Atmosphärische Spurenstoffe

Werbung
Atmosphärische Spurenstoffe
Matthias Maier & Konstantin Heil
Universität Heidelberg - Fakultät für Physik und Astronomie
(Dated: 18. April 2008)
Abstract. Precise measuring of ozone, NO2 and other atmospheric rates has a high significance in
modern weather observation and research. We present a measuring method called DOAS (Differentielle, optische Absorptionsspektroskopie), which allows a relatively inexpensive, land-based measuring of
atmospheric rates with distinct differential absorption spectra, such as ozone or NO2 .
This paper also covers a MAX-DOAS (MultiAXiales DOAS) measuring, which in contrast to DOAS
(that only provides information about the column density) provides an altitude profile of the measured
concentration.
Korrekturterm KRi ng berücksichtigen:
Einführung
In der heutigen Umwelt- und Wetterforschung nimmt
die Frage nach Konzentration und Entwicklung von atmosphärischen Spurenstoffen (wie O3 oder NO2 ) eine zentrale Rolle ein. Es ist dementsprechend wichtig mit möglichst
geringem Aufwand und Unkosten Konzentrationsbestimmungen in der Atmosphäre durchführen zu können.
Das an der Universität Heidelberg entwickelte DOASVerfahren beruht auf dem Prinzip der Streulichtspektroskopie des Sonnenlichts und ermöglicht mit Hilfe des unterschiedlichen Absorptionsverhaltens nachzuweisender Spurenstoffe ein kostengünstiges und bodengebundenes Messverfahren.
Messprinzip
Grundlage des Messverfahrens bildet das Gesetz von
Lambert-Beer, welches die Intensitätsabnahme von Licht
beim Passieren von optischen Medien beschreibt:
I(λ, L) = I0 (λ) · exp −
X
i
σi (λ)
Z
0
L
ρi (s)ds
!
(1)
Dabei steht L für die Länge des Lichtwegs durch das Medium, ρi für die Dichte des i-ten absorbierenden Materials, σi für dessen wellenlängenabhängigen Wirkungsquerschnitt, und I0 für die Ausgangsintensität.
Durch Messen von I(λ, L) und I0 (λ) ist es bei bekannten
RL
σi (λ) möglich, die Säulendichte 0 ρi (s)ds eines Stoffes
zu bestimmen.
Will man eine Konzentrationsbestimmung in der Erdatmosphäre durchführen, steht man vor dem Problem, dass
zu den in (1) beschriebenen Absorptionseffekten noch
Streueffekte hinzukommen. Die Rayleigh- und Miestreuung lassen sich durch weitere Absorptionskoeffizienten beschreiben; der Ringeffekt – das Auffüllen der Frauenhoferlücken durch inelastische Ramanstreuung – mit einem
I(λ, L) = I0 (λ)· exp −
X
i
σi (λ)
Z
L
ρi (s)ds
0
Z L
(2)
−σRay l ei gh
ρLM (s)ds
0
Z L
−σMi e
ρAE (s)ds − KRi ng (λ)
0
Die Rayleighstreuung tritt hierbei an Luftmolekülen (ρLM ),
die Miestreuung an Aerosolteilchen und Wassertröpfchen
auf (ρAE ).
Die Idee hinter DOAS ist, dass im Gegensatz zu den Absorptionskoeffizienten σi (λ) (die überwiegend ausgeprägte
schmalbandige Spektren aufweisen) Streuprozesse ein ausschließlich breitbandiges Spektrum besitzen.
Betrachtet man nur den schmalbandigen (auch differentiellen) Anteil des Spektrums, kann man Streuprozesse demnach vernachlässigen.
Mit diesem Verfahren lassen sich Spurenstoffe mit ausgeprägten differentiellen Wirkungsquerschnitten, wie beispielweise Ozon, BrO, SO2 und HCHO, nachweisen.
Will man (1) zur Konzentrationsbestimmung nutzen, so
benötigt man I0 (λ) und I(λ, L) einer Lichtquelle vor und
nach Durchgang durch die Atmosphäre.
Prinzipiell sind unterschiedlichste Messverfahren denkbar:
Von künstlichen über natürliche Lichtquellen (wie Sterne
und Sonne) sowie Direktlicht- und Streulichtspektroskopie.
Wir wollen uns im Folgenden auf die bodengebundene
Streulichtspektroskopie des Sonnenlichtes beschränken.
Der Vorteil dieser Methode ist eine kostengünstige Umsetzbarkeit; das prinzipielle Problem allerdings ist die Tatsache (z.B. gegenüber satellitengestützter DOAS), dass I0
nicht direkt bestimmt werden kann. Abhilfe schafft hierbei
der Umstand, dass sich der Lichtweg in Abhängigkeit vom
Sonnenwinkel erheblich ändert, und man so das Spektrum
I des höchsten Sonnenstandes (und kürzesten Lichtwegs)
näherungsweise als Ausgangsspektrum I0 verwenden kann.
Die Streulichtspektroskopie (des Sonnenlichtes) hat weiterhin den Vorteil, dass der Weg des Lichtes durch die At-
2
Dabei kann der Airmassfactor AMF näherungsweise durch
AMF (θ) =
1
cos(θ)
(4)
bestimmt werden.
Das bisher beschriebene DOAS-Verfahren mit senkrechter Teleskoprichtung eignet sich, um Spurenstoffe in der
Stratosphäre zu detektieren.
Mit dem Multi-AXialen DOAS-Verfahren (MAX-DOAS)
kann man hingegen Spurenstoffkonzentrationen in der Troposphäre bestimmen. Hierbei wird die Blickrichtung des Teleskops um einen Winkel α zur Senkrechten geneigt, wodurch sich der Lichtweg (und damit der Absorptionsanteil)
in der Troposphäre erheblich verlängert (Abb. 2).
Misst man so unter verschiedenen Anstellwinkeln α und
vergleicht die Konzentrationen mit dem Messwert der
Senkrechten (α = 90◦ ), lassen sich Spurenstoffkonzentrationen in der Troposphäre quantitativ ermitteln.
Um ein Spektrum aufzunehmen, verwendeten wir eine
sehr einfache Optik: Eine Linse wird auf unendlich fokussiert und bündelt das einfallende Streulicht auf eine Quarzfaser. Das andere Ende dieser Faser wird an einen Spektrographen angeschlossen, der im Wesentlichen aus einem
optischen Gitter zur Spektralanalyse und einem CCD für
die Aufnahme des Spektrums besteht. Das CCD wird zuletzt mit einem Computer ausgelesen.
Abbildung 1: Messaufbau DOAS-Verfahren
Analyse eines Spektrums
Abbildung 2: Messprinzip MAX-DOAS
mosphäre erheblich länger ist und so die Messgenauigkeit
erhöht wird.
RL
Um die Säulendichten 0 ρi (s)ds der Spurenstoffe aus
den aufgenommenen Spektren extrahieren zu können, bedienen wir uns der Formel (2). Ersetzen wir hier die unbekannten Säulendichten durch Parameter bi und logarithmieren, so ergibt sich daraus:
log I(λ, L) = log I0 (λ) − KRi ng (λ)
− σRl bRl − σMi e bMi e
X
σi (λ)bi
−
Messaufbau
(5)
i
Mit einem senkrecht stehenden Teleskop soll Streulicht
der Sonne spektrographiert werden (Abb. 1). Aufgrund der
geringen Teilchendichte in höheren Atmosphärenschichten
kann man annehmen, dass der Lichstrahl insgesamt nur
einmal in der Troposphäre gestreut wird.
Die mit Hilfe von (2) bestimmte schräge Säulendichte
RL
SCD = 0 ρds ist stark lichtwegabhängig. Um Messungen
zu verschiedenen Sonnenständen vergleichen zu können,
rechnet man deshalb die schräge Säulendichte in die vertikale Säulendichte V CD (die in Zenitrichtung integrierte
Spurenstoffkonzentration) um:
V CD =
SCD(θ)
AMF (θ)
(3)
Bei bekannten Referenzspektren lassen sich nun die unbekannten Säulendichten durch die Parameter bi anfitten.
Messergebnisse
Mit dem DOAS-Messverfahren vermaßen wir die Ozonund NO2 -Konzentration der Stratosphäre über Heidelberg
für den 17. Februar 2008 (Abb. 3).
Mit Hilfe eines Langleyplots (Abb. 4) ergibt sich aus den
schrägen Säulendichten ∆SCD die schräge Säulendichte
SCDI0 des I0 -Spektrums. Durch
V CD =
∆SCD + SCDI0
AMF
(6)
3
Tagesverlauf Schraege Saeulendichte O3
Tagesverlauf VCD O3
260
LSF fuer Bereich 10-14 Uhr
240
3e+19
220
2.5e+19
200
2e+19
180
VCD [DU]
schraege Saeulendichte [molec/cm2 ]
3.5e+19
1.5e+19
1e+19
160
140
120
100
5e+18
80
0
60
-5e+18
40
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
6
7
8
9
Tagesverlauf [Uhrzeit]
Abbildung 3: ∆SCD von Ozon am 17. Februar 2008
11
12
13
14
15
16
17
Abbildung 5: VCD von Ozon am 17. Februar 2008
Tagesverlauf VCD NO2
Langley-Plot - Fitbereich AMF in [2:4]
0.3
1.8e+19
LSF mit AMF [2:4]
1.6e+19
0.25
1.4e+19
1.2e+19
0.2
1e+19
VCD [DU]
schraege Saeulendichte [molec/cm2 ]
10
Tagesverlauf [Uhrzeit]
8e+18
6e+18
0.15
0.1
4e+18
2e+18
0.05
0
0
-2e+18
2
2.5
3
3.5
4
4.5
5
Airmassfactor AMF
Abbildung 4: Langleyplot für Ozon am 17. Februar 2008
lässt sich schließlich der VCD-Tagesverlauf rekonstruieren
(Abb. 5).
Der Randabfall der vertikalen Säulendichte ist auf das
Versagen der Näherung (4) für sehr flache Sonnenstände
(Sonnenzenitwinkel > 70◦ ) zurückzuführen. Man erkennt,
dass der Tagesverlauf von Ozon konstant ist.
Insgesamt haben wir die Ozonkonzentration für den 17.
Februar zu
(234 ± 7) DU
bestimmt (Abb. 5).
Analog ergibt sich für NO2 ein VCD-Tagesverlauf (Abb.
6). Aufgrund der geringen Konzentration des NO2 ist die
Messung wesentlich ungenauer. Es sollte ein Tagesgang der
NO2 -Konzentration beobachtbar sein (im Laufe des Tages
nimmt die NO2 -Konzentration zu). Wegen dem Randabfall des VCD-Tagesverlaufs (durch die Näherung des Airmassfactors in (4)) ist dieser Effekt bei unserer Messung
allerdings nicht sehr deutlich ausgeprägt.
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
Tagesverlauf [Uhrzeit]
Abbildung 6: VCD von NO2 am 17. Februar 2008
Der Tagesmittelwert der NO2 -Konzentration betrug
(0.200 ± 0.008) DU.
Bei der MAX-DOAS Messung ist es möglich, durch unterschiedliche Anstellwinkel eine Art Höhenprofil der Spurenstoffkonzentrationen zu erstellen. Drei Messungen im
Abstand von je einer halben Stunde bei Anstellwinkeln von
α ∈ {5◦ , 10◦ , 90◦ } über Heidelberg für den 20. März 2008
zeigen qualitativ
• für Ozon einen nahezu konstanten Höhenverlauf
(Abb. 7),
• für NO2 (Abb. 8) und O4 (Abb. 9) eine mit zunehmender Höhe abfallende Säulendichte.
Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass am 20. März 2008
ein starker Wolkenvorhang am Himmel hing, der zeitweilig
für Schnee sorgte. Eine quantitative Auswertung der (relativ schlechten) Messergebnisse war deshalb nicht möglich.
4
Weiterführende Gedanken
Ozon
1.8e+19
15:15 Uhr
15:40 Uhr
16:15 Uhr
∆ SCD [molec/cm2 ]
1.6e+19
• In Formel (1) wurde stillschweigend angenommen,
dass der Wirkungsquerschnitt σ unabhängig vom
durchquerten Lichtweg ist. Da dieser aber tatsächlich
eine Funktion der Temperatur und des Drucks ist,
und sich diese Größen beim Durchqueren der Atmosphäre deutlich ändern, müsste an dieser Stelle eine
Abschätzung des entstehenden Fehlers durchgeführt
werden, wenn man σ aus der Integration herauszieht.
1.4e+19
1.2e+19
1e+19
8e+18
6e+18
4e+18
10
100
Winkel [◦ ]
Abbildung 7: ∆SCD Höhenprofile für Ozon am 20. März 2008
NO2
1.8e+17
15:15 Uhr
16:15 Uhr
1.6e+17
∆ SCD [molec/cm2 ]
1.4e+17
1.2e+17
• Ist für einen Spurenstoff ein Höhenprofil bekannt
– wie z.B. für O4 – so ist es möglich, aus den
MAX-DOAS Aufnahmen auf die Höhe – beziehungsweise den Lichtweg – zu schließen. Im Falle starker Bewölkung, wenn der Lichtweg durch Mehrfachstreuung in den Wolken erheblich verlängert wird,
würden sich dann die aufgenommenen Messwerte
korrigieren lassen.
1e+17
8e+16
6e+16
4e+16
Rückblick
2e+16
10
100
Winkel [◦ ]
Abbildung 8: ∆SCD Höhenprofile für NO2 am 20. März 2008
O4
3.8e+43
15:15 Uhr
3.6e+43
Der gemessene Ozonwert weicht nicht signifikant von
dem Ergebnis der NASA ab, und auch die qualitativen Beobachtungen der MAX-DOAS Messung stimmen mit den
Erwartungen überein.
3.4e+43
∆ SCD [molec/cm2 ]
Insgesamt vermittelte der Versuche einen recht guten
Einblick in die DOAS, auch wenn man vor dem Beginn der
Messung alle Geräte hätte selbst aufbauen und prüfen sollen. So wäre zum Beispiel die verschmutzte Linse, als auch
die falsche Verkabelung der Messapparatur aufgefallen.
3.2e+43
3e+43
2.8e+43
2.6e+43
2.4e+43
2.2e+43
2e+43
1.8e+43
10
100
Winkel [◦ ]
Abbildung 9: ∆SCD Höhenprofile für O4 am 20. März 2008
[1] Versuch FP 18 - Atmosphärische Spurenstoffe. (2007)
[2] Platt, U. ; Perner, D. ; Pätz, H. W.: Simultaneous measurement of Atmospheric CH2 O, O3 and NO2 by differential
optical absorption. In: Geophys. Res. 84 (1979)
[3] Roedel, Walter: Physik unserer Umwelt: Die Atmosphäre.
(2000). ISBN 3-54-067180-3
Herunterladen