Zentrum Mathematik Technische Universität München Prof. Dr. Josef Dorfmeister WS 2004/05 7. Übungsblatt zur Topologie – Lösungen zu Aufgabe 2 und 3 Aufgabe 2. (Fundamentalgruppe und Wegzusammenhang I) Sei X ein topologischer Raum, A ⊂ X wegzusammenhängend und x0 ∈ A. Es sei ferner ι : A −→ X die Einbettung von A in X. Zeigen Sie: Der induzierte Homomorphismus ι∗ : π1 (A, x0 ) −→ π1 (X, x0 ) ist dann und nur dann surjektiv, wenn jeder Weg mit Anfangs- und Endpunkt in A homotop (relativ {0, 1}) zu einem Weg ist, der ganz in A verläuft. Lösung zu Aufgabe 2. =⇒: Sei ι∗ surjektiv, und sei γ : I → X ein Weg mit Anfangspunkt x1 und Endpunkt x2 in A. Da A wegzusammenhängend ist existieren Wege α1 : I → X von x0 nach x1 und α2 : I −→ X von x2 nach x0 , die ganz in A verlaufen. (Man beachte aber, dass α1 , α2 dennoch Wege in X sind.) Dann ist Γ := α1 · γ · α2 ein geschlossener Weg in X um x0 , also [Γ] ∈ π1 (X, x0 ). Da ι∗ surjektiv ist, existiert ein G ∈ π1 (A, x0 ), so dass ι∗ (G) = [Γ]. Es ist G = [γ 0 ] mit einem geschlossenen Weg γ 0 : I → A um x0 . Mit ι∗ (G) = [ι ◦ γ 0 ] = [Γ] folgt dann (ι ◦ γ 0 ) ∼ = Γ = α1 · γ · α2 . Hieraus folgt nun sofort, dass γ ∼ = 1·γ·1 ∼ = α1−1 · (α1 · γ · α2 ) · α2−1 ∼ = α1−1 · (ι ◦ γ 0 ) · α2−1 . Rechts steht hier eine Verknüpfung dreier Wege, die ganz in A verlaufen, also ein Weg der ganz in A verläuft. Also ist γ homotop zu einem Weg, der ganz in A verläuft. Man beachte, dass hier alle Homotopien relativ {0, 1} sind. ⇐=: Sei jeder Weg mit Anfangs- und Endpunkt in A homotop (rel {0, 1}) zu einem Weg, der ganz in A verläuft. Zu zeigen ist, dass ι∗ surjektiv ist. Sei dazu G ∈ π1 (X, x0 ) beliebig. Es ist G = [γ] Homotopieklasse eines geschlossenen Weges γ : I → X um x0 . Wegen x0 ∈ A existiert nach Voraussetzung ein zu γ homotoper geschlossener Weg γ 0 : I → X um x0 , der ganz in A verläuft. Man definiert nun γ 00 : I → A durch γ 00 (t) = γ 0 (t). Dann ist [γ 00 ] ∈ π1 (A, x0 ) und offensichtlich ι ◦ γ 00 = γ (nach Konstruktion). Also ist γ homotp zu ι ◦ γ 00 , und dies bedeutet nichts anderes, als G = [γ] = [ι ◦ γ 00 ] = ι∗ ([γ 00 ]). Mithin liegt G im Bild von ι∗ , und da G beliebig war, ist ι∗ surjektiv. Damit ist alles gezeigt. Aufgabe 3. (Fundamentalgruppe und Wegzusammenhang II) Sei X ein topologischer Raum, x0 ∈ X und X0 die Wegzusammenhangskomponente von x0 . Ferner sei ι : X0 −→ X die Einbettung von X0 in X. Dann induziert ι bekanntlich einen Homomorphismus ι∗ : π1 (X0 , x0 ) −→ π1 (X, x0 ) [γ] 7−→ [ι ◦ γ] der Fundamentalgruppen. Zeigen Sie: Dies ist ein Isomorphismus. Erinnerung: Die Wegzusammenhangskomponente von x0 ist die Vereinigung aller wegzusammenhängenden Obermengen von {x0 }, also die größte x0 enthaltende wegzusammenhängende Teilmenge von X. Lösung zu Aufgabe 3. Da X0 eine Wegzusammenhangskomponente ist, verläuft jeder Weg mit Anfangspunkt in X0 ganz in x0 , und ist damit insbesondere homotop (nämlich gleich) einem Weg, der ganz in X0 verläuft. Es folgt also aus Aufgabe 2 (mit A = X0 ) sofort die Surjektivität von ι∗ . Damit bleibt nur noch die Injektivität zu zeigen. Untersuche dazu den Kern des Homomorphismus. Es sei γ : [0, 1] → X0 ein geschlossener Weg um x0 , in X0 , so dass ι∗ ([γ]) = [ι ◦ γ] = [cx0 ], wobei [cx0 ] das Einselement in π1 (X, x0 ) ist. Das bedeutet, dass ι ◦ γ und cx0 homotop relativ {0, 1} in X sind. Sei H : [0, 1]2 −→ X die entsprechende Homotopie, dass heißt H : [0, 1]2 −→ X stetig mit H( · , 0) = ι ◦ γ, H( · , 1) = cx0 , H(1, s) = H(0, s) = x0 für alle s ∈ [0, 1]. Dann ist für belibiges t ∈ [0, 1] die Abbildung s 7→ H(t, s) eine Weg mit Anfangspunkt in x0 ∈ X0 . Wie schon gesehen liegt dieser Weg ganz in X0 , da X0 eine Wegzusammenhangskomponente ist. Also ist H(t, s) ∈ X0 für alle (t, s) ∈ [0, 1]2 . Sei nun H̃ : [0, 1]2 −→ X0 , H̃(t, s) := H(t, s) für alle (t, s) ∈ [0, 1]2 . Dann ist H̃ stetig (selbst), und es gilt offensichtlich H̃( · , 0) = γ, H̃( · , 1) = cx0 , H̃(1, s) = H̃(0, s) = x0 für alle s ∈ [0, 1]. Mithin ist H̃ eine Homotopie von γ und cx0 in X0 . Also [γ] = [cx0 ] in π1 (X0 , x0 ), und dies bedeutet, dass der Kern von ι∗ trivial ist. Also ist ι∗ injektiv. Bemerkungen: In der algebraischen Topologie ist es immer wichtig, genauestens zu beachten, welche Abbildungen von wo nach wo abbilden. In der hier vorliegenden Aufgabe ist es beispielsweise entscheidend, dass γ eine Weg in X0 , also eine Abbildung nach X0 ist, ι ◦ γ hingegen eine nach X. Die beiden dürfen also, obwohl in der Abbildungsvorschrift gleich, nicht identifiziert werden. Die oben behauptete Stetigkeit von H̃ ist nicht trivial. Sie beruht auf folgender Aussage: Seien X, Y topologische Räume, A ⊂ Y und f : X −→ Y stetig, so dass das Bild von f in A liegt. Dann ist die Abbildung f˜ : X −→ A f˜(x) := f (x) für alle x ∈ X stetig.