Karlsruher Institut für Technologie Institut für Theorie der Kondensierten Materie Theoretische Physik F: Zwischenklausur SS 12 Lösungen Besprechung 18.05.2012 Prof. Dr. Jörg Schmalian Dr. Igor Gornyi 1. Quickies: (30 Punkte) (a) Was besagt der 0. Hauptsatz der Thermodynamik? Antwort: Es existiert ein thermodynamisches Gleichgewicht, das durch die Temperatur charakterisiert ist. Wenn A im thermischen Gleichgewicht mit B ist und B im thermischen Gleichgewicht mit C, so ist A auch mit C im thermischen Gleichgewicht (b) Betrachten Sie ein System von nichtwechselwirkenden klassischen harmonischen Oszillatoren in vier Dimensionen. Wie lautet die innere Energie im thermischen Gleichgewicht als Funktion der Temperatur, der Teilchenzahl und des Volumens? Antwort: Der Hamilton Operator lautet: p x n,1 n,1 N 2 X pn,2 xn,2 1 p~n 2 2 + mω ~xn mit p~n , ~xn = H = pn,3 , xn,3 2m 2 n=1 pn,4 xn,4 2 N X 4 X pn,i 1 2 2 = + mω xn,i 2m 2 n=1 i=1 | {z } | {z } 4N × 2 quadratische Freiheitsgrade Wir haben also f = 8N quadratische Freiheitsgrade im System. Nach dem Gleichverteilungssatz wissen wir, dass jeder quadratische Freiheitsgrad eine mittlere Energie von kB T /2 besitzt und damit: U = 8N kB T = 4N kB T 2 (c) Bestimmen Sie die mittlere innere Energie des klassischen, nichtrelativistischen idealen Gases in zwei Dimensionen als Funktion der Temperatur, der Teilchenzahl und des Volumens. Antwort: Der Hamilton Operator lautet hier: H= N X 2 X p2n,i n=1 i=1 2m und damit wieder nach dem Gleichverteilungssatz: U = 2N kB T = N kB T 2 (d) Wie lautet die thermische De-Broglie-Wellenlänge des ultra-relativistischen idealen Gases. Antwort: Die De-Broglie-Wellenlänge ist in 3D definiert über: Z 1 d3 p −βH(p) = e (1) λ3 (2π~)3 weil im ultrarelativistischenb Grenzfall gilt H(p) = c|~p| = cp folgt: Z Z Z ∞ d3 p −βcp 4π 1 4π 2 −βcp d2 x x2 e−x = e = 3 dp p e = λ3 (2π~)3 h (βch)3 |0 {z } (2) =2!(→siehe Gammafunktion) = 8π (βch)3 (3) Also sehen wir: λ ∼ βch = ch kB T (4) (e) Geben Sie den Ausdruck für die Suszeptibilität der nichtwechselwirkenden Spins Si = ±1 in Abhängigkeit von der Temperatur an. Antwort: Siehe Curie-Gesetz im Skript (Kapitel 4.2.1) oder Aufgabe 3: χ(T ) = µ2 N kB T (f) Geben Sie die korrekten Vorzeichen für die Arbeitsänderung an: δW = ±pdV ± H · dM ± µdN. Antwort: δW = −pdV + H · dM + µdN. (g) Wie lautet die Beziehung zwischen der kanonische Zustandsumme Z(N ) eines idealen Gases von N Teilchen und der Zustandsumme Z(1) eines Teilchens? Antwort: [Z(1)]N Z(N ) = N! Siehe Kapitel 5.1.1 im Script. Im Zustandsintegral wird über alle möglichen Konfigurationen des N -Teilchensystems integriert. Für ununterscheidbare Teilchen hat man dabei allerdings jeden Phasenraumpunkt N ! mal zu viel gezählt, denn N ! ist ja gerade die Anzahl der Permutationen der N Teilchen – diese Permutationen gebem wegen Ununterscheidbarkeit alle den gleichen microskopischen Zustand und dürfen deshalb nur einmal gezählt werden. (h) Maxwell-Relationen: Zeigen Sie, dass ∂S ∂p = ∂V T ∂T V gilt. Geben Sie eine andere Maxwell-Beziehung an. Antwort: ∂F S=− ∂T ∂F p=− ∂V ∂S ∂ 2F ∂ 2F ∂p =− =− = ∂V T ∂V ∂T ∂T ∂V ∂T V ∂T ∂p =− ∂V S ∂S V ∂V ∂T = ∂p S ∂S p ∂S ∂V =− ∂T p ∂p T (i) Wie lautet die Definition des mikrokanonischen Ensembles? Antwort: Eine Menge abgeschlossener Systeme mit gegebener Teilchenzahl N , gegebenem Volumen V und gegebener Innerer Energie E. Geben Sie einen allgemeinen Ausdruck für die Entropie des mikrokanonischen Ensembles an. Antwort: S = kB log N (E) wobei N (E) die Anzahl der möglichen Realisierungen des Systems bei der Energie E ist (also gerade der Entartungsgrad bei der Energie E ). Dies liegt daran, dass das System dann gerade N (E) mögliche und gleichwahrscheinliche Zustände besitzt, wodurch die Wahrscheinlichkeit, dass das System in einem Zustand ist gerade: ρi = 1 N (E) Damit folgt aus der mikroskopischen Definition von S: S = −kB N (E) N (E) X X ρi ln(ρi ) = −kB i = −kB ln i 1 N (E) 1 ln N (E) 1 N (E) (5) = kB ln(N (E)) (6) (j) Für welchen Fall sind die drei verschiedenen statistischen Ensembles (kanonisch, mikrokanonisch und großkanonisch) äquivalent? Antwort: Im thermodynamischen Limes N → ∞. 2. Ideales Gasgemisch: (30 Punkte) Betrachten Sie ein klassisches ideales Gas bestehend aus zwei verschiedenen Atomsorten in einem Volumen V . Es gibt NA Teilchen mit Masse MA sowie NB Teilchen mit Masse MB . (a) Bestimmen Sie die kanonische Zustandssumme. V NA +NB , 3NA 3NB λA λB NA !NB ! r r β β , λB = h . λA = h 2πMA 2πMB Z= (b) Finden Sie die Zustandsgleichung p = p(V, T, NA , NB ). p= NA + NB kB T. V (c) Sind die chemische Potentiale µA and µB gleich? ∂F µi = ∂Ni T,V,Nj6=i V V − NB kB T 1 + log F = −NA kB T 1 + log NA λ3A NB λ3B V µA = −kB T log NA λ3A V µB = −kB T log 6= µA . NB λ3B (d) Berechnen Sie die Entropie des Gases. S = NA kB log V NA λ3A + NB kB log V NB λ3B 5 + (NA + NB )kB 2 (e) Für MA = MB = M vergleichen Sie die Entropie (d) mit der Entropie eines EinKomponenten Gases aus N = NA + NB Teilchen und Masse M . MA = MB = M ⇒ λA = λB = λ V V 5 + N k log + (NA + NB )kB S = NA kB log B B NA λ3 NB λ3 2 Die Entropie eines Ein-Komponenten Gases aus N = NA + NB Teilchen und Masse M ist: V 5 S = N kB log + N kB 3 Nλ 2 Es folgt: S − S0 = kB [(NA + NB ) log (NA + NB ) − NA log(NA ) − NB log(NB )] . Siehe Kapitel 5.1.2 “Binary classical ideal gas” im Skript: http://www.tkm.kit.edu/downloads/TheoryF2012.pdf 3. Thermodynamik von N nichtwechselwirkenden Spins: (40 Punkte) Betrachten Sie ein System aus N nicht miteinander wechselwirkenden Spins, die an ein äußeres Magnetfeld B koppeln: H = −µB N X mit si = ±1. si i=1 (a) Bestimmen Sie PNdie freie Energie F (B, T ), die Entropie S(B, T ) und die Magnetisierung M = µ i=1 hsi i. Siehe Kapitel 4.2.1 “Spin 1/2 particles . . . (paramagnetism)” im Skript: http://www.tkm.kit.edu/downloads/TheoryF2012.pdf Kanonische Zustandssumme: Z= X e −βEα = N XY α α −βµBsi e = N X Y e−βµBsi = [2 cosh (βµB)]N . i=1 si =±1 i=1 | {z Z1 } Die freie Energie: µB F ≡ −kB T ln Z = −kB T N ln 2 cosh . kB T Die Entropie S=− ∂F ∂T B µB µB µB = kB N ln 2 cosh −N tanh . kB T T kB T Die Magnetisierung M =− ∂F ∂B = µN tanh T µB kB T . (b) Offensichtlich hängt die Entropie nur vom Verhältnis von Magnetfeld und Temperatur ab, S(B, T ) = S(B/T ). Skizziren Sie S(B/T ). Wir suchen die Grenzwerte. Definieren wir x= µB kB T und entwicklen um x = 0: x2 x2 x2 4 cosh(x) = 1 + + O(x ), ln 1 + = + O(x4 ), 2 2 2 2 4 x · tanh(x) = x + O(x ). SJ T N B k B N logH2L B T Abbildung 1: Entropie als Funktion von B/T Damit ergibt sich x2 kB N 2 2 S(x → 0) ≈ kB N ln(2) + − x = kB N ln(2) − x. 2 2 Im Grenzwert x → ∞ verwenden wir cosh(x) = ex (1 + e−2x ) 2 und tanh(x) = 1 − e2x 2 ≈ 1 − 2e−2x +1 und benutzen die Reihenentwicklung des Logarithmus: S(x → ∞) ≈ kB N x + ln 1 + e−2x − x 1 − 2e−2x ≈ kB N e−2x + 2xkB N e−2x Daraus ergibt sich die Skizze. (c) Bestimmen Sie die Näherungsausdrücke für M für kleines Magnetfeld µB/kB T 1 und großes Magnetfeld µB/kB T 1. M (T, B) = µN tanh µB kB T Der Tangens Hyperbolicus kann fr kleine Argumente x 1 durch tanh(x) ≈ x und fr groe Argumente x 1 durch tanh(x) ≈ 1 genhert werden. Daraus folgt µ2 N B kB T • µB/(kB T ) 1: M≈ • µB/(kB T ) 1: M ≈ µN (d) Berechnen Sie die Wärmekapazitäten bei konstantem Magnetfeld, bzw. konstanter Magnetisierung ∂S ∂S CB = T ; CM = T . ∂T B ∂T M µB N µB µB S(B/T ) = kB N ln 2 cosh − tanh . kB T T kB T CB = T ∂S ∂T B µB = T −kB N tanh kB T 2 ⇒ CB = µB kB T + N µB tanh T2 µB kB T − N µB 1 T cosh2 µB kB T µB − kB T 2 N µ2 B 2 kB T 2 cosh2 kµB BT Aus den Teilaufgabe (a) und (b) wissen wir, dass die Entropie nur vom Verhltnis B/T abhängt: S(T, B) = S(B/T ). Ebenfalls aus Teilaufgabe (a) ist bekannt, dass M = M (B/T ). Diese Abhngigkeit knnen wir invertieren und in die Entropie einsetzen, woraus folgt, dass CM verschwindet. ∂S =0 S(B/T ) → S = S(M ) ⇒ CM = T ∂T M (e) Das Spinsystem werde nun bei einer Magnetfeldstärke B1 > 0 durch Kopplung an ein Wärmebad auf die Temperatur T1 > 0 gebracht und anschließend wärmeisoliert. Ändert man nun das Magnetfeld auf einen neuen Wert B2 > 0, so verläuft dieser Prozess adiabatisch. Was folgt daraus für die Entropie? Was gilt also für die Temperatur T2 , die das Spinsystem nach der Magnetfeldänderung besitzt? Wie muss B2 gewählt werden, damit das Spinsystem abgekühlt wird, also T2 < T1 gilt. δQ = T dS = 0 ⇒ dS = 0 im adiabatischen Prozess. Die Entropie ndert sich nicht. Da S = S(B/T ) folgt B/T = konst. und damit B1 B2 = T1 T2 S = const ⇒ ⇒ B2 = T2 B1 T1 B1 B2 = T1 T2