Kapitel 11 Elektromagnetismus 11.1 Elektrische und magnetische Felder 11.1.1 Das elektrische Feld In Kap. 7.2.3 haben wir die Coulombsche (elektrostatische) Kraft eingeführt. Wenn wir eine Punktladung Q und, in einem bestimmten Abstand von ihr, eine Punktladung q betrachten, so übt die Punktladung Q eine Kraft auf die Punktladung q aus. Die elektrische Kraft, die die Ladung Q auf eine Ladung q ausübt, ist gleich r r 1 qQ r F= 4πε 0 r 2 r Physik 469 Elektromagnetismus wobei ε0 die elektrische Feldkonstante, und r der Ortsvektor der Ladung q ist. Der Ursprung des Koordinatensystems ist der Mittelpunkt der Ladung Q. Siehe Abb. 1. Q r q F qQ>0 Figur 1. Die Kraft, die die Ladung Q auf die Ladung q ausübt. Wir definieren das elektrische Feld der Punktladung Q als r r r r r 1 Qr F (r ) = E (r ) ≡ 4πε 0 r 2 r q Siehe die Definition des Gravitationsfeld im Kap. 6.11.1. Das Feld entspricht der Kraft, die eine Ladung q in diesem Feld erfährt, dividiert durch ihre Ladung. Das Feld erklärt die Kraftwirkung auf eine endliche Distanz. Wir sagen, dass die Punktladung Q ein elektrisches Feld im ganzen Weltraum erzeugt. Im Allgemeinen erzeugt eine Punktladung ein elektrisches Feld in jedem Punkt des Weltraums um sie. Dieses Feld übt eine elektrische Kraft auf eine zweite Ladung q an deren Ort aus. 470 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Elektrische und magnetische Felder Die zweite Ladung q spürt den lokalen Wert des Feldes und spürt damit eine Kraft gleich r r r r F ( r ) = qE ( r ) Für eine positive Ladung q zeigt die Kraft in der Richtung des Feldes. Für eine negative Ladung zeigt sie in entgegengesetzter Richtung. Siehe Abb. 2. q>0 E F = qE F = qE Figur 2. E q<0 Die Beziehung zwischen der Kraft und dem elektrischen Feld. Definitionsgemäss zeigt das elektrische Feld einer positiven Ladung weg von der Ladung und zu einer negativen hin. Siehe Abb. 3. Physik 471 Elektromagnetismus Positive Ladung +Q E E Negative Ladung –Q E E E E Das elektrische Feld einer positiven und einer negativen Punktladung. Figur 3. 11.1.2 Das elektrische Feld und die Relativität Wir nehmen nun an, dass sich zwei Ladungen Q und q relativ zu einem Beobachter O’ in Ruhe befinden. Das Koordinatensystem wird so gewählt, dass die Ortsvektoren der Ladungen die folgenden sind: r rQ ′ = (0, 0, 0) und r rq ′ = ( x ′, y ′, 0) Die elektrische Kraft, die auf q wirkt, hat die folgenden Kompenten: r 1 qQ r ′ 1 qQ F′ = ( x ′, y ′, 0) 3 r = 4πε 0 ( r′ ) 4πε 0 ( r′ ) 3 Wir betrachten nun einen zweiten Beobachter O, relativ zu welchem beide Ladungen und der Beobachter O’ sich mit einer Geschwindigkeit v=βc in der x-Richtung bewegen. 472 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Elektrische und magnetische Felder Beide Koordinatensysteme O und O’ fallen zur Zeit t=t’=0 zusammen. Siehe Abb. 4. y' y vt x'2 q O' y'2 O Q x,x' z' z Zwei Ladungen Q und q befinden sich in Ruhe relativ zum Koordinatensystem O’, das sich relativ zum Koordinatensystem O mit der Geschwindigkeit v in die x-Richtung bewegt. Figur 4. Wir bestimmen die Kraft, die der Beobachter O misst. Die Lorentz-Transformation (Siehe Kap. 6.7) für die x-Komponente der Kraft, die auf ein Teilchen wirkt, ist gleich: Fx = dpx c∆px γ (c∆px′ + β∆E ′ ) ≈ = = dt c∆t γ (c∆t′ + β∆x ′ ) ∆E ′ c∆px′ β ∆E ′ +β Fx ′ + c∆t′ c∆t′ c ∆t′ = = β∆x ′ β 1 + 1 + ux′ c∆t′ c Physik 473 Elektromagnetismus wobei u die Geschwindigkeit des Teilchens ist, und wir die folgenden Beziehungen für den relativistischen Energie-Impuls 4-Vektor benutzt haben (Siehe Kap. 6.9) E = γ ( E ′ + βcpx′ ) cpx = γ (cpx′ + βE ′ ) cpy = cpy ′ cpz = cpz′ Die zeitliche Ableitung der Energie ist gleich ( ) dE d r 2 2 = p c + m02c 4 dt dt r r r c 2 p dp r r 1 r2 2 2 4 −1/ 2 2 r dp = ( p c + m0 c ) (2c p) = = u⋅F dt E dt 2 Es folgt, Fx = dpx = dt β r r u′ ⋅ F ′ c β 1 + ux′ c Fx ′ + ( ) Die Lorentz-Transformation für die y-Komponente der Kraft ist gleich: c∆py′ dpy c∆py c∆py′ Fy ′ 1 1 ∆ c t ′ Fy = ≈ = = = dt c∆t γ (c∆t′ + β∆x ′ ) γ β∆x ′ γ β ′ + 1 1 + ux c∆t′ c und eine ähnliche Gleichung gilt für die z-Komponente. 474 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Elektrische und magnetische Felder Aus den Transformations-Regeln für die Kraft folgt für den Fall, dass die Geschwindigkeit des Teilchens gleich null ist: Fx = Fx ′ ; Fy = Fy ′ F′ ; Fz = z γ γ Wir haben in Kap. 7.2.2 schon erwähnt, dass die elektrische Ladung, wie die Ruhemasse, relativistisch invariant ist (Siehe Kap. 6.9), d.h., die elektrische Ladung eines Teilchens ist für alle Beobachter gleich. Die elektrische Kraft, die der Beobachter O beobachtet, ist dann gleich Fx = 1 qQ 1 1 qQ Fy = y ′; Fz = 0 3 x ′; 4πε 0 ( r′ ) γ 4πε 0 ( r′ ) 3 Zur Zeit t=t’=0 sind die Koordinaten der Ladung q gleich x ′ = γ ( x − βct) = γx; y ′ = y; z′ = z = 0 ⇒ r′ 2 = γ 2 x 2 + y 2 Die Kraft, die die Ladung Q zur Zeit t=t’=0 auf die Ladung q ausübt, ist gleich x γqQ F = x 4πε 0 γ 2 x 2 + y 2 3 / 2 y y qQ γqQ Fy = 3/2 = 4πε 0γ γ 2 x 2 + y 2 4πε 0 γ 2 x 2 + y 2 Fz = 0 ( ) ( Physik ) ( ) (1 − β ) 2 3/2 475 Elektromagnetismus Die Kraft kann in Vektorform geschrieben werden als r γqQ 1 F= 4πε 0 γ 2 x 2 + y 2 ) γqQ 1 4πε 0 γ 2 x 2 + y 2 ) ( = ( 2 ,1,3 02 0) 3 / 2 ( x, y, 0) − β y (1 r = ey r r r 2 3 / 2 r + β y (ex × ez ) [ ] r γQ r r vy r γQ = q e 3/2 + v × 4πε 0c 2 γ 2 x 2 + y 2 3 / 2 z 4πε 0 γ 2 x 2 + y 2 3 144442 14442 r 444 r 44443 ≡ EQ ≡ BQ r r r = q EQ + v × BQ ( ( ) ( ) ) Der erste Term EQ ist ein Vektorfeld, das der elektrischen Wechselwirkung entspricht. Wenn v=0 (d.h. γ=1) gilt r r Q r EQ (v = 0) = 4πε 0 x 2 + y 2 3 / 2 ( ) und man erkennt das E-Feld, das wir in Kap. 11.1.1 definiert haben. Der zweite Term v×BQ entspricht einer zusätzlichen Wechselwirkung zwischen zwei bewegten Ladungen, der sogenannten magnetischen Wechselwirkung. Das B-Feld wird als magnetisches Feld bezeichnet. Die magnetische Wechselwirkung hängt von der Geschwindigkeit der Teilchen ab und verschwindet, wenn die Geschwindigkeit der Teilchen v=0 ist. Aus einer Folgerung des Coulombschen Gesetzes und der Lorentz-Transformation der Relativitätstheorie haben wir 476 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Elektrische und magnetische Felder die allgemeine Form der elektromagnetischen Kraft zwischen zwei Ladungen hergeleitet. Die elektromagnetische Kraft zwischen den Punktladungen ist deshalb gleich r r r r F = q EQ + v × BQ ( wobei ) r r r γQ EQ = 4πε 0 γ 2 x 2 + y 2 ( ) ( Punktladung) 3/2 und r BQ = = vy γQ 2 4πε 0c γ 2 x 2 + y 2 ( vy µ0 γQ 4π γ 2x2 + y2 ( ) ) 3/2 3/2 r ez r ez ( Punktladung) Das Produkt ε0c2, das wir schon in Kap. 7.2.3 angetroffen haben, wird in der folgenden Weise definiert: 1 ≡ µ0 ε 0c 2 Das elektrische Feld und die elektrische Kraft sind radial. Die magnetische Kraft wirkt senkrecht zur Bewegungsrichtung der Ladungen. Siehe Abb. 5. Physik 477 Elektromagnetismus Zusammenfassend kann man sagen, dass elektrische und magnetische Wechselwirkungen zwei verschiedene Aspekte einer Eigenschaft der Materie, d.h. ihrer Ladung, sind. Der magnetische Term entspricht einer elektrischen Wechselwirkung zwischen zwei Ladungen, wenn sie sich bewegen. qEQ q v qv×BQ Q v Die elektrische und magnetische Kraft zwischen zwei Ladungen, die sich mit derselben Geschwindigkeit v bewegen. Figur 5. 11.1.3 Die Lorentz-Kraft Wir haben bewiesen, dass die allgemeine Form der elektromagnetischen Kraft zwei unterschiedliche Terme enthält. 478 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Elektrische und magnetische Felder Die allgemeine elektromagnetische Kraft wird deshalb als Funktion zweier Vektorfelder, des elektrischen und des magnetischen Feldes, ausgedrückt r r r r r r F ≡ FE + FB = q E + v × B Lorentz − Kraft ( ) wobei E das elektrische Feld und B das magnetische Feld (oder magnetische Flussdichte oder magnetische Induktion) ist. Diese Form der elektromagnetischen Kraft heisst die Lorentz-Kraft1. Im Allgemeinen können die Felder E und B Vektorfunktionen der Raumkoordinaten und der Zeit sein r r r r r r E ≡ E ( r , t) und B ≡ B( r , t) Sie definieren eine Vektorgrösse (d.h. eine Grösse mit einem Betrag und einer Richtung) in jedem Punkt des Raumes und der Zeit. In der Elektrostatik oder der Magnetostatik betrachtet man Felder, die sich mit der Zeit nicht ändern, d.h. r r r r r r E ≡ E ( r ) und B ≡2 B4 (3 r) 1424 3 1 4 Elektrostatik Magnetostatik Wir erinnern uns daran, dass die elektromagnetische Lorentz-Kraft als Folge der relativistischen Lorentz-Transformation der elektrischen Kraft erschienen ist. Wir bemerken, dass 1. eine Punktladung ein elektrisches Feld E in jedem Punkt des Weltraums um sie erzeugt. Das elektrische Feld übt die elektrische Kraft qE auf eine zweite Ladung q an deren Ort aus. 1. H. Lorentz (1853-1928). Physik 479 Elektromagnetismus 2. eine bewegte Punktladung ein magnetisches Feld B in jedem Punkt des Weltraums erzeugt. Das magnetische Feld übt die magnetische Kraft qv×B auf eine zweite bewegte Ladung q aus. Siehe z.B. den zweiten Term der Kraft in Kap. 11.1.2: für v=0 verschwindet er. Einheit: im MKSA-System ist die Einheit des elektrischen Feld gleich r Kraft N [ E ] = Ladung = C (Newton dividiert durch Coulomb). Die Einheit des magnetischen Feld ist das Telsa (T) r Kraft N [B] = Ladung.Geschwindigkeit = C ( m / s) ≡ T Die Feldstärke des Erdmagnetfeldes ist ungefähr 10–4 T. Die Feldstärke eines Elektromagnets ist ungefähr 1-2 T. Supraleitende Elektromagneten können Feldstärken von ungefähr 10 T erreichen. Da das Erdmagnetfeld eine Grössenordnung ≈10–4 T hat, benutzt man auch das Gauss (G): 1 T = 10 4 G Magnetische Kraft. Wir betrachten nun den magnetischen Term der Lorentz Kraft. Wir bemerken, dass 1. 480 die Kraft proportional zur Geschwindigkeit ist. Auf ein ruhendes Teilchen wirkt keine magnetische Kraft. Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Feldlininen 2. 3. Die Kraft senkrecht zur Bewegungsrichtung und zur Richtung des Feldes wirkt. Der Betrag der magnetischen Kraft ist gleich r r r FB = q v B sin α wobei α der Winkel zwischen v und B ist. Siehe Abb. 6. v B Fmag +q Die magnetische Kraft wirkt senkrecht zur Ebene, die durch die Geschwindigkeit und das Feld definiert ist. Figur 6. 11.2 Feldlininen 11.2.1 Elektrische Feldlinien Feldlinien liefern eine graphische Darstellung von elektrischen und magnetischen Feldern. Sie werden so definiert: Physik 481 Elektromagnetismus Die Feldlinien folgen in allen Punkten des Raumes der Richtung des Feldes. Wir beginnen mit den elektrischen Feldlinien und erwähnen die folgenden Regeln: 1. 2. 3. 4. Die elektrischen Feldlininen beginnen bei positiven Ladungen und enden bei negativen Ladungen oder im Unendlichen. An einem bestimmten Punkt im Raum ist die “Liniendichte” zur Stärke des Feldes an diesem Punkt proportional. Um eine einzelne Punktladung sind die Feldlinien kugelsymmetrisch verteilt. Die Anzahl der Feldlinien um eine Punktladung ist zur Grösse der Ladung proportional. Die elektrischen Feldlinien werden auch Kraftlinien genannt, weil sie die Richtung der Kraft anzeigen, die das Feld auf eine positive Ladung ausübt. Die elektrischen Feldlininen einer Punktladung sind z.B. in der Abb. 7 gezeigt. Feldlinien Elektrisches Feld +Q E E E E +Q Die Beziehung zwischen dem elektrischen Feld und den Feldlinien. Die Feldlinien folgen in jedem Punkt des Raumes der Richtung des Feldes. Figur 7. 482 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Feldlininen Die Dichte der Linien nimmt mit dem Abstand r von der Punktladung ab. Wie erwartet, ist die Feldstärke zu 1/r2 proportional. Beispiel: Der elektrische Dipol Ein System aus zwei gleich grossen Ladungen mit entgegengesetzten Vorzeichen und in relativ kleinem Abstand voneinander heisst elektrischer Dipol. In der Nähe der positiven Ladung zeigen die Feldlinien radial nach aussen und in der Nähe der negativen Ladung radial nach innen. Die beiden Ladungen sind gleich gross und deshalb ist die Anzahl der Linien, die von der positiven Ladung ausgehen, gleich der Anzahl der Linien, die bei der negativen Ladung enden. Das elektrische Feld ist stärker zwischen den zwei Ladungen, und die “Dichte” der Linien ist deshalb dort höher. Siehe Abb. 8. E +Q –Q Feldlinien des elektrischen Dipols. Die Linien gehen von der positiven zur negativen Ladung. Figur 8. Physik 483 Elektromagnetismus 11.2.2 Magnetische Feldlinien Genau wie das elektrische Feld durch elektrische Feldlinien graphisch dargestellt werden kann, kann das magnetische Feld durch magnetische Feldlinien (oder Induktionslinien) illustriert werden. 1. 2. Wie bei einem elektrischen Feld gibt die Tangente in einem Punkt an eine Induktionslinie die Richtung von B in diesem Punkt an. Die Anzahl der Linien durch eine Fläche, die senkrecht zu den Induktionslinien verläuft, d.h. die Dichte der Linien, ist zum Betrag von B proportional. Es gibt zwei wesentliche Unterschiede zwischen elektrischen und magnetischen Feldlinien. Wir bemerken dazu, dass 1. 2. die elektrischen Feldlinien immer auf positiven Ladungen beginnen und auf negativen Ladungen enden. Die elektrische und magnetische Wechselwirkung sind zwei verschiene Aspekte einer Eigenschaft der Materie, d.h. ihrer Ladung. Man hat nie eine “magnetische Ladung” (sogenannte Monopole) in der Natur beobachtet. Es folgt, dass es keine Punkte im Raum gibt, an denen die magnetischen Feldlinien anfangen oder enden. Deshalb bilden die magnetischen Feldlinien geschlossene Schleifen. die Kraft, die ein elektrisches Feld auf eine Ladung ausübt, wirkt längs der Feldlinien. Im Gegensatz dazu wirkt die Kraft des magnetischen Feldes nur auf eine bewegte Ladung und zwar senkrecht zum B-Feld und zur Bewegungsrichtung. Beispiel: Das magnetische Feld der Erde Im Jahre 1600 beobachtete W. Gilbert, dass die Erde selbst ein magnetisches Feld erzeugt, dessen magnetische “Pole” in der Nähe der geographischen Pole liegen. Siehe Abb. 9. 484 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Elektrischer Strom Die magnetischen Feldlinien zeigen vom magnetischen Nordpol zum magnetischen Südpol (Konvention). Da der “Nordpol einer Kompassnadel” nach Norden zeigt, befindet sich der magnetische Südpol der Erde im geographische Norden der Erde. Magnetischer Südpol N Drehachse der Erde Magnetische Feldlinien zeigen nach Norden S Die Feldlinien des magnetischen Feldes der Erde gehen vom geographischen Südpol zum Nordpol. Figur 9. 11.3 Elektrischer Strom Wenn eine bestimmte Menge elektrischer Ladung in einem gegebenen Zeitintervall durch eine Querschnittsfläche tritt, fliesst ein elektrischer Strom durch die Fläche. Physik 485 Elektromagnetismus Wenn der Ladungsfluss zeitlich nicht konstant ist, so wird die elektrische Stromstärke mit der Zeit variieren, und man definiert die momentane elektrische Stromstärke als I ( t) ≡ dQ dt wobei dQ die Ladungsmenge ist, die in der Zeit dt durch die Fläche A tritt. Man benutzt die historische Konvention, dass die positive Stromrichtung der Flussrichtung der positiven Ladungen folgt. Einheit: im MKSA-System wird die Stromstärke in Ampere2 (A) gemessen 1 A =1 C /s Wir nehmen nun an, dass jeder bewegte Ladungsträger eine Ladung q hat, und dass er sich mit einer sogenannten Driftgeschwindigkeit vD bewegt. Wenn die Dichte der beweglichen Ladungsträger gleich n ist, dann ist die Stromsträrke, die durch eine Fläche A fliesst, gleich I= ∆Q qn ( Av D ∆t) = = qnAv D ∆t ∆t weil in dem Zeitintervall ∆t alle Ladungen, die sich im Volumen AvD∆t befinden, durch die Fläche A fliessen. Leitender Körper. Ein Leiter ist ein Körper, durch welchen sich elektrische Ladungen bewegen können. Beispiele: Metalle, ionisierte Gase, Mensch, Erde, usw... 2. A. Ampère (1775-1836). 486 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Elektrischer Strom Die wirkliche Bewegung von Ladungen in einem leitenden Körper kann sehr kompliziert sein. Die erste mikroskopische Beschreibung wurde im Jahre 1900 von Drude gefunden. Nach seinem klassischen Modell der elektrischen Leitung ist ein Leiter ein dreidimensionales Ionengitter, in dem sich Elektronen bewegen können. Wenn es kein äusseres elektrisches Feld gibt, verhalten sich die Elektronen wie die Moleküle eines Gases in einem Behälter. Die freien Elektronen sind mit den Gitterionen im thermodynamischen Gleichgewicht und tauschen durch Stösse Energie und Impuls mit ihnen aus. Siehe Abb. 10. bewegte Positive KupferIonen im Ruhezustand Elektronen + – + – + – + + – – Kupferdraht + – + – + – Einfaches Modell des elektrischen Stroms durch einen leitenden Kupferdraht. Figur 10. Unter dieser Annahme kann man die Geschwindigkeit der Elektronen mit Hilfe des Gleichverteilungssatzes (Siehe Kap. 8.7) bestimmen. Die mittlere kinetische Energie eines freien Elektrons ist gleich E freies Physik Elektron 1 3 ≈ me v 2 ≈ kT 2 2 487 Elektromagnetismus wobei me die Elektronenmasse ist, und es folgt v≈ 3kT me Bei Zimmertemperatur erhält man v≈ 3kT ≈ 10 5 m / s me Diese Geschwindigkeit können wir mit der Driftgeschwindigkeit der Elektronen für eine bestimmte Stromstärke vergleichen. Wir betrachten einen Kupferdraht mit einer Querschnittsfläche gleich 1mm2. Die Stromstärke ist 1 A. Wir nehmen an, dass es im Kupfer ein freies Elektron pro Atom gibt. Die Dichte und molare Masse von Kupfer sind 8,93 g/cm3 und 63,5 g/mol. Dichte der freien Elektronen (1 freies Elektron pro Atom) (8,93g / cm )(6,02 × 10 n= 3 23 / mol) 63, 5 g / mol = 8, 5 × 10 22 Elektronen / cm 3 Die Driftgeschwindigkeit ist dann gleich vD = I 1A = −19 qnA (1, 602 × 10 C )(8, 5 × 10 22 Elektronen / cm 3 )(1mm 2 ) ≈ 7 × 10 −5 m / s = 0, 07 mm / s Diese Geschwindigkeit ist viel kleiner als die Elektronengeschwindigkeit, die wir mit Hilfe des Gleichverteilungssatzes berechnet haben. 488 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Elektrischer Strom Wir haben sozusagen gefunden, dass die freien Elektronen sich nicht ganz frei bewegen! Sie stossen sehr oft mit den Ionen und dadurch wird die Richtung ihrer Bewegungen geändert. Die mittlere freie Weglänge λ wird definiert als die mittlere Wegstrecke, die ein Elektron zwischen zwei Stössen zurücklegt. Sie ist gleich dem Produkt der mittleren Geschwindigkeit des Elektrons und der Zeit zwischen zwei Stössen τ λ = vτ Wenn ein äusseres elektrisches Feld auf ein Elektron die Kraft eE ausübt, wird das Elektron beschleunigt und nach einer mittleren Zeit τ wird es mit einem Ion zusammenstossen. Weil die Driftgeschwindigkeit viel kleiner als die thermische Geschwindigkeit der Elektronen ist, wird die Driftgeschwindigkeit nach einem Stoss verschwinden. Die Beschleunigung des Elektrons zwischen zwei Stössen ist deshalb für die Driftbewegung verantwortlich r r r eτ r r r −eE F τ= τ = − E ≡ −µE v D ≈ aτ = me me me wobei µ die Beweglichkeit der Elektronen ist. Wir finden, dass die Driftgeschwindigkeit proportional zum elektrischen Feld ist. Die Richtung der Elektronenbewegung ist zur Richtung des Feldes parallel, zeigt aber in entgegengesetzer Richtung. Siehe Abb. 11. Physik 489 Elektromagnetismus + – VD – + + – + – + – + – + E In einem Leiter wandern die Elektronen entgegen der Richtung des elektrischen Feldes. Figur 11. Wäre die Bewegung der Elektronen durch die Stösse nicht behindert, so würden die Elektronen permanent mit einer Beschleunigung –eE/ me beschleunigt. Dass die Driftgeschwindigkeit der Elektronen proportional zum Feld ist, kann man aus dem Ohmschen Gesetz herleiten. 11.4 Berechnung der elektrischen und magnetischen Felder In einer mikroskopischen Beschreibung tritt die gesamte elektrische Ladung immer als ganzzahliges Vielfaches der Elementarladung (Siehe Kap. 7.2.2) auf. In der Praxis können wir manchmal die Ladung in einem bestimmten Raumgebiet als kontinuierlich verteilt betrachten. 490 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Berechnung der elektrischen und magnetischen Felder Wir werden deshalb oft die Raumladungsdichte ρ benutzen, die so definiert ist r dq ρ( r ) ≡ dV Raumladungsdichte wobei dq die infinitesimale Ladung im Volumenelement dV ist. Die Raumladungsdichte ist eine Skalargrösse3, d.h. sie definiert eine Zahl (d.h. eine Grösse mit einem Betrag) in jedem Punkt des Raumes. Es folgt, dass die gesamte Ladung eines Körpers gleich r Q ≡ ∫ dq = ∫∫∫ ρ( r ) dV = ∫∫∫ ρ( x, y, z) dxdydz V V ( Integration über das gesamte Volumen V ) ist. Wir haben über das gesamte Volumen V integriert, und das gesamte Volumen ist natürlich gleich V = ∫∫∫ dV = ∫∫∫ dxdydz V V Manchmal kann sich die Ladung in einer dünnen Schicht auf der Oberfläche eines Körpers befinden. In diesem Fall ist es praktisch, die Flächenladungsdichte σ zu definieren σ≡ dq dA Flächenladungsdichte und Q ≡ ∫∫ dq ( Integration über die gesamte Fläche A) A 3. Vergleiche mit einer Vektorgrösse, die einen Betrag und eine Richtung definiert. Physik 491 Elektromagnetismus Die gesamte Fläche A ist gleich A = ∫∫ dA A Dabei bedeutet das A unter dem Integral, dass wir über eine gesamte Fläche A, von beliebiger Form, integrieren. Jedes Teilstück dA entspricht aber einer infinitesimalen ebenen Fläche. In einer ähnlichen Weise wird man die Linienladungsdichte λ definieren: λ≡ dq dl Linienladungsdichte 11.4.1 Berechnung des E-Feldes Eine Punktladung dq erzeugt ein elektrisches Feld in einem bestimmten Punkt r gleich r r r 1 dq r 1 dq r r Coulomb dE ( r ) = = 2 4πε 0 r r 4πε 0 r 3 wobei die Ladung sich im Ursprung des Koordinatensystems befindet. Wenn die Ladung sich in einem Punkt r’ befinden, dann ist das EFeld gleich r r r r dq 1 dE ( r ) = r r 3 (r − r ′) 4πε 0 r − r ′ Für eine gegebene kontinuierliche Ladungsverteilung wird das erzeugte elektrische Feld an einem bestimmten Ort im Raum gleich 492 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Berechnung der elektrischen und magnetischen Felder der Vektorsumme der E-Felder, die von den einzelnen Ladungen dq=ρdV erzeugt werden (Prinzip der Superposition): r r r r 1 ρ( r ′ ) r r E ( r ) = ∫∫∫ dE = ∫∫∫ r r ( r − r ′ ) dV 4πε 0 r − r ′ 3 V V Beispiel: Elektrisches Feld eines langen geladenen Stabes Wir berechnen das Feld, das in einem Punkt auf der Mittelsenkrechten erzeugt wird. Wir nehmen an, dass der Stab homogen geladen ist mit einer Linienladungsdichte λ. Die Geometrie für die Berechnung wird in Abb. 12 gezeigt. Die Koordinaten werden so gewählt, dass der Stab sich längs der xRichtung befindet.Wir sind am Feld in einem Punkt mit Abstand r vom Stab interessiert. Die Feldstärke, die durch ein Ladungselement dq=λdx erzeugt wird, ist gleich r λdx 1 dq 1 dE = 2 = 2 4πε 0 R 4πε 0 x + r 2 Wir bemerken, dass die x-Komponenten des Feldes von den Ladungselementen in +x und –x einander kompensieren, so dass das resultierende Feld radial und gleich r r r r r dE = dE1 cosθ + dE 2 cosθ = 2 dE1 2 2 x +r ist. Physik 493 Elektromagnetismus dq = λdx dx λ Coulomb pro Meter x dq R = 2 x r + 2 r dE dE1 Figur 12. θ dE2 Die Geometrie, um das Feld eines geladenen Stabes zu berechnen. Es folgt daraus, r r λdx 1 dE = 2 2 2 2 2 4πε 0 x + r x + r Das gesamte E-Feld ist gleich dem Integral über dx. Das Ergebnis der Integration können wir in Tabellen finden. Es gilt ∫ (x dx A 0 2 +r ) 2 3/2 = A x r 2 x +r 2 = 2 0 A r 2 A2 + r2 und wir erhalten r dx A λr A λ = 2 E =2 3 / 2 ∫ 4πε 0 0 ( x 2 + r 2 ) 4πε 0 r A 2 + r 2 494 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Berechnung der elektrischen und magnetischen Felder Wenn die Länge des Stabes viel grösser als der Abstand r ist, können wir den Stab als unendlich betrachten. In diesem Fall ist A>>r und wir finden r 2λ 1 ( unendlicher Stab) E ≈ 4πε 0 r Das wichtige Ergebnis der Berechnung ist, dass das elektrische Feld mit 1/r (und nicht 1/r2 wie im Fall einer Punktladung) vom Abstand abhängt. 11.4.2 Berechnung des B-Feldes Eine Punktladung dq, die sich mit der Geschwindigkeit v bewegt, erzeugt ein magnetisches Feld in einem bestimmten Punkt, das durch das Biot-Savartsche Gesetz4 bestimmt ist. Das Feld in einem Punkt r ist gleich r r r µ 0 dq r r Biot − Savart dB( r ) = v × r 4π r 2 wobei v der Geschwindigkeitsvektor des Teilchens ist. (Vergleiche mit dem Coulombschen Gesetz). Wir bemerken, dass 1. der Betrag des Feldes der Ladunq dq und der Geschwindigkeit v proportional ist und umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstandes r von der Ladung. 4. J.B. Biot (1774-1862) und F. Savart (1791-1841). Physik 495 Elektromagnetismus 2. 3. der Betrag zu sinγ proportional ist, wobei γ der Winkel zwischen der Geschwindigkeit und dem Ortsvektor ist. das Feld senkrecht zum Geschwindigkeitsvektor und Ortsvektor ist. Seine Richtung wird durch die Rechte-Hand-Regel definiert. Historisch wird das Produkt aus der Ladung und der Geschwindigkeit vdq durch das Stromelement Idl ersetzt r r dq r (dq)v = (vdt) = Idl dt Das erzeugte magnetische Feld ist in diesem Fall gleich r r r µ0 I r r dl Biot - Savart dB( r ) = × r 4π r 2 Ausser dem Betrag gibt das Gesetz natürlich noch die Richtung des Feldes an, die die Richtung des Vektorprodukts aus dl und r ist. Das resultierende magnetische Feld in einem Punkt wird durch das Vektorintegral über alle Stromelemente gefunden: r r r B( r ) = ∫ dB Beispiel: Magnetisches Feld eines langen geraden Leiters Wir betrachten einen langen geraden Leiter, durch den ein Strom I fliesst. Siehe Abb. 13. 496 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Berechnung der elektrischen und magnetischen Felder Der Betrag des Feldes, das von einem infinitesimalen Leiterelement dx erzeugt wird, ist gleich r µ0 I r R µ0 I dx sin α dx × = dB = R 4π R 2 4π R 2 I r µ0 dx 2 2 2 4π ( x + r ) x + r2 r µI dx = 0 4π ( x 2 + r 2 ) 3 / 2 = Die Richtung der magnetischen Feldelemente dB von allen möglichen Leiterelementen dx haben im betrachteten Punkt dieselbe Richtung, nämlich senkrecht zur Blattebene und aus der Blattebene heraus. i dx x α r R dB geht aus der Blattebene heraus Figur 13. Physik Ein langer gerader Leiter durch welchen ein Strom fliesst. 497 Elektromagnetismus Das Integral reduziert sich damit auf ein Skalarintegral der Beträge. Für einen unendlich langen Leiter ist das Integral gleich B( r ) = r rx µ0I µ0I 3 / 2 dx = ∫ 2 2 2 2 −∞ 4π 4π r ( x + r 2 )1/ 2 (x + r ) ∞ ∞ = −∞ 2µ 0 I 4πr Das wichtige Ergebnis der Berechnung ist, dass das magnetische Feld von 1/r abhängt und proportional zum Strom I ist. Die Feldlinien eines solchen Feldes sind in Abb. 14 gezeigt. i B Die magnetischen Feldlinien eines langen geraden Leiters, durch welchen ein elektrischer Strom i fliesst. Figur 14. 498 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Bewegte Ladungen in elektrischen und magnetischen Feldern 11.5 Bewegte Ladungen in elektrischen und magnetischen Feldern 11.5.1 Elektrische potentielle Energie und elektrisches Potential Wir betrachten zwei Ladungen q und Q im Abstand r voneinander. Wenn die Ladungen ungleichnamig sind (d.h. sie ziehen einander an) und man will den Abstand zwischen den Ladungen vergrössern, muss man Arbeit an den Ladungen leisten. Wenn die Ladungen gleichnamig sind (d.h. sie stossen einander ab), erhält man Arbeit, wenn der Abstand sich vergrössert. In diesem Fall wird die von den Ladungen geleistete Arbeit einen negativen Wert besitzen. Diese Arbeit wird im System der Ladungen als elektrische potentielle Energie gespeichert (Siehe Kap. 3.8 für die Definition der potentiellen Energie). Wir haben von der elektrischen potentiellen Energie schon in Kap. 7.2.5 gesprochen (Siehe auch Kap. 3.8.4), als wir das klassische Atom-Modell betrachtet haben. Wir haben dort bewiesen, dass wenn sich die Ladungen q und Q im Abstand r voneinander befinden, die elektrische potentielle Energie der Ladung q gegeben ist durch r E e pot ( r ) = 1 qQ 4πε 0 r Die potentielle Energie hängt nur vom Betrag des Abstandes zwischen den Ladungen ab. Physik 499 Elektromagnetismus Wir konnten die elektrische potentielle Energie definieren, weil die elektrische Kraft konservativ ist (Siehe Kap. 3.8.1). Die Arbeit, die durch die elektrische Kraft F=qE geleistet wird, wenn eine Ladung q entlang des Weges S vom Punkt A zum Punkt B verschoben wird, ist unabhängig vom Weg S: B r r r r W AB = ∫ F .dr ≡ − E pot ( rB ) − E pot ( rA ) = − ∆E pot ( A ) Es folgt, B r r q ∫ E .dr = −∆E pot A Das elektrische Potential (eine skalare Grösse) wird definiert als r E epot ( r ) r r r V (r ) ≡ ⇔ E epot ( r ) ≡ qV ( r ) q es gilt deshalb ∫ B A r r r r r r E e pot ( rB ) − E e pot ( rA ) = −(V ( rB ) − V ( rA )) E .dr = − q Einheit: das Volt (V) [V ] = [ Energie] J = =V [Ladung] C Beispiel: Elektrisches Potential einer Punktladung r E pot ( r ) r 1 Q V (r ) ≡ = (Punktladung) 4πε 0 r q 500 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Bewegte Ladungen in elektrischen und magnetischen Feldern 11.5.2 Das Elektronvolt Wenn wir Elementarteilchen wie Elektronen oder Protonen betrachten, dann ist das Elektronvolt (eV) eine praktische Einheit für die Energie der Teilchen. Das Elektronvolt ist ein Mass der Energie. Die Umrechnung von Elektronenvolt in Joule ist die folgende: 1 eV ≡ (e) Joule = 1, 602 × 10 −19 J Wir bemerken, dass die gesamte Energie eines Elementarteilchens ausgedrückt werden kann als E = m0c 2 + E kin + E pot r = γm0c 2 + qV ( r ) r 1 ≈ m0c 2 + m0v 2 + qV ( r ) wenn v << c 2 Das Elektronvolt ist deshalb gleich der gesamten Energiezunahme, wenn ein Teilchen mit der Elementarladung e durch einen Potentialunterschied von 1 Volt beschleunigt wird. Beispiel: die gesamte Energie eines Protons, das sich in Ruhe befindet m p c 2 = (1, 67 × 10 −27 kg)( 3 × 10 8 m / s) = 2 1, 5 × 10 −10 = 1, 5 × 10 J = eV = e ≈ 938 × 10 6 eV = 938 MeV = 0, 938 GeV −10 oder ungefähr 1 Milliarde Elektronenvolt. Dieser Wert ist gleich der kinetischen Energie eines Teilchens der Ladung e, wenn es durch einen Potentialunterschied von 1 Milliarde Volt beschleunigt wird. Physik 501 Elektromagnetismus 11.5.3 Bewegung einer Punktladung in einem elektrischen Feld Unter der Wirkung der elektischen Kraft erfährt ein Teilchen der Ladung q und Masse m die Beschleunigung r r r r q r F = qE = ma ⇒ a = E m Wir bemerken, dass die Geschwindigkeit von geladenen Elementarteilchen wie Elektronen oder Protonen in elektrischen Feldern oft so hoch ist, dass wir die relativistische Masse benutzen müssen r q r E a= γm0 Experiment: Elektronenquelle (Elektronkanone) 11.5.4 Bewegung einer Punktladung in einem magnetischen Feld Die Wirkung des magnetischen Feld ist immer senkrecht zur Bewegungsrichtung. Es folgt, dass durch die Wirkung des magnetischen Feldes ein Teilchen nur die Richtung und nicht den Betrag seiner Geschwindigkeit ändert. Da die magnetische Kraft immer senkrecht zur Bewegungsrichtung einer Ladung wirkt, ist die an dem Teilchen verrichtete Arbeit null (Siehe Kap. 3.6): r r r r r r F⊥v ⇒ W = F ⋅ ∆r = F ⋅ v ∆t = 0 Das magnetische Feld leistet somit keine Arbeit an dem Teilchen und hat keinen Einfluss auf seine kinetische Energie. Die kinetische Ener- 502 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Bewegte Ladungen in elektrischen und magnetischen Feldern gie des Teilchens wird sich nicht ändern, sondern nur seine Bewegungsrichtung. Wir betrachten ein homogenes magnetisches Feld. Wenn sich das Teilchen genau senkrecht zum Feld bewegt, so beschreibt das Teilchen eine Kreisbahn. Siehe Abb. 15. Homogenes magnetisches Feld v Bahnkurve –q B zeigt aus der Blattebene heraus F F = (–q) v X B Elektronquelle Figur 15. Die Ablenkung eines Elektrons in einem homogenen magnetischen Feld. Die magnetische Kraft wirkt als eine Zentripetalkraft qvB = Physik γm0v 2 r ⇔ r= γm0v qB 503 Elektromagnetismus wobei r der Radius der Kreisbahn, m0 die Ruhemasse des Teilchens, und v die Geschwindigkeit des Teilchens ist. Da ω=v/r ist, ist die Winkelgeschwindigkeit ω gleich ω= qB γm0 Die Zeit T, die für einen Umlauf des Teilchens benötigt wird, ist T= 2π 2πγm0 = qB ω und die Frequenz des Umlaufes (die als Zyklotronfrequenz bezeichnet wird) ist gleich ν= 1 qB qB = ≈ T 2πγm0 2πm0 wenn v << c Diese Frequenz ist vom Radius der Kreisbahn unabhängig. Für nicht relativistische Teilchen ist die Umlauffrequenz eine Konstante, die unabhängig von der Geschwindigkeit des Teilchens ist. Blasenkammer. In einer Blasenkammer werden die Bahnen geladener Teilchen nachgewiesen. Siehe Abb. 16. 504 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Bewegte Ladungen in elektrischen und magnetischen Feldern Kamera Flüssiger Wasserstoff Strahl von geladenen Elementarteilchen von einem Beschleuniger Licht Die 10-inch Blasenkammer am Lawrence Radiation Laboratory, University of California, Berkeley. Figur 16. Man kann eine Blasenkammer in ein magnetisches Feld stellen und von aussen Teilchen aus einem Beschleuniger in die Kammer schiessen. Siehe z.B. Abb. 17. Die Bahnkurve eines Elektrons und eines Protons sind sichtbar. Das magnetische Feld ist zur Blattebene senkrecht und besitzt einen Betrag von 1.17 Tesla. Das Elektron verliert Energie wenn es sich durch die Kammer bewegt und seine Bahnkurve ist deshalb eine Spirale. Der Anfangsradius der Spirale ist 7.3cm. Physik 505 Elektromagnetismus B = 1.17 tesla p R i = 7.3 cm e- Eine Aufnahme von der Blasenkammer am Lawrence Radiation Laboratory, University of California, Berkeley. Die Bahnkurve eines Elektrons und eines Protons werden nachgewiesen. Das magnetische Feld besitzt einen Betrag von 1.17Tesla und der Anfangsradius der Spirale des Elektrons ist gleich 7.3cm. Das Elektron verliert Energie wenn es sich durch die Kammer bewegt und deshalb ist die Bahnkurve eine Spirale. Figur 17. Wenn ein Teilchen nicht genau senkrecht in ein magnetisches Feld eintritt, wird sein Geschwindigkeitsvektor in eine Komponente parallel und eine Komponente senkrecht zum Feld zerlegt. Der senkrechte Teil führt zu einer Kreisbewegung. Der parallele Teil wird durch das Feld nicht beeinflusst. Die Überlagerung ergibt eine Helix. Siehe Abb. 18. 506 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Der Fluss und die Divergenz B v θ Figur 18. v v v v Helix. 11.6 Der Fluss und die Divergenz 11.6.1 Die Definition des Flusses Der Fluss ist eine charakteristiche Grösse, die man für alle Vektorfelder einführen kann. Der Fluss dφ eines Vektorfeldes F durch eine infinitesimale Fläche dA wird definiert als (der Fluss ist eine Skalargrösse) r r r r dφ ≡ F ⋅ dA = F dA cosθ wobei dA ein Vektor ist, der dem infinitesimalen Flächenelement dA entspricht. Die infinitesimale Oberfläche kann als eben betrachtet werden. Der Betrag des Vektors dA ist gleich der Fläche der infinitesimalen Oberfläche und die Richtung ist senkrecht zur Ebene der Fläche. Physik 507 Elektromagnetismus Der Winkel θ ist der Winkel zwischen dem Vektor F und dem Vektor des Flächenelements dA. Siehe Abb. 19. Der Fluss ist gleich dem Produkt aus der Komponente des Vektors F, die senkrecht zur Oberfläche der Fläche dA steht, und dem Betrag der Fläche dA. φ=0 φ<0 φ>0 F dA θ θ dA 90° F F dA Figur 19. Definition des Flusses durch eine infinitesimale Fläche dA. Für eine endliche Fläche von beliebiger Form wird der Fluss durch Integration der infinitesimalen ebenen Flächenelemente gewonnen. Der gesamte Fluss durch die Oberfläche A ist deshalb gleich r r φ ≡ ∫∫ F ⋅ dA ( Integration über die gesamte Fläche A) A Häufig sind wir am Fluss durch eine geschlossene Oberfläche interressiert. Definitionsgemäss zeigen in diesem Fall die infinitesimalen Flächen dA an jedem Punkt der Oberfläche nach aussen. 508 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Der Fluss und die Divergenz Das Integral über eine solche Oberfläche wird so bezeichnet r r φ≡ ( geschlossene Oberfläche A) ∫∫ F ⋅ dA geschlossene A 11.6.2 Der elektrische und magnetische Fluss Der elektrische Fluss durch eine Fläche A wird definiert als der Fluss des elektrischen Feldes durch die Fläche r r φ E ≡ ∫∫ E ⋅ dA ( Elektrischer Fluss) A Der Fluss des magnetischen Feldes durch eine Fläche A wird in Analogie zum elektrischen Fluss definiert als r r φ B ≡ ∫∫ B ⋅ dA ( Magnetischer Fluss) A Können wir die physikalische Bedeutung dieser Integrale finden? Wir betrachten den elektrischen Fluss. Die elektrischen Feldlinien (Siehe Kap. 11.2) können uns helfen, uns den elektrischen Fluss vorzustellen. 1. 2. An Punkten der Oberfläche, an denen die elektrischen Feldlinien die Oberfläche verlassen, zeigt das Feld E ebenfalls nach aussen. Der Fluss ist dann positiv. An Punkten der Oberfläche, an denen die elektrischen Feldlinien in die Oberfläche eindringen, zeigt das Feld E nach innen. Der Fluss ist dann negativ. Wir erinnern uns daran, dass die elektrischen Feldlininen bei positiven Ladungen beginnen und bei negativen Ladungen enden (Siehe Kap. 11.2). Physik 509 Elektromagnetismus Siehe Abb. 20. Feldlinien von pos. und neg. Punktladungen Q=–3 Q=+5 Die elektrischen Feldlinien beginnen bei positiven Ladungen und enden bei negativen Ladungen. Figur 20. Deshalb werden positive Ladungen als Quelle und negative Ladungen als Senke des elektrischen Flusses betrachtet. Positive Ladungen erzeugen elektrischen Fluss und negative Ladungen vernichten ihn. Es gibt eine anschauliche Beziehung zwischen dem Fluss und den Feldlinien. Wir bemerken, dass der gesamte Fluss proportional ist zur Zahl der Feldlinien, die die Oberfläche verlassen, minus der Zahl der Feldlinien, die in die Oberfläche eindringen. (Wir erinnern uns daran (Siehe Kap. 11.2), dass an einem bestimmen Punkt im Raum die “Liniendichte” zur Stärke des Feldes an diesem Punkt proportional ist. Es folgt daraus, dass der Fluss durch die Fläche von der Zahl der Feldlinien, die die Oberfläche kreuzen, abhängt.) Siehe Abb. 21. In der Abbildung beobachtet man, dass der Fluss durch die Fläche A proportional zu +5 ist, weil 5 Feldlinien sie verlassen. Der Fluss 510 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Der Fluss und die Divergenz durch die Fläche B ist zu –3 proportional, weil 3 Feldlinien in sie eindringen. Der Fluss durch die Fläche C ist proportional zu 2, weil nur zwei Feldlinien sie verlassen. C B –3 +5 A Der elektrische Fluss. Der Fluss ist zur Zahl der Linien, die die Oberfläche verlassen, minus der Zahl der Linien, die in die Oberfläche endringen, proportional. Figur 21. Physik 511 Elektromagnetismus Wir müssen die positive Ladung als eine Flussquelle von 5 Einheiten und die negative Ladung als Flusssenke, die 3 Einheiten vernichtet, betrachten. Wie erwartet, ist der Fluss durch C die Summe der Quelle minus der Senke und ist deshalb zu +5(Quelle) − 3( Senke) = 2 proportional. Beispiel: Elektrischer Fluss durch eine geschlossene Oberfläche, die eine Punktladung umfasst. Wir betrachten nun eine quantitative Bestimmung des Flusses durch zwei kugelförmige (geschlossene) Oberflächen, die als A1 und A2 bezeichnet werden, in deren Mittelpunkt eine Punktladung Q liegt. Siehe Abb. 22. Der Fluss durch die Fläche A1 mit Radius R1 ist gleich r r φ A1 ≡ ∫∫ E ⋅ dA A1 Wir bemerken, dass das elektrische Feld überall auf der Oberfläche A1 denselben Betrag besitzt und dass es immer radial ist. Es folgt, r r r r r r φ A1 ≡ ∫∫ E ⋅ dA = ∫∫ E1 dA cosθ = E1 ∫∫ dA = E1 ( 4πR12 ) A1 512 A1 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia A1 Der Fluss und die Divergenz r1 Q E1 r2 A1 E2 A2 Fluss durch zwei kugelförmige Oberflächen, die eine Punktladung umfassen. Figur 22. Für die Fläche A2 gilt es r r r r r r φ A 2 ≡ ∫∫ E ⋅ dA = ∫∫ E 2 dA cosθ = E 2 ∫∫ dA = E 2 ( 4πR22 ) A2 A2 A2 Im Fall der Punktladung kennen wir den Ausdruck für das Feld als Funktion des Abstandes. Es ist durch das Coulombsche Gesetz gegeben r r 1 Q 1 Q und E E1 = 2 = 2 4πε 0 R1 4πε 0 R22 Physik 513 Elektromagnetismus und der Fluss beim Radius R1 ist deshalb gleich r φ A1 = E1 ( 4πR12 ) = und in einer ähnlichen Weise gilt r φ A 2 = E 2 ( 4πR22 ) = Q 1 Q 2 2 ( 4πR1 ) = 4πε 0 R1 ε0 Q 1 Q 2 2 ( 4πR2 ) = 4πε 0 R2 ε0 Wir beobachten, dass 1. der Fluss durch die Fläche A1 gleich dem Fluss durch die Fläche A2 ist. Es war zu erwarten, weil die Zahl von Feldlinien, die die beiden Oberflächen kreuzen, dieselbe ist (die Feldlinien sind radial, und jede Linie, die A1 kreuzt, wird auch A2 kreuzen!) φ A1 = φ A 2 2. der Fluss zur Punktladung Q, die von der Fläche eingeschlossen wird, proportional ist. Die Proportionalitätskonstante ist die elektrische Feldkonstante Q = ε 0φ A1 = ε 0φ A 2 11.6.3 Die Divergenz des Feldes Wir betrachten nun den Fluss durch eine geschlossene Oberfläche, die ein Volumenenelement dV umschliesst.. Das Volumenelement ist gleich dV = dxdydz Siehe Abb. 23. 514 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Der Fluss und die Divergenz z dz dA2 y dA1 dx dy x Figur 23. Ein infinitesimales Volumenelement. Das Feld besitzt die folgenden drei Komponenten: r F = Fx , Fy , Fz ( ) Wenn das Volumenelement infinitesimal ist, können wir annehmen, dass das Feld über jede seiner Oberflächen konstant ist. Der Fluss durch die Fläche dA1 ist gleich dφ1 = Fy ( x, y + dy, z) dxdz wobei wir das Feld über die Fläche dxdz konstant angenommen haben. Physik 515 Elektromagnetismus Der Fluss durch die Fläche dA2 ist gleich dφ 2 = − Fy ( x, y, z) dxdz wobei das negative Vorzeichen daher kommt, dass der Winkel zwischen dem Feld und der Fläche, die nach aussen zeigt, gleich 180° ist. Die Summe der Flüsse ist gleich dφ1 + dφ 2 = Fy ( x, y + dy, z) dxdz − Fy ( x, y, z) dxdz ( ) = Fy ( x, y + dy, z) − Fy ( x, y, z) dxdz = ∂Fy ( x, y, z) dydxdz ∂y Eine ähnliche Herleitung gilt auch für die zwei anderen Komponenten. Der gesamte Fluss durch die Oberfläche ist dann gleich ∂Fy ∂F ∂F dy dxdz + z dz dxdy dφ tot ( x, y, z) = x dx dydz + ∂x ∂z ∂y ∂F ( x, y, z) ∂Fy ( x, y, z) ∂Fz ( x, y, z) + + = x dxdydz ∂x ∂y ∂z 1444444424444 44443 r Divergenz von F wobei die Divergenz des Vektorfeldes F am Punkt (x,y,z) definiert wurde. Die Divergenz des Feldes in jedem Punkt (x,y,z) ist gleich dem Fluss, der das Volumenelement im Punkt (x,y,z) des Volumens dxdydz verlässt, pro Volumeneinheit. r r dφ tot ( x, y, z) = ∇ ⋅ F ( x, y, z) dxdydz ( 516 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia ) Der Fluss und die Divergenz wobei wir den Nabla-Operator für die Divergenz des Feldes im Punkt (x,y,z) eingeführt haben (Siehe Kap. 3.8.3). r r ∂F ( x, y, z) ∂Fy ( x, y, z) ∂Fz ( x, y, z) + + ∇ ⋅ F ( x, y, z ) = x ∂x ∂y ∂z 1444444424444444 3 r Divergenz von F Das Symbol ∇ hat die folgende Bedeutung: r ∂ ∂ ∂ ∇≡ , , ∂x ∂y ∂z Es muss immer auf etwas operieren, wie z.B. r r ∂f r ∂f r ∂f r Gradient (Vektorgrösse): G = ∇f = ex + ey + ez ∂z ∂y ∂x r r ∂F ∂Fy ∂Fz Divergenz (Skalargrösse): d = ∇⋅ F = x + + ∂x ∂y ∂z Nehmen wir einmal an, dass wir zwei Volumenelemente dV1 im Punkt (x1,y1,z1) und dV2 im Punkt (x2,y2,z2) so neben einander stellen, dass sie sich berühren. Wir berechnen den gesamten Fluss, der beide Volumenenelemente verlässt. Wir betrachten die Oberfläche, die beide Volumenelemente verbindet. Der Fluss, der durch diese Oberfläche das Volumenelement dV1 verlässt, wird in das Volumenelement dV2 eindringen. In diesem Grenzpunkt werden die Flüsse, die dV1 verlassen und in dV2 eindringen, einander kompensieren. Physik 517 Elektromagnetismus Wir können deshalb den gesamten Fluss, der beide Volumenelemente verlässt, als die Summe der Flüsse, die die einzelnen Volumenelemente verlassen, betrachten: dφ tot = dφ ( x1, y1, z1 ) + dφ ( x 2 , y 2 , z2 ) r r r r = ∇ ⋅ F ( x1, y1, z1 ) dxdydz + ∇ ⋅ F ( x 2 , y 2 , z2 ) dxdydz ( ) ( ) Um dieses Ergebnis auf ein endliches, nicht-infinitesimales Volumen zu erweitern, addieren wir die Flüsse, die in jedem Punkt des ganzen Volumens die inifinitesimalen Volumen dV verlassen: r r r r φ tot = ∫∫∫ dφ = ∫∫∫ ∇ ⋅ F ( x, y, z) dxdydz = ∫∫∫ ∇ ⋅ F dV V V ( ) V ( ) Zusammenfassend haben wir das Theorem der Divergenz (oder Theorem von Gauss) für den gesamten Fluss φtot, der ein Volumen V verlässt, hergeleitet: r r r r φ tot ≡ ∫∫ F ⋅ dA = ∫∫∫ ∇ ⋅ F dV A =∂ V 24 V4 1 4 3 1 4244 3 ( Flächeintegral ) Volumenintegral wobei A die Oberfläche ist, die das Volumen V umschliesst. Dieses Theorem stellt ein Flächeintegral mit einem Volumenintegral in Beziehung. 11.7 Das Gauss’sche Gesetz Wir betrachten nun die elektrischen und magnetischen Felder. 518 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Das Gauss sche Gesetz 11.7.1 Gesetz für das elektrische Feld Im Kap. 11.6.2 haben wir gesehen, dass positive Ladungen elektrischen Fluss erzeugen und dass negative Ladungen ihn vernichten. Wir betrachten das infinitesimale kugelförmige Volumenelement dV in einem Punkt (x,y,z), das eine Ladung dq enthält. Die Ladung verhält sich wie eine Flussquelle (dq>0) oder eine Flusssenke (dq<0). Der Fluss, der das Volumenelement wegen der Anwesenheit der Ladung verlässt, ist gleich (Siehe Kap. 11.6.2) ε 0 dφ = dq oder r r ε 0 ∇ ⋅ E ( x, y, z) dV = ρ( x, y, z) dV ( ) wobei wir den Fluss, der das Volumenelment verlässt, durch die Divergenz des Feldes im Punkt (x,y,z) ersetzt haben. Es folgt, r r r r ε 0 ∇ ⋅ E ( r ) = ρ( r ) ( ) Gesetz von Gauss für das elektrische Feld Man spricht von der differentiellen Form des Gauss’schen Gesetzes. Diese Beziehung gilt in jedem Punkt des Raumes. Es sagt nichts über das Feld aus, sondern nur etwas über dessen Divergenz (die Summe der partiellen Ableitungen des Feldes). Diese Beziehung zwischen der Divergenz des elektrischen Feldes und der Ladungdichte im jedem Punkt des Raumes Physik 519 Elektromagnetismus entspricht einem fundamentalen Gesetz des Elektomagnetismus. Mit Hilfe des Theorems der Divergenz können wir eine fundamentale Beziehung für ein endliches Volumen V herleiten. Es gilt φ tot ≡ r r r r r Q 1 E ⋅ dA = ∇ ∫∫=∂ ∫∫∫ ⋅ E dV = ε 0 ∫∫∫ ρ(r )dV = innerhalb ε0 A V V V ( ) wobei A die Oberfläche ist, die das Volumen V umschliesst, und Qinnerhalb ist die gesamte Ladung, die von der Oberfläche A eingeschlossen wird, oder die sich im Volumen V befindet. Beispiel: Elektrisches Feld einer Punktladung Das elektrische Feld, das von einer Punktladung Q erzeugt wird, die sich im Ursprung des Koordinatensystems befindet, ist gleich r r r 1 Qr 1 Q = E (r ) = ( x, y, z ) 2 4πε 0 r r 4πε 0 r 3 Die Ladung befindet sich im Ursprung des Koordinatensystems. Es folgt, dass die Ladungsverteilung sich so verhält5: r r r Q wenn r = 0 d .h . r = 0 Punktladung: ρ( r ) = r r 0 wenn r ≠ 0 d .h . r > 0 5. Im Prinzip muss die Ladungsdichte eine Ladung pro Volumeneinheit sein. Deshalb ist die Ladungsdichte einer Punktladung Q als die Ladung Q mal eine Funktion δ(r), so dass ρ=Qδ(r). 520 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Das Gauss sche Gesetz Wir wollen deshalb prüfen, ob die Divergenz dieses Feldes verschwindet, wenn der Abstand r verschieden von Null ist. Es gilt, r r ∂E ∂E y ∂E z ∂ x ∂ y ∂ z 1 Q 3 + 3 + 3 + = ∇⋅ E = x + ∂x ∂y ∂z 4πε 0 ∂x r ∂y r ∂z r wobei 3 2 3 2 2 1/ 2 − + + r x x y z ( ) 2x x ∂ x ∂ 2 = 3 = 2 ∂x r ∂x ( x + y 2 + z 2 ) 3 / 2 r6 = r 3 − 3rx 2 r6 Die Divergenz des Feldes ist dann r r ∇⋅ E = r 3 − 3rx 2 r 3 − 3ry 2 r 3 − 3rz 2 1 Q + + 4πε 0 r6 r6 r6 1 Q (3r 3 − 3rx 2 − 3ry 2 − 3rz 2 ) 4πε 0 r 6 =0 = wie erwartet. 11.7.2 Berechnung des elektrischen Feldes mit Hilfe des Gauss’schen Gesetzes Das Gauss’sche Gesetz für ein endliches Volumen lautet r r ε 0 ∫∫ E ⋅ dA = Qinnerhalb A =∂V Physik 521 Elektromagnetismus wobei A die Fläche ist, die das Volumen V umschliesst. Qinnerhalb ist die gesamte Ladung, die sich im Volumen V befindet. Für eine sehr symmetrische Ladungsverteilung können wir Oberflächen finden, bei denen der Betrag des elektrischen Feldes konstant ist und das Feld senkrecht zur Oberfläche steht. Der gesamte elektrische Fluss durch diese Oberfläche wird leicht berechnet. Beispiel: Elektrisches Feld einer geladenen Kugel mit Radius R und Ladung Q Wir haben in Kap. 2.6.4 hergeleitet, dass die Gravitationskraft der Erde dieselbe ist, wie wenn ihre ganze Masse im Zentrum der Erde konzentriert wäre. Wir können nun beweisen, dass das elektrische Feld (ausserhalb) einer homogen geladenen Kugel dasselbe ist, wie wenn die ganze Ladung im Zentrum der Kugel konzentriert wäre. Im Kap. 2.6.4 haben wir das Ergebnis durch eine lange Integration gefunden (Siehe Kap. 2.6.2 und 2.6.3). Hier werden wir das Gauss’sche Gesetz benutzen (das Gesetz gilt natürlich auch für die Gravitationskraft!). Wir nehmen eine kugelförmige Oberfläche A mit Radius r>R. Es gilt, r r r ε 0 ∫∫ E ⋅ dA = ε 0 E ( 4πr 2 ) A 522 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Das Gauss sche Gesetz Die gesamte Ladung innerhalb der Oberfläche A ist die Gesamtladung Q: r r 1 Q gilt für r > R ε 0 E ( 4πr 2 ) = Q ⇒ E ( r) = 4πε 0 r 2 11.7.3 Gesetz für das magnetische Feld Im Kap. 11.2.2 haben wir schon erwähnt, dass man noch nie eine “magnetische” Ladung (sogenannte Monopole) in der Natur beobachtet hat. Es folgt, dass nie magnetischer Fluss erzeugt oder vernichtet wird. Es gibt keine Punkte im Raum, an denen die magnetischen Feldlinien anfangen oder enden. Die Divergenz des magnetischen Feldes muss deshalb in jedem Punkt des Raumes gleich null sein: r r r ∇ ⋅ B( r ) = 0 Gesetz von Gauss für das magnetische Feld Eine Folgerung daraus ist, dass der magnetische Fluss durch eine geschlossene Oberfläche immer gleich null ist. Diese Bedingung für die Divergenz des magnetischen Feldes im jedem Punkt des Raumes entspricht einem zweiten fundamentalen Gesetz des Elektomagnetismus. Beispiel: Magnetisches Feld eines langen geraden Leiters Physik 523 Elektromagnetismus Wir haben im Kap. 11.4.2 hergeleitet, dass das magnetische Feld eines langen geraden Leiters gleich B( r ) = 2µ 0 I 4πr ist, wobei I der Strom ist, der durch den Leiter fliesst, und r ist der Abstand zwischen dem Leiter und dem betrachteten Punkt im Raum. r2 = x 2 + y 2 Siehe Abb. 13. Wenn wir die Richtung des magnetischen Feldes einsetzen wollen, können wir den magnetischen Feldvektor ausdrücken als r 2µ I y x 2µ I y x B( x, y, z) = 0 − , , 0 = 0 − 2 , 2 , 0 4π r r 4πr r r 524 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Das Gauss sche Gesetz Siehe Abb. 24 (Betrachte z.B. B(x,0,0), B(0,y,0), usw...) z i y B x Figur 24. Das magnetische Feld eines langen geraden Leiters. Die partiellen Ableitungen sind ∂ y ∂ y 0 − y2 x − 2 = − 2 2 = − r4 ∂x x + y ∂x r und ∂ x ∂ x 0 − x2 y = = r4 ∂y r 2 ∂y x 2 + y 2 Die Divergenz des magnetischen Feldes ist dann gleich r r 2µ I ∇ ⋅ B = 0 4 (2 yx − 2 xy ) = 0 4πr wie erwartet. Physik 525 Elektromagnetismus 11.8 Stromdichte und Ladungserhaltung Wir betrachten ein Volumen V, das eine gesamte Ladung Q enthält. Die Ladungsverteilung wird durch die Ladungsdichte ρ(r) charakterisiert, so dass gilt r Q ≡ ∫∫∫ dq = ∫∫∫ ρ( r ) dV V V Siehe Kap. 11.4. Wenn die gesamte Ladung, die im Volumen V enthalten ist, sich ändert, muss ein Strom durch die Oberfläche des Volumens fliessen. Dies ist so, weil die Ladung immer erhalten ist, und sie deshalb weder erzeugt noch vernichtet werden kann. Um die gesamte Ladung innerhalb des Volumens zu ändern, müssen wir Ladungen hinzufügen oder wegnehmen, und deshalb müssen wir die Ladungen bewegen. Die zeitliche Änderung der gesamten Ladung innerhalb des Volumens ist deshalb gleich dem Strom, der durch die Oberfläche des Volumens fliesst: dQ − dt { Zeitliche Ableitung der Ladung innerhalb des Volumens 526 = I ( t) { Strom, der durch die Oberfläche des Volumens fliesst Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Stromdichte und Ladungserhaltung Wir definieren nun die Stromdichte j(r) als eine Vektorgrösse, so dass die Summe der Stromdichte über eine endliche Fläche A gleich der gesamten Stromstärke ist, die durch die Fläche A fliesst: r r r I{ ≡ ∫∫ j ( r ) ⋅ dA Strom durch die Oberfläche A A Siehe Abb. 25. Die Stromdichte wird definiert als die Stromstärke pro Flächeneinheit. Die Stromstärke durch eine ebene Fläche dA ist gleich r r iA = j ⋅ dA Einheit: [Ladung] = C [ j ] = [Zeit ][Fläche] s.m r 2 = A m2 Aus der Definition folgt, dass r r r r r ∂ρ( r ) dQ d dV = − ∫∫ j ( r ) ⋅ dA = ∫∫∫ ρ( r ) dV = ∫∫∫ ∂t dt dt V V A =∂V wobei A die Oberfläche des Volumens V ist. Physik 527 Elektromagnetismus i j = Querschnittsfläche d i d dA j θ j Die Stromdichte ist gleich der Stromstärke pro Flächeneinheit. Stromstärke durch die Fläche dA iA = j ⋅ dA Stromdichte in einem Leiter. Die Stromstärke i fliesst durch den Leiter. Die Stromstärke durch die Fläche A wird als das Skalarprodukt der Stromdichte und des Flächenvektors definiert. Figur 25. Mit Hilfe des Divergenz-Theorems, können wir diese Beziehung in der folgenden Weise schreiben r r r r r r r ∂ρ( r ) = − ⋅ = − ∇ ⋅ j ( r ) dV dV j ( r ) dA ∫∫∫ ∫∫ ∫∫∫ ∂t V A =∂V V oder r ∂ρ( r ) r r r + ∇ ⋅ j (r ) = 0 ∂t Kontinuitätsgleichung Diese Gleichung gilt in jedem Punkt des Raumes. Sie sagt, dass wenn sich die Ladung in einem Punkt ändert, in diesem Punkt ein elektrischer Strom fliessen muss. 528 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Stromdichte und Ladungserhaltung Beispiel: Drei Ströme, die in 3 verschiedenen Leitern durch eine Fläche A fliessen. Siehe Abb. 26. Wir nehmen an, dass die 3 Leiter die Querschnitte A1, A2 und A3 besitzen und dass die Stromstärken i1, i2, und i3 sind. Wir defininieren diese Stromstärke als positiven Grössen: i1 > 0, i2 > 0 und i3 > 0 Wir müssen zuerst eine Richtung der Fläche wählen! Wir nehmen an, dass die positive Richtung nach oben ist, wie es in der Abb. 26 gezeigt ist. Diese Richtung definiert auch die Richtung der Ströme. Der gesamte Strom, der durch die Fläche A fliesst, ist dann gleich r r r r r r r r r I{ = ∫∫ j ( r ) ⋅ dA = j1 ⋅ dA1 + j2 ⋅ dA2 + j3 ⋅ dA3 = i1 + i2 − i3 Strom durch die Oberfläche A A i3 i2 i1 A3 A2 Fläche A A1 Drei Ströme, die in drei unterschiedlichen Leitern senkrecht durch eine Fläche A fliessen. Die Richtung der Ströme ist in Rot gezeigt. Figur 26. Physik 529 Elektromagnetismus 11.9 Das Linienintegral eines Feldes 11.9.1 Linienintegral über eine Kurve Wir betrachten ein Vektorfeld F und wir sind am Integral des Feldes über eine bestimmte Kurve C von einem Punkt A zu einem Punkt B interessiert B r r ∫ F .dr A Das Ergebnis dieses Linienintegrals ist eine skalare Grösse, die die Summe der einzelnen Skalarprodukte F.dr entlang der Kurve darstellt. Siehe Abb. 27. B Fi Kurve C i A Figur 27. Linienintegral über die Kurve C. Das Linienintegral ist gleich der Summe r r F ∑ i ⋅ dri i 530 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia dr i Das Linienintegral eines Feldes Wir haben z.B. eine solche Integration benutzt, als wir die von einer Kraft geleistete Arbeit eingeführt haben (Siehe Kap. 3.6.2). Wenn wir einen geschlossenen Weg betrachten wie in Abb. 28 gezeigt, dann wird das Integral so bezeichnet r r ∫ F .dr C wobei C eine geschlossene Kurve ist. Siehe Abb. 28. Kurve C i dr i Fi Figur 28. Eine geschlossene Kurve C. 11.9.2 Theorem von Stokes Wir beginnen mit der Bemerkung, dass eine beliebige Fläche immer von einer geschlossenen Kurve eingeschlossen werden kann. Wir definieren die Richtung der Fläche mit Hilfe der Rechte-Hand-Regel. Siehe Abb. 29. Physik 531 Elektromagnetismus Das Theorem von Stokes setzt das Linienintegral über die geschlossene Kurve C mit dem Flächenintegral über die Fläche A in Beziehung. Es sagt, dass das Linienintegral eines Feldes F über eine geschlossene Kurve C gleich dem Flächenintegral der Rotation des Feldes über die Fläche A ist, wobei A von C umgerandet wird, ist, d.h.: r r r r r . = ∇ × ⋅ F dr F dA Theorem von Stokes ∫ ∫∫ C =∂A A ( ) F ist ein Vektorfeld und A eine beliebige Fläche; C ist die geschlossene Kurve, die die Fläche A einschliesst. Positive Richtung Fläche A Kurve C Eine Fläche A kann immer von einer geschlossenen Kurve C eingeschlossen werden. Die Richtung der Fläche ist durch die RechteHand-Regel gegeben. Figur 29. 532 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Das Linienintegral eines Feldes Hier haben wir den Nabla-Operator mit dem Vektorprodukt benutz, um die Rotation des Feldes F zu definieren: r r ∂F ∂Fy r ∂Fz ∂F r ∂Fy ∂F r ∇× F ≡ z − − x ey + − x ez ex − ∂z ∂x ∂y ∂y ∂z ∂x (Beachte das negative Vorzeichen!). Schliesslich haben wir drei Grössen mit Hilfe des Nabla-Operators eingeführt: r r ∂f r ∂f r ∂f r Gradient (Vektorgrösse): G = ∇f = ex + ey + ez ∂z ∂y ∂x r r ∂F ∂Fy ∂Fz Divergenz (Skalargrösse): d = ∇⋅ F = x + + ∂x ∂y ∂z r r r ∂F ∂Fy r Rotation (Vektorgrösse): R = ∇× F ≡ z − e − ∂y ∂z x ∂Fz ∂Fx r ∂Fy ∂Fx r − − e + e ∂x ∂z y ∂x ∂y z Beispiel: Rotation des elektrischen Feldes einer Punktladung Das elektrische Feld, das von einer Punktladung Q erzeugt wird, die sich im Ursprung des Koordinatensystems befindet, ist gleich r r r Q x y z 1 Qr E (r ) = E x , E y , E z = = , , 2 4πε 0 r r 4πε 0 r 3 r 3 r 3 ( ) Wir bestimmen die Rotation dieses elektrischen Feldes. Physik 533 Elektromagnetismus Wir beginnen mit der x-Komponente der Rotation: 3 2 2 2 1/ 2 0 − z (x + y + z ) 2y 3zy ∂ z ∂ z 2 = − = 3 = 2 3 2 / 6 ∂y r ∂y ( x + y 2 + z 2 ) r r5 3 2 2 2 1/ 2 0 − + + z y x y ( ) 2z 3yz ∂ y ∂ y 2 = = =− 5 ∂z r 3 ∂z ( x 2 + y 2 + z 2 ) 3 / 2 r6 r und deshalb ∂E z ∂E y r 3zy 3zy r − + 5 ex = 0 e = − r ∂y ∂z x r 5 Mit einer ähnlichen Herleitung für die anderen zwei Komponenten können wir beweisen, dass die Rotation des elektrischen Feldes einer Punktladung in jedem Punkt des Raumes verschwindet: r r ∂E ∂E y r ∂E z ∂E r ∂E y ∂E r − x ez = 0 ∇× E ≡ z − − x ey + e − ∂z ∂x ∂y ∂y ∂z x ∂x Man spricht von der “Wirbelfreiheit” des elektrischen Feldes. 11.9.3 Rotation des Feldes und konservative Felder Wir konnten die elektrische potentielle Energie und das elektrische Potential definieren, weil die Arbeit, die benötigt wird, um eine Ladung q von einem Punkt A zum Punkt B entlang des Weges S zu bewegen, unabhängig vom Weg S ist (siehe Kap. 11.5.1): B r r r r W AB = q ∫ E .dr ≡ − E pot ( rB ) − E pot ( rA ) A 534 ( Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia ) Das Linienintegral eines Feldes d.h. dass die Arbeit nur vom Anfangs- und Endpunkt abhängt. Sie kann deshalb als Unterschied der potentiellen Energie zwischen Punkt A und B geschrieben werden. Wir haben gesehen, dass die Rotation des Feldes, das von einer Punktladung erzeugt wird, in jedem des Raumes gleich null ist: r r in jedem Punkt des Raumes ∇ × E ( x, y, z ) = 0 ( ) Es folgt, dass das Flächenintegral der Rotation eines solchen Feldes über eine beliebige Fläche gleich null ist: r r r r r ∇ × E ⋅ dA = 0 wenn ∇ × E ( x, y, z ) ≡ 0 ∫∫ A ( ) ( ) Mit Hilfe des Theorems von Stokes finden wir r r r r r E ⋅ dA = E ∇ × ∫∫ ∫ .dr = 0 A ( ) C =∂A Zusammenfassend haben wir bewiesen, dass wenn die Rotation des Feldes in jedem Punkt des Raumes verschwindet, das Linienintegral des Feldes über eine beliebige geschlossene Kurve gleich null ist: r r r r ∇ × E ( x, y, z) ≡ 0 ⇒ ∫ E .dr = 0 ( ) C Die geschlossene Kurve C kann in zwei Teile S und S’ getrennt werden: r r B r r A r r . = . + E dr E dr E .dr = 0 ∫C ∫4 ∫12 A B 12 4 3 4 4 3 entlang Weges S Physik entlang Weges S ′ 535 Elektromagnetismus Es folgt, dass wenn die Rotation des Feldes in jedem Punkt des Raumes verschwindet, das Linienintegral des Feldes vom Punkt A zum Punkt B vom Weg unabhängig ist. In diesem Fall ist das Feld konservativ (oder ein Potentialfeld) und wir können die entsprechende potentielle Energie oder das Potential definieren: r r r r r ∇ × E ≡ 0 ⇒ E ( r ) ≡ −∇V ( r ) ( ) wobei V(r) das elektrische Potential ist. 11.10 Das Ampèresche Gesetz Wir betrachten das magnetische Feld eines langen geraden Leiters. Der Betrag des magnetischen Feldes ist (siehe Kap. 11.4.2) B( r ) = 2µ 0 I 4πr wobei I der Strom ist, der durch den Leiter fliesst, und r ist der Abstand zwischen dem Leiter und dem betrachteten Punkt im Raum. Siehe Abb. 14. Wir bestimmen das Linienintegral des magnetischen Feldes entlang einer Kreiskurve mit dem Radius R um den Leiter. 536 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Das Amp resche Gesetz Siehe Abb. 30. dr i Bi R i Gesetz von Ampère. Wir bestimmen das Linienintegral des Feldes über den geschlossenen Kreis mit Radius R. Wir bemerken, dass der Strom nach “oben” fliesst und deshalb das B-Feld gegen dem Uhrzeigersinn zeigt. Figur 30. In allen Punkten auf dem Kreis ist die Strecke dr immer tangential zum Integrationsweg. Das Feld B und die Stecke dr sind immer parallel zueinander. Es gilt, r r 2µ 0 I 2µ 0 I ∫ B.dr = ∫ Bdr = 4πR ∫ dr = 4πR (2πR) = µ I 0 C C C d.h. das Linienintegral des Feldes ist zur Stromstärke proportional. Das ist das Ampèrsche6 Gesetz. Es gilt für jede mögliche Anordnung von (stationären) elektrischen Strömen und für jeden Integrationsweg. 6. A. Ampère (1775-1836). Physik 537 Elektromagnetismus Es folgt mit Hilfe des Theorems von Stokes, dass r r r r r r r . = ∇ × ⋅ = µ = µ B dr B dA I 0 ∫ ∫∫ ∫∫ 0 j ⋅ dA C =∂A A ( ) A Weil diese Beziehung für eine beliebige Fläche gilt, muss in jedem Punkt des Raumes gelten: r r r r r ∇ × B (r ) = µ0 j (r ) ( ) Gesetz von Ampère für das magnetische Feld wobei j(r) die Stromdichte und µ 0 die magnetische Feldkonstante ist. Wie im Fall des Gesetzes von Gauss, kann das Gesetz von Ampère benutzt werden, um das magnetische Feld zu bestimmen, wenn die geometrische Anordnung der Störme zu einer Symmetrie des Feldes führt. Man sucht in diesem Fall eine Kurve, für die das Linienintegral sich einfach als das Produkt des Feldes und der Länge schreiben lässt. Wir erinnern uns daran, dass die Richtung der Fläche A durch die Rechte-Hand-Regel gegeben ist. Siehe Abb. 29. Wenn viele Ströme durch die Fläche fliessen, müssen sie mit dem richtigen Vorzeichen addiert werden. Siehe Abb. 31. In der Abb. ist die gesamte Stromstärke als I tot = i1 − i2 538 (i1 > 0, i2 > 0) Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Das Amp resche Gesetz zu bestimmen. i2 i1 Fläche A Kurve C dr B Figur 31. Illustration zum Gesetz von Ampère. Beispiel: Das Solenoid Wir wickeln einen isolierten Draht in dicht nebeneinanderliegenden Windungen auf. Wir erhalten eine zylindrische Spule, die als Solenoid bezeichnet wird. Die Länge der Spule soll relativ zu ihrem Durchmesser gross sein. In Punkten nahe einer einzelnen Windung ist das magnetische Feld fast gleich demjenigen eines geraden Leiters. Die Feldlinien bilden konzentrische Kreise um diese Windung. Die Felder aller Windungen der Spule addieren sich vektoriell zu einem Gesamtfeld. Physik 539 Elektromagnetismus Siehe Abb. 32. h i d B L N Windungen Figur 32. n = N/L ist gleich der Zahl der Windungen pro Längeneinheit i Das magnetische Feld eines Solenoids. Im Innenrn der Spule resultiert ein paralleles Feld, welches bei einer sehr eng gewickelten Spule tatsätchlich homogen ist. Wir betrachten die blaue Kurve für die Integration des Feldes. Es gilt r r r Nh ∫C B.dr ≈ Bh = µ0I L ⇒ B ≈ µ0In wobei n=N/L die Zahl der Windungen pro Längeneinheit ist. 540 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Maxwellsche Gleichungen 11.11 Maxwellsche Gleichungen Die Maxwellschen Gleichungen beschreiben die Dynamik elektrischer und magnetischer Felder. Sie haben für die Elektrodynamik eine ähnliche Bedeutung wie die Newtonschen Axiome für die klassische Mechanik. Die Gleichungen setzen die Felder mit ihren Quellen in Beziehung. Im Prinzip können alle elektromagnetischen Phänomene mit Hilfe dieser Gleichungen erklärt werden. In der Praxis ist die Lösung der Maxwellschen Gleichungen oft schwierig, und in diesen Fällen sucht man numerische Lösungen der Gleichungen. Die Maxwellschen Gleichungen fassen in einer kompakten mathematischen Formulierung die beiden Gesetze von Gauss für das elektrische und das magnetische Feld sowie das Gesetz von Ampère zusammen. Zusätzlich wurden auch das sogenante Gesetz von Faraday und eine Erweiterung des Gesetzes von Ampère, die mit der zeitlichen Änderung der Felder zu tun hat, von Maxwell hinzugefügt. Die Maxwellsche Gleichungen: r r ε0 ∇ ⋅ E = ρ r r r ∂B ∇× E = − ∂t ( ) r r (∇ ⋅ B) = 0 r r r r ∂E ∇ × B = µ 0 j + ε 0µ 0 ∂t Maxwellsche Gleichungen wobei ρ(r,t) die Ladungsdichte und j(r,t) die Stromdichte ist. Physik 541 Elektromagnetismus Diese Gleichungen gelten in jedem Punkt des Raumes. Im Fall der Elektrostatik oder Magnetostatik sind die Felder von der Zeit unabhängig, und die Gleichungen vereinfachen sich zu: r r r r ε0 ∇ ⋅ E = ρ ∇ ⋅ B = 0 r r r r r ∇× E = 0 ∇ × B = µ0 j ( ) ( ) Zeitunabhängige Maxwellsche Gleichungen Diese Gleichungen gelten für stationäre Ströme. Wir erkennen in diesen Gleichungen die Gesetze, die wir schon in den vorherigen Kapiteln studiert haben: r r ε 0 ∇ ⋅ E = ρ Gesetze von Gauss r r ∇ ⋅ B = 0 r r r ∇× E = 0 konservatives Feld ⇒ E = −∇V r r r ∇ × B = µ0 j Gesetz von Ampère ( ( ) ) Was wir nun studieren wollen, sind die zeitabhängigen Teile der Gleichungen, nämlich r r r ∂B ∇ × E = − ∂t r r r ∂E ∇ × B = ε 0µ 0 ∂t Aus diesen Gleichungen folgt eine sehr wichtige physikalische Regel: 542 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Gesetz von Faraday (Induktionsgesetz) Ein zeitveränderliches magnetisches (bez. elektrisches) Feld erzeugt ein elektrisches (bez. magnetisches) Feld. 11.12 Gesetz von Faraday (Induktionsgesetz) 11.12.1 Die induzierte Spannung Dass eine elektrische Spannung (die Induktionsspannung) durch die Änderung eines magnetischen Feldes durch eine Leiterschleife erzeugt wird, beobachteten zuerst im Jahr 1830 Faraday und Henry7. Man sagt, dass eine Spannung induziert wird. Experiment: Grundversuch der Induktion - Drahtschleife und Stabmagnet Experiment: Induktion im Erdfeld Die elektrische Spannung ist gleich dem Potentialunterschied zwischen zwei Punkten: r r U AB ≡ V ( rA ) − V ( rB ) 7. M. Faraday (1791-1867), J. Henry (1797-1878). Physik 543 Elektromagnetismus Siehe Abb. 33. Volt meter – U 2 + r2 1 r1 Ein Voltmeter misst den Potentialunterschied zwischen zwei Punkten. Die gestrichelten Linien sind die Äquipotentiallinien, d.h. die Linien gleichen Potentials. Figur 33. Einheit: Die Einheit der Spannung ist das Volt (d.h. dieselbe wie die des Potentials). Die Spannung wird definiert als Arbeit pro Ladung r r r r U AB ≡ V ( rA ) − V ( rB ) = −(V ( rB ) − V ( rA )) r r E pot ( rB ) − E pot ( rA ) W AB =− = q q Wir betrachten eine Leiterschleife in einem magnetischen Feld. Wir nehmen an, dass sich das Feld mit der Zeit ändert. Eine Induktionsspannung wird erzeugt. Siehe Abb. 34. 544 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Gesetz von Faraday (Induktionsgesetz) Wenn sich eine Ladung in der Schleife befindet, muss aufgrund der Induktionsspannung eine Kraft auf sie wirken. Die Kraft wirkt aufgrund des elektrischen Feldes, das wegen der Änderung des magnetischen Feldes erzeugt wird: r r F = qE Die von dem Feld geleistete Arbeit ist B r r B r r W AB ∫A F ⋅ dr U AB = = = ∫ E ⋅ dr A q q Das Linienintegral des elektrischen Feldes über die geschlossene Schleife ist deshalb gleich der Induktionsspannung: r r U induziert = ∫ E ⋅ dr Bisher haben wir elektrische Felder betrachtet, die durch elektrische Ladungen erzeugt wurden. Das Linienintegral über eine geschlossene Kurve von solchen elektrostatischen Feldern verschwindet immer: r r r r ∇ × E ≡ 0 ⇒ ∫ E .dr = 0 ( Physik ) C 545 Elektromagnetismus E q + _ E dr A UAB B Die in der Schleife induzierte Spannung ist gleich dem Linienintegral des elektrischen Feldes über die Schleife. Figur 34. Solche Felder haben wir als konservativ bezeichnet (Siehe Kap. 11.9.3). Im Fall der Induktionsspannung ist das Linienintegral nicht gleich null, und es gilt r r r r r r r r r d ∂B r ∂B ⋅ dA = − ∫∫ B ⋅ dA ⇒ ∫∫ ∇ × E ⋅ dA = − ∫∫ ∇× E = − dt A ∂t ∂t A A ( Weil r r ) r ∫∫ (∇ × E ) ⋅ dA = ∫ A 546 C =∂A Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia r r E .dr = U induziert Gesetz von Faraday (Induktionsgesetz) folgt das Induktiongesetz U induziert = r r r r dφ d E .dr = − ∫∫ B ⋅ dA = − B dt dt A C =∂A ∫ wobei φB der magnetische Fluss durch die Fläche A ist, und C ist die Kurve, die die Fläche A einschliesst. Wenn wir das Faradaysche Gesetz auf eine Schleife mit N Windungen anwenden, so wird in jeder der Windungen eine Spannung induziert, weil der magnetische Fluss durch jede Windung gleich gross ist. Die induzierte Spannung ist in diesem Fall gleich U induziert = − N dφ B dt Nun müssen wir etwas über das Vorzeichen der induzierten Spannung sagen. Wir bemerken, dass die induzierte Spannung ein negatives Vorzeichen besitzt. Siehe Abb. 35. Das negative Vorzeichen kommt vom Vorzeichens in der Maxwellschen Gleichung: r r r ∂B ∇× E = − ∂t Physik 547 Elektromagnetismus Positive Richtung E B nimmt nach oben,zu Rechte-Hand-Regel ∇× E =− ∂B ∂t Die Richtung des induzierten Stromes (in Richtung vom E-Feld). Das magnetische Feld zeigt nach oben und nimmt mit der Zeit zu. Figur 35. Wir nehmen an, dass ein nach unten gerichtetes magnetisches Feld mit der Zeit abnimmt. Die zeitliche Ableitung des magnetischen Feldvektors zeigt nach oben. Siehe Abb. 36. Wegen dem negativen Vorzeichen zeigt das induzierte elektrische Feld im Uhrzeigersinn. 548 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Gesetz von Faraday (Induktionsgesetz) Im Gegensatz dazu erzeugt ein nach oben gerichteter Strom ein magnetisches Feld, das gegen den Uhrzeigersinn zeigt induziertes elektrisches Feld nach unten gerichtetes magnetisches Feld, das mit der Zeit abnimmt (Die zeitliche Änderung zeigt nach oben) E X X X X X X X X X X nach oben gerichteter Strom Magnetisches Feld um den Strom E X X X X X X X X X X X X X X X X ∇× E =− X X X X X X B X X X X i E ∂B ∂t ∇ × B = µ0 j nach oben gerichtet nach oben gerichtet Richtung der induzierten Spannung. Ein nach unten gerichtetes magnetisches Feld nimmt mit der Zeit ab. Seine zeitliche Ableitung zeigt nach oben. Wegen dem negativen Vorzeichen zeigt das induzierte elektrische Feld im Uhrzeigersinn. Im Fall des Gesetzes von Ampère erzeugt ein nach oben gerichteter Strom ein magnetisches Feld, das gegen den Uhrzeigersinn zeigt. Figur 36. 11.12.2 Das Ohmsche Gesetz Wir haben in Kap. 11.3 gesehen, dass die Driftgeschwindigkeit der beweglichen Elektronen in einem Leiter proportional zum elektrischen Feld ist: r r v D = −µE wobei µ die Beweglichkeit der Elektronen ist. Physik 549 Elektromagnetismus Wir betrachten einen Leiter vom Querschnitt A, durch welchen ein konstanter Strom der Stromstärke I fliesst. Es gilt (Siehe Kap. 11.3) r r r r r r I r ⇒ I = qnAv D = −(− e) nAµE j = = (enµ ) E = σE A wobei σ die Leitfähigkeit des Leiters ist. Die Stromdichte ist zum elektrischen Feld proportional. Einheit: Weil das Linienintegral des elektrischen Feldes B r r U AB = ∫ E ⋅ dr A die Einheit einer Spannung besitzt, kann die Einheit des elektrischen Feldes als V/m ausgedrückt werden: r N V E = = C m [ ] Die Einheit der Leitfähigkeit ist dann r j A / m2 A = [σ ] = r = V / m Vm E [] [ ] Das Verhältnis V/A wird als Ohm bezeichnet: Ohm Ω = V A Man spricht von der Leitfähigkeit von Materialien: z.B. σ Kupfer = 6 × 10 7 (Ωm) σ Quarz = 10 −16 550 (Ωm) −1 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia −1 Gesetz von Faraday (Induktionsgesetz) Ein elektrisches Feld im Leiter wird erzeugt, wenn wir an die Enden des Leiters eine elektrische Spannung anlegen. Das elektrische Feld wird in allen Punkten des Leiters konstant sein, und deshalb ist auch die Stromdichte konstant. Es gilt r r U = ∫ E ⋅ dr = ∫ Edr = EL I = jA wobei L die Länge des Leiters ist. Es folgt, j = σE ⇒ jA = σ A A LE ⇒ I = σ U L L Dieses Ergebnis entspricht dem Ohmschen Gesetz: L U = RI = I σA wobei R der Widerstand des Leiters ist. Das Gesetz gilt für alle Metalle. Wir bemerken, dass der Widerstand von der Temperatur des Leiters abhängt. Er nimmt mit der Temperatur zu. 11.12.3 Der induzierte Strom Wir betrachten eine Leiterschleife, in welcher eine elektrische Spannung induziert wird. Bisher haben wir diese Spannung mit Hilfe eines Voltmeters gemessen. Wenn die Leiterschleife einen geschlossenen Stromkreis bildet, werden sich die beweglichen Elektronen in der Schleife bewegen. Man spricht von induziertem Strom. Physik 551 Elektromagnetismus Im Fall der Metalle können wir das Ohmsche Gesetz benutzen: 1 dφ B R dt für einen geschlossenen Stromkreis I induziert = U induziert / R = − wobei R der Widerstand des Stromkreises ist. Lenzsche Regel: Lenz8 beobachtete, dass die induzierten Ströme so gerichtet sind, dass sie ihrer Ursache, d.h. der Änderung des magnetischen Flusses, entgegenwirken. (Diese Beobachtung folgt aus der Energieerhaltung.) Wir betrachten z.B. eine Leiterschleife, die sich im magnetischen Feld befindet. Siehe Abb. 37 Wir nehmen an, dass das magnetische Feld zunimmt. Der induzierte Strom ist gegen den Uhrzeigersinn gerichtet. Der induzierte Strom erzeugt selbst ein magnetisches Feld (die sogenannte Selbstinduktion)! Das “induzierte” magnetische Feld Bind schwächt den magnetischen Fluss durch die Schleife: r r ∂B sind entgegengesetzt Bind und ∂t 8. H.F. Lenz (1804-1865). 552 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Gesetz von Faraday (Induktionsgesetz) B Das Feld nimmt zu! ∂B ∂t induzierter Strom induziertes magnetisches Feld B Das Feld nimmt ab! ∂B ∂t induzierter Strom induziertes magnetisches Feld Figur 37. Physik Lenzsche Regel. 553 Elektromagnetismus 11.12.4 Induktion durch Bewegung Wir betrachten einen Leiterstab, der sich in einem magnetischen Feld bewegt. Eine Spannung wird induziert. Experiment: Induktion durch Verschiebung eines Drahtes im Magnetfeld. Siehe Abb. 38. v x X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X h V nach unten gerichtetes magnetisches Feld Ein Stab bewegt sich in einem magnetischen Feld, das nach unten senkrecht zur Blattebene zeigt. Figur 38. Der magnetische Fluss durch den geschlossenen Stromkreis ist gleich r r φ B = ∫∫ B ⋅ dA = Bhx A 554 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Gesetz von Faraday (Induktionsgesetz) Der Stab bewegt sich mit der Geschwindigkeit v. Die Fläche des Stromkreises nimmt mit der Zeit zu: dx dφ B d = Bhx = Bh = Bhv dt dt dt Die Änderung des Flusses sowie der induzierte Strom hängen von der Geschwindigkeit ab: U induziert = − Physik dφ B = − Bhv dt 555 Elektromagnetismus 556 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia