Kunst und Künstler der Nachkriegsjahre Die ersten Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges galten dem Überleben, der materiellen Sicherung der Existenz. Den Lebensalltag bestimmten Hunger, Not und soziale Härten. Millionen Flüchtlinge, zerstörte Städte, Infrastruktur und Industrie, knappe Lebensmittel und der mühevolle Wiederaufbau aller gesellschaftlichen Strukturen markieren die Epoche. Deutschland war ein besetztes Land, das durch die Siegermächte in vier Besatzungszonen aufgeteilt war: die amerikanische, französische und britische Zone („Westzonen“) und die sowjetisch besetzte Zone (SBZ, „Ostzone“). Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges auf die Kunst Kunstwerke, die während des Krieges ausgelagert worden waren, mussten geborgen, gesichtet und erfasst, Kunstsammlungen mühsam wieder zusammengeführt werden. Bis heute tauchen Kunstwerke an weit entfernten Orten wieder auf, die durch Krieg und Nachkriegswirren dorthin gelangt waren. Die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges auf die Kunst deutscher wie anderer europäischer Kunstsammlungen in öffentlichem und privatem Besitz sind bis heute sichtbar. Viele Museumsgebäude waren zerstört und es bedurfte einiger Jahre, um Räume angemessen wieder herzurichten. Beispielhaft zeigt sich an der Geschichte der Alten Nationalgalerie auf der Museumsinsel in Berlin, vor welche Aufgaben Museumsangestellte nach 1945 gestellt waren: Gegen Ende des Krieges war das Stammhaus der Alten Nationalgalerie durch Bomben, Granaten und Häuserkampf schwer getroffen und weitgehend zerstört worden. Die Museumsinsel in Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg Rückkehr emigrierter Künstler In den Nachkriegsjahren kehrten einige jener Künstler nach Deutschland zurück, die während der NS-Zeit emigriert waren. Nicht wenige entschieden sich jedoch auch dafür, im Land ihrer Emigration zu bleiben. Zu den international wirkungsvollsten Künstlern, die nicht mehr nach Deutschland zurückkamen, gehörten die Maler MAX BECKMANN (1884–1950) und MAX ERNST (1891–1976), aber auch die Lehrer des Bauhauses, der Architekt WALTER GROPIUS (1883–1969) und der Maler JOSEF ALBERS (1888–1976). Max Beckmann Börneplatzsynagoge 1919 Der große Mann 1921 Selbstportrait In den Westzonen wirkten die Maler ERNST WILHELM NAY (1902–1968), WILLI BAUMEISTER (1889–1955) und FRITZ WINTER (1905–1976), die die Jahre der Verfolgung in innerer Emigration überstanden hatten. Fritz Winter Aus der Erde, April 1940 Fritz Winter Ernst-Wilhelm Nay Schwarzes Zeichen " Entwicklung kulturellen Lebens in den Besatzungszonen Nur zwei Jahre lang, von 1946 bis 1948, wirkte in allen Besatzungszonen ein liberaler Geist unter den Kulturverantwortlichen. Es schien Einigkeit darüber zu bestehen, dass sich „die geistige Erneuerung nur aus dem antifaschistischen Konsens“ entwickeln kann. Der spätere Kulturminister der DDR JOHANNES R. BECHER (1891–1958; Bild 3) hatte bereits im Sommer 1945 den „Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“ gegründet. Dessen Ziel lag darin, eine „nationale Einheitsfront der deutschen Geistesarbeiter“ zu bilden sowie die „Wiederentdeckung und Förderung der freiheitlichen humanistischen, wahrhaft nationalen Traditionen“ und die „Neugeburt des deutschen Geistes im Zeichen einer streitbaren demokratischen Weltanschauung“. (Aus: BRACHER, FUNKE, SCHWARZ (Hg.): Deutschland zwischen Krieg und Frieden. Beiträge zur Politik und Kultur im 20. Jahrhundert, Düsseldorf und Bonn 1991, S. 396). MAX LINGNER: „Zwei Kriege – zwei Witwen“; 1946 JOHANNES R. BECHER und MARTIN ANDERSEN NEXÖ 1949 in Berlin