An die Aktionäre der Jolimont Inc.

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Henderson & Butterfield Limited
Investment Consultants
Hong Kong
17/F., Shiu Fung Hong Building
239-241 Wing Lok Street
Hong Kong / China
An die Aktionäre der Jolimont Inc.
Im Jahre 2008 sank der innere Wert der Aktie Jolimont von CHF 48’193 auf CHF 33’949 oder um
29.56%. Der Wertzuwachs der Aktie seit der Gesellschaftsgründung im August 1990 beträgt 239%,
resp. 6.85% per annum. Das Portfolio besteht zu 51% aus Aktien, in der Mehrzahl Blue Chips, und zu
43% aus festverzinslichen Wertpapieren (hauptsächlich hoch rentierenden Obligationen). Der Rest
von 6% ist liquid. Hochrentierende Obligationen bieten, wie der Name es ausdrückt, eine höhere
Rendite bei höherem Verlustrisiko.
2008 war das Jahr der grössten weltweiten Krise seit der Depression in den dreissiger Jahren. Wenn
wir vor einem Jahr noch zaghaft gehofft hatten, das Jahr könnte uns positiv überraschen, dann haben
wir uns gewaltig getäuscht. Was hat diesen Zusammenbruch verursacht? Von 1982 bis 2007 erlebte
die Welt eine Periode von andauernder Prosperität, welche durch tiefe Zinsen und tiefe Inflationsraten
bei gleichzeitig hohen Wachstumsraten gekennzeichnet war. Das weltweite Wachstum wurde
erheblich getragen durch die Konsumnachfrage der privaten US Haushalte und eine wachsende
Produktion in den Schwellenländern wie China. Tiefe Zinsen und die Erleichterung der
Kreditaufnahme haben sowohl die privaten Haushalte, vor allem in den USA, als auch die Banken,
Finanzinstitute und Institutionen wie Hedge Funds und dergleichen dazu verleitet, sich übermässig zu
verschulden. Die Erleichterung der Kreditaufnahme wurde ermöglicht durch die Verbriefung der
Schulden von einer Grosszahl von Einzelschuldnern in frei handelbare Derivate.
Die wachsende Verschuldung der amerikanischen Haushalte hat uns schon seit längerer Zeit Sorge
bereitet. Dann haben Leute wie Warren Buffett schon früh vor dem gewaltigen Wachstum der
Finanzderivate, ihrer weitgehend undurchsichtigen Komplexität und den falschen Anreizsystemen für
deren Hauptakteure gewarnt. Auch der Spekulationsboom in den amerikanischen
Liegenschaftsmärkten war bekannt. Die Weltwirtschaft ist ungeheuer komplex, sie ist eigentlich nie
ohne grössere oder kleinere Probleme, deren Lösung man nicht sieht, aber irgendwie mogelt sie sich
ohne grösseren Unfall durch und das Wachstum geht weiter. Doch 2008 kam es zum Kollaps. Die in
vielen Jahren aufgebauten Ungleichgewichte führten zu einigen Spannungen, welche beim Konkurs
von Lehman Brothers ins Chaos führten und das Vertrauen, die wichtigste Grundlage des Geld- und
Kreditgeschäftes, zusammenbrechen liessen. Seit den Dramen der Antike wissen wir, dass eine lange
Zeit der Prosperität sehr gefährlich für den Menschen ist. Unweigerlich wird er überheblich,
überschätzt sich, macht Fehler und muss durch einen Rückschlag auf den Boden der Realität
zurückgebracht werden. „Constructive Destruction“ nannte das der Ökonom Schumpeter.
Da wir nicht mit einem Zusammenbruch des Vertrauens in diesem Ausmass gerechnet haben, hat uns
die Baisse der Börsen voll getroffen. Als Value-Investoren haben wir schon vor der Krise auf die tief
bewerteten Banken und Finanzwerte gesetzt, von denen die Banken dann besonders stark gelitten
haben. Viele dieser Firmen hatten sich mehr oder weniger stark in Derivaten engagiert, einige so
stark, dass das Eigenkapital nicht mehr ausreichte, um die Wertverluste aufzufangen. Der
Interbankenmarkt, an dem sich viele Institute ihr Geld liehen, kam wegen mangelnden Vertrauens
vollständig zum Erliegen und damit verloren diese Institute ihre Refinanzierungsmöglichkeit. Sie
mussten mit staatlichen Geldern refinanziert werden und seither ist der Staat gewichtiger Aktionär.
Firmen wie die Hypo Real Estate werden es schwer haben, sich von diesem Rückschlag zu erholen.
Andere, wie UBS, CS, Lloyds und Royal Bank of Scotland haben auch sehr stark gelitten und unsere
Beteiligungen wurden durch die Kapitalerhöhung verwässert, aber sie sollten sich in Zukunft langsam
erholen. Etwas besser erging es den Versicherungen. Sie arbeiten auch mit Fremdkapital, aber mit
Ausnahme von AIG konnten sie die Verluste selber tragen. Enttäuschend war, dass fast alle
Gesellschaften im Zenith der Krise, also zu Tiefstpreisen, ihre Aktienbestände mit Verlust sehr stark
abgebaut oder vollständig verkauft haben. Die löblichen Ausnahmen sind Berkshire Hathaway und
Fairfax, die antizyklisch investieren.
Wie wird es weitergehen? Das Platzen der Liegenschafts- und Rohmaterialblasen hat schlagartig das
Schwergewicht von den Sachwerten auf die Liquidität verlagert. Das Hauptaugenmerk von staatlichen
Aufsichtsbehörden, Geschäftsleitungen, Investoren und Märkten ist auf den Abbau von Schulden und
den Aufbau von Liquiditäten gerichtet. Dasselbe gilt für die amerikanischen Haushalte; sie müssen
den Konsum senken und mehr sparen. Das wird dazu führen, dass die Rezession länger und
schwieriger sein wird als in früheren Jahren. Die gegenwärtige Bankenkrise birgt auch die Gefahr der
Deflation in sich. Bei einer Deflation horten die Wirtschaftssubjekte ihr Geld, sie konsumieren und
investieren nicht, weil ihnen das Vertrauen in die Zukunft fehlt. Dadurch schrumpft die Wirtschaft, die
Arbeitslosigkeit steigt, aber Güter werden billiger. Eine solche Situation hatten wir letztmals während
der Depression in den dreissiger Jahren. Gegenwärtig unternehmen Regierungen alles, um das
Bankensystem zu reaktivieren und Kreditausleihungen trotz des fehlenden Vertrauens in Gang zu
bringen. Wir nehmen an, dass es ihnen gelingen wird, es ist aber ein sehr harziger Prozess mit immer
neuen Rückschlägen.
Die Börsen haben auf diese schweren wirtschaftlichen Verwerfungen in typischer Weise reagiert, sie
übertreiben nach unten und haben die Rezession schon überkompensiert. Da der Ausblick ungewiss
und von Problemen belastet ist, haben sich viele Investoren von ihren Aktien getrennt oder sie planen,
bei der nächsten Erholung auszusteigen. Im September, Oktober und November brachen die Märkte
so gewaltsam ein, dass viele Privatleute, aber auch Pensionskassen und professionelle Investoren
noch immer unter Schock stehen und ihre Aktienanlagen tief bereuen. Einbrüche von 40 bis 60
Prozent in so kurzer Zeit sind auch einmalig in der Börsengeschichte. Wir haben jetzt eine Situation,
wo die Aussichten zwar sehr ungewiss und die Risiken weiterer Rückschläge nicht gering sind;
gleichzeitig sind aber Aktien auf ihre tiefste Bewertung seit mehr als 20 Jahren gefallen. Wer billig
einkaufen will und über die nötige Geduld verfügt, der hat heute eine einmalige Chance. Wir sind in
einem Tief und die Geschichte der Wirtschaft hat gezeigt, dass sich über kurz oder lang eine Erholung
anbahnen wird, die uns aus dem Tal zu neuen Höhen führen wird. Selbst wer 1929 auf dem
Höhepunkt gekauft hatte, erreichte 1936 inflationsbereinigt diesen Wert wieder. Es war sicher ein
Fehler, im vergangenen Jahr Aktien nicht zu verkaufen. Ebenso dürfte es ein Fehler sein, heute auf
diesen tiefen Niveaus noch zu verkaufen. Das Potential nach oben ist sicher höher als das Risiko
weiterer Verluste. Angesichts des düsteren Ausblicks sollten wir nicht vergessen, dass Aktien in der
Vergangenheit, in den letzten 100 Jahren, mit ungefähr 6 Prozent im Jahr real gewachsen sind. Das
dürfte auch in der Zukunft zutreffen. Unterbewertung und Wachstum kombiniert sind starke Faktoren
für künftige Höherbewertungen. Es ist auch kein Zufall, dass Könner wie Buffett, Grantham und Watsa
von Fairfax kontinuierlich kaufen. Allerdings verfügen sie über zwei Qualitäten, die vielen von uns
fehlen, nämlich langfristiges Denken und grosse Geduld. Das sind wichtige Voraussetzungen, um
schlussendlich erfolgreich zu sein.
In den letzten Jahren mit tiefen Zinsen und hoher Liquidität haben wir erwähnt, dass hoch rentierende
Anleihen fast nicht zu finden und die gebotenen Renditeprämien ungenügend seien. Dies hat sich in
diesem Jahr, vor allem im dritten Quartal schlagartig geändert. Da jedermann nur noch die beste
Qualität sucht, vorzugsweise Staatsanleihen, sind Gesellschaftsanleihen in grosser Zahl abgestossen
worden und weisen nun sehr interessante Renditen auf, die wohl das höhere Risiko mehr als
kompensieren. Wir haben viele Anleihen von Banken und Finanzinstituten gekauft, neuerdings
erscheinen auch Obligationen von Industriegesellschaften als sehr attraktiv. Die Krise und die sie
begleitende Unsicherheit haben einige Papiere auf ein Niveau gedrückt, welches sogar einen Konkurs
einbezieht. Auf diesem Gebiet dürften in den kommenden Jahren gute Gewinne wahrscheinlich sein,
im Gegensatz zu den Staatsanleihen, die fast keine Rendite abwerfen.
Wer ob des schmerzhaften Rückschlages von 2008 von Zweifeln befallen wird, sollte auf die langfristig
günstigen Renditen von Aktienanlagen schauen: 6.4 Prozent real seit 1871 in den USA, trotz Krisen,
Kriegen und einer Depression. Auch Schweizer Aktien haben in den letzten 80 Jahren etwa 5.6
Prozent rentiert. 1957 wurde der Standard & Poor’s 500 Index gestartet. Wer damals investiert und nie
verkauft hat, der erzielte eine Rendite von 10.8 Prozent. Aus $10'000 wurden in 50 Jahren $1.6
Millionen. Wenn auch Mr. Market kurzfristig brutale Knockouts austeilt, langfristig stand man immer
auf der Seite der Gewinner.
Beilagen: Graphik der inflationsbereinigten Aktienrenditen USA von 1871 bis heute und Aufsatz von
Warren Buffett in der New York Times vom 16. Oktober 2008.
Roland Schwab
31.12.2008
11.5
Total Real Return of the US stock market 1871-2008
Tot Return Index (log scale)
9.5
7.5
Trend Real Total Return: 6.4%
5.5
3.5
1.5
-0.5
1871 1876 1881 1886 1891 1896 1901 1906 1911 1916 1921 1926 1931 1936 1941 1946 1951 1956 1961 1966 1971 1976 1981 1986 1991 1996 2001 2006
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