ReformKompass Migration Governance von Migration und Integration – Internationale Erfahrungen und Empfehlungen für Deutschland Dietrich Thränhardt Migration ist für Deutschland wie für andere europäische Länder zur Normalität geworden; angesichts der demographischen Defizite und der intensiven wirtschaftlichen Verflechtungen wird das auch zukünftig so sein. Gleichzeitig berührt Migration das Selbstverständnis der Regionen und Nationen und ist in immer neuer Weise kontroverses Thema der Politik. In diesem Beitrag geht es darum, in welch unterschiedlicher Weise die europäischen Länder ihre institutionellen Strukturen auf diese Herausforderungen einstellen. In diesem Kontext fragen wir nach den Hauptproblemen in Deutschland und nach institutionellen Reformen, die geeignet wären, diese Probleme anzugehen. Herausforderungen der Einwanderungsgesellschaft für die Institutionen »Ein neues Modell von Governance und neue Planungsinstrumente zu schaffen, ausgehend von einer sorgfältigen Analyse der Migrationsphänomene« – das stellt sich die Region Toskana in ihrem Integrationsgesetz als Aufgabe. Es gehe um die Zusammenarbeit zwischen zahlreichen gesamtstaatlichen, regionalen und lokalen Verwaltungen unter Einschluss der Zivilgesellschaft und der Migrantenorganisationen (Legge 2009). Wie in der Toskana wird vielerorts in Europa überlegt, wie man die institutionellen Strukturen auf die Realitäten der Einwanderungsgesellschaften ausrichten kann, wie die Zuschnitte und Kompetenzen von Ministerien und Behörden optimiert werden können. Die Herausforderungen stellen sich in drei Beziehungen: einer systematisch angelegten Organisation von Einwanderung, Aufenthalt und Integration, von der Einreise der Migrantinnen und Migranten bis zur ·· 48 Einbürgerung, Teilhabe und Gleichberechtigung; der Abstimmung der Einwanderungspolitik mit den prägenden politischen und gesellschaftlichen Strukturen, damit Einwanderungsprogramme nicht durch andere Politiken konterkariert werden; zu berücksichtigen ist dabei, dass die Lebenslage von Migranten stärker von den allgemeinen Rahmenbedingungen beeinflusst wird als von speziellen Integrationspolitiken – dies machen schon die Haushaltssummen deutlich, die für Integration im Vergleich mit dem Bildungssystem, der Wohnungsversorgung, der sozialen Sicherung oder den Arbeitsmarktmaßnahmen eingesetzt werden; der Mitwirkung und Aktivierung der Zivilgesellschaft einschließlich der Eigenaktivität der Migrantinnen und Migranten selbst und ihrem Zusammenwirken mit den Institutionen. Deutschland ist mit diesen Herausforderungen nicht allein, daher kann ein Blick auf die Nachbarländer instruktiv sein. Im Folgenden werden die institutionellen Veränderungen geschildert, systematisiert und bewertet, die in den europäischen Einwanderungsländern in den letzten Jahren erprobt wurden. Faszinierend sind dabei die Fülle der unterschiedlichen Lösungen ebenso wie die Diskrepanzen zwischen Experimentierfreudigkeit einerseits und Beharren auf gewohnten Strukturen andererseits. Einbezogen werden auch die Strukturen in Kanada und den USA – zwei viel beachteten traditionellen Einwanderungsländern – sowie in Japan, das sich nach wie vor explizit als Nichteinwanderungsland versteht. Geschildert werden zudem die institutionellen Reformen auf regionaler Ebene. Abschließend wird aufgrund dieser Erfahrungen und einer Bestandaufnahme von Fehlentwicklungen hierzulande ein Vorschlag für eine institutionelle Neuordnung in Deutschland vorgelegt. ·· ··