Mitschrieb zur Vorlesung: Kosmologie

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Mitschrieb zur Vorlesung:
Kosmologie
Prof. Dr. Kühn
Vorlesung Sommersemester 2006
Letzte Aktualisierung und Verbesserung: 30. Juli 2006
Mitschrieb der Vorlesung Kosmologie
von Herrn Prof. Dr. Kühn im Sommersemester 2006
von Marco Schreck.
Dieser Mitschrieb erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Korrektheit.
Kommentare, Fehler und Vorschläge und konstruktive Kritik bitte an [email protected].
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
1.1 Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
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5
2 Geschichte
7
3 Entfernungsmessung in der nahen Umgebung
3.1 Kinetische Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1.1 Parallaxe p bis zu . 30 pc . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1.2 Nahe Sternhaufen (Hyaden mit ungefähr 100 Sternen)
3.2 Luminositätsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.1 Größenklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Hauptsequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.1 Variable Sterne (Cepheiden) . . . . . . . . . . . . . . .
3.4 Hubble-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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11
4 Einstein-Gleichungen und Robertson-Walker-Metrik, Friedmann-Universum
4.1 Kugeloberfläche, Geometrie auf der Kugel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Hyperkugel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3 Zusammenhang zwischen Hubble-Gesetz und Roberston-Walker-Metrik . . . . . . .
4.3.1 Ausbreitung eines Lichtsignals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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5 Einstein-Gleichungen
5.1 Plausibilitätsbetrachtungen aus der Newtonschen Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Bewegungsgleichung, zeitliche Ableitung der FriedmannGleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
17
6 Einstein-Gleichungen
6.1 Allgemeine Aussagen über R(t) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.1.1 Vergangenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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7 Hubble-Gesetz und Entfernungsmessung über große Abstände
7.1 Parallaxen-Entfernung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2 Luminositätsentfernung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.3 Zusammenhang zwischen Rotverschiebung z und Luminositätsentfernung dL . . . . . . . . . . .
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8 Mikrowellen-Hintergrund-Strahlung
8.1 Verhalten eines Photonengases mit Planck-Verteilung bei der Hubble-Expansion
8.2 Entwicklung bei der Hubble-Expansion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.3 Ursprung der kosmischen Hintergrundstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.4 Mathematische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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9 Das frühe Universum
9.1 Allgemeine Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.1.1 Die Einstein-Gleichungen für R 7→ 0 bzw. t 7→ 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.1.2 Beitrag eines relativistischen Fermi-/Bose-Gases . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.1.3 Notwendige Bedingung für das thermische Gleichgewicht bei sich ändernder Temperatur
9.2 Entwicklung des Universums von kT = 0, 5 GeV bis zum Ende der strahlungsdominierten Epoche
(1 eV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.2.1 Temperatur der Neutrino-Hintergrund-Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
31
31
31
31
32
33
33
3
INHALTSVERZEICHNIS
9.3
9.2.2 Grenze für die maximale Masse leichter Neutrinos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Neutron/Proton-Verhältnis, Helium-Synthese und Zahl der masselosen (leichten) Neutrinos . .
10 Instabilitäten, Inhomogenitäten und Entstehung von Galaxien
10.1 Theorie von Jeans (1902) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.1.1 Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.1.2 Adiabatische Auslenkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.2 Verallgemeinerung auf den Fall des expandierenden Universums für
. . . . .
. . . . .
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den Fall
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%ÀP
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11 Dunkle Materie
11.1 Überblick über die Massenverhältnisse im Universum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.2 Kandidaten für dunkle Materie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.3 Verallgemeinerung der Rechnung auf den Fall des expandierenden Universums für % À P . . .
11.3.1 Konsequenzen für die Mikrowellenstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.4 Variation der Jeans-Länge und -Masse mit der Temperatur vor dem Zeitpunkt der Rekombination
11.4.1 Erinnerung an Thermodynamik für Photonen, gekoppelt an Plasma . . . . . . . . . . .
11.5 Atomarer Wasserstoff: T < 4000 K . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.5.1 Zeitliche Entwicklung der Jeans-Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.6 Konzepte zur Erzeugung von Struktur über dunkle Materie sowie Strukturbildung durch Inflation
35
36
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40
41
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49
4
Kapitel 1
Einführung
1.1
Inhalt
I.) Einleitung, Geschichte
II.) Entfernungsmessung im flachen Raum: Cosmic Distance Ladder“
”
III.) Einstein-Gleichungen; Friedmann-Universium, Robertson-Walker-Metrik, zeitliche Entwicklung R(t) auf
der Basis der Einstein-Gleichungen (materiedominiertes, strahlungsdominiertes Universum)
IV.) Hubble-Gesetz, Hubble-Konstante H0 bzw. H(t), Decelerationsparameter (Bremsparameter) q0 (Aussagen über offenes/geschlossenes Universum)
V.) Hot Big Bang“ (T . 1 GeV (kB = 1)), Wasserstoff-Helium-Verhältnis, Zahl der (leichten) Neutrinos
”
und (später) Mikrowellen-Hintergrund-Strahlen (Cosmic Microwave Background, CMB)
VI.) Dunkle Materie: Evidenz und Kandidaten
VII.) Inflation, Flachheit (Flatness) und Anisotropie
VIII.) Materie-Antimaterie-Asymmetrie
1.2
Literatur
U Weinberg: Gravitation and Cosmology
U Die ersten drei Minuten (Klassiker)
U Börner: The Early Universe
U Kolb & Turner: The Early Universe (Hot Big Bang & Teilchenphysik)
U Peebles: Physical Cosmology; The large Scale Structure of the Universe (anspruchsvolle Diskussion
über Anisotropie, Dynamik)
U Liddle: An Introduction to Modern Cosmology (pädagogisch, minimalistischer Einsatz von Formeln)
5
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
6
Kapitel 2
Geschichte
U Bis zum 19.Jahrhundert: Newton-Mechanik, Galilei-Invarianz, euklidischer Raum, statisches Universum
Olbers Paradoxon: Die Sterne überdecken den Himmel vollständig. Da jede Scheibe so hell ist wie die
Sonne, müsste der ganze Himmel so hell wie die Sonne sein.
U Durch Beobachtung wurde von Hubble (1923) bewiesen, dass es sich bei den Galaxien um Sternnebeln
handelt. Hubble-Gesetz: ∆ν/ν ∼ d (1929)
U Fragen: Ist das Universum offen oder geschlossen? Wie groß ist die Materiedichte? Oder: Wie groß ist der
Decelerationsparameter, also die Bremswirkung? Dazu lässt sich ein Newtonsches Analogon definieren:
Die Geschwindigkeit v alleine sagt nicht, ob v > vFlucht oder v < vFlucht ist. Eine Aussage darüber kann
nur dann gemacht werden, wenn zusätzlich noch die Massen m oder die Beschleunigung v̇ bekannt ist.
Man benötigt also die beiden Parameter, um zu wissen, ob der Universum offen oder geschlossen ist.
U Mikrowellen-Hintergrund: Penzias und Wilson (1965), Planck-Verteilung, δT /T . 10−5 (Cobe-Satellit),
WMAP (Wilson Microwave Anisotropy Probe)
Diese Anisotropie ergibt Aufschluss über die Dichte
% = %baryon + %dark matter + %darkenergy
Wird die Raumkrümmung wichtig für die lokale Dynamik? Nein, zumindest nicht beim Hot Big Bang.
1
Beim Hot Big Bang ist die Expansion von der Form R(t) ∼ t 2 . Andererseits schrumpft für t 7→ 0 das
1
Gebiet, das ein Teilchen beeinflussen kann (Horizont) proportional zu t; aber R(t) wird nur mit t 2 kleiner.
Die Krümmung des Bereichs mit kausalem Zusammenhang wird immer geringer. Das Universum zerfällt
in kausal nicht zusammenhängende Gebiete.
7
KAPITEL 2. GESCHICHTE
8
Kapitel 3
Entfernungsmessung in der nahen
Umgebung
Im Augenblick wollen wir Krümmungsaspekte und physikalische Nebeneffekte wie Rotverschiebung vernachlässigen.
3.1
Kinetische Methoden
3.1.1
Parallaxe p bis zu . 30 pc
Was ist eigentlich ein Parsec?
Wenn p = 100 ist, dann ist d = 1 pc.
1 pc =
180 · 602
AE = 3, 26 Lichtjahre
π
Die technische Grenze liegt bei p = 0, 0300 . Dies entspricht umgekehrt 30 pc und dies wiederum 100 Lichtjahre.
Mit dieser Genauigkeit ist es möglich, einige tausend Sterne zu vermessen.
3.1.2
Nahe Sternhaufen (Hyaden mit ungefähr 100 Sternen)
Deren Entfernung geht über 30 pc hinaus. Die Bewegung auf einen gemeinsamen Fluchtpunkt wird beobachtet
(über mehrere Dekaden hinweg). Die scheinbaren Geschwindigkeitsvektoren zielen auf einen Fluchtpunkt
(beispielsweise rein radiale Bewegung):
Mit tangentialer Komponente:
Die radiale Geschwindigkeit kann einerseits über den Dopplereffekt und andererseits über die Schnelligkeit der
Annäherung an den Fluchtpunkt gemessen werden.
9
KAPITEL 3. ENTFERNUNGSMESSUNG IN DER NAHEN UMGEBUNG
Aus θ, θ̇ und vr folgt r, wenn D konstant ist.
θ=
D
ṙ
vr
D
⇒ θ̇ = −D = −g
mit ṙ = vr und
=θ
r
r
r
r
vr
θ1 − θ2
=θ
t1 − t2
r
Die Hyaden liegen in einer Entfernung von 40, 8 pc (D = 5 pc).
3.2
Luminositätsmessung
Die absolute Luminosität wird im folgenden als L und die scheinbare als l bezeichnet.
l≡
Gemessene Leistung
L
=
Spiegelfläche
4πd2
Zu l äquivalente Definition: logarithmischer Maßstab
3.2.1
Größenklassen
Die scheinbare Größe m (Magnitude) ist definiert über
2
l = 10− 5 m · 2, 52 · 10−5
erg
cm2 · s
2
Sterne mit m = 1 sind um den Faktor 10 5 ≈ 2, 5 heller als Sterne mit m = 2. Nur Perius, Conopus und Riegel
sowie die Planeten Merkur, Venus, Mars und Jupiter haben m < 0. Die absolute Magnitude (Größe) M ist die
scheinbare Größe des Sterns, wenn seine Entfernung 10 pc wäre. Beispielsweise gilt für die Sonne M¯ = 4, 7
und damit:
L = 3, 02 · 1035
3.3
2
erg
· 10− 5 M
s
Hauptsequenz
Durch die Untersuchung des Spektraltyps bzw. Farbindex (O, B, A, F, G, K, M, R, N, S) [Merksatz: O Be
A Fine Girl, Kiss Me Right Now, Sweetheart.], welcher der Oberflächentermperatur entspricht. Die Relation
zwischen Luminosität und Temperatur wird im Herzsprung-Russel-Diagramm veranschaulicht, in dem Linien
mit konstanter Steigung gleichen Radien entsprechen: L = σT 4 · 4πR2 , wobei σ die Boltzmann-Konstante ist.
Für die Hyaden ist die Entfernung durch kinematische Methoden bekannt (siehe oben); für andere Sternhaufen
beobachtet man eine Verschiebung der Hauptsequenz um ∆m. Dabei handelt es sich um die konstante Entfernung des Clusters. Es gibt 650 offene Sternhaufen (mit 20 bis 1000 Sternen) und 130 Kugelhaufen (mit 105 bis
107 Sternen) in unserer Galaxie. Die messbare obere Grenze der Magnitude, bevor das Hubble-Teleskop zum
Einsatz kam, war bei Palomar m = 22, 7. Palomar sieht Sterne der Luminosität der Sonne bis zu
d = 10 pc · 10
22,7−4,7
5
= 4 · 104 pc
und eine Kerze auf eine Entfernung bis 20000 km.
3.3.1
Variable Sterne (Cepheiden)
Die meisten Cepeiden sind weniger als 4 · 106 pc = 4 Mpc von uns entfernt. Liegt p im Bereich von zwei bis
40 Tagen, so spricht man von δ-Cepheiden. Die Untersuchung von Cepheiden in den Magellanischen Wolken
liefert l ≈ f (p) ∼ p.
10
3.4. HUBBLE-GESETZ
Zur Zeit befinden sich fünf Cepheiden in offenen Haufen unserer Galaxie. Es gibt inzwischen neue gut kalibrierte
Messungen mittels kinematischer Methoden. Die Entfernung zu anderen Galaxien lassen sich mittels Novae
und Kugelhaufen (globular clusters) bestimmen. Von einer Nova spricht man, wenn eine plötzliche Änderung
von L eines Sterns in vier bis sechs Größenordnungen stattfindet. Es gibt 40 Novae pro Jahr pro Galaxie. Für
eine typische Nova
√ ist M ≈ −7, 5. Eine um den Faktor zehn höhere Luminosität L führt zu einem d, welches
um den Faktor 10 größer ist.
In unserer Galaxie gibt es 130 Kugelhaufen. Deren maximaler Wert Mmax ist scharf begrenzt; es liegt bei etwa
−10. Also sind diese bis zu 1, 5 · 107 pc von uns entfernt. Die Hubble-Expansion liegt in dieser Entfernung erst
bei z = 0, 0038.
Wie bestimmt ma hellste Galaxie in einem Cluster von Galaxien? Annahme: Die Helligkeit von Galaxien ist
beschränkt. Kleine Änderungen finden über lange Zeiträume (∼ 109 Jahre) statt. Die neuesten Messungen
funktionieren mittels Supernovae (Supernovae Cosmology Project). Supernovae sind sehr helle Objekte, mit
deren Hilfe man in Gebiete bis z = 1 vorstoßen kann.
3.4
Hubble-Gesetz
Das Hubble-Gesetz besagt, dass die Rotverschiebung proportional zum Abstand d ist. Diese Linearität ist bis
z = 1 gut etabliert. Der Wert der Proportionalitätskonstanten erfordert die absolute Entfernungsmessung. Die
Proportionalitätskonstante hat folgende Größenordnung:
H0 = 100
km
· h · Mpc−1 mit h = 0, 72 ± 0, 08
s
Objekte im Abstand von 10 Mpc entfernen sich mit einer Geschwindigkeit von 100 km
s ·h von uns. Die Dimension
von H0 ist t−1 , also H0−1 = 9, 77 · h−1 · 109 Jahre. Vor ungefähr 15 · 109 Jahren war das ganze Universum auf
einen einzigen Punkt verdichtet (Linearität vorausgesetzt).
11
KAPITEL 3. ENTFERNUNGSMESSUNG IN DER NAHEN UMGEBUNG
12
Kapitel 4
Einstein-Gleichungen und
Robertson-Walker-Metrik,
Friedmann-Universum
Die Interpretation erfolgt über die Robertson-Walker-Metrik. Ein Raum wird lokal durch die Metrik charakterisiert.
dτ 2 = gik dxi dxk mit i, k = 0, 1, 2, 3
gik hängt von den Koordinaten ab. Im Minkowski-Raum hat die Metrik die Signatur (+, −, −, −). Wir setzen
im folgenden c = 1, messen Entfernungen also in der Einheit, wie lange das Licht benötigt, um eine bestimmte Entfernung zurückzulegen. Die allgemeinste Metrik, welche mit Homogenität und Isotropie des Raumes
verträglich ist, kann auf die Form
µ
¶
dr2
2
2
2
2
2
2
2
dτ = dt − R (t)
+ r (dϑ + sin ϑ dϕ ) mit k = +1, −1, 0 und 0 ≤ r ≤ 1
1 − kr2
gebracht werden. R(t) ist eine beliebige Funktion der Zeit.
Aus der Metrik kann der Abstand zwischen infinitesimal benachbarten Punkten (x1 , y1 ) und (x2 , y2 ) berechnet
werden.
dl2 = dx2 + dy 2
dl2 = dr2 + r2 dϕ2
Wir suchen die allgemeinste Metrik, welche Homogenität und Isotropie des Raums liefert. Der allgemeinste
Ansatz ist:
¶
µ
dr2
2
2
2
2
2
+
r
dϑ
+
r
sin
ϑ
dϕ
mit k = 1, −1, 0 und 0 ≤ r < 1
dτ 2 = dt2 − R2 (t)
1 − kr2
13
KAPITEL 4. EINSTEIN-GLEICHUNGEN UND ROBERTSON-WALKER-METRIK,
FRIEDMANN-UNIVERSUM
r ist dimensionslos. Die Skala steckt in der Funktion R(t), welche durch die Gleichungen der allgemeinen
Relativitätstheorie, der Materieverteilung und die Anfangsbedingungen festgelegt wird. Die Metrik in der
speziellen Relativitätstheorie in Kugelkoordinaten lautet:
dτ 2 = dt2 − R02 (dr2 + r2 dϑ2 + r2 sin2 ϑ dϕ2 )
4.1
Kugeloberfläche, Geometrie auf der Kugel
Auf einer Kugel ist kein Punkt ausgezeichnet. Alle Punkte und alle Richtungen sind gleichwertig. Die Metrik
erhält man aus folgendem Trick, und zwar gehen wir aus von der Gleichung der Oberfläche:
x21 + x22 + x23 = a2
(1)
Das Linienelement in drei Dimensionen ist gegeben durch:
dl2 = dx21 + dx22 + dx23
(2)
Auf der Kugeloberfläche lassen sich nicht alle drei Koordinaten x1 , x2 und x3 unabhängig voneinander variieren.
Wegen (1) gilt nämlich:
x3 dx3 = −x1 dx1 − x2 dx2
dl2 = dx21 + dx22 +
(x1 dx1 + x2 dx2 )2
a2 − x21 − x22
Nun wählen wir Polarkoordinaten in der Ebene:
x1 = ar sin ϕ, x2 = ar cos ϕ mit 0 ≤ r < 1
dx1 = a sin ϕ dr + ar cos ϕ dϕ
dx2 = a cos ϕ dr − ar sin ϕ dϕ
Daraus ergibt sich
x1 dx1 + x2 dx2 = a2 r sin2 ϕ dr + a2 r cos2 ϕ dr = a2 r dr und dx21 + dx22 = a2 dr2 + a2 r2 dϕ2
und weiter:
a4 r2 dr2
dl = a (dr + r dϕ ) + 2
= a2
a − a2 r2
2
2
2
2
µ
2
dr2
+ r2 dϕ2
1 − r2
¶
Für kleine r (Pole) ist die Metrik näherungsweise von der Form dr2 + r2 dϕ2 . Für r nahe
√ bei 1 (Äquator) führt
eine kleine Änderung in r zu einer großen Änderung im Abstand proportional zu 1/ 1 − r2 .
Ein anderes natürliches“ Koordinatensystem sind Kugelkoordinaten χ, ϕ.
”
dl2 = a2 (dχ2 + sin2 χ dϕ2 ) wobei sin χ = r
Die Bedeutung von ϕ bleibt ungeändert.
dχ2 =
dr2
dr2
dr2
=
=
cos2 χ
1 − r2
1 − sin2 χ
Zeige:
2πar
U
=
R
aχ
14
4.2. HYPERKUGEL
Die formale Herleitung funktioniert über
Z
l=
ds2
Weg
Mit negativer Krümmung ist das Quadrat des Wegelements gegeben durch:
µ
¶
dr2
2
2
dl2 ≡ a2
+
r
dϕ
1 + r2
Auch hier kann als Übung gezeigt werden, dass folgendes gilt:
U
sinh(χ)
= 2π
und f = 2πa2 (1 + cosh(χ))
R
χ
4.2
Hyperkugel
Wir betrachten die dreidimensionale Oberfläche einer Hyperkugel im vierdimensionalen euklidischen Raum.
Sie wird durch folgende Gleichung beschrieben:
x21 + x22 + x23 + x24 = a2
(1)
dl2 = dx21 + dx22 + dx23 + dx24
Aus Gleichung (1) folgt:
x4 dx4 = −x1 dx1 − x2 dx2 − x3 dx3 ⇒ dx24 =
(−x1 dx1 − x2 dx2 − x3 dx3 )2
a2 − x21 − x22 − x23
Aufgrund der Rotationsinvarianz im dreidimensionalen Raum führen wir Kugelkoordinaten sein. (Diese entsprechen den Polarkoordinaten von vorher.)
x1 = ar sin ϑ sin ϕ, x2 = ar sin ϑ cos ϕ und x3 = ar cos ϑ
dx1 =
∂x1
∂x1
∂x1
dr +
dϑ +
dϕ
∂r
∂ϑ
∂ϕ
Nach einer längeren Rechnung folgt:
dx21 + dx22 + dx23 = a2 dr2 + a2 r2 (dϑ2 + sin2 ϑ dϕ2 ) und dx24 = a2
µ
2
2
dl = a
r2 dr2
1 − r2
¶
dr2
2
2
2
2
+ r (dϑ + sin ϑ dϕ )
1 − r2
Als Übung kann man das Verhältnis U/R und die Oberfläche und das Volumen einer solchen Hyperkugel mit
Radius aχ0 ausrechnen.
Konstante negative Krümmung:
µ
¶
dr2
2
2
2
2
dl2 = a2
+
r
(dϑ
+
sin
ϑ
dϕ
)
1 + r2
Oder in hyperbolischen Koordinaten:
¡
¢
dl2 = a2 dχ2 + sinh2 χ(. . .)
µ
2
dl = a
2
dr2
+ r2 (sin2 ϑ dϕ2 + dϑ2 )
1 − kr2
¶
mit k = +1, −1, 0
15
KAPITEL 4. EINSTEIN-GLEICHUNGEN UND ROBERTSON-WALKER-METRIK,
FRIEDMANN-UNIVERSUM
4.3
Zusammenhang zwischen Hubble-Gesetz und Roberston-WalkerMetrik
Galaxien bewegen sich auf Geodäten. r = r0 = const., ϑ = ϑ0 = const. und ϕ = ϕ0 = const. definieren eine
Geodäte. Ferner entspricht t gerade der Eigenzeit für einen Beobachter mit konstantem r, ϑ und ϕ.
dτ 2 = dt2 − dl2
Das Volumen eines durch konstante r, ϑ und ϕ beschriebenen Gebietes wächst proportional zu R(t)3 . Damit
reduziert sich die Dichte der Galaxien mit R−3 (t) und deren gegenseitige Entfernung ∼ R(t). Entfernung“
”
bedeutet hier, dass zur gleichen kosmischen Zeit entlang einer Kette von Galaxien G1 , . . ., Gn die Entfernungen
gemessen und addiert werden.
Die Entfernung zwischen G1 und Gn ist d1n = d12 + d23 + d34 + . . . + dn−1,n , wobei alle zu gleichen Zeit
die Messung durchführen müssen.
4.3.1
Ausbreitung eines Lichtsignals
Wir gehen aus von der Metrik dτ 2 = dt2 − dr2 (für ϑ = const., ϕ = const. und c = 1). Speziell für Licht gilt
dτ 2 = 0 und damit dt = ±dr. Durch die Lösung r = t wird der Lichtkegel beschrieben. Verallgemeinerung:
0 = dτ 2 = dt2 − R2 (t)
dr2
für konstante ϑ, ϕ
1 − kr2
Ein Signal verlässt eine Galaxie am Punkt r = r1 mit ϑ = ϕ = 0. Es trifft bei mir am Punkt r = 0 zur Zeit t0
ein. Die Gleichung für den Lichtkegel ist gegeben durch:
dt2 = R2 (t)
dr2
dt
dr
⇒
=√
2
1 − kr
R(t)
1 − kr2
Durch Integration ergibt sich nun weiter:
Zt0
f (t1 ) =
t1
dt
=
R(t)
Z0
r1

 arcsin(r0 )
dr
√
r0
= f (r0 ) =

1 − kr2
arsinh(r0 )
(∗∗)
Dies legt den Zeitpunkt t0 fest. Zwei benachbarte Wellenzüge verlassen die Quelle zur Zeit t1 und t1 + δt1 ,
wobei (δt)−1 = ν die Emissionsfrequenz ist.
Die rechte Seite von (∗∗) ist unabhängig von t, womit folgt:
Zt0
0=
t1
dt
−
R(t)
t0Z+δt0
t1 +δt1
dt
=
R(t)
t1Z+δt1
t1
dt
−
R(t)
t0Z+δt0
t0
δt1
δt0
dt
=
−
R(t)
R(t1 ) R(t0 )
Hierbei haben wir angenommen, dass sich die Integranden (also R(t)) im Zeitintervall δt1 bzw. δt0 nur unwesentlich geändert hat. Mit δt1 = ν1−1 und δt0 = ν0−1 resultiert:
R(t1 )
ν0
=
ν1
R(t0 )
Hierbei ist der Zusammenhang zwischen t0 und t1 durch (∗∗) gegeben.
16
Kapitel 5
Einstein-Gleichungen
5.1
Plausibilitätsbetrachtungen aus der Newtonschen Theorie
1.) Wir betrachten ein Teilchen der Masse m im Gravitationsfeld einer kugelsymmetrischen Materieverteilung
mit Dichte %.
Auf m wirkt effektiv nur die Masse innerhalb der Kugelschale mit Radius r, also M =
potentielle Energie von m ist:
V = −G
4π 3
3 r %.
Die
Mm
4π
= −G r2 %m
r
3
U = T + V mit der kinetischen Energie T =
1 2
mṙ
2
Der Ursprung einer unendlich ausgedehnten Verteilung mit konstanter Dichte % wird ad hoc festgelegt.
Wir betrachten Expansion und wählen ein mitbewegtes Koordinatensystem mit Ursprung wie oben. ~r(t)
charakterisiert die Lage eines Massenpunktes: ~r(t) = a(t)~x. Gesucht sind die Gleichungen für a(t).
µ
¶
1
4π
1
8π
T = m~a˙ 2 (t)~x2 und V = −G %ma2 ~x2 ⇒ U = T + V = m~x2 ȧ2 − G %a2
2
3
2
3
µ ¶2
ȧ
8πG
Kc2
2U
=
% − 2 mit Kc2 = −
a
3
a
m~x2
K ist dimensionslos und konstant. Für K 6= 0 sei K = k|K| und R2 ≡ a2 /|K|.
Ã
Ṙ
R
!2
=
8πG
k
%− 2
3
R
Dies sind die Friedmann-Gleichungen, wobei c = 1 und k = ±1, 0.
2.) Materie im Universum
Ideale Flüssigkeit oder Gas ( Staub“ und Strahlung“)
”
”
Staub ist nichtrelativistische Materie mit % 6= 0 und p = 0. Die Energiedichte ist % ∼ mc2 /V und der
Druck gegeben durch mv 2 /V . Wegen v ¿ c setzen wir p = 0. Für Strahlung gilt p = %/3. In der
Thermodynamik gibt es einen Zusammenhang zwischen Druck, Volumen, Energie und Entropie:
dE + p dV = T dS
17
KAPITEL 5. EINSTEIN-GLEICHUNGEN
Wir wollen im folgenden reversible Prozesse betrachten, also mit dS = 0. Die Expansion verlaufe außerdem adiabatisch. Die Energie im betrachteten Bereich des Universums ist
E=
4π 3 2
a %c
3
und die Änderung
dE
da 4π 3 d% 2
= 4πa2 %c2
+
a
c
dt
dt
3
dt
0=
dE
dV
ȧ
p ȧ
ȧ ³
p´
+p
⇒ %̇ + 3% + 3 2 = 0 ⇒ %̇ + 3
%+ 2 =0
dt
dt
a
c a
a
c
(3)
Beispiel:
Mit p = 0 ergibt sich für Staub:
³ a ´3
%̇
ȧ
0
= −3 ⇒ ln(%) = −3 ln(a) + C ⇒ % = %0
%
a
a
Für Strahlung gilt p = %c2 /3, also:
³ a ´4
%̇
ȧ
0
= −4 ⇒ % = %0
%
a
a
Die Zahl der Photonen ist ∼ a−3 und die Rotverschiebung kostet ein weiterer Faktor a−1 .
5.2
2
Bewegungsgleichung, zeitliche Ableitung der FriedmannGleichung
Ṙ R̈R − Ṙ2
8π
k
=
G%̇ + 2 3 Ṙ
R
R2
3
R
%̇ folgt aus Gleichung (3). Anschließend dividieren wir noch durch 2Ṙ/R und erhalten:
³
p´
k
R̈R − Ṙ2
=
−4πG
%
+
+ 2
R2
c2
R
An dieser Stelle verwenden wir nochmal die Friedmann-Gleichungen für (Ṙ/R)2 :
µ
¶
R̈
4
3p
= − πG % + 2
R
3
c
Dies ist die Bewegungsgleichung für die Expansion des Universums.
Für R(t) 7→ 0 wird der Beitrag der Energiedichte wichtiger als die Berücksichtigung der Krümmung. Damit ist
der erste Term auf der rechten Seite der Gleichung
Ã
Ṙ
R
!2
=
k
8πG
%− 2
3
R
wichtiger; wir vernachlässigen also k/R2 .
1.) % 6= 0 und p = 0:
Hieraus ergibt sich:
Ã
Ṙ(t)
R(t)
!2
4πG%0
=
3
µ
R0
R(t)
¶3
dR
⇒
=
dt
µ
4πG%0 3
R0
3
¶ 12
1
R− 2 (t)
18
5.2. BEWEGUNGSGLEICHUNG, ZEITLICHE ABLEITUNG DER FRIEDMANNGLEICHUNG
Durch Trennung der Variablen können wir diese Differentialgleichung lösen:
µ
1
2
R dR =
4πG%0 3
R0
3
¶ 12
2 3
dt ⇒ R 2 =
3
µ
4πG%0 3
R0
3
¶ 12
(t + t0 )
Für t 7→ 0 gelte R 7→ 0 und damit gilt t0 = 0, also:
¶1
µ ¶ 32 µ
2
4πG%0 3 3 2
R(t) =
R0
t3
3
3
Die Phase, welche durch nichtrelativistische Materie dominiert ist, wird durch obiges Skalengesetz beschrieben.
2.) strahlungsdominiertes Universum:
Ã
Ṙ(t)
R(t)
!2
R(t) =
√
4πG%0
=
3
µ
2
µ
R0
R(t)
4πG%0 4
R0
3
¶4
¶ 14
dR
⇒
=
dt
µ
4πG%0 4
R0
3
¶ 12
1
R
1
t2
Erstaunlicherweise wächst das Universum also schneller, wenn kein Druck vorhanden ist.
3.) Kosmologische Konstante:
Hier werden wir diese Konstante ad hoc einführen. Sie wird später über die Einstein-Gleichungen motiviert werden. Wir gehen aus von einem Zusammenhang zwischen % und p der Form
pΛ = −%Λ c2 mit %Λ =
Λ
8πG
Aus Gleichung (...) folgt %̇Λ = 0. Bewegungsgleichung:
R̈
4π
8π
Λ
= − G (%Λ + 3(−%Λ )) =
G%Λ = ⇒ R ∼ exp
R
3
3
3
Ãr
Λ
t
3
!
Eine kosmologische Konstante führt zu einer exponentiellen Expansion.
19
KAPITEL 5. EINSTEIN-GLEICHUNGEN
20
Kapitel 6
Einstein-Gleichungen
Vergleiche mit den inhomogenen und homogenen Maxwell-Gleichungen aus der Elektrodynamik:
∂µ F µν = j ν und ∂µ Feµν = 0
Die Einstein-Gleichungen haben dieselbe Struktur. Es gibt zwei verschiedene äquivalente Varianten:
µ
¶
8πG
1
1
Tik − gik T oder Rik − gik R = 8πGTik mit c = 1
Rik = 4
c
2
2
0
Hierbei ist R ≡ Rik g ik , T = Tik g ik und Rik = g ll Rlil0 k . Rijkl ist der Einsteinsche Krümmungstensor. Er wird
aus bis zu zweiten Ableitungen und Produkten von gik gewonnen. Christoffel-Symbole:
µ
¶
1
∂gµν
∂gκµ
∂gµν
ΓΛµν = g λκ
+
−
2
∂xµ
∂xν
∂xκ
Rλµνκ =
∂Gλµν
∂Γλµκ
−
+ Γηµν Γλκη − Γηµκ Γλνη
∂xκ
∂xν
Rik ist der sogenannte Ricci-Tensor und R der Krümmungsskalar. Der Feldstärketensor in der Elektrodynamik
ist linear in den Potentialen. Hier treten jedoch nichtlineare Terme auf, weil das Gravitationsfeld an Energiedichte ankoppelt und selbst eine Energiedichte hat. Die Tatsache, dass kein Quellterm vorhanden ist, heißt
nicht, dass der Raum auch feldfrei ist. Die anschauliche Interpretation ist gegeben durch eine Formel des Typs
∆Ak =
1 i
Ai ∆f lm mit ∆f lm = al bm − am bl
R
2 klm
∆f lm definiert ein Flächenelement aufgespannt durch al und bl .
A wird parallel um f verschoben.
Wir führen lokal ein mitbewegtes Minkowski-Bezugssystem ein und diskutieren Tik in diesen Koordination.
Wir nehmen Homogenität und Isotropie an.
µ
¶
T00 T0r
Tik =
mit s, r = 1, 2, 3
Ts0 Tsr
T00 ist die Energiedichte, T0r und Ts0 sind Energiestromdichten und Trs der Spannungstensor. Aus der Isotropie
folgt, dass der Energiestrom verschwinden muss, also T0r = Ts0 = 0, weil man sonst eine bestimmte Richtung
auszeichnen würde. Des weiteren darf der Spannungstensor keine Richtung auszeichnen, also muss Tsr ∼ δsr
gelten. Es gilt also lediglich Tsr = pδsr und es wirken keinerlei Scherkräfte.




% 0 0 0
−1 0 0 0
µ ¶
 0 p 0 0
 0 1 0 0
1



Tik = 
0 0 p 0 = (% + p)ui uk + pgik wobei Ui = ~o und gik =  0 0 1 0
0 0 0 p
0 0 0 1
21
KAPITEL 6. EINSTEIN-GLEICHUNGEN
Berechne Rik und R für die Robertson-Walker-Metrik. Die Einstein-Gleichungen (für i = k = 0) reduzieren
sich (nach längerer Rechnung) auf:
Ṙ2 + k =
8πG
%(t)R2
3
(1)
Ferner aus den räumlichen Komponenten folgt die Erhaltung des Energie-Impuls-Tensors. Die entsprechende
Rechnung kann als Übung durchgeführt werden; wir geben nur das Ergebnis an:
d
(%R3 ) = −3pR2
dR
(2)
Für p = 0 ist %R3 somit eine Erhaltungsgröße. Verschiedene Arten von Materie unterscheiden sich durch die
Zustandsgleichung für p = p(%) (beispielsweise Strahlung, Staub und dunkle Energie Λ).
6.1
Allgemeine Aussagen über R(t)
6.1.1
Vergangenheit
Wir betrachten die Ableitung von Gleichung (1) nach t.
µ
¶
µ
¶
8π
8πG d
d
3 1
3 1
3 1
Ṙ =
2ṘR̈ =
%R
G
(%R ) − %R 2 Ṙ
3 dR
R
3
dR
R
R
R̈ =
³
4πG
p´
(−3pR − %R) = −4πGR % +
3
3
(4)
Für die gewöhnliche nichtrelativistische Materie ist p > 0 und natürlich aus die restlichen Größen. Damit ist
R̈ < 0 ( Bremsen“). Nach dem Hubble-Gesetz ist Ṙ > 0.
”
R(t) geht gegen Null für abnehmendes t. Das Alter des Universums ist also < H −1 .
22
Kapitel 7
Hubble-Gesetz und
Entfernungsmessung über große
Abstände
7.1
Parallaxen-Entfernung
Wir betrachten die ganze Situation auf einer Kugeloberfläche. Die Erdbahn verlaufe senkrecht zur Blickachse
zum Stern. Man führt ein Triangulationsverfahren durch und misst den Winkel sowohl im Sommer als auch
im Winter.
Wir interessieren uns im folgenden für den Parallaxenwinkel p = 90◦ − A. Aufgrund der sphärischen Geometrie
gilt:
tan(χ0 ) = sin(d) tan(A) = sin(d) cot(p)
d und alle anderen Abstände werden in Einheiten des Kugelradius a gemessen. Wegen d ¿ 1 und p ¿ 1 gilt
tan(χ0 ) = dp .
Ausgedrückt durch r: r0 = sin χ0
Bei der Entfernungsmessung über Parallaxe erscheint der Stern in einer Entfernung
Dparall ≡
ad
= a tan χ0
p
Die echte Entfernung ist Decht = aχ0 .
Dparall
tan χ0
=
>1
Decht
χ0
1.) Unter welchem Winkel α erscheint ein Objekt der Länge l, dessen Entfernung D bekannt ist, bei Kugelgeometrie?
23
KAPITEL 7. HUBBLE-GESETZ UND ENTFERNUNGSMESSUNG ÜBER GROSSE
ABSTÄNDE
χ0 charakterisiert den Breitenkreis. Die Entfernung des Objektes ist D = aχ0 . Aus dem Beobachtungswinkel α ergibt sich die wahre Länge l = αa sin χ0 . Die scheinbare Länge des Objekts ist:

 1 für χ0 = 0
lschein
χ0
π
für χ0 = π
lschein ≡ α · Entfernung = αaχ0 ⇒
=
=
 2
lecht
sin χ0
∞ für χ0 7→ π
2.) Was ist der Effekt der Expansion?
Wenn l die wahre Länge bei der Emission bezeichnet und D die Entfernung zwischen Sender und
Empfänger beim Eintreffen des Signals, so ist die Kugel um den Faktor a(tbeob )/a(temiss ) skaliert. Damit
folgt:
lschein = lecht ·
χ0 a(tbeob )
sin χ0 a(temiss )
a(tbeob )
R(tbeob )
=
=1+z
a(temiss )
R(temiss )
z bezeichnet die Rotverschiebung. Das ganze ist wichtig für die Analyse der Hintergrundstrahlung.
7.2
Luminositätsentfernung
Die scheinbare Luminosität l im euklidischen Raum ist gegeben durch l ≡ L/(4πd2 ), wobei d der Abstand und
L die Leistung der Kerze“ ist. Im gekrümmten Raum bei Expansion ergibt sich:
”
L
R(t1 ) R(t1 )
l=
·
·
4πr2 R2 (t0 ) R(t0 ) R(t0 )
r ist so definiert wie bei der Robertson-Walker-Metrik. Der erste Faktor R(t1 )/R(t0 ) rührt von der Rotverschiebung her und der zweite von der Zählrate der Photonen. Wir definieren die Luminositätsentfernung dL :
µ
dL ≡
L
4πl
¶ 12
= rR(t0 )
R(t0 )
R(t1 )
Kennt man den Emissionszeitpunkt und den Messzeitpunkt, kann man dL bestimmen.
7.3
Zusammenhang zwischen Rotverschiebung z und Luminositätsentfernung dL
Das Ziel ist, Abweichungen vom linearen Hubble-Gesetz und den Decelerationsparameter a0 zu berechnen. Ein
Photon werde am Punkt (r1 , ϑ = 0, ϕ = 0) zur Zeit t1 emittiert und erreiche den Punkt r = r0 = 0 zur Zeit
t0 . Es gilt:
Zt0
t1
dt
=
R(t)
Zr1
√
0
dr
1 − kr2
(1)
Weiterhing gelten die folgenden Gleichungen:
z=
R(t0 )
−1
R(t1 )
(2)
24
7.3. ZUSAMMENHANG ZWISCHEN ROTVERSCHIEBUNG Z UND
LUMINOSITÄTSENTFERNUNG DL
dL = r1
R2 (t0 )
= r1 R(t0 )(1 + z)
R(t1 )
(3)
Für kleine Entfernungen gilt die Taylorentwicklung R(t0 ) ≈ R(t1 ) + Ṙ(t0 − t1 ). Die Laufzeit entspricht der
Entfernung d = t0 − t1 . Die Beziehung
z=
Ṙ
d
R
definierte uns die Hubble-Konstante H ≡ Ṙ/R. Die nicht-euklidische Struktur wird erst beim nächsten Term
in der Taylorreihe wichtig. Des weiteren gehen wir davon aus, dass r1 und t1 unbekannt sind. Jedoch wird
natürlich t0 , r0 = 0 und R(t) als bekannt angenommen. Das Ziel ist nun, dL als Funktion von z bei gegebenem
R zu berechnen. Strategie:
1.) Berechne t1 aus z und t0 über Gleichung (2).
2.) Berechne r1 aus (1) als Funktion von z.
3.) eingesetzt in (3)
Wir betrachten nur die niedrigsten zwei Terme der Taylorreihe.
·
¸
1
1
2
2
2
R(t1 ) = R(t0 ) + Ṙ(t0 )(t1 − t0 ) + R̈(t0 )(t1 − t0 ) + . . . = R(t0 ) 1 + H(t1 − t0 ) − q0 H (t1 − t0 ) + . . .
2
2
Aus Gleichung (2) folgt:
R(t1 )
1
1
Ṙ
R̈
=
= 1 + Hδ − q0 H 2 δ 2 + O(δ 3 ) mit H ≡ , q0 ≡ −
und δ ≡ t1 − t0
R(t0 )
1+z
2
R
RH 2
Weiterhin benötigen wir:
1−
1
z
1
=
= −Hδ + qH 2 δ 2 + O(δ 3 )
1+z
1+z
2
Diese Gleichung wollen wir nun bis auf Terme O(z 3 ) nach δ auflösen:
−Hδ =
³
q´ 2
1
1
z
− q(Hδ)2 ≈ z(1 − z) − qz 2 ⇒ −H(t1 − t0 ) = z − 1 +
z
1+z
2
2
2
Aus Gleichung (1) folgt dann, indem man die Wurzel auf der rechten Seite entwickelt und dann integriert:
·
¸
·
¸
1
1
1
1
(t0 − t1 ) + H(t0 − t1 )2 = r1 + O(r13 ) ⇒ r1 =
z − (q0 + 1)z 2
R(t0 )
2
R(t0 )H
2
µ
¶
µ
¶
R2 (t0 )
R(t0 )
1
1
1
1
dL = r1
= r1 R(t0 ) ·
= z(1 + z) 1 − (q + 1)z = z 1 + (1 − q)z
R(t1 )
R(t1 )
H
2
H
2
dL , z und H werden gemessen und hieraus ergibt sich dann q. Zur Erinnerung: Für k = 0 und dem materiedominierten Fall ergab sich q0 = 21 . In der Praxis löst man die Gleichung besser numerisch, da man heute in
Gebiete mit z ≈ 1 vordringen kann, weshalb man bei obiger Taylorreihe sehr viele Terme mitnehmen müsste.
Wie weit ist z = 1 von uns entfernt?
z=H
3 · 106 km
z·c
∆d
s
⇒ ∆d =
=
= 4000 Mpc
km
c
H
75 s·Mpc
25
KAPITEL 7. HUBBLE-GESETZ UND ENTFERNUNGSMESSUNG ÜBER GROSSE
ABSTÄNDE
26
Kapitel 8
Mikrowellen-Hintergrund-Strahlung
8.1
Verhalten eines Photonengases mit Planck-Verteilung bei der
Hubble-Expansion
Die Zahl der Photonen in einem Volumenelement dV mit Impulsen zwischen p~und p~ + d3 p~
dn
d3 p
(2π~)3
d3 p
d3 p
2
³
´
dV
=
dV
3
(2π~)3
exp kBET − 1 (2π~)
Der Faktor 2 im Zähler beschreibt die zwei Polarisationszustände der Photonen. Mit p = ν hc , E = hν und
d3 p = p2 dp dΩ (Isotropie) erhält man die Energiedichte:
3
8πh νc
dE
³
´
=
dν
exp khν
−1
BT
Dies ist die Planck-Verteilung. Für kleine ν verhält sich die Funktion ∼ ν 2 und für große ν exponentiell.
Unter der Annahme einer Planck-Verteilung genügt die Messung der Energiedichte bei einer Frequenz zur
Bestimmung der Temperatur T .
8.2
Entwicklung bei der Hubble-Expansion
1.) Die Zahl der Photonen in einem durch festes r, ϑ und ϕ beschriebenem Gebiet bleibt konstant. Wir
nehmen also an, dass Photonen weder emittiert noch absorbiert werden. Wegen dV ∼ R3 (t) nimmt
die Dichte wie R−3 ab. Die Energie nimmt ab mit E1 = E0 · R(t0 )/R(t1 ) und auch entsprechend das
Impulsintervall d3 p ∼ R−3 (t). Damit bleibt die Größe d3 p dV (Phasenraum) konstant.
µ
¶ 3
d3 p 0
R(t1 )
dn
d p1
dn
(E0 , T0 )
E1
dV0 = d3 p
, T0
dV1
3
3
d3 p
(2π~)
R(t
)
(2π~)
0
3
3
(2π~)
(2π~)
3
Weil dn/d p nur von E/(kB T ) abhängt, gilt:
µ
¶ 3
dn
R(t0 )
d p1
E
,
T
dV1
1
0
3
d3 p
R(t
)
(2π~)
1
3
(2π~)
27
KAPITEL 8. MIKROWELLEN-HINTERGRUND-STRAHLUNG
Die Expansion führt also zu einer neuen Planck-Verteilung mit T1 = T0 · R(t0 )/R(t1 ).
2.) Photon-Gas für einen bewegten Beobachter:
Das Gas sei isotrop für einen ruhenden Beobachter. Für einen in Richtung ~n mit Geschwindigkeit β
bewegten Beobachter ist ein Teil der Photonen rotverschoben und der andere Teil blauverschoben. Für
einen ruhenden Beobachter seien Impuls und Energie des Photons p~, E und im bewegten System p~0 , E 0 .
¶
µ
~n · p~
0
E = E 1 − β~n
= E(1 − β cos θ)
|~
p|
Das Ergebnis folgt aus der speziellen Relativitätstheorie.
dn
d3 p
(2π~)3
=
³
exp
2
E0
(1−β cos θ)kB T
´
−1
Es resultiert also eine Planck-Verteilung mit richtungsabhängiger Temperatur:
Teff = (1 − β cos θ)T = T (1 − β) + T β(1 − cos θ) mit T β = TDipol
Dies stellen die ersten beiden Terme in einer Entwicklung nach Kugelflächenfunktionen dar. Die Anisotropie wird beobachtet mit β · c ≈ 300 km
s . Sie definiert uns eine Bewegung bezüglich des kosmologischen
Ruhesystems. Die Dipol-Anisotropie wird in allen Analysen subtrahiert. Der aktuelle experimentelle
∧
∧
Stand ist T ≈ 2, 725 ± 0001 (= λ = 0, 5 cm und = ν = 60, 4 GHz). Fluktuationen werden mit einer viel
größeren Genauigkeit gemessen.
8.3
Ursprung der kosmischen Hintergrundstrahlung
Bei hoher Temperatur sind Wasserstoff und Helium ionisiert (Plasma). Dies führt dazu, dass sich elektromagnetische Strahlung nicht ausbreiten kann. Sie befindet sich im thermischen Gleichgewicht mit Materie. Das
Maximum der Planck-Verteilung liegt bei Emax = 2, 8 · kT . Die Ionisationsenergie EI von Wasserstoff beträgt
13, 6 eV.
TI ≡
EI
= 50 000 K
2, 8kB
Forderung: Für jedes Wasserstoffatom soll es wenigstens ein Photon geben mit Eγ > EI . Es gilt nγ = 1, 7 ·
109 nProton . Wir fordern außerdem, dass im Schwanz der Verteilung noch genügend Photonen mit Eγ > EI
vorhanden sind. Eine grobe Abschätzung liefert:
µ
¶
µ
¶
EI
EI
EI
9
nγ exp −
≥ np ⇒ 1, 7 · 10 exp −
≥ 1 ⇒ ln(1, 7 · 109 ) −
≥0
kB T
kB T
kB T
T =
13, 6 eV
= 7400 K
kB ln(1, 7 · 109 )
Eine genauere Rechnung mit den Wirkungsquerschnitten ergibt Tdec = 3000 K.
1+z =
3000
R0
≈ 1000 und
≈ 1000
2, 72
Rdec
Photonen, welche wir heute beobachten, stammen von einer Kugeloberfläche mit Abstand D ≈ 6000h−1 Mpc,
km
mit h = 0, 72.
wobei H0 = h · 100 s·Mpc
Um den Beweis durchführen zu können, betrachten wir den Fall k = 0 (flaches Universum, materiedominiert).
Dann gilt:
µ
R(t) = R0
¶ 23
3
3
H0 t
⇒ t0 = H0−1
2
2
28
8.4. MATHEMATISCHE ANALYSE
Für die Ausbreitung des Lichts gilt:
Zt0
t1
dt
=
R(t)
Zr1
√
0
dr
= r1 für k = 0
1 − kr2
t1 und r1 entsprechen der Emission, t0 und r0 = 0 entsprechen der Beobachtung.
2
r1 =
für t0 À t1 und c = 1
R 0 H0
Damit erhalten wir für die Entfernung:
2
2
km
D = R0 · r1 =
= 6000 Mpc · h−1 ≈ 8000 Mpc
·c=
· 300 000
km
H0
s
h · 100 s·Mpc
Das Alter des Universums damals folgt aus der Gleichung
µ
¶ 32
1
3
R
=
=
H0 tdec
R0
1000
2
und zwar gilt tdec = 350 000 Jahre. Wir interessieren uns nun für die Größe eines kausal zusammenhängenden
Gebietes bei T = 3000 K (z = 1000)
a.) Auch im frühen Universum, also vor T = 3000 K war bis 10 000 K das Universum noch materiedominiert.
2
Dann gilt also R ∼ t 3 oder:
µ
¶ 23
3
3
1
Rdec
3
2
=
=
H0 tdec
⇒ tdec = H0−1 (1 + z)− 2 = t0 (1 + z)− 2
1+z
R0
2
3
Aus t = 6, 5 · 109 Jahre · h−1 , z = 1000 und h = 0, 72 ergibt sich tdec = 300 000 Jahre. Das ist eigentlich
∧
nur gültig bis z = 3000 = 60 000 Jahre. Also war zur Zeit tdec maximal ein Gebiet der Größe tdec · c kausal
zusammenhängend. Der Durchmesser lwahr dieses Gebietes war
3
2
lwahr = H0−1 (1 + z)− 2 · c
3
Wir erinnern uns an Kapitel IV:
lscheinbar = lwahr ·
1
χ0
R(t0 )
R(t0 ) k=0
2
= lwahr ·
·
= lwahr · (1 + z) = H −1 (1 + z)− 2
sin(χ0 ) R(tdec )
R(tdec )
3
α ≡ lschein /D ist der Öffnungswinkel, wobei D = χ0 R(t0 ) = 2c/H0 gilt.
α=
8.4
2 −1
3 H0 (1
1
+ z)− 2
1
= √
≈ 0, 6◦
2H0
3 1+z
Mathematische Analyse
Wir betrachten:
∞ X
+l
X
∆T
T (ϑ, ϕ) − T
(ϑ, ϕ) =
=
alm Yml (ϑ, ϕ)
T
T
l=2 m=−l
Die Summation beginnt erst bei l = 2, weil wir den Dipolterm, der keine kosmologische Bedeutung hat,
subtrahiert haben. Wir erinnern uns, dass eine periodische Funktion im Intervall [0, 2π] nach sin(nϕ) und
cos(nϕ) entwickelt wird.
Betrachte
cl ≡ h|alm |2 i =
+l
X
1
|alm |2
2l + 1
m=−l
l charakterisiert die Winkelauflösung; große l entsprechen kleinen Winkeln (Winkel ∼ 180◦ /l).
29
KAPITEL 8. MIKROWELLEN-HINTERGRUND-STRAHLUNG
30
Kapitel 9
Das frühe Universum
9.1
Allgemeine Überlegungen
9.1.1
Die Einstein-Gleichungen für R 7→ 0 bzw. t 7→ 0
Für kleine Zeiten können wir die Krümmung vernachlässigen (k = +1, 0, −1 verhält sich gleich).
Ã
Ṙ
R
!2
+
k
8π
=
G%
R2
3
Für R 7→ 0 wächst % mindestens wie R−3 (%mat ∼ R−3 , %rad ∼ R−4 und %Λ ∼ const.). Daraus folgt, dass
der Term k/R2 für kleine R vernachlässigt werden. Außerdem verwenden wir das Resultat, dass der Raum
flach ist aus Kapitel IV. Damit können wir die Einstein-Gleichungen ohne den Krümmungsterm diskutieren.
Für genügend kleine Zeiten (hohe Temperaturen) dominiert die Strahlung %rad gegenüber %mat . Wir können
sehr gut %0γ aus der Planck-Verteilung mit T = 2, 72 K und %0c aus der Hubble-Konstante H0 miteinander
vergleichen. Heute gilt:
%γ
2, 5 · 10−9
=
mit h = 0, 72
%c
h2
∧
Bei einer Temperatur von 10 000 K (= 1 eV) ist der Beitrag der Strahlung (Photonen γ und Neutrinos ν) gleich
dem von %mat . Dies folgt aus %ν ≈ 0, 7%γ (Herleitung später) und %mat ≈ 0, 3%c . Aus %mat ∼ R−3 ∼ (1 + z)3
und %rad = %γ + %ν ∼ R−4 ∼ (1 + z)4 folgt z = 3000. Oberhalb von 1 eV gilt mit % = a/R4 :
r
p
Ṙ2
=
8π
Ga ·
3
r
1
⇒ R dR =
R2
r
8π
Ga dt ⇒ R2 =
3
r
32π
32πG 2
Gat ⇒ 1 =
%t
3
3
Bei der Integration der Differentialgleichung darf sich die Zahl der Freiheitsgrade nicht ändern. Zahlenwerte:
·
32πG
3
¸−1
= 0, 45 · 106
g 2
s
cm3
Das Gewicht der Photonen in einem Kubikzentimeter bei einer Sekunde nach dem Urknall beträgt somit etwa
eine Tonne.
9.1.2
Beitrag eines relativistischen Fermi-/Bose-Gases
Wir setzen im folgenden ~ = c = 1 und messen T in Energie-Einheiten, also kB = 1. Damit ist die PlanckVerteilung gegeben durch:
4πω 3
d%
π2
¡ω¢
=2
und %γ = 2 T 4
dω
30
exp T − 1
Die Fermi-Verteilung hat eine ähnliche Form:
d%
4πω 3
7 π2 4
¡ω¢
= NF
und %F = NF
T
dω
8 30
exp T + 1
31
KAPITEL 9. DAS FRÜHE UNIVERSUM
NF ist die Anzahl der Fermion-Freiheitsgrade. Für eine Sorte von Neutrinos gilt NF = 2. Neutrinos haben
einen Polarisationszustand. Es gibt linkshändige Neutrinos und rechtshändige Antineutrinos. Bei Elektronen
gilt NF = 4, was davon herrührt, dass es sowohl linkshändige als auch rechtshändige Elektronen und sowohl
linkshändige als auch rechtshändige Positronen gibt. Wo kommt der Faktor 7/8 her?
Z∞
Z∞
Z∞
Z∞
xn
xn
2xn
yn
y=2x −n
dx
− dx
= dx
= 2
dy
exp(x) − 1
exp(x) − 1
exp(2x) − 1
exp(y) − 1
0
0
0
0
Damit folgt weiter:
Z∞
Z∞
¡
¢
xn
xn
−n
1−2
dx
= dx
exp(x) − 1
exp(x) + 1
0
0
Für die Energiedichte im Falle n = 3 ergibt sich:
nF
3
1
=1− =
nB
4
4
Die Energie-Dichte insgesamt ist:
7
7
π2
mit κ = 1 + Nν + Ne
15
8
4
Im frühen Universum gilt:
%=κ
1=
32πG π 2 4 2
1s
κT t ⇒ t ∼ ¡
¢2
T
3 15
MeV
9.1.3
Notwendige Bedingung für das thermische Gleichgewicht bei sich ändernder Temperatur
Ist die Reaktionsrate größer also H(t) = Ṙ(t)/R(t), so gilt:
r
r
d
1
8πG
8π 3 G 2
Ṙ
=
ln(R) =
=
%= κ
T
H=
R
dt
2t
3
45
Die Reaktionsrate hängt von der Dichte, Temperatur und dem jeweiligen Prozess ab.
Überblick:
t
10−42 - 10−32±6 s
10−10 s
10−4 s
10−2 s
1s
100 s
104 Jahre
105 Jahre
∼ 109 Jahre
T
1013±3 GeV
100 GeV
100 MeV
10 MeV
1 MeV
0, 1 MeV
1 eV
0, 1 eV
10−4 eV
Prozess
Inflation
elektroschwacher Phasenübergang
Übergang von Quarks zu Hadronen
γ, ν, e+ , e− , n, p im thermischen Gleichgewicht
ν entkoppeln, e+ -e− -Vernichtung
Nukleo-Synthese
%mat = %rad
Atome, Entkopplung der Strahlung
Sternentstehung
U Der Beitrag der Krümmung (und Λ) ist vernachlässigbar.
U Bei etwa 1 eV wird das Universum strahlungsdominiert.
U Strahlungsdominanz
a
32πG 2
⇒1=
%t
R4
3
Dies gilt für eine konstante Zahl der Freiheitsgrade.
%=
U Planck- und Fermiverteilung
%=κ
π2 4
7
7
T mit κ = 1 + Nν + Ne + . . .
15
8
4
t∼ ¡
1s
¢2
T
MeV
Von Gleichgewicht spricht man dann, wenn die Reaktionsrate größer ist als H(t). Die Reaktionsrate hängt ab
von den Parametern des Systems; sie ist eine Funktion von Dichte, Temperatur und Prozess.
32
9.2. ENTWICKLUNG DES UNIVERSUMS VON KT = 0, 5 GEV BIS ZUM ENDE DER
STRAHLUNGSDOMINIERTEN EPOCHE (1 EV)
9.2
9.2.1
Entwicklung des Universums von kT = 0, 5 GeV bis zum Ende
der strahlungsdominierten Epoche (1 eV)
Temperatur der Neutrino-Hintergrund-Strahlung
Bei kT = 0, 2 GeV befindet man sich unterhalb der Produktionsschwelle von Baryonen. Elektronen, Photonen,
Myonen und alle Neutrinos sind im thermischen Gleichgewicht. Es gibt sehr wenige Protonen (Np /Nγ ∼ 10−9 )
und für kB T > 1 eV kann ihr Beitrag zur Dynamik vernachlässigt werden. Das Universum ist strahlungsdominiert.
Elektronen, Neutrinos, Protonen, Neutronen und Photonen sind im Gleichgewicht. Elektronen und Neutrinos
wechselwirken über geladene und neutrale Eichbosonen
und können beliebig erzeugt und vernichtet werden.
Vergleiche Reaktionsrate mit H(t). Ein typischer Wirkungsquerschnitt liegt bei σ ≈ G2F E 2 . Effektiv handelt
es sich um Vier-Fermion-Wechselwirkungen.
∧
Die Teilchendichte ist n(T ) ≈ T 3 mit T = E. Die Reaktionsrate ist die Zahl der Stöße eines Neutrinos pro
Zeiteinheit. Sie ist gegeben durch
v · σ · n = c · G2F E 2 · E 3 = G2F · E 5 mit c = 1
Die Expansionsrate ist
H(t) =
1
1
2
= GNewton
T2
2t
−5
Ein Vergleich dieser beiden Raten liefert mit GF ≈ 10−5 m−2
GeV−2 :
p ≈ 10
Reaktionsrate
− 12
= G2F · GNewton
E 3 ≈ 10−10 GeV−4 · 1019 GeV · E 3 =
Expansionsrate
µ
E
1 MeV
¶3
Das Resultat gilt auch bei genauerer Rechnung.
Bei etwa 1 MeV entkoppeln die Neutrinos. Ihre Temperatur folgt nun dem Skalenparameter Tν ∼ R−1 (t). Bei
etwa 0, 1 MeV annihilieren die e+ und e− in Photonen bis auf einen Rest ∼ 10−9 .
Nγ ∼ Ne+ ∼ Ne− wobei
Ne− − Ne+
∼ 10−9
T
33
KAPITEL 9. DAS FRÜHE UNIVERSUM
Die latente Energie der Positronen und Elektronen erhöht die Photon-Temperatur relativ zu der NeutrinoTemperatur. Der Relativ-Faktor wird bestimmt, ohne die Einzelheiten des Übergangs zu berechnen. Bei einer
adiabatischen Expansion bleibt die Entropie S konstant. (Dies gilt, wenn die Expansionsgeschwindigkeit viel
langsamer als die Geschwindigkeit der Atome bzw. Moleküle ist.) Für homogene Systeme gilt (Gibbs-Duhem
Relation: E = T S − P V + µN )
E = TS − PV ⇒ S =
1
(E + P V )
T
Betrachte eine Region mit festen Grenzen in mitbewegten Koordinaten, das heißt mit einem Volumen ∼ R3 (t).
0=
·
¸
dS
d
1
1
=
R3 (t) (%(t) + p(t)) = 0 ⇒
R3 (t) (%(t) + p(t)) = const.
dt
dt T (t)
T (t)
(∗)
Die Aussage, dass der Ausdruck in der Klammer konstant ist, gilt auch, wenn bei sich ändernder Temperatur
die Zahl der Freiheitsgrade kleiner oder größer wird, aber natürlich nur für die im thermischen Gleichgewicht
stehenden Bestandteile (γ, e± ). Wir werten Gleichung (∗) aus für T À 1 MeV und für T ¿ 1 MeV. Dort gilt
jeweils p = %/3, also
R3 (t)
%(t) = const.
T (t)
in beiden Fällen. Verwende außerdem
½
1+
% = const.0 · κ(t) · T 4 (t) mit κ =
1
7
4
=
11
4
für
für
const.
T À 1 MeV
= const.00
⇒ R3 (t)κ(t)T 3 (t) =
T ¿ 1 MeV
const.0
Dies bezieht sich nur auf das System (γ, e). Für Neutrinos ändert sich κν nicht im Bereich T ∼ O(MeV).
⇒ R(t)Tγ (t) =
const.00
1
κ(t) 3
Andererseits gilt auch R(t)Tν (t) = const.000 und somit:
(
1
1
für T À 1 MeV
(per Konstruktion)
Tν (t)
κ(t) 3
¡ 4 ¢ 13
= ¡ ¢1 =
Tγ (t)
11 3
für T ¿ 1 MeV
11
4
34
9.2. ENTWICKLUNG DES UNIVERSUMS VON KT = 0, 5 GEV BIS ZUM ENDE DER
STRAHLUNGSDOMINIERTEN EPOCHE (1 EV)
Für Neutrinos gilt Tν · R = const. und damit folgt:
T2,ν
=
T2,γ
µ
4
11
¶ 13
Streng gilt dies nicht mehr bis heute, weil die Neutrinos eine Ruhemasse haben. Deshalb sind die Neutrinos heute nichtrelativistisch. Die Neutrino-Hintergrundstrahlung lässt sich zur Zeit experimentell noch nicht
beobachten.
9.2.2
Grenze für die maximale Masse leichter Neutrinos
Wir gehen aus von nν = 3/4nγ für Tν = Tγ . (Der Faktor 3/4 kommt Fermi - Bose.) Bei T ∼ 1 MeV erhöht
1
sich Tγ relativ zu Tν um einen Faktor (11/4) 3 . Damit erhöht sich die Zahl der Photonen relativ zu nν um den
Faktor (Tγ /Tν )3 .
nν =
3 4
3
1
·
· nγ =
nγ ≈ 100
pro Sorte
4 11
11
cm3
Für die Materiedichte gilt
Ã
!2
keV
H
% . %c ≈ 3
cm3 50 km
s
%c ist die Dichte, die man benötigt, um das Universum in den Grenzbereich zwischen offen und geschlossen zu
bringen unter Vernachlässigung der dunklen Energie.
%ν = 100
X
νe ,νµ ,ντ
X
keV
mν
< % < %c < 3
→
. 30 eV
3
3
cm
cm
ν ,ν ,ν
e
µ
τ
Das war lange Zeit eine der besten Schranken für die Summe der Neutrinomassen. Inzwischen hat man Laborresultate aus dem Tritium-Zerfall zum Vergleich.
Betrachten wir den Endpunkt des Elektronspektrums:
Aus derartigen Messungen ergibt sich ein Wert von 2, 8 eV. Das Ziel von KATRIN ist, Neutrinomassen von
0, 3 bis 0, 5 eV nachzuweisen.
Aus Experimenten zu Neutrino-Oszillationen erhält man für skalare Neutrinos ∆m2 = 7, 9 · 10−5 eV2 beziehungsweise |∆m| = 0, 9·10−3 eV. Für atmosphärische Neutrinos erhält man entsprechend ∆m2 = 2, 4·10−3 eV2
beziehungsweise |∆m| = 0, 05 eV.
35
KAPITEL 9. DAS FRÜHE UNIVERSUM
9.3
Neutron/Proton-Verhältnis, Helium-Synthese und Zahl der masselosen (leichten) Neutrinos
Bis zu Temperaturen & 1 eV ist das Universum strahlungsdominiert (Photonen, Neutrinos und Elektronen/Positronen für Energien > 1 MeV). Protonen und Neutronen sind irrelevant für die Dynamik:
Nν
& 109
Np
Temperatur und Dichte als Funktion der Zeit werden völlig von Photonen, Elektronen und Neutrinos bestimmt.
Die Temperatur wird den Protonen und Neutronen quasi aufgeprägt. Aber zwischen 1 MeV und 0, 01 MeV
spielt sich die Helium-Synthese ab, welche sehr sensitiv von der Temperatur abhängt. Die Neutron-ProtonMassendifferenz beträgt 1, 293 MeV. Die Entkopplungstemperatur der Neutrinos ist von der Größenordnung
1 MeV und die Elektronmasse 0, 5 MeV. Das System ist gekoppelt, womit eine quantitative Analyse nur numerisch möglich ist. Insbesondere sind die Häufigkeiten der Protonen und Neutronen unterhalb 3 MeV nicht durch
Gleichgewichtsverteilungen gegeben. (Die sich abspielenden Prozesse sind nicht adiabatisch.) Wir machen den
Ansatz, dass Neutronen und Protonen praktisch in Ruhe sind. Die Reaktionsraten pro Nukleon sind dann
gegeben durch:
Z
−
λ(n + ν 7→ p + e ) = dpν σ(n + ν 7→ p + e− ; pν ) × Dichte der ν × Dichte der freien Elektronzustände
Die Rate hängt ab von den Neutrinoimpulsen (über die man integrieren muss), vom Wirkungsquerschnitt
(welcher eine Funktion der Neutrinoenergie ist), von der Dichte der Neutrinos im Phasenraum (je mehr Neutrinos vorhanden sind, umso häufiger findet die Reaktion statt) und schließlich von der Dichte der freien
Elektronzustände (eine Reaktion kann aufgrund des Pauliprinzips nur ablaufen, wenn die Elektronen in einen
nichtbesetzten Zustand gelangen können). Der Wirkungsquerschnitt selbst ist gegeben durch:
σ=
G2F 2
(g + 3gA2 )Eν2 ve mit GF ≈ 10−5 GeV−2 , gV = 1 und gA = 1, 18
π V
Die Neutrinodichte im Impulsraum ist eine Fermiverteilung (isotrop in drei Dimensionen). Dividiert wird durch
die Phasenraumdichte (2π)3 (mit ~ = 1).
Ã
!
4πp2ν
1
¡ ¢ dpν mit kB = 1
nν dpν =
(2π)3 1 + exp ETν
Entsprechend ist die Zahl der freien Elektron-Zustände:
1−
1
1
¡ Ee ¢ =
¡
¢
1 + exp T
1 + exp − ETe
G2 (g 2 + 3gA2 )
λ(n + ν 7→ p + e) = 4π F V
π · (2π)3
Ã
Z
dpν Eν2 p2ν ve ·
1
¡ ¢
1 + exp ETν
! Ã
·
1
¢
¡
1 + exp − ETe
!
Es gilt außerdem Ee = Eν − Q mit Q = mn − mp − me . Q ist die maximal zur Verfügung stehende Energie.
Analoges gilt für die Reaktionen n + e+ 7→ p + ν und n 7→ p + e− + ν. Die Gesamtheit der eben genannten
Reaktionen sind Verlustreaktionen für die Neutronen. Es laufen jedoch auch Reaktionen des Typs p+e 7→ n+ν
und p + ν 7→ n + e+ ab.
Wir definieren nun:
λ(n 7→ p) ≡ λ(n + e− 7→ p + ν) + λ(n + ν 7→ p + e− ) + λ(n 7→ p + e− + ν)
λ(p 7→ n) ≡ λ(p + e 7→ n + ν) + λ(p + ν 7→ n + e− )
Protondichte
Neutrondichte
, Xp ≡
Nukleondichte
Nukleondichte
Hierbei gilt natürlich Xp + Xn = 1. Es gilt nun folgende Differentialgleichung:
Xn ≡
−
dXn
= λ(n 7→ p)Xn − λ(p 7→ n)(1 − Xn ) mit Xn,p = Xn,p (t)
dt
Die Reaktionsraten λ hängen über T (t) von der Zeit ab, wobei T (t) durch die Lepton-Photon-Dynamik aufgeprägt wird.
36
9.3. NEUTRON/PROTON-VERHÄLTNIS, HELIUM-SYNTHESE UND ZAHL DER
MASSELOSEN (LEICHTEN) NEUTRINOS
Falls λ À H (bei T ≥ 3 MeV) – also 1/H À 1/λ – verläuft die Expansion langsam gegenüber der Stoßzeit.
dXn /dt kann gegen λXn vernachlässigt werden. Die Änderung verläuft adiabatisch, also langsam gegenüber
der inneren Zeitskalen. Die daraus resultierende Gleichgewichtslösung besitzt folgende Form:
Xn =
λ(n 7→ p)
λ(n 7→ p) + λ(p + n)
Im thermischen Gleichgewicht wird die Neutronendichte im wesentlichen durch den Boltzmannfaktor festgelegt.
Xn =
1
1 + exp
³ ´ mit Q = mn − mp − me
Q
T
Es gilt Xn = 0, 38 bei 3 MeV. Unterhalb von T = 0, 13 MeV finden praktisch nur noch Zerfälle des Neutrons
statt, also n 7→ p + e + ν. Dann liegt kein thermisches Gleichgewicht mehr vor und die zeitliche Entwicklung ist
gegeben durch Xn = N exp(−t/τ ), wobei τ die Lebensdauer des Neutrons ist, welche bei 925 s liegt. N muss
numerisch berechnet werden und liegt bei etwa 0,164. Ab 0, 08 MeV ist eine sehr schnelle Bildung von He über
die Reaktionskette n + p 7→ De + γ, De + De 7→ 3 H + p 7→ 3 He + n, De + 3 H 7→ He + n, De + 3 He 7→ He + p.
Helium ist sehr fest gebunden. Bei 0, 08 MeV ist Xn auf etwa 13% abgesunken. Hieraus folgt XHe ≈ 26%. Der
Zusammenhang zwischen T und t war
r
7
7
32π 3
−1
t =
Gκ(t)T 2 mit κ = 1 + Ne + Nν
45
4
8
Der zeitliche Ablauf als Funktion der Temperatur ist umso schneller, je mehr Neutrinosorten vorhanden sind.
Falls Nν zu groß ist, dann können zu wenige Neutronen in Protonen zerfallen. Es gilt Nν < 4.
37
KAPITEL 9. DAS FRÜHE UNIVERSUM
38
Kapitel 10
Instabilitäten, Inhomogenitäten und
Entstehung von Galaxien
Bisher war die Materie einerseits homogen. Andererseits gibt es Galaxien von der Größenordnung 1011 MJ und
Cluster von Galaxien mit 1015 MJ . Zunächst möchten wir eine allgemeine vereinfachte Diskussion durchführen.
10.1
Theorie von Jeans (1902)
Wir ignorieren Konsequenzen der allgemeinen und speziellen Relativitätstheorie; die Materie bewege sich nichtrelativistisch. Außerdem nehmen wir an, dass keine Hubble-Expansion stattfindet. Damit wird das exponentielle Wachstum durch ein Potenzgesetz ersetzt. Insgesamt wollen wir auf einfache Begriffe und Methoden
zurückgreifen.
10.1.1
Modell
Wir betrachten eine homogene, ideale, nichtrelativistische Flüssigkeit unter Berücksichtigung der Gravitation
und untersuchen kleine Auslenkungen aus der Gleichgewichtslage. Sei %(~r, t) die Dichte, ~v (~r, t) die Geschwindigkeitsverteilung (Geschwindigkeitsfeld), P (~r, t) der Druck, ~g (~r, t) das Gravitationsfeld (F~ = m~g ). Mit diesen
Größen lassen sich Gleichungen aufstellen, welche die Materie beschreiben. Eine der wichtigen Gleichungen ist
die Kontinuitätsgleichung:
∂
~ · (%~v ) = 0
%(~r, t) + ∇
∂t
(1)
Darüber hinaus unterliegt das System einer Kraft:
%(~r, t)
d~v (~r, t)
~ (~r, t)
= %(~r, t)~g − ∇P
dt
Gleichung (2) können wir weiter umformen:
µ
¶
∂~r ~
∂
~ ⇒ ∂~v + (~v · ∇)~
~ v − ~g + 1 ∇P
~ =0
∇ ~v = %~g − ∇P
% ~v (~r, t) + %
∂t
∂t
∂t
%
(2)
(20 )
Die Gleichung des Gravitationsfeldes lautet
~ · ~g = −4πG% und ∇
~ × ~g = 0
∇
(3)
und die Zustandsgleichung für P (%) hat folgende Form:
µ
¶
∂P
= vs2
∂% S=const.
S ist hierbei die Entropie und vs die Schallgeschwindigkeit.
39
KAPITEL 10. INSTABILITÄTEN, INHOMOGENITÄTEN UND ENTSTEHUNG VON
GALAXIEN
10.1.2
Adiabatische Auslenkungen
Zunächst wollen wir Effekte wie Reibung und Wärmeleitung vernachlässigen. Wir betrachten einen Gleichgewichtszustand. Das Medium sei homogen, unendlich ausgedehnt. Es sei also P = P0 = const., % = %0 = const.,
~v0 = 0 und ~g0 = 0. Wir interessieren uns insbesondere für das Verhalten unter kleinen Störungen.
% 7→ %0 + %1 (~r, t), P 7→ P0 + P1 (~r, t), ~v 7→ ~v1 (~r, t) und ~g 7→ ~g1 (~r, t)
%0 , P0 sind orts- und zeitunabhängig. Wir verwenden, dass p(%) eine Funktion von % ist.
P 7→ P0 + P1 = P (%0 ) +
∂P
%1 (~r, t) ⇒ P1 = vs2 %1
∂%
Somit landen wir bei einem linearisierten Gleichungssystem:
∂
~ · ~v1 = 0
%1 + %0 ∇
∂t
(1L )
v2 ~
∂
~v1 − ~g1 + s ∇%
1 =0
∂t
%0
(20L )
~ · ~g1 = −4πG%1
∇
(3L )
Um diesen System aus linearen Gleichungen zu lösen, betrachten wir zunächst die zeitliche Ableitung von
Gleichung (1L ) und setzen (20L ) danach ein:
µ
¶
∂2
vs2 ~
~
%1 + %0 ∇ ~g1 − ∇%1 = 0
∂t2
%0
~ · ~g1 mittels der Gleichung (3L ) und erhalten schlussendlich:
Nun eliminieren wir noch ∇
∂2
~ 2 %1 = 0
%1 − 4πG%0 %1 − vs2 ∇
∂t2
Dies ist eine lineare partielle Differentialgleichung für %1 . Für g = 0 reduziert sich das auf
µ 2
¶
∂
2
−
v
4
%1 = 0
s
∂t2
was die wohlbekannte Wellengleichung ist, welche die Schallausbreitung beschreibt. Zur Lösung machen wir
den Ansatz einer ebenen Welle %1 ∼ exp(i~k · ~x − iωt) und erhalten:
ω 2 = −4πG% + ~k 2 vs2
Das Resultat ähnelt stark dem für Plasmaschwingungen bis auf ein entgegengesetztes Vorzeichen (Abstoßung
gleicher Ladungen):
2
ωpl
= 4πne
e2
+ ~k 2 vs2
me
ω 2 wird negativ für
s
k < kJ ≡
4πG%0
vs2
40
10.2. VERALLGEMEINERUNG AUF DEN FALL DES EXPANDIERENDEN
UNIVERSUMS FÜR DEN FALL % À P
Dann wird ω rein imaginär, was dann zu exponentiell wachsenden bzw. gedämpften Lösungen führt. Schwankungen mit λJ ≥ 2π/kJ sind instabil. Die Wachstumsrate ist gegeben durch:
p
1
Im(ω) = vs (kJ2 − k 2 ) 2 < vs kJ = 4πG% für k < kJ
Diese Wachstumsrate ist jedoch mit der für die Expansion des Universums charakteristischen Zeitskala vergleichbar.
H(t) =
Ṙ(t)
≈
R(t)
µ
8πG%
3
¶ 12
=
µ ¶ 12
2
vs k J
3
1
Also ist die maximale Wachstumsrate einer Instabilität (bis auf (3/2) 2 ) gleich der Expansionsrate und man
muss beides gleichzeitig behandeln. Dennoch behält die Jeans-Länge (2π/kJ ) auch in der allgemeinen Behandlung ihre Bedeutung als Grenze zwischen Stabilität und Instabilität. Wie lässt sich dieses Resultat allgemein
interpretieren? Schallausbreitung ohne Wachstum der Dichteverteilung ist genau dann möglich, wenn die thermische Energie im Volumen 4π/3(2π/kJ )3 (Kugel mit Jeans-Länge als Radius) viel größer ist als die Energie
durch gravitative Anziehung.
vs2 %k −3 À G
(%k −3 )(%k −3 )
⇒ vs2 k 2 À G%
k −1
(Erinnerung: Für ein ideales Gas ist die Schallgeschwindigkeit gegeben durch
vs2 =
CP hu2 i
CV 3
hu2 i ist die mittlere quadratische Geschwindigkeit der Gasmoleküle.) Der Effekt der Expansion kann ver1
nachlässigt werden, wenn ω À Expansionsrate ≈ (%G) 2 . Beide Bedingungen sind erfüllt für k À kJ (kleine
Volumina).
10.2
Verallgemeinerung auf den Fall des expandierenden Universums für den Fall % À P
Wir betrachten die Schwankungsphänomene als lokale nichtrelativistische Phänomene.
41
KAPITEL 10. INSTABILITÄTEN, INHOMOGENITÄTEN UND ENTSTEHUNG VON
GALAXIEN
42
Kapitel 11
Dunkle Materie
11.1
Überblick über die Massenverhältnisse im Universum
1.) Zählung von Sternen:
Man misst die Luminosität in einem Gebiet im All und die Entfernung der Sterne. Dann wird der
Quotient L/M ausgenutzt und man erhält Ωstars = 0, 005 - 0, 01. Es gibt im Universum somit weniger
als 1 % leuchtende Materie. Diese Beobachtung ist von der Hubble-Konstante unabhängig, da sowohl die
Luminosität als auch die Entfernung beide mit der Hubble-Konstanten skalieren. Es gibt jedoch darüber
hinaus viele nicht leuchtende Kandidaten für baryonische Materie.
2.) Nukleosynthese:
Ein weiterer wichtiger Punkt, wenn man sich die Massenverhältnisse im Universum anschaut, ist die Nukleosynthese. Im frühen Universum (t ≈ 1 min) haben sich aus Protonen und Neutronen leichte Elemente
gebildet wie 4 He, 3 He, D, T, 7 Be, 7 Li. Der Grund, warum diese Prozesse im frühen Universum sensitiv
von der Baryondichte abhängen, sind folgende ablaufende Reaktionen: n + p 7→ D und D + γ 7→ n + p.
Die Reaktion D + γ 7→ n + p verläuft proportional zur Photondichte.
np
= η10 = 10−10
nγ
Aus der Häufigkeit der leichten Elemente ergibt sich eine Einschränkung für ΩB und zwar 0, 016 ≤
ΩB h2 ≤ 0, 024. Die Gleichgewichtsreaktionen hängen von der Teilchendichte und damit auch von der
Ausdehnung des Universums ab, was sich in der obigen Beziehung widerspiegelt. Es gilt außerdem ΩB =
0, 04 für mittlere h (h = 0, 7).
3.) Rotationskurven von Galaxien:
Nach dem dritten Keplerschen Gesetz erwartet man folgendes Verhalten:
r
v2
GM (R)
GM (R)
=
⇒v=
2
R
R
R
Durch Messungen wird dies jedoch nicht bestätigt. Man schließt darauf, dass es mehr Masse geben muss,
als man sehen kann. Man macht also einen Fit mit einer isothermen Sphäre. Daraus resultiert eine
sehr gute Übereinstimmung mit dem Experiment. Die Verteilung der Materie innerhalb dieser Sphäre
(Halo) im äußeren Bereich ist %(r) = %(0)/r2 . Man findet außerdem Ωhalo = 0, 1 Aus Analyse der
Rotationskurven.
Das zweite Problem ist, dass die Rotationsgeschwindigkeit an sich zu hoch ist. Diesen Effekt kann man
sogar schon in der Milchstraße beobachten. Es ist bekannt, dass die Sonne im Abstand von etwa 8 kpc
mit einer Geschwindigkeit v = 220 km
s um das Zentrum der Galaxie kreist. Die Flächendichte der Milchstraße beträgt ungefähr 60MJ pc−2 . Aus dem Keplerschen Gesetz würde jedoch eine Flächendichte von
360MJ pc−2 folgen. Also ist auch hier die Abweichung zwischen Theorie und Experiment sehr groß.
4.) Zusammensetzung von Clustern von Galaxien:
Die zwei Hauptbestandteile von Clustern sind
a.) die Galaxien selbst und
b.) heißes Gas, welches im Gravitationsfeld komprimiert und somit erhitzt wird.
43
KAPITEL 11. DUNKLE MATERIE
Es wird angenommen, dass sich das Gas in einem Cluster im hydrodynamischen Gleichgewicht befindet.
Man findet dann für die gesamte gravitative Masse, die sich innerhalb eines Gebietes mit dem Radius
< r befindet:
µ
¶
kB T (r) d ln T
d ln %(r)
GM (< r)
=
+
r
µmp
d ln r
d ln r
Des weiteren besteht die Vermutung, dass das Gas eine isotherme Sphäre bildet, womit der erste der
beiden Terme auf der rechten Seite der Gleichung wegfällt. Für die Dichteverteilung macht man einen gewissen Ansatz und die mittlere Temperatur wird aus dem Spektrum der gemessenen Strahlung bestimmt.
Dann findet man:
3
ΩB
= 0, 01 + 0, 05h− 2
Ω0
Ω0 ist die gesamte Massendichte. Mit Ωstars = 0, 005 - 0, 01 erhält man ΩB = 0, 04, was dem obigen Wert
1
für Ω0 = 1 widerspricht. Andererseits folgt mit diesem ΩB der Wert Ω0 ≈ 0, 3h− 2 ≈ 0, 35 in Clustern.
5.) Bewegung der Galaxien in Clustern selbst:
Die Untersuchung der Bewegung der Galaxien in den Clustern lieferte den ersten Hinweis auf dunkle
Materie (Zwicky, 1933). Man verwendet den Virialsatz, der besagt, dass sich für ein homogenes Potential
vom Grad k, also U (αx) = αk u(x), T = k/2U folgt. Wird dies auf Galaxien in Clustern angewendet,
dann findet man:
Mcluster =
2hv 2 i
Ghr−1 i
hv 2 i ist die mittlere quadratische Geschwindigkeit der Galaxien und hr−1 i deren mittlere inverse Abstand.
Hieraus folgt:
ΩM = 0, 2-0, 3
6.) WMAP und Beobachtung von Supernovae von Typ Ia:
+0,042
2
WMAP selbst liefert einen Wert von ΩM h2 = 0, 1268+0,0072
−0,0095 bzw. 100ΩB h = 2, 233−0,091 .
11.2
Kandidaten für dunkle Materie
1.) Nicht in Sternen befindliche Baryonen:
Dazu gehören beispielsweise Staub- und Gaswolken. Gibt es auch nicht leuchtende sternähnliche Objekte?
Aus thermodynamischen Überlegungen ergibt sich, dass die Bedingung M ≤ (0, 08 ± 0, 01)MJ nötig ist,
damit keine Kernfusion stattfindet. Außerdem ist die minimale Masse eines Sternes, die benötigt wird,
um diesen überhaupt zu formen, gegeben durch M ≥ 0, 01MJ . Das Fenster für braune Zwerge ist also
sehr stark eingeschränkt.
2.) Neutrinos:
Neutrinos zählen zur sogenannten heißen dunklen Materie (HDM). Wenn die Neutrinos eine kleine Masse
haben, was mittlerweile geglaubt wird, gilt:
P
2
i mi
Ων h =
93, 5 eV
Aus Ων ≤ 1 folgt mν < O(100 eV). Für schwere Neutrinos erwartet man einen experimentellen Abfall
Ω(m) ∝ m−2 . Man findet ein zweites Fenster bei 3 GeV ≈ mν . Problem: Aus Experimenten folgt nν = 3
und mν ≈ 1 eV. Im Bestfall gilt Ων = 0, 01.
3.) Supersymmetrie:
Supersymmetrie sagt voraus, dass zu jedem Teilchen des Standardmodell ein supersymmetrischer Partner
existiert, welcher die gleichen Eigenschaften besitzt wie die Masse und die Quantenzahlen. Bisher wurden
jedoch keine supersymmetrischen Teilchen gefunden. Daher ist die Supersymmetrie gebrochen und die
Massen der supersymmetrischen Teilchen unterscheiden sich von denen des Standardmodells.
44
11.3. VERALLGEMEINERUNG DER RECHNUNG AUF DEN FALL DES
EXPANDIERENDEN UNIVERSUMS FÜR % À P
Spin
Standardmodell
e, µ, τ
quarks
γ, g, (h)
W, Z
1
2
1
2
1
1
Minimales supersymmetrisches Standardmodel
e , τe
e, µ
squarks
Photinos, Gluinos, (Higgsinos) [Neutralinos]
Winos, Zinos [Charginos]
Spin
0
0
1
2
1
2
Die R-Parität besagt zusätzlich, dass supersymmetrische Teilchen nur paarweise erzeugt und vernichtet
werden können. (Phänomenologisch benötigt man sie, weil sonst das Proton zerfallen würde.) Daraus
folgt, dass ein leichtestes supersymmetrisches Teilchen (LSP) mit Masse mLSP ≥ 100 GeV geben muss,
welches nicht zerfallen kann! Das LSP kann ein Kandidat für die kalte dunkle Materie (CDM) sein.
11.3
Verallgemeinerung der Rechnung auf den Fall des expandierenden Universums für % À P
Im wesentlichen betreiben wir hier Newtonsche Theorie. Das ganze soll ich aber auf einer expandierenden Basis
abspielen. Der entsprechende Ansatz für die Skalierung der Dichte beim homogenen Hintergrund war gegeben
durch:
¶3
µ
R0
% = %0
R(t)
Die Hubble-Expansion steckt in folgender Gleichung:
Ã
!
Ṙ(t)
~v = ~r
R(t)
Die beschleunigte Bewegung, welche durch die Gravitationsbeschleunigung induziert wird, ist gegeben durch:
µ
¶
4πG%
~g = −~r
3
Energie-Erhaltung“:
”
Ṙ(t)2 + k =
8π%GR2
3
k steht für die erhaltene Gesamtenergie. k = 0 beschreibt den Fall, in welchem die kinetische und die potentielle
Energie gleich groß sind. Newton-Bewegungsgleichung“:
”
R̈
4π%G
=−
R
3
Wir gehen nun davon aus, dass die Störungen klein sind:
Ã
!
µ
¶3
µ
¶
R0
Ṙ(t)
4πG%
% = %0
+ %1 (~r, t), ~v = ~r
+ ~v1 (~r, t) und ~g = −~r
+ g1
R(t)
R(t)
3
An dieser Stelle benötigen wir die Kontinuitätsgleichung
∂% ~
+ ∇ · (%~v ) = 0
∂t
und extrahieren die Terme erster Ordnung:
µ
¶
∂%
∂
R0
∂
=
%0
+ %1
∂t
∂t
R
∂t
" µ ¶ Ã !#
"
à !#
" µ ¶
#
3
3
R0
Ṙ
R0
Ṙ
~
~
~
~
∇ · (%~v ) = ∇ · %0
+ ∇ · %1~r
+ ∇ · %0
~r
~v1 + quadratische Terme =
R
R
R
R
à !
" µ ¶ Ã !#
µ ¶3
3
Ṙ
Ṙ
Ṙ
R0
R
0
~
~ · ~v1 + quadratische Terme
~
~r
+ (∇%1 )~r
+ 3%1 + %0
∇
= ∇ · %0
R
R
R
R
R
45
KAPITEL 11. DUNKLE MATERIE
Damit erhalten wir:
∂%1
Ṙ
Ṙ
~ 1 ) + %∇
~ · ~v1 = 0
+ 3 %1 + ~r · (∇%
∂t
R
R
(A)
Mittels der Euler-Gleichungen folgt:
Ṙ
Ṙ
~ 1 + ~g1
~ v1 = − 1 ∇P
~v˙ 1 + ~v1 + (~r · ∇)~
R
R
%
(B)
Dies ist der Anteil, welcher die Änderung der Geschwindigkeit und Effekte, die dadurch zustande kommen,
dass sich die Flüssigkeit in verschieden Ausdehnungen befindet. Ansonsten gilt:
~ × ~g1 = 0
∇
(C)
~ · ~g1 = −4π%1 G
∇
(D)
vs2 %1 .
Außerdem gilt P1 =
Wir machen nun einen Fourieransatz mit Wellenlängen, die mit R(t) mitskalieren.
Wir nehmen also an, dass sich die Dichteschwankungen mit der Expansion selbst ausdehnen.
µ
¶
i~r · ~q
%1 (~r, t) = %1 (t) exp
R(t)
~k skaliert wie R−1 (t), weshalb wir ~k = ~q/R(t) setzen. Einen analogen Ansatz verwenden wir für ~v1 , ~g1 und
erhalten:
%̇1 (t) + 3
Ṙ
%1 (t) + %1 i~q · ~v1 (t) = 0
R
(A0 )
Ṙ
v 2 ~q
~v˙ 1 (t) + ~v1 (t) = −i s %1 + ~g1
R
% R
~q × ~g1 (t) = 0 und i~q · ~g1 = −4πGR%1
(C 0 ) und (D0 )
Durch Addition von C 0 und D0 folgt:
~g1 =
4πiG%1 R~q
~q2
Hier machen wir nun weiter mit dem Ansatz ~g1 ∼ ~q. Zerlege ~v1 in einen Anteil parallel zu ~q und einen Anteil
senkrecht zu ~q.
~vk = i~q²(t) und ~v⊥ · ~q = 0 ⇒ ~v1 = ~v⊥ (t) + i~q²(t)
Die Dichteschwankung als relative Größe ist gegeben durch:
µ
%1 (t) = %(t)δ(t) = %0
R0
R(t)
¶3
δ(t)
Gleichung B 0 zerfällt dann in einen senkrechten und parallelen Anteil.
v̈1,⊥ +
Ṙ
~v1,⊥ = 0
R
Die rechte Seite von B 0 ist ∼ ~q und trägt bei v⊥ nicht bei.
µ 2
¶
Ṙ
v
4πG%R
²̇ + ² = − s +
δ(t)
R
R
~q2
(a)
(b)
Gleichung A0 liefert δ̇ = ~q2 /R² (c), was durch Nachrechnen gezeigt werden kann. Gleichung (a) charakterisiert
die senkrechten Moden:
µ
¶
R(t0 )
~v1,⊥ (t) ∼ R−1 (t) = ~v1,⊥ (t0 ) ·
R(t)
46
11.3. VERALLGEMEINERUNG DER RECHNUNG AUF DEN FALL DES
EXPANDIERENDEN UNIVERSUMS FÜR % À P
Eine Störung senkrecht zur Wellenfront wird wegskaliert; es ist kein Wachstum feststellbar. Aus Gleichung (c)
ergibt sich
²(t) =
Ṙδ̇ + Rδ̈
Rδ̇
und damit ²̇(t) =
q2
q2
was wir in Gleichung (b) einsetzen:
R
δ̈
δ̇
Ṙ
δ̇
+ Ṙ 2 + · R 2 +
q2
q
R
q
µ
vs2
4πG%R
−
R
q2
¶
δ = 0 ⇒ δ̈ +
2Ṙ
δ̇ +
R
µ
¶
vs2 q 2
−
4πG%
δ=0
R2
Dies ist eine Gleichung, welche die relative Dichteschwankung der Mode in ~q-Richtung beschreibt. R(t) ist für
materiedominierte Expansion charakterisiert durch folgendes Potenzgesetz:
R(t)
= x(t) =
R0
µ
¶ 32
3
Ṙ(t0 )
H0 t
≡ H0 und R0 = R(t0 )
,
2
R(t0 )
H0 ist die Hubble-Konstante zum Zeitpunkt t0 . Zum Zeitpunkt der Rekombination und für alle späteren Zeiten
können Druck- und Schallausbreitung vernachlässigt werden; es gilt also vs2 ≈ 0. Die Lösung für Ṙ/R, eingesetzt
in obige Differentialgleichung für δ̈, liefert:
δ̈ +
41
2
δ̇ − t−2 δ = 0
3t
3
Für diese gewöhnliche lineare Differentialgleichung zweiter Ordnung machen wir den Ansatz δ(t) ∼ tν , woraus
folgt:
ν1 =
2
oder ν2 = −1
3
Anstelle des exponentiellen Wachstums bei Jeans genügt das Wachstum beim expandierenden Universum einem
Potenzgesetz. Die primordialen Fluktuationen verstärken sich um
µ
t
tR
¶ 23
=
R(t)
TR
=
= 103
R(tR )
T0
Für die heute relevanten Dichteschwankungen gilt:
%Cluster von Galaxien
≈ 10
%
Aber wenigstens sollte δ von der Größenordnung 1 sein. Damit lagen die Temperaturschwankungen bei tR von
10−3 bis 3 · 10−4 relativ.
11.3.1
Konsequenzen für die Mikrowellenstrahlung
Die Forderung ist, dass der Dichtekontrast δn/n bei tR von der Größenordnung 3 · 10−4 bis 10−3 ist. Vorwegnahme:
µ ¶
µ ¶
1 δn
δT
=
≈ 10−4 -3 · 10−4
T R
3 n R
3
Zum Zeitpunkt der Rekombination hat eine Kugel der Masse M = 4π/3rR
nR mH (nR ist die Baryondichte
zum Zeitpunkt der Rekombination und mH die Baryonmasse) den Radiurs
µ
rR =
3 M
4π nR mH
¶ 13
Aufgrund der Hubble-Expansion erscheint dieser Radius um einen Faktor
µ
¶
4000◦
R(t0 )
= (1 + z) = 1 +
R(tR )
2, 7◦
Die Entfernung d ist gegeben durch
−1
d = c · Laufzeit der Photonen ≈ c · Hubble-Zeit = c · H0 2 (·q0 )
47
KAPITEL 11. DUNKLE MATERIE
θ
1
H0
= · rR = q0 ·
· (1 + z)
2
d
c
µ
3 M
4π nR mH
¶ 13
Speziell mit q0 = 1/2 (flaches Universum) gilt:
"
µ
1
3
n0 = nR
H0
θ=
c
µ
R(tR )
R(t0 )
¶3 # 13
3 M
4π n0 mH
1
n3
= R
1+z
¶ 13
Mit H0−1 = 1, 3 · 1010 Jahre, M = 1011 MJ (MJ = 1, 9 · 1033 g), n0 · mH = ΩB %c = ΩB · 1, 9 · 10−29
θ ≈ 10 . Auf dieser Skala wurden bei 10−4 keine Fluktuationen der Strahlung beobachtet.
11.4
g
cm3
folgt
Variation der Jeans-Länge und -Masse mit der Temperatur
vor dem Zeitpunkt der Rekombination
Um triviale Variationen der Skalen mit R(t) zu vermeiden, betrachten wir die im Volumen 4π/3(2π/k)3 enthaltene Materie M (k) und die Jeans-Masse MJ :
µ ¶3
4π 2π
M (k) =
nmH mit MJ ≡ M (kJ )
3
k
n ist wieder die Baryondichte und mH die Protonmasse. Es wachsen nur Schwankungen, deren Masse M
größer als MJ ist. Zur Berechnung von MJ müssen wir vs2 als Funktion von Dichte und Temperatur berechnen.
Wir betrachten T < 0, 1 MeV (oder T < 109 K). Bei dieser Temperatur hat die e+ -e− -Vernichtung schon
stattgefunden. Das vorhandene Plasma besteht aus Protonen, Elektronen und Photonen mit nγ /n ≈ 109 ,
wobei n die Baryondichte ist. n · mH ist die baryonische Materiedichte.
11.4.1
Erinnerung an Thermodynamik für Photonen, gekoppelt an Plasma
Photonen unterliegen als Bosonen der Planck-Verteilung:
d%(ν)
4πν 2
dn
4πν 2
³
´
³
´
=2
hν und
=2
hν
dν
dν
exp khν
−
1
exp
kB T − 1
BT
Die gesamte Dichte ergibt sich durch Integration:
Z
4
π 2 kB
30
aT 3
aT 3
d%(ν)
dν = aT 4 mit a =
und
n
=
ζ(3)
=
0,
37
mit ζ(3) = 1, 203
%γ =
γ
dν
15 (~c)3
π4
kB
kB
Die Entropie für homogene Systeme ist ST = E + pV , wobei für ein Photongas pγ = 1/3%γ ≡ 1/3Eγ /V .
4 %γ
4
4 kB
S
=
= aT 3 =
nγ ≈ 3, 7kB nγ
V
3 T
3
3 0, 37
Entropie des Photons
4 1
nγ
=
· kB
≈ 109 kB
Nukleon
3 0, 37
n0
Hierbei sei n0 die Nukleondichte. Die Entropiedichte der Nukleonen ist gegeben durch:
σ=
ST
Ekin + pV
Ekin
3
=
mit
= kB T
V
V
Nukleon
2
Die Entropie der Photonen ist viel, viel größer als die Energie der Nukleonen. Wir betrachten nun im folgenden,
wie sich Dichtefluktuationen auf die Temperatur auswirken.
µ
¶
4
1 δn
δT
δn
4 3T 3 δT
δσ
+ aT 3 −
⇔ 0=
=3
−
0 = δσ = a
3 n T
3
n n
σ
T
n
48
11.5. ATOMARER WASSERSTOFF: T < 4000 K
Schauen wir uns nun die Schallgeschwindigkeit an. Mit
δp =
1 3
n
aT · 4δT = σkB nδT und δ% = (δn)mH + 4aT 3 δT = 3 mH δT + 4aT 3 δT
3
T
ergibt sich:
µ ¶
dp
2
vs =
=
d% σ=const.
σkB n
n
3T
mH +4aT 3 1
σkB T
=
3mH 1+ 4 aT 4
3 n·m
H
=
σkB T
3(mH +σkB T )
Für ein strahlungsdominiertes Universum gilt vs2 = 1/3. Geringfügige Modifikation der Jeans-Masse:
MJ =
4π
nmH
3
µ
πvs2
G(% + p)
¶ 32
5
=
2 2
9MJ σ 2
σ
2 π 3 kB
1
≈
´
³
´3
3
1 ³
3
9 G 2 m2H a 2
BT
1 + kσT
1 + σk
mH
mH
1.) σ bleibt konstant bei der Expansion.
2.) Es gilt
11.5
σkB T
mH
À 1 für ein strahlungsdominiertes Universum und MJ ∼ T −3 .
Atomarer Wasserstoff: T < 4000 K
Ist die Strahlung entkoppelt, so folgt, dass die mittlere freie Weglänge der Photonen viel größer ist als H −1 (t)·c
für alle t. Für ein ideales einatomiges Gas gilt:
vs2 =
5 kB T
¿ c2
3 mH
MJ = 4
³ π ´ 52 µ 5k T ¶ 32
1
B
n− 2 m−2
H
3
G
T ist die Temperatur der Materie. Ab dem Entkopplungszeitpunkt haben das Photongas und die Materie
verschiedene Temperaturen. Die interessante Frage ist, wie sich die Temperatur eines einatomigen nichtrelativistischen idealen Gases bei der Expansion ändert. Die Behauptung ist T ∼ R−2 für eine adiabatische
Expansion.
T · V κ−1 = const. mit κ =
3
1
3
CP
5
=
CV
3
1
3
MJ ∼ T 2 · n− 2 = (R−2 ) 2 · (R−3 )− 2 = R− 2
1
Bei 4000 K (Tγ = Tmat ) ist MJ = 100MJ σ 2 .
11.5.1
Zeitliche Entwicklung der Jeans-Masse
Wann können Fluktuationen anwachsen und welche Galaxien (1011 MJ ) oder Cluster von Galaxien umfassen?
∧
Bei kB T = 0, 1 MeV (= 109 K) gilt MJ = 104 MJ . Alle Massen > MJ wachsen. Der Wert von MJ wächst
proportional zu T −3 . Bei T = 3 · 106 K übersteigt MJ den Wert von 1011 MJ , wächst weit über den Wert
3
3
MCluster und fällt abrupt bei T = 4000 K auf ∼ 105 MJ . Dann ist MJ ∼ R− 2 ∼ Tγ2 .
11.6
Konzepte zur Erzeugung von Struktur über dunkle Materie
sowie Strukturbildung durch Inflation
Es existiert noch keine abgeschlossene Theorie, weshalb wir im folgenden nur eine qualitative Beschreibung
durchführen werden.
1.) Kalte dunkle Materie (Cold Dark Matter):
Cold Dark Matter (CDM) ist die schlichte Bezeichnung für kalte“ Materie. Für diese gilt kB T ¿
”
mTeilchen zum Zeitpunkt der Strukturbildung. Beispiele für CDM sind hypothetische Teilchen, beispielsweise supersymmetrische Teilchen (Neutralinos).
49
KAPITEL 11. DUNKLE MATERIE
2.) Heiße dunkle Materie (Hot Dark Matter):
Hot Dark Matter (HDM) ist relativistisch zum Zeitpunkt der Strukturbildung. Beispielsweise zählen
Neutrinos ν zur HDM, da mν . 1 eV. Zur Strukturbildung haben Neutrinos Energien, die vergleichbar
sind mit deren Ruhemasse.
Der Ansatz beruht auf der Annahme, dass die Inhomogenitäten durch die Nullpunktsfluktuationen (oder
Quantenfluktuationen) eines hypthetischen skalaren Feldes hervorgehen, welches eventuell auch für Inflation
verantwortlich ist.
Vergleiche Wachstum von H −1 mit Wachstum von R(t). Betrachte:
d H −1 · c
dt R(t)
wächst für die bisherigen Annahmen. Bei der Inflation nimmt
d H −1 · c
dt R(t)
ab. Diese Gleichung ist äquivalent zu R̈(t) > 0 wegen H(t) = Ṙ/R. Also ist die Beschleunigung positiv. Normalerweise wird die Expansion verlangsamt durch die Wirkung der Materie. Für % > 0 und p ≥ 0 ist das obige
Verhalten also nicht möglich. Wir benötigen also einen kosmologischen Term (oder etwas entsprechendes).
Dies funktioniert in der Quantenfeldtheorie mit einem Skalarfeld Inflaton“. Dieses Feld treibt die Inflation an.
”
50
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