Untersuchungen zur Wirksamkeit des geologischen und geotechnischen Barrierensystems im Hinblick auf die Standortauswahl in magmatischen Gesteinen WIBASTA Abschlussbericht Untersuchungen zur Wirksamkeit des geologischen und geotechnischen Barrierensystems im Hinblick auf die Standortauswahl in magmatischen Gesteinen WIBASTA M. Jobmann DBE TECHNOLOGY W. Brewitz GRS Ch. Fahrenholz GRS E. Fein GRS J. Hammer BGR S. Keesmann DBE TECHNOLOGY J. Krone DBE TECHNOLOGY S. Mrugalla BGR J. Wolf GRS J. Ziegenhagen DBE TECHNOLOGY TEC-13-2008-AB 1 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Die diesem Bericht zugrunde liegenden Arbeiten wurden im Auftrag des BMWi über den Projektträger Forschungszentrum Karlsruhe, Bereich Wassertechnologie und Entsorgung, (PtWtE) unter den Förderkennzeichen 02 E 9965 und 02 E 9975 durchgeführt. Die Verantwortung für den Inhalt liegt jedoch allein bei den Autoren. TEC-13-2008-AB 2 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung 5 1 9 TU UT Einleitung TU TU UT TU 2 UT Sicherheitsnachweiskonzept für das Barrierensystem TU 2.1 UT TU 2.1.1 19 UT Schutzfunktionen der technischen Barriere TU TU UT TU UT TU 2.1.2 UT 20 UT Schutzfunktionen der geotechnischen Barriere TU 2.1.3 Schutzfunktionen der geologischen Barriere TU 3 18 UT Barrieren und Schutzfunktionen TU TU UT 22 UT 24 UT Grundlagen zur Sicherheitsanalyse und Nachweisführung UT 3.1 TU Charakterisierung der geologischen Barriere TU UT TU 3.1.1 28 UT Kurze Darstellung des Ablaufs der Standortvorauswahl TU TU UT TU UT TU 3.1.2 UT 28 UT Regionalgeologische Position des Untersuchungsgebietes TU 3.1.3 Stand der Jenisejskij TU 28 UT geologisch-geophysikalischen 31 UT Erkundung des Standortes 33 UT 3.1.4 Geologischer Bau des Untergrundes im Bereich des Standortes Jenisejskij TU TU UT TU UT TU 3.1.5 UT 3D-Modellvorstellungen der BGR zum Tiefenbau des Gebietes Jenisejskij TU 3.1.6 TU UT UT 3.1.7 47 Klimatische Entwicklung im Bereich Jenisejskij 51 TU UT TU UT TU 3.1.8 UT UT Hydrogeologische Bedingungen am Standort Jenisejskij TU 3.1.9 TU 52 UT Strukturelle Besonderheiten und petrophysikalische Eigenschaften der z. Zt. vorgesehenen Endlagerwirtsgesteine am Standort Jenisejskij 55 Charakterisierung der technischen und geotechnischen Barriere 64 UT 3.2 TU TU UT TU 3.3 UT Methodik der Sicherheitsanalyse des Barrierensystems TU 3.3.1 Programmsysteme zur Analyse und Nachweisführung TU UT TU 3.3.1.1 Das Programm FEFLOW TU UT TU UT 68 UT 69 UT 69 UT 3.3.1.2 Das Programmpaket EMOS TU UT TU 69 UT 3.3.1.3 Das Programmsystem openGEO TU UT TU 71 UT 3.3.1.4 Die Programmsysteme FLAC3D und TOUGH2 TU UT 3.4 TU TU 73 UT Integritätsuntersuchungen zu einzelnen Barrierekomponenten (beispielhafte Integritätsnachweise einzelner Barrierekomponenten) 74 Behälterintegrität (Scherbelastung auf technische Barrieren) 74 UT TU UT 3.4.1 TU 39 Tektonische Beanspruchung des Jenisejskij-Gebietes und Vorkommen von Störungszonen UT TU 35 UT TU TEC-13-2008-AB 3 UT FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Inhaltsverzeichnis 3.4.1.1 Simulation der Auswirkungen seismisch induzierter Verwerfungen TU UT TU 3.4.1.2 Thermisch induzierte Verwerfungen TU UT TU 3.4.1.3 Risikobewertung TU UT 3.4.2 80 UT 83 UT Bufferintegrität (Gasdruck auf geotechnische Barrieren) TU 4 TU UT TU UT TU 4.1 Großräumiges Strömungsfeld und Profilerstellung TU TU UT TU 4.2 UT 89 UT Analyse der Wirksamkeit einzelner Barrierekomponenten TU 97 UT 97 UT Modellrechnungen zur Abschätzung der Behälterausfallfunktion TU 4.2.1 Modellaufbau TU TU UT TU UT TU 4.2.2 UT TU 4.2.3 TU 4.3 100 Ergebnisse 101 Fazit 104 UT UT UT TU 4.3.1 Modellbildung TU UT TU 4.3.1.1 Nahfeld TU UT TU UT 4.3.2 TU TU 104 UT 105 UT 105 UT 4.3.1.2 Fernfeld TU 108 UT Modellergebnisse der probabilistischen Berechnungen UT TU 4.3.2.1 Unsicherheitsanalyse TU UT TU 4.3.2.2 Sensitivitätsanalyse TU 99 UT UT Probabilistische Rechnungen TU 75 UT UT TU 111 UT 111 UT 118 UT 4.3.2.3 Diskussion TU UT 5 UT TU 5.1 5.2 TU UT 122 UT Unsicherheiten in der Charakterisierung der geologischen Barriere TU 6 120 UT Schlussfolgerungen und Empfehlungen TU TU TU UT TU UT TU Weitere Optimierung des Endlagersystems Literaturverzeichnis TU UT UT 122 124 127 UT TEC-13-2008-AB 4 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Zusammenfassung Zusammenfassung Im Juni 2001 wurde zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und dem damaligen Ministerium für Atomenergie (MINATOM) der Russischen Föderation die Neuaufnahme der Endlagerforschung in die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zur friedlichen Nutzung der Kernenergie vereinbart und eine Reihe gemeinsamer Projekte abgestimmt. Auf Wunsch des MINATOM konzentrierten sich die gemeinsamen Forschungsarbeiten vor allem auf Untersuchungen zur Endlagerung hochradioaktiver Abfälle in tiefen Granitformationen am Beispiel des Endlagerprojektes im Umfeld des Bergbau-Chemischen Kombinates Schelesnogorsk (BChK). Die Arbeiten wurden durch den Projektträger des BMWi für Wassertechnologie und Entsorgung im Rahmen des Forschungsvorhabens „Anforderungen an die Standorterkundung für HAW-Endlager im Hartgestein (ASTER)“ gefördert [Wallner et al. 2005]. Von deutscher Seite wirkten die DBE TECHNOLOGY GmbH, die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit mbH (GRS) mit, sowie von russischer Seite das VNIPI Promtechnologii in Moskau, das Bergbau-Chemische Kombinat in Schelesnogorsk (BChK) und das Radiuminstitut „V. G. Chlopin“, St. Petersburg. Zielsetzung des gemeinsamen Forschungsvorhabens war es, einen methodischen Ansatz zu entwickeln, auf dessen Grundlage ein Programm zur Standorterkundung- und auswahl aufgebaut werden kann, das auf die für die Belange der Endlagersicherheit wesentlichen Aspekte ausgerichtet ist. Die Besonderheit dieser Aufgabenstellung bestand darin, dass bereits in einer frühen Phase der Standorterkundung und Endlagerplanung die Frage nach dem tatsächlichen geowissenschaftlichen Informationsbedarf für eine Sicherheitsbewertung gestellt wird, den die weitere Standorterkundung decken soll. So wird die Konzentration auf ein zielorientiertes Erkundungsprogramm ermöglicht. Der Abschlussbericht zu diesen Arbeiten wurde im Mai 2005 in russischer und deutscher Sprache vorgelegt. Ausgehend von den erzielten Ergebnissen wurden u. a. auf folgenden Gebieten weitere standortbezogene Forschungsarbeiten empfohlen: • Integration der Ergebnisse verschiedener geologisch-geophysikalischer Erkundungsver- • • • • fahren in digitale 3D-Modelle und deren Interpretation zur Erhöhung der Aussagesicherheit der geologischen Standortmodelle zwecks Charakterisierung der geologischen Hauptbarriere Bewertung seismischer Einwirkungen auf die Integrität der technischen Barrierenbehälter und des Bentonitbuffers Begründung der Abmessungen und Kenndaten des Mehrbarrierensystems der Endlagerung, der Technologie ihrer Errichtung und der Methoden für den Nachweis ihrer Funktionstüchtigkeit Begründung der Auslegung des Mehrbarrierensystems des Endlagers unter Berücksichtigung des realen Zustandes des Wirtsgesteinsmassivs und der Prognosen zu den natürlichen und technogenen Einflüssen auf die Integrität des Barrierensystems Ableitung einer geeigneten Auslegung der technischen Barrieren hinsichtlich der Gewährleistung ihrer Integrität unter Berücksichtigung der korrosiven Gasbildung TEC-13-2008-AB 5 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Zusammenfassung • Analyse der Effektivität der Bentonitbarriere in Abhängigkeit von der Technologie ihrer Errichtung, der stofflichen Zusammensetzung sowie den hydrogeologischen Kenndaten permeabler Zonen im Umfeld der Barriere • weitere Präzisierung der integrierten sicherheitsanalytischen Modelle mittels Substitution generischer Daten durch reale hydrogeologische und geochemische Standortdaten, sowie durch Berücksichtigung eines zeitabhängigen Behälterausfalls Diese noch offenen Fragenkomplexe wurden der Aufgabenstellung des ab 2005 realisierten Forschungsvorhabens „Untersuchungen zur Wirksamkeit des geologischen und geotechnischen Barrierensystems im Hinblick auf die Standortauswahl in magmatischen Gesteinen (WIBASTA)“ zu Grunde gelegt, dessen Ergebnisse in diesem Bericht dargelegt sind. Bei der Endlagerung in magmatischen oder hochmetamorphen Gesteinen ist zu beachten, dass im Vergleich zu Endlagerkonzepten im Salz oder im plastischen Ton wegen des eingeschränkten Isolationspotenzials des Wirtsgesteins den technischen und geotechnischen Barrieren eine größere Bedeutung für den Nachweis der Endlagersicherheit und damit der Standorteignung zukommt. Es war daher ein vorrangiges Ziel dieses Forschungsvorhabens, ein klareres Verständnis über die Rolle der einzelnen Komponenten des geologischen, geotechnischen und technischen Barrierensystems im Hinblick auf den Nachweis der Endlagersicherheit, respektive der Standorteignung, und damit über die an sie zu stellenden Anforderungen hinsichtlich des Isolationspotenzials zu erlangen. Im Folgenden wurde ein Konzept erarbeitet, wie mittels Ausweisung von Schutzfunktionen für jeden Teil des Barrierensystems sowie der dafür maßgeblichen Eigenschaften, Parameter, Unsicherheiten etc. die Rolle der einzelnen Schutzfunktionen und die Nachweisbarkeit der Erfüllung dieser Funktionen bei der modellgestützten Beweisführung der Langzeitsicherheit bewertet werden können (s. Abb. 1). Jede Barriere trägt ihren Teil zur Isolationswirkung des Gesamtsystems und damit in erster Linie zur Rückhaltung von Radionukliden bei, hat also eigene „Schutzfunktionen“. Einen Überblick über die durchgeführte Analyse der Wirksamkeit des Barrierensystems und der Schutzfunktionen seiner Komponenten gibt Abb. 2. Anhand der für die Gesteinstypen Basalt und Gneis bzw. Granitoid vorhandenen Daten aus Standorterkundungen wurde für ein ausgewähltes Modellgebiet im SW-Teil des JenisejskijGebietes analysiert, in welchem Maße die einzelnen Barrieren und ihre Schutzfunktionen zur Gewährleistung der Endlagersicherheit beitragen. Aufgrund der z. T. großen Datendefizite haben die Rechnungen lediglich orientierenden Charakter. Die Arbeiten, die auch typische Einwirkungen auf die technischen Barrieren berücksichtigen, zeigen jedoch eine Methodik auf, in welcher Weise eine Sicherheitsbetrachtung durchgeführt werden könnte. TEC-13-2008-AB 6 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Zusammenfassung Schutzziel Langfristige Isolation der radioaktiven Abfälle Nachweis der Sicherheitsanforderungen Sicherheitskonzept Sicherheitsfunktionen Rückhaltung & Begrenzung der Freisetzung Sicherheitsanalytische Modellierung Multibarrierensystem Schutzfunktionen Bewertung der Barrierenwirksamkeit ¬ Technische Barrieren o Abfallmatrix o Abfallbehälter ¬ Geotechn. Barrieren o Mineralgemisch o Bentonit Buffer o Versatz o Verschlüsse Freisetzungsbegrenzung von Radionukliden & Robustheit gegen geogene und technogene Einwirkungen ¬ Geolog. Barrieren o Nahfeld o Fernfeld o Deckgebirge Abb. 1: Methodischer Ansatz zum Nachweis der Endlagersicherheit mittels Sicherheitsfunktionen Mittels Monte-Carlo-Simulationen, welche die stochastische Parametervaration beinhalten und eine sich anschließende Sensitivitätsanalyse wurde der Einfluss der für die Wirksamkeit bzw. Sicherheitsfunktion der verschiedenen Barrieren relevanten Parameter auf die Sicherheit des gesamten Endlagersystems untersucht. Dabei zeigte sich, dass bei einem eingeschränkten Isolationspotenzial der in der Regel geklüfteten geologischen Barriere die Lebensdauer der Abfallbehälter und die Wirksamkeit der Bentoniteinbettung an Bedeutung gewinnen. Sofern Abstriche an der Wirksamkeit der technischen und geotechnischen Barrieren gemacht werden, steigen die Anforderungen an die geologische Barriere und damit an die Standortauswahl und -charakterisierung erheblich. Im Zuge der Konzeptoptimierung ist es daher erforderlich, auf der Grundlage belastbarer Standortdaten und unter Berücksichtigung der Realisierbarkeit, angemessene Anforderungen an die technischen und geotechnischen Barrieren zu stellen, um verbleibende Unsicherheiten zu begrenzen. TEC-13-2008-AB 7 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Zusammenfassung Analyse der Wirksamkeit des Barrierensystems und der Schutzfunktionen seiner Komponenten Sicherheitsanalysisches Modell Sensitivitätsuntersuchungen Upgrade FEFLOW Upgrade GRAPOS Zerfallsreihen gestaffelter Behälterausfall Scherverformung spezifische Sorption Low permeability Bentonitimperfektion Interface openGEO Untersuchungen zur Wirksamkeit technischer und geotechnischer Barrieren Behälterkorrosion und Gasdruck auf Bentonit Abb. 2: Geoscientivic Prognosis 3D-Standortmodell Charakterisierung der geologischen Barriere Ermittlung von Defiziten und Unsicherheiten Bewertung der vorliegenden Standortdaten Analyse der Wirksamkeit des Barrierensystems und der Schutzfunktionen seiner Komponenten TEC-13-2008-AB 8 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Einleitung 1 Einleitung Im Juni 2001 wurde zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) der Bundesrepublik Deutschland und dem damaligen Ministerium für Atomenergie (MINATOM, jetzt ROSATOM) der Russischen Föderation die Neuaufnahme der wissenschaftlichen Kooperation auf dem Gebiet der Endlagerforschung im Rahmen des Abkommens beider Länder über die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie vom 22.04.1987 vereinbart und eine Reihe gemeinsamer Projekte zur Endlagerforschung abgestimmt. Unter Berücksichtigung der Erfahrungen der deutschen Fachleute auf einigen Gebieten der Entsorgung radioaktiver Abfälle, aber auch unter Beachtung der von MINATOM gesetzten Prioritäten auf diesem Gebiet, vereinbarten beide Seiten gemeinsame Arbeiten zu sieben ausgewählten Projekten, darunter das Projekt: • B2 Untersuchungen zur Endlagerung hochradioaktiver Abfälle in tiefen Granitformationen Dieses Projekt wurde im Zeitraum Januar 2002 - Dezember 2004 bearbeitet. Die Arbeiten zu dem Projekt wurden durch den Projektträger für Wassertechnologie und Entsorgung beim BMBF im Rahmen des Forschungsvorhabens „Anforderungen an die Standorterkundung für HAW-Endlager im Hartgestein (ASTER)“ gefördert. Von deutscher Seite wirkten die DBE TECHNOLOGY GmbH, die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit mbH (GRS) mit, sowie von russischer Seite das VNIPI Promtechnologii (Leitinstitut des ROSATOM für die geologische Endlagerung radioaktiver Abfälle) in Moskau, das Bergbau-Chemische Kombinat in Schelesnogorsk (BChK) und das Radiuminstitut „V. G. Chlopin“, St. Petersburg. Zielsetzung des gemeinsamen Forschungsvorhabens war es, einen methodischen Ansatz zu entwickeln, auf dessen Grundlage ein Programm zur Standorterkundung- und auswahl aufgebaut werden kann, das auf die für die Belange der Endlagersicherheit wesentlichen Aspekte ausgerichtet ist. Die Besonderheit dieser Aufgabenstellung besteht darin, dass bereits in einer frühen Phase der Standorterkundung und Endlagerplanung die Frage nach dem tatsächlichen geowissenschaftlichen Informationsbedarf für eine Sicherheitsbewertung gestellt wird, den die weitere Standorterkundung decken soll. So wird - abweichend von der gängigen Praxis einer möglichst umfassenden und damit aufwändigen Standortcharakterisierung - die Konzentration auf ein zielorientiertes Erkundungsprogramm ermöglicht. Zwischen den deutschen und russischen Partnern war vereinbart worden, dass das Vorhaben am Beispiel der von russischer Seite seit längerer Zeit untersuchten potenziellen Endlagergebiete für radioaktive Abfälle im Raum Krasnojarsk (Granitoidformation) und in der Umgebung der im Südural gelegenen Produktionsvereinigung Majak (Porphyritformation) bearbeitet wird, wobei der Standort Krasnojarsk aufgrund der Interessenslage der russischen Seite Vorrang hatte. Im Gebiet Krasnojarsk ist im Nishnekansker Granitoidmassiv die Errichtung eines Endlagers für verfestigte hochradioaktive Schlämme aus der ehemaligen Waffenplutoniumproduktion TEC-13-2008-AB 9 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Einleitung und verfestigte hochradioaktive Wiederaufarbeitungsabfälle aus der geplanten Wiederaufbereitungsanlage RT-2 des Bergbau-Chemischen Kombinates Schelesnogorsk vorgesehen. In diesem Gebiet werden seit mehreren Jahren Standortuntersuchungen durchgeführt, die bereits zu einer Vorauswahl von möglichen Endlagerstandorten in relativ begrenzten Territorien des umgebenden Gebirgsmassivs geführt haben. Die methodische Basis für das Gemeinschaftsprojekt war die Erkenntnis, dass eine detaillierte Standortcharakterisierung alle notwendigen Informationen liefern muss, um eine standortbezogene Sicherheitsanalyse für das ausgewählte Endlagerkonzept durchführen zu können. Bezüglich der Standortauswahl soll unter mehreren Alternativen der Standort mit den besten Sicherheitsmerkmalen ausgewählt werden. Der im Rahmen des Forschungsvorhabens entwickelte methodische Ansatz sieht eine Reihe von Schritten vor, die in Abb. 1-1 schematisch dargestellt sind: Abb. 1-1: Methodischer Ansatz für das Standorterkundungs- und -auswahlprogramm Für die Entwicklung des geologischen Modells, des sicherheitsanalytischen Modells und des Endlagerkonzeptes sowie bei der Analyse des Einflusses geologischer Standorteigenschaften auf die Realisierbarkeit des Endlagers und die Endlagersicherheit wird als Zwischenschritt der jeweilige Datenbedarf bestimmt und mit dem in einem ersten Schritt erfassten Datenpool verglichen. Bei nicht verfügbaren Daten werden begründete Annahmen getroffen, die zwischen den Projektpartnern abgestimmt werden, um ein einheitliches Vorgehen bei TEC-13-2008-AB 10 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Einleitung nicht vorhandenen Daten zu gewährleisten und den weiteren Forschungsbedarf zu bestimmen. Das für die Untersuchungen zur Endlagerung hochradioaktiver Abfälle in tiefen Granitformationen ausgewählte Nishnekansker Granitoidmassiv befindet sich im Süden Zentralsibiriens, im südlichen Bereich des Gebietes Krasnojarsk unweit der Stadt Schelesnogorsk im Umfeld des Bergbau-Chemischen Kombinates (Abb. 1-2 und Abb. 1-3). Die Stadt Krasnojarsk liegt etwa 75 km südwestlich des Untersuchungsgebietes. Abb. 1-2: Geographische Lage des Untersuchungsgebietes (Krasnojarsk – rot umrandet) In diesem Gebiet erfolgt seit 1992 die Suche nach einem Standort für die unterirdische Endlagerung radioaktiver Abfälle des BChK [Anderson et al. 1998]. Unter Zugrundelegung von aero-photogeologischen, geomorphologischen und strukturell-tektonischen Bewertungskriterien sowie von Untersuchungsergebnissen aus analogen geologischen Entwicklungen und von internationalen Erfahrungen bei der Standortauswahl wurden ungeeignete geologische Einheiten ausgeschlossen. Durch schrittweise Reduzierung der potenziell nutzbaren Flächen wurden zwei Untersuchungsgebiete für die Detailerkundung ausgewählt. Das ausgewählte Gebiet „Verchne-Itatskij“, das die beiden Teilgebiete „Itatskij“ und „Kamennyj“ enthält, liegt zwischen den Flüssen Jenissej und Kan, genauer zwischen Bolshoj Itat und Malyj Itat, beides linksseitige Zuflüsse des Kan. Das Gebiet „Jenisejskij“ ist in einer Entfernung von ca. 5 km vom BChK östlich des Jenissej platziert (Abb. 1-3). Für die Auswahl von potenziellen Standorten für Nuklearanlagen ist in Russland der Nachweis fehlender intensiver seismischer Aktivitäten im Umkreis von 200 km um das Objekt TEC-13-2008-AB 11 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Einleitung herum gesetzlich vorgeschrieben. Die Ergebnisse des Langzeitmonitorings der seismischen Erschütterungen und geomorphologische Untersuchungen in der Region belegen, dass der potenzielle Endlagerstandort einem stabilen Plattformgebiet mit niedriger seismotektonischer Aktivität und geringer Heraushebungstendenz zuzuordnen ist. Zusätzlich zur kontinuierlichen Messung der seismischen Erschütterungen dient die vom Institut für Physik der Erde der Russischen Akademie der Wissenschaften herausgegebene „Karte der allgemeinen seismischen Gliederung des Territoriums der russischen Föderation („OSR – 97 – S“)“ als unverzichtbare, normativ vorgeschriebene Entscheidungsgrundlage für die Ausweisung von geeigneten Standorten [Morozov et al. 2001]. Ausgehend von der auf dieser Karte vorgenommenen Einteilung des Territoriums der ehemaligen Sowjetunion in erdbebengeographische Einheiten ist das Untersuchungsgebiet durch eine geringe Tendenz zu seismischen Erschütterungen charakterisiert und liegt innerhalb der Intensität 7. Dies bedeutet, dass sich ein Erdbeben der Intensität 7, d. h. ein Erdbeben, das Risse im Verputz und Spalten in den Wänden und Schornsteinen hervorruft, in dieser Region einmal in 5 000 Jahren wiederholen kann. Die möglichen Auswirkungen von seismischen Aktivitäten auf ein geologisches Endlager wurden bisher generell noch nicht betrachtet. Symbole: 1 – Straßen (a – asphaltiert, b – befestigt, c – unbefestigt), 2 – Grenzen der Untersuchungs gebiete, 3 – Ortschaften, 4 – jurassische Sedimente, 5 – quartäre Ablagerungen, 6 – proterozoische Metamorphite, 7 – archaische Metamorphite, 8 – Nishnekansker Granitoidkomplex, 1. Intrusionsphase, 9 – Nishnekansker Granitoid komplex, 2. Intrusionsphase, 10 – paläozoische alkalische Magmatite, 11 – archaische basische Gänge Abb. 1-3: Lage der potenziellen Endlagerstandorte „Verchne-Itatskij“ („Kamennyj“ und „Itatskij“, beide rechts unten) und „Jenisejskij“ (Mitte links) auf der schematisierten geologischen Karte des Umfeldes des Bergbau-Chemischen Kombinates Schelesnogorsk (nach: Anderson et al. 2001) TEC-13-2008-AB 12 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Einleitung Grundwasservorkommen im Untersuchungsgebiet sind überwiegend an Zerrüttungs- und Schieferungszonen tektonischer Störungen sowie an die Kontakte von basischen Gängen gebunden. Beobachtungen in den Untertageanlagen des BChK [Gupalo 2003] belegen, dass entlang der Kontakte von basischen Dykes häufig Zonen mit erhöhter Wasserführung festgestellt werden. Dies zeigt die Notwendigkeit einer möglichst detaillierten Ausgliederung dieser Kontaktbereiche im Ergebnis der geologisch-geophysikalischen Standortuntersuchungen. Entsprechend den Kriterien der IAEA [IAEA 1983] sollen die hydrogeologischen Eigenschaften von Gesteinsblöcken, in denen eine unterirdische Endlagerung radioaktiver Abfälle erfolgen soll, einen Grundwasserzufluss in den Einlagerungsbereich unterbinden bzw. begrenzen. Das bedeutet u. a., dass solche Regionen durch das weitgehende Fehlen struktureller Schwächezonen, wie z. B. offene Klüfte, Schieferungs- und Bruchzonen oder langaushaltende wasserdurchlässige Kontakte lithologischer Varietäten charakterisiert sein sollten. Notwendig sind außerdem weite Entfernungen zu mächtigen, hydraulisch aktiven Störungszonen, minimale Hebungs- bzw. Absenkungsgeschwindigkeiten und Versatzbeträge neotektonischer Bewegungen sowie eine möglichst geringe Vernetzung der Kluftsysteme und Störungszonen. Die per Luft- und Satellitenbildauswertung im Untersuchungsgebiet ausgewiesenen Photolineationen lassen, ebenso wie die Analyse der Flussverläufe, für das weitere Umfeld des Bergbau-Chemischen Kombinates mehrere Richtungen von Störungszonen erkennen. Genauere Vorstellungen zur räumlichen Anordnung dieser strukturellen Schwächezonen, ihren hydraulischen Eigenschaften und ihren Einfluss auf die Grundwasserströmungsvorgänge existieren z. Zt. noch nicht, abgesehen von den Geomonitoring-Befunden aus den Untertageanlagen des Bergbau-Chemischen Kombinates. Für das Nishnekansker Granitoidmassiv existieren z. Zt. noch keine detaillierten Untersuchungsergebnisse zum natürlichen Wärmefeld. Derartige Angaben sind für Berechnungen der thermischen Auswirkungen des HAW-Endlagers auf die Bentonitbarriere und auf das umgebende Gesteinsmassiv erforderlich. Hinweise zur Änderung der Gesteinstemperatur mit zunehmender Teufe sind für die Region Schelesnogorsk aus den bohrlochgeophysikalischen Messungen in den 500 m bzw. 700 m tiefen Erkundungsbohrungen im Gebiet „VerchneItatskij“ ableitbar. Der sich aus den Temperaturmessungen ergebende geothermische Gradient beträgt etwa 37°/km. Im Zuge der weiteren Standorterkundung ist eine Ergänzung bzw. Präzisierung dieser Angaben erforderlich. Verglichen mit den an anderen Endlager- bzw. Untertagelabor-Standorten durchgeführten Erkundungsarbeiten sind die im Umfeld des BChK Schelesnogorsk bis zum heutigen Tag realisierten geologisch-geophysikalischen Untersuchungen zur Standortauswahl bzw. -eignung sehr umfangreich. Obwohl die bisher durchgeführten Standortuntersuchungen schon zahlreiche Hinweise zum geologischen Aufbau des analysierten Territoriums gaben, ist für eine sichere geologische Interpretation der Daten und für Schlussfolgerungen zur zukünftigen geologischen Entwick- TEC-13-2008-AB 13 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Einleitung lung der Region eine dreidimensionale Interpretation aller geologisch-geophysikalischen Daten erforderlich. Im Zuge der Erarbeitung eines geologischen Standortmodells mittels „openGEO“ konnten erste anschauliche Beispiele digitalisierter 3D-Modelle für einen potenziellen Endlagerstandort in magmatischen Wirtsgesteinen erstellt werden. Abb. 1-4 zeigt ein erstes 3D-Modell für das Gebiet „Kamennyj“ (ausführlicher siehe [Wallner et. al 2005]). Die grün und rosa gefärbten Bereiche entsprechen Gesteinen mit geringen elektrischen Widerständen (hohen hydraulischen Durchlässigkeiten). Die blau und rot markierten Abschnitte sind ± monolithische Gesteine mit hohen elektrischen Widerständen. Auf der topographischen Karte ist rechts der Fluss Malyj Itat gut zu erkennen. Außerdem sind die oberflächig nachgewiesenen Störungszonen rot und die Erkundungsbohrungen als blaue Punkte eingezeichnet. Abb. 1-4: Geologisches 3D-Modell mit Draufsicht auf die Reliefkarte des Gebietes „Kamennyj“ Für die Endlagerung in einer Granitformation des oben charakterisierten Nishnekansker Granitmassivs sind die hochradioaktiven Abfälle des Bergbau-Chemischen Kombinates Schelesnogorsk vorgesehen. Die radioaktiven Abfälle des Bergbau-Chemischen Kombinates resultieren aus zwei Produktionsprozessen: • hochradioaktive Schlämme aus den früheren militärischen Programmen • flüssige Abfälle aus der Wiederaufarbeitung von ausgedientem Kernbrennstoff in der ge- planten Anlage RT-2 Nach den vorliegenden Angaben des Bergbau-Chemischen Kombinates [VNIPI PT 2002] sind gegenwärtig ca. 7200 m³ hochradioaktiver Schlämme in Tanks gelagert. Es ist vorgesehen, diese Abfälle mittels Borsilikat zu verfestigen und in Austenitstahlbehälter zu füllen. TEC-13-2008-AB 14 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Einleitung Die technologische Planung zur Wiederaufarbeitung in der geplanten Anlage RT-2 sieht die Herauslösung von drei Fraktionen aus den flüssigen Abfällen der Wiederaufarbeitung vor, die sich in der Restwärmeentwicklung und der potenziellen radiologischen Gefahr unterscheiden [Wallner et al. 2005]. Es ist vorgesehen, die Fraktion Cs/Sr in einer Borsilikatmatrix und die Fraktionen Seltene Erden sowie Spaltprodukte in eine Keramikmatrix auf Basis von Zirkon oder Zirkoniumdioxid zu konditionieren. Die Gesamtaktivität des Einlagerungsinventars beträgt nach 30 Jahren ca. 749 Mill. Ci, nach 70 Jahren ca. 363 Mill. Ci und nach 300 Jahren ca. 1,6 Mill. Ci. Hervorzuheben ist die außerordentlich hohe Wärmeleistung der Fraktion Cs/Sr, die spezielle Lösungen bei der Konzipierung des Endlagers erfordert. Eine zusammenfassende Übersicht über das für die Endlagerung vorgesehene Inventar ist in Tab. 1-1 gegeben. Im Zuge der Erarbeitung des technischen Endlagerkonzeptes wurden Einlagerungskonzepte für die verschiedenen Abfallfraktionen im magmatischen Wirtsgestein erarbeitet und entsprechende thermische Auslegungsrechnungen durchgeführt [Wallner et al. 2005]. Das Endlager soll in einer Teufe von ca. 650 m angeordnet werden. Die Endlagerung schwach wärmeentwickelnder Abfälle aus verfestigten Schlämmen aus der Waffenplutoniumproduktion und aus den Fraktionen Seltene Erden und Spaltprodukte der Wiederaufarbeitung ist in horizontalen Strecken vorgesehen. Das Barrierenkonzept für diese Abfälle sieht konzeptionell eine 0,25 m mächtige Bentonitschale für die Einlagerungsstrecke vor. Die Kenndaten dieser langzeitsicherheitsrelevanten Barriere sind im Ergebnis sicherheitsanalytischer Untersuchungen zu präzisieren. Die nach der Stapelung der Behälter verbleibenden Hohlräume werden mit einem Bentonit-Zementgemisch verfüllt. Die für eine Einlagerung im Nishnekansker Granitmassiv vorgesehene Cs/Sr-Abfallfraktion hat insbesondere in der Anfangszeit eine sehr hohe Wärmeleistung, zeigt aber im Vergleich zu anderen Gebinden, wie Pollux, ELB-3 u. a., einen erheblich steileren Wärmeleistungsabfall. Für die Endlagerung dieser Abfälle wurde eine Konzeptmodifikation entwickelt, die den Einsatz einer thermischen Isolationsschicht zwischen Abfallbehälter und Bentonitbuffer vorsieht, um zu einem möglichst frühen Zeitpunkt ohne Verletzung von bestehenden Temperaturgrenzwerten (z. B. <100°C im Bentonit) einlagern zu können. Dieser Lösungsansatz kann auch für andere Wirtsgesteine mit erheblichen thermischen Restriktionen, wie z. B. Ton, von großem Interesse sein. Das Einlagerungskonzept für die wärmeentwickelnden Abfälle sieht eine Endlagerung der Abfallbehälter in vertikalen Bohrlöchern mit einer Tiefe von ca. 18 m vor. Die Behälter mit der Wärmeisolationsschicht sind allseitig in Bentonit eingebettet. TEC-13-2008-AB 15 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Einleitung Tab. 1-1: BChK - Übersichtsdaten des Endlagerinventars Bezeichnung Einheit Verfestigte Schlämme Fraktionen nach der Wiederaufarbeitung *) Seltene SpaltCs+Sr Erden produkte 1.148 950 1.095 348 250 288 Berechnetes Volumen der t 1.800 verfestigten Abfälle m³ 600 Spezifische Wärmeleistung nach W/l 0,1 • 30 a Lagerung der Schlämme W/l 9,3 0,1 7x10-4 • 50 a Lagerung des Kernbrennstoffes Daten der Abfallbehälter mm 600/1000/7 450/1000/7 600/1000/7 600/1000/7 • Durchmesser, Höhe, Wandstärke l 200 80 200 200 • Abfallvolumen je Behälter kg 600 264 760 760 • Abfallmenge je Behälter Behälter Stck. 3.000 4.350 1.250 1.440 • Gesamtanzahl 200 290 85 100 • Jährliche Anlieferung Wärmeleistung der Abfall- W/lfd. m 20 744 20 0,14 gebinde Spezifische Wärmeleistung der Gebinde W/l 0,1 16 0,23 8,8x10-4 • Nach 30 Jahren Zwischenlagerung 9,3 0,1 7x10-4 • Nach 50 Jahren Zwischenlagerung Spezifische Aktivität nach 30 Ci/l ca. 30 ca. 2100 ca. 40 ca. 0,2 Jahren *) aus der Wiederaufarbeitung von 9.000 tSM ausgedienter Brennelemente der Reaktoren WWER-1000 P P P P P Im Zuge der Arbeiten zum sicherheitsanalytischen Modell wurde ein durchgängiges System leistungsfähiger Simulationsprogramme mit den Komponenten − FEFLOW – Strömungs- und Transportmodellierung − EMOS, bestehend aus den Komponenten ○ CLAYPOS – Nahfeldmodellierung ○ CHETMAD – Fernfeldmodellierung ○ EXMAS – Biosphärenmodell implementiert und seine Anwendbarkeit für Endlager in magmatischen Wirtsgesteinen nachgewiesen. In Anbetracht der zur Verfügung stehenden eingeschränkten Datenbasis war es teilweise erforderlich, den Modellen generische Daten zugrunde zu legen. Dies betrifft insbesondere die umfangreichen Sensitivitätsuntersuchungen hinsichtlich der hydraulischen Parameter des Wirtsgesteins und der Kluftsysteme. Ungeachtet dessen kann Folgendes festgestellt werden [Wallner et al. 2005]:: TEC-13-2008-AB 16 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Einleitung Mit zunehmendem Unterschied zwischen Matrix- und Kluftdurchlässigkeit gewinnt der Schadstofftransport in den Klüften an Bedeutung, der in starkem Maße von Kluftart, -orientierung und -durchlässigkeit abhängt. In Einzelklüften können gegenüber Bereichen mit hoher Kluftdichte besonders hohe Transportgeschwindigkeiten erreicht werden, ebenso in Klüften mit hohem Potenzialgradienten. Die durch den geothermischen Tiefengradienten induzierte Dichteströmung kann den Schadstofftransport nachhaltig beeinflussen, indem Kluftsysteme mit deutlich höheren Durchlässigkeiten als die Gesteinsmatrix zur Herausbildung deutlicher Inhomogenitäten im Wärmefeld führen können. Die durchgeführten orientierenden Berechnungen zur prognostizierten Strahlenexposition der hypothetischen kritischen Gruppe haben in keinem Fall zu Ergebnissen geführt, die über den deutschen bzw. russischen Grenzwerten liegen. Die grundsätzliche Realisierbarkeit eines Endlagers in der betrachteten Standortregion wird somit unter den getroffenen Annahmen nicht in Frage gestellt. Ausgehend von den Ergebnissen der Projektarbeiten wurden von den deutschen und russischen Spezialisten eine Reihe von Themenkomplexen herausgearbeitet, zu denen eine Fortsetzung der Zusammenarbeit für zweckmäßig erachtet wurde, darunter: • Integration der Ergebnisse verschiedener geophysikalischer Erkundungsverfahren in digi- • • • • • • tale 3D-Modelle und deren Interpretation zur Erhöhung der Aussagesicherheit der geologischen Standortmodelle zwecks Charakterisierung der geologischen Hauptbarriere Bewertung seismischer Einwirkungen auf die Integrität der technischen Barrierenbehälter und des Bentonitbuffers Begründung der Abmessungen und Kenndaten des Mehrbarrierensystems der Endlagerung, der Technologie ihrer Errichtung und der Methoden für den Nachweis ihrer Funktionstüchtigkeit Begründung der Auslegung des Mehrbarrierensystems eines Endlagers unter Berücksichtigung des realen Zustandes des Wirtsgesteinsmassivs und der Prognosen zu den natürlichen und technogenen Einflüssen Entwicklung einer geeigneten Auslegung der technischen Barrieren hinsichtlich der Gewährleistung ihrer Integrität unter Berücksichtigung der korrosiven Gasbildung Analyse der Effektivität der Bentonitbarriere in Abhängigkeit von der Technologie ihrer Errichtung, der stofflichen Zusammensetzung sowie den natürlichen geologischen und hydrogeologischen Kenndaten permeabler Zonen weitere Präzisierung der integrierten sicherheitsanalytischen Modelle mittels Substitution generischer Daten durch reale hydrogeologische und geochemische Standortdaten, sowie durch Berücksichtigung eines stochastischen Behälterausfalls Diese Themenkomplexe wurden im Wesentlichen der Aufgabenstellung des Forschungsvorhabens „Untersuchungen zur Wirksamkeit des geologischen und geotechnischen Barrierensystems im Hinblick auf die Standortauswahl in magmatischen Gesteinen (WIBASTA)“ zu Grunde gelegt, dessen Ergebnisse im weiteren dargelegt sind. TEC-13-2008-AB 17 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Sicherheitsnachweiskonzept 2 Sicherheitsnachweiskonzept für das Barrierensystem Von russischer Seite wird derzeit favorisiert, ein Endlager für hochradioaktive Abfälle in den hochmetamorphen sauren bis basischen Rahmengesteinen des Nishnekansker Granitmassivs, Gebiet Krasnojarsk, zu errichten. Es besteht die gemeinsame Auffassung, dass eine detaillierte Standortcharakterisierung alle notwendigen Informationen liefern muss, um eine standortbezogene Sicherheitsanalyse für das ausgewählte Endlagerkonzept durchführen zu können. Bereits in einer frühen Phase der Endlagerplanung und der Standortcharakterisierung wird auf der Grundlage vorläufiger Sicherheitsuntersuchungen die Frage nach dem tatsächlichen geowissenschaftlichen und technischen Informationsbedarf gestellt, die eine Konzentration auf ein zielorientiertes Erkundungs- bzw. Untersuchungsprogramm ermöglichen soll. Bei der Endlagerung in magmatischen oder hochmetamorphen Gesteinen ist zu beachten, dass im Vergleich zu Endlagerkonzepten im Salz oder im plastischen Ton wegen des eingeschränkten Isolationspotenzials des Wirtsgesteins den technischen und geotechnischen Barrieren eine größere Bedeutung für den Nachweis der Endlagersicherheit und damit der Standorteignung zukommt. Es ist daher ein vorrangiges Ziel dieses Forschungsvorhabens, ein klareres Verständnis über die Rolle der einzelnen Komponenten des geologischen, geotechnischen und technischen Barrierensystems im Hinblick auf den Nachweis der Endlagersicherheit, respektive der Standorteignung, und damit über die an sie zu stellenden Anforderungen hinsichtlich des Isolationspotenzials zu erlangen. Das möglicherweise eingeschränkte Isolationspotenzial der geologischen Barriere wird maßgeblich durch die vorhandenen Kluftsysteme, die im Gesteinsmassiv aktuell vorherrschenden Spannungen bzw. Spannungsverteilungen sowie perspektivisch mögliche Veränderungen in der Orientierung der Spannungsvektoren und daran gebunden in den Durchlässigkeiten der Kluftsysteme bestimmt. Im Zusammenhang mit der im Ergebnis jeder Standorterkundung in Magmatiten/Metamorphiten vorliegenden eingeschränkten Kenntnis über vorhandene Kluftsysteme und den damit verbundenen Unsicherheiten ist zu klären, was die technische bzw. geotechnische Barriere leisten müssen, damit der Nachweis der Einhaltung der Schutzziele trotzdem ohne Abstriche geführt werden kann. Im Folgenden wird in Anlehnung an den Titel des gemeinsamen Vorhabens „Untersuchungen zur Wirksamkeit des geologischen und geotechnischen Barrierensystems im Hinblick auf die Standortauswahl in magmatischen Gesteinen“ ein Konzeptvorschlag aufgezeigt, wie mittels Ausweisung von Schutzfunktionen für jeden Teil des Barrierensystems, sowie der dafür maßgeblichen Eigenschaften, Parameter, Unsicherheiten etc. die Rolle der einzelnen Schutzfunktionen und die Nachweisbarkeit der Erfüllung dieser Funktionen bei der modellgestützten Beweisführung der Langzeitsicherheit bewertet werden können. TEC-13-2008-AB 18 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Sicherheitsnachweiskonzept 2.1 Barrieren und Schutzfunktionen Das Barrierensystem zum Schutz der Biosphäre vor dem Eintrag radioaktiver Nuklide besteht aus folgenden Komponenten: − Technische Barriere − Geotechnische Barriere − Geologische Barriere (Abfallmatrix und Stahlbehälter) (Mineralgemisch, Bentonit-Buffer und Versatz-/ Verschlussmaterial) (Nahfeld, Fernfeld und eventuelle Deckschichten) Jeder der aufgeführten Barriereteile trägt seinen Teil zur Isolationswirkung der Gesamtbarriere und damit in erster Linie zur Rückhaltung von Radionukliden bei, hat also seine eigenen „Schutzfunktionen“. Die Teile der Barriere und die ihnen zugeordneten Schutzfunktionen sind in Abb. 2-1 zur Übersicht aufgelistet. Technische Barriere Abfallmatrix Mechanische Fixierung Chemische Fixierung Geotechnische Barriere Mineralgemisch Hitzeschutz für Bentonit Geologische Barriere Nahfeld Begrenzung des hydraulischen Flusses Bentonit-Buffer Radionuklid-Rückhaltung Stahlbehälter Separierung u. Fixierung der Behälter Gebirgsschluss zur Wärmeabfuhr Radionuklideinschluss Minimierung der Strahlungsfreisetzung Wärmeabfuhr Unterbindung advektiver Wasserbewegung Vorhaltung geeigneter chem. GW-Bedingungen Fernfeld Verzögerung des Radionuklidtransports Radionuklid-Rückhaltung Radionuklid-Rückhaltung Verzögerung des Radionuklidtransports Dämpfung mech. Gebirgsbewegung Deckschichten Versatz/Verschluss Radionuklid-Rückhaltung Minimierung advektiver Wasserbewegung Verzögerung des Radionuklidtransports Verzögerung des Radionuklidtransports Abb. 2-1: Barrierekomponenten und ihre Schutzfunktionen Für jede der in Abb. 2-1 mit Pfeilen markierten Schutzfunktionen werden nachfolgend die physikalisch-chemischen Prozesse benannt, die die einzelnen Schutzfunktionen beeinflussen können. Diese Prozesse werden in der Regel formal beschrieben und durch entsprechende Stoffgesetze und Einflussparameter charakterisiert. Sowohl Prozesse als auch Parameter sind mit Unsicherheiten behaftet, über deren Größe man sich in VorbereiTEC-13-2008-AB 19 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Sicherheitsnachweiskonzept tung auf die im Genehmigungsverfahren durchzuführenden Langzeitsicherheitsanalysen Gedanken machen muss. Gleichzeitig muss geklärt werden, wie man mit diesen Unsicherheiten im Rahmen eines Sicherheitsnachweises umgeht. 2.1.1 Schutzfunktionen der technischen Barriere Nach derzeitiger Planung ist vorgesehen, die hochaktiven Abfälle mittels Borsilikat zu verfestigen. Die Aktivität der verfestigten Schlämme wird im Wesentlichen vom Gehalt an 90Sr und 137 Cs bestimmt. In den Schlämmen sind vor der Verarbeitung und Verglasung insgesamt ca. 600 kg Plutonium enthalten. Die technologische Planung zur Wiederaufarbeitung sieht die Herauslösung von drei Fraktionen aus den flüssigen Abfällen vor, die sich in der Wärmeentwicklung und der radiologischen Gefahr unterscheiden. Es ist beispielsweise vorgesehen, die Fraktion Cs/Sr in einer Borsilikatmatrix zu konditionieren und dann in einem Austenitstahlbehälter mit einem Außendurchmesser von 450 mm, einer Höhe von 1000 mm und einer Wandstärke von 7 mm einzulagern. Diese Cs/Sr-Abfallfraktion hat insbesondere in der Anfangszeit eine sehr hohe Wärmeleistung, zeigt aber im Vergleich zu den anderen international gängigen Gebinden einen erheblich steileren Wärmeleistungsabfall. Dies wird besonders in der doppelt-logarithmischen Darstellung deutlich, in der die Cs/Sr-Fraktionen bereits nach ca. 200 Jahren eine geringere Wärmeleistung aufweisen als die anderen Gebinde. Nach etwa 300 Jahren ist die Wärmeleistung auf unter 10 W/m³ abgesunken und damit thermisch nicht mehr relevant (Abb. 2-2). P P P Interim storage period 50 a 12000 Heat Output / W m -3 10000 8000 10000 Container-type Cs/Sr ELB-3 HAW-Cask POLLUX-10 POLLUX-8 CANDU 1000 Interim storage period 50 a P 100 6000 10 4000 1 10 100 1000 10000 100000 2000 0 10 100 1000 10000 100000 Time / a Abb. 2-2: Wärmeleistung eines Cs/Sr-Behälters im Vergleich zu anderen international gängigen Endlagergebinden Den in Abb. 2-1 bereits aufgeführten Schutzfunktionen der technischen Barriere werden in Tab. 2-1 die relevanten Prozesse und Parameter zugeordnet. Darüber hinaus wird angeführt, wo die größten Unsicherheiten zu erwarten sind und welchen Einwirkungen und Randbedingungen die Barrierekomponenten ausgesetzt sind. Die beiden letzten Spalten beziehen sich TEC-13-2008-AB 20 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Sicherheitsnachweiskonzept auf die Methodik des Nachweises der Wirksamkeit der jeweiligen Schutzfunktion und welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden können bzw. müssen. Die Konditionierung der hochaktiven Abfälle in einer Borsilikatmatrix dient sowohl zur mechanischen als auch zur chemischen Fixierung. Die zu berücksichtigenden Prozesse im Rahmen einer Sicherheitsbetrachtung sind mechanische Rissbildung sowie Korrosion der Glasmatrix mit den zugehörigen Parametern Steifigkeit, Festigkeit bzw. Löslichkeit. Die wesentliche Unsicherheit in Bezug auf das mechanische Verhalten besteht in der Prognose einer Rissbildung in einem gegebenen bzw. sich verändernden Spannungs- bzw. Druckregime. Im Falle der chemischen Fixierung kann der Nachweis beispielsweise unter Berücksichtigung der Löslichkeitsgrenzen und Kenntnis des Quellterms rechnerisch geführt werden. Tab. 2-1: Schutzfunktionen der technischen Barriere Schutzfunktion A) Abfallmatrix Mechanische Fixierung Chemische Fixierung B) Stahlbehälter Einschluss der Radionuklide (Integrität) Minimierung der Strahlungsfreisetzung Wärmeabfuhr Prozess Parameter Unsicherheit Einwirkung Randbedingung Nachweis Fazit Rissbildung Steifigkeit, Festigkeit Rissprognose, Materialparameter Spannungen Druckregime (wechselnd) nicht führbar Matrixkorrosion Löslichkeit, Quellterm Eintritt, Dauer, Umfang, Löslichkeitsgrenzen Lösungsart, Zutritt (Dauer + Volumen) Geochemisches Milieu Rechnerisch (auf Basis der Löslichkeitsgrenzen) Kein Kredit von der Schutzfunktion Quellterm (Löslichkeitsgrenzen) Behälterkorrosion Korrosionsrate Korrosionsart, Eintritt, Dauer, Umfang Lösungsart, Zutritt (Dauer + Volumen), Radiolyse Wechselwirkung mit geotechnischer Barriere, Temperatur nur am Einzelbehälter führbar Mechanische Zerstörung Mechanische Zerstörung Festigkeiten Materialparameter Festigkeiten Materialparameter Scherung, Druck Scherung, Druck Kluftsystem, Druckbedingungen Kluftsystem, Druckbedingungen nur am Einzelbehälter führbar nur für Radiolyse führbar Wärmeleitung Wärmeleitfähigkeit, spez. Wärmekapazität, Dichte Materialparameter Konfiguration der geotechnischen Barriere Wärmeleistung Rechnerisch Statistischen Behälterausfall ansetzen Thermische Auslegung Die Schutzfunktionen des Behälters umfassen den Einschluss der Radionuklide und damit die Integrität des Behälters sowie die Minimierung der Strahlungsfreisetzung und die Wärmeabfuhr. Die relevanten Prozesse sind die Behälterkorrosion, die mechanische Zerstörung und die Wärmeleitung mit den Parametern Korrosionsrate, Festigkeit und den thermophysikalischen Parametern. Die mechanische Zerstörung eines Behälters kann beispielsweise durch eine Scherbelastung eintreten, die aus einer Gesteinsverschiebung auf Kluftstrukturen herrührt. Solche Verschiebungen auf Klüften können beispielsweise durch Erdbeben induziert werden. Der entsprechende Sicherheitsnachweis kann aus Gründen der Rechenkapazität nicht für ein ganzes Endlager geführt werden, sondern nur an einem einzelnen Behälter. Das gleiche gilt für die Zerstörung des Behälters durch Korrosion. Je nach Lösungsart und Wechselwirkung mit der geotechnischen Barriere kann auch hier aus Kapazitätsgründen nur ein Nachweis am Einzelbehälter geführt werden. Die Konsequenz ist, dass ein statistischer Behälterausfall im Rahmen der Sicherheitsbetrachtungen angesetzt werden muss. TEC-13-2008-AB 21 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Sicherheitsnachweiskonzept Die Wärmeabfuhr ist unkritisch, da austenitischer Stahl eine genügend hohe Wärmeleitfähigkeit besitzt. Hier spielt die Konfiguration der geotechnischen Barriere, siehe Spalte „Einwirkungen“ in Tab. 2-1, die entscheidende Rolle. Diese muss, wie im folgenden Kapitel beschrieben, eine ausreichende Wärmeabfuhr ermöglichen, damit es nicht an der Behälteroberfläche zu einem Wärmestau und damit letztlich zu einer Überhitzung des Behälters und der von ihm eingeschlossenen Glasmatrix kommt. Der notwendige Sicherheitsnachweis muss rechnerisch im Rahmen einer thermischen Endlagerauslegung erfolgen. 2.1.2 Schutzfunktionen der geotechnischen Barriere Im Falle der am Standort Jenisejskij z. Zt. vorgesehenen Einlagerung von Endlagerbehältern in großen Bohrlöchern besteht die geotechnische Barriere aus einem Mineralgemisch und einem Bentonitmantel (Abb. 2-3). Im Rahmen der im ASTER-Projekt durchgeführten Auslegungsberechnungen zum Endlagerdesign [Wallner et al. 2005] wurde ein Einlagerungskonzept zur Bohrlochlagerung entwickelt, bei dem der einzulagernde Behälter zunächst von einer wärmeverteilenden Schicht, bestehend zum Beispiel aus Sand, umgeben wird, bevor die eigentliche Bentonitbarriere und das Wirtsgestein folgen. Die geotechnische Barriere besteht in diesem Fall also aus einer Sandschicht und einer Bentonitschicht. Der Bentonit selbst hat eine sehr geringe Wärmeleitfähigkeit, so dass man derzeit davon ausgeht, dass der Bentonit noch zu einem gewissen Prozentsatz mit thermisch hochleitfähigem Graphit vermischt wird, um die Wärmeleitfähigkeit der Mischung soweit zu erhöhen, dass sie ungefähr der Wärmeleitfähigkeit des Wirtsgesteins entspricht. Dadurch wird ein künstlicher Wärmestau verhindert. Im Rahmen eines aktuellen Forschungsprojektes in Deutschland wird zur Zeit untersucht, welche prozentualen Beimischungen zu wählen sind, um eine geeignete Wärmeleitfähigkeit zu erhalten. Abb. 2-3: Einlagerungskonfiguration im Falle einer Bohrlochlagerung (ausführlicher siehe [Wallner et al. 2005]) Den in Abb. 2-1 aufgeführten Schutzfunktionen der geotechnischen Barriere werden in Tab. 2-2 die für die Langzeitsicherheit relevanten Prozesse und Parameter zugeordnet. Darüber hinaus wird angeführt, welche Parameter mit den größten Unsicherheiten verbunden sind und welchen Einwirkungen bzw. Randbedingungen die Barrierekomponenten ausgesetzt sind. Die beiden letzten Spalten beziehen sich auf die Methodik des Nachweises der Wirksamkeit der jeweiligen Schutzfunktion und welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden können bzw. müssen. TEC-13-2008-AB 22 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Sicherheitsnachweiskonzept So dient beispielsweise das den Behälter umgebende Mineralgemisch (A) in erster Linie zur Wärmeverteilung (Heat spreader, Abb. 2-3). Das heißt, die vom Behälter ausgehende Wärme wird durch den Einsatz des Mineralgemisches (Sand) auf eine wesentlich größere Oberfläche verteilt und die thermische Belastung auf den Bentonitmantel wird somit gemindert. Die Funktion des Mineralgemisches ist also der Schutz der Bentonitbarriere vor unzulässiger Erwärmung. Der dafür relevante Prozess ist die Wärmeleitung mit den Materialparametern Wärmeleitfähigkeit, spezifische Wärmekapazität und Dichte. Diese Parameter müssen zuverlässig bestimmt werden, d.h. das eingesetzte Material muss in seinen Eigenschaften bekannt sein. Die Kenntnis bzw. die Bestimmung dieser Parameter ist mit Unsicherheiten behaftet, die es zu quantifizieren gilt. Darüber hinaus ist die Barrierekomponente Mineralgemisch noch Einwirkungen und Randbedingungen ausgesetzt, die durch die Stärke der Wärmeentwicklung der Behälter und durch aufsättigungsbedingte Veränderungen (z. B. Quellen) des umgebenden Bentonitmantels bestimmt werden. Der Nachweis zur Erfüllung dieser Schutzfunktion kann unter Berücksichtigung der Parameterunsicherheiten und unter Verwendung qualifizierter Computer-Programme rechnerisch geführt werden. Es ergibt sich somit die Notwendigkeit, für den Nachweis der Langzeitsicherheit thermische Auslegungsberechnungen durchzuführen, im Rahmen derer die Einlagerungskonfiguration in einer Weise bestimmt wird, dass thermische Grenzbedingungen, wie sie für den Bentonit mit 100°C vorliegen, nicht überschritten werden. In analoger Weise wurde mit allen anderen der in Tab. 2-2 aufgeführten Schutzfunktionen verfahren. Stellte sich dabei heraus, dass der Nachweis an einer Stelle nicht geführt werden kann, so wurde von dieser Barrierekomponente kein Kredit genommen und sie wurde demzufolge aus den Sicherheitsbetrachtungen ausgekoppelt. TEC-13-2008-AB 23 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Sicherheitsnachweiskonzept Tab. 2-2: Schutzfunktionen der geotechnischen Barriere Schutzfunktion Prozess Parameter Unsicherheit Einwirkung Randbedingung Nachweis Fazit Wärmeleitung Wärmeleitfähigkeit, spez. Wärmekapazität, Dichte Materialparameter Bentonitmantel Wärmeleistung der Behälter Rechnerisch Thermische Auslegung notwendig Quellen von Ton, Quelldruckbildung Smektitgehalt, Einbaudichte Aufsättigung, Fertigungsprozess Lösungsart Temperatur Rechnerisch, Demonstration Gebirgsschluss zur Wärmeabfuhr Quellen von Ton, Quelldruckbildung Smektitgehalt, Einbaudichte Quellzustand Lösungsart Sättigungsgrad Rechnerisch, Demonstration Unterbindung advektiver Wasserbewegung Quellen von Ton, Quelldruckbildung, Aufsättigung, 2-Phasen-Fluss, Gasdruckbildung Smektitgehalt, Einbaudichte, Permeabilität (intr.), relative Permeabilität, Kapillardruck, Wassergehalt Materialparameter-, und Heterogenitäten, Sättigungsprozess, Imperfektionen Zuflussmenge (kein Wasser) Hydraulischer Gebirgsdruck, Wärmeleistung der Behälter Rechnerisch, Demonstration Verzögerung des Radionuklidtransports Diffusion Diffusionskoeffizient, Porosität Materialparameter und Quellzustand Temperatur Sättigungsgrad Rechnerisch, Demonstration Rückhaltung der Radionuklide Sorption, Ionenaustausch Soptionskoeffizienten KAK Geochemisches Milieu, Mineralbestand, Korngrößen Temperatur Sättigungsgrad Rechnerisch, Demonstration Mechanische Zerstörung Festigkeiten Materialparameter Scherung Kluftsystem Rechnerisch Minimierung advektiver Wasserbewegung Quellen von Ton, Quelldruckbildung Smektitgehalt, Einbaudichte Quellzustand Lösungsart Sättigungsgrad Rechnerisch, Demonstration Verzögerung des Radionuklidtransports Diffusion Diffusionskoeffizient, Porosität Materialparameter und Quellzustand Temperatur Sättigungsgrad Rechnerisch, Demonstration A) Mineralgemisch Schutz des Bentonit vor unzulässiger Erwärmung B) Bentonit-Buffer Separierung und Fixierung der Behälter Dämpfung mechanischer Gebirgsbewegung C) Versatz / Verschluss 2.1.3 Alternativbetrachtungen notwendig Alternativbetrachtungen notwendig Alternativbetrachtungen notwendig Diffusives Transportmodell notwendig Sorptionsmodell notwendig Scherungsmodell notwendig Alternativbetrachtungen notwendig Diffusives Transportmodell notwendig Schutzfunktionen der geologischen Barriere Die Prognose der Langzeitentwicklung der geologischen Barriere und die Ausweisung bzw. Bewertung ihrer Schutzfunktionen sind wichtige Bestandteile des im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens für ein Endlager notwendigen Langzeitsicherheitsnachweises. Dazu ist es erforderlich, die im Umfeld des Endlagers ablaufenden, langzeitsicherheitsrelevanten Prozesse sowie die wichtigsten Einflussparameter auf den Ablauf und die Intensität dieser Prozesse zu analysieren. Aufgrund von Unterschieden im Aufbau und in den Eigenschaften sowie in den Barrierefunktionen bzw. -anforderungen wird die geologische Barriere in Nahfeld, Fernfeld und Deckschichten (wenn vorhanden) unterteilt. Die Schutzfunktionen der Barrieren Fernfeld und Deckschichten bestehen in der Rückhaltung der Radionuklide durch Sorption sowie in der Verzögerung des Radionuklidtransportes durch z. B. geringe Durchlässigkeiten der Kluftsysteme, niedrige Porositäten der Gesteinsmatrix, hohe Anteile gering durchlässiger Gesteine in den sedimentären Deckschichten, geringe Diffusionskoeffizienten, geringe Dichteströmungen und niedrige hydraulische Gradienten (siehe auch Tab. 2-3). In Ergänzung zu diesen Rückhaltemechanismen hat die geologische Barriere im Nahfeld des Endlagers zusätzlich die Funktion der Wärmeableitung zwecks Verhinderung einer Schädigung der technischen und geotechnischen Barrieren. TEC-13-2008-AB 24 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Sicherheitsnachweiskonzept Außerdem muss die geologische Nahfeldbarriere durch entsprechende petrophysikalische Eigenschaften der Wirtsgesteine die geomechanische Stabilität des Einlagerungssystems gewährleisten. Zusätzlich muss die gesamte geologische Barriere einer unerlaubten Entwendung der Abfälle vorbeugen und das Endlager vor gewalttätigen Angriffen schützen. Der Nachweis der Erfüllung dieser Schutzfunktionen wird rechnerisch, entweder auf Basis der Standorterkundungsergebnisse oder auf der Grundlage von experimentellen bzw. in-situ Befunden von anderen Standorten durchgeführt. Unterstützend werden die Ergebnisse von Untersuchungen an natürlichen Analoga von HAW-Endlagern herangezogen. In Tab. 2-3 werden den genannten Schutzfunktionen die für die Gewährleistung der Langzeitsicherheit des Endlagers relevanten Prozesse und die dazugehörigen Einflussparameter zugeordnet. Für den geologischen Teil des Mehrbarrierensystems können die der Langzeitmodellierung zugrunde gelegten Prozessparameter und Modellannahmen aufgrund des beträchtlichen Prognosezeitraums und der großen Vielfalt möglicher Einflussfaktoren zahlreiche Unsicherheiten aufweisen. Dabei wird unterschieden zwischen Daten- bzw. Parameterunsicherheiten, die meist leichter zu handhaben sind, und Prozessunsicherheiten, die infolge ihrer Abhängigkeit von den konkreten, häufig noch nicht vollständig bekannten Standort-Randbedingungen eine Prognose der Langzeitentwicklung der geologischen Barriere schwierig gestalten. Unsicherheiten in den Ausgangsdaten haben Unsicherheiten in den Modellen zur Folge, was die Ergebnisse entsprechender Prozessmodellierungen in Frage stellen kann und die Genehmigung der Endlagerkonzepte verzögern bzw. verhindern kann. Zwecks Nachweis der Langzeitsicherheit ist es notwendig, zunächst die Unsicherheiten durch die wahrscheinlichsten Entwicklungsszenarien des Standortes zu bewerten, gekoppelt mit einer Abschätzung der Zuverlässigkeit der Aussagen. Dazu wird i.d.R. ein standortbezogener FEP-Katalog (F – features, E – events, P – processes) erarbeitet, in dem alle am Standort vorhandenen Unsicherheiten möglichst durch alternative Szenarien („Störfallszenarien“) erfasst werden sollten. Da nicht alle Unsicherheiten ausgeschlossen werden können, muss der Nachweis geführt werden, dass die verbliebenen Restunsicherheiten keine erhöhte Gefahr für die Umwelt darstellen. Dazu erfolgt eine Expertenbewertung der Wahrscheinlichkeit des Eintretens bestimmter FEPs und des Einflusses dieser FEPs auf die Endlagersicherheit, d. h. erst durch die Hinzunahme von Expertenwissen ist es möglich, die Unsicherheiten der Modellannahmen zu bewerten und eine endgültige Sicherheitsaussage zu erstellen (siehe auch [Kotschkin 2004], [Krone et al. 2008]). Für die Bewertung des Einflusses der aus der Beschreibung der geologischen Barriere resultierenden Unsicherheiten auf die Nachweisführung der Langzeitsicherheit des gesamten Endlagersystems müssen für den zu bewertenden Standort die langzeitlichen Auswirkungen von Änderungen der Standortrandbedingungen und Barriereeigenschaften des geologischen Umfeldes abgeschätzt werden. Im Unterschied zum Projekt ASTER und den dabei für den Standort Verchne-Itatskij durchgeführten geologisch-geotechnischen Modellierungen und Sicherheitsanalysen konzentrieren sich die Untersuchungen im Rahmen des WIBASTA-Forschungsprojektes auf das Gebiet Jenisejskij. Dies erfolgt vor dem Hintergrund einer intensiven Auseinandersetzung der russischen Projektpartner mit dieser Standortregion seit 2001/2002. TEC-13-2008-AB 25 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Sicherheitsnachweiskonzept Tab. 2-3: Schutzfunktionen der geologischen Barriere Schutzfunktion Prozess Parameter Unsicherheit Einwirkung Randbedingung Nachweis Fazit Kluftvernetzung, Kluftparameter, Kluftstabilität Spannungsänderung, Alteration Hydraulischer Druck aus Gebirge, Wärme aus Behälter Erkundung Lokalisierung Einlagerungs-felder Kolloidbildung, Kluftvernetzung, Kluftparameter, EDZ-Ausbildung Spannungsveränderung, Alteration Hydraulischer Druck aus Gebirge Rechnerisch (Basis: Erkundung) Variation Parameter A) Nahfeld Begrenzung hydraulischer Zuflüsse Kluftströmung Darcy-Flow Verzögerung Radionuklid-Transport Kluftströmung Dichteströmung Diffusion Rückhaltung nuklide Radio- Veränderung geochemisches Milieu, Temperatur Kluftnetz Rechnerisch (Basis: Experiment) Variation Parameter (Basis: Literatur) Temperatur, Salinität, Viskosität, Dichte, Wärmeleitfähigkeit, Wärmekapazität, Dichte Materialparameter, Heterogenität Temperaturverteilung Kluftnetz, Gesteinstyp Rechnerisch (Basis: Experiment) Variation Parameter Gebirgsbewegung Festigkeiten Materialparameter, Heterogenität, Hohlraumgeometrie Spannungsänderung Gebirgsdruck, Blockverschiebungen Rechnerisch (Basis: Erkundung) Variation Parameter Sorption Sorptionskoeffizienten Prognose geochemisches System, Kluftbeläge, Mineralum-/neubildung Veränderung geochemisches Milieu, Temperatur Kluftnetz Rechnerisch (Basis: Experiment) Variation Parameter (Basis: Literatur) Rechnerisch (Basis: Erkundung) Variation Parameter Wärmeleitung Radio- Verzögerung Radionuklid-Transport Materialparameter, Heterogenität Prognose geochemisches System, Kluftbeläge, Alteration Wärmeableitung Rückhaltung nuklide Kluftstabilität Sorptionskoeffizienten Sorption Dichteströmung Mechanische Stabilität Einlagerungssystem B) Fernfeld Kluftweite, -länge, -orientierung, -dichte, -füllung, Permeabilität, Porosität Permeabilität Druckgradient Kluftweite, -länge, -orientierung, -dichte, -füllung, Permeabilität, Porosität Temperatur, Salinität Viskosität, Dichte Diffusionskoeffizienten Kluftströmung Dichteströmung Kluftweite, -länge, -orientierung, -dichte, -füllung, Permeabilität, Porosität Temperatur, Salinität, Viskosität, Dichte Diffusion Diffusionskoeffizienten Sorption Sorptionskoeffizienten Darcy-Flow Permeabilität, Druckgradient Kolloidbildung, Kluftvernetzung, Kluftparameter Spannungsveränderung, Alteration Hydraulischer Druck aus Gebirge Kluftstabilität Materialparameter, Heterogenität, lithologische Kontakte C) Deckschichten Rückhaltung nuklide Radio- Verzögerung und Verdünnung der Radionuklidfreisetzung Prognose geochemisches System, Mineralbestand, organische Substanzen Materialparameter, Störungszonen, Kolloide, klimatische Einflüsse, Erosion, Verwitterung Veränderung geochemisches Milieu, Verwitterung Schichtmächtigkeiten Rechnerisch (Basis: Experiment) Veränderung hydraul. System, Grundwasserneu-bildung Hydraulisches System Rechnerisch Gesamtsystem (Basis: Erkundung) Mit der Entscheidung, die WIBASTA-Studien am Beispiel des Standortes Jenisejskij durchzuführen, ist keine Wertung der alternativ zu betrachtenden potenziellen Endlagerstandorte im Umfeld des Bergbau-Chemischen Kombinates Schelesnogorsk hinsichtlich ihrer Eignung für die HAW-Endlagerung von deutscher Seite verbunden. Am Standort Jenisejskij besteht die geologische Barriere nach derzeitigem Kenntnisstand aus einer etwa 4 - 7 m mächtigen Quartärbedeckung, einer in ihrer Mächtigkeit stark schwankenden Verwitterungskruste innerhalb des hochmetamorphen Fernfeldes (bis zu 50 - 60 m tief) sowie aus einem proterozoischen Granitgneiskomplex, in den zahlreiche basische Körper unterschiedlicher TEC-13-2008-AB 26 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Sicherheitsnachweiskonzept Größe eingelagert bzw. intrudiert sind. Über die Mengenanteile, räumliche Verteilung und die Eigenschaften der in [Gupalo et al. 2007] als bevorzugtes Endlagerwirtsgestein angesehenen basischen Gesteinskörper existieren z. Zt. noch sehr unklare Vorstellungen. Bei dem geplanten Wirtsgestein handelt es sich um ein magmatisches bzw. hochmetamorphes Gestein mit einem möglicherweise infolge Klüftung eingeschränkten Isolationspotenzial. Die größten Prognoseunsicherheiten für die langzeitliche Entwicklung der geologischen Barriere am Standort Jenisejskij bestehen in den ungenauen Kenntnissen der bereits bestehenden Kluftsysteme bzw. in Unklarheiten bezüglich der zukünftigen Entwicklung des Kluftnetzes in Abhängigkeit von den Spannungsverteilungen im Gesteinsmassiv. Jede Standorterkundung in Magmatiten/Metamorphiten kann nur eingeschränkte Informationen über vorhandene Kluftsysteme bzw. Störungszonen liefern. Selbst wenn der Standort aktuell über günstige hydrogeologische Bedingungen für den Endlagerbau verfügt, sind häufig nur mit sehr großem Aufwand Prognosen dazu möglich, wie sich unter dem Einfluss tektonischer bzw. geodynamischer Prozesse die Isolationseigenschaften der geologischen Barriere (speziell die Unterbindung advektiver Grundwasserbewegungen) zukünftig verändern können [Morozov et al. 2007, Petrov et al. 2008]. Spannungsänderungen bzw. -umverteilungen infolge von regionalgeologischen Prozessen können zu beträchtlichen Veränderungen der hydraulischen Eigenschaften von Klüften bzw. Störungszonen führen. Dies hätte auch Einfluss auf die Sorptionseigenschaften der Wirtsgesteine bzw. Kluftminerale und auf die Redoxverhältnisse in den Grundwässern (z. B. tiefes Absinken sauerstoffreicher Grundwässer). Die wichtigsten Unsicherheiten in der Charakterisierung der geologischen Barriere am Standort Jenisejskij sind in Tab. 2-3 zusammengefasst. Die oben genannten Unsicherheiten sind aufgrund der komplexen Wechselwirkung geologischer Prozesse und der damit verbundenen Vielzahl von möglichen Einflussparametern zum Teil schwierig zu prognostizieren. Des Weiteren ergeben sich Unsicherheiten des den Langzeitanalysen zugrunde gelegten geologischen Modells vor allem aus: • ungenauen, z. T. widersprüchlichen, häufig noch aus einem relativ frühen Erkundungs- stadium stammenden Kenntnissen zur Geologie des Standortes • Ungenauigkeiten der Extrapolation vorliegender Daten auf Raum und Zeit • der nur eingeschränkt im Ergebnis geologisch-geophysikalischer Erkundungsarbeiten feststellbaren räumlichen Veränderlichkeit der Zusammensetzung und der Eigenschaften (Salz +/- isotrop, Gneis – meist sehr heterogen und anisotrop) • ungenauen Kenntnissen zu den Einflussparametern auf im Umfeld eines Endlagers langzeitlich ablaufende Prozesse sowie zu den Beziehungen zwischen einzelnen, i.d.R. sehr komplex miteinander wechselwirkenden Standortparametern • Datenunsicherheiten durch ungenaue Bestimmung der Parameter im Gelände oder Labor • dem Eintreten zufälliger, unvorhersehbarer Ereignisse. So z. B. werden Erdbeben auf der Grundlage statistischer Analysen (Poisson-Verteilung) mit einer bestimmten Eintrittswahrscheinlichkeit vorausgesagt, aber Zeitpunkt und Intensität können nicht genau vorhergesagt werden, es verbleiben immanente Unsicherheiten. TEC-13-2008-AB 27 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse 3 Grundlagen zur Sicherheitsanalyse und Nachweisführung Die Grundlage einer Sicherheitsanalyse und der entsprechenden Nachweisführung ist eine qualifizierte Datenerhebung sowohl bzgl. der geologischen als auch der geotechnischen Barriere sowie eine ausgereifte Methodik der Sicherheitsanalyse des gesamten Barrierensystems. 3.1 Charakterisierung der geologischen Barriere 3.1.1 Kurze Darstellung des Ablaufs der Standortvorauswahl Russland wird seine radioaktiven Abfälle in der unmittelbaren Nähe der großen Abfallerzeuger endlagern und erklärt die sich daraus ergebende Notwendigkeit mehrerer Endlagerstandorte damit, dass aufwändige Transporte über die Weiten des Landes vermieden und der Entsorgungszyklus vom Abfallanfall bis zur Endlagerung territorial und organisatorisch konzentriert werden soll. [Laverov et al. 1994] wiesen darauf hin, dass sich die Suche nach HAW-Endlagerstandorten in Russland auf die Auswahl von Gebieten mit günstigen geologischen Rahmenbedingungen im unmittelbaren Umfeld (möglichst innerhalb der „Sanitären Schutzzonen“) bereits bestehender Betriebe der Atomindustrie ausrichten wird. Ausgehend von dieser Abfallentsorgungsstrategie wurde Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts durch MINATOM beschlossen, im unmittelbaren Umfeld des BergbauChemischen Kombinates Schelesnogorsk (BChK) einen geeigneten Standort für ein untertägiges Endlager für hochradioaktive Abfälle auszuwählen. Als Ergebnis komplexer Untersuchungen des geologischen Aufbaus und der geologisch-tektonischen Entwicklung des in Frage kommenden Gebietes am SW-Rand des Sibirischen Schildes wurden Mitte der 90er Jahre unter Leitung des Chlopin-Institutes St. Petersburg fünf potenziell geeignete Gebiete zur weiterführenden Untersuchung ausgewiesen (Abb. 3-1). TEC-13-2008-AB 28 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Symbole: 1 – archaische Gneise, 2 – proterozoische Gneise, 3 – archaische Orthoklas-Granite, 4 – Nischnekansker Granitoide, 5 – devonische Sedimente, 6 – jurassische Sedimente, 7 – Quartärablagerungen, 8 – tektonische Störungszonen, 9 – perspektivische Gebiete, 10 – detailliert geologisch-geophysikalisch untersuchte Gebiete, 11 – metamorphisierte archaische Gabbro bis Dunite Perspektivische Gebiete (nach: [Anderson et al. 1996]): 1 – Verchne-Itatskij, 2 – Jenisejskij, 3 – Nischne-Itatskij, 4 – Telskij, 5 – Juschnyj, 6 – Kamennyj, 7 - Itatskij Abb. 3-1: Lage der im Ergebnis von Voruntersuchungen ausgegliederten, potenziell geeigneten Endlagerstandorte im Umfeld des Bergbau-Chemischen Kombinates Schelesnogorsk (BChK, Maßstab: 3 cm entsprechen ca. 10 km) TEC-13-2008-AB 29 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Die stofflich-strukturelle Charakterisierung sowie die Abgrenzung und vergleichende Bewertung der potenziell geeigneten Gebiete für den Bau eines Endlagers erfolgten vor allem auf der Basis der Interpretation von Fernerkundungsdaten (Dechiffrierung von kosmischen und Luftbildaufnahmen zwecks Analyse der Lineationen), geologisch-geomorphologischer (strukturelle Interpretationen von geologischen und topographischen Karten zwecks Ausweisung von Störungen und magmatischen Gängen sowie geomorphologische Analysen von Reliefformen, Terrassenbildungen und Einebnungsflächen) und kleinmaßstäblicher geophysikalischer Untersuchungsmethoden (regionale gravimetrische und geomagnetische Messungen, z. T. unter Einsatz von aerogeophysikalischen Verfahren). Eine vergleichende Eignungsbewertung der fünf vorausgewählten Gebiete von jeweils etwa 30 bis 40 km2 ergab ein Ranking der Regionen, wobei ausgehend von den bis dahin vorliegenden Daten das innerhalb des Nischnekansker Granitoidmassivs gelegene Gebiet Verchne-Itatskij die beste Bewertung erhielt [Anderson et al. 1996]. P P Ab 1994 (Gebiet Verchne-Itatskij) bzw. ab 2002 (Gebiet Jenisejskij) erfolgten umfangreiche standortbezogene geologisch-geophysikalische Untersuchungen. Diese Arbeiten stützten sich auf zahlreiche Befunde früherer Analysen des geologischen Aufbaus der Region (ausführlicher siehe [Anderson et al. 1996, 1999, Lind et al. 2001, Hammer 2003, 2005]). Ziel dieser Untersuchungen war die Abgrenzung von Bereichen mit erhöhter Klüftigkeit bzw. von Störungszonen. Durch den gezielten Einsatz oberflächengeophysikalischer Untersuchungsverfahren wurden stark geklüftete Gebirgsbereiche u. a. aufgrund ihrer erhöhten Wasserführung und/oder mineralogisch bedingter zunehmender elektrischer Leitfähigkeiten (Tonmineralanreicherungen durch Verwitterung der Gesteine) erfasst. Gleichzeitig ermöglichten die geophysikalischen Untersuchungen eine Abtrennung der Lockersedimente (quartäre Ablagerungen, Verwitterungskruste, jurassische Sedimente) von nur wenig gestörten Gesteinsblöcken, die deutlich höhere spezifische elektrische Widerstände aufweisen. Das Gebiet Verchne-Itatskij wurde oberflächig mittels Kombination aus geomagnetischen (Maßstab 1 : 25 000), gravimetrischen (Maßstab 1 : 50 000), seismischen und geoelektrischen Messverfahren auf sich kreuzenden Profilen untersucht. Die geophysikalischen Messungen wurden mit Tiefbohrungen und umfangreichen stofflich-strukturellen Analysen der dabei gewonnenen Kernproben kombiniert [Anderson et al. 1999, Lind et al. 2001, Laverov et. al. 2002]. Die Synthese der bis 2001 vorliegenden Befunde ermöglichte den russischen Kollegen die Erarbeitung von räumlichen geologischen Blockmodellen der beiden Teilgebiete des Verchne-Itatskij-Gebietes, Kamennyj und Itatskij (Abb. 3-2, [Ljubceva et al. 2002]). TEC-13-2008-AB 30 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Abb. 3-2: Ergebnisse der Modellierung des geologischen Aufbaus des Gebietes Kamennyj auf der Grundlage komplexer geophysikalischer Oberflächenmessungen (aus: [Ljubceva et al. 2002]) Eine komplexe Bewertung und kontroverse Diskussion der im Ergebnis der Untersuchungen vorliegenden Daten und Interpretationen ergab Zweifel an der Korrelierbarkeit der vorliegenden aerophotogeologischen und regionalen geophysikalischen Daten mit den realen geologischen Verhältnissen in Teilbereichen der Gebiete Kamennyj und Itatskij. Außerdem wurde unter Berücksichtigung internationaler Erfahrungen festgestellt, dass zur Vorbereitung einer endgültigen Standortentscheidung zum Bau des Endlagers ein zweiter alternativer Standort detailliert zu untersuchen ist. 2002 wurde durch VNIPI PT eine „Deklaration über die Absichten zum Bau eines Untertagelabors im Gebiet des Nischnekansker Massives“ vorgelegt, in der die weitere Vorgehensweise zur detaillierten Analyse der Barriereeigenschaften der vorgesehenen Wirtsgesteine und der Standortrandbedingungen für das Gebiet VerchneItatskij und alternativ für das Gebiet Jenisejskij dargestellt wurde. 3.1.2 Regionalgeologische Position des Untersuchungsgebietes Das Untersuchungsgebiet befindet sich im südwestlichen Randbereich des Sibirischen Schildes, genauer im Bereich des Angara-Kansker Antiklinoriums im Südteil des Jenisejsker Höhenzuges. Es stellt einen Ausbiss bzw. eine schollenartige Heraushebung des archaisch- TEC-13-2008-AB 31 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse proterozoischen kristallinen Fundaments der Sibirischen Plattform im intensiv gefalteten Randbereich dieser mehr als 1 Mrd. Jahre alten Struktur dar. Symbole: Abb. 3-3: 1 – quartäre Sedimente, 2 – neogene Sedimente, 3 – paläogene Ablagerungen, 4 – kretazische Tone, Sande und Kiese, 5 – jurassische Sedimente, 6 - karbonische Sedimente, 7 – mittel- bis spätdevonische Ablagerungen, 8 – frühdevonische Konglomerate und Sandsteine, 9 – ordovizische Effusiva, 10 – frühkambrische Kalksteine, Dolomite und Mergel, 11 – Sedimente des Vendiums, 12 - spätproterozoische Phyllitoide und Diabasporphyrite, 13 – frühproterozoische Metamorphite, 14 – proterozoische Gesteine, amphibolitfaziell überprägt, 15 – archaische Gesteine, granulitfaziell überprägt, 16 – basische Intrusivkomplexe, 17 – archaische bis spätproterozische Granitoidkomplexe, 18 – Alkaligranite bis Syenite, 19 - Aufschiebungen bzw. Abschiebungen, 20 – Überschiebungen und Störungszonen unklarer Kinematik, 21 – Untersuchungsgebiete „Verchne-Itatskij“ und „Jenisejskij“ Lage der Untersuchungsgebiete „Verchne-Itatskij“ und „Jenisejskij“ am Südwestrand der Sibirischen Plattform (gezeichnet auf der Grundlage der Geologischen Karte des Gebietes im Maßstab 1 : 750 000) Bei der Analyse der Langzeitentwicklung des Untersuchungsgebietes ist zu berücksichtigen, dass es sich im Kontaktbereich von drei, sich geotektonisch unterschiedlich verhaltenden Einheiten befindet (Abb. 3-3) und dadurch eine erhöhte seismische Gefährdung besteht [Sibgatulin et al. 2004]. Zur Zeit senkt sich die weiter westlich gelegene Westsibirische Plattform um ca. 6 – 15 mm/a, während der sich weiter südlich anschließende Altaj-Sajan-Faltengürtel um 5 – 10 mm/a angehoben wird. Die Sibirische Plattform selbst weist z. Zt. eine schwache, aber kontinuierliche Hebungstendenz (0,2 bis 5 mm/a) auf. [Morozov et al. 2007] TEC-13-2008-AB 32 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse ordnen das Untersuchungsgebiet einem relativ ruhigen geodynamischen Regime zu, weisen allerdings darauf hin, dass einzelne tektonische Blöcke deutlich erhöhte Aufstiegsgeschwindigkeiten aufweisen können und fordern deshalb eine detaillierte Untersuchung sowie eine Modellierung der Vertikal- und Horizontalverschiebungen der vom Endlagerbau betroffenen geologischen Einheiten über den Zeitraum der Langzeitsicherheitsanalyse. 3.1.3 Stand der geologisch-geophysikalischen Erkundung des Standortes Jenisejskij Das in einer Entfernung von etwa 7 km zum Bergbau-Chemischen Kombinat gelegene Gebiet Jenisejskij (Abb. 3-1) weist eine Fläche von ca. 70 km2 auf und befindet sich im Bereich der Wasserscheide des Atamanovsker Höhenzuges im Oberlauf des Flusses Schumicha (linker Zulauf im Mittellauf des Flusses Bolshoj Tel). Im Gebiet Jenisejskij wurden ab 2002 unter Leitung von VNIPI PT oberflächengeophysikalische Untersuchungen (Gravimetrie, Geomagnetik, Geoelektrik und Seismik) durchgeführt. Außerdem erfolgten Dechiffrierungen von Luftbild- bzw. Satellitenaufnahmen zur Analyse des tektonischen Baus des Gebietes, topographisch-geodätische Arbeiten, umfangreiche ingenieurgeologische Untersuchungen (geomorphologische, hydrologische und klimatische Studien, Radon- und He-Messungen zur Detektion von neotektonisch aktiven Störungszonen) und geologische Kartierungsarbeiten im Gelände (Nachweis von Störungszonen, Kartierung von Aufschlüssen, Abgrenzung von rutschungsgefährdeten Bereichen und Sumpfgebieten, Baugrundanalysen; ausführlicher siehe [Gupalo et al. 2004a]. Ergänzt wurden diese Arbeiten durch drei jeweils 100 m tiefe Kartierungsbohrungen und eine bisher ca. 600 m tiefe Erkundungsbohrung, in denen die Mächtigkeiten der Quartärablagerungen und der Verwitterungskruste ermittelt, die Petrographie und Altersbeziehungen der vorkommenden Gesteinstypen, ihre Alteration und die Klüftung der Gesteine untersucht sowie hydrogeologische Analysen (z. B. Durchlässigkeitsmessungen, Entnahme von Proben für hydrochemische und isotopengeochemische Untersuchungen) durchgeführt wurden. P P In Abb. 3-4 sind die Positionen der geophysikalischen Messprofile (fünf N-S-gerichtete Magistralen mit einer Länge von ca. 50 km und drei E-W-orientierte Profile mit 20 km Gesamtlänge) und der Bohrungen auf dem Gebiet Jenisejskij in Relation zum lokalen Flusssystem dargestellt. Auf den Profilen erfolgten vor allem umfangreiche geoelektrische Messungen (unter Einsatz der Methode der Übergangsprozesse, der audiomagnetotellurischen Sondierung und der vertikalen elektrischen Sondierung) sowie aufwändige seismische Reflexions- und Refraktionsmessungen. In den Erkundungsbohrungen wurden geoelektrische, Gamma-, Kaliber- und Temperaturmessungen sowie Wasserzuflussbestimmungen realisiert [Gupalo et al 2004a]. TEC-13-2008-AB 33 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Abb. 3-4: Grobes Schema zur Lage der geophysikalischen Messprofile und Erkundungsbohrungen innerhalb des Gebietes Jenisejskij (braun umrandet wurde das Gebiet Bajkalskij, auf das sich seit 2003 die Erkundungsarbeiten konzentrieren) Schon Ende 2002 wurde ohne vorherige Durchführung von Tiefenaufschlussbohrungen bzgl. des Tiefenbaus des Gebietes unter Zugrundelegung allgemeiner geologischhydrogeologischer Modellvorstellungen der SW-Teil des Gebietes Jenisejskij als perspektivisch für den Bau eines Endlagers eingeschätzt. Die weiteren Standorterkundungsarbeiten konzentrierten sich ab 2003 auf diesen etwa 25 km2 großen Bereich, der die Bezeichnung „Bajkalskij“ trägt. Die Profile, auf denen seit 2003 ergänzende, detailliertere Untersuchungen mittels Geoelektrik und Seismik durchgeführt wurden, sind in Abb. 3-4 braun hervorgehoben. Die Zahlen entsprechen den Messpunkten auf den geophysikalischen Messprofilen (5 Profile mit einer Gesamtlänge von 25 km und einem Messpunktabstand von 250 m). P P Als Ergebnis der ergänzenden geoelektrischen und seismischen Untersuchungen sowie der Kernbohrungen liegen nach Einschätzung der russischen Kollegen inzwischen präzisere Vorstellungen zum geologischen Tiefenbau, zur Petrographie und zum Störungsgrad der Gesteine sowie zu den hydrogeologischen Rahmenbedingungen vor. Bereits 2005 wurden die sich daraus (ohne deutsche Beteiligung) ergebenden Modellvorstellungen zum geologischen Aufbau des Untergrundes des Gebietes Bajkalskij publiziert (Abb. 3-5), siehe auch [Gupalo et al. 2007]). Ausgehend von diesen Modellannahmen wird im Westteil des Bajkalskij-Gebietes ein massiver, gering durchlässiger Metabasitkörper („Bajkalskij-Massiv“, Jarlyshichinsker Komplex) in einer Tiefe zwischen 300 m und 2000 m angenommen, der ein TEC-13-2008-AB 34 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse „gutes Isolationsmilieu“ darstellen soll. [Gupalo et al. 2007] teilten mit, dass in dem basischen Intrusivkörper ein 4 x 5 km² großer Block relativ homogener Gesteine nachgewiesen wurde, der ein potenzielles Gebiet für die Errichtung eines Untertagelabors darstellt. Nach den vorliegenden, nicht vollständigen Unterlagen basiert die Ausweisung dieses Blockes lediglich auf geophysikalischen Befunden. Erkenntnisse aus Tiefbohrungen und seismische Messungen in Tiefbohrungen zur Eichung der oberflächigen Seismik existieren z. Zt. noch nicht. Profil 2 Profil 7 Abb. 3-5: 3.1.4 Modell zum geologischen Aufbau des Gebietes Jenisejskij (Stand: September 2005; Autoren: KNIIGIMS, Krasnojarsk und VNIPI PT, Moskau, Signaturen siehe Abb. 3-15) Geologischer Bau des Untergrundes im Bereich des Standortes Jenisejskij „Die Untersuchungen der Jahre 2002 und 2003 zeigten, dass das Gebiet Jenisejskij einen komplizierten geologischen Bau aufweist, der u. a. durch seine Lage im östlichen Exokontakt des Nischnekansker Granitoidmassivs, durch eine mehrphasige Regionalmetamorphose sowie durch Faltungs- und Störungstektonik bedingt ist“ [Gupalo et al. 2004a]. TEC-13-2008-AB 35 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Am geologischen Aufbau des Jenisejsker Gebietes sind quartäre Ablagerungen (4 – 7 m mächtig), vereinzelt feinklastische bis sandige Sedimente des Jura und Gesteine des Nischnekansker Granitoidkomplexes sowie vor allem hochmetamorphe proterozoischarchaische Gneiskomplexe beteiligt. Vorkommen des Nischnekansker Granitoidkomplexes bleiben meist auf den östlichen Randbereich des Jenisejskij-Gebietes beschränkt und sind im Bajkalsker Gebiet höchstwahrscheinlich nicht oder nur in Form geringmächtiger Apophysen zu erwarten [Gupalo et al. 2004a, 2007]. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind die im Modell des Bajkalskij-Gebietes ausgewiesenen Granitoidkörper (siehe Abb. 3-15) nicht dem Nischnekansker Massiv zuzuordnen, sondern entsprechen anatektisch gebildeten, gering dimensionierten Bildungen innerhalb des hochmetamorphen Gneiskomplexes. Lokal nur sehr begrenzt und höchstwahrscheinlich nur im äußersten nordöstlichen Teil des BajkalskijGebietes kommen sandig-tonige Sedimente des Jura („Itatsker Folge“) vor. Die Mächtigkeiten der Verwitterungskruste in den Gneisen und basischen Gesteinen schwanken sehr stark und liegen, anders als von [Gupalo et al. 2004a] bis maximal 15 m tief mitgeteilt, in Übereinstimmung mit den Befunden aus den Bohrungen E-1 bis E-3 bei maximal 44 bis 56 m. Im Unterschied zum Verchne-Itatskij-Gebiet, das überwiegend aus Granitoiden zusammengesetzt ist, dominieren im Bereich des Jenisejskij-Gebietes hochmetamorphe Plagiogneise (Biotit-, Biotit-Amphibol- oder Granat-Biotit-Gneise), die aufgrund des Vorkommens von Sillimanit, Granat, Cordierit und Disthen z. T. bei hohen Drücken und Temperaturen amphibolitbis granulitfaziell überprägt wurden [Petrov et al. 2008]. In den Plagiogneisen des „Isaevsker Komplexes“ werden mit der Tiefe zunehmend meist schichtungskonforme basische Einschaltungen (Amphibolite, Metabasite) sowie zahlreiche, die Metamorphite quer zur Schichtung durchschlagende basische Gänge bzw. Intrusivkörper beobachtet. Genauere Angaben zu Mächtigkeiten, Zusammensetzungen, Eigenschaften und Verbreitung dieser basischen Gesteine sind in Ermangelung von Tiefbohrungen nicht möglich und allein auf der Basis von Geophysik-Befunden nicht ausreichend abgesichert. Insbesondere zur Tiefe hin fehlen bisher gesicherte Angaben bezüglich der Homogenität der metamorphen Serie und zur Häufigkeit des Vorkommens basischer Gesteine. Eine direkte Übertragung der Befunde zur Zusammensetzung sowie zu den gesteinsphysikalischen und hydraulischen Eigenschaften der in den Untertageanlagen des BChK vorkommenden metamorphen Gesteine auf das Jenisejskij-Gebiet ist ohne detaillierte vergleichende petrographisch-strukturelle Studien sowie geohydraulische und geomechanische Labor- bzw. in-situ-Untersuchungen nicht möglich. Erste, aufgrund einer zu geringen Probenanzahl nur vorläufige Befunde zur petrographischen Zusammensetzung, zur Alteration und zu den petrophysikalischen Eigenschaften der Plagiogneise des Bajkalskij-Gebietes legten [Petrov et al. 2008] vor. Die Untersuchungen erfolgten an Kernproben aus unvollständigen, VNIPI PT zur Verfügung stehenden Bohrkernen der Bohrungen E-1 bis E-3 (siehe Abb. 3-4). Das Fehlen vieler Bohrkernintervalle, insbesondere aus gestörten und aus Kontaktbereichen, lässt keine Aussagen zur Verbreitung bzw. Häufigkeit einzelner Gesteins- und Alterationstypen sowie zu den altersmäßigen Beziehungen zwischen den Gesteinen zu. Außerdem macht es eine detaillierte CharakteriTEC-13-2008-AB 36 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse sierung der insbesondere für die Langzeitsicherheitsanalyse relevanten lithologischen Kontakte und Störungszonen sowie der Klüftigkeit der Gesteine unmöglich. Ausgehend von den mikroskopischen Untersuchungen [Petrov et al. 2008] müssen einige der makroskopischen Gesteinsansprachen (siehe [Gupalo et al. 2007]) korrigiert bzw. präzisiert werden. In Tab. 3-1 sind die Angaben zur mineralogischen Zusammensetzung der von [Petrov et al. 2008] petrographisch untersuchten Proben zusammengestellt. Leider stand nur eine Probe aus einem grobporphyrischen Gabbro-Diabas (Probe E2-84,1) zur Verfügung. Die Mehrheit der Proben weist deutliche Anzeichen intensiver metasomatischer Überprägungen auf. Einige Proben wurden im Verlaufe ihrer geologischen Entwicklung mehrfach stark deformiert, sie sind z. T. intensiv kataklasiert, brecciert und geklüftet, wobei ein großer Teil der Klüfte durch Kluftmineralisationen wieder verschlossen wurde. Proben aus der Bohrung E-1, die am weitesten vom Kontakt der Gneise mit dem Nischnekansker Granitoid entfernt ist, wurden deutlich weniger kataklastisch überprägt als die Gesteine der Bohrungen E-2 und E-3. Zwecks Erfassung der Mineralum- bzw. -neubildungen durch metasomatische bzw. metamorphe Überprägungen der Gesteine und zur Bewertung des Einflusses dieser Alterationsprozesse auf die gesteinsphysikalischen Eigenschaften wurden umfangreiche mikroskopische und röntgenographische Untersuchungen durchgeführt [Petrov et al. 2008]. Durch oberflächennahe Verwitterungsprozesse haben sich in den meisten Proben mit geringen Entnahmetiefen Smectite, Illit-Smectite, Kaolinit und vereinzelt Vermikulit gebildet. Das Vorkommen dieser Tonminerale in den alterierten Proben erhöht die Sorptionswirkung der geologischen Barriere für Radionuklide. Intensiv alterierte Proben aus größeren Tiefen führen häufig sekundär gebildeten Sericit, Chlorit und Karbonate. Im Gabbro-Diabas konnte Talk röntgenographisch nachgewiesen werden. Tab. 3-1: Mineralogische Zusammensetzung der Gesteine des Jenisejskij-Gebietes (Untersuchung von Kernproben der Bohrungen E-1 bis E-3, [Petrov et al. 2008]) № Gestein Tiefe (m) Q, % Pl, % E156.3 E163.5 E175.0 E183.0 E240.4 E268.2 E284.1 E332.1 E361.5 Biotit-Plagiogneis 56,3 30 20 Biotit-Granitgneis 63,5 35 20 Plagiogneis 75,0 30 Biotit-Plagiogneis 83,0 25 Muskovitisierter Biotit-reich. Gneis Muskovitisierter Biotit-Plagiogneis Amphibolitisierter Gabbro-Diabas Muskovitisierter Biotit-Plagiogneis Muskovitisierter Biotit-Plagiogneis 40,4 68,2 25 84,1 Am, % Kfs, % Ser, % Chl, % Kar, % 10 15 15 8 10 15 8 6 3 37 9 10 (8) 30 15 15 5 25 30 Bt, % Mu, % 34 35 20 10 2 (15) 20 10 41 10 32,1 25 30 25 13 5 61,5 20 30 28 15 5 5 Abkürzungen: Q - Quarz, Pl – Plagioklas, Am – Amphibol, Bt – Biotit, Mu – Muskovit, Kfs – Kalifeldspat (Mikroklin, Orthoklas), Ser – Sericit, Chl – Chlorit, Kar – Karbonat. TEC-13-2008-AB 37 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Detaillierte autoradiographische Untersuchungen an speziell präparierten und bestrahlten Dünnschliffen [Petrov et al. 2008] zeigen, dass es unter dem Einfluss derartiger Überprägungsprozesse zu geringen Uranumverteilungen in den Gesteinen kommt. Das primär in den Plagiogneisen meist in Form akzessorischer Minerale (häufig Sphen) vorkommende Uran konzentriert sich bei intensiver Alteration der Gesteine nach seiner Mobilisierung häufig in Hämatit-führenden Klüften bzw. in chloritisierten Biotitanreicherungen (Abb. 3-6). Die in stark alterierten Gesteinen häufig zu beobachtenden Karbonatklüfte führen kein Uran. Erläuterungen: gut sichtbar ist die Anreicherung des im Verlaufe der Verwitterung remobilisierten Urans in Hämatit-führenden Klüften, die in den Schliffaufnahmen unter gekreuzten und parallelen Polarisatoren mittels Pfeilen gekennzeichnet wurden. Abb. 3-6: Verteilung des Urans in der stark alterierten Plagiogneis-Probe E2-15,5 Ein Vergleich der petrographischen Befunde zu den Gesteinen des Jenisejskij-Gebietes mit den Untersuchungsergebnissen für die Granitoide des Verchne-Itatskij-Gebietes [Laverov et al. 2002] ist aufgrund des wenigen, nicht repräsentativen Probenmaterials aus dem Jenisejskij-Gebiet, der deutlich verschiedenen Teufen (aus dem Jenisejskij-Gebiet liegen nur Proben aus 100 m tiefen Bohrungen vor, während im Verchne-Itatskij-Gebiet 700 m bzw. 500 m tiefe Erkundungsbohrungen niedergebracht und untersucht wurden, [Laverov et al. 2002]) und der unterschiedlichen Genese der Gesteine (hochmetamorphe Gneise vs. granitoide Intrusivgesteine) nur eingeschränkt möglich. Trotzdem kann festgestellt werden, dass die Gesteine des Jenisejskij-Gebietes heterogener zusammengesetzt sind (häufiger Wechsel unterschiedlicher Lithotypen) und im Unterschied zu den Granitoiden des Nischnekansker Granitoidkomplexes meist mehrfach metasomatisch überprägt wurden. Auffallend ist, dass im Bereich des Jenisejskij-Gebietes die Kontaktbereiche von Intrusivkörpern besonders stark metasomatisch überprägt wurden. Dies ist logisch, wenn man davon ausgeht, dass diese Bereiche bei Deformations- bzw. Metamorphoseprozessen Schwächezonen darstellen. Für die Erkundung eines möglichen Endlagerstandortes im Verbreitungsgebiet dieser hochmetamorphen Gesteine ergibt sich daraus die Forderung, diese Bereiche explizit zu suchen, TEC-13-2008-AB 38 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse detailliert zu charakterisieren und ggf. als Ausschlussgebiete für den Endlagerbau auszuweisen. [Petrov et al. 2008] bestimmten mittels hydrostatischer Wägung das Wasseraufsättigungsverhalten und die effektive Porosität von 8 Plagiogneis- und 1 Gabbro-Diabas-Proben (Tab. 3-2). Die effektive Porosität der meisten Proben ist geringer als 0,5 %, lediglich Proben aus stark verwitterten, oberflächennahen Bereichen weisen höhere effektive Porositäten auf (1,45 bzw. 3,48 %). Mit zunehmender Entnahmetiefe der Proben nimmt die Porosität ab und die erforderliche Zeit für die Wassersättigung der Proben steigt. Aufgrund der geringen Probenanzahl sind die Ergebnisse nicht repräsentativ, liegen aber im Normalbereich für Granitoide (siehe z. B. [Laverov et al. 2002]). Tab. 3-2: Angaben zum Wassersättigungsverhalten, zur effektiven Porosität und zur Mineraldichte von Proben des Jenisejskij-Gebietes (aus: [Petrov et al. 2008]) Nr. A, % m1, % B B Zeit der 1min 10 min Sättigung m2 , % B B m3 , % B B m4 , % B B m5 , % B B Peff, % T1/2, Std. ρ, 3 g\сm B B P P 70 min 24 Std. 72 Std. 168 Std. E1-56.3 0,10 0,15 0,30 0,80 0,10 0,00 1,45 2,8 2,73 E1-63.5 0,00 0,08 0,08 0,16 0,04 0,00 0,36 1,7 2,79 E1-75.0 0,00 0,04 0,04 0,16 0,12 0,00 0,36 7,8 2,71 E1-83.0 0,00 0,14 0,09 0,05 0,09 0,00 0,37 0,5 2,77 Mittelwert 0,02 0,1 0,13 0,29 0,09 0 0,64 3,21 2,75 E3-32.1 0,05 0,05 0,10 0,14 0,10 0,00 0,43 3,30 2,82 E3-61.5 0,04 0,04 0,00 0,08 0,12 0,00 0,29 24,0 2,84 Mittelwert 0.04 0,04 0,05 0,11 0,11 0 0,36 13,6 2,83 E2-40.4 0,31 0,78 1,04 1,24 0,00 0,10 3,48 0,8 2,82 E2-68.2 0,04 0,00 0,04 0,12 0,08 0,00 0,29 8,8 2,79 E2-84.1 0,04 0,00 0,04 0,16 0,21 0,04 0,49 26,8 3,00 Mittelwert 0,13 0,26 0,37 0,51 0,1 0,05 1,42 12,1 2,87 Erläuterungen: А – „sofortige Sättigung“, m – Grad der volumenmäßigen Sättigung bei unterschiedlichen Zeitintervallen, Peff- effektive Porosität, Т1/2 – „Halbsättigungszeit“, ρ - Mineraldichte. B 3.1.5 B 3D-Modellvorstellungen der BGR zum Tiefenbau des Gebietes Jenisejskij Die raumlagerichtige Darstellung und komplexe Analyse aller Erkundungsergebnisse lässt in Anwendung auf die Standortsuche für ein Endlager für radioaktive Abfälle folgende Schlussfolgerungen zum geologischen Bau des Untergrundes zu: − räumliche Verteilung monolithischer Gesteinspartien sowie von Bereichen erhöhter Klüftigkeit bzw. von Störungszonen − Teufe und Relief des Daches schwach durchlässiger Gesteinsblöcke − Homogenität und Klüftungsgrad der Gesteine − räumliche Verschneidung von Bereichen erhöhter Klüftigkeit TEC-13-2008-AB 39 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse − Verteilung von Lockersedimenten (mit geringen elektrischen Widerständen) Auf Grund der augenblicklich noch unzureichenden, z. T. widersprüchlichen Datenlage und fehlender exakter Koordinaten- und Höhenbezüge eines Teils der Erkundungsergebnisse sowie infolge der nicht erfolgreichen Fortführung der 2003/2004 begonnenen gemeinsamen Modellierungsarbeiten durch den russischen Projektpartner (VNIPI PT) stützt sich das bisher erarbeitete 3D-Modell für den Standort Jenisejskij hauptsächlich auf die mittels geoelektrischer Verfahren konstruierten geophysikalisch-geologischen Profilschnitte (Maßstab 1 : 25.000) und auf die aus photogeologischen sowie geologisch-geomorphologischen Untersuchungen abgeleiteten Oberflächenkarten zur Verteilung von tektonischen Störungszonen. Bisher ist die Einbeziehung der Ergebnisse anderer, am Standort bereits durchgeführter geophysikalischer Untersuchungsverfahren (Geomagnetik, Seismik, Gravimetrie, Aerogeophysik) in das geologische Modell nicht erfolgt. Abb. 3-7: Lage der geophysikalischen Erkundungsprofile und Positionen der Messpunkte auf den Profilen in den Gebieten Jenisejskij und Bajkalskij (grau unterlegt) In Abb. 3-7 ist die genaue Lagekarte des Untersuchungsgebietes Jenisejskij mit den Verläufen und Messpunktanordnungen der geophysikalischen Erkundungsprofile dargestellt. Die grau unterlegte Fläche kennzeichnet das Bajkalskij-Gebiet, das nach den ersten flächenhaften Untersuchungen von den russischen Projektpartnern für weitere Erkundungen ausgewählt wurde. Die Lage der in das geologische 3D-Modell übernommenen Messpunkte TEC-13-2008-AB 40 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse und Bohrungen basiert auf Koordinatenangaben, die 2005 von den russischen Projektpartnern übergeben wurden. In der Karte sind in rot die Lagepunkte der Bohrungen eingetragen. Auf der Grundlage der in den geoelektrischen Profilen dargestellten Messwerte wurden für die 3D-Strukturmodellierung fünf Bereiche zusammengefasst, die als Baueinheiten dienten und als 3D-Körper konstruiert wurden. In Tab. 3-3 sind die Farbzuweisungen der Baueinheiten der Konstruktionsprofile und 3D-Körper, die Messwertbereiche und die jeweils abgeleitete geologische Bedeutung aufgeführt. Tab. 3-3: Übersicht über die im Modell Jenisejskij verwendeten Baueinheiten Farbzuweisung Messwertbereich Geologische Bedeutung 0 – 1000 Ωm Oberflächennahe Verwitterungszone 1000 – 3000 Ωm Aufgelockerte und verwitterte Festgesteinsbereiche 3000 – 5000 Ωm Festgestein, z. T. geklüftet und gestört 5000 – 10.000 Ωm weitgehend monolithisches Festgestein ab 10.000 Ωm Zentrale Bereiche der weitgehend monolithischen Festgesteine Um die Erkundungsprofile raumlagerichtig im Modell verwenden und die zu konstruierenden geologischen Körper eindeutig in ihrer Raumlage zuordnen zu können, war der Einbau des Oberflächenreliefs in das 3D-Modell notwendig. Aufgrund von offensichtlichen Fehlern, Ungenauigkeiten und Datenmanipulationen in der von den russischen Partnern zur Verfügung gestellten topographischen Karte wurde eine Überarbeitung des Reliefs mit Hilfe der Höhenangaben aus den geophysikalischen Messprofilen und durch Einbeziehung von Satellitenkarten und Isohypsen z. B. aus überregionalen geologischen Karten vorgenommen. Abb. 3-8 zeigt die überarbeitete Reliefkarte, die in das Modell übernommen wurde. TEC-13-2008-AB 41 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Abb. 3-8: Von der BGR erarbeitete Reliefkarte (Oberflächen-Topographie) des Gebietes Jenisejskij In der Profilkonstruktionsansicht von openGEO (siehe Kap. 3.3.1.1) wurden die Erkundungsprofile als Pixeldateien an der Schnittspur der überarbeiteten Topographie eingehängt. Eine Übereinstimmung der per Koordinaten bzw. Höhenangaben vorgegebenen Positionen der Messpunkte in den geophysikalischen Profilen mit den in den Profilzeichnungen vermerkten Messpunkten war nur teilweise gegeben, so dass die Erkundungsprofile zwischen einzelnen Messpunkten häufig geschoben oder partiell entzerrt werden mussten. Dies führte jedoch nicht zu großen inhaltlichen Änderungen. Allerdings war es notwendig, eine einheitliche, nachvollziehbare Vorgehensweise für die Beseitigung von Nichtübereinstimmungen an den Kreuzungspunkten zwischen Längs- und Querprofilen festzulegen. Ein Vergleich aller Kreuzungspunkte ergab, dass etwa 75 % der Kreuzungen Abweichungen zwischen den unterschiedlich orientierten Profilen aufwiesen. Um dieses Problem einheitlich und nachvollziehbar zu handhaben, wurde ein pragmatischer Ansatz gewählt, bei dem in solchen Fällen immer die Tiefenlage des geringeren Messwertbereichs berücksichtigt wurde. Das heißt, dass der Aussage der geringeren Eignung Vorzug gegeben wurde, um zu verhindern, dass das Modell Bereiche als geeignet ausweist, an denen andere Daten dagegen sprechen. Da eine nachträgliche Klärung der unsicheren Bereiche durch Rücksprache mit den russischen Sachbearbeitern oder durch eine neue Messkampagne nicht möglich war, musste zugunsten der höheren Sicherheit auf diese Art und Weise vorgegangen werden. Zur Beschreibung der sich im Ergebnis der 3D-Modellierung ergebenden Modellkörper sind im Bereich zwischen den Querprofilen P4 und P8 sowie zwischen den Längsprofilen M1 und TEC-13-2008-AB 42 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse M4 (siehe grau unterlegte Fläche in Abb. 3-7) Blockdarstellungen der Oberflächen der verschiedenen Modellbaueinheiten erstellt worden. In Abb. 3-9 ist die Basisfläche des Messwertbereiches bis 1000 Ωm dargestellt. Insbesondere im östlichen Teil liegt ein deutliches Relief dieser Basisfläche der intensiv verwitterten Gesteine (inklusive der Quartärablagerungen) vor. Es werden dabei z. T. Tiefenlagen von mehr als 500 m u NN erreicht. Die Basis des Blockes, auf dessen Höhe die Lagekarte auch in allen folgenden Abbildungen eingefügt wurde, liegt bei ca. 1950 m u NN. Abb. 3-9: Basisfläche des Modellkörpers mit bis zu 1000 Ωm (Blick nach NW) im geologischen 3D-Modell des Bajkalskij-Gebietes Abb. 3-10 zeigt die Basisfläche des Modellkörpers von 1000 bis 3000 Ωm, in der sich erste isolierte Körper abbilden. Im Südwesten liegen scharfkantige Abgrenzungen vor, die fast senkrechte Körperoberflächen erzeugen. Im übrigen Gebiet sind die Übergänge weicher und vor allem im nordwestlichen Teil des Gebiets werden ausgedehnte Höhenlagen über 0 m NN erreicht, d. h. die Oberfläche dieses Bereiches reicht bis wenige hundert Meter unterhalb der Erdoberfläche. TEC-13-2008-AB 43 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Abb. 3-10: Basisfläche des Modellkörpers 1000 bis 3000 Ωm (Blick nach NW) innerhalb des geologischen 3D-Modells des Bajkalskij-Gebietes Abb. 3-11: Basisfläche des Modellkörpers 3000 bis 5000 Ωm (Blick nach NW) im Bereich des geologischen 3D-Modells des Bajkalskij-Gebietes TEC-13-2008-AB 44 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Bei der Basisfläche des Messwertbereichs von 3000 bis 5000 Ωm (Abb. 3-11) handelt es sich um die räumliche Darstellung des Tops von Gesteinsbereichen, die weitgehend monolithisch, d. h. gering geklüftet aufgebaut sind. Aus dem 3D-Modell dieser Fläche wird deutlich, dass ausgehend von den geoelektrischen Befunden lediglich im NW-Teil des Bajkalskij-Gebietes geeignete Standorte für die Errichtung eines Endlagers in Teufen unterhalb 500 m uNN ausgewiesen werden können. Die anderen Bereiche sind aufgrund einer tiefgründigen Verwitterung, z. T. in Kombination mit tiefreichenden mächtigen Störungszonen nach derzeitigem Kenntnisstand dafür ungeeignet. Zur besseren Veranschaulichung der Ergebnisse der 3D-Modellierung sind die Basis- bzw. Topflächen durch Blockschnitte mit Horizontalschnittlagen in 0 m NN (Abb. 3-12), 500 m u NN (Abb. 3-13) und 1000 m u NN (Abb. 3-14) ergänzend dargestellt. Bei diesen Darstellungen sind die Flächenverteilungen der Körper und deren Volumenanteil im Vergleich zu den anderen Modellkörpern zu erkennen. Während in den Blockschnitten bei 0 und 500 m u NN die Messwertbereiche bis 3000 Ωm überwiegen, dominieren im darunterliegenden Schnitt die höheren Messwertbereiche. Abb. 3-12: Horizontalschnitt des geologischen 3D-Modells für das Gebiet Bajkalskij bei 0 m NN TEC-13-2008-AB 45 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Abb. 3-13: Horizontalschnitt des geologischen 3D-Modells für das Gebiet Bajkalskij bei 500 m u NN Abb. 3-14: Horizontalschnitt des geologischen 3D-Modells für das Gebiet Bajkalskij bei 1000 m u NN TEC-13-2008-AB 46 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Die in den Abb. 3-9 bis Abb. 3-14 dargestellten Modellkörper wurden in Form von Tiefenlinienplänen der beschriebenen Grenzflächen für die hydrogeologischen Modellierungen an den Projektpartner GRS übergeben (siehe Kap. 4). Zur Vorbereitung einer fundierten, faktenbezogenen Standortentscheidung ist es notwendig, auch die bisher noch nicht genutzten geophysikalischen Untersuchungsbefunde in die 3D-Modellierung einzubeziehen. 3.1.6 Tektonische Beanspruchung des Jenisejskij-Gebietes und Vorkommen von Störungszonen Zur Bewertung der Barriereeigenschaften des geologischen Nah- und Fernfeldes sind detaillierte Informationen zur Klüftigkeit der potenziellen Endlagerwirtsgesteine und zum Vorkommen von Störungszonen im Untersuchungsgebiet erforderlich. Auf der Grundlage von Luftbildaufnahmen und der Seismik- bzw. Geoelektrik-Daten wurden von russischer Seite mehrere größere, regionale Störungszonen abgeleitet, deren räumliche Orientierungen aufgrund der bisher ungenügenden Datenbasis allerdings als sehr unsicher einzustufen sind (Abb. 3-15). [Gupalo et al. 2004a, 2007] teilten mit, dass außer der Telsker Störung (verläuft am östlichen Rand und begrenzt die Vorkommen der jurassischen Sedimente nach Westen hin) und der Meridionalen Störungszone (N-S-orientierte Störung, die etwa in der Mitte des Jenisejskij-Gebietes positioniert ist, Abb. 3-15) alle anderen Störungen nur geringe Tiefenreichweiten aufweisen und nur durch schwache Anomalien in den geophysikalischen Feldern gekennzeichnet sind. Diese Autoren gehen auch davon aus, dass die Störungen durch Dykes verheilt sind, keine neotektonischen Aktivitäten aufweisen und die Verschiebungsgeschwindigkeiten der an sie grenzenden einzelnen Blöcke im Bereich des Jenisejskij-Gebietes zwischen 0,3 und 0,077 mm/a schwanken. Mittels Radon- und HeMessungen konnte keine neotektonisch aktive Störungszone nachgewiesen werden [Gupalo et al. 2007]. Die in Abb. 3-15 sichtbaren Störungszonen können im vorläufigen geologischen 3D-Modell (siehe Abb. 3-9 bis Abb. 3-14) z. T. nicht wiedergefunden werden. Die sich aus der räumlichen Anordnung der Geoelektrik-Befunde ergebenden Zonen besonders intensiver Verwitterung (gleich: Störungszonen) sind in Abb. 3-16 den Positionen der von russischer Seite ausgewiesenen Störungszonen gegenübergestellt. Die blau gefärbten Bereiche des geologischen Modells zeigen besonders tief eingeschnittene Abschnitte der Topfläche eines nur sehr schwach geklüfteten Gneiskomplexes (Topfläche des Bereiches mit mehr als 3000 Ohmm). Der Vergleich offenbart sehr große Unterschiede, die auf den noch geringen Untersuchungsgrad des Gebietes mit z. T. widersprüchlichen Untersuchungsergebnissen zurückzuführen sind. TEC-13-2008-AB 47 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Erläuterungen: blau – jurassische Sedimente, Itatskij-Serie, rot – leukokrate und Biotitgranite des Nischnekansker Granitoidmassivs, rosa – Granitoide des Taraksker Komplexes, grün – Metagabbros, Metagabbro-Diabase und Amphibolite, Jarlyshichinsker Komplex, gelbe Umrandung – Gebiet der Untersuchungen in 2003 und 2004, rosa schraffiert – Block schwach durchlässiger Gesteine, der im Ergebnis der Arbeiten 2003/2004 abgegrenzt wurde, rote gestrichelte Linien – angenommene Störungslinien (Schumichinsker, Telsker, Meridionale und Bajkalsker Störungen). Abb. 3-15: Schematische geologische Karte des Jenisejskij-Gebietes, mit Informationen zur Lage von Störungszonen (im Rahmen vertraglicher Übereinkünfte von VNIPI PT 2005 zur Verfügung gestellt) TEC-13-2008-AB 48 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Abb. 3-16: Gegenüberstellung der von den russischen Kollegen im Gebiet Bajkalskij angenommenen Störungszonen (rote Linien, siehe Abb. 3-15) mit den Störungszonen, die sich aus dem geologischen 3D-Modell ergeben. Systematische Studien zur Klüftigkeit, zum Vorkommen von Störungszonen und zum augenblicklich in den Gesteinen des Jenisejskij-Gebietes vorherrschenden Spannungs/Deformationsregimes existieren nicht. Eine Übertragung der Befunde aus den Untertageanlagen des BChK auf das Gebiet Jenisejskij ist mit vielen Unsicherheiten verbunden (z. B. fehlende detaillierte Untersuchungen der Gesteine des Jenisejskij-Gebietes, keine Beeinflussung durch Untertagehohlräume, möglicherweise anderer tektonischer Block). Das Untersuchungsgebiet ist nach [Morozov et al. 2007] durch ein etwa SW-NE-gerichtetes Kompressionsregime gekennzeichnet, an das etwa NW-SE-orientierte Überschiebungsstrukturen gebunden sind (siehe z. B. Schumichinsker oder Bajkalsker Störungen, Abb. 3-15). Ausgehend von dieser Orientierung des max. Hauptkompressionsvektors mit einem ungefähren Streichen von 230 -240 ° sind NW-SE-gerichtete Klüfte bzw. Störungszonen besonders gefährdet, sich perspektivisch durch tektonisch bedingte zunehmende Öffnungsweiten zu hydraulisch aktiven Grundwasser-Migrationswegen zu entwickeln. Eine Analyse der räumlichen Orientierung der im 3D-Modell nachgewiesenen Bereiche besonders intensiver Alteration der Gesteine (gebunden an tiefreichende Störungszonen) bestätigt die TEC-13-2008-AB 49 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse bevorzugte NW-SE-Orientierung dieser Schwächezonen innerhalb der geologischen Barriere (Abb. 3-11 und Abb. 3-14). Spannungen innerhalb des Gesteinsmassives schwanken nach Messungen von [Belov et al. 2007] zwischen 30 MPa (etwa E-W-Richtung) und 10 MPa (in N-S-Richtung). Diese Werte entsprechen in ihrer Größenordnung etwa den mittels Entlastungsmethode bestimmten Messergebnissen im Bereich der Untertageanlagen (Biotitgneise maximal 27,9 MPa, Metadiabase maximal 15,6 MPa und Amphibolite maximal 22,1 MPa; [Morozov et al. 1999]. Nach [Belov et al. 2007] unterscheiden sich Intensität, Ausrichtung und Ausbildung der Klüfte in den Granitoiden des Nischnekansker Massivs und in den Plagiogneisen des JenisejskijGebietes deutlich. In den sauren Intrusivgesteinen werden zwei Systeme steil einfallender Klüfte mit submeridionalem bzw. annähernd E-W-Streichen sowie ein sehr flach einfallendes Kluftsystem nachgewiesen. In den Plagiogneisen kommen zwei steil einfallende Kluftsysteme mit NW-SE- bzw. NE-SW-Streichrichtungen vor, flach einfallende Klüfte werden nicht beobachtet. Ausgehend von den Bohrkernbeschreibungen und den bohrlochgeophysikalischen Messungen wurden in den drei 100m-Bohrungen relativ häufig 1 bis 2 m mächtige Störungszonen (ab 30 m Tiefe ca. alle 20 m) beobachtet. Die in den Bohrungen nachgewiesenen Störungszonen und Klüfte fallen meist steil (70 bis 90°) bis mittelsteil (40 bis 60°) ein. Horizontale Klüfte wurden sehr selten beschrieben und waren meist geschlossen („Haarklüfte“ mit Öffnungsweiten kleiner 1 mm). Problematisch für die Prognose der Radionuklid-Rückhalteeigenschaften der geologischen Barriere am Standort Jenisejskij ist neben den bisher unzureichenden Kenntnissen zu den aktuell vorkommenden Klüften und Störungszonen, ihren hydraulischen Eigenschaften und zum derzeitigen Spannungs-/Deformationszustand des für den Endlagerbau vorgesehenen Gesteinsmassives auch das weitgehende Fehlen von Prognosemodellen zur Evolution dieser Parameter in Zeit und Raum. Lediglich [Morozov et al. 2007] erstellten auf der Basis paläotektonischer Rekonstruktionen für das Untersuchungsgebiet und unter Zugrundelegung einer Analyse seines aktuellen tektonodynamischen Zustandes ein Prognosemodell zur Entwicklung der Region. Im Unterschied zu den für das Verchne-Itatskij-Gebiet modellmäßig nachgewiesenen geringen tektonischen Spannungen wurden für den SW-Teil des Jenisejskij-Gebietes (also für den Teil, der von [Gupalo et al. 2007] als besonders geeignet eingeschätzt wurde) hohe Spannungskonzentrationen prognostiziert. Für die Bewertung der Eignung dieses Gebietes für den Endlagerbau stehen systematische Analysen der Wahrscheinlichkeit von Änderungen der regionalen geodynamischen Situation, der lokalen tektonophysikalischen Bedingungen und der petrophysikalischen Gesteinsparameter unter dem Einfluss thermo-hydro-mechanischer und physiko-chemischer Prozesse im Nah- und Fernfeld des Endlagers (z. B. Einfluss von Thermospannungen auf das Sprödbruchverhalten) noch aus. TEC-13-2008-AB 50 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse 3.1.7 Klimatische Entwicklung im Bereich Jenisejskij Für die Bewertung der Langzeitsicherheit eines HAW-Endlagers sind außerdem wissenschaftlich begründete Aussagen zur zukünftigen Klimaentwicklung in der ausgewählten Region erforderlich. Klimatisch gesteuerte Prozesse, wie z. B. Meeresspiegelschwankungen (Gefahr von Hochwassern) oder Inlandvereisungen können die geologische Barriere im Umfeld des Endlagerbergwerkes nachhaltig schädigen und damit den langzeitsicheren Einschluss der Abfälle gefährden. Unter Berücksichtigung der geographischen Lage des am Standort Schelesnogorsk (südliches Zentralsibirien) geplanten HAW-Endlagers müssen im Rahmen der Szenarienanalyse insbesondere die Auswirkungen von Inlandvereisungen auf die Erosions- und Sedimentakkumulationsprozesse (Entstehung von End- und Grundmoränen sowie Eisstauseen) sowie auf die hydrogeologischen bzw. hydraulischen und hydrochemischen Bedingungen im Untergrund bewertet werden. Vergletscherungen und die sich bei ihrem Rückzug bildenden, unter Druck stehenden Schmelzwässer führen durch glaziale Tiefenerosion zur Bildung von Rinnenstrukturen („Quartärrinnen“) oder zur Entstehung von Stauchmoränen, mit z. T. beträchtlichen Auswirkungen auf die Barriereeigenschaften des Deckgebirges bzw. des Fernfeldes. Ein bis zu mehrere Tausend Meter mächtiger Inlandeispanzer kann deutliche Änderungen des Oberflächenreliefs hervorrufen und bis in mehrere hundert Meter Tiefe zu irreversiblen Deformationen der Gesteine (z. B. Kluftbildung und Bewegungen entlang von Störungszonen) und zu Änderungen der Grundwasserströmungen führen. Langfristige Prognosen möglicher Klimaentwicklungen und der daran gebundenen Veränderungen der hydrogeologischen und geomechanischen Standortbedingungen sind nur durch Extrapolation der mit dem Paläoklima verbundenen geologischen Prozesse aus der jüngeren geologischen Vergangenheit in die Zukunft möglich. Die Anwendung dieses AktualismusPrinzips setzt allerdings die Berücksichtigung des Einflusses anthropogener Prozesse auf die Klimaentwicklung voraus, was insbesondere für die Abschätzung der Auswirkungen des Treibhauseffektes, der Ozonschicht-Veränderungen und möglicher technogener Katastrophen äußerst schwierig ist (z. B. [Anderson et al. 2001], [Reding 1990]). Zusätzlich werden Klimaprognosen durch die Notwendigkeit der Berücksichtigung vieler komplex miteinander wechselwirkender, oft nur schwer zu bewertender Einflussfaktoren erschwert. Neben vielfältigen kosmischen Einflussgrößen, wie z. B. Sonnenaktivität, Exzentrizität der Erdbahn, Neigung und Präzession (Kreiselbewegung) der Erdachse, wirken sich auch zahlreiche planeteninterne Vorgänge, wie Plattentektonik, Ozeanströmungen, Vegetation und menschliche Tätigkeiten, auf das Klima der Erde aus. Übersichten zu den in Endlagerprojekten angewendeten Klimamodellen sind z. B. in [Ringrose et al. 1991], [Keller 1998], [Käbel et al. 1999] und [Gerardi & Wildenborg 1999] zusammengestellt. Eine systematische Darstellung der zukünftig am Standort Schelesnogorsk zu erwartenden Klimaentwicklung, inklusive einer Ableitung der Wahrscheinlichkeit der Bildung von mächtigen Inlandeispanzern im SW-Bereich des Sibirischen Schildes ist im Rahmen des Langzeitsicherheitsnachweises für das geplante HAW-Endlager notwendig. Die dafür erforderlichen Ausgangsdaten liegen mehrheitlich inzwischen vor (siehe z. B. [Velichko & Nechaev 2005], [Anderson et al. 2001]). Eine Auswertung der quartärgeologischen, geomorTEC-13-2008-AB 51 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse phologischen und stratigraphischen Befunde ergab, dass es auf der Nordhalbkugel der Erde seit etwa 1,6 Mio Jahren zu rhythmischen Vereisungen im Intervall von etwa 100000 a kam, wobei sich in jüngerer Vergangenheit die Intervalldauer auf etwa 40000 a verkürzte. Die wichtigste Vereisung im späten Pleistozän (d. h. in den letzten ca. 100000 a) im Gebiet Westsibiriens war die „Zyrjansker Vereisung“ vor ca. 65000 bis 32000 a, die der WürmVereisung in Westeuropa entspricht. Sie hat große Teile Nordsibiriens eingenommen und zu deutlichen Veränderungen in den Lagerungsbedingungen, im Stoffbestand und in den hydrogeologischen Parametern der Ablagerungen des Deckgebirgsstockwerkes geführt. Aufgrund des Feuchtigkeitsdefizites in Sibirien reichte diese Vereisung nur bis 64 ° nördlicher Breite (Schelesnogorsk liegt bei etwa 56 ° nördlicher Breite). Bis in den Südwestteil Sibiriens, d. h. bis in die geplante Endlagerregion drangen keine Inlandgletscher vor. Im unmittelbaren Untersuchungsgebiet gibt es keine Hinweise auf die Wirkung von Inlandgletschern, wie z. B. die Bildung von End- oder Grundmoränen, glazialen Rinnenstrukturen oder Stauchmoränen. Das Gebiet des geplanten Endlagers war während dieser Vereisung und auch im Verlaufe späterer Inlandvereisungen durch die Existenz von Steppen und Tundren, die dem Gletscher vorgelagert waren, gekennzeichnet ([Anderson et al. 2001], [Velishko et al. 1992]). In ca. 22000 bis 27000 a wird für Westsibirien die nächste größere Inlandvereisung erwartet, die das Gebiet Schelesnogorsk allerdings nicht signifikant beeinflussen wird. 3.1.8 Hydrogeologische Bedingungen am Standort Jenisejskij In den Jahren 2003 bis 2005 wurden im Gebiet Jenisejskij vielfältige hydrogeologische sowie hydrochemische und isotopengeochemische Untersuchungen durchgeführt. Letztere sollten Informationen zur Herkunft und zum Stoffbestand der im Untersuchungsgebiet vorkommenden Grundwässer liefern, Aussagen zu den Grundwasserverweilzeiten bzw. -altern ermöglichen und eine Bewertung der rezenten tektonischen Aktivitäten von Störungszonen erleichtern. Im Ergebnis der Arbeiten kamen [Gupalo et al. 2007] zur Schlussfolgerung, dass es im Untersuchungsgebiet keine Hinweise auf die „...Entlastung von Grundwässern aus tiefen Horizonten…“ gibt bzw. dass die oberflächig aus tektonischen Störungszonen ausfließenden Grundwässer aus oberflächennahen Quellen gespeist werden. In den Tiefbohrungen entnommene Grundwasserproben weisen ausgehend von Tritiummessungen (durchgeführt im VSEGINGEO) und Radiocarbonmessungen (14C-Methode, ausgeführt in der Universität St. Petersburg) hohe Grundwasserverweilzeiten, d. h. geringe Eindringtiefen bzw. Austauschgeschwindigkeiten von Oberflächenwässern auf. Die mit der Tritiummethode bestimmten Grundwasseralter variieren zwischen 70 und mehr als 1000 Jahren (es bleiben allerdings viele Fragen bezüglich der Beprobungs- und Analysemethoden offen), während die 14C -Grundwasseralter für vier Grundwasserproben aus der Bohrung 1-E (Entnahmetiefen zwischen 100 und 500 m) zwischen 6000 und 8000 Jahren variieren [Gupalo et al. 2007]. P P P P Für die Charakterisierung des Grundwassersystems bzw. der hydraulischen Verhältnisse im Umfeld des geplanten Endlagers ist wichtig, dass sich aus den Bohrungen E-1 bis E-3 eine maximale Mächtigkeit der Verwitterungszone in den Gneisen und basischen Gesteinen von 44,9 m (E-1), 53,5 m (E-2) bzw. 56,1 m (E-3) ergab. Zur Bohrung 1-E (ca. 600 m tief) liegen TEC-13-2008-AB 52 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse keinerlei Angaben vor. Das Fernfeld stellt nach derzeitigem Kenntnisstand eine (bisher weitgehend unbekannte) Wechsellagerung aus Gneisen und Basiten dar, die unterschiedliche und zum jetzigen Zeitpunkt noch weitgehend unbekannte hydraulische Rückhalte- und petrophysikalische Eigenschaften besitzt. Die Grundwässer sind hydrokarbonatische Ca-NaWässer mit einer maximalen Gesamtmineralisation von 0,6 g/l und pH-Werten zwischen 6,65 und 7,75 (ausführlicher siehe [Gupalo et al. 2004b]). Informationen zur Verbreitung, Vernetzung und zu den hydraulischen Eigenschaften von Störungszonen im Umfeld des geplanten Einlagerungsbereiches liegen zur Zeit nur sehr eingeschränkt vor. An den Bohrungen wurden „Ausflussmessungen“ (d. h. Bestimmungen der zutretenden Lösungsmengen) und Kopfdruckmessungen durchgeführt. Außerdem erfolgten zahlreiche Pumpversuche gegen die Bohrlochsohlen von E-1, E-2, E-3 und 1-E. Dabei wurden die Durchlässigkeiten von Bohrungsintervallen mit einer Länge zwischen 25 und 50 m gemessen. Die bisher vorliegenden Durchlässigkeitsbeiwerte sind in [Gupalo et al. 2007] zusammengestellt und schwanken zwischen 7,8·10-11 m s-1 (Bohrung 1-E, Tiefe: 504 bis 550 m u GOK) und 2,19·10-7 m s-1 (Bohrung E-3, Tiefe: 9,8 bis 50 m Tiefe). P P P P P P P P Trotz der relativ geringen hydraulischen Durchlässigkeiten kann selbst in den bereits untersuchten Bohrungen das Vorkommen von Störungszonen mit deutlich höheren Filtrationskoeffizienten nicht ausgeschlossen werden. Messergebnisse zur hydraulischen Durchlässigkeit einzelner Störungszonen gibt es in Ermangelung geeigneter Messgeräte nicht, nur die Aussage, dass die Störungszonen in der Tiefe verheilt sein sollen und in den 100 m tiefen Bohrungen nur Grundwasser-Förderraten zwischen 10-4 und 10-3 l/s erzielt wurden [Gupalo et al. 2004b]. Ungünstig für die Bewertung der Langzeitsicherheit des Endlagerstandortes ist auch, dass neben den Störungszonen die für eine Grundwassermigration an anderen Standorten besonders häufig beschriebenen Kontaktbereiche zwischen unterschiedlichen Gesteinstypen (z. B. Gneise gegen basische Gänge) nicht auf ihre Durchlässigkeit untersucht wurden. P P P P Hinweise zum hydrogeologischen Aufbau und zu den hydraulischen Eigenschaften der metamorphen Gesteine des Jenisejskij-Gebietes sind eingeschränkt aus umfangreichen Untersuchungen in den Untertageanlagen des BChK Schelesnogorsk [Gupalo 2003] ableitbar. Die im Teufenniveau der Untertageanlagen gemessenen Filtrationsgeschwindigkeiten schwach geklüfteter Gneisblöcke erreichen maximal 4·10-9 m s-1. Höhere Durchlässigkeiten weisen Schieferungszonen (bis maximal 8,1·10-8 m s-1) und Kontaktbereiche zwischen mafischen Dykes und dem metamorphen Nebengestein (bis maximal 5,7·10-8 m s-1) auf. Leider liegen im Ergebnis der in den Untertageanlagen durchgeführten Pumpversuche infolge der Nicht-Verfügbarkeit entsprechender Packersysteme nur auf größere, zwischen 25 und 50 m lange Bohrungsintervalle gemittelte Durchlässigkeitswerte vor. So schwanken die Filtrationskoeffizienten für die Bohrungen 2 und 3 zwischen 1,1·10-8 und 3·10-9 m s-1. Allerdings ist das Vorkommen einzelner Zonen mit deutlich höheren Durchlässigkeitswerten (bis 1,16·10-5 m s-1, [Gupalo 2003]) nicht auszuschließen. P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P Tab. 3-4 gibt einen Überblick über die aus Pumpversuchen gewonnenen Daten. TEC-13-2008-AB 53 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Tab. 3-4: Ergebnisse von Pumpversuchen gegen die Jenisejskij-Gebiet [Gupalo et al. 2007]) Bohrlochsohle (Bohrung 1-E, Hydraulische Durchlässigkeit kf / m·s-1 Bohrintervall / m B B P P Pumpversuch Wiederanstieg Mittelwert 60,7 - 100,2 8,6·10-9 2,2·10-9 5,4·10-9 100,2 - 150,2 1,4·10-8 10,0·10-9 7,4·10-9 8,7·10-11 8,7·10-11 P P P P P P P P 100,2 - 150,2 P P P P P P P P 150,2 - 200,6 2,2·10-8 7,1·10-10 1,1·10-8 200,6 - 250,0 1,5·10-8 6,1·10-10 7,9·10-9 250,0 - 300,3 3,7·10-8 1,3·10-9 2,0·10-8 100,2 - 300,3 3,2·10-8 6,6·10-10 P P P P P P P P 1,6·10-8 P P P P P P P P P P P P P P P P Außerdem wurden in den Bohrungen E-1 bis E-3 ebenfalls für bis zu 50 m mächtige Bereiche gegen die Bohrlochsohle Filtrationskoeffizienten bestimmt [Gupalo et al. 2004b]: 2,2·10-7 bis 8,1·10-7 m·s-1 6,6·10-8 bis 6,9·10-8 m·s-1 bis 50 m Tiefe: bis 100 m Tiefe: P P P P P P P P P P P An einigen Proben aus den Bohrungen E-1 bis E-3 wurden im Rahmen des Projektes durch GRS Bestimmungen der Wasser- und Gaspermeabilität vorgenommen (Tab. 3-5 und Tab. 3-6, [GRS 2008]). Die Wasserpermeabilitäten schwanken für die untersuchten Proben zwischen 7,16·10-18 und 2,77·10-21 m2. Sie sind vergleichbar mit den Durchlässigkeiten der Granitoide des Nischnekansker Massivs (1,4·10-18 bis 3,7·10-20 m2, [Laverov et al. 2002]). Die für die Plagiogneise des Jenisejskij-Gebietes nachgewiesene Variationsbreite der Durchlässigkeiten beruht auf Inhomogenitäten und auf der deutlichen Ausbildung von Schieferungsflächen in einzelnen Proben (z. B. Probe E2-30,1). P P P P P P P Tab. 3-5: P P P P P Wasserpermeabilitäten für Proben aus dem Jenisejskij-Gebiet (aus: [GRS 2008]) Bohrung (Probe) E1 (56,3) E1 (83,0) E2 (25,3) E2 (30,1) E3 (32,1) Länge Fläche Manteldruck l A pM ∆p qw kw m m2 MPa MPa cm3/h m2 0,0879 0,1078 0,0526 0,05327 0,098 1,963E-03 1,963E-03 2,124E-03 1,963E-03 1,963E-03 5 5 5,1 1,43 5 4,5 4,5 4,5 0,8 4,5 0,001 0,02 0,02 0,76 0,001 2,77E-21 6,79E-20 3,06E-20 7,16E-18 3,08E-21 P P TEC-13-2008-AB 54 Differenzdruck Fließrate Wasserpermeabilität P P P P FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Tab. 3-6: Gaspermeabilitäten für Gneisproben aus dem Gebiet Jenisejskij (aus: [GRS 2008]) Injektionsdruck Atmosphärendruck Fließrate Gaspermeabilität Länge Fläche Manteldruck l A pM p1 p0 qg kg m m2 MPa MPa hPa cm3/h m2 E1 (56,3) E1 (56,3) E1 (56,3) E1 (56,3) E1 (56,3) 0,0879 0,0879 0,0879 0,0879 0,0879 1,963E-03 1,963E-03 1,963E-03 1,963E-03 1,963E-03 0,83 0,83 1,03 1,13 1,73 0,2018 0,3018 0,5018 0,6518 1,1018 1018 1018 1018 1018 1018 9,12 20,13 58,23 81,26 80,72 1,32E-17 4,98E-18 1,66E-18 9,69E-19 2,96E-18 E1 (83,0) E1 (83,0) E1 (83,0) E1 (83,0) E1 (83,0) 0,1078 0,1078 0,1078 0,1078 0,1078 1,963E-03 1,963E-03 1,963E-03 1,963E-03 1,963E-03 0,83 0,83 1,03 1,13 1,73 0,2018 0,3018 0,5018 0,6518 1,1018 1018 1018 1018 1018 1018 3,29 8,63 23,23 36,5 31,77 5,86E-18 2,20E-18 7,37E-19 4,29E-19 1,43E-18 E2 (25,3) E2 (25,3) E2 (25,3) E2 (25,3) E2 (25,3) 0,0526 0,0526 0,0526 0,0526 0,0526 2,124E-03 2,124E-03 2,124E-03 2,124E-03 2,124E-03 0,83 0,83 1,03 1,13 1,73 0,2018 0,3018 0,5018 0,6518 1,1018 1018 1018 1018 1018 1018 41,67 116,2 450,96 710,57 596,03 3,34E-17 1,26E-17 4,21E-18 2,45E-18 1,21E-17 E2 (30,1) E2 (30,1) E2 (30,1) E2 (30,1) E2 (30,1) 0,05327 0,05327 0,05327 0,05327 0,05327 1,963E-03 1,963E-03 1,963E-03 1,963E-03 1,963E-03 0,83 0,83 1,03 1,13 1,73 0,2018 0,3018 0,5018 0,6518 1,1018 1018 1018 1018 1018 1018 241,08 1008,1 2669,14 4337,45 5769,23 2,12E-16 7,98E-17 2,67E-17 1,55E-17 7,74E-19 E3 (32,1) E3 (32,1) E3 (32,1) E3 (32,1) E3 (32,1) 0,098 0,098 0,098 0,098 0,098 1,963E-03 1,963E-03 1,963E-03 1,963E-03 1,963E-03 0,83 0,83 1,03 1,13 1,73 0,2018 0,3018 0,5018 0,6518 1,1018 1018 1018 1018 1018 1018 6,53 16,96 41,55 72,78 53,73 1,06E-17 3,97E-18 1,33E-18 7,74E-19 2,19E-18 Bohrung (Probe) 3.1.9 P P P P P P Strukturelle Besonderheiten und petrophysikalische Eigenschaften der z. Zt. vorgesehenen Endlagerwirtsgesteine am Standort Jenisejskij Die für eine Langzeitsicherheitsanalyse notwendige Bewertung der geomechanischen Eigenschaften des für den Endlagerbau vorgesehenen Gesteinsblockes erfordert umfangreiche Angaben zur Zusammensetzung, zum strukturellen Bau und zur deformativen Überprägung sowie zum Verhalten der Gesteine bei Einwirkung von Spannungen und Wärme. Gepaart mit Informationen zur räumlichen Verteilung von Gesteinstypen mit TEC-13-2008-AB 55 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse unterschiedlichen geomechanischen und wärmephysikalischen Eigenschaften sind diese Daten u. a. zur Prognose des Verhaltens der Gesteine im Nah- und Fernfeld der Endlagers, zur Planung der bergbaulichen Arbeiten bzw. Sicherungsmaßnahmen, zur Modellierung der Radionuklidausbreitung sowie zur Ableitung der wahrscheinlichsten Szenarien von potenziell möglichen Deformationsprozessen erforderlich. Während granitoide Intrusivgesteine häufig eine massive Textur, sehr geringe effektive Porositäten sowie nur geringe Anisotropien in den Strukturen und Eigenschaften aufweisen, sind für hochmetamorphe Gesteine infolge intensiver regionalmetamorpher Überprägung meist stark ausgeprägte Anisotropien in der Zusammensetzung und in den petrophysikalischen Eigenschaften zu verzeichnen. Basische Magmatite, die sich meist durch eine hohe Elastizität und geringe Sprödigkeit auszeichnen [Starostin et al. 1995], sind aus petrophysikalischer Sicht gut als Endlagerwirtsgestein geeignet, wenn sie nicht zu stark alteriert (z. B. chloritisiert) und damit geomechanisch instabil sind. Typische, durch eine erhöhte Anisotropie gekennzeichnete Texturen von Gesteinen des Jenisejskij-Gebietes sind in den Abb. 3-17 und Abb. 3-18 dargestellt. Aus diesen Abrollungen der Außenflächen von zwei Bohrkernproben sind deutliche Anzeichen für eine inhomogene, gerichtete Verteilung der Mineral-Komponenten als Folge von Deformationsprozessen zu erkennen. Abb. 3-17: Abrollung der Außenfläche eines heterogen zusammengesetzten Bohrkernzylinders (Probe E3-78,3) zur Veranschaulichung der Gesteinstextur (Höhe des Zylinders etwa 5 cm) TEC-13-2008-AB 56 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Abb. 3-18: Abrollung der Außenfläche eines Bohrkernzylinders der Probe E1-98,7 zur Veranschaulichung der Gesteinstextur (Höhe des Zylinders etwa 7 cm) Zur genaueren Charakterisierung dieser Inhomogenitäten und zum Nachweis von makroskopisch nicht sichtbaren Trennflächen (potenziellen Grundwasser-Migrationswegen) wurden im Rahmen des WIBASTA-Projektes an mehreren Bohrkern-Zylinderproben Durchschallungsmessungen durchgeführt [Petrov et al. 2008, GRS 2008]. Die Ergebnisse der Messungen der Ausbreitungsgeschwindigkeiten akustischer Wellen in axialer und radialer Richtung sind in den Tab. 3-7 und Tab. 3-8 zusammengestellt. Tab. 3-7: Ergebnisse der Durchschallung von Proben des Jenisejskij-Gebietes - VP und VS in axialer und radialer Richtung im trockenen und wassergesättigten Zustand (aus: [Petrov et al. 2008]) B Axiale Richtung B VS, Dry VP, Wet VS, Wet VP, Dry VS, Dry VP, Wet VS, Wet km/s km/s km/s km/s km/s km/s km/s km/s E1-63.5 5,584 3,587 5,808 3,583 5,808 3,621 5,941 3,641 E1-75.0 6,105 3,471 6,165 3,197 6,166 3,572 6,207 3,582 E1-98.7 5,544 3,502 5,800 3,496 5,607 3,470 5,848 3,505 E2-15.5 1,474 1,081* -- -- 3,379 1,593 3,555 -- E2-68.2 5,591 4,097 5,641 4,11 5,844 3,523 5,912 3,488 E2-84.1 6,317 3,685 6,366 3,752 6,419 3,714 6,428 3,718 E3-61.5 5,972 3,344 5,554 3,361 5,884 3,588 5,865 3,587 E3-78.3 5,426 3,899 5,587 3,322 5,779 3,526 5,899 3,541 B B B B B B B Radiale Richtung VP, Dry Probe B B B B B B B B B B B Bemerkung: der mit * versehene Wert weist eine hohe Unsicherheit auf. TEC-13-2008-AB 57 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Tab. 3-8: Zusammenstellung der Schalllaufzeiten und der dynamischen Parameter für Proben aus dem Jenisejskij-Gebiet (aus: [GRS 2008]) Bohrung (Probe) Durchmesser d Gesamtdichte ρ ges Longitudinalwellengeschw. Transversalwellengeschw. vP vS elastischen dynam. E-Modul dyn. Querzahl E dyn ν dyn mm g/cm3 m/s m/s MPa - C1 (56,3) C1 (63,5) C1 (75,0) C1 (83,0) C1 (98,7) 50,0 60,6 60,0 50,0 56,3 2,671 2,345 2,362 2,880 2,703 5070 6211 6601 5600 5459 3298 3768 3899 3449 3521 65841 80486 88491 81848 76660 0,133 0,209 0,232 0,195 0,144 C2 (15,5) C2 (25,3) C2 (30,1) C2 (68,2) C2 (84,1) 49,9 50,2 50,0 53,3 55,0 2,441 2,645 2,465 2,709 2,931 3357 3108 5029 5529 6410 2246 n. m. 2161 n. m. 3920 26964 n. m. 31923 n. m. 108196 0,095 n. m. 0,387 n. m. 0,201 C3 (32,1) 50,0 C3 (61,5) 56,1 C3 (78,3) 55,8 n. m.: nicht messbar 2,795 2,834 2,714 5617 5760 5646 3552 3646 3267 82301 87843 72319 0,167 0,166 0,248 P P Auf der Grundlage dieser Daten wurden die dynamischen Elastizitätsparameter der Proben berechnet (Tab. 3-8 und Tab. 3-9) und durch [Petrov et al. 2008] „topographische Karten der Ausbreitungsgeschwindigkeiten“ auf der Grundlage der Abrollphotos der Kernzylinder angefertigt (Abb. 3-19 und Abb. 3-20). TEC-13-2008-AB 58 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Tab. 3-9: Dynamische Module von Proben aus dem Jenisejskij-Gebiet (berechnet nach den Ergebnissen der Durchschallung der Proben in axialer und radialer Richtung, im trockenen und wassergesättigten Zustand, aus: [Petrov et al. 2008]) E1-63.5 K, GPa Dry 39,1 Axiale Richtung K, µ, σ GPa Dry GPa GPa Wet Dry Wet 35,9 46,4 35,8 0,15 0,19 K, GPa Dry 45,3 Radiale Richtung K, µ, σ GPa Dry GPa GPa Wet Dry Wet 36,6 49,1 37 0,18 0,20 E1-75.0 57,5 32,7 66,1 27,7 0,26 0,32 56,9 34,6 58 34.8 0,25 0,25 E1-98.7 39,8 34,0 48 33,9 0,17 0,21 42,6 33,3 49,4 34 0,19 0,22 E2-15.5 3,3 1,7 -- -- 0,28 -- 22,6 7,1 -- -- 0,36 -- E2-68.2 46,8 24,8 47,1 25,9 0,27 0,27 49,1 34,6 52,2 34 0,21 0,23 E2-84.1 65,4 40,7 65,2 42,2 0,24 0,23 68,4 41,4 68,7 41,5 0,25 0,25 E3-61.5 59,0 31,8 44,8 32,1 0,27 0,21 49,6 36,6 49 36,5 0,2 0,2 E3-78.3 43,0 26,0 46,7 31,2 0,25 0,23 47,6 35,2 51,2 35,5 0,2 0,22 Probe µ, σ Wet µ, σ Wet Erläuterung: K – räumliches Elastizitätsmodul; µ – Schermodul; σ – Poisson-Koeffizient Abb. 3-19: Verteilung der Abweichungen der Schallgeschwindigkeiten in der Probe E1-75,0 von der mittleren Schallgeschwindigkeit (6170 km/s), dargestellt auf der Abrollung der Außenfläche des Bohrkernzylinders TEC-13-2008-AB 59 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Abb. 3-20: Verteilung der Abweichungen der Schallgeschwindigkeiten in der Probe E2-68,2 von der mittleren Schallgeschwindigkeit (5910 km/s), dargestellt auf der Abrollung der Außenfläche des Bohrkernzylinders (hellblaue Linien = makroskopisch sichtbare Klüfte) Aus den Datenzusammenstellungen und Abbildungen geht hervor, dass neben gering geklüfteten, annähernd homogenen Gesteinen (z. B. Abb. 3-19, Probe E1-75,0) auch stark heterogene Proben, die z. T. bis in die Endtiefe der Bohrungen von 100 m hydraulisch aktive Klüfte aufweisen, im Gneiskomplex des Jenisejskij-Gebietes zu beobachten sind (Abb. 3-20). Die aus den Durchschallungsmessungen abgeleiteten elastischen Parameter der JenisejskijProben (Tab. 3-8 und Tab. 3-9) unterscheiden sich mit Ausnahme der oberflächennah entnommenen Probe E2-15,5 nur geringfügig von den Angaben für die Granitoide des VerchneItatskij-Gebietes (Tab. 3-10). Detaillierte Informationen zur Definition und Ermitllung der in Tab. 3-10 aufgeführten Werte können [Andersson et al. 1998] entnommen werden. Dies bestätigen auch die von [Laverov et al. 2002] ergänzend mitgeteilten Angaben zu den petrophysikalischen Eigenschaften der Granitoide des Verchne-Itatskij-Gebietes (Mittelwerte für Elastizitätsmodul: 6,59·104 MPa, für Modul der räumlichen Kompression: 3,87·104 MPa, für Schermodul: 2,72·104 MPa und für Poisson-Koeffizient: 0,21). P P P P P P TEC-13-2008-AB 60 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Tab. 3-10: Zusammenstellung der wichtigsten petrophysikalischen Parameter Granitoide des Nischnekansker Massives (aus: [Anderson et al. 1998]) Gesteinstyp Uniaxiale Druckfestigkeit, σic, MPa B Fließgren- PoissonBruchdeze, Koeffizient, formation, εic, % σis, MPa µ B B B B B die statisches dynamiElastizitätsplastische sches modul, Deformati- ElastizitätsEst·104, on modul, MPa εpl, % E·104, MPa B B Granite Kataklas. Granit GranitGneise Gneis Granodiorit Quarzdiorite Spessartit für B P B P P P 252±8 273 232±8 248 0,21±0,01 0,24 0,58 0,47 0,10 0,11 6,59±0,13 7,57 6,08±0,8 6,65 298±21 248±21 0,21±0,004 0,50 0,06 7,87±0,19 6,69±0,2 264 175 193±7 125 253 139 158±7 99 0,21 0,21 0,27±0,01 — 0,65 0,59 0,38 1,25 0,18 0,30 0,13 0,63 5,98 7,64 7,10±0,31 — 6,48 5,63 6,27±0,2 1,66 (?) Aus den Daten ist ersichtlich, dass die physikomechanischen Eigenschaften der Gesteine von ihrer strukturell-texturellen Ausbildung, vom Mineralbestand sowie von ihrem Alterationsund Verwitterungsgrad abhängen. Intensiv verwitterte Gesteine weisen meist höhere Porositäten bzw. Wasseraufnahmekapazitäten sowie geringere Widerstandswerte gegenüber Kompression auf und reagieren aufgrund der Neubildung von Tonmineralen und Chloriten plastischer. Die Daten für die Gesteine des Nischnekansker Granitoidkomplexes spiegeln die Abhängigkeit des Deformationsverhaltens der Gesteine vom Mineralbestand wider. Quarzdiorite/Diorite und vor allem die metasomatisch überprägten Gang-Spessartite weisen infolge der erhöhten Biotit- und Hornblendegehalte sowie aufgrund geringerer Quarzanteile deutlich niedrigere Festigkeits- und Fließfähigkeits-Grenzwerte auf als die Granite bzw. Leukogranite. Quarzdiorite/Diorite tendieren deshalb stärker zu plastischen Deformationen. Quarzreichere Gesteine, wie Granite oder Leukogranite neigen, bedingt durch die hohe Sprödigkeit des Quarzes, bei mechanischer Beanspruchung stärker zur Bruchdeformation, d. h. zu Kataklase und Kluftbildung. Außerdem wurde für die Gesteine des Verchne-Itatskij-Gebietes festgestellt, dass je intensiver die Granitoide deformiert wurden, desto geringere Ausbreitungsgeschwindigkeiten der Wellen und desto höhere Anisotropiekoeffizienten gemessen wurden. Während die Geschwindigkeitswerte in den Kamennyj-Proben (die Bohrung wurde in einer mächtigen Störungszone niedergebracht) zwischen 2,5 und 5,7 km/s (Mittelwert = 4,8 km/s) schwankten und der Anisotropiekoeffizient 35 % betrug, wurden für die nur sehr schwach deformierten Itatskij-Granitoide Variationen im Bereich 5,0 bis 5,9 km/s (Mittelwert = 5,6 km/s) und ein Koeffizient der Anisotropie von 8 % bestimmt. Diese, auf abgeschwächte Zwischenkornverbindungen und eine intensivere Mikroklüftung in den Kamennyj-Proben zurückzuführenden Unterschiede können erhöhte Wasserdurchlässigkeiten zur Folge haben. In Zusammenarbeit zwischen den deutschen Projektpartnern und dem IGEM Moskau (Projektleiter: Dr. V. A. Petrov) wurden ergänzend Untersuchungen der wärmephysikalischen TEC-13-2008-AB 61 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Eigenschaften an Kernproben aus den Erkundungsbohrungen E-1 bis E-3 durchgeführt. Die Ergebnisse der von [Petrov et al. 2008] realisierten Messungen sind in Tab. 3-11 zusammengestellt. Zum Vergleich wurden die wärmephysikalischen Parameter für die Gesteine des Nischnekansker Granitoidkomplexes in Tab. 3-12 zusammengefasst. Tab. 3-11: Wärmephysikalische Eigenschaften der Gesteine aus den Bohrungen E-1, E-2 und E-3 (aus: [Petrov et al. 2008]) № Gesteinstyp Dichte ρ, kg m-3 P Thermischer Parameter P a / 107 m2 s-1 P P E1-56.3 Biotit-Plagiogneis 2590 P P -1 -1 cp / J kg K B P B P P P P P -1 -1 λ/ Wm К a / 107 m2 s-1 P P P P E1-63.5 Biotit-Granitgneis 2700 P P P P -1 -1 cp / J kg K B P B P P P P P -1 -1 λ/ Wm К P P 7 P P 2 -1 a / 10 m s P P E1-75.0 Plagiogneis 2740 P P P P -1 -1 cp / J kg K B P B P P P -1 -1 λ/ Wm К P P 7 P P 2 -1 a / 10 m s P P E1-83.0 Biotit-Plagiogneis 2670 P P P P cp / J kg-1 K-1 B P B P P P -1 -1 λ/ Wm К P P 7 P P 2 -1 a / 10 m s P P E2-40.4 Muskovitisierter Biotit-reicher Gneis 2665 P P P P cp / J kg-1 K-1 B P B P P P -1 -1 λ/ Wm К P P 7 P P 2 -1 a / 10 m s P P E2-68.2 Muskovitisierter Biotit-Plagiogneis mit Amphibol 2720 P P P P -1 -1 cp / J kg K B P B P P P -1 -1 λ/ Wm К P P 7 P P 2 -1 a / 10 m s P P E2-84.1 Amphibolitisierter Gabbro-Diabas 2910 P P P P cp / J kg-1 K-1 B P B P P P -1 -1 λ/ Wm К P P 7 P P 2 -1 a / 10 m s P P E3-32.1 Muskovitisierter Biotit-Plagiogneis 2735 P P P P cp / J kg-1 K-1 B P B P P P λ / W m-1 К-1 P P P P 7 2 -1 a / 10 m s P E3-61.5 Muskovitisierter Biotit-Plagiogneis 2730 P Erläuterung: U P -1 -1 cp / J kg K B B P P P P -1 -1 λ/ Wm К P U P P P P P P Т = 18° Т = 100° Т = 200° 15,4 11,2 8,5 780 890 980 3,1 2,5 2,1 15,9 12,1 9,0 780 890 980 3,3 2,9 2,4 14,5 10,4 7,4 780 890 980 3,1 2,5 2,0 15,6 11,4 8,7 780 890 980 3,25 2,7 2,3 12,4 (11,1) 8,7 (7,7) 6,5 (5,8) 800 (800) 910 (910) 980 (980) 2,65 (2,35) 2,1 (1,85) 1,7 (1,5) 15,2 11,0 8,3 800 910 990 3,3 2,7 2,2 14,5 10,2 7,2 780 890 980 3,3 2,65 2,05 14,5 10,1 7,2 800 910 980 3,15 2,5 1,9 14,1 10,1 7,2 800 910 980 3,1 2,5 1,9 a - Temperaturleitfähigkeit, cp - spezifische Wärmekapazität, λ - Wärmeleitfähigkeit. Für die Probe E2-40.4 sind in den Klammern die Ergebnisse von Wiederholungsmessungen angegeben. B B TEC-13-2008-AB 62 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Tab. 3-12: Mittlere wärmephysikalische Parameter für die wichtigsten Gesteinstypen des Nischnekansker Granitoidkomplexes (aus: [Laverov et al. 2002]) Gesteinstypen Thermischer Parameter 7 Granite 2 -1 a / 10 m s P P P P -1 cp / J kg K B B P P P P λ / W m-1 К-1 P P 7 Kataklasierte Granite P P 2 -1 a / 10 m s P P P P P P cp / J kg-1 K-1 B P B P P P λ / W m-1 К-1 P P 7 Granitgneise P P 2 -1 a / 10 m s P P P P P P cp / J kg-1 K-1 B P B P P P λ / W m-1 К-1 P P 7 Gneise P P 2 -1 a / 10 m s P P P P P P -1 -1 cp / J kg K B P B P P P -1 -1 λ/ Wm К P P P P a / 107 m2 s-1 Granodiorite P P P P -1 -1 cp / J kg K B P B P P P P P -1 -1 λ/ Wm К P P P P a / 107 m2 s-1 Quarzmonzodiorite/Tonalite P P P P -1 -1 cp / J kg K B P B P P P P P -1 -1 λ/ Wm К P P P P a / 107 m2 s-1 Quarzdiorite P P P P -1 -1 cp / J kg K B P B P P P -1 -1 λ/ Wm К P P 7 Spessartite P P P P 2 -1 a / 10 m s P P P P P P -1 -1 cp / J kg K B P B P P P λ / W m-1 К-1 P P 7 Adamellite P P 2 -1 a / 10 m s P P P P -1 cp / J kg K B B P P P P -1 P P λ / W m-1 К-1 P P P 10,35±0,9 920±50 2,5±0,1 9,5±0,5 970±50 2,44±0,25 9,8±1,8 910±60 2,3±0,4 10,0±0,5 850±40 2.25±0,2 7,0±0,35 1040±50 1,93±0,2 9,6±1,0 940±40 2,4±0,3 8,27±1,6 970±70 2,1±0,2 4,5±0,25 1120±50 1,46±0,15 8,1±0,2 1030±50 2,20±0,25 T=200 °C 8,9±0,5 1000±50 2,2±0,1 8,9±0,5 1040±50 2,20±0,22 8,1±1,2 990±50 2,1±0,2 8,3±0,4 940±50 2,07±0,2 6,0±0,3 1100±50 1,75±0,2 8,5±0,7 1020±30 2,3±0,3 7,1±1,1 1040±50 1,99±0,25 4,2±0,25 1150±50 1,31±0,15 6,8±0,2 1090±50 1,96±0,2 a - Temperaturleitfähigkeit, cp - spezifische Wärmekapazität, λ - Wärmeleitfähigkeit Erklärungen: U P T=100 °C 15,2±0,4 820±40 3,3±0,15 14,83±0,7 840±40 3,30±0,33 14,1±2,0 810±40 3,1±0,1 14,1±0,7 790±40 2,95±0,3 9,98±0,5 920±50 2,44±0,25 11,1±1,4 890±70 2,60±0,3 11,1±2,2 860±50 2,54±0,4 5,5±0,25 1020±50 1,52±0,15 11,6±0,6 900±50 2,76±0,3 P P -1 T=18 °C U B B Die für die Granitoide des Verchne-Itatskij-Gebietes zu verzeichnenden Variationsbreiten der Parameter (Temperaturleitfähigkeit: 6,0 bis 15,6·107 m2 s-1 , Wärmekapazität: 765 bis 1100 J kg-1 K-1, Wärmeleitfähigkeit: 1,7 bis 3,4 W m-1 K-1) unterscheiden sich nur wenig von den entsprechenden Angaben für die Gneise des Jenisejskij-Gebietes (Temperaturleitfähigkeit: 5,8 bis 15,9·107 m2 s-1, Wärmekapazität: 780 bis 980 J kg-1 K-1, Wärmeleitfähigkeit: 1,5 bis 3,4 W m-1 K-1). Die in [Wallner et al. 2005] mitgeteilten Ergebnisse der thermischen EndlagerAuslegungsberechnungen bedürfen deshalb keiner Revision und sind weitgehend unverändert auf die Gesteine des Jenisejskij-Gebietes übertragbar. P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P Die Gesteine des Gneiskomplexes weisen insgesamt gute Wärmeleitfähigkeiten auf, die durch die relativ hohen Gehalte der gut wärmeleitenden Minerale Quarz, Feldspat und Amphibole (in basischen Gesteinen) verursacht werden. Sehr glimmerreiche Partien in den Gneisen (z. B. Probe E2-40,4) sind durch deutlich niedrigere Wärmeleitfähigkeiten charakte- TEC-13-2008-AB 63 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse risiert, was dazu führen kann, dass diese Gesteinspartien bei entsprechender Größe als Wärmestauer agieren können. Deshalb sind diese Gesteine bei der Erkundung des Endlagerstandortes unbedingt gut abzugrenzen bzw. auszukartieren. Auffällig ist, dass sich die Gabbro-Diabas-Probe (E2-84,1) in ihren wärmephysikalischen Kenngrößen nicht von den Plagiogneisen unterscheidet. Die Daten entsprechen weitgehend auch den von [Shishchitz et al. 1987] für die basischen Gesteine des Mars 2-Gebietes bei Majak (Südural) mitgeteilten Größenordnungen. Der im Verchne-Itatskij-Gebiet angetroffene Spessartit-Gang wies deutlich niedrigere Temperatur- bzw. Wärmeleitfähigkeiten (4,2 bis 5,5·107 m2 s-1, 1,31 bis 1,52 W m-1 K-1) bzw. höhere Wärmekapazitäten (1020 bis 1150 J kg-1 K-1) auf [Laverov et al. 2002] und stellt damit offensichtlich einen speziellen, stark alterierten Gesteinstyp dar. P P P P P P P P P P P P P P 3.2 Charakterisierung der technischen und geotechnischen Barriere Technische Barriere Die hochaktiven Schlämme sollen in einen Behälter aus Kohlenstoffstahl konditioniert werden, der in einen Austenitstahlbehälter verpackt wird. Der äußere Austenitstahlbehälter hat einen Durchmesser von 600 mm und eine Höhe von 1000 mm. Die Wandstärke beider Behälter wird mit 7 mm angegeben. Die verglaste Fraktion Cs/Sr soll in einem Austenitstahlbehälter mit einem Außendurchmesser von 450 mm, einer Höhe von 1000 mm und einer Wandstärke von 7 mm endgelagert werden. Die Fraktionen Seltene Erden und Spaltprodukte sollen in Austenitstahlbehältern mit einem Außendurchmesser von 600 mm, einer Höhe von 1000 mm und einer Wandstärke von 7 mm endgelagert werden. Angaben oder Skizzen zur Konstruktion der jeweiligen Behälter lagen nicht vor. Die Korrosionsrate der Austenitstahlbehälter wird wie folgt angegeben: • Bei 150 °C und in Wasserdampfatmosphäre – 2x10-3 mm/a P P -3 • Bei 75 °C im Kontakt mit Bentonit – 1x10 mm/a P P Für die Konditionierung der plutoniumhaltigen Schlämme in einer Abfallmatrix werden derzeit mehrere Varianten untersucht [Kudinov et al. 2002]: • Verarbeitung der Schlämme mit Rückgewinnung des Plutoniums als PuO und Zementie- rung der nichtlöslichen Rückstände. Diese Technologie ist im Bergbau-Chemischen Kombinat vorhanden • Einschmelzen der Schlämme in eine Borsilikatglasmatrix, • Einschmelzen der Schlämme ohne Pu-Rückgewinnung in eine Phosphatglasmatrix TEC-13-2008-AB 64 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Für die hochaktive Cs/Sr-Fraktion ist der Einschluss in eine Borsilikatglasmatrix vorgesehen. Die Fraktionen Seltene Erden und Spaltprodukte mit einem hohen Anteil an langlebigen Radionukliden sollen in eine kristalline Keramikmatrix eingeschlossen werden. Es wird dabei davon ausgegangen, dass eine Keramik auf der Basis von s. g. Trägerphasen analog zu natürlichen akzessorischen Mineralen von Gesteinen das effektivste Material für den Langzeiteinschluss (>105 Jahre) der HLW ist. Als geeignete kristalline Trägerphasen für Aktinide werden natürliche Minerale der Gruppe der Seltenen Erden angesehen. Als geologisch mit den Granitoiden des Nishnekansker Massives vereinbar werden die drei Mineralgruppen Zirkoniumminerale, Titanminerale und Phosphorminerale für die Verfestigung der aktinidenhaltigen HLW untersucht. P P Als geeignetste Materialien für die Verfestigung der Fraktionen Seltene Erden und Spaltprodukte werden Matrizen auf der Basis von Zirkoniummineralen betrachtet. In Tab. 3-13 sind wesentliche Kenndaten der Abfallmatrizen zusammengefasst. Tab. 3-13: Wichtige Kennwerte der verfestigten hochaktiven Abfälle Bezeichnung Physikalisch-chemischer Kennwert Borsilikatglas Keramik bis 20 - 25 Von 5 - 6 bis 10 - 20 Anteil radioaktiver Abfälle / Gew. % Auslaugungsgeschwindigkeit der Radionuklide, g/cm2·d • bei T= 20 °C • bei T= 75-100 °C • hydrothermal Wärmeleitfähigkeit / W m-1K-1 Dichte / kg m-3 Zulässige Lagerungstemperatur / °C P P P P P 10-6 – 10-8 10-4 – 10-6 10-3 – 10-5 0,8 – 1,4 2500 – 4000 550 P P P P P P P P P P P P P P P 10-7 – 10-10 10-6 – 10-9 10-6 – 10-9 2,0 – 3,0 3000 – 4500 550 P P P P P P P P P P P P Die Wärmeleistung der Gebinde mit den verglasten HLW wird im Wesentlichen durch den Gehalt an 137Cs und 90Sr bestimmt. Nach 30 Jahren Zwischenlagerung der Gebinde beträgt die spezifische Wärmeleistung nicht mehr als 0,2 W/l. Die berechnete Wärmeleistung der verfestigten Fraktion Cs/Sr beträgt nach 50 Jahren 10 W/l und der Fraktion Seltene Erden/ Spaltprodukte 0,6 W/l. Auf der Abb. 3-21 ist die Entwicklung der mittleren Wärmeerzeugung der Gebinde mit den beiden Fraktionen dargestellt. P P TEC-13-2008-AB P P 65 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Wärmeentwicklung W/l 100 1. 10 2. 1 0,1 0,01 0 100 200 300 400 Jahre 1. Verfestigte Fraktion Sr-Cs u. Rafinat des VI. Zyklus 2. Verfestigte Fraktionen Seltene Erden/Spaltprodukte Abb. 3-21: Zeitliche Entwicklung der Wärmeleistung der verglasten HLW-Fraktionen Geotechnische Barriere Die geotechnische Barriere besteht gemäß dem aktuellen Konzept aus einem den Behälter direkt umgebenden „heat spreader“, bestehend aus einem Mineralgemisch, z. B. Sand, was wiederum in einen Bentonitmantel eingeschlagen wird. Eine genaue Materialfestlegung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht erfolgt. Für das Russische Projekt stehen mehrere Bentonitvorkommen zur Verfügung. Die folgenden von VNIPI PT übergebenen Tabellen charakterisieren Bentonite aus zwei möglichen Lagerstätten hinsichtlich chemischer Zusammensetzung und einigen qualitativen Kennwerten. OAO „Chakassion Bentonit“, Lagerstätte „Desjaty Chutor“, Chakassia, Chernogorsk Kennwerte des Bentonitpulvers (aktiviert, Natriumbentonit): N° 1 2 3 4 5 6 7 Kennwert Bentonitmarke Druckfestigkeit, kg/cm³ Zugfestigkeit bei Kondensierung von Feuchtigkeit, kg/cm³ Siebrückstand, % bei Siebgröße: 0,4 0,16 Feuchtigkeitsaufnahme, % Kolloidgehalt, % Quellgrad des aktiv. Bentonits bei Kontakt mit Grundwasser R-3 (BChK) TEC-13-2008-AB 66 Wert P2T1A 1,02 – 1,06 0,022 – 0,024 0 7,7 – 9,1 7,2 – 7,4 90 9,8 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Kennwerte des Bentonits der Lagerstätte „Desjaty Chutor“ 1 Chemische Zusammensetzung des Bentonits, Massenanteil, % Si02 59,77 B B Al2O3 B B B Fe2O3 B 19,80 B B B 4,22 B FeO 0,56 TiO2 0,55 CaO 1,06 B B MgO P2O5 B B B 2,95 0,19 B SO3 B 0,08 B K2O 1,94 Na2O 0,90 B B B B 2 Mineralische Zusammensetzung der Tone, % Montmorillonit 70 – 72 Hydroglimmer 1–2 Kaolinit 7–8 Quarz 7–8 Basischer Feldspat 6-7 Glimmer 4–5 Calcit 1-2 OAO „Zavod utyasheliteley“, Lagerstätte “Cherkassk”, Gebiet Donezk, Konstantinovka Chemische Zusammensetzung: Massenanteil, % Si02 B B Al2O3 B B B B 53 – 55 12 – 15 Fe2O3 B B B 5–7 B TiO2 B B CaO MgO 0,3 – 0,8 1,5 – 3,0 1,8 – 2,0 K2O+ Na2O SO3 0,5 – 1,5 bis 0,2 B B B B B B Qualitative Kennwerte des Bentonitpulvers N° Kennwert Wert 1 Druckfestigkeit, kg/cm³ ≥ 0,95 2 Zugfestigkeit bei Kondensierung von Feuchtigkeit, kg/cm³ ≥ 0,035 3 Feuchtigkeitsaufnahme, % ≥ 6,0 4 Kolloidgehalt, % ≥ 8,0 5 Wassergehalt % 6,0 – 8,0 6 Körnung: Sieb 0,4 Rückstand, % Sieb 0,16 Rückstand, % ≤ 0,5 ≤ 5,0 Die notwendigen Laboruntersuchungen zur Bestimmung der für die Endlagerplanung relevanten Materialgrößen wie z. B. Permeabilität, Wärmeleitfähigkeit, maximaler Quelldruck in ihrer Abhängigkeit von der Dichte bzw. dem Kompaktionsgrad und dem Wassergehalt stehen zur Zeit noch aus. TEC-13-2008-AB 67 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse 3.3 Methodik der Sicherheitsanalyse des Barrierensystems Die Langzeitsicherheitsanalyse beschäftigt sich mit der Analyse des zukünftigen Verhaltens eines Endlagers mit radioaktiven Abfällen sowie der von ihm potenziell ausgehenden Gefahr innerhalb eines vorgegebenen Nachweiszeitraums. Die Untersuchungen stellen eine Unterstützung bei der Standortauswahl und der Optimierung des Endlagerkonzeptes dar, so dass sie im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens eine wesentliche Komponente sind. Für die Bewertung der Langzeitsicherheit und der Sicherstellung einer zuverlässigen Isolation der Radionuklide wird weltweit diejenige Strahlenexposition genutzt, die durch einen Radionuklidaustritt aus dem Endlagerbereich hervorgerufen wird und damit zusätzlich zu der natürlichen Exposition auf Mensch und Umwelt wirkt. Die gesetzlichen Grenzwerte der zulässigen Strahlenexposition unterscheiden sich in den verschiedenen Ländern. In Deutschland liegt das vorgeschriebene Schutzziel bei einer zusätzlichen Strahlenexposition nach §47 StrlSchV bei 0,3 mSv/y [Atomgesetz 2006], in der Schweiz bei 0,1 mSv/y [HSK 1993] und in Russland bei 0,01 mSv/y [SPORO 2002]. Die Durchführung einer Langzeitsicherheitsanalyse umfasst folgende Hauptschritte: • Entwicklung konzeptueller Modelle zur Beschreibung der im Endlagersystem ablaufenden Prozesse, • Identifizierung der für die zeitliche Entwicklung eines Endlagersystems relevanten Eigen• • • • schaften, Ereignisse und Prozesse (FEP), Erstellung eines Katalogs relevanter Szenarien, quantitative Beschreibung der Szenarienabläufe mit numerischen Modellen, Berechnung der radiologischen Konsequenzen, Konsequenzanalyse durch Vergleich der berechneten Konsequenzen mit den Schutzzielen. Zunächst werden die Standortdaten in einer für die Verwendung in numerischen Modellen aufbereiteten Form zusammengestellt. Hieran schließt sich die Entwicklung konzeptueller Modelle für Einzelbereiche und schließlich für das gesamte Endlagersystem an. Dieses wird im Anschluss in ein numerisches Modell zur Ermittlung der möglichen radiologischen Konsequenzen (z. B. Dosiswerte, Nuklidströme) innerhalb des Nachweiszeitraums für die Langzeitsicherheitsanalyse umgesetzt. Neben den wahrscheinlichsten Werten für die Materialparameter werden auch deren Unsicherheiten in Form von Bandbreiten und Verteilungsfunktionen festgelegt, denn in die Modellierung eines Endlagersystems gehen eine Anzahl von Parametern ein, über deren aktuelle Werte zum Teil erhebliche Unsicherheit besteht. Ursache dieser Unsicherheiten sind sowohl Messfehler, als auch weitgehende Unkenntnis der räumlichen Verteilung der Werte. Auch die Extrapolation der heute gemessenen Daten auf einen Zeitraum von bis zu 1 Mio. Jahre birgt hohe Unsicherheiten. Wichtige Bestandteile einer Sicherheitsanalyse sind daher probabilistische Rechnungen und statistische Analysen, die je nach Anzahl der im Rahmen der Analyse betrachteten Radionuklide und der variierten Parametern einen erheblichen Rechenaufwand erfordern. TEC-13-2008-AB 68 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse 3.3.1 Programmsysteme zur Analyse und Nachweisführung Um den Radionuklidaustrag über einen Zeitraum von 1 Mio. Jahre zu berechnen und den Einfluss der verschiedenen Barrieren auf diesen zu untersuchen, wurden die Programme FEFLOW und EMOS verwendet. Diese werden im Anschluss kurz vorgestellt. 3.3.1.1 Das Programm FEFLOW Das Programm FEFLOW ermöglicht die mehrdimensionale Modellierung von Grundwasserströmungen sowie Masse- und Wärmetransporten im Fernfeld. Von besonderer Bedeutung ist die Berücksichtigung ungesättigter Strömungen, freier Wasserspiegel, sowie Kluft- und Dichteströmungen. Die Kluftmodellierung erfolgt anhand diskreter Trennflächen, auf denen die Grundwasserströmung wahlweise nach den Gesetzen von Darcy, Hagen-Poisseuile oder Manning-Strickler beschrieben werden kann. Eine GIS-Schnittstelle ermöglicht die Übertragung von Basisdaten und vermeidet somit aufwendige Datenkonvertierungen. Eine Dokumentation des Programmsystems findet sich in [Diersch 2005], [Diersch et al. 2006]. 3.3.1.2 Das Programmpaket EMOS Das Programmpaket EMOS dient der Modellierung des Radionuklid-Transports aus dem Endlagerbereich bis in die Biosphäre und der Ermittlung der dort auftretenden Strahlenexpositionen. Dabei werden auch Zerfallsreihen berücksichtigt. Die Programme von EMOS berechnen die Radionuklid-Ausbreitung in der Regel eindimensional. Je nach Bedarf lassen sich verschiedene Module miteinander koppeln, vgl. Abb. 3-32. Neben drei Nahfeld-Modulen, die für verschiedene Endlagerauslegungen und Wirtsgesteinsformationen erstellt wurden, gibt es drei Fernfeld-Module für poröse bzw. geklüftete Medien sowie zwei BiosphärenModule. Die Rechnungen können sowohl deterministisch als auch probabilistisch durchgeführt werden. Das Programm CLAYPOS stellt einen Sonderfall dar, da es sowohl das Nahfeld als auch Teile des Fernfeldes beschreiben kann. Im Rahmen der für WIBASTA durchgeführten Rechnungen fanden die Programme CLAYPOS, CHETMAD und EXMAS sowie die Statistik-Tools STATIST und EMOSPOST Verwendung. Die letztgenannten ermöglichen die Eingabe bestimmter Bandbreiten und Verteilungsfunktionen von Parametern für alle drei Kompartimente (Nahfeld, Fernfeld, Biosphäre), sowie die Auswertung der gewonnenen Ergebnisse anhand von Unsicherheits- und Sensitivitätsanalysen. TEC-13-2008-AB 69 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Nahfeld LOPOS REPOS Fernfeld quasi-3D, Salz CHETLIN CHETNIS 1D, poröse Medien EXCON CHETMAD 1D, geklüftetporöse Medien EXMAS TRAPIC CLAYPOS Biosphäre 1D/2D, Kolloide in porösen Medien 1D, Ton-/Festgestein STATIST (Input) EMOSPOST (Output) Abb. 3-22: Verfügbare EMOS-Programmmodule Tab. 3-14 zeigt für ausgewählte Nahfeld- und Fernfeldmodule die berücksichtigten Prozesse. Ausführlichere Informationen über Aufbau und Funktionsweise des Programmpakets EMOS befindet sich in [Buhmann et al. 1996], [Buhmann 1999]. TEC-13-2008-AB 70 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Tab. 3-14: Implementierte Prozesse in ausgewählten EMOS-Programmen Die Verknüpfung der Nahfeld-, Fernfeld- und Biosphärenprogramme durch das Statistiktool STATIST ermöglicht u. a. eine Variation folgender Parameter: Lebensdauer der Behälter, Verteilungskoeffizienten für Radionuklide in Bentonit und in Gesteinen, Materialdichten, Kluftfrequenzen und Kluftöffnungsweiten, Matrix-Diffusionkonstanten, Eindringtiefen der MatrixDiffusion, Dosiskonversionsfaktoren sowie gesamter und unkontaminierter Volumenstrom. Unsicherheiten der Modellparameter können durch Verteilungsfunktionen berücksichtigt werden. Für jede der gewählten Variablen werden Stichproben gezogen. Jede Simulation entspricht einer zufälligen Kombination von Eingangsparametern. Korrelationen zwischen den Eingangsparametern können ebenfalls berücksichtigt werden. 3.3.1.3 Das Programmsystem openGEO Die Darstellung und Auswertung der Ergebnisse der geologisch-geophysikalischen Erkundungsarbeiten in einem geologischen 3D-Modell ermöglicht es, die Barrierefunktionen der zur Endlagerung radioaktiver Abfälle ausgewählten geologischen Einheiten hinsichtlich ihrer langzeitsicherheitlichen Bedeutung besser bewerten zu können. Als Ergebnis der Modellierung liegt ein konsistentes 3D-Modell der Ausbildung und Raumlage der geologischen TEC-13-2008-AB 71 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Strukturen im Untersuchungsgebiet vor, in dem die realen Entfernungen und Volumina der einzelnen Komponenten der geologischen Barriere bestimmt und für Abschätzungen der Langzeitsicherheit sowie für Planungen des Baus des Endlagers herangezogen werden können. Für die 3D-Strukturmodellierung des Standortes Jenisejskij wurde die vom Ingenieurbüro BiCad, Hannover, gemeinsam mit der BGR entwickelte Software openGEO verwendet. Es handelt sich dabei um ein mittels Personalcomputer anwendbares Programm, das das Grafikmodul von AutoCAD nutzt und in dessen Benutzeroberfläche implementiert ist. Das Programm openGEO ermöglicht nicht nur die Kombination von 2D-Elementen, wie Karten und Schnitte (d. h. von Projektionen der Erkundungsdaten auf zweidimensionale Schnittebenen) zu einer 3D-Darstellung, sondern die Generierung echter dreidimensionaler geologischer Körper (z. B. Homogenbereiche, Störungszonen, Faltenstrukturen). Das Programm gestattet außerdem eine effektive Nutzung und Verwaltung der Erkundungs- und Vermessungsdaten auf der Grundlage von Echtkoordinaten, d. h. mit einem eindeutigen Raumbezug. Das Programm openGEO wird z. Zt. noch nicht kommerziell vertrieben. Da deshalb noch keine ausführliche, zitierfähige Beschreibung der mit diesem Programm zur Verfügung stehenden Funktionalitäten existiert, erfolgt an dieser Stelle eine sehr knappe Darstellung seiner Einsatzmöglichkeiten und Vorgehensweise. Die im Rahmen der Strukturmodellierung verwendeten Ausgangsdaten können als Punkt- oder Flächendaten vorliegen. openGEO verfügt über zahlreiche, den praktischen geologischen Erfordernissen angepasste Schnittstellen zum Import von Daten z. B. im ASCII-Format oder aus den Datenbanksystemen „MSAccess“ und „Oracle“. Nach der Übernahme der Daten in das 3D-Modell werden sie einer Konsistenzprüfung unterzogen. Der Vorteil des von openGEO praktizierten schrittweisen Aufbaus eines konstruktiven Modells liegt darin, dass die Inkonsistenzen der Ausgangsdaten in ihrem räumlichen Bezug gesehen und bewertet werden können, wodurch der Verlauf der Strukturen gegebenenfalls an die qualitativ hochwertigere Information angepasst werden kann. Geologische Modellierungen unter Zuhilfenahme des Programmsystems openGEO basieren auf einer Experten-gestützten Konstruktion von geologischen Strukturen. Der Unterschied zwischen konstruktiven und den von der Mehrzahl anderer 3DModellierungsprogramme vorgenommenen interpolativen Strukturmodellierungen liegt darin, dass bei der Konstruktion der Rahmen der Modellkörpergenerierung sehr eng von Hand vorgegeben wird. Im Vergleich zu interpolativen Verfahren gewährleistet die von openGEO genutzte Triangulation eine Verbindung der Originaldaten ohne Glättungsfehler, d. h. mit hoher Detailtreue. Eine manuelle Nachbearbeitung der Triangulationsergebnisse der geologischen Körper ist nur selten erforderlich, z. B. bei extremer Ausdünnung oder bei Ausbiss geologischer Körper. Im Ergebnis der Modellierung liegen konsistente 3D-Körper als Modell vor, aus dem an beliebiger Stelle Profilschnitte ausgegeben werden können, sowohl in vertikaler als auch in horizontaler Ausrichtung. Ebenso können an beliebiger Stelle virtuelle Bohrungen erzeugt, TEC-13-2008-AB 72 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Abstände gemessen und Volumen bestimmt werden. Exakt abgrenzbare Modellteile können in verschiedenen Formaten exportiert und anderen Anwendern (z. B. für geomechanische und hydrogeologische Berechnungen) zur Verfügung gestellt werden. Um die Kompatibilität der Ausgabedaten sicherzustellen, d. h. zur Gewährleistung eines problemlosen Datenaustausches, wurden zahlreiche Schnittstellen von openGEO zu anderen Programmen entwickelt. Die Visualisierung und Auswertung der 3D-Modelle sowie eventuell notwendige Verschneidungsfunktionen der konstruierten Vollkörper werden unter Verwendung der 3DAnimationssoftware „3dsmax“ oder „SpinFire“ realisiert. Eine Analyse der räumlichen geologischen Strukturen ist über die Generierung von Schnitten bzw. Serienschnitten, bei beliebiger Schnittlage möglich. Zusätzlich können einzelne geologische Körper aus allen Raumrichtungen betrachtet und Kamerafahrten durch das 3D-Modell durchgeführt werden. Dies ist möglich, da openGEO aufgrund des AutoCad-Rechenkerns dwg- und dxf-Dateien ausschreibt, die von vielen Viewer-Programmen eingelesen werden können. Wichtig für die geologisch-geophysikalische Vorfelderkundung und die Projektierung bergbaulicher Arbeiten ist die Möglichkeit der Volumenbestimmung von geologischen Körpern mittels openGEO. 3.3.1.4 Die Programmsysteme FLAC3D und TOUGH2 Bei denen von DBETEC eingesetzten Computerprogrammen handelt es sich um die Programmsysteme FLAC3D und TOUGH2. Ersteres hat seinen Schwerpunkt im Bereich der Thermomechanik, während TOUGH2 für Strömungs- und Transportsimulationen verwendet wird. FLAC3D Die thermomechanischen Simulationen der geotechnischen Barrieren (Kapitel 3.4.1) wurden mit dem Computerprogramm FLAC3D [ITASCA, 2002] durchgeführt. FLAC ist ein numerisches Werkzeug zur Simulation des geotechnischen Materialverhaltens. Es gibt eine Vielzahl integrierter Materialmodelle, u. a. "Null"-Modell, mit dem man "Löcher", d. h. Teile, die aus dem Modell herausgeschnitten werden, darstellen kann, das "Elastic, isotropic"-Modell, das "elastic, transversal isotropic"-Modell und sieben "Plasticity"-Modelle (Drucker-Prager, Mohr-Coulomb, "Ubiquitous-joint", "Strain-hardening-softening ubiquitous joint", "Double yield", "Modified Cam-clay"). Mit Hilfe der internen Programmiersprache FISH können außerdem eigene Stoffmodelle erstellt werden. Die einzelnen Bereiche eines FLACGitters können unterschiedliche Stoffmodelle oder Eigenschaften haben, und für jede Eigenschaft kann eine stetige Änderung oder eine statistische Verteilung spezifiziert werden. Des Weiteren steht ein Grenz- oder Gleitflächenmodell zur Berücksichtigung ausgeprägter Grenzflächen zwischen zwei oder mehr Teilen des Gitters zur Verfügung. Grenzflächen sind Flächen, an denen Gleiten oder Abtrennen möglich ist, wodurch Verwerfungen, Klüfte oder Reibungsgrenzen simuliert werden können. Tunnelverschalungen, Pfähle, Spundwände, Verankerungen und nachgebende Stützen, die mit dem Gestein oder Boden in Wechselwirkung stehen, können mit Hilfe implementierter Strukturelemente modelliert werden. TEC-13-2008-AB 73 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Darüber hinaus ist ein umfangreiches graphisches Ausgabemodul in FLAC integriert, mit dem Plots (entweder als Bildschirm- oder als Hardcopy-Ausgabe) des FLAC-Modells erzeugt werden können. Mehrere Parameter können als Überlagerung auf einem Modellplot dargestellt werden. Zusätzlich ist es möglich, den zeitlichen Verlauf ihrer Änderung als Funktion des Berechnungsschrittes darstellen. Optional stehen Komponenten zur dynamischen oder thermischen Analyse, zur Modellierung von Materialkriechen oder zum Hinzufügen neuer Stoffmodelle zur Verfügung. Für weitere Informationen sei an dieser Stelle auf die Itasca-Homepage verwiesen (www.itasca.de). HTU UTH TOUGH2 Die Berechnungen zur Gasdruckentwicklung (Kapitel 3.4.2) wurden mit dem Computercode TOUGH2 (Transport of Unsaturated Groundwater and Heat) durchgeführt (www.esd.lbl.gov/TOUGH2/). TOUGH2 wird seit 1991 am Ernest Orlando Lawrence Berkeley National Laboratory (LBNL) entwickelt. Das Programm ermöglicht ein-, zwei- und dreidimensio-nale Betrachtungen nichtisothermer Grundwasserströmungs- und Transportmodelle für Locker- und Festgesteine, d. h. Strömung in porösen Medien bzw. auf Trennflächen. Das Programmsystem TOUGH2 besteht neben einem Hauptteil auch aus dem sog. EOS-Teil (Equation of State). In diesem Programmteil werden die Anzahl und die Art der zu behandelnden Stoffe (Komponenten und Phasen) festgelegt und die thermophysikalischen Eigenschaften der strömenden Medien initialisiert. TOUGH2 verwendet die erweiterte Darcy-Gleichung für Mehrphasenströmungen für den Strömungstransport und die Energiegleichung einschließlich Wärmeleitung und Konvektion für den Wärmetransport. Es gibt verschiedene EOS-Teile, die abhängig von dem zu untersuchenden Problem herangezogen werden können. Zur Erstellung eines vollständigen Programmsystems muss der allgemeine Programmteil mit einem der verschiedenen EOS-Teile gekoppelt werden. TU UT Als Pre- und Postprozessor für die Berechnung mit TOUGH2 wird das Programm PetraSim (Thunderhead Engineering; www.thunderheadeng.com) genutzt. Das Programm ermöglicht eine interaktive Modellerstellung inklusive Netzgenerierung und verschiedene Auswertemöglichkeiten anhand von 3D-Isoflächen-, Vektor- oder Kontur-Plots. Des Weiteren gestattet es eine zeitabhängige Parameterauswertung an frei wählbaren Aufzeichnungspunkten. TU UT 3.4 Integritätsuntersuchungen zu einzelnen Barrierekomponenten (beispielhafte Integritätsnachweise einzelner Barrierekomponenten) 3.4.1 Behälterintegrität (Scherbelastung auf technische Barrieren) Für den betrachteten Endlagerstandort im kristallinen Grundgebirge kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Bereich der Einlagerungsbohrlöcher Klüfte bestehen, die durch seismische oder thermische Einflüsse zu Verwerfungen führen, d. h. dass entlang von Klüften Verschiebung von Wirtsgesteinblöcken gegeneinander auftreten. Es ist anzunehmen, dass Klüfte, an denen es zu solchen Verwerfungen kommen kann, bereits großräumig im Wirtsgestein angelegt sind, wie im linken Teil der Abb. 3-23 skizziert. Jedoch ist auch das Entstehen solcher Klüfte im ursprünglich ungestörten Wirtsgestein denkbar. Die Genese eiTEC-13-2008-AB 74 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse ner Verwerfung längs einer den Einlagerungsort eines Behälter schneidenden Kluft führt zu Scherbelastungen, die den Bruch des Behälters hervorrufen können. Im rechten Teil der Abb. 3-23 ist die Auswirkung einer Verwerfung entlang einer einen Einlagerungsbehälter schneidenden Kluft dargestellt. Abb. 3-23: Mögliche Klüfte im Einlagerungsbereich und Einwirkung einer Verwerfung auf einen eingelagerten Behälter 3.4.1.1 Simulation der Auswirkungen seismisch induzierter Verwerfungen Die mit FLAC3D durchgeführten Simulationen zur Bildung und zu dem Auswirkungen einer seismisch verursachten Verwerfung gehen von einer den Einlagerungsort eines Behälters schneidenden Kluft aus. Die Orientierung der Kluft beeinflusst die Auswirkungen auf den Behälter. Um diese abzuschätzen, werden Szenarien mit einer horizontal, einer mit 30° und einer vertikal einfallenden Kluft betrachtet. Außerdem wird der Füllstand des Behälters mit 100 % und 80 % variiert, da dieser die Steifigkeit des Behälters und damit den Grad der Deformation durch die Scherbelastung beeinflusst. Nicht vollständig beladene Behälter können technisch bedingt tatsächlich zur Einlagerung anstehen. Das Modell beinhaltet die folgenden Materialkomponenten: − das Wirtsgestein, bestehend aus zwei gegeneinander beweglichen Blöcken, die nach dem Prinzip eines Scherkastens die Belastung hervorrufen, − den Bentonitpuffer, − die Behälterwand und − die Abfallmatrix. Auf eine gesonderte Berücksichtigung des "heat spreaders" (Sand) wurde aus Gründen der Konservativität verzichtet. Die Komponenten sind im ungestörten Zustand zylindersymmetrisch ineinander eingebettet, Abb. 3-24. TEC-13-2008-AB 75 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Abb. 3-24: Diskretisierungsgitter (Schnitt) der ungestörten Geometrie zur Simulation der Szenarien mit einer mit 30° einfallenden Kluft mit Wirtsgestein (rot, blau), Bentonitpuffer (grün) und Abfallmatrix (magenta) Die Simulation der Belastung auf einen Behälter geht von folgenden Annahmen aus: − die Kluft verläuft durch die Behältermitte, − das Wirtsgestein wird als inkompressibler Festkörper angenommen, so dass hier keine mechanischen Deformationen auftreten, − die Deformationsgeschwindigkeit ist so hoch, dass keine Porendruckdissipation durch hydraulische Effekte stattfindet, − die Kluftöffnungsweite ist gegenüber den Behälterabmessungen vernachlässigbar und wird mit Null angesetzt, − das System ist mit einer isotropen Druckspannung von 10 MPa beaufschlagt, was einer Teufe von etwa 400 m bis 500 m entspricht. Die Annahme, dass keine Druckdissipation auftritt, ist konservativ, da diese zu einer geringeren Steifigkeit des gesättigten Bentonit-Wasser-Systems und dadurch zu höheren Kräften auf den Behälter führt. Während für den austenitischen Stahl der Behälterwand ein nichtlineares elastisches Materialgesetz in Abhängigkeit von der effektiven Verzerrung angesetzt wird (Abb. 3-25), werden für den Bentonit und die Abfallmatrix ein Verhalten nach Mohr-Coulomb angenommen. Dies gilt auch für die drei auftretenden Kontaktflächen zwischen Wirtsgestein, Bentonit, Behälterwand und Abfallmatrix. Der Bentonit wird darüber hinaus durch eine Abhängigkeit der Kohäsion von der plastischen Schubverzerrung als sich verfestigendes Material modelliert. TEC-13-2008-AB 76 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse 5 Elastizitätsmodul [MPa] 2x10 5 1x10 4 5x10 0 0 20 40 60 80 100 effektive Verzerrung [%] Abb. 3-25: Abhängigkeit des Elastizitätmoduls des Behälterstahls von der effektiven Verzerrung Die geometrischen und materialspezifischen Parameter der Materialkomponenten und der Kontaktflächen sind in Tab. 3-15 und Tab. 3-16 wiedergegeben. Detaillierte Informationen zu den verwendeten Stoffgesetzen und Parametern können [Billaux 2007a] entnommen werden. Tab. 3-15: Modellparameter der Materialien außerhalb des Einlagerungsbehälters [Wallner et al. 2005, Billaux 2007a] Parameter Außenradius Innenradius Höhe Dichte Kohäsion [m] [m] [m] [kg m-3] [Pa] Kontaktfläche Wirtsgestein Bentonit 1,05 1,05 3,00 5 5,0 · 10 Reibungswinkel Dilatanzwinkel Normalsteifigkeit [°] [°] [N m-1] 25 0 12 1,8 · 10 TP ♣ PT Einheit P P P P P P P P Bentonit 1,05 0,437 3,00 1,95 · 103 P P 6♣ 4,325 · 10 P P P T PT 0 0 8,33 · 109 P Kontaktfläche Bentonit Behälter 0,437 0,437 1,00 4 2,5 · 10 P 25 0 15 1,8 · 10 P P Anfangswert der Bentonit-Kohäsion, die sich mit dem Verzerrungszustand ändert TEC-13-2008-AB 77 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Parameter Elastizitätsmodul Querdehnungszahl tension cut-off Einheit Kontaktfläche Wirtsgestein Bentonit [Pa] [-] [Pa] Bentonit 5 · 109 0,4 7,5 · 106 6,0 · 105 P P Kontaktfläche Bentonit Behälter P P P P 7,5 · 106 P P Tab. 3-16: Modellparameter der Materialien im Einlagerungsbehälter Parameter Einheit Außenradius [m] Innenradius Höhe Dichte [m] [m] [kg m-3] P P Kohäsion Reibungswinkel Dilatanzwinkel [Pa] [°] [°] Normalsteifigkeit Schersteifigkeit Elastizitätsmodul [N m-1] [N m-1] [Pa] Querdehnungszahl tension cut-off Behälterwand 0,437 Kontaktfläche Behälterwand Abfallmatrix 0,430 0,430 1,00 7,85 · 103 0,430 1,00 - 0,000 0,986 2,00 · 104 6 4 6 P P 4,325 · 10 0 0 P P P P P P P P P P P P 2,5 · 10 0 0 P P 1,8 · 1015 9,84 · 1015 - 3,55 · 109 2,66 · 109 6,4 · 1010 - 0,2 5,0 · 106 0,4 7,5 · 106 P P P 8,33 · 1010 1,79 · 109 3,85 · 1010 [-] [Pa] 0,430 2,5 · 10 25 0 P P Abfallmatrix P P P P P 6,0 · 10 P 5 P P P P P P P P P Bei der Umsetzung mit FLAC3D wurden zwei Ansätze betrachtet: − der einfacher zu beherrschende small-strain-mode von FLAC3D, der keine Deformation des Diskretisierungsgitters zulässt; dieser ist unter der Annahme zulässig, dass eine hohe Steifigkeit des Behälters nur zu geringen Deformationen führt und die Auswirkungen der Verzerrungen auf den Spannungszustand gegenüber der durch die Scherkraft im Behälter verursachten Spannungsumlagerung vernachlässigt werden kann; − der large-strain-mode, der an die auftretende Verzerrung angepasste Gitter erfordert, damit diese durch die Verschiebung von Knoten nicht zu numerisch irregulären Gittern entarten. Die deformierbaren Gitter des large-strain modes sind nur mit hohem Zeitaufwand unter Berücksichtigung der Geometrie und der einwirkenden Kräfte zu erstellen. Die durchgeführten Simulationen zeigen, dass die Verzerrungen im small-strain-mode etwas geringer als im large-strain-mode ausfallen, und die tatsächlich zu erwartenden vermutlich unterschätzen. Im letzteren Fall ergaben sich für die horizontale und die mit 30° einfallende Kluft Verzerrungen von bis zu 4,4% bei einer Kluftverschiebung von max. 16 cm (Abb. 3-26 und Abb. 3-28), wobei bei schräg einfallender Kluft die Verzerrung etwas größer als bei einer horizontal orientierten Kluft ist. Die vertikale Kluft führt bei gleicher Größe der Verschiebung nur zu Verzerrungen von unter 1% (Abb. 3-29). Der Füllstand der Behälter hat nur einen geringen Einfluss auf die Ergebnisse, wie Abb. 3-27 im Vergleich zur Abb. 3-26 zeigt. Im TEC-13-2008-AB 78 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Ergebnis bleit festzuhalten, dass unter Berücksichtigung einer Sicherheitsreserve die maximal zulässige Kluftverschiebung 16 cm beträgt, so dass der Grenzwert für die Verzerrung von 5% an keiner Stelle überschritten wird. Abb. 3-26: Verschiebungsfeld des Behälters im small-strain-mode (links) und large-strainmode bei horizontal orientierter Kluft Abb. 3-27: Verschiebungsfeld des zu 80% gefüllten Behälters im large-strain-mode bei horizontal orientierter Kluft Abb. 3-28: Verschiebungsfeld des zu 100% (links) und zu 80% gefüllten Behälters bei 30° einfallender Kluft TEC-13-2008-AB 79 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Abb. 3-29: Verschiebungsfeld des zu 100% (links) und zu 80% gefüllten Behälters bei vertikal einfallender Kluft 3.4.1.2 Thermisch induzierte Verwerfungen Untersucht werden die Auswirkungen der Temperaturentwicklung auf die Bildung von großräumigen Verwerfungen im Endlager und im umgebenden Fernfeld. Der mögliche Einfluss dieser Prozesse auf die Integrität der Behälter ist nicht Gegenstand der Untersuchung. Der mit FLAC3D modellierte Gebirgsausschnitt zur Simulation der Temperatureffekte reicht von 2000 m Teufe bis an die Erdoberfläche und erstreckt sich für die zweidimensionale Vorstudie in der Horizontalen über 6300 m. In der dritten Dimension wird der Bereich anschließend ebenfalls über eine Ausdehnung von 6300 m betrachtet. Das als Quader modellierte Endlager befindet sich innerhalb dieses Ausschnitts in 650 m Tiefe mit einer horizontalen Ausdehnung von 760 m. Angenommen wird eine 30° einfallende Kluft quer durch das Modellgebiet, die das Endlager mittig schneidet. Abb. 3-30: Modellgebiet mit einfallender Kluft (rot) und Endlagerbereich (grün) in 2D (links) und Kluftfläche mit eingebettetem Endlagerbereich in 3D. TEC-13-2008-AB 80 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Im gesamten Gebiet wird eine homogene Dichteverteilung von 2180 kg m-3 angenommen. An dem unteren und den seitlichen Rändern wird eine tangentiale Bewegung zugelassen (roller boundary condition), der obere Rand ist frei. P P Die Bohrlöcher sind wabenförmig im Endlager mit einem minimalen Abstand von 30 m zueinander angeordnet. Je sechs Behälter mit jeweils 0,08 m3 Abfallmatrix sind in einem Bohrloch eingelagert. Das gesamte eingelagerte Abfallvolumen beträgt 369,5 m3. Die Zwischenlagerzeit des Abfalls wird mit 50 Jahre angenommen. Die auf sein Volumen bezogene Wärmeproduktion des Abfalls wird nach [Wallner et al. 2005] mit P P P P Q = a0 exp(−b0 (t − t 0 )) + a1 exp(−b1 (t − t 0 )) angesetzt, wobei t0 den Zeitpunkt der Abfallkonditionierung darstellt und die Parameter durch B B W , b0 = 0,02353191 a −1 3 m W a1 = 1,32385 3 , b1 = 0,00237893 a −1 m a0 = 32247,15 gegeben sind. Die Anfangstemperatur wird an der Erdoberfläche mit 6oC angesetzt und nimmt mit 0,0374 K m-1 in der Tiefe zu. Am unteren Rand wird eine Dirichlet-Randbedingung angesetzt, an den seitlichen adiabatische Randbedingungen. An der Erdoberfläche wird von einem konvektiven Wärmetransport ausgegangen, wobei der Wärmeübergangskoeffizient 200 W m-2 K-1 und die Lufttemperatur 6oC beträgt. Für die Wärmeleitfähigkeit λ und die spezifische Wärme cp des Wirtsgesteins werden nach [Wallner et al. 2005] die Ansätze P P P P P P P P B P P B λ = c1 + c 2T 1 + c 0T und c p = d 0 + d1T mit den Parametern aus Tab. 3-17 verwendet. Tab. 3-17: c0 B B Koeffizienten der Wärmeleitfähigkeit und der spezifischen Wärmekapazität [K-1 ] P P -1 –1 [W m K ] c2 -1 B B B [J kg-1 K-1] 840,064 3,36814 d1 -1 0,98770 B c1 B 0,02162 d0 P P P [W m ] P P P B B P P P [J kg ] B P P P 0,03747 Für das Materialgesetz des Wirtsgesteins werden ein rein elastischer und ein Plastizitätsansatz nach Hœk-Brown verwendet. Die mechanischen Eigenschaften der Kluft werden mit dem Mohr-Coulomb-Ansatz modelliert. Detaillierte Informationen zu den verwendeten Stoffgesetzen können [Billaux 2007b] entnommen werden. Abb. 3-31 stellt beispielhaft die sich ergebende thermisch bedingte Verschiebung längs der Kluft dar. TEC-13-2008-AB 81 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Abb. 3-31: Thermisch bedingte Verschiebung entlang der Kluft in 3D Bei den durchgeführten 2D-Simulationen hängt das Auftreten einer abrupten Verschiebungen (Scherbewegung) entlang der Kluft allein von den Haftungs- und Reibungseigenschaften der Kluft ab. Die mechanischen Eigenschaften des Wirtsgesteins beeinflussen im Wesentlichen nur den Zeitpunkt, zu dem das Ereignis eintritt. Bei den dreidimensionalen Rechnungen lässt sich das Scherverhalten über vier Parameter näher klassifizieren. Dies sind der Zeitpunkt t0 und die Verschiebungsweite s0 der plötzlich auftretenden Scherungen, die totale Verschiebungsweite s1 der Scherbewegung und die Dauer t1 des stetigen Verschiebungsprozesses. Hohe Reibung führt zu einer kleineren Verschiebungsweite sowohl des abrupten als auch des gesamten Gleitens, hohe Haftung zu einer größeren Amplitude des abrupten Gleitvorganges. Details zu den Berechnungen und Annahmen können [Billaux 2007b] entommen werden. B B B B Tab. 3-18: B B B B Klassifikation des Scherverhaltens an der Kluft Reibungs winkel ( 10° ) P ( 30° ) P P P Haftung (Kohäsion) ( 10 MPa ) ( 30 MPa ) t0 = 5 a, s0 = 2 cm t1 = 60 a, s1 = 30 cm t0 = 20 a, s0 = 10 cm t1 = 40 a, s1 = 30 cm B B B B B B B B B B B B B B B B t0 = ?, s0 = 1 mm t1 = 50 a, s1 = 10 cm t0 = 20 a, s0 = 1 cm t1 = 25 a, s1 = 10 cm B B B B B B B B B B B B B B B B Die in Tab. 3-18 angegebenen Parameter sind nicht als exakte Simulationsergebnisse sondern als Klassifikationswerte zu verstehen. Die sich im modellierten Gebirgsausschnitt TEC-13-2008-AB 82 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse ergebenden Verschiebungen sind in ihrem Betrag für die vier Klassifikationsfälle in Abb. 3-32 und Abb. 3-33 zum Simulationszeitpunkt von 100 a dargestellt. Abb. 3-32: Verschiebungsfeld des Gebirgsausschnitts nach 100 a Simulationszeit bei einem Kluftverhalten „geringe Haftung/geringe Reibung“ (links) sowie „geringe Haftung/hohe Reibung“ Abb. 3-33: Verschiebungsfeld des Gebirgsausschnitts nach 100 a Simulationszeit bei einem Kluftverhalten „hohe Haftung/geringe Reibung“ (links) sowie „hohe Haftung/hohe Reibung“ 3.4.1.3 Risikobewertung Inwieweit die sich aus den oben genannten Berechnungen ergebende maximal zulässige Kluftverschiebung unter den gegebenen Erdbebenbedingungen im Untersuchungsgebiet zu einem Risiko führt, wird im folgenden diskutiert. Aus der Literatur sind eine Reihe von Untersuchungen bekannt, in denen Erdbebenparameter wie beispielsweise die Magnitude in Beziehung zu oberflächich erkennbaren geologischen Strukturen wie z. B. Störungszonen gesetzt werden. In Arbeiten von [Coppersmith & Youngs 1992] und [Wells & Coppersmith 1994] können detaillierte Untersuchungen zu die- TEC-13-2008-AB 83 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse sem Thema gefunden werden. Letztere haben aus weltweit über 420 gut dokumentierten starken Erdbeben mit einer Magnitude von >4,5 eine Datenbasis erstellt, aus der sie mathematisch beschreibbare Beziehungen z. B. zwischen Magnitude, Länge und Tiefe oberflächiger und untertägiger Gesteinsverschiebungen abgeleitet haben. Abbildungen, die diese Beziehungen zusammen mit den Regressionsgleichungen zeigen, wurden der Arbeit von [Wells & Coppersmith 1994] entnommen und sind im Folgenden dargestellt (Abb. 3-34 bis Abb. 3-37). Die jeweils linken Abbildungen zeigen eine Regression über alle Messwerte, während die rechten Abbildungen gesonderete Regressionen für unterschiedliche Verschiebungsarten zeigen. Abb. 3-34: Beziehung zwischen Magnitude und untertägiger Längserstreckung der Gesteinsverschiebung [Wells & Coppersmith 1994] Abb. 3-35: Beziehung zwischen Magnitude und oberflächiger Längserstreckung der Gesteinsverschiebung [Wells & Coppersmith 1994] TEC-13-2008-AB 84 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Abb. 3-36: Beziehung zwischen Magnitude und maximalerer Gesteinsverschiebung [Wells & Coppersmith 1994] Abb. 3-37: Beziehung zwischen maximaler Gesteinsverschiebung und oberflächiger Längserstreckung der Verschiebung [Wells & Coppersmith 1994] Aus den angegebenen Regressionsbeziehungen kann man mit einem Vertrauensintervall von 95% sowohl die Magnitude als auch die oberflächige und untertägige Erstreckung der Gesteinsverschiebung bestimmen, die mit einer maximalen Gesteinsverschiebung von 0,16 m einhergeht (Gl. 1 und 2) M = 6,69 + 0,74 log(MD) M = 4,38 + 1,49 log(RLD) Log (SRL) = 1,43 + 0,56 log(MD) TEC-13-2008-AB 85 (1) (2) (3) FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse mit: M MD SRL RLD Moment Magnitude Maximal zulässige Gesteinsverschiebung / m Oberflächige Erstreckung der Gesteinsverschiebung / km Untertägige Erstreckung der Gesteinsverschiebung / km Unter Ansatz der Gleichungen (1) bis (3) erhält man für die notwendige Magnitude einen Wert von 6,1 also einen vergleichsweise hohen Wert, für die untertägige Erstreckung der Gesteinsverschiebung einen Wert von ca. 14 km und für die an der Oberfläche sichtbare Erstreckung der Verschiebung ca. 4 km. Betrachtet man die Größe der Ausdehnung solcher Störungszonen, so wird deutlich, dass diese im Rahmen einer Erkundung kaum unentdeckt bleiben werden. Es bedeutet aber auf der anderen Seite auch, dass man bei der Kartierung bzw. Vermessung von Störungszonen eine entsprechende Sorgfalt walten lassen muss, um in der Lage zu sein, den Bereich derartiger Störungszonen für die Einlagerung zu meiden. Betrachtet man die notwendige Magnitude von 6,1, so wird bei einem Blick auf die Erdbebenkarte mit Daten aus den letzten 200 Jahren (Abb. 3-38) deutlich, dass im Umfeld des geplanten Endlagers nur ein einziges Beben dieser Stärke beobachtet wurde und das liegt knapp 200 km südlich des Untersuchungsgebietes. TEC-13-2008-AB 86 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Abb. 3-38: Verteilung und Stärke der Erdbeben im Großraum Krasnojarsk innerhalb der letzten 200 Jahre ([Shebalin & Leydecker 1997] aus SSR-Katalog, ISC-Katalog aus [ISC-Bulletin 2001]). Entfernung von primären Verwerfungen zu Klüften des Untersuchungsgebietes Aus Energiegründen (eine Zusammenstellung der empirischen Daten findet sich in [La Pointe et al. 1997]) können sich nur primäre Verwerfungen mit einer Längserstreckung >3 km um mehr als 0,1 m verschieben Bei einer Länge von 3 km (angenommene Breite 10-50 m) ist es zwar wahrscheinlich, aber man kann nicht garantieren, dass all diese Störungszonen während der obertägigen Standorterkundung entdeckt werden. Zonen mit einer Breite <5 m sind während der obertägigen Standorterkundung definitiv nur schwer zu entdecken. Für die Reaktivierung ist es jedoch wahrscheinlich, dass die Entfernungen der primären Verwerfungen zu den zu untersuchenden Klüften im Bereich der Behälter mehr oder weniger auf den Untersuchungsergebnissen der Standorterkundung basieren. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass während der untertägigen Erkundung und des Baus des Endlagers weitere Kluftzonen lokalisiert werden und dass die primären Verwerfungen subhorizontal verlaufen können. Es ist möglich zu schätzen, bis zu welcher Entfernung von einem geplanten Endlager Erkundungen durchgeführt werden müssen, um Verwerfungen zu identifizieren, die größer als TEC-13-2008-AB 87 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse 3 km sind und Probleme bereiten könnten. [Coppersmith & Youngs 2000] haben Ergebnisse von Feldforschungen zusammengetragen über die Verschiebung von sekundären Verwerfungen in Abhängigkeit von der Verschiebung entlang einer primären Verwerfung nach großen Erdbeben in der Basin and Range Province im Westen der USA. Sie fanden heraus, dass die Beziehung zwischen dem Verhältnis von Primär- zu Sekundärverschiebung und der Entfernung zwischen der primären und einer sekundären Verwerfung sehr gut durch eine Gamma-Verteilung ausgedrückt werden kann. Ob sich dieses Modell auf die Seismizität in Krasnojarsk übertragen lässt, ist unbekannt. Setzt man dies jedoch voraus, ist es möglich, die minimale Größe der zu untersuchenden Gebiete abzuschätzen, um Primärverwerfungen zu entdecken und zu beschreiben. Wenn ein Schwellwert für Sekundärverschiebung festgelegt ist, z. B. 0,16 m, wie aus obigen Berechnungen bestimmt, gibt dieses Modell in Abhängigkeit von der Entfernung den Wert der Sekundärverschiebung wieder, der erforderlich wäre, um diesen Schwellwert zu erzeugen. [Wells & Coppersmith 1994] haben außerdem Tabellen veröffentlicht, die statistisch signifikante Beziehungen zwischen der Länge einer an der Oberfläche erkennbaren Verwerfung, Magnitude und maximaler Verschiebung darstellen. Mit Hilfe der zweiten Tabelle kann man die Primärverschiebung mit der Länge der Oberflächenstörungslinie und der Erdbeben-Magnitude in Beziehung setzen (Abb. 3-39). Kombiniert man diese beiden Tabellen, kann man die minimale Erkundungsentfernung ermitteln, die zur Charakterisierung primärer Verwerfungen erforderlich ist. Unter Annahme eines größtmöglichen Erdbebens lassen sich mit Hilfe der Tabelle maximale Erkundungsentfernungen ermitteln. Maximale Entfernungen für die Magnituden 7,0; 7,5; 8,0; 8,5 und 9,0 sind in Tab. 3-19 dargestellt [Bäckblom et al. 2004]. Tab. 3-19: Maximale Erkundungsentfernung, geschätzt anhand Feldforschungen (geändert nach [Bäckblom et al. 2004]) von Daten aus BV = Blattverschiebung, I = Inverse Verwerfung, N = Normale Verwerfung, M = Mittelwert für alle Verwerfungstypen Erdbeben-Magnitude BV I N M Erwartete max. Verschiebungen (m) Erwartete (km) BV BV I N M Oberflächenerstreckung I N M 7,0 7,0 7,0 7,0 1,51 1,55 2,14 1.91 42,7 35,5 30,9 40.7 7,5 7,5 7,5 7,5 4,95 2,16 5,96 4.90 100,0 73,3 55,0 90.2 8,0 8,0 8,0 8,0 16,22 3,02 16,60 12.59 234,4 151,4 97,7 199.5 8,5 8,5 8,5 8,5 53,09 4,22 46,24 32.36 549,5 312,6 173,8 441.6 9,0 9,0 9,0 9,0 173,78 5,89 126,82 83.18 1288,2 645,7 309,0 977.2 Verhältnis Sekundär- zu Primärverschiebung für 0,16 m Schwellwert Notwendiger Erkundungsradius (km) BV I N M BV 0,10596026 0,10322581 0,07476636 0,08376963 7,70 0,03232323 0,07407407 0,02684564 0,03265306 0,00986436 0,05298013 0,00963855 0,00301375 0,03791469 0,0009207 0,02716469 N M 7,83 8,47 8,30 10,41 8,49 10,71 10,24 0,0127085 12,80 9,28 12,80 12,16 0,00346021 0,00494438 15,04 9,91 14,72 14,08 0,00124204 0,00192354 17,29 10,72 16,65 15,84 TEC-13-2008-AB 88 I FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Diese Tabelle lässt sich mit Hilfe der von [Wells & Coppersmith 1994] veröffentlichten Regressionsgleichungen berechnen, die die Erdbebenmagnitude mit der maximalen Primärverschiebung und Oberflächenstörungslänge in Abhängigkeit von der Verschiebungsart in Beziehung setzen. Ein Erdbeben der Stärke 7,5 mit Blattverschiebung hätte z. B. eine maximale Primärverschiebung von 4,95 m und eine Oberflächenstörungslänge von 100 km zur Folge. Der untere Teil der Tabelle errechnet sich aus [Coppersmith & Youngs 2000]. Das Verhältnis ergibt sich durch Division des Schwellenwertes für Sekundärverschiebung (0,16 m) durch die erwartete maximale Primärverschiebung, z. B. 0,16/4,95 = 0,032. Mit Hilfe der von [Coppersmith & Youngs 2000] veröffentlichten Gammaverteilung, die das Verhältnis von Sekundär- zu Primärverschiebung in Abhängigkeit von der Entfernung in Beziehung setzt, lässt sich die maximal notwendige Erkundungsentfernung ermitteln. Die Tabelle zeigt, dass selbst bei einer Erdbebenstärke von 9,0 die maximale Erkundungsentfernung nicht größer als ungefähr 18 km wäre. Wenn also alle großen Verwerfungen (mit einer Störungslinienlänge von mehr als etwa 30 km) im Umkreis von ca. 20 km des Endlagers entdeckt worden sind, dann ist der Standort gemäß dieser Beziehungen ausreichend charakterisiert, was die Sekundärverschiebung aufgrund von Erdbeben anbelangt. Abb. 3-39: Skizze zur Distanzabhängigkeit von Primär- und Sekundärklüften und Verschiebungen auf letzteren Eine interessante logische Konsequenz ist, dass wenn keine Verwerfungen mit Oberflächenlinien von mehr als 30 km Länge im Umkreis von etwa 20 km vom Standort entdeckt werden, die Wahrscheinlichkeit für Sekundärverschiebungen entlang Verwerfungen oder Klüften, die die Behälterbohrlöcher durchkreuzen, äußerst gering ist. 3.4.2 Bufferintegrität (Gasdruck auf geotechnische Barrieren) Die Gasentwicklung im Endlager kann, falls ein kritischer Gasdruck erreicht wird, zur Rissbildung in den geotechnischen Barrieren beitragen und dadurch deren Sicherheitsfunktion TEC-13-2008-AB 89 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse beeinträchtigen. Im Vordergrund der durchgeführten Untersuchungen steht die durch Korrosion der Einlagerungsbehälter und durch thermische Expansion verursachte Gasdruckentwicklung. Das an der Behälteroberfläche entstehende Gas liegt entweder als eigene strömende Phase vor oder es wird entsprechend den Druckverhältnissen im Porenwasser gelöst, wo es durch den Prozess der Gasdiffusion transportiert wird. Diese Vorgänge werden von den herrschenden Temperaturverhältnisse wesentlich beeinflusst. In der hier durchgeführten Modellierung wird jedoch das mechanische Verhalten des Wirtsgesteins und der technischen Barrieren nicht berücksichtigt, ebenso wenig wie der Einfluss der Temperatur und des Sättigungsgrades auf petrophysikalische Eigenschaften. Das betrachtete Konzept geht von einer Bohrlochlagerung in 18 m tiefen Einlagerungsbohrlöchern im kristallinen Gestein aus. Die Abfallbehälter werden in einem definierten Abstand voneinander in das Bohrloch eingebracht. Die einzelnen Behälter sind von einem Sandbett und anschließend vom Bentonitpuffer umgeben. Der Sand dient als Hitzeverteiler und wird auch als heat spreader bezeichnet. Der Abschnitt des Bohrlochs, der vom Deckel des obersten Behälters bis zum Boden des untersten reicht, ist der thermisch aktive Teil des Bohrlochs. Die für das Modell relevanten Abmessungen der Anordnung sind in Tab. 3-20 aufgeführt. Tab. 3-20: Modellierungsrelevante Abmessungen Bohrlochlänge Länge des thermisch aktiven Teils Bohrlochabstand Behälterdurchmesser Behälterlänge Behälterzahl Behälterwandstärke Dicke der Sandschicht Dicke des Bentonitpuffers [m] [m] [m] [m] [m] Anzahl pro Bohrloch [m] [m] [m] 18,0 15,0 30,0 0,45 1,0 6 0,007 0,25 0,40 Entsprechend der Konfiguration wird die Gesamtbohrlochlänge in die aktive Bohrlochlänge von 15 m, den Bohrlochstopfen von 2,0 m und die Fußplatte von 0,5 m unterteilt. Der Behälterabstand ergibt sich aus einer gleichmäßigen Verteilung der 6 Behälter auf die aktive Bohrlochlänge, woraus ein Behälterabstand von 1,8 m folgt. Der Bohrlochdurchmesser ergibt sich aus dem Behälterdurchmesser sowie der Dicke der Sandschicht und des Bentonits zu 1,75 m. In der Modellierung wird davon ausgegangen, dass zwischen Behälterwand, Sand, Bentonit und Wirtsgestein keine Zwischenräume auftreten, die den Fluidstrom oder die Wärmeausbreitung beeinflussen. Die Teufe der oberen Grenze des Modellgebietes wird mit 650 m angesetzt. Die Simulation berücksichtigt die Zylindersymmetrie des Modells. Abb. 3-40 zeigt einen Ausschnitt des Modellgebiets, der die Abfolge von Behälter, Hitzeverteiler, Puffer und Wirtsgestein darstellt. Die nummerierten Zellen an den Grenzflächen benachbarter Medien dienen als Vergleichspunkte von Simulationsergebnissen. TEC-13-2008-AB 90 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse 23 1 5 4 Abb. 3-40: Diskretisierungsgitter des Modellgebietes mit Behälter, Hitzeverteiler, Puffer und Wirtsgestein. Die nummerierten Zellen befinden sich am vierten Behälter. Es wird ein Bohrloch betrachtet, in das je zur Hälfte HAW-Kokillen und solche der Cs/SrFraktion eingelagert sind. Im Referenzfall wird eine anfängliche Wassersättigung von 100% im Modellgebiet angesetzt. Die Berechnung des Druckaufbaus wurde mit dem um das Modul EWASG (Equation of State for Water, Salt and Gas) erweiterten Programm TOUGH2 durchgeführt (vgl. Kapitel 3.3.1.4). Die relative Permeabilität der flüssigen Phase kr,l wird nach dem van Genuchten-MualemAnsatz gemäß B kr ,l 1 m⎞ ⎛ ⎛ ⎞ = S l ⎜1 − ⎜1 − S *l m ⎟ ⎟ ⎜ ⎝ ⎠ ⎟⎠ ⎝ 1 *2 B 2 mit S *l = S l − S r ,l 1− S r ,l modelliert, wobei Sl die tatsächliche und Sr,l die residuale Sättigung der flüssigen Phase bezeichnet. Der Parameter m wird im gesamten Gebiet mit 0,45 angesetzt. B B B B Die Korrosionsrate q& wird in Abhängigkeit von der Temperatur T durch einen Ansatz ⎛ τ⎞ q& = a exp⎜ − ⎟ ⎝ T⎠ modelliert, wobei a und τ Modellparameter sind. Abb. 3-41 stellt Daten zum Korrosions-verhalten aus unterschiedlichen Quellen gegenüber [Alkan & Müller 2007]. Die in der Simulation verwendeten Korrosionsmodelle verwenden den Parameter τ = 1360,5 K. Im Referenzfall wird der Parameter a mit 50 µm a-1 (Korrosionsmodel 1) und in der Variation mit 100 µm a-1 (Korrosionsmodel 2) angesetzt. T T T T TEC-13-2008-AB P T T P TP TP 91 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Abb. 3-41: Daten zur Behälterkorrosion und verwendete Korrosionsmodelle Für die vom Abfall abgegebene Wärmeleistung wird vom arithmetischen Mittel der Wärmeleistung beider betrachteten Abfallarten ausgegangen. Ein Vergleich mit den mit FLAC3D berechneten Auslegungsrechnungen in [Wallner et al. 2005] zeigt, dass die thermischen Verhältnisse damit für diesen Zweck ausreichend abgebildet werden können, wie Abb. 3-42 für zwei Vergleichsstellen zeigt. Abb. 3-42: Vergleich des Temperaturverlaufs mit Ergebnissen aus [Wallner et al. 2005] TEC-13-2008-AB 92 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Tab. 3-21: Anfangsbedingungen Referenzteufe [m] Temperatur auf Referenzteufe [°C] Hydraulischer Druck (Referenzteufe) [MPa] 650,0 Wassersättigung [-] 29,5 Temperaturgradient 1,0 -1 [K m ] P 0,037 P -1 7,8 Druckgradient [MPa m ] 0,011 Sand 2000,0 0,70 1000,0 0,20 10-17 1 102 0,45 Abfallmatrix 8000,0 1,2 920,0 -21 10 - P P Tab. 3-22: Modellparameter Parameter Dichte Wärmeleitfähigkeit Spez. Wärmekapazität Porosität Permeabilität Gaseindringdruck Maximale Saugspannung m (van Genuchten) Einheit [kg m-3] [W m-1 K-1] [J kg-1 K –1] [-] [m2] [MPa] [MPa] [-] P P P P P P P P P P P P Wirtsgestein 2180,0 2,35 950,0 0,01 10-20 1 102 0,45 P P P P Bentonit 2180,0 1,70 1050,0 0,05 10-18 5,91 104 0,45 P P TP P PT P P P P P P P Für den Referenzfall ist in Abb. 3-43 der Druck- und Temperaturverlauf in Zelle 3 des Modellgitters gegenübergestellt. Wesentlichen Einfluss hat die thermische Expansion des Gases im porösen „heat spreader“. Sie bedingt in der Anfangsphase den Druckanstieg auf 15 MPa. Trotz der korrosionsbedingten Gasentwicklung nimmt der Druck innerhalb von 2 Jahren auf 3 MPa ab, um sich langfristig auf diesem Niveau zu stabilisieren. Dies bedeutet, dass die eigentliche Gasbildung durch Korrosion so gut wie keinen Einfluss auf den Druckaufbau hat. Abb. 3-43: Druck- und Temperaturverlauf im Referenzfall am Übergang vom Hitzeverteiler zum Puffer auf Höhe des vierten Behälters (Zelle 3) 1 Der Gaseindringdruck im Bentonit wird in Abhängigkeit der Permeabilität nach [Pusch 1987] bestimmt. TP PT TEC-13-2008-AB 93 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Eine Variation der Gasdiffusion hat keinen signifikanten Effekt auf den Druck. Ebenso führt die Simulation mit einer erhöhten Korrosionsrate nicht zu einem wesentlichen Anstieg des Drucks, allerdings steigt die Gassättigung, wie Abb. 3-44 demonstriert. Abb. 3-44: Gassättigung nach 100 Jahren im Referenzfall (links) und bei erhöhter Korrosion (Korrosionsmodell 2, rechts) Entscheidend für das Druckmaximum ist jedoch die Permeabilität der durchströmten Formationen, wie Abb. 3-45 für die Variation der Bentonitpermeabilität und Abb. 3-46 für die Variation der Wirtsgesteinspermeabilität zeigt. Die Berücksichtigung von Auflockerungszonen oder Klüften im Wirtsgestein führt ebenfalls zu einer signifikanten Absenkung des maximalen auftretenden Drucks. Abb. 3-45: Druckverlauf in Zelle 3 bei unterschiedlichen Permeabilitäten des Bentonits TEC-13-2008-AB 94 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Abb. 3-46: Einfluss der Permeabilität des Wirtsgesteins auf den Druck in Zelle 3 Wesentlich für den Druckaufbau in der Anfangsphase ist auch der Anfangswert der Gassättigung. Durch seine hohe Kompressibilität verhindert Gas den extremen Anstieg des Drucks in der Anfangsphase, gegenüber dem anfangs gasfreien Referenzfall, wie in Abb. 3-47 zu sehen. Abb. 3-47: Druckverkauf in Zelle 3 unter Variation der Anfangsgassättigung TEC-13-2008-AB 95 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Grundlagen zur Sicherheitsanalyse Wesentliche Ergebnisse der numerischen Berechnungen zur Gasdruckbildung und der Parametervariationen lassen sich wie folgt angeben und bewerten: • • • • • In der Anfangsphase, also kurz nach Einlagerung der Behälter, wird die Gasdruckentwicklung ganz erheblich von der thermischen Expansion des Gases, das sich im porösen „heat spreader“ befindet, bestimmt. Im Laufe der folgenden Jahre baut sich der entstandene Druck langsam auf einen stabilen Wert ab. Der Druckabbau findet im Wesentlichen durch Diffusion statt. Eine Verminderung der Gasdiffusion um eine halbe Größenordnung führt nicht zu signifikanten Unterschieden im Druckverhalten. Sehr entscheidend für die Druckentwicklung ist die Permeabilität des Bentonits. Hat er eine zu geringe Durchlässigkeit, ist es nicht auszuschließen, dass es zu einem Druckaufbau kommt, der eine Rissbildung im Bentonit und damit eine Gefährdung seiner Isolationseigenschaft kommt. Auch die Permeabilität des Wirtsgesteins ist signifikant für die Druckentwicklung. Der entstehende Druck ist bei erhöhter Permeabilität niedriger. Dies gilt auch für eine erhöhte Permeabilität im begrenzten Bereich der Auflockerungszone. Klüfte im Wirtsgestein führen zu einer weiteren Abnahme des Drucks. Die Gasdruckbildung durch Korrosion wird erst in späteren Jahren wirksam, wenn die Druckentwicklung durch thermische Expansion sich bereits stabilisiert hat. Bedingt durch die geringe Gasbildungsrate hat sie aber keinen signifikanten Einfluss auf die Druckentwicklung. Eine Erhöhung der Gasbildungsrate (um eine halbe Größenordnung) führt zu einer höheren Gassättigung, jedoch nicht zu signifikant höheren Drücken. Es bleibt festzuhalten, dass die Permeabilität und der initiale Sättigungsgrad des Bentonits den größten Einfluss auf die Gasdruckentwicklung haben und im Gegensatz zu den Permeabilitäten des Wirtsgestein inklusive EDZ und Klüften sind diese Größen im Zuge der Endlagerauslegung planbar. Aus Sicht der Gasdruckentwicklung sollten diese Aspekte bei der Auslegung der Bentonitbarriere, z. B. zur Planung des Kompaktionsgrades, berücksichtigt werden, um Gefährdungen zu vermeiden. Dies ist im Rahmen der Erstellung eines „Safety Case“ nachzuweisen. TEC-13-2008-AB 96 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit 4 Analyse der Wirksamkeit einzelner Barrierekomponenten Die nachfolgend vorgestellten Modellberechnungen zur Wirksamkeit der verschiedenen Komponenten des Mehrbarrierensystems bei der Radionuklid-Rückhaltung und bei der Sicherstellung einer langzeitsicheren HAW-Endlagerung wurden für zwei grundsätzlich unterschiedliche Wirtsgesteinstypen bzw. Modellvarianten durchgeführt. Ausgehend vom derzeitigen Kenntnisstand zum geologischen Tiefenbau des Gebietes Jenisejskij ([Gupalo et al. 2004a], siehe auch Kap. 3.1) muss im Augenblick davon ausgegangen werden, dass im von russischer Seite bevorzugten SW-Teil des Gebietes im geplanten Einlagerungsniveau sowohl hochmetamorphe Metamorphite (proterozoische Biotitgneise des Isaevsker Komplexes) als auch basische Gesteinskörper unklarer Genese und Altersstellung angetroffen werden können. Um diesen Umstand mit möglicherweise weitreichenden Konsequenzen für die Endlagerauslegung und das Endlagerkonzept in den Berechnungen zu berücksichtigen, wurde entschieden, alternativ die Modellvarianten „Granitgneis“ und „Basalt“ zu postulieren und in ihren langzeitsicherheitlichen Konsequenzen gegenüberzustellen. Dabei ist zu beachten, dass beide Modellfälle am Standort Jenisejskij möglich sind, aber in Ermangelung konkreter standortbezogener Untersuchungsbefunde die den Berechnungen zugrunde gelegten Wirtsgesteinsparameter nicht typisch für den Standort sein könnten. Eine deutliche Abweichung von den hier benutzten Modellparametern könnte signifikante Änderungen der Simulationsergebnisse zur Folge haben. Für die Modellvariante „Granitgneis“ wurden vor allem Daten der Granitoide des Nischnekansker Granitmassives herangezogen [Wallner et al. 2005]. Die Berechnungen für die Modellvariante „Basalt“ basieren infolge des fast vollständigen Fehlens von Untersuchungsergebnissen zu den basischen Gesteinen im Untergrund des Jenisejskij-Gebietes vordergründig auf Angaben zu den basischen Gesteinen des potenziellen Endlagerstandortes Majak im Südural [Wallner et al. 2005]. Die Rechnungen wurden mit Parametergrößen durchgeführt, deren Bandbreiten aus heutiger Sicht am wahrscheinlichsten sind. Die im Folgenden beschriebenen Ergebnisse der Modellierungen zur Langzeitsicherheitsanalyse des geplanten Endlagers beruhen aufgrund der gemachten Annahmen weitgehend auf relativ allgemeinen generischen Daten, so dass die Modellrechnungen daher lediglich eine Methodik aufzeigen, wie eine Sicherheitsbetrachtung durchgeführt werden kann. Für eine belastbare Sicherheitsanalyse wäre es notwendig, einen potenziellen Endlagerbereich festzulegen, die benötigten Daten am Standort zu erheben und diese im Sicherheitsnachweis zu verwenden. Die Rechnungen wurden mit Parametergrößen durchgeführt, deren Bandbreiten aus heutiger Sicht am wahrscheinlichsten sind. Im Rahmen der Simulationen wurde der Ausbreitungspfad der Radionuklide zwischen dem hypothetischen Endlager und dem Eintritt in die Biosphäre betrachtet. Dies erfolgte mit Hilfe der Emos-Programme CLAYPOS 3.01lx_ifort, CHETMAD 3.1_ifort und EXMAS 2.1_ifort genutzt. Die Statistischen Analysen wurden mit den Programmen STATIST 2.0ifort und STATOUT 105-lx durchgeführt. 4.1 Großräumiges Strömungsfeld und Profilerstellung Zunächst wurde ein dreidimensionales Strömungsmodell erzeugt, mit dem das regionale Grundwasserregime anhand einer Grundwassergleichenkarte dargestellt werden kann. Dazu TEC-13-2008-AB 97 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit wurde auf die von der BGR erstellten topographische Karte sowie auf Tiefenlinienpläne einzelner geologischer Einheiten zurückgegriffen, welche auf der Basis geoelektrischer Daten abgeleitet wurden. Es wird davon ausgegangen, dass es sich bei den aus geoelektrischen Profilen generierten Tiefenlinienplänen um Grenzen unterschiedlich stark geklüfteter bzw. verwitterte Gesteine handelt, vgl. Kapitel 3.1. Dabei wird postuliert, dass die 1000 ΩmOberfläche die Grenze zwischen oberflächennaher Verwitterungszone und aufgelockertem, jedoch schwächer verwittertem Festgestein markiert. Die verwendeten Geoelektrikdaten wurden noch nicht durch andere Untersuchungen bestätigt. Daher ist das vorliegende hydrogeologische Strukturmodell mit entsprechenden Unsicherheiten behaftet. Abb. 4-1 zeigt die Gebiete, die unter Berücksichtigung der zurzeit vorliegenden geologischgeophysikalischen Daten in Form der 1000 Ωm- und 3000 Ωm-Tiefenlinienpläne (pot. Endlagergebiet2), bzw. des 5000 Ωm-Tiefenlinienplans (pot. Endlagergebiet) für potenzielle Endlagergebiete in Frage kommen können, vgl. Kapitel 3.1. Aufgrund ihrer Ausdehnung sind nur diejenigen im nördlichen und nordwestlichen Untersuchungsgebiet geeignet ein Endlager aufzunehmen. Die Strömungsmodellierung wurde daher lediglich für den nördlichen Bereich des Gebietes durchgeführt. Als südliche Modellgrenze dient die Grundwasserscheide. Legend pot endlagergebiet pot endlagergebiet2 raster_gok Wert Hoch : 457 Niedrig : 263 Abb. 4-1: Topographische Karte mit potenziellen Endlagergebieten Abb. 4-2 zeigt die berechneten Grundwassergleichen. Auf der Grundlage des regionalen Strömungsverlaufs wurden Profilschnitte entlang einer Strömungslinie für die Erstellung eines zweidimensionalen geologischen Strukturmodells erzeugt, vgl. Kapitel 4.2. Die Lage der gewählten Profilschnitte ist in Abb. 4-2 mit dargestellt. Da jedoch lediglich das Gebiet im Abstrombereich des Profilschnitts 2 für eine tiefe Endlagerung in Frage kommt, siehe Kapitel 3.1 und Untersuchungsergebnisse in nördlicher Fortsetzung des Gebietes Jenisejskij fehlen, wurde auf die Erstellung eines zweidimensionalen Strömungsmodells verzichtet. Stattdessen wurden probabilistische Berechnungen zur Analyse der Langzeitsicherheit und der möglichen Strahlenexposition für einen generischen Profilschnitt in Anlehnung der vorhandenen TEC-13-2008-AB 98 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit Daten durchgeführt. Modellaufbau und Ergebnisse von diesen werden im Folgenden vorgestellt. raster_gok Wert High : 457 Low : 263 Abb. 4-2: 4.2 Topographische Karte mit den Grundwassergleichen und auf der Grundlage vorhandener geoelektrischer Messungen und Auswertungen erstellte Profillinien im Gebiet Jeniseiskij Modellrechnungen zur Abschätzung der Behälterausfallfunktion Ein Endlager für radioaktive Abfälle ist von einer technischen, geotechnischen sowie geologischen Barriere umgeben. In Abhängigkeit von seinen hydraulischen Eigenschaften wird dem Wirtsgestein eine unterschiedliche Relevanz im Hinblick auf die Verzögerung des in das Grubengebäude eindringenden Wassers sowie auf die Höhe des dadurch induzierten Radionuklidaustrags beigemessen. Im Festgestein werden die Standorterkundung und damit auch ein hinreichender Nachweis der Sicherheit des Endlagers durch seinen im Allgemeinen häufig heterogenen und anisotropen Aufbau erschwert. Von der geologischen Barriere kann daher in diesem Gesteinstyp weniger Kredit genommen werden als im Salz- oder Tongestein. Der Schwerpunkt des Sicherheitskonzepts für ein Endlager im Festgestein liegt daher bei den technischen Barrieren und dabei vor allem auf der Lebensdauer der Behälter. Das in einem Abfallgebinde enthaltene Radionuklidinventar kann nur dann in größerem Rahmen freigesetzt werden, wenn die Behälter ausfallen, die Radionuklide aus der Abfallmatrix freigesetzt und mit dem Grundwasser abtransportiert werden. Das Versagen eines Behälters kann sowohl durch Korrosion als auch durch mechanische Einflüsse wie zum Beispiel tektonische Ereignisse hervorgerufen werden, siehe Kapitel 3.4. Da Korrosion nur im TEC-13-2008-AB 99 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit Zusammenhang mit Wasser auftreten kann, ist die Wahrscheinlichkeit eines frühen Behälterausfalls durch Korrosion umso größer, je früher dieser mit Wasser in Kontakt kommt. Im Folgenden soll daher ein Teilbereich des Grubengebäudes mit Bohrlöchern in einem Modell nachgebildet und das Eindringen von Grundwasser in diese Strukturen über eine hydraulisch durchlässige Kluft an der Firste des Grubengebäudes betrachtet werden. 4.2.1 Modellaufbau Für die Grubengebäudestruktur und die Bohrlochsymmetrie für die Endlagerung der stark Wärme entwickelnden Cs/Sr-Fraktion wurden die gleichen Annahmen getroffen wie im Projekt ASTER [Wallner et al. 2005]. Dabei wurde nur ein Ausschnitt der Überfahrungsstrecke mit drei Bohrlöchern zweidimensional modelliert. Die Höhe der Überfahrungsstrecke beträgt 6 m, die Entfernung zwischen den Bohrlöchern 30 m und die Bohrlochtiefe 18 m. Ein Bohrloch nimmt 6 Behälter auf, die einen Abstand von 1,8 m aufweisen. Der Behälterdurchmesser beträgt 0,45 m, die Behälterlänge 1 m. Ausführliche Angaben zur Endlagergeometrie sind in [Wallner et al. 2005] zusammengestellt. Die Wasserzuflussmenge aus einer im Hangenden zwischen den ersten beiden Bohrlöchern angesiedelten Kluft wurde zunächst gemäß der schweizerischen Studie "Gewähr" mit 4,2 [m3/a], d. h. 0,01 m3/d angenommen [Nagra 1985]. Anschließend wurden die Rechnungen mit einer Zuflussrate von 5,9 [l/min], d. h. 8,5 m3/d wiederholt. Dieser Wert stammt aus russischen Untersuchungen einer tektonischen Störungszone im Bereich der Untertageanlagen bei Schelesnogorsk [Gupalo et al. 2004b]. P P P P P P Es wird davon ausgegangen, dass die Bohrlöcher vollständig mit Bentonit verfüllt sind, vgl. Modellvariante 1 im Projekt ASTER [Wallner et al. 2005]. Die zwischen Bentonit und Gestein im Endlagerkonzept der DBE TECHNOLOGY vorgesehene „heat spreader“ Schicht wurde im Modell aufgrund ihrer geringen Mächtigkeit nicht gesondert berücksichtigt, sondern dem Bentonit zugeschlagen. Für das Grubengebäude wird eine Verfüllung mit einer GranitgrusBentonit-Mischung angenommen [SKB 2006]. Die Durchlässigkeiten für den Bentonit wurden aus [Kröhn 2004] und diejenigen des Verfüllmaterials aus [SKB 2006] übernommen. Für den Bentonit ergibt sich damit eine Bandbreite des Durchlässigkeitsbeiwertes von 5·10-11 m s-1 bis 9·10-14 m s-1, für das Verfüllmaterial von 1·10-6 m s-1 bis 1·10-11 m s-1. P P P P P P P P P P P P P P P P Es wurden sechs Szenarien definiert, deren Parameter innerhalb der gegebenen Bandbreiten variieren. Szenario 1 und Szenario 6 stehen für die minimale bzw. maximale Isolation von Grubengebäude und Bohrloch. Die übrigen Szenarien liegen dazwischen, siehe Tab. 4-1. TEC-13-2008-AB 100 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit Tab. 4-1: Angenommener Wasserzufluss in die Bohrlöcher für unterschiedliche Szenarien Kf-Strecke / Kkf-Bohrloch m s-1 P 4.2.2 P Szenario 1 1e-06/5e-11 Szenario 2 1e-08/5e-11 Szenario 3 1e-10/5e-11 Szenario 4 5e-11/5e-11 Szenario 5 5e-11/1e-11 Szenario 6 1e-11/9e-14 Ergebnisse Die Variationen des Durchlässigkeitsbeiwertes des Verfüllmaterials in dem Grubengebäude zeigen, dass dieser nicht nur Einfluss auf die Wasserauffüllgeschwindigkeit im Grubengebäude hat, sondern auch die Reihenfolge bestimmt, in der die Bohrlöcher aufgefüllt werden. Bei einer Zuflussrate von 8,5 m3/d erfolgt der erste Kontakt eines Behälters mit dem zutretenden Grundwasser je nach Durchlässigkeit des Verfüllmaterials nach 2 Jahren bzw. 1.370 Jahren, bei einer Zuflussrate von 0,01 m3/d verzögert sich dieser auf 126 Jahren bzw. auf mehr als 50.000 Jahre. Abb. 4-3 zeigt den prozentualen Anteil der Behälter, die in den verschiedenen Szenarien für die zwei unterschiedlichen Zuflussraten mit Wasser in Abhängigkeit der Zeit in Kontakt kommen. P P P TEC-13-2008-AB P 101 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Erreichte Behälter [% ] Analyse der Wirksamkeit Szenarien 1 bis 4 100 90 4 80 70 60 2 50 40 30 4 3 3 2 1 1 20 10 0 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 E r r e ic h te B e h ä lte r [% ] Zeit [Jahre] 100 Szenario 5 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 100 200 300 400 1298 1398 1498 1598 1698 E rreic hte B ehälter [% ] Zeit [Jahre] 100 Szenario 6 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1370 1870 2370 2870 3370 3870 4370 4870 5370 5870 6370 6870 Zeit [Jahre] 8,5 m3/d Abb. 4-3: 0,01 m3/d Wasserzuflussverhalten in den Bohrlöchern für unterschiedliche Szenarien In Abhängigkeit von dem Durchlässigkeitsunterschied zwischen der Verfüllung in Strecke und Bohrlöchern, der Lage der Kluft und damit des Wasserzutritts sowie der Zuflussrate werden Strecke und Bohrlöcher unterschiedlich aufgefüllt. Das Auffüllverhalten der Bohrlöcher und damit die Anzahl der vom Wasser erreichten Behälter lässt sich durch unterschiedliche mathematische Funktionen beschreiben, vgl. Abb. 4-4. TEC-13-2008-AB 102 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Erreichte Behälter [%] Analyse der Wirksamkeit 100 1 90 4 2 80 3 70 60 50 40 30 20 10 0 2 12 22 32 42 52 62 72 Zeit [Jahre] Abb. 4-4: Wasserauffüllung der Bohrlöcher für die Szenarien 1 bis 4 und entsprechende mathematische Funktionen Bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Durchlässigkeitsbeiwerten des Verfüllmaterials innerhalb des Grubengebäudes und der Bohrlöcher (Szenario 1, 2 und 6), so wird zunächst das gesamte Grubengebäude aufgefüllt. Die sich daran anschließende Auffüllung der Bohrlöcher erfolgt dann simultan, so dass ein linearer Zusammenhang zwischen der Anzahl der vom Wasser erreichten Behälter und der Zeit besteht. Ist dagegen der Durchlässigkeitsunterschied gering, so werden Strecke und Bohrlöcher simultan aufgefüllt. Je nach Durchlässigkeitsdifferenz, Lage der Kluft und der Zuflussrate dauert die Aufsättigung der Bohrlöcher unterschiedlich lange: − Aufgrund der recht schnellen Auffüllung der Strecke werden die Bohrlöcher in Szenario 3 schnell nacheinander aufgefüllt. Die Anzahl der im Verlauf der Zeit vom Wasser erreichten Behälter lässt sich daher annähernd mit einer Exponentialverteilung beschreiben. − In Szenario 4 ergibt sich durch eine identische Durchlässigkeit der Verfüllung von Bohrloch und Strecke, sowie durch die Kluftlage eine simultane Auffüllung der ersten beiden Bohrlöcher. Die Auffüllung des dritten Bohrlochs findet verzögert statt. Die Beziehung zwischen der Anzahl der im Verlauf der Zeit vom Wasser erreichten Behälter lässt sich annähernd durch ein Polynom dritten Grades beschreiben. − In Szenario 5 erfolgt die Auffüllung der Bohrlöcher ebenfalls nacheinander, jedoch verläuft die Aufsättigung der Strecke aufgrund des geringeren Durchlässigkeitsbeiwertes erheblich langsamer. Die mathematische Beziehung zwischen der Anzahl der im Verlauf der Zeit vom Wasser erreichten Behälter lässt sich annähernd durch ein Polynom dritten Grades oder einen gleitenden Durchschnitt beschreiben. TEC-13-2008-AB 103 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit 4.2.3 Fazit Obwohl die Berechnungen nur für einen Ausschnitt des Grubengebäudes und der Bohrlochgalerie durchgeführt wurden, konnten einige unterschiedliche Zeitabhängigkeiten bei dem Wasserzuflussverhalten in die Bohrlöcher festgestellt werden. So hat die Art der Wasserfüllung des Grubengebäudes eine große Auswirkung auf den Zeitpunkt und die Geschwindigkeit der Auffüllung der einzelnen Bohrlöcher. Erfolgt zunächst die Auffüllung des Grubengebäudes, so schließt sich daran eine simultane Wassersättigung aller Bohrlöcher an. Im Fall der gleichzeitigen Auffüllung des Grubengebäudes und der Bohrlöcher werden letztere nacheinander gefüllt, wodurch die ersten Abfallbehälter relativ schnell mit Wasser in Kontakt kommen. So erfolgt der erste Wasserkontakt der Behälter in Szenario 3 verglichen mit Szenario 2 gemäß der Regression lediglich zwei Jahre später, obwohl sich die Durchlässigkeitsbeiwerte des Grubengebäudes in beiden Szenarien um zwei Potenzen unterscheiden. Deshalb kann nicht generell davon ausgegangen werden, dass eine Verringerung der Versatzdurchlässigkeit des Grubengebäudes auch eine große Verzögerung des ersten Behälterkontakts mit Wasser bewirkt. Es bleibt festzuhalten, dass die angegebenen Kontaktzeiten der Behälter mit Wasser mit hoher Wahrscheinlichkeit geringer ausfallen. Zum einen wurden die Abfallbehälter nicht explizit modelliert, so dass das aufzufüllende Bohrlochvolumen geringer ausfällt als im Modell, zum anderen führen eingebrachte, hydraulisch durchlässigere Sandschichten ("heat spreader") zur Verbesserung der Wärmeableitung ebenfalls zu einer beschleunigten Auffüllung der Bohrlöcher. 4.3 Probabilistische Rechnungen Der Vorteil probabilistischer Rechnungen in der Langzeitsicherheitsanalyse liegt darin, dass die Unsicherheiten der errechneten Strahlenexposition unter Berücksichtigung von Unsicherheiten der Eingangsdaten quantifiziert und analysiert werden können. Dafür werden ausgewählte Eingangsgrößen als Zufallsvariable definiert und ihre Wertebereiche anhand von Bandbreiten und Verteilungsfunktionen beschrieben. Aus der Gesamtheit des Parameterbereiches aller Zufallsgrößen wird mittels einer zufälligen Stichprobenziehung oder des Latin-Hypercube-Verfahrens für jeden Rechenlauf eine Stichprobe gezogen. Jede dieser Stichproben enthält dadurch eine spezifische Zusammenstellung der Werte der Eingangsdaten. Je Gestein (Basalt und Gneis) wurden insgesamt 1.000 Rechenläufe durchgeführt, um zu gewährleisten, dass aus jedem Wertebereich genügend Stichproben gezogen werden. Die Auswertung der Ergebnisse erfolgt in Form von Sensitivitäts- und Unsicherheitsanalysen, wodurch Aussagen über die Relevanz der einzelnen Eingabeparameter sowie die Wirksamkeit des Barrierensystems bezüglich der Rückhaltung der Radionuklide gewonnen werden können. TEC-13-2008-AB 104 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit 4.3.1 Modellbildung Da die Gesteine Basalt und Gneis in dem Untersuchungsgebiet vorkommen und von russischer Seite eine Einlagerung in einer dieser beiden Gesteinsvarianten erwogen wird, wurden probabilistische Berechnungen für beide Gesteine durchgeführt. Der Modellaufbau erfolgte soweit wie möglich unter Verwendung standortspezifischer Eingangsdaten aus dem Gebiet Jeniseiskij. Bei ungenügender Datenlage wurde auf Daten der Basalte im Raum Mayak sowie auf die der Gneise und Granitoide im Gebiet Verchne-Itatskij ausgewichen. Weitere Ergänzungen stammen aus internationalen, schweizerischen und schwedischen Studien. Unsicherheiten in der Datenlage wurden mit Variationen der Eingangsparameter auf der Grundlage dieser Standort- und Literaturdaten berücksichtigt. Die Datenzusammenstellung erfolgt in den folgenden Kapiteln. 4.3.1.1 Nahfeld Für die Modellierung des Nahfeldes des Endlagers wurde abweichend zum Vorgängerprojekt ASTER statt des Programms GRAPOS das Programm CLAYPOS genutzt. Grund dafür ist die erweiterte Möglichkeit, eine Behälterausfallfunktion sowie einen zusätzlichen homogenen Gesteinsbereich um die eingebrachten Behälter simulieren zu können. Berechnet wird der aus dem Nahfeld austretende Radionuklidstrom in Abhängigkeit von der Zeit. Dieser geht als Quellterm in das nachfolgende Fernfeldmodell ein. Das Nahfeldmodell wurde dem letzten Stand des Endlagerkonzeptes angepasst. Aufgrund der hohen Wärmeproduktion der Cs/Sr-Fraktion gilt die Annahme ihrer Einlagerung in Bohrlöchern als weitgehend gesichert. Daher wurden die Radionuklid-Ausbreitungsrechnungen im Rahmen dieses Projektes lediglich für diese Fraktion unter Verwendung der von der DBE TECHNOLOGY erhaltenen Auslegungsdaten für das Endlager durchgeführt, vgl. [Wallner et el. 2005]. Insgesamt gibt es 4 350 Behälter. Auslegungsberechnungen ergaben [Wallner et al. 2005], dass die thermische Grenzbedingung (100°C) für den Bentonit dann gewahrt bleibt, wenn die Bohrlöcher je nach Gestein einen Abstand zwischen 26 m und 30 m besitzen, wobei jedes bis zu 6 Behälter aufnimmt. Die Endlagergeometrie für die Bohrlochlagerung ist in [Wallner et al. 2005] dargestellt. An dem betrachteten Einlagerungsort sollen nach vorliegenden Planungen 725 gleichartige Abfallgebinde der Cäsium-Strontium-Fraktion eingelagert werden. Die Einlagerungsfläche für die Bohrlochlagerung der Cs/Sr-Fraktion berechnet sich für einen Standort im Gneis zu 565 000 m2, für einen im Basalt zu 425 000 m2. Die Flächengrößen resultieren aus der unterschiedlichen Wärmeleitfähigkeit der Gesteine. Das Hohlraumvolumen von 0,03 m3 für die Behälter der Bohrlochlagerung wurde aus der SAM-Studie [PAE 1989] für HAW-Kokillen übernommen. HAW-Kokillen besitzen mit einem Durchmesser von 43 cm und einer Höhe von 1,4 m eine den russischen Behältern ähnliche Geometrie. Für deutsche Kokillen ähnlichen Ausmaßes sind vergleichbare Werte für das Hohlraumvolumen angegeben. Der seitens der DBE TECHNOLOGY eingeführte „heat spreader“, dessen Einbringen aufgrund der hohen Wärmeentwicklung des Inventars zum Schutz des Bentonits notwendig ist, wird nicht P P P P P TEC-13-2008-AB 105 P FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit explizit berücksichtigt, da von dieser Schicht keine nennenswerte Rückhaltung zu erwarten ist. Die Rechnungen wurden für jeweils ein Bohrloch durchgeführt, in dem die eingelagerten sechs Behälter modelltechnisch zu einem einzigen Abfallbehälter zusammengefasst werden. Die chemischen Parameter wurden aus Ermangelung neuer Daten aus dem Projekt ASTER übernommen [Wallner et al. 2005]. Die angenommenen Radionuklidinventare für ein Bohrloch, in dem sechs Behälter zusammengefasst sind, gelten für den Zeitpunkt zehn Jahre nach Entnahme aus dem Kernreaktor. Bei den Berechnungen wurden nur Radionuklide berücksichtigt, deren Halbwertszeit größer als 20 Jahre ist. Die Cs/Sr-Fraktion ist in eine Glasmatrix eingebunden. Nur für einzelne Radionuklide liegen Angaben zur Mobilisierungsrate aus der Glasmatrix vor. Detaillierte Informationen über die Bestimmung bzw. Ableitung aus Experimenten sind dabei nicht bekannt. Generell erscheinen diese Mobilisierungsraten relativ hoch, insbesondere wenn davon ausgegangen wird, dass die Umgebungstemperatur zum Zeitpunkt des Behälterausfalls nach 3.500 Jahren wieder annähernd der Gebirgstemperatur entspricht. Für die Mobilisierungsraten wurden daher mit Ausnahme der Elemente Cäsium und Strontium Daten verwendet, die in Analogie zu der Studie Kristallin I [Nagra 1994] ermittelt wurden. Da angenommen wird, dass die Mobilisierung von Americium, Samarium und Curium nicht schneller erfolgt als die von Strontium, wurde für diese ebenfalls die Rate von Strontium verwendet. Eingangsparameter, von denen ein großer Einfluss auf die Simulationsergebnisse erwartet werden oder die mit großen Unsicherheiten behaftet sind, wurden als Zufallgrößen mit wohl definierten Bandbreiten gewählt. Variiert wurden unter anderem der Volumenstrom in der Auflockerungszone (EDZ), die Behälterstandzeit sowie der Kd-Wert für Bentonit. Die Variation des Kd-Wertes für Bentonit basiert auf einer Studie der NAGRA [Stenhouse 1995]. Als Wertebereiche wurden die realistischen und konservativen Werteangaben der NAGRA genutzt. Der Volumenstrom in der EDZ ergibt sich aus dem Produkt aus Einlagerungsfläche und Darcy-Geschwindigkeit innerhalb des das Endlager umgebenden Gesteins. Sein Einwirken auf die Höhe des Konzentrationsgradienten nimmt wesentlichen Einfluss auf die Radionuklid-Diffusion durch den Bentonit. Als Darcy-Geschwindigkeiten wurden die von russischer Seite zur Verfügung gestellten Werte genutzt. Für einen Basalt liegen die Werte zwischen etwa 1·10-9 und 1·10-11 m s-1, für den Gneis zwischen etwa 3·10-10 und 7·10-10 m s-1. Es wird davon ausgegangen, dass das Gestein um das Endlager herum weitgehend intakt ist und Zonen hoher Klüftigkeit gemieden werden konnten. Für die Berechnung des Volumenstroms wurden daher nur die Gesteinsdurchlässigkeit des monolithischen Granits bzw. Basalts verwendet sowie diejenigen, die in geschieferten Varianten und Dykes vorkommen. Nach Schätzungen der Modelltheoretiker fasst die Auflockerungszone der Bohrlöcher lediglich bis zu 10% des gesamten Volumenstroms [Wallner et al 2005]. In Abhängigkeit von der Gebirgsdurchlässigkeit sowie der Endlagerfläche variiert der Volumenstrom in der EDZ somit zwischen etwa 2·103 und 2·101 m3/a im Basalt und 1·103 und 6·102 m3/a im Gneis. Die Bandbreiten der variierten Nahfeld-Parameter sowie die restlichen Eingabedaten sind in Tab. 4-2, Tab. 4-3 und Tab. 4-4 dargestellt. P P P P P P P P P P P P P P TEC-13-2008-AB 106 P P P P P P P P P P FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit Tab. 4-2: Bereich Geometrie Parameter für die Nahfeldmodellierung mit CLAYPOS (Cs/Sr-Fraktion) Parameter Bohrlochlänge [m] Bohrlochabstand [m] Behälterdurchmesser [m] Einlagerungsfläche [m2] Anzahl der Gebinde [-] Behälter je Bohrloch [-] Anzahl der Bohrlöcher [-] Höhe [m] Zwischenlagerzeit [y] Wassergefülltes Hohlraumvolumen [m3] Mächtigkeit [m] Dichte [kg/m3] Diffusionskoeffizient [m2/s] Porosität [-] P Behälter P Bentonit P P Gneis 18 30 0,45 565.000 4350 6 725 1 50 26 425.000 1,8·10-1 P P P P 0,4 2800 5·10-10 P P 3,8·10-01 P P Verteilungskoeffizient [m3/kg] P Sr: 1·10-3 bis 1·10-2 Cs: 1·10-3 bis 1·10-2 Am: 5·10-1 bis 5·100 Sm: wie Am Cm: 5·10-1 bis 5·100 P P P P P P P P P P Np: 5·10-1 bis 5 Pu: 5·10-1 bis 5 Th: 5·10-1 bis 5 U: 5·10-1 bis 5 P P P P P P P P [Wallner et al. 2005] 1,55·103 1,55·101 1,24·103 - 5,65·102 P Radionuklid-Inventar [Bq] 10 Jahre nach Entnahme aus dem Reaktor [Wallner et al. 2005] [Wallner et al. 2005] [Wallner et al. 2005] [Lührmann et al. 2000] [Stenhouse 1995] P 0,45 P P Sonstiges P P P Innerer BentonitDurchmesser [m] Volumenstrom [m3/y] P P P EDZ Quelle [Wallner et al. 2005] [Jobmann 2007] [Wallner et al. 2005] [Jobmann 2007] [Wallner et al. 2005] [Wallner et al. 2005] [Wallner et al. 2005] [Wallner et al. 2005] [Wallner et al. 2005] [Wallner et al. 2005] P P P Basalt P P Sr-90: 3,37·1016 Cs-137: 4,46·1016 Cs-135: 2,22·1011 Sm-151: 4,44·1010 Am-241: 5,33·1011 Cm-244: 4,66·1011 Sr: 4,6·10-4 Cs: 1,6·10-3 Am: 4,6·10-4 Sm: 4,6·10-4 Cm: 4,6·10-4 Sr: 1·10-2 Cs: high Sm: 1·10-2 Cm: 1·10-2 Am: 1·10-2 P P P P vgl. Kap. 3.1 [Wallner et al. 2005] P P P P P P P P P P Mobilisierungsrate [1/y] P Np: 4,6·10-4 Pu: 4,6·10-4 Th:4,6·10-4 U: 4,6·10-4 [Wallner et al. 2005] Np: 1·10-7 Pu: 1·10-5 U: 1·10-4 Th: 5·10-6 [Wallner et al. 2005] P P P P P P P P P P P P P Löslichkeiten [mol/m3] P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P Die Behälterausfallzeit wurde entsprechend einer Wasserzulaufrate von 1·10-2 m3/d über eine Kluft in Szenario 5 festgelegt, vgl. Tab. 4-3. Der Zeitpunkt des Kontakts des Grundwassers mit einem Behälter wird dabei gleichzeitig als Ausfallzeitpunkt angegeben. Es handelt sich dabei um den frühesten Zeitpunkt, ab dem ein Abtransport der Radionuklide durch das Trägermedium Wasser stattfinden kann. P TEC-13-2008-AB 107 P P P FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit Tab. 4-3: Behälterausfallfunktion für Szenario 5 mit einer Zulaufrate von 1·10-2 m3/d P Behältergruppe 1 2 3 Anteil ausgefallener Behälter [%] 33 34 33 P P P Ausfall-Zeitpunkt [a] 1 250 1 300 1 670 4.3.1.2 Fernfeld Ein Endlagerstandort im Untersuchungsgebiet Jeniseiskij wurde bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht festgelegt. Die Berechnungen sind deshalb an den Profilschnitt 2 angelehnt (vgl. Abb. 4-5) und gehen von einer Realisierung des Endlagers im Norden des Untersuchungsgebietes aus. Dieser wird im Vergleich zu Alternativstandorten am geeignetsten angesehen, vgl. Kapitel 3.1. Die Gesteinszusammensetzung an diesem Standort ist nicht im Detail bekannt. Aus Bohrungen in dem Gebiet Jeniseiskij geht hervor, dass es sich jedoch vorwiegend um Gneise unterschiedlicher Ausprägung handelt, in welche Basalte als Ganggesteine eingeschaltet sind, vgl. Kapitel 3.1. Neben wenig gestörten Bereichen mit offenen Einzelklüften wird erwartet, dass es auch Zonen mit stark gestörtem und verwittertem Gestein mit hoher Kluftdichte und verschiedenen Füllungscharakteristika gibt. Über die hydraulische Charakteristik der einzelnen durch geoelektrische Messungen nachgewiesenen Gesteinsschichten liegen jedoch nur wenige Informationen vor. Daher wurden die gesteinsspezifischen Eingangsdaten des Modells an Informationen der im Gebiet Mayak vorkommenden Basalte bzw. des im Gebiet Nishnekanskij vorkommenden granitoiden Gesteins angelehnt. Die Werte wurden innerhalb gewisser Bandbreiten variiert, so dass sie sowohl stark zerrüttete, mit Verwitterungsprodukten angereicherte Gesteinszonen, wie sie z. B. in Schieferungszonen anzutreffen sind, bis hin zu offenen unverfüllten Trennfugen in einem wenig gestörten Gesteinsbereich repräsentieren. Die Variationen umfassen die Gesteinsparameter Eindringtiefe, Volumenstrom, Kluftdichte und Öffnungsweite sowie Kd-Werte und Matrixdiffusion. Es wird erwartet, dass mit den gewählten Parameter-Bandbreiten weite Bereiche des Fernfeldes, durch welches die Radionuklide transportiert werden, abgedeckt sind. Unter den getroffenen Annahmen können aufgrund der vorhandenen Geoelektrikdaten vier Gesteinsschichten voneinander unterschieden werden, vgl. Abb. 4-5. Die oberste Schicht wird den Sedimenten sowie der Verwitterungszone zugeordnet. Es wird davon ausgegangen, dass in diesem Bereich keine nennenswerte Rückhaltung der Radionuklide erfolgt, sondern vielmehr eine Verdünnung. Die darunter liegenden Schichten werden Gesteinen unterschiedlich starker Verwitterung und Klüftigkeit zugeschrieben. Eine Annahme realistischer Fließwege ist aufgrund fehlender Informationen über die Grundwasserhydraulik nicht möglich. Es wird daher von einem Transport der Radionuklide über eine im 30°-Winkel einfallende und gefüllte Kluftschar ausgegangen. TEC-13-2008-AB 108 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit Endlager Abb. 4-5: Hypothetischer Ausbreitungspfad der Radionuklide durch das Fernfeld auf der Grundlage des Profilschnitts 2 Der Verteilungskoeffizient für die einzelnen Radionuklide in einem Gestein hängt im Wesentlichen von der Mineralzusammensetzung des durchströmten Gesteins ab. Diese variiert sowohl zwischen den Gesteinen Basalt und Gneis sowie ihrem Alterationsgrad, vgl. Kapitel 3.1. Die Werte für den Gneis basieren auf den konservativen und realistischen Daten aus [Stenhouse 1995]. Der Volumenstrom ergibt sich aus der Endlagergeometrie und den Gesteinsdurchlässigkeiten, die schon für den Aufbau des Nahfeldmodells genutzt wurden. Die Eingangsparameter für das Biosphärenmodell wurden aus der SPA-Studie [Lührmann et al. 2000] übernommen. Der Verteilungskoeffizient für das durchströmte Sediment entspricht demjenigen eines mittleren Sandes. Die Gesteinsdichte des Basaltes liegt mit etwa 2 900 kg/m³ [Laverov et al. 2000], [Velitchkin et al. 1997] höher als die des Gneises, welche etwa 2 670 kg/m³ beträgt. Aus Vereinfachungsgründen wurde eine Dichte von 2 800 kg/m³ für beide Gesteine gewählt. Die Kluftdichte und Öffnungsweite der Gesteine wurden aus den vorhandenen russischen Daten wie z. B. [Gupalo 2002], [Laverov et al. 2003], [Petrov et al. 2005] abgeleitet. Aus Vereinfachungsgründen wurden die minimalen und maximalen Werteangaben auf die Gesamtheit der Gesteinsschicht bezogen. Im Normalfall ist davon auszugehen, dass die Trennfugen in größeren Tiefen durch den auflastenden Gesteinsdruck sowohl geringere Öffnungsweiten als auch eine geringere Kluftdichte aufweisen. Im Falle einer detaillierteren Datenlage könnte das Fernfeld in mehrere Tiefenzonen eingeteilt werden, um im Anschluss die Trennfugencharakteristika separat zu variieren. TEC-13-2008-AB 109 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit Aufgrund der sich stark unterscheidenden Verteilungskoeffizienten, Kluftdichten und Kluftöffnungsweiten des Basaltes und Gneises wurden die Berechnungen für jedes der Gesteine getrennt durchgeführt. Der Basalt stellt aufgrund seiner höheren Trennfugenhäufigkeit und größeren Öffnungsweite sowie seiner weitaus kleineren Verteilungskoeffizienten den ungünstigeren Fall der Ausprägung der geologischen Barriere dar. Die gesteinsspezifischen Eingabewerte der probabilistischen Berechnung sind in Tab. 4-4 aufgeführt. Tab. 4-4: Parameter für die Fernfeldmodellierung mit CHETMAD Volumenstrom [m3/a] Fließlänge [m] Gesteinsdichte [kg/m3] Matrixdiffusion [m2/a] Matrixporosität [-] Eindringtiefe [m] P P P P P P P P P P vgl. Kap.3.1.1 Gemäß 30° Kluftneigung 2800 [Wallner et al. 2005] 1·10-4 bis 1e-2 1,7e-6 bis 1,7e-4 2,7·10-2 1,7·10-3 P P P P P P z. B. [Wallner et al. 2005], [Petrov et al. 1998] [Wallner et al. 2005], [Lührmann et al. 2000], P P P P P P 2·10-2 - 5,06·10-1 P P 2·10-2 - 6,97·10-2 P P P P [Lührmann et al. 2000] P P [Lührmann et al. 2000], [Wallner et al. 2005], [Laverov et al. 2000], [Velitchkin et al. 1997] 0,3 Kluftdichte [m/m2] 1,6 bis 7,1 Verteilungskoeffizient [m3/kg] Sr: 1·10-2 - 1·10-3 Cs: 5·10-1 - 5·10-2 Am: 5·100 - 5·10-1 Sm: 5·100 - 5·10-1 Cm: 5·100 - 5·10-1 Np: 1·100 - 5·10-2 Pu: 5·100 - 5·10-1 Th: 1·100 - 1·10-1 U: 1·100 - 1·10-1 [Leonov et al. 1993], [Shishchitz et al. 1987], [Petrov et al. 1996] 1,6 bis 2,0·101 P P P P P P P P P P Kluftöffnungsweite [m] P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P -4 -3 1·10 bis 1,5·10 P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P Fließporosität [-] P Trennfugenbereich Basalt 1,55 104 1,55·102 1345 P P Intaktes Gestein Gneis 1,24 104 5,65·103 1345 P P Sr: 2·10-4 - 2·10-7 Cs: 3·10-3 - 1·10-5 Am: 4·10-2 - 2·10-4 Sm: 4·10-2 - 2·10-4 Cm: 4·10-2 - 2·10-4 Np: 1·10-5 - 5·10-7 Pu: 4·10-3 - 2·10-5 Th: 4·10-3 - 2·10-5 U: 2e-5 - 2e-7 P P P P P P P P P P P P P P TEC-13-2008-AB 110 P P 6·10 bis 2·10 P P P P [Wallner et al. 2005], [Stenhouse 1995] P P P -6 P P P P P P P P P P P P P P P P -2 P z. B. [Wallner et al. 2005], [Leonov et al. 1993], [Shishchitz et al. 1987], [Petrov et al. 1996], FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit 4.3.2 Modellergebnisse der probabilistischen Berechnungen Die Auswertung der Modellergebnisse erfolgt zunächst in Form einer Unsicherheitsanalyse. Dabei wird der Einfluss der Unsicherheiten der variierten Eingangsparameter auf die resultierenden Ergebnisse der maximalen Strahlenexposition ermittelt und beurteilt. Im Anschluss daran folgt eine Sensitivitätsanalyse, in der die Relevanz der mit einer Verteilungsfunktion belegten Parameter untersucht und in eine entsprechende Reihenfolge gebracht wird. Die unabhängig variierten Parameter und ihre Werte sind in Tab. 4-5 für die beiden untersuchten Gesteine aufgelistet. Tab. 4-5: Unabhängig variierte Parameter für probabilistische Rechnungen Behälter-Lebensdauer [a] Kd-Wert Bentonit [m3/kg] Volumenstrom EDZ [m3/a] P Verteilungsfunktion Gleichförmig linear P P P Gneis 1 250 bis 1 670 elementspezifisch 5,65·102 bis 1,24·103 1,6·100 bis 7,1·100 1·10-4 bis 1,5·10-3 2·10-2 bis 5·10-1 1·10-4 bis 1·10-2 elementspezifisch 5,65·103 bis 1,24·104 P P P P 2 Kluftdichte [m/m ] Kluftöffnungsweite [m] Eindringtiefe [m] Matrixdiffusion [m2/a] Kd-Wert Gestein [m3/kg] Volumenstrom Fernfeld [m3/a] P P P P Gleichförmig logarithmisch P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P Basalt 1,55·101 bis 1,55·103 1,6·100 bis 2,0·101 6·10-6 bis 2·10-2 2·10-2 bis 7·10-2 1,7·10-6 bis 1,7·10-4 P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P 1,55·102 bis 1,55·104 P P P P 4.3.2.1 Unsicherheitsanalyse Für die Analyse der unabhängig variierten Parameter der beiden Gesteine wurden jeweils 1 000 Monte-Carlo-Simulationen durchgeführt, die alle zu Radionuklidfreisetzungen aus dem Grubengebäude und damit zu radiologischen Konsequenzen in der Biosphäre führten. Die statistischen Kenngrößen der Verteilung der maximalen Strahlenexposition für die Gesteine Basalt und Gneis sind in der Tab. 4-6 zusammengefasst. Der Median gibt den bei 50% der Simulationen eingehaltenen Wert der erwarteten Strahlenexposition an. Tab. 4-6: Statistische Kenngrößen der Strahlenexposition Kenngröße Gestein Zeitpunkt [a] Mittelwert Standardabweichung Median 95%-Quantil 100%-Quantil (Maximaler Wert) TEC-13-2008-AB Strahlenexposition [Sv/a] Gneis Basalt 3·105 2·103 1,8·10-8 1,1·10-4 9,6·10-8 2,3·10-4 -13 7,3·10 6,7·10-7 7,5·10-8 6,5·10-4 -6 1,6·10 1,4·10-3 P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P 111 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit In Abb. 4-6 ist die Überschreitungswahrscheinlichkeit als komplementäre kumulative Häufigkeitsverteilung der maximalen Strahlenexposition für beide Gesteine dargestellt. Die maximalen Dosisraten variieren über mehrere Größenordnungen und liegen für den Basalt zwischen etwa 1·10-5 Sv/a und 1·10-3 Sv/a, für den Gneis zwischen etwa 1·10-15 Sv/a und 2·10-6 Sv/a, vgl. Abb. 4-6 Die zu erwartende Strahlenexposition für den Basalt liegt damit deutlich höher als die des Gneises. Dagegen ist die Bandbreite für den Gneis erheblich größer als die für den Basalt. Der deutsche Grenzwert für Erwachsene in Anlehnung an die AVV von 3·10-4 Sv/a [Atomgesetz 2006] wird von den Berechnungen für den Basalt in nahezu 40% der Simulationen überschritten, während diejenigen des Gneises deutlich unter diesem Grenzwert liegen. Auch der strenger ausgelegte russische Grenzwert von 1·10-5 Sv/a [SPORO 2002] wird für den Gneis nicht überschritten. P P P P P P P P P P P P 100 Testfall 2: "Basalt" Relative Frequency [%] 80 60 40 20 Cumulative Distribution Function 10-6 Abb. 4-6: 10-5 10-4 Radiation Exposure [Sv/y] 10-3 10-2 Kumulative Häufigkeit der maximalen Strahlenexposition für die Testfälle „Gneis“ und „Basalt“ TEC-13-2008-AB 112 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit In Abb. 4-7 ist die Häufigkeitsverteilung für die maximale Strahlenexposition für beide Gesteine in Form von Histogrammen aufgetragen. Es wird deutlich, dass sich die Verteilungen je nach Gestein deutlich unterscheiden. Während sie für den Basalt nahezu normal verteilt ist, ist sie im Fall des Gneises deutlich in Richtung höherer Werte verschoben. Dabei überwiegen diejenigen Fälle mit kleinen Kluftöffnungsweiten, vgl. Abb. 4-6. Testfall 1: "Gneiss" Relative Distribution [%] 6 4 2 0 10-17 10-15 10-13 10-11 10-9 Radiation Exposure [Sv/y] 10-7 10-5 10 Testfall2: "Basalt" Relative Distribution [%] 8 6 4 2 0 Abb. 4-7: 10-6 10-5 10-4 Radiation Exposure [Sv/y] 10-3 10-2 Häufigkeitsdichte der maximalen Strahlenexposition für die Testfälle „Gneis“ und „Basalt“ TEC-13-2008-AB 113 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit Radiation Exposure [Sv/y] In Abb. 4-8 werden die zeitlichen Verläufe des Maximums, 95%-Quantils, Mittelwerts und Medians dargestellt. Deutlich wird, dass die maximale Strahlenexposition für den Basalt in 95% der Simulationen bereits sehr früh erreicht wird und am Ende des Simulationszeitraums schon wieder stark abgeklungen ist. Währenddessen verursacht der Gneis eine stärkere Verzögerung der Schadstoffausbreitung, wodurch das Maximum erst kurz vor Ende der Simulationszeitraums auftritt. Das Maximum der Dosisbelastung wird jedoch in beiden Gesteinen innerhalb des berechneten Zeitraums von 1 Mio. Jahre erreicht, so dass ein Abbruch der Rechnungen nach diesem Zeitraum gerechtfertigt erscheint. 10 -4 10 -5 10 -6 10 -7 10 -8 10 -9 Testfall 1: "Gneiss" 10-10 95%-Quantil Maximum Mittelwert Median 10-11 10-12 101 102 103 104 105 106 Time [y] 10 -2 Radiation Exposure [Sv/y] Testfall2: "Basalt" 10-3 10 -4 10 -5 102 Abb. 4-8: Mittelwert Median 95%-Quantil Maximum 103 104 Time [y] Zeitlicher Verlauf der statistischen Strahlenexpositionen beider Testfälle TEC-13-2008-AB 114 105 Kenngrößen 106 für die maximalen FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit Einen Überblick über die zehn Simulationen mit den höchsten Strahlenexpositionen und den jeweils drei wichtigsten Radionukliden zeigt Tab. 4-7. Die Ergebnisse sind in der Reihenfolge abnehmender Werte angeordnet. Das wichtigste Radionuklid für den Zeitpunkt der maximalen Strahlenexposition ist sowohl für den Gneis als auch für den Basalt in allen zehn Fällen das langlebige Cs-135. Dieses macht für den Gneis zwischen 94% und 98% der gesamten Strahlendosis und für den Basalt sogar 99% aus. Das kurzlebige Ra-225, Sr-90 und Cs-137 sowie die Radionuklide der Americium-Zerfallsreihe Am-241, Np-237, U-233 und Th-229 bilden die restliche Strahlenexposition. Tab. 4-7: Simulationen mit den höchsten Strahlenexpositionen für beide Gesteine Gneis SpielNr. 405 106 635 485 684 946 363 648 73 899 Strahlenexposition Maximum Tmax [y] [Sv/a] 2,2·10-6 420 000 -6 1,9·10 510 000 1,8·10-6 530 000 -6 1,8·10 550 000 1,7·10-6 480 000 -6 1,7·10 480 000 1,7·10-6 560 000 -6 1,7·10 530 000 1,7·10-6 550 000 -6 1,7·10 560 000 Wichtigste Radionuklide zum Zeitpunkt Tmax Name Name Dosis Dosis [Sv/a] [Sv/a] Cs-135 2,2·10-6 Ra-225 2,3·10-8 Cs-135 1,8·10-6 Ra-225 4,1·10-8 Cs-135 1,7·10-6 Ra-225 4,7·10-8 -6 Cs-135 1,7·10 Ra-225 4,2·10-8 Cs-135 1,7·10-6 Ra-225 4,0·10-8 -6 Cs-135 1,6·10 Ra-225 3,7·10-8 Cs-135 1,6·10-6 Ra-225 4,4·10-8 -6 Cs-135 1,6·10 Ra-225 3,7·10-8 Cs-135 1,6·10-6 Ra-225 4,7·10-8 -6 Cs-135 1,6·10 Ra-225 4,5·10-8 Basalt SpielNr. 821 899 895 18 106 438 877 138 485 459 Strahlenexposition Maximum Tmax [y] [Sv/a] 1,4·10-3 2 000 1,3·10-3 2 000 -3 1,3·10 2 200 1,3·10-3 2 100 -3 1,3·10 2 000 1,3·10-3 2 000 -3 1,2·10 2 400 1,2·10-3 2 300 -3 1,2·10 2 200 1,2·10-3 2 400 Wichtigste Radionuklide zum Zeitpunkt Tmax Name Name Dosis Dosis [Sv/a] [Sv/a] -3 Cs-135 1,4·10 Am-241 6,7·10-12 -3 Cs-135 1,3·10 Am-241 2,0·10-10 Cs-135 1,3·10-3 Cs-137 3,3·10-19 -3 Cs-135 1,3·10 Cs-137 9,7·10-18 Cs-135 1,3·10-3 Am-241 4,0·10-15 -3 Cs-135 1,3·10 Am-241 3,5·10-15 Cs-135 1,2·10-3 Np-237 2,1·10-10 -3 Cs-135 1,2·10 Np-237 2,5·10-17 Cs-135 1,2·10-3 Am-241 1,4·10-10 -3 Cs-135 1,2·10 Np-237 6,2·10-11 P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P Name Np-237 Np-237 Th-229 Th-229 Np-237 Np-237 Th-229 Np-237 Th-229 Th-229 Name Np-237 Np-237 Sr-90 Am-241 Np-237 Np-237 U-233 Am-241 Np-237 U-233 Dosis [Sv/a] 1,5·10-8 2,2·10-8 2,4·10-8 2,2·10-8 2,1·10-8 2,0·10-8 2,3·10-8 2,0·10-8 2,4·10-8 2,3·10-8 P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P Dosis [Sv/a] 2,3·10-13 5,4·10-12 1,2·10-21 2,3·10-18 7,1·10-16 1,2·10-15 1,1·10-11 4,5·10-18 8,6·10-12 2,2·10-12 P P P P P P P P P P P P P P P P P P P P Die folgenden Tabellen liefern für die aufgeführten Spiele eine Zusammenfassung der Werte ihrer unabhängigen Eingangsparameter. Eine Gegenüberstellung zeigt, dass bis auf die Matrixdiffusion und den Kd-Wert des jeweiligen Gesteins alle Parameter Werte in ähnlicher Größenordnung aufweisen. Infolgedessen muss in diesen die Ursache für den stark unterschiedlichen Zeitverlauf sowie den gravierenden Unterschied in der Höhe des Radionuklidaustrags gesehen werden. TEC-13-2008-AB 115 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit Tab. 4-8: Parameter für die ersten 10 Simulationen mit der höchsten Strahlenexposition für die Testfälle „Gneis“ und „Basalt“ TEC-13-2008-AB 116 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit Darauffolgend durchgeführte deterministische Rechnungen bestätigen diese Aussage. So führte weder der Abgleich der Behälterausfallzeit 2, noch derjenige der Kluftdichte/öffnungsweite, der Matrixporosität und der Eindringtiefe zu einer Veränderung der maximalen Strahlenexposition oder zu einer Verschiebung des Eintrittszeitpunktes des Radionuklidaustrags. Lediglich die Anpassung der Werte der Matrixdiffusion und des KdWertes des Gesteins veränderten die Ergebnisse in den beschriebenen Punkten. Abb. 4-9 zeigt die zeitabhängige Strahlenexposition für diejenigen Simulationen mit der jeweils höchsten Strahlenexposition. Für Gneis machen sich zunächst die kurzlebigen Radionuklide Sm-151 und Sr-90 durch ein geringfügiges relatives Maximum im Bereich von 1·10-31 Sv/a nach etwa 4 000 Jahren bemerkbar (aufgrund des gewählten Maßstabs nicht in der Abbildung erkennbar). Nach deren Abklingen wird das eigentliche Maximum nach etwa 400 000 Jahren erreicht, wobei Cs-135 und die Nuklide der Americium-Reihe die wichtigsten Beiträge liefern. Für den Basalt wird die maximale Dosis bereits zu einem sehr viel früheren Zeitpunkt nach etwa 2 000 Jahren erreicht, wobei Cs-135 das wichtigste Radionuklid darstellt. Zu späteren Zeiten nehmen die Radionuklide der Americium-Reihe sowie Ra-225 an Bedeutung zu und nach 1 Mio Jahren ist die Strahlenexposition bereits wieder stark abgefallen. P P TEC-13-2008-AB 117 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit Radiation Exposure [Sv/y] 10-5 10 -6 10 -7 Testfall 1: "Gneis" Sim 405 10-8 10 10 -9 Cs-135 Am-241 Np-237 Ra-225 Sd-0 -10 104 105 106 Radiation Exposure [Sv/y] Time [y] 10 -2 10 -3 10 -4 10 -5 10 -6 10 -7 Cs-135 Am-241 Np-237 U-233 Th-229 Ra-225 Sd-0 Testfall2: "Basalt" Sim 821 10-8 10-9 104 105 106 Time [y] Abb. 4-9: Zeitverlauf der Strahlenexposition für die Simulationen mit dem höchsten Radionuklidaustrag 4.3.2.2 Sensitivitätsanalyse Die Sensitivität der Modell-Ergebnisse bei Variation der Eingangsparameter wurde mit Hilfe der statistischen Verfahren des Spearman- und Smirnov-Tests berechnet. Tab. 4-9 zeigt die dadurch entstehende Rangfolge der Parameter nach ihrer Relevanz zum Zeitpunkt der maximalen Strahlenexposition, beginnend mit dem wichtigsten. TEC-13-2008-AB 118 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit Von besonderer Bedeutung sind demnach in beiden Gesteinen der Volumenstrom im Fernfeld und die Kluftdichte, wobei die Kluftdichte im Gneis eine besonders wichtige Funktion übernimmt. Im Basalt folgen mit Abstand die Kluftöffnungsweite, der Kd-Wert für den Bentonit und die Behälterlebensdauer, im Gneis die Eindringtiefe und Matrixdiffusion. Von geringerer Bedeutung sind im Basalt die Matrixdiffusion, Eindringtiefe sowie der Kd-Wert des Gesteins, während im Gneis die Behälterlebensdauer, Kluftöffnungsweite, und die Kd-Werte des Bentonits und Gesteins folgen. Tab. 4-9: Rangfolge der wichtigsten Eingangsparameter zum Zeitpunkt der maximalen Strahlenexposition Testfall 1: „Gneis“ Zeitpunkt [a] 3·105 Rang Parameter 1 Kluftdichte 2 Eindringtiefe 3 Volumenstrom im Fernfeld 4 Matrixdiffusion 5 Behälter-Lebensdauer 6 Kluftöffnungsweite 7 Volumenstrom in der EDZ 8 Kd-Wert Bentonit 9 Kd-Wert Gneis P Testfall 2: „Basalt“ Zeitpunkt [a] 2·103 Rang Parameter 1 Volumenstrom im Fernfeld 2 Kluftdichte 3 Volumenstrom in der EDZ 4 Kluftöffnungsweite 5 Kd-Wert Bentonit 6 Behälter-Lebensdauer 7 Matrixdiffusion 8 Eindringtiefe 9 Kd-Wert Basalt P P P Die besonders große Abhängigkeit zwischen dem rang-ersten Parameter und der Strahlenexposition lässt sich auch an den nachfolgend aufgeführten Scatterplots ablesen. Die Strahlenexposition ist demnach negativ, d. h. umgekehrt proportional mit der Kluftdichte und positiv d. h. proportional mit dem Volumenstrom korreliert. Sie nimmt daher mit zunehmender Kluftdichte ab und mit ansteigendem Volumenstrom zu. Hintergrund dieses Verhaltens ist die Tatsache, dass sich der Volumenstrom bei Vorhandensein vieler Klüfte aufteilt, sich dadurch seine Geschwindigkeit verlangsamt und einen geringeren bzw. langsameren Radionuklidstrom zur Folge hat. Zudem nimmt die mit dem Radionuklidstrom in Kontakt kommende Gesteinsoberfläche zu, wodurch eine höhere Sorption der transportierten Radionuklide an der Gesteinsoberfläche sowie eine größere Diffusion in das Gestein gegeben ist. TEC-13-2008-AB 119 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit -6 10 10 -3 10 -10 10 -12 10 -14 10 -16 Radiation Exposure [Sv/y] Radiation Exposure [Sv/y] -8 10 Testfall 1: "Gneiss" 2 3 4 5 Fracture Density [m/m2] 6 7 10-8 10-10 10-12 10 -14 10 -16 10 -5 10 -6 Testfall2: "Basalt" 5 10 Fracture Density [m/m2] 15 10-3 Radiation Exposure [Sv/y] Radiation Exposure [Sv/y] 10-6 10-4 Testfall1: "Gneiss" 6000 7000 8000 9000 10000 11000 Groundwater Flux (Far Field) [m3/y] 10-4 10-5 10 12000 Testfall2: "Basalt" -6 0 5000 10000 Groundwater Flux (Far Field) [m3/y] 15000 Abb. 4-10: Gegenüberstellung der Scatterplots der beiden ranghöchsten Parameter 4.3.2.3 Diskussion Aufgrund mangelnder Daten stammen die gewählten Parameter-Bandbreiten für die Gesteine Basalt und Gneis, welche viele Eventualitäten und Veränderungen der Parameter statistisch berücksichtigen, aus verschiedenen Literaturquellen, die zum überwiegenden Teil nicht aus dem Gebiet Jeniseiskij stammen. Die Rechnungen sind daher generischer Natur und Rückschlüsse auf den Radionuklidtransport und die Strahlenexposition im Gebiet Jeniseiskij daher nur sehr eingeschränkt möglich. Trotzdem können mit Hilfe der Rechnungen allgemeine Aussagen über die Relevanz der variierten Parameter, die Relevanz der einzelnen Barrieren und damit das Rückhaltepotential der Geosphäre getroffen werden. Insgesamt zeigte sich, dass bei der Modellbildung des Gesamtsystems die größten Unsicherheiten im Bereich des Fernfeldes liegen. Vor allem die Kluftdichte und der Volumenstrom erwiesen sich als wichtige Parameter. Der Vergleich der Rechnungen für die Gesteine Gneis und Basalt zeigt jedoch, dass die unterschiedlichen Radionuklidausträge aus den Gesteins-Kd-Werten und der Matrixdiffusion resultieren. Im Fernfeld des Gneises wird dadurch eine relativ starke Verzögerung des Radionuklidaustrags verursacht, was durch ein starkes Tailing in den Verlaufskurven deutlich wird. Im Fernfeld des Basalts erfolgt dagegen nur eine geringe Rückhaltung und damit ein schneller Transport in die Biosphäre. Die unterschiedlichen Parameterwerte der Matrixdiffusion und des Gesteins-Kd-Wertes haben im Falle des Basalt-Modells Strahlenexpositionen zur Folge, die für alle Stichproben bereits nach etwa 2 000 Jahren über dem deutschen und damit auch über dem russischen Grenzwert liegen, vgl. Abb. 4-11. TEC-13-2008-AB 120 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Analyse der Wirksamkeit Abb. 4-11: Zusammenfassende Darstellung der resultierenden Strahlenexpositionsdichte für die Testfälle „Gneis“ und „Basalt“ Da eine detaillierte Untersuchung eines geklüfteten Fernfelds nur mit großem Aufwand und mit großen Schwierigkeiten verbunden ist, können Unsicherheiten bei der Gewinnung der Daten und deren Eingang in Modellrechnungen nicht ausgeschlossen werden. Die Sicherheit des Nahfeldes ist dagegen besser zu gewährleisten und nimmt damit als Barriere an Bedeutung zu. Als wesentlicher Nahfeld-Parameter hat sich bei den Rechnungen die Behälterstandzeit herausgestellt, weil das Cs-135 mit 94% bis 99% maßgeblichen Anteil an der maximal austretenden Strahlenexposition hat und nur wenig innerhalb des Bentonits sorbiert wird. Es gilt daher die Behälter-Lebensdauer über einen möglichst langen Zeitraum sicher zu stellen. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass eine geologische Barriere mit Rückhalteigenschaften wie beispielsweise derjenigen des hier angenommenen Gneises stark verzögernde Auswirkungen auf die resultierende Strahlenexposition zur Folge hat und damit einen wichtigen Beitrag für die Isolation eines Endlagers leisten kann. TEC-13-2008-AB 121 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Schlussfolgerungen 5 Schlussfolgerungen und Empfehlungen 5.1 Unsicherheiten in der Charakterisierung der geologischen Barriere Zwecks Ausarbeitung von Empfehlungen für die Fortführung der geologischgeophysikalischen Standortuntersuchungen ist es notwendig, ausgehend von den aktuellen geologischen Modellvorstellungen sowie von den für die Durchführung des Langzeitsicherheitsnachweises erforderlichen Daten, die wichtigsten Unsicherheiten in der Charakterisierung der geologischen Barriere und in der Prognose ihrer langzeitlichen Entwicklung herauszuarbeiten (siehe auch Kap. 2.1.3). Gestützt auf eine solche Ist-StandAnalyse des zum Endlagerstandort zur Verfügung stehenden Datenpools und der daraus resultierenden Unsicherheiten in der Standortbeschreibung kann unter Berücksichtigung der wahrscheinlichsten Entwicklungsszenarien der geologischen Barriere und unter Zugrundelegung langzeitsicherheitlicher Modellvorstellungen gezielter entschieden werden, welche ergänzenden standortbezogenen Forschungsarbeiten noch erforderlich sind. Für das Gebiet Jenisejskij muss ausgehend vom derzeitigen Kenntnisstand (siehe [Gupalo et al. 2007]) festgestellt werden, dass eine Entscheidung bezüglich des endgültigen Endlagerstandortes und Aussagen zur Eignung des Gebietes für den Bau eines langzeitsicheren HAW-Endlagers z. Zt. noch nicht möglich sind. Vor allem zur geologischen Barriere, die nach [Gupalo et al. 2007] den für die Gewährleistung der Langzeitsicherheit des geplanten Endlagers wichtigsten Mehrbarrieren-Teil darstellt, existieren noch zu viele offene Fragestellungen und Unsicherheiten. Zu dem als Endlagerwirtsgestein vorgesehenen hochmetamorphen Gneiskomplex bzw. zu dem von [Gupalo et al. 2007] als Einlagerungsmilieu favorisierten, in den Plagiogneisen eingebetteten, mächtigen basischen Intrusivkörper („Bajkalskij-Massiv“) liegen bisher zu wenige stofflich-strukturelle Angaben vor. In metamorphen Gesteinskomplexen ist im Vergleich mit Magmatiten mit einer erhöhten Heterogenität in Zusammensetzung und Eigenschaften der Gesteine zu rechnen. Am Standort Jenisejskij liegen insbesondere zur lithologisch-texturellen Variabilität des Wirtsgesteins und zum Vorkommen schichtungskonformer Basite oder von basischen Intrusivkörpern, die die Metamorphite quer zur Schichtung durchschlagen, sowie zur Verbreitung, Häufigkeit und zu den Eigenschaften von Störungszonen bzw. Kontaktbereichen unterschiedlicher Gesteinstypen bisher eindeutig zu wenige Daten vor. Die wenigen bisher niedergebrachten Erkundungsbohrungen sind meist zu flach, oft falsch positioniert (in der Nähe mächtiger Störungszonen) und Kerne sind nur sporadisch vorhanden sowie ungenügend petrographisch-mineralogisch untersucht. Besonderheiten in der lithologischen Zusammensetzung der metamorphen Gesteine und in der Intensität ihrer Deformation bzw. Überprägung sowie die räumliche Verteilung von Gesteinen mit unterschiedlichen petrophysikalischen Eigenschaften haben entscheidenden Einfluss auf die Planung des Endlagers und die sichere Dimensionierung der geotechnischen Barrieren. Gerade Störungszonen und Kontaktbereiche bzw. stofflich-texturelle Inhomogenitäten stellen beim Auffahren des Endlagerbergwerkes sowie bei bergbaubedingten oder geogenen Deformationsprozessen Schwächezonen dar und erschweren Vorhersagen der Veränderlichkeit der physikomechanischen und wärmephysikalischen Eigenschaften der Gesteine in Raum und Zeit. Sie müssen im Ergebnis der Standorterkundung ausgewiesen und bei der Modellierung des Langzeitverhaltens der geologischen Barriere TEC-13-2008-AB 122 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Schlussfolgerungen berücksichtigt werden. Die am Standort Jenisejskij erfolgte Abgrenzung eines 4 x 5 km2 großen, homogenen Blockes basischer Gesteine für den Endlagerbau (siehe [Gupalo et al. 2007]) basiert bisher nur auf geophysikalischen Befunden, die durch weiterführende Arbeiten (u. a. Tiefbohrungen, seismische Messungen in Bohrungen zur Verifizierung der Oberflächenseismik, detaillierte Untersuchung der Bohrkerne) überprüft werden müssen. P P Ausgehend vom derzeitigen Kenntnisstand zur Geologie des Untersuchungsgebietes und unter Berücksichtigung der hohen Wichtigkeit dieser Problematik für kristalline Endlagerwirtsgesteine sind zur Bewertung der Isolationseigenschaften der geologischen Barriere am Standort Jenisejskij die bisher vorliegenden Informationen zur Klüftung der Gesteine (Verbreitung, Kluftfüllung bzw. -mineralisation, räumliche Lage, Tiefenerstreckung und Vernetzung der Klüfte) und zu ihren hydraulischen Eigenschaften noch nicht detailliert genug. Die bisher am Standort Jenisejskij durchgeführten hydrogeologischen Untersuchungen gestatten keine abschließende Bewertung der voraussichtlichen hydrogeologisch-hydraulischen Situation im geplanten Einlagerungsniveau. Es fehlen derzeit insbesondere Angaben zum Vorkommen und zu den hydraulischen Eigenschaften von Störungszonen im Tiefenbereich unterhalb 100 m u GOK. Die Unsicherheiten in der Verbreitung/Vernetzung und in den hydraulischen Eigenschaften der Störungszonen sind gepaart mit: • Unsicherheiten in der Prognose der weiteren Entwicklung des Kluftnetzwerkes sowie in der räumlichen Verteilung und langzeitlichen Entwicklung von Durchlässigkeiten, Sorptionseigenschaften und Felsstabilitäten, • Unsicherheiten in der Bewertung der Abhängigkeit des Grundwasserflusses und -chemismus von der regionalgeologischen Entwicklung (regionales und lokales Spannungsfeld, Verschiebungen einzelner Blöcke in horizontaler und vertikaler Richtung), vom globalen Klima (z. B. Vergletscherungen, Meeres- und Grundwasserspiegelschwankungen) und daran gebundene Änderungen der Geomorphologie (gepaart mit Veränderungen der Erosions- bzw. Denudationsgeschwindigkeiten, Änderungen der Grundwasserneubildungsrate und daran möglicherweise gebundene Verdünnung der Radionuklidgehalte) sowie • Unsicherheiten in der zukünftigen Entwicklung des geochemischen Milieus in den Grundwässern und damit auch in den Alterationsprozessen der Gesteine sowie in der Intensität von Sorptions- bzw. Diffusionsprozessen. Unter dem Einfluss der durch die Abfälle abgegebenen Wärme kann es durch Wechselwirkung mit aufgeheizten, durch das Gestein migrierenden Grundwässern zu einer Alteration der Gesteine kommen, die sich in Veränderungen des Mineralbestandes (z. B. Tonmineralneubildungen) und der Gesteinseigenschaften äußert. Die Alterationsprozesse und die dabei gebildeten Sekundärminerale sind für magmatische bzw. hochmetamorphe Gesteine durch umfangreiche Studien an natürlichen Analoga oder in Untertagelabors weitgehend bekannt. Trotzdem bleiben Restunsicherheiten bezüglich der konkret am Standort im Niveau des geplanten Endlagers ablaufenden Alterationsprozesse. Problematisch für den Standort Jenisejskij (im Kontaktbereich von drei, sich geotektonisch unterschiedlich verhaltenden Struktureinheiten, siehe Kap. 3.1) ist außerdem ein weitgehendes Fehlen der zur detaillierten Standortcharakterisierung erforderlichen Daten zum aktuell TEC-13-2008-AB 123 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Schlussfolgerungen vorherrschenden Spannungs-/Deformationsregime und zur Abgrenzung tektonischer Blöcke im unmittelbaren Bereich des geplanten Endlagers sowie das Nichtvorhandensein von Prognosemodellen zur Evolution der Störungen bzw. Spannungen in Raum und Zeit. Daraus resultieren Unsicherheiten in der zeitlich-räumlichen Entwicklung der seismischen bzw. neotektonischen Aktivitäten und der daran gebundenen Hebungen/ Absenkungen einzelner Gesteinsblöcke. Dies kann zur Ausbildung von Bereichen erhöhter Spannungen (mit den daran möglicherweise gebundenen negativen Auswirkungen auf die Standsicherheit von Bergwerksbereichen) bzw. zu Druckentlastungen führen, in deren Gefolge sich Störungszonen öffnen können. Das Untersuchungsgebiet befindet sich in einer Zone (SW-liches Randgebiet des Sibirischen Schildes) relativ hoher tektonischer Aktivitäten [Belov et al. 2007], deren prognostische Entwicklung noch nicht abschließend bewertet worden ist. Zur Abschätzung der Gefährdungen, die sich aus der Absenkung bzw. Anhebung einzelner tektonischer Blöcke bzw. aus den Verschiebungen entlang von Störungszonen für den Endlagerbau ergeben, ist es erforderlich, die bereits begonnenen Messungen zu den Horizontal- und Vertikalbewegungen einzelner geologischer Blöcke [Morozov et al. 2007, Gupalo et al. 2007] fortzusetzen. 5.2 Weitere Optimierung des Endlagersystems Die Ergebnisse zur Untersuchung des in diesem Bericht behandelten Konzeptes zur Endlagerung hochradioaktiver Abfälle in magmatischen Wirtsgesteinen verdeutlichen die erhebliche Abhängigkeit der Endlagersicherheit von einer Vielzahl von Einflussfaktoren, die in unterschiedlicher Weise die Sicherheitsfunktionen beeinflussen können. Die IAEA empfiehlt in ihrer Sicherheitsrichtlinie für die geologische Endlagerung radioaktiver Abfälle [IAEA 2007] ein schrittweises Vorgehen bei der Entwicklung und Implementierung. Dabei soll bei jedem Schritt eine Sicherheitsbewertung durchgeführt werden, um Empfehlungen für die weitere Reduzierung von Unsicherheiten und für die Optimierung des Endlagersystems abzuleiten. Ungeachtet der stark eingeschränkten Datenlage und der Vielzahl der getroffenen Annahmen geben die vorliegenden Sicherheitsbetrachtungen und die hierzu vorgenommenen Sensitivitätsuntersuchungen eine Reihe von Anhaltspunkten, die nachfolgend diskutiert werden. Offensichtlich ist die Abhängigkeit der Endlagersicherheit von der unterstellten geologischen Ausprägung "Gneis" oder "Basalt", die in den errechneten radiologischen Konsequenzen zum Ausdruck kommt, die sich um mehrere Größenordnungen unterscheiden. Daraus den vereinfachten Schluss zu ziehen, dass eine geologische Situation vom Typ Gneis für die Errichtung eines Endlagers vorzuziehen ist, wäre sicher übereilt. Stattdessen stellt sich die Frage, als wie gesichert können die in den Berechnungsmodellen unterstellten Annahmen angesehen werden. Die vermeintlichen Vorteile der geologischen Situation "Gneis" liegen in günstigen Kd-Werten und einer höheren Matrixdiffusion des Fernfeldes. Eine belastbare Charakterisierung des Fernfeldes ist jedoch mit einem erheblichen Aufwand verbunden und unterliegt ebenso wie seine Langzeitprognose erheblichen Unsicherheiten. Es ist daher sorgfältig abzuwägen und zu prüfen, inwieweit bei der Auswahl eines geeigneten Endlagerstandortes und bei seiner sicherheitlichen Bewertung davon Kredit genommen werTEC-13-2008-AB 124 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Schlussfolgerungen den kann und soll. Im Weiteren zeigt die Sensitivitätsanalyse für die beiden angenommenen geologischen Situationen "Gneis" und "Basalt" die Unterschiedlichkeit der Abhängigkeit von den variierten geologischen Parametern, wobei Kluftdichte und der Volumenstrom im Fernfeld vermutlich den größten Einfluss ausüben. Obwohl aus naheliegenden Gründen ein möglichst ungestörter Gebirgsbereich für die Errichtung eines HAW-Endlagers ausgewählt werden sollte, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine eindeutige Systematik erkennen, welchen Parametern Vorrang einzuräumen ist und welche eher nachrangig sind. Dies ist offensichtlich Ausdruck eines vielschichtigen Zusammenwirkens der verschiedenen Sicherheitsfunktionen. Für eine weiterführende Betrachtung sind daher gesicherte Daten aus der systematischen Standorterkundung und ggf. der Vergleich von realen Alternativen unabdingbar, wobei die Auswahl eines möglichst besten Standortes offensichtlich auf erhebliche praktische Schwierigkeiten stößt. Es liegt in der Natur eines geklüfteten Gesteinskörpers, dass bei seiner Charakterisierung mit praktikablem Aufwand und bei seiner anschließenden Modellierung erhebliche Unsicherheiten verbleiben können, die sich nachteilig auf die Vertrauenswürdigkeit der Sicherheitsaussage und die Robustheit des Endlagersystems auswirken können. Ungeachtet der Forderung nach einer aussagefähigen geologischen Erkundung als Voraussetzung für eine Sicherheitsbewertung sind dem Abbau verbleibender Unsicherheiten objektive Grenzen gesetzt. Im Zuge der Optimierung des Endlagersystems ist daher zu prüfen, inwieweit durch andere geeignete Maßnahmen, insbesondere durch zusätzliche bzw. Ertüchtigung vorhandener technischer und geotechnischer Barrieren, die Auswirkungen verbleibender Unsicherheiten weiter reduziert werden können. Dabei kommen insbesondere der Bentonitbuffer und der Abfallbehälter in Betracht. Die Sensitivitätsanalysen lassen vermuten, dass der Kd-Wert des Bentonitbuffers eine eher nachgeordnete Rolle spielt. Dabei ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die durchgeführten Parametervariationen nur Materialstreuungen, nicht jedoch Ausfalleffekte abdecken, die durch schlechte Einbauqualität, Piping- oder Erosionseffekte hervorgerufen werden können. Wie in diesem Bericht gezeigt, können Ausfälle infolge eines überhöhten Druckaufbaus von Radiolyse- und Korrosionsgasen hingegen weitgehend ausgeschlossen werden. Aufgrund der im Falle des Bufferausfalls zu besorgenden nahezu ungehinderten Radionuklidfreisetzung aus korrodierten Endlagerbehältern sind der qualitätsgesicherte Einbau des Bentonitbuffers und seine reguläre Aufsättigung zwingend vorauszusetzen. Durch die geeignete Nahfeldauswahl müssen sowohl Piping- und Erosions- als auch Austrocknungseffekte sicher ausgeschlossen werden können. Einen größeren Einfluss als die materialbedingte Streuung des Kd-Wertes des Bentonitbuffers übt offensichtlich die Behälterlebensdauer aus. Dabei wurde hier von relativ dünnwandigen Behälter ausgegangen, die in kurzer Zeit nach Lösungszutritt undicht werden. Ihre Lebensdauer resultiert daher vorrangig aus dem Zeitpunkt des Lösungszutritts. Eine Verlängerung der Behälterlebensdauer könnte jedoch dazu beitragen, die Auswirkungen der TEC-13-2008-AB 125 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Schlussfolgerungen Unsicherheiten aus der Charakterisierung und Beschreibung der geologischen Barriere deutlich zu reduzieren. In Finnland und Schweden ist daher der Einsatz relativ dickwandiger Kupferbehälter vorgesehen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die radiologischen Langzeitkonsequenzen vorrangig durch langlebige Radionuklide verursacht werden, ist daher zu prüfen, welchen Nutzen der Einsatz von Behältern mit größeren Lebensdauern für die langlebigen Abfallfraktionen bringt. Soll auf eine Ertüchtigung der Behälter jedoch verzichtet werden, ist dies durch eine sorgfältige Aufwands-/Nutzenabwägung unter Berücksichtigung der konkreten geologischen Gegebenheiten auf der Grundlager aussagefähiger Erkundungsergebnisse und der damit verbundenen Unsicherheiten sorgfältig zu begründen. TEC-13-2008-AB 126 FKZ 02 E 9965 / 02 E 9975 Abschlussbericht Literaturverzeichnis 6 Literaturverzeichnis Alkan & Müller 2007 Alkan, H., Müller, W. (2007): Untersuchungen zur Behälterkorrosion, der daraus resultierenden Gasbildung sowie deren Wirkung auf die Bentonitummantelung, Untersuchungsbericht ISTec-A-1291, Institut für Sicherheitstechnologie (ISTec) GmbH, Köln Anderson et al. 1996 Anderson, E. B., Velitschkin, V. I., Dazenko, V. M. 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