser Personenkreis sollte auf jeden Fall
darauf achten, daß Zecken, die sich auf
der Haut anheften, sofort entfernt werden.
Mit Formalin inaktiviertes Virus, das in
Mäusehirnen angezüchtet wurde, induzierte bei Freiwilligen einen lang anhaltenden Schutz. Die Entwicklung einer
Vakzine wurde aber nicht weiter verfolgt.
Referenzzentren
Ein Referenzzentrum für Orbivirus in der
Bundesrepublik Deutschland ist nicht bekannt.
380
Schlüsselliteratur
Roy P. Orbiviruses and their replication. In
Fields B.N., Knipe D.M., Howley P.M. Virology, Raven-Lippincott Publishers, Philadelpia, New York 1995,1709 – 1734.
Orthomyxoviren
Prof. Dr. med. Hans-Dieter Klenk,
Institut für Virologie, PhilippsUniversität Marburg
Erregerbezeichnung
Influenza Viren A, B und C
Morphologie
Viruspartikel sind sphärisch oder pleomorph mit einem Durchmesser von 80120 nm. Filamentöse Formen mit einer
Länge von mehreren Mikrometern kommen ebenfalls vor. Viruspartikel bestehen
aus einem helikalen, segmentierten Nukleokapsid, das das Virusgenom enthält,
und einer Lipidhülle mit Glykoproteinspikes, die eine Länge von 10-14nm besitzen. Das Virusgenom besteht aus 6-8 Segmenten linearer, einzelsträngiger RNS
mit negativer Polarität. Es hat eine Gesamtgröße von 10.0-13.6 Kb. Jedes Genomsegment trägt die genetische Information für 1-2 virusspezifische Proteine.
Zu den Strukturproteinen gehören 3 Polymeraseproteine, das gruppenspezifische Nukleokapsidprotein, sowie ein
nicht glykosyliertes Membran- oder Matrixprotein. Influenza-A und B-Viren besitzen ein Hämagglutinin-Glykoprotein
(HA), das für Rezeptorbindung und
Membranfusion verantwortlich ist, und
das Neuraminidase-Glykoprotein (NA)
als rezeptorzerstörendes Enzym. Influenza-C-Viren besitzen ein einziges Glykoprotein (HEF), dem neben Rezeptorbindung und Fusion auch die Aufgabe des
rezeptorzerstörenden Enzyms zufällt. HA
und HEF werden durch zelluläre Proteasen aktiviert. Influenza-A und B-Viren
haben ein drittes integrales Hüllenprotein (M2, NB) mit Ionenkanalfunktion.
Orthomyxoviren
Neben den Strukturproteinen existieren
2 Nicht-Strukturproteine (NS1 und NS2).
Taxonomie
Influenzaviren gehören zur Familie Orthomyxoviridae, die aus den Genera „Influenzavirus A, B“ (Species „InfluenzaA-Virus“ und „Influenza-B-Virus“), „Influenzavirus C“ und „Thogoto-ähnliche
Viren“ besteht. Das gebräuchliche Nomenklatursystem gibt Species, Wirt, Isolierungsort, Stammnummer, Isolierungsjahr, sowie bei Influenza-A-Viren den Serotyp von HA und NA an (z. B. A/Swine/
Iowa/15/30(H1N1)). Bei menschlichen
Isolaten wird der Wirt nicht angegeben
(z. B. A/Puerto Rico/8/34(H1N1).
Historie
Influenza ist als hoch kontagiöse, akute
Infektionskrankheit des Menschen seit
dem Altertum bekannt. Die Krankheit
tritt epidemisch auf, wobei sich die einzelnen Epidemien deutlich in ihrem
Schweregrad voneinander unterscheiden.
Ausgangspunkt scheint häufig Asien zu
sein. In diesem Jahrhundert kam es 1918
(„Spanische Grippe“, 20-40 Millionen Tote, weltweit), 1957 („Asiatische Grippe“)
und 1968 („Hong Kong Grippe“) zu Pandemien. Das Virus wurde 1933 entdeckt.
Erkrankungen/Register
Influenzaviren sind die Erreger der Grippe. Hierbei handelt es sich in erster Linie
um eine Erkrankung des Respirationstrakts. Die Verlaufsformen variieren bei
Influenza-A-Viren von asymptomatischer
Infektion bis zu primärer viraler Pneumonie mit letalem Ausgang. Typisch ist
eine Tracheobronchitis mit Beteiligung
der unteren Luftwege. Die Inkubationszeit liegt zwischen 1 und 5 Tagen. Die ersten Krankheitssymptome sind Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Husten, gefolgt
von hohem Fieber, Muskelschmerz und
Übelkeit. Nach 2-3 Tagen kommt es in
der Regel zum Fieberabfall. Husten und
Schwächegefühl dauern jedoch 1-2 Wochen. Im Kindesalter unterscheidet sich
der Verlauf vor allem durch höheres Fieber mit Fieberkrämpfen, häufigeres Auftreten von gastrointestinalen Sympto-
men, sowie Krupp und Otitis media. Die
häufigste Komplikation ist die Influenzapneumonie, die beim Kind und bei Erwachsenen auftritt. Hierbei kann es sich
um eine primäre virale Pneumonie handeln, die kurz nach dem ersten Auftreten
der Grippesymptome beginnt und sich
innerhalb von 6-24 Stunden zum voll
ausgebildeten Krankheitsbild mit hoher
Atemfrequenz, Tachykardie, hohem Fieber und Hypotonie entwickelt. Röntgenologisch lassen sich beidseitige interstitielle Infiltrate nachweisen. Innerhalb
von 1-4 Tagen kann es zum Tode kommen. Bei nicht letalem Verlauf tritt Besserung nach 5 bis 16 Tagen ein, wobei der
Röntgenbefund sich erst nach 4 Monaten
normalisieren kann. Weit häufiger als die
primäre Influenzapneumonie ist die Influenzapneumonie mit bakterieller Beteiligung, bei der in erster Linie Streptococcus pneumoniae, Staphylococcus aureus
und Haemophilus influenzae als Miterreger nachgewiesen werden. Hierbei
kommt vermutlich der Aktivierung des
Hämagglutinins durch bakterielle Proteasen eine pathogenetische Bedeutung zu.
Enzephalitis, Myokarditis und Reyes Syndrom sind seltenere Komplikationen der
Influenza, bei denen die pathogenetische
Rolle des Virus unklar ist. Influenza-BViren erzeugen die gleichen Krankheitsbilder wie Influenza-A-Viren, während
Influenza-C-Virus-Infektionen häufig einen subklinischen Verlauf haben.
Diagnostik/Symptome
Influenzaviren werden aus Nasen-, Rachen- und Alveolarsekret in den ersten
Tagen nach Krankheitsbeginn isoliert.
Zur Anzucht dienen embryonierte Hühnereier oder MDCK-Zellkulturen. Für die
Schnelldiagnostik wird der Antigennachweis in infizierten Zellen aus Nasen- und
Rachensekreten mit Hilfe der Immunfluoreszens eingesetzt. Serumantikörper
werden mit Hilfe des Hämagglutinationshemmtest oder der KBR nachgewiesen.
Therapie
Eine spezifische Therapie gibt es nicht.
Die Influenzapneumonie wird symptomatisch behandelt. Bei bakterieller Betei381
O
Orthomyxoviren
ligung werden Antibiotika angewendet.
Amantadin kann als antivirale Substanz
prophylaktisch eingesetzt werden (s. u.).
Spezifische Merkmale
Influenzaviren zeichnen sich durch ein
breites Wirtsspektrum und große genetische Variabilität aus, die auf hoher Mutationsfrequenz und leichtem Genaustausch beruht. Die daraus hervorgehende
Antigenvariabilität ist wesentliche Ursache für die charakteristische Epidemiologie der Influenza.
Transmission
Die natürliche Übertragung der humanpathogenen Influenzaviren erfolgt auf
aerogenem Weg. Die Kontagiosität ist
hoch.
Wirtsbereich
Influenza-A-Viren kommen beim Menschen (Serotypen H1N1, H2N2 und
H3N2), bei anderen Säugern und in großer Vielfalt bei Vögeln vor. Die Übertragung zwischen verschiedenen Spezies
wurde beobachtet und ist wichtig für das
Entstehen neuer Virusvarianten. Influenza-B und C-Viren treten nur beim Menschen auf.
Risikogruppen
Eine erhöhte Pneumoniegefahr besteht
bei der Altersgruppe ab dem 65. Lebensjahr, bei Patienten mit kardiopulmonaler
Insuffizienz, bei Patienten mit Stoffwechselerkrankungen und bei Kleinkindern.
Epidemiologie
Das periodische Auftreten der Influenza
beruht auf der ständigen Veränderung
der für den Immunschutz verantwortlichen Oberflächenproteine HA und NA,
wodurch das Virus in die Lage versetzt
wird, die Abwehrmechanismen des Wirts
zu unterlaufen. Dabei werden zwei ver-
382
schiedene Arten der Antigenveränderung
unterschieden. Beim Antigensprung
kommt es auf Grund eines Genaustausches zu einer starken Veränderung, sodaß sich das neu entstandene Virus ungehemmt ausbreiten kann und damit zur
Pandemie führt. Die zwischen den Pandemien beobachteten Epidemien werden
dagegen durch die Antigenverschiebung
verursacht. Sie beruht auf Punktmutationen, die nur zu einer leichten Veränderung der Oberflächenantigene führen,
sodaß immer noch ein partieller Immunschutz besteht.
Prävention
Zur Immunprophylaxe werden Totimpfstoffe eingesetzt, deren Formulierung
ständig den aktuellen Influenza-A und BStämmen angepaßt wird. Die Erregervariabilität erfordert jährliche Immunisierungen jeweils zu Beginn der Influenzasaison. Adamantanamin-hydrochlorid
(Amantadin) und Rimantadin sind antivirale Substanzen, die prophylaktisch anwendbar sind und auch noch im Anfangsstadium der Erkrankung einen
leichten therapeutischen Effekt zeigen.
Referenzzentren
Robert-Koch-Institut, Berlin; Staatl. Medizinaluntersuchungsamt, Hannover.
Schlüsselliteratur
Lamb, R.A., and Krug, R.M.: Orthomyxoviridae: the viruses and their replication. Fields
Virology, Third Edition, pp 1353-1395, Lippincott-Raven, New York, 1996
Murphy, B.R., and Webster, R.G.: Orthomyxoviruses. Fields Virology, Third Edition, pp
1397-1445, Lippincott-Raven, New York,
1996
Klenk, H.-D., and Rott, R.: The molecular biology of influenza virus pathogenicity. Adv.
Virus Research 34, 247-281, 1988
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