Kurzlehrbuch Physiologie - Beck-Shop

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Kurzlehrbuch Physiologie
von
Jens Huppelsberg, Kerstin Walter
überarbeitet
Kurzlehrbuch Physiologie – Huppelsberg / Walter
schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG
Thieme 2005
Verlag C.H. Beck im Internet:
www.beck.de
ISBN 978 3 13 136432 6
3 Herz Die Mechanik des Herzens
Adam-Stokes-Anfall
Wåhrend der Systole kontrahiert sich das Herz und
Herzrhythmusstærungen kænnen håmodynamische
Auswirkungen haben. Unter dem Begriff des Adam-
Blut wird aus der rechten Herzkammer in die Lunge
bzw. aus der linken Herzkammer in die Aorta
Stokes-Anfalls versteht man eine kurze Bewusst-
gepumpt. Man unterteilt die Systole in eine An-
losigkeit durch O2-Minderversorgung des Gehirns
spannungs- und eine Austreibungsphase. Wåhrend
infolge
Dabei
der Diastole erschlafft der Herzmuskel und die
kann es sich um eine kurzzeitige Asystolie, eine ex-
Herzkammern fçllen sich mit Blut. Hier unterschei-
treme Bradykardie, aber auch um eine ventrikulåre
det man die Entspannungsphase von der Fçllungs-
Tachykardie,
Kammerflimmern
phase. Wåhrend der Systole sind die Vorhæfe
oder Mischformen handeln. Ursache dieser Rhythmusstærungen kænnen z. B. arteriosklerotische
entspannt und fçllen sich mit Blut, am Ende der
Diastole leeren sich die Vorhæfe durch die Vorhof-
oder entzçndliche Schådigungen des Erregungslei-
kontraktion wieder.
tungssystems, Medikamentenwirkungen oder ein
Den verschiedenen Phasen der Herzaktion kann
akuter
Herzrhythmusstærungen.
Kammerflattern,
Herzinfarkt sein. Bei Patienten mit kurzzeitiger
man verschiedene Herztæne zuordnen. Von den
plætzlicher Bewusstlosigkeit muss daher immer
Herztænen grenzt man Herzgeråusche ab, die bei
eine kardiologische Diagnostik erfolgen. Der Patient
pathologischen Verånderungen am Herzen auftre-
benætigt dann unter Umstånden einen kçnstlichen
ten. Beides kann man mit Hilfe eines Stethoskops
Herzschrittmacher.
hæren (Auskultation).
Die Herzaktion kann in einem Arbeitsdiagramm
Check-up
4
Wiederholen Sie die Unterschiede zwischen
AV-Block I., II. und III. Grades. Bedenken Sie
dabei, dass der AV-Block II. Grades zwei
Unterformen hat.
3.4 Die Mechanik des Herzens
dargestellt werden.
3.4.2 Der zeitliche Ablauf der Herzaktion
(Abb. 3.15)
Die Systole
Die Systole beginnt mit der Anspannungsphase.
Hierbei kontrahieren sich die Ventrikel und der
Innendruck beginnt zu steigen, was zum sofortigen
Lerncoach
Verschluss der AV-Klappen (Mitral- und Trikus-
Fçr dieses Kapitel benætigen Sie Grundkenntnisse çber die Anatomie des Herzens
(Hohlråume, Herzklappen, groûe Gefåûe,
Ventilebene).
Im Herzen laufen viele Aktionen gleichzeitig oder leicht versetzt ab. Die zeitliche
Einordnung in den Herzzyklus fållt vielen
Studenten schwer. Fragen Sie sich daher
beim Lernen, was gerade parallel passiert,
z. B. wie sich der Vorhof wåhrend der
Kammersystole verhålt oder der Druck
in den Vorhæfen/den Kammern/
den groûen Arterien wåhrend der
Anspannungsphase.
pidalklappe) fçhrt. Da in dieser Phase alle Klappen
geschlossen sind, veråndert sich das intraventrikulåre Volumen nicht, es handelt sich demzufolge
um
eine
isovolumetrische
Kontraktion.
Wenn der Druck im Ventrikel den in der Aorta
(bzw. in der A. pulmonalis) herrschenden Druck
çbersteigt, æffnen sich die Taschenklappen und
die Austreibungsphase beginnt. Der Druck bei Úffnung der Klappen entspricht dem diastolischen
Aortendruck von ca. 80 mmHg (diastolischer Pulmonalisdruck ca. 10 mmHg), im Verlauf der Austreibungsphase steigt er auf ca. 120 mmHg (A. pulmonalis ca. 25 mmHg) an. Die Ventrikel pumpen
pro Schlag ca. 90 ml Blut ins Gefåûsystem, weitere
40±50 ml bleiben als Restvolumen in den Ventri-
3.4.1 Ûberblick und Funktion
keln zurçck, somit betrågt die Ejektionsfraktion
Die Herzmechanik beschåftigt sich mit dem Ablauf
(Anteil des ausgeworfenen Volumens am Gesamt-
der Herzaktion (Systole und Diastole) und den
volumen) ca. 2/3 (0,67). Sobald die Ventrikelkon-
wåhrend dieser Aktion auftretenden Druck- und
traktion nachlåsst und der Innendruck unter den
Volumenschwankungen.
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Die Mechanik des Herzens 3 Herz
Aortendruck sinkt, schlieûen sich die Taschenklap-
Wenn die Erregung aus den Vorhæfen die Ventrikel
pen wieder, es beginnt die Diastole.
erreicht hat, beginnt erneut die Systole.
Die Diastole
Die Ventrikelfçllung
Die Diastole beginnt mit der Entspannungsphase.
Bei der Kontraktion des Herzens kann man den sog.
Auch die Entspannungsphase verlåuft isovolume-
¹Ventilebenenmechanismusª beobachten, der fçr
trisch, weil alle Klappen geschlossen sind. Wenn
einen erheblichen Teil der Ventrikelfçllung verant-
der Ventrikeldruck unter den in den Vorhæfen herr-
wortlich ist. Wenn sich das Herz, das auf dem
schenden Druck fållt, æffnen sich die Segelklappen
Zwerchfell fixiert ist, kontrahiert, verschiebt sich
und es stræmt passiv Blut in die Ventrikel, man
spricht von der Fçllungsphase. Insgesamt flieûen
die Klappen- (= Ventil-)ebene in Richtung Herzspitze, also im Verhåltnis zu den zufçhrenden Venen
jeweils ca. 90 ml in die beiden Ventrikel. Ganz am
¹nach untenª. Dadurch wird Blut angesaugt, ver-
Ende der Diastole erfolgt die Vorhofkontraktion.
gleichbar mit dem Aufziehen einer Spritze, wo
R
R
T
P
P
EKG
S
Q S
4 Füllungsphase
2 Austreibungsphase
mmHg
Diastole
3 Entspannungsphase
Systole
1 Anspannungsphase
Q
1 Anspannungsphase
60
Aorta
120
Drücke im
linken
80
Herzen
und in
der Aorta
40
Ventrikel
Vorhof
0
ml
120
Schlagvolumen
Volumen 80
des linken
Ventrikels
40
Rest-(endsystolisches)
Volumen
0
Taschenklappen
Segelklappen
geschlossen
A
B
C
D
Abb. 3.15 Zeitlicher Ablauf der
Herzaktion (nach Beske)
Huppelsberg, Walter, Kurzlehrbuch Physiologie (ISBN 3131364327), c 2005 Georg Thieme Verlag KG
3 Herz Die Mechanik des Herzens
In der Diastole erschlafft das Herz und verschiebt
sich entgegen der Blutsåule wieder nach oben, das
3.4.3 Die Druck-Volumen-Verånderungen
wåhrend des Herzzyklus
Das LaPlace-Gesetz
in den Vorhæfen angesammelte Blut kann nun in
Das LaPlace-Gesetz beschreibt den Zusammenhang
die erschlafften Ventrikel gelangen.
zwischen der Wandspannung K und dem Innen-
Die Vorhofkontraktion dagegen spielt fçr die Ven-
druck bei Kugeln (Modell fçr das Herz) oder Zylin-
trikelfçllung keine groûe Rolle, lediglich 10±15 %
dern (Modell fçr Blutgefåûe).
der Fçllung sind ihr zuzuschreiben. Aus diesem
Denkt man sich das Herz als eine Hohlkugel mit
Grund ist Vorhofflimmern håmodynamisch auch
einem Innenradius r, einer Wanddicke d, dem
recht gut kompensierbar.
transmuralen Druck Ptm (Ptm entspricht normalerweise dem Innendruck) und der Wandspan-
Die Herztæne und -geråusche
nung K (K gibt die Kraft/Wandquerschnitt an),
Die Herztæne
so gilt:
durch Herausziehen des Stempels ein Sog entsteht.
Der I. Herzton entsteht in der Anspannungsphase
durch die Anspannung der Kammermuskulatur
K = Ptm p r / 2d [in N p m±2] bzw. Ptm = K p 2d / r [in Pa]
um die Blutsåule bei geschlossenen Klappen. Die
Aus dem LaPlace-Gesetz folgt, dass die Spannung
Blutsåule wird dabei zum Schwingen gebracht. Er
der einzelnen Herzmuskelfasern ± obwohl der
ist relativ lang und dumpf.
Der II. Herzton ist kçrzer und heller. Er kommt zu-
Druck ansteigt ± im Verlauf der Systole abnimmt,
stande, wenn die Taschenklappen zusammenschla-
weil sich zum einen der Ventrikelradius verkleinert
und zum anderen der Querschnitt der Ventrikel-
gen und das Blut gegen sie prallt. I. und II. Herzton
wand græûer wird. Das bedeutet, dass kleine, bzw.
markieren somit Beginn und Ende der Systole.
bereits z. T. entleerte Herzen mit relativ geringer
Der III. und der IV. Herzton sind diastolische, ventri-
Kraftentwicklung relativ hohe Drçcke erzeugen
kulåre Fçllungstæne. Sie kommen manchmal physio-
kænnen. Umgekehrt fçhrt eine çbermåûige Fçllung
logischerweise bei Kindern und Jugendlichen vor,
oder Herzgræûe, wie sie bei Herzinsuffizienz håufig
bei Erwachsenen sind sie meist Ausdruck pathologischer Verånderungen, z. B. einer Herzinsuffizienz.
zu beobachten ist, zusåtzlich zu einer Abnahme der
Die Herzgeråusche
Das Arbeitsdiagramm des Herzens
Leistungsfåhigkeit des Herzens.
Herzgeråusche entstehen durch Wirbelbildung (Turbulenzen) in der Blutstræmung. Ursache sind meist
Verånderungen der Klappen (Stenosen oder Insuffizienzen). Charakterisiert werden sie durch den Zeitpunkt des Auftretens (diastolisch, systolisch), ihre
Lautstårke und Frequenz und die Art des Geråuschs
Gehen Sie bei der Erarbeitung des Arbeitsdiagramms Schritt fçr Schritt vor. Arbeiten Sie
erst weiter, wenn Sie den aktuellen Schritt verstanden haben.
(Crescendo, Decrescendo, Spindel- oder Bandform).
Um die Herzarbeit zu veranschaulichen, trågt man
Systolische Geråusche werden durch Stenosen der
die Druck- und Volumenånderungen wåhrend
Taschenklappen oder Insuffizienzen der Segelklap-
eines Herzzyklus in ein Druck-Volumen-Diagramm
pen, diastolische Geråusche durch Insuffizienzen
ein und erhålt so ein Arbeitsdiagramm des Herzens.
der Taschenklappen oder Stenosen der Segelklap-
Die Form der so entstandenen Schleife wird durch
pen hervorgerufen.
2 Kurven, die Kurve der isovolumetrischen und iso-
Machen Sie sich klar, wann die Herztæne zu
hæren sind, ob die Klappen geæffnet oder geschlossen sind und wie sich gleichzeitig der
Druck in der Aorta verhålt (vgl. auch Abb. 3.15).
tonischen Maxima bzw. durch die daraus abgeleitete Kurve der Unterstçtzungsmaxima und die
Ruhe-Dehnungs-Kurve bestimmt. Im Folgenden
wird erlåutert, worum es sich bei diesen Kurven
handelt und wie sie die im Arbeitsdiagramm des
Herzens
dargestellten
Druck-Volumen-Verånde-
rungen begrenzen.
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Die Mechanik des Herzens 3 Herz
Die Ruhe-Dehnungs-Kurve gibt die Ønderung von
Die Kurve der isotonen (= isobaren) Maxima zeigt,
Druck und Volumen bei Fçllung des Herzens an.
In ihr erkennt man die passive Dehnbarkeit
welches Volumen ausgehend von einem bestimmten Fçllungsvolumen bei konstantem Druck (und
der nicht erregten Herzkammer in der Diastole.
offenen Klappen) maximal ausgeworfen werden
Wird das Herz mit Blut gefçllt, so steigt der
kann (Abb. 3.16).
Druck zunåchst nur geringfçgig an, der Ventri-
Dass die Maxima mit zunehmendem Fçllungsvolu-
kel dehnt sich aus. Erst wenn das Herz schon
men zunehmen, liegt daran, dass eine erhæhte Vor-
stark gefçllt ist, braucht man immer græûere
dehnung des Myokards zu erhæhter Ca2S-Freiset-
Drçcke, um doch noch eine weitere Volumen-
zung und auch erhæhter Ca2S-Empfindlichkeit der
zunahme zu erzielen, die passive Dehnbarkeit des
Herzmuskels wird immer geringer. Die Ruhe-
kontraktilen Elemente fçhrt. Erst wenn das Herz
so weit vorgedehnt wird, dass Aktin und Myosin
Dehnungs-Kurve verlåuft daher zunåchst sehr
nicht mehr optimal interagieren kænnen, sinken
flach und steigt erst bei hohen Volumina immer
die Maxima-Kurven wieder ab.
steiler an (Abb. 3.16).
Die Kurve der Unterstçtzungsmaxima
Man geht bei der weiteren Entwicklung des Arbeitsdiagramms graphisch von der Ruhe-Deh-
Kurve der Unterstçtzungsmaxima (U-Kurve): Da es
nungskurve eines gefçllten Herzens aus. Man
sich bei der Ventrikelkontraktion tatsåchlich aber
kann das Herz experimentell rein isovolumetrisch
oder rein isobar kontrahieren lassen. Die entspre-
um eine Kombination aus beiden Kontraktionsformen (erst isovolumetrisch bei geschlossenen Herz-
chenden Maximalwerte kann man in Abhångigkeit
klappen und dann auxoton bei offenen Herzklap-
vom Fçllungsvolumen bestimmen.
pen) handelt, konstruiert man eine neue Kurve,
Die Kurve der isovolumetrischen Maxima gibt an,
die beide Elemente enthålt. Dazu bestimmt man
welche Drçcke das Herz ausgehend von einem be-
ausgehend von der Ruhe-Dehnungs-Kurve das ent-
stimmten Fçllungsvolumen bei konstant bleiben-
sprechende isovolumetrische und isotone Maxi-
dem Fçllungsvolumen (also geschlossene AV- und
mum und verbindet beide Punkte (Abb. 3.16). So ent-
Taschenklappen) maximal erzeugen kann (Abb. 3.16).
steht fçr jeden Punkt der Ruhe-Dehnungs-Kurve
eine eigene U-Kurve.
a
b
mmHg
mmHg
b'
Isovolumetrische
Maxima
UnterstützungsMaxima
300
300
240
240
180
180
120
b
b
Ruhe-DehnungsKurve
Isobare
Maxima
60
120
60
c
c'
a
0
0
40
80
120
c
a'
a
0
160 ml
0
40
80
120
160 ml
Abb. 3.16 Ruhedehnungskurve und Konstruktion der Kurve der isovolumetrischen und isobaren Maxima sowie der Kurve
der Unterstçtzungs-Maxima (nach Schmidt/Thews/Lang)
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3 Herz Die Mechanik des Herzens
Hinweis:
Fçr die Form des Arbeitsdiagramms sind
die Ruhe-Dehnungs-Kurve und die Kurve
der Unterstçtzungsmaxima entscheidend. Die Kurven der isovolumetrischen
und isotonischen Maxima benætigt man
zur Konstruktion der Kurve der Unterstçtzungsmaxima.
Druck
Kurve der
Unterstützungsmaxima
Aus
tr
Der Herzzyklus
Wie auf S. 59 beschrieben besteht ein Herzzyklus
se) und Diastole (Entspannungs- und Fçllungsphase). Dabei låsst sich jede Phase genau einem Abschnitt des Arbeitsdiagramms zuordnen (hier beispielhaft fçr den linken Ventrikel dargestellt).
Fçllungsphase: Wenn der Druck im Ventrikel
unter den des Vorhofs fållt, æffnen sich die AVKlappen und die Ventrikel fçllen sich wieder
mit Blut. Im Arbeitsdiagramm wandert man
entlang der Ruhe-Dehnungs-Kurve bis das enddiastolische Volumen erreicht ist (Abb. 3.17). Bei
einem untrainierten Erwachsenen betrågt das
enddiastolische Volumen in Ruhe und liegend ca.
120±140 ml.
Anspannungsphase: Das Herz beginnt sich zu kontrahieren. Da noch alle Klappen geschlossen sind,
kann kein Blut entweichen, es handelt sich also
um eine rein isovolumetrische Kontraktion. Entsprechend zeigt das Arbeitsdiagramm eine Zunahme des Drucks bei gleich bleibendem Volumen
(Abb. 3.17).
Austreibungsphase: Wenn der in der Aorta herrschende Druck çberschritten wird, æffnen sich die
Taschenklappen und das Herz beginnt, Volumen
auszuwerfen. Durch die Verringerung des Volumens und die Zunahme der Wanddicke (LaplaceGesetz, s. o.), steigt der Druck dabei weiter an. Die
Kurve des Arbeitsdiagramms bewegt sich zu erhæhten Druck- und verringerten Volumenwerten, bis
die Kurve der Unterstçtzungsmaxima erreicht
wird (Abb. 3.17).
Entspannungsphase: Nach der Systole erschlafft die
Muskulatur, der Druck nimmt ab. Solange er noch
hæher ist als in den Vorhæfen, bleiben die AV-Klappen geschlossen, im Arbeitsdiagramm sieht man
daher einen reinen Druckabfall ohne Volumenånderung (Abb. 3.17).
Anspannungsphase
Entspannungsphase
aus Systole (Anspannungs- und Austreibungspha-
eib
ung
sph
ase
gs p h
Füllun
Ruhedehnungskurve
as e
Volumen
Abb. 3.17 Arbeitsdiagramm des Herzens
Die Druck-Volumen-Arbeit, die das Herz durch
Pumpen verrichten muss, entspricht der vom Arbeitsdiagramm eingeschlossenen Flåche. Es ist das
Produkt aus dem Volumen, das das Herz auswirft
und dem Druck in den groûen Gefåûen, gegen den
es anpumpen muss:
Arbeit [J = N p m] = Druck [N p m±2 = Pa] p Volumen [m3]. Zusåtzlich zur Druck-Volumen-Arbeit
muss noch Beschleunigungsarbeit geleistet werden. Beim Herzen ist diese Komponente jedoch
unter
normalen
Bedingungen
vernachlåssigbar
(1 %).
3.4.4 Klinische Bezçge
Chronische Druck- und Volumenbelastung
des Herzens
Unter bestimmten pathologischen Voraussetzungen ist das Herz chronisch erhæhten Druck- oder
Volumenbelastungen ausgesetzt. Eine chronische
Druckbelastung entsteht, wenn das Herz dauerhaft
gegen einen erhæhten Widerstand anarbeiten muss
beispielsweise durch eine Verengung der Ausflussbahn (z. B. Aortenklappenstenose) oder bei arterieller Hypertonie. Die Folge ist zunåchst eine konzentrische Hypertrophie, also eine Verdickung der
Herzmuskulatur ohne Vergræûerung der Herzinnenråume.
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Die Regulation der Herztåtigkeit 3 Herz
Aortenklappe
Check-up
Pulmonalklappe
4
4
Trikuspidalklappe
Erb’scher Punkt
Mitralklappe
Abb. 3.18 Die Auskultationsstellen der Herzklappen
(aus Neurath/Lohse)
Zu einer chronischen Volumenbelastung kommt es,
Machen Sie sich noch einmal den Ablauf
einer kompletten Herzaktion (Systole und
Diastole) klar, d. h. çberlegen Sie Schritt
fçr Schritt, was wann passiert.
Leiten Sie sich das Arbeitsdiagramm des
Herzens noch einmal her und çberlegen
Sie, was der Unterschied zwischen einer
isovolumetrischen und einer isotonischen
Kontraktion ist und zu welcher Zeit der
Herzaktion welche Kontraktionsform
stattfindet.
3.5 Die Regulation der Herztåtigkeit
wenn das enddiastolische Fçllungsvolumen chronisch erhæht ist, wie es z. B. bei Klappeninsuffizien-
Lerncoach
zen der Fall ist, wenn ein Teil des Blutes jeweils
Die im folgenden Kapitel aufgefçhrten
Regulationsmechanismen dienen der Anpassung der Herztåtigkeit an kurzfristige
Druck- und Volumenschwankungen oder
an kærperliche Belastung. Machen Sie sich
klar, welche unterschiedlichen Anforderungen dabei jeweils an das Herz gestellt
werden.
wieder zurçckflieût und erneut gepumpt werden
muss. In der Folge hypertrophiert und dilatiert
der Ventrikel gleichzeitig und es entsteht eine exzentrische Hypertrophie.
Im sog. kompensierten Stadium haben diese Verånderungen keine håmodynamische Relevanz. Wenn
das Herz unter Belastung dekompensiert, werden
klinische Zeichen einer Herzinsuffizienz deutlich:
Das Blut staut sich vor der betreffenden Herzkammer zurçck. Ist v. a. die linke Herzkammer betrof-
3.5.1 Ûberblick und Funktion
fen, staut sich das Blut in der Lunge, das auffålligste
verschiedene Situationen anzupassen. Zum einen
Symptom ist ein Lungenædem mit Atemnot, bei der
muss das Herz seine Tåtigkeit an kurzfristige
Auskultation hært man feuchte Rasselgeråusche. Ist
Druck- und/oder Volumenschwankungen anpassen
die rechte Herzkammer betroffen, staut sich das
kænnen, zum anderen ist die Herzleistung je nach
Blut in den groûen Kreislauf zurçck, als Folge ent-
kærperlicher Belastung unterschiedlich. Verein-
stehen Údeme v. a. der unteren Extremitåten, eine
fachend låsst sich sagen, dass der Frank-Starling-
Lebervergræûerung (¹Stauungsleberª) oder Aszites.
Mechanismus auf passiv erfolgte Verånderungen
reagiert, wohingegen das vegetative Nervensystem
Auskultation von Herztænen und -geråuschen
die Herzleistung aktiv an einen verånderten Bedarf
Die Auskultation von Herztænen und -geråuschen
anpasst.
Das Herz muss in der Lage sein, seine Leistung an
ist eine wichtige diagnostische Methode, die
Ihnen schon bald in den ersten Semestern der Klinik begegnen wird. Diese Methode erfordert viel
3.5.2 Die Regulation der Herztåtigkeit
Der Frank-Starling-Mechanismus
Geduld und Ûbung beim Lernen, bringt aber auch
viel Spaû, weil man mit relativ einfacher Ausstattung (Sie brauchen nur ein Stethoskop!) recht gut
Verdachtsdiagnosen bzgl. pathologischer Verånderungen am Herzen stellen kann (z. B. V. a. Klappen-
Merken Sie sich, wozu der Frank-StarlingMechanismus dient. Es fållt Ihnen dann leichter,
ihn gegen die Regulation durch das vegetative
Nervensystem abzugrenzen (s. u.).
stenosen oder Herzinsuffizienz). Abb. 3.18 zeigt ein
Schema, welche Herzklappe wo auskultiert werden
Der Frank-Starling-Mechanismus dient der auto-
kann.
matischen Anpassung der Kammertåtigkeit an
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3 Herz Die Regulation der Herztåtigkeit
kurzfristige Druck- und Volumenschwankungen
(Ønderungen der Vor- und/oder Nachlast) mit
dem Ziel, dass beide Kammern stets das gleiche
U' Kurve
Druck
U-Kurve
Schlagvolumen pumpen. Wçrde beispielsweise
das rechte Herz pro Schlag nur 1 ml Blut mehr
pumpen, so entspråche die Differenz nach einer Minute bereits ca. 60 ml und wçrde innerhalb kçrzes-
D D'
ter Zeit zum Lungenædem fçhren.
C'
C
Die Erhæhung der Vorlast (= preload)
Der venæse Fçllungsdruck bestimmt çber die end-
B'
diastolische Fçllung und die daraus resultierende
B
Wandspannung, die sog. Vorlast. Die Vorlast ist
letztlich also abhångig von dem Volumen, das das
Herz bewåltigen muss.
Eine erhæhte Fçllung des Ventrikels bedingt eine
A A'
Volumen
Abb. 3.19 Frank-Starling-Mechanismus:
Erhæhung der Vorlast (ABCD p A©B©C©D©)
Verschiebung des enddiastolischen Bezugspunktes
B auf der Ruhe-Dehnungs-Kurve nach rechts (p
Bl). Die erhæhte Vordehnung des Myokards hat
sprçnglichen Wert ansteigt, das Herz pumpt also
das gleiche Volumen auf einem hæheren Druck-
zur Folge, dass hæhere isovolumetrische und isotone
niveau (Abb. 3.20).
Maxima erreicht werden kænnen, dementsprechend verschiebt sich auch die Kurve der Unterstçtzungsmaxima (vgl. S. 62) nach rechts. Bei gleich
bleibendem Aortendruck ist die Distanz bis zum Er-
Merke
Vorlast hångt von der Volumenbelastung ab
Nachlast hångt von der Druckbelastung ab
reichen der U-Kurve nun långer, es wird also ein
græûeres Schlagvolumen bei nur leicht erhæhtem
Restvolumen erreicht. Die Druck-Volumen-Arbeit
Die Wirkungen des vegetativen
Nervensystems
hat zugenommen (Abb. 3.19).
Das Herz wird parasympathisch çber den N. vagus
und sympathisch çber die Nn. cardiaci innerviert,
Die Erhæhung der Nachlast (= afterload)
wobei im Ruhezustand die Wirkung des Parasym-
Unter Nachlast versteht man den Auswurfwider-
pathikus çberwiegt.
stand, gegen den das Herz anpumpen muss. Die
Nachlast hångt also vom mittleren Aortendruck ab.
Wenn der diastolische Druck in der Aorta erhæht
ist, æffnen sich die Taschenklappen erst bei hæheren
U''- Kurve
Druck
U-Kurve
Druckwerten. Da ein græûerer Teil der Kontraktionskraft fçr den Druckaufbau benætigt wird, kann
nur weniger Volumen ausgeworfen werden. Das
D' D''
Schlagvolumen ist verringert und das Restvolumen
erhæht. Im Arbeitsdiagramm sieht man, dass sich
D
die Kurve nach oben verschiebt und daher auch
C'
frçher die U-Kurve erreicht. In der nåchsten Diastole ergibt sich durch das erhæhte Restvolumen
C
ein erhæhtes enddiastolisches Fçllungsvolumen
B
und eine entsprechende Verschiebung des Arbeitsdiagramms nach rechts. Durch die Erhæhung des
enddiastolischen Fçllungsvolumens wird erreicht,
dass das Schlagvolumen wieder in etwa auf den ur-
A
C''
B''
A' A''
Volumen
Abb. 3.20 Frank-Starling-Mechanismus:
Erhæhung der Nachlast (ABCD p A©BC©D© p A"B"C"D")
Huppelsberg, Walter, Kurzlehrbuch Physiologie (ISBN 3131364327), c 2005 Georg Thieme Verlag KG
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