1 Grünbuch Optionen für die Einführung eines Europäischen Vertragsrechts für Verbraucher und Unternehmen – KOM(2010)348 endgültig Stellungnahme der Arbeitsgruppe Europäisches Privatrecht der Universität Luxemburg 1 Dies ist keine offizielle Stellungnahme der Universität Luxemburg, sondern reflektiert vielmehr die Ansichten der Teilnehmer der Arbeitsgruppe Europäisches Privatrecht. Diese Stellungnahme wird in französischer, englischer und deutscher (den offiziellen Sprachen der Universität Luxemburg) Fassung vorgelegt, wobei diese untereinander nicht notwendigerweise deckungsgleich sind. Derartige graduelle Abweichungen sind auf die entsprechenden Unterschiede der verschiedenen Sprachfassungen des Grünbuchs zurückzuführen. Als Beispiel soll Punkt 2 des Grünbuchs dienen: Englische Fassung, S. 4: "In order to carry out its mandate, the Commission has set up an Expert Group to study the feasibility of a userfriendly instrument of European Contract Law, capable of benefiting consumers and businesses which, at the same time, would provide for legal certainty". Französische Fassung, S. 4: "Pour exécuter son mandat, la Commission a créé un groupe d'experts chargé d'étudier la faisabilité d'un instrument de droit européen des contrats, facile à consulter, pouvant bénéficier aux consommateurs et aux entreprises tout en leur apportant la sécurité juridique escomptée". Deutsche Fassung, S. 4: "Die Kommission hat zu diesem Zweck eine Expertengruppe eingesetzt, die prüfen soll, ob sich ein relativ leicht anzuwendendes Instrument des Europäischen Vertragsrechts, das Rechtssicherheit bietet und Verbrauchern wie auch der Wirtschaft Nutzen bringt, realisieren lässt." 1. Zweck des Grünbuchs (1) Der Begriff des „Europäischen Vertragsrechts für Verbraucher und Unternehmen” umfasst implizit nicht nur Verbraucherverträge, sondern darüber hinaus auch Unternehmerverträge und (zumindest potentiell) auch Verträge, die Verbraucher untereinander schließen. Die verschiedenen mitgliedstaatlichen Vertragsrechtsordnungen, wie sie auf Verbraucherverträge, Unternehmerverträge und Verträge, die Verbraucher untereinander schließen anwendbar sind, differenzieren jedoch anhand der jeweiligen Vertragsgattung und bringen nicht notwendigerweise 1 Teilnehmer: Prof. Dr. D. Hiez; Prof. Dr. E. Poillot; Mag. Iur. M. Petschko, Auxiliaire Scientifique; Dr. I. Rueda, Post-doc Researcher. Stellungnahme der Arbeitsgruppe Europäisches Privatrecht der Universität Luxemburg 2 dieselben Grundsätze auf alle Verträge zur Anwendung. Sollten diese drei Vertragsgattungen „europäisiert“ werden, erscheint es zweckmäßig und angebracht ebenfalls einen entsprechend differenzierten Ansatz zu verfolgen. (2) Darüber hinaus scheint das Grünbuch der Kommission - Optionen für die Einführung eines Europäischen Vertragsrechts für Verbraucher und Unternehmen („Grünbuch“) von der Annahme auszugehen, dass eine weitere Harmonisierung/Angleichung auf dem Gebiet des Vertragsrechts eine hinlängliche Begründung bereits in der Verwirklichung des Binnenmarktes findet. Dies erweckt den Eindruck, dass die Ratio und der entsprechende politische Wille, die sowohl dem Binnenmarkt, als auch den unterschiedlichen, mitgliedstaatlichen Vertragsrechtsordnungen zugrunde liegen, unterschiedslos miteinander verquickt werden. Tatsächlich ist es jedoch angebracht zwischen der Ratio des Binnemarktes einerseits und politischen Zielvorstellungen andererseits zu unterscheiden. Vor diesem Hintergrund erscheint es fraglich, ob der gewählte Ansatz - nämlich ein europäisches Vertragsrecht als Instrument zur Verwirklichung des Binnenmarktes einzusetzen - einen ausreichenden Begründungswert aufweist. (a) Käme man zu einem bejahenden Ergebnis, fiele dem Vertragsrecht im Rahmen der europäischen Einigung eine rein instrumentelle Rolle zu. Dem kann – schon aus Sicht der Mitgliedstaaten – nicht zugestimmt werden. (b) Ausgehend von der Prämisse, dass das Binnenmarktziel keine ausreichende Grundlage für ein europäisches Vertragsrecht ist, wäre folglich ein Konsens auf europäischer Ebene nötig, der einem solchen Projekt - in seiner jeweiligen Ausprägung - eine ausreichende Grundlage zu verleihen hätte. (3) Die Annahme, dass bereits der Umstand der Existenz verschiedener Vertragsrechtsordnungen innerhalb der Union der Verwirklichung des Binnenmarktziels abträglich ist, wäre jedenfalls zu hinterfragen. Der Judikatur des EuGH entsprechend, reicht „die bloße Feststellung von Unterschieden zwischen den nationalen Vorschriften und die abstrakte Gefahr von Beeinträchtigungen der Grundfreiheiten oder daraus möglicherweise entstehenden Wettbewerbsverzerrungen“ nicht aus, um eine Harmonisierungsmaßnahme zu begründen. 2 2. Hintergrund (1) Das angestrebte Ziel eines „relativ leicht anzuwendenden Instruments des Europäischen Vertragsrechts“ ist gewiss lobenswert. Es sollte jedoch auf das damit verbundene Risiko der übermäßigen Simplifizierung hingewiesen werden, das es, auch aus Gründen der Rechtssicherheit, zu vermeiden gilt. Das Verbraucherschutzrecht, ebenso wie das Vertragsrecht im Allgemeinen, weist zunehmend einen erheblichen Grad an Komplexität auf, worin es der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung industrialisierter Staaten korrespondiert. Vor diesem Hintergrund sollte der mit einem europäischen Vertragsrecht verfolgte Zweck demnach eher darin bestehen Verbrauchern, Unternehmen und Rechtsanwendern einen in deutlicher und verständlicher Sprache abgefassten Rechtsakt an die Hand zu geben. Dabei sollte jedoch nicht 2 Urteil des EuGH vom 5. Oktober 2000 in der Rechtssache C-376/98 (Tabakwerbung, Rn. 84). Stellungnahme der Arbeitsgruppe Europäisches Privatrecht der Universität Luxemburg 3 übersehen werden, dass auch ein europäisches Vertragsrecht nicht ohne ein erhebliches Abstraktions- und Komplexitätsniveau auskommen wird. Insofern erscheint die Angemessenheit der Wortwahl des Grünbuchs (insbesondere der englischen Fassung: “user-friendly instrument of European Contract law”) teilweise fragwürdig. (2) Das Primärrecht stellt für den hier interessierenden Zweck verschiedene potentielle Rechtsgrundlagen zur Verfügung. Von diesen dienen die Art. 114 und 115 AEUV der Errichtung oder dem Funktionieren des Binnenmarkts, Art. 352 AEUV wiederum unterliegt der Subsidiaritätskontrolle durch die mitgliedstaatlichen Parlamente. Folglich erscheint die Frage, auf welche Rechtsgrundlage Initiativen auf dem Gebiet des Vertragsrechts gestützt werden können, weiterhin relevant, wobei die entsprechende Antwort auch von der jeweils gewählten konkreten Rechtsform des Akts abhängen wird. Die sich hier stellenden Fragen sollen im Zuge der Stellungnahme zu den einzelnen Optionen beleuchtet werden. (3) Bevor Überlegungen hinsichtlich weiterer Schritte auf dem Weg zu einem europäischen Vertragsrecht angestellt werden, mag es ratsam erscheinen die Umsetzung jener Projekte abzuwarten, die auf diesem Gebiet unter der Ägide der Kommission bereits begonnen wurden. In diesem Sinne erschiene auch die weitere Auswertung der bereits abgeschlossenen Vorhaben angebracht. 4. Wahl des am besten geeigneten europäischen Vertragsrechtsinstruments 4.1. Welche rechtliche Form sollte ein europäisches Vertragsrechtsinstrument haben? Option 1: Veröffentlichung der Ergebnisse der Expertengruppe Die Ergebnisse der Tätigkeit verschiedener Expertengruppen wurden bereits auf der Webseite der Kommission veröffentlicht, womit diese sicherlich (neben anderen) eine wertvolle Informationsquelle darstellt. Mit diesem Instrument lässt sich allerdings lediglich eine informelle und unverbindliche Harmonisierung und letztlich nur eingeschränkter Erfolg erzielen. Option 2: Eine offizielle „Toolbox” für die Rechtsetzungsorgane Die Vorteile dieser Option scheinen insbesondere in (1) einer Thematisierung der anzustrebenden Kohärenz der verschiedenen EU Rechtsakte, insbesondere den dahinterstehenden rechtlichen Konzepten; (2) einem Beitrag zur Auswertung und Nutzbarmachung der bereits abgeschlossenen Studien – in diesem Zusammenhang sei vor allem auf die Ergebnisse verwiesen, die von der Study Group on a European Civil Code, der Acquis-Gruppe, der Société de Législation Comparée und dem Network for a Uniform Terminology for European Private Law vorgelegt wurden, verwiesen und Stellungnahme der Arbeitsgruppe Europäisches Privatrecht der Universität Luxemburg 4 (3) der Verwirklichung eines ersten praktischen Schrittes auf der Grundlage des Gemeinsamen Referenzrahmens im Bereich des Europäischen Vertragsrechts, wie er in der Mitteilung der Kommission präsentiert wurde 3 zu liegen. Der Anwendungsbereich einer solchen Toolbox sollte idealerweise den gesamten Vertragsrechtsacquis umfassen und wäre demnach nicht auf Verbraucherverträge zu begrenzen. Auch sollte ein solches Instrument regelmäßig an die jeweiligen Entwicklungen des acquis angepasst werden. Die Frage, ob und in welchem Ausmaß eine Toolbox den Anwendungsbereich des künftigen acquis umfassen sollte, bliebe einer weiteren Erörterung vorbehalten. Auch sollte eine derartige Toolbox von den Organen der Union als Hilfsmittel im Zuge der Ausarbeitung von Rechtsakten herangezogen werden, wobei sie auch dem EuGH als Rechtserkenntnisquelle dienen könnte. Die Toolbox sollte in der Gestalt einer Interinstitutionellen Vereinbarung gem. Art. 295 AEUV verwirklicht werden. Das dabei anzuwendende Verfahren zur Änderung der Toolbox sollte, trotz der Beteiligung mehrerer Organe, dabei nicht übermäßig komplex und zeitaufwändig sein. Wie jüngste Studien zeigen hängt die Kohärenz des Unionsrechts nicht nur von den Organen der Union, sondern auch von den Mitgliedstaaten selbst ab. In diesem Sinne sollte in der Interinstitutionellen Vereinbarung auch auf die Mitgliedstaaten als Adressaten der Toolbox Bezug genommen werden. Option 3: Kommissionsempfehlung zum Europäischen Vertragsrecht In diesem Zusammenhang erscheint eine Unterscheidung hinsichtlich des Anwendungsgebietes angebracht: (1) Was eine Empfehlung bezüglich Verbraucherverträge anlangt, so wäre zunächst die Frage nach einer derartigen Notwendigkeit zu beantworten. Für die Zwecke der Vereinheitlichung der bestehenden Richtlinien erschiene das Instrument einer Rahmenrichtlinie angemessener, dies schon aus dem Grund, da einer Empfehlung keinerlei Rechtsverbindlichkeit zukommt (Art. 288 und 292 AEUV). (2) Eine Empfehlung bezüglich Unternehmerverträge wäre von einer Umsetzung durch die Mitgliedstaaten in ihre jeweiligen Rechtsordnungen abhängig, entweder als fakultative Regelung (sog. 28. Regelung) oder als neuer Rechtsrahmen für sämtliche Unternehmerverträge. Vor dem Hintergrund der mangelnden Rechtsverbindlichkeit einer Empfehlung, könnte eine solche Vorgehensweise allerdings zu Diskrepanzen zwischen den mitgliedstaatlichen Umsetzungsmaßnahmen einerseits und der Empfehlung und/oder den Maßnahmen anderer Mitgliedstaaten andererseits führen. Was Harmonisierungsbemühungen und die angestrebte Rechtssicherheit im Kontext grenzüberschreitender Verträge anlangt, könnten sich die durch diese Option zu erzielenden Erfolge demnach als begrenzt erweisen. 3 Mitteilung der Kommission Ein kohärenteres europäisches Vertragsrecht – Ein Aktionsplan, KOM(2003) 68 endgültig. Stellungnahme der Arbeitsgruppe Europäisches Privatrecht der Universität Luxemburg 5 Freilich könnte grundsätzlich auch eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur unveränderten Umsetzung der Empfehlung vorgesehen werden, sollten diese beabsichtigen dies im Rahmen einer fakultativen Regelung zu tun. Dies würde allerdings voraussetzen, dass sich diese Option sowohl bei den Mitgliedstaaten, als auch bei den Unternehmen als durchschlagender Erfolg herausstellt und sich entsprechender Beliebtheit erfreut. (3) Eine Empfehlung bezüglich des allgemeinen europäischen Vertragsrechts erscheint unter den gegebenen politischen Voraussetzungen kaum zu bewerkstelligen. In diesem Kontext erscheint der Verweis des Grünbuchs auf den US-amerikanischen UCC unmotiviert. Beinahe sämtliche Gliedstaaten der USA gehören der Rechtstradition des common law an. Die Herausforderungen, denen sich die Union zu stellen hat, sind aufgrund der Vielzahl der vertretenen Rechtstraditionen beträchtlich komplexer. Daher ist ein Vorhaben auf dem Gebiet des europäischen Vertragsrechts, wie von der Kommission vorgeschlagen, unter den gegebenen Umständen skeptisch zu beurteilen. Unabhängig davon wären die zu erzielenden Harmonisierungseffekte einer Empfehlung, die sich eventuell gerade wegen ihrer mangelnden Rechtsverbindlichkeit realisieren ließe, aus eben diesem Grund äußerst beschränkt. Das Grünbuch geht davon aus, dass „der Gerichtshof der EU für die Auslegung dieser Empfehlung zuständig” wäre. Da einer Empfehlung allerdings keine Rechtsverbindlichkeit zukäme, wären auch Urteile des EuGH, die diese auslegen, auf ihre jeweilige Überzeugungskraft und damit lediglich auf das Feld der „mittelbaren“ Harmonisierung beschränkt. Option 4: Verordnung zur Einführung eines fakultativen europäischen Vertragsrechtsinstruments (1) Auf dem Gebiet des allgemeinen Vertragsrechts stellt sich zunächst die Frage nach der Notwendigkeit einer Verordnung zur Einführung eines fakultativen europäischen Vertragsrechtsinstruments. Nochmals sei darauf hingewiesen, dass unter den aktuellen Umständen grundsätzlich ein Gesetzgebungsvorhaben auf diesem Gebiet nicht angebracht erscheint. Darüber hinaus spricht deren optionaler Charakter eher gegen eine solche Lösung. Hier gilt das bereits zur Empfehlung Ausgeführte. Auch ist zu bedenken, dass damit eine zusätzliche Verkomplizierung der Rechtslage herbeigeführt würde – was auch die Kommission anerkennt. (2) Auf dem Gebiet der Verbraucherverträge wäre ein derartiger Rechtssetzungsschritt zu vermeiden. Die bereits bestehenden Richtlinien in Verbindung mit dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Rechte der Verbraucher lassen die Befürchtung aufkeimen, dass ein solcher Schritt kontraproduktiv sein könnte. In diesem Zusammenhang wäre auch das Risiko möglicher Inkonsistenzen zwischen den bereits bestehenden Rechtstexten und einem solchen fakultativen Instrument zu bedenken. (3) Ein fakultatives Vertragsrechtsinstruments bezüglich Unternehmerverträge könnte sich allerdings als zweckdienliches Instrument herausstellen. Es sollte zur Schaffung ausgewogener Regelungen genutzt werden, die auch Interessen der schwächeren Parteien gebührend berücksichtigen. Diese sollten das Resultat umfassender Verhandlungen zwischen sämtlichen Parteien seien, wobei auch die Positionen all jener zu berücksichtigen wären, die sich des Mittels des Lobbying nicht in hinlänglicher Weise bedienen können. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Reaktionen verschiedener Parteien des DCFR während der Konferenz “Which European Contract Law for the European Union”, die vom 23. – 24. Oktober 2010 in Paris abgehalten wurde, zeigen dass zwischen den Bedürfnissen der Rechtsanwender und Stellungnahme der Arbeitsgruppe Europäisches Privatrecht der Universität Luxemburg 6 Unternehmen und den Vorschlägen und Projekten, welche tatsächlich den europäischen Institutionen vorgelegt wurden, wohl eine gewisse Diskrepanz besteht. Option 5: Richtlinie über ein Europäisches Vertragsrecht (1) Auf dem Gebiet der Verbraucherverträge erscheint eine solche Richtlinie, angesichts der bereits bestehenden Rechtsakte und des Vorschlags für eine Richtlinie über Rechte der Verbraucher, nicht zweckentsprechend. Konkret könnte sich eine Neufassung der bestehenden Richtlinien, anhand der von ihnen behandelten, sachverwandten Regelungsinhalte als gangbare Alternative erweisen. Derart könnten die Inhalte der Richtlinien 2008/122/EG über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufs- und Tauschverträgen und 90/314/EWG über Pauschalreisen in einer neu zu erlassenden Richtlinie zusammengeführt werden. Ein solcher Ansatz, der die Konsistenz des europäischen Verbraucherrechts zum Inhalt hätte, könnte zu einer Umgruppierung der Inhalte weiterer Richtlinien genutzt werden. So wären die Richtlinie 85/577/EWG betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, die Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz und die Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher in einer neu zu erlassenden Richtlinie zu verschmelzen, wobei die Regelungsinhalte auf kohärente Weise neu anzuordnen wären. Diese drei Richtlinien befassen sich mit Vertragsabschlüssen unter besonderen Umständen und umfassen allgemeine Regeln, wie beispielsweise Informationspflichten und Rücktrittsrechte. Eine solche Vorgehensweise wäre jedoch nicht im Einklang mit dem aktuellen Vorschlag für eine Richtlinie über Rechte der Verbraucher, welche die Richtlinie 85/577/EWG, Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, Richtlinie 97/7/EG und Richtlinie 1999/44/EG zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter einem anderen Ansatz unterwerfen würde. Die Schwierigkeiten einen politischen Konsens hinsichtlich des Vorschlags für eine Richtlinie über Rechte der Verbraucher zu erzielen, scheinen es jedoch zu rechtfertigen auch alternative Ansätze in Betracht zu ziehen, dies umso mehr, als noch keine offizielle Textfassung vorliegt. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass eine solche Neufassung, die Richtlinien 93/13/EWG und 1999/44/EG aufgrund ihrer besonderen Bedeutung für den Verbraucherschutz, unberührt ließe. Es leuchtet ein, dass sämtliche Rechtskate eine einheitliche Definition des Verbraucher- und Unternehmensbegriffs und der gewerblichen Tätigkeit aufweisen sollten. Hier könnte auf die entsprechenden Vorarbeiten des CFR zurückgegriffen werden. Um das Erreichen eines politischen Konsenses hinsichtlich dieser Rechtsakte zu erleichtern und um Verbrauchern einen effizienten Rechtschutz zu gewährleisten, sollte ein Ansatz der Mindestharmonisierung verfolgt werden. Maximalharmonisierung wäre nur dann angebracht, wenn das Verbraucherschutzniveau, welches die zu erlassenden Richtlinien vorsehen, dem höchsten Schutzniveau der einzelnen mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen entspricht. Zugegeben, die hier vorgeschlagene Vorgehensweise muss sich dem Vorwurf aussetzen, keinen umfassenden Ansatz zu verfolgen. Hier ist auf die bereits vorliegenden Arbeiten zum Prozess der „decodification“ zu verweisen. Es darf bezweifelt werden, dass eine Umgruppierung, die sämtliche bereits bestehenden Gesetzgebungsakte berücksichtigen würde, zu einem besseren Verständnis des europäischen Vertragsrechts führen würde, insbesondere soweit die Stellungnahme der Arbeitsgruppe Europäisches Privatrecht der Universität Luxemburg 7 zusammengeführten Normen keine sachverwandten Reglungsgebiete betreffen. Hier ist ein Blick auf jene Länder instruktiv, in denen die verbraucherrechtlichen Regelungen in einem eigenen Gesetzbuch kodifiziert wurden (wie zB in Italien und Frankreich), wobei auch in diesen Fällen die einzelnen Regelungen entsprechend der jeweils geregelten Sachmaterie (teils getrennt nach Sektionen strukturiert) angeordnet wurden. Vor diesem Hintergrund erschiene das Weiterbestehen verschiedener verbraucherrechtlicher Richtlinien mit der wünschenswerten Kohärenz und Einheitlichkeit des europäischen Verbraucherrechts vereinbar. (2) Auf dem Gebiet der Unternehmerverträge könnten bestehende Ungleichgewichte hinsichtlich der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien zu Gesetzgebungsakten führen, die spezifische Vertragskategorien (wie zB das Franchising) regeln. Jedenfalls erscheint eine Regelung missbräuchlicher Klauseln in Unternehmerverträgen wünschenswert. (3) Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine Richtlinie zum allgemeinen Vertragsrecht momentan weder erstrebenswert, noch realisierbar erscheint. Wie bereits dargelegt, kann das weitere Fortschreiten des Europäisierungsprozesses des Vertragsrechts durchaus kritisch gewürdigt werden, wobei auch dessen grundsätzliche Notwendigkeit noch gründlicher zu untersuchen wäre, dies unabhängig von der letztlich gewählten Rechtsform. Option 6: Verordnung zur Einführung eines Europäischen Vertragsrechts (1) Eine allgemein anwendbare Verordnung zum europäischen Vertragsrecht erscheint momentan nicht erstrebenswert. Ihre allgemeine Anwendbarkeit, der Umstand, dass sie in ihrer Gesamtheit verpflichtenden Charakter hätte und in allen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar wäre, lassen sie als Instrument erscheinen, das zur Erreichung des Ziels eines europäischen Vertragsrechts kaum geeignet ist. Auch sei nochmals darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der Notwendigkeit einer Vereinheitlichung des europäischen Vertragsrechts kein Konsens besteht. Auch wäre die Frage der Rechtsgrundlage noch zu klären. (2) Mit Blick auf Unternehmerverträge ist auf das soeben hinsichtlich der Rechtsnatur einer Verordnung Gesagte zu verweisen. Es wäre jedenfalls bedeutend zweckmäßiger hier auf das Instrument der Richtlinie zurückzugreifen (vergl. dazu die Ausführungen zu Option 5). (3) Eine Verordnung zur Schaffung eines europäischen Vertragsrechts, die auf Verbraucherverträge anwendbar wäre, erscheint aus denselben Gründen ebenfalls nicht wünschenswert. Ein sektorieller Ansatz, der zu einer Umgruppierung einiger bereits bestehender Richtlinien führen würde, erscheint der effizientere und zielführendere Weg zu einer Harmonisierung des europäischen Verbraucherrechts zu sein. Auf diese Weise wäre ein umfassendes Ausschöpfen des Binnenmarktpotenzials, sowie ein höchstmögliches Schutzniveau der Verbraucher gewährleistet (vergl. dazu die Ausführungen zu Option 5, Punkt 1). (4) Allerdings deutet die zunehmende Anzahl an grenzüberschreitenden Verträgen (deren Abschluss meist auf den e-commerce zurückzuführen ist) und der damit zusammenhängende Anstieg an korrespondierenden Rechtsstreitigkeiten auf die Notwendigkeit eines Reflexionsprozesses hinsichtlich eines zu schaffenden Rechtsrahmens für grenzüberschreitende Verbraucherverträge hin. Gleichzeitig sei jedoch betont, dass KMUs die Möglichkeiten, die der grenzüberschreitende Wirtschaftverkehr bietet nur zögerlich aufgreifen und Waren nur mit gewissen Bedenken auch ins Ausland liefern. Ein möglicher Grund hierfür könnte in dem Willen der betroffenen Unternehmen liegen, die Komplexität der Regelungen von Rom I (inklusive der Stellungnahme der Arbeitsgruppe Europäisches Privatrecht der Universität Luxemburg 8 mitgliedstaatlichen Normen, auf die verwiesenen wird) zu vermeiden. Dies zeigt sich am Beispiel des luxemburgischen Verbrauchers, der sich teils erheblichen Schwierigkeiten bei der Bestellung von Waren im Ausland gegenübersieht. Folglich sprechen also sowohl die wachsende Bedeutung des e-commerce, als auch die auf diesem Gebiet weiterhin bestehenden Hürden hinsichtlich des Funktionierens des Gemeinsamen Marktes für die Schaffung eines rechtlichen Rahmens, der sich nicht in bloßen Verweisungsnormen erschöpft. Hier wäre also eine Verordnung bezüglich grenzüberschreitenden Verbraucherverträgen, die ihren Ursprung im e-commerce haben, anzustreben. Eine solche Verordnung würde ihre Rechtsgrundlage in Art. 114 AEUV finden. Dabei würden rein innerstaatliche Rechtsverhältnisse unberührt bleiben, um die Konsistenz der bestehenden mitgliedstaatlichen Vertragsrechtsordnungen weitestmöglich unangetastet zu lassen. Dies umso mehr, als die Notwendigkeit der Regelung derartiger, rein innerstaatlicher Vertragsverhältnisse nicht gesichert ist. Die hier vorgeschlagene Verordnung sollte grenzüberschreitende Vertragsverhältnisse möglichst erleichtern und sowohl dem Interesse der Verbraucher, als auch jenem der Unternehmen, an einer leichtverständlichen und zugänglichen gesetzlichen Regelung, gebührend Rechnung tragen. Folglich wären rein innerstaatliche Vertragsverhältnisse, die ihren Ursprung im e-commerce finden, vom Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Verordnung ausgenommen. Im Vergleich zum sogenannten „Blue-ButtonSystem“ hätte eine solche Regelung den Vorteil der einfachen Handhabung und der erhöhten Rechtssicherheit. Ein erster Schritt in diese Richtung könnte ein Entwurf für eine Verordnung über grenzüberschreitende Kaufverträge sein. Dieser sollte sämtliche Aspekte der entsprechenden Vertragsverhältnisse zwischen Verbrauchern und Unternehmen regeln, Aspekte des allgemeinen Vertragsrechts und vorvertragliche Pflichten eingeschlossen. Entsprechend würden der Vertragsschluss, Rücktrittsrechte, Regeln der Vertragsauslegung, Vertragsinhalte und – wirkungen, Fragen der Vertragserfüllung und Rechtsbehelfe bei Nichterfüllung behandelt. Eine solche Verordnung sollte mit dem acquis in Einklang stehen (insbesondere mit den folgenden Rechtsakten: Richtlinie 2000/31/EG Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr, Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, Richtlinie 1999/44/EG zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter und Richtlinie 93/13/EWG über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen). Bei der Erstellung des Entwurfs könnten sowohl der DCFR, als auch die Toolbox als Inspirationsquelle dienen. Das dabei anzustrebende Verbraucherschutzniveau sollte dem höchsten Schutzniveau entpsrechen, das die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gewähren. Eine solche Verordnung könnte in der Folge auch auf Dienstleistungsverträge ausgedehnt werden, die im Wege des e-commerce zustande kommen. Option 7: Verordnung zur Einführung eines Europäisches Zivilrechtsgesetzbuches Aus den bereits ausgeführten Gründen und wie auch bereits von der Kommission selbst im Grünbuch festgehalten, ist es durchaus fraglich, ob ein solcher Ansatz sich verwirklichen ließe. Jedenfalls scheint festzustehen, dass er unter den aktuellen politischen, kulturellen und rechtlichen Umständen nicht erstrebenswert erscheint. Stellungnahme der Arbeitsgruppe Europäisches Privatrecht der Universität Luxemburg 9 4.2. Welche Vertragsarten sollte das Instrument regeln? Es erschien angebracht, die Frage des örtlichen Anwendungsbereiches des jeweiligen Instruments bereits in den Antworten auf die vorstehenden Fragen zu behandeln. Folglich finden sich die Positionen der Working Group on European Private Law hinsichtlich der einzelnen Punkte in den bereits ausgeführten Stellungnahmen. 4.2.1. Sollte das Instrument sowohl für Verbraucherverträge als auch für Unternehmerverträge gelten? 4.2.2. Sollte das Instrument sowohl für grenzüberschreitende als auch für innerstaatliche Verträge gelten? 4.3. Welchen sachlichen Anwendungsbereich sollte das Instrument haben? Es erschien angebracht, die Frage des materiellen Anwendungsbereiches des jeweiligen Instruments bereits in Antworten auf die vorstehenden Fragen zu behandeln. Folglich finden sich die Positionen der Working Group on European Private Law hinsichtlich der einzelnen Punkte in den bereits ausgeführten Stellungnahmen. 4.3.1. Enge Auslegung 4.3.2. Weite Auslegung 4.3.3. Sollte das Instrument für bestimmte Vertragsarten gelten? 4.3.4. Gegenstand eines Europäischen Zivilrechtsgesetzbuchs Stellungnahme der Arbeitsgruppe Europäisches Privatrecht der Universität Luxemburg