Ruhr-Universität Bochum Prof. Dr. med. Claus Doberauer Dienstort: Evangelische Kliniken Gelsenkirchen GmbH Medizinische Klinik Früherkennung von Ösophaguskarzinomen mittels Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Elke Böing aus Oberhausen 2005 Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr Referent: Prof. Dr. med. C. Doberauer Korreferent: Priv.-Doz. Dr. med. B. Henning Tag der mündlichen Prüfung: 26.01.2006 Meiner Familie in Dankbarkeit gewidmet Inhaltsverzeichnis _______________________________________________________________ Inhaltsverzeichnis Abkürzungen 7 1 Einleitung 8 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.8 Epidemiologie des Ösophaguskarzinoms Histologie des Ösophaguskarzinoms Pathogenese des Ösophaguskarzinoms Lokalisation des Ösophaguskarzinoms Metastasierungswege des Ösophaguskarzinoms Klassifikation und Stadieneinteilung des Ösophaguskarzinoms 1.6.1 Klinische Klassifikation 1.6.2 Morphologische Klassifikation 1.6.3 Histopathologische Klassifikation Diagnostik des Ösophaguskarzinoms 1.7.1 Anamnese 1.7.2 Klinische Untersuchung 1.7.3 Apparative Diagnostik 1.7.3.1 Konventionelle Ösophagogastroduodenoskopie 1.7.3.2 Chromoendoskopie des Ösophagus 1.7.3.3 Apparative Zusatzdiagnostik Prognose 8 9 9 14 15 15 15 17 18 19 19 20 20 20 21 22 23 2 Zielsetzung 25 3 Methodik 27 1.7 3.1 Patientenkollektiv 3.1.1 Anamneseerhebung 3.1.2 Erhebung des körperlichen Untersuchungsbefundes 3.2 Analysekriterien der anamnestischen und klinischen Patientendaten 3.2.1 Biographische Patientendaten 3.2.2 Alkoholkonsum 3.2.3 Leberveränderungen 3.2.4 Nikotinkonsum 3.2.5 Weitere Risikofaktoren 3.2.6 Protektive Faktoren 3.2.7 Symptome und Aufnahmediagnosen 3.3 Untersuchungsmethoden 3.3.1 Konventionelle Ösophagogastroduodenoskopie 3.3.1.1 Durchführung 3.3.1.2 Auswertung der konventionell endoskopisch erhobenen Befunde 3.3.2 Chromoendoskopie des Ösophagus mit Lugol´scher Lösung 3.3.2.1 Durchführung 3.3.2.2 Auswertung der chromoendoskopisch erhobenen Befunde 3.3.3 Histologische Aufarbeitung der Biopsate 3.3.3.1 Transportmedium 3.3.3.2 Klassifikation der Dysplasien 3.4 Auswertungskriterien der erhobenen Daten bei gesicherten Plattenepithelkarzinomen und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus 4 27 28 29 30 30 30 34 36 37 37 39 40 40 40 43 43 43 44 45 45 45 46 Inhaltsverzeichnis _______________________________________________________________ 4 Ergebnisse 47 4.1 Analyseergebnisse der anamnestischen und klinischen Patientendaten 4.1.1 Biographische Patientendaten 4.1.2 Alkoholkonsum 4.1.3 Leberveränderungen 4.1.4 Nikotinkonsum 4.1.5 Weitere Risikofaktoren 4.1.6 Protektive Faktoren 4.1.7 Symptome und Aufnahmediagnosen Untersuchungsergebnisse 4.2.1 Befunde der konventionellen Ösophagogastroduodenoskopie 4.2.1.1 Ösophagus 4.2.1.2 Magen und Duodenum 4.2.2 Befunde der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung 4.2.3 Histologische Befunde Auswertung der anamnestischen, klinischen, konventionell endoskopischen und chromoendoskopischen Daten der Patienten mit detektierten Plattenepithelkarzinomen und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus 4.3.1 Biographische Patientendaten 4.3.2 Alkoholkonsum 4.3.3 Leberveränderungen 4.3.4 Nikotinkonsum 4.3.5 Weiteres Risikoprofil 4.3.6 Protektive Faktoren 4.3.7 Symptome und Aufnahmediagnosen 4.3.8 Konventionell endoskopische Befunde 4.3.8.1 Ösophagus 4.3.8.2 Magen und Duodenum 4.3.9 Chromoendoskopische Befunde Klassifikation und Stadieneinteilung der detektierten Plattenepithelkarzinome und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus 4.4.1 Morphologische Klassifikation 4.4.2 Histopathologische Klassifikation 4.4.3 Klinische Stadieneinteilung Therapie und Nachsorge der detektierten Plattenepithelkarzinome und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus 4.5.1 Dysplasien 4.5.2 Carcinoma in situ 4.5.3 Karzinosarkom 4.5.4 Ösophaguskarzinome 47 47 48 51 52 54 56 58 60 60 60 66 70 74 77 4.2 4.3 4.4 4.5 5 78 80 82 84 85 86 86 88 88 90 92 94 94 94 95 97 97 97 97 97 Inhaltsverzeichnis _______________________________________________________________ 5 Diskussion 100 5.1 Methodische Probleme 5.1.1 Patientenkollektiv 5.1.2 Konventionelle Ösophagogastroduodenoskopie 5.1.3 Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung 5.1.4 Histologische Untersuchung 5.1.5 Diskussion der Korrelation der anamnestischen, klinischen, konventionell endoskopischen und chromoendoskopischen Daten Diskussion diagnostischer Strategien zur Früherkennung eines Ösophaguskarzinoms und seiner Vorstufen unter besonderer Berücksichtigung europäischer Risikokollektive Diskussion der klinischen Daten des untersuchten Patientenkollektivs 5.3.1 Biographische Patientendaten 5.3.2 Alkoholkonsum 5.3.3 Leberveränderungen 5.3.4 Nikotinkonsum 5.3.5 Weitere Risikofaktoren 5.3.6 Protektive Faktoren 5.3.7 Symptome und Aufnahmediagnosen Diskussion der Untersuchungsergebnisse 5.4.1 Konventionelle Ösophagogastroduodenoskopie 5.4.1.1 Ösophagus 5.4.1.2 Magen und Duodenum Diskussion der Bedeutung der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung bei der Früherkennung von Plattenepithelkarzinomen und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus Alternative Methoden zur Früherkennung von Ösophaguskarzinomen und deren Vorstufen 100 100 101 102 104 105 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 105 108 108 109 110 110 111 111 112 113 113 113 113 114 127 6 Zusammenfassung 129 7 Literaturverzeichnis 131 8 Anhang 147 8.1 8.2 Fotodokumentation zur Technik der Chromoendoskopie Fotodokumentation zum Färbeverhalten verschiedener Ösophagusläsionen 8.2.1 Färbeverhalten verschiedener benigner Ösophagusläsionen 8.2.2 Färbeverhalten der präkanzerösen und malignen Ösophagusläsionen 8.2.2.1 Dysplasien 8.2.2.2 Carcinoma in situ 8.2.2.3 Ösophaguskarzinome 147 148 148 149 149 149 150 Danksagung 152 6 Abkürzungen ______________________________________________________________ Abkürzungen Abb. Abbildung AJCC American Joint Commission for Classification of Cancer ASS Acetylsalicylsäure bzw. beziehungsweise cTNM klinische Tumor-Nodus-Metastase-Klassifikation Diab. mel. Diabetes mellitus DSM IV Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (vierte Revision) g Gramm H+-Ionen Wasserstoffionen HPV humane Papillomviren NSAR nichtsteroidale Antirheumatika %ig prozentig pTNM pathologische Tumor-Nodus-Metastase-Klassifikation s. siehe SM Savary und Miller Tab. Tabelle TNM Tumor-Nodus-Metastase-Klassifikation UICC Union Internationale Contre le Cancer Vol% Volumenprozent WHO World Health Organization 7 1 Einleitung ______________________________________________________________ 1 Einleitung Das Ösophaguskarzinom besitzt als sehr aggressives Tumorleiden nach wie vor eine schlechte Prognose, zumal die meisten Ösophaguskarzinome aufgrund fehlender Frühsymptome erst in einem fortgeschrittenen Tumorstadium diagnostiziert werden. Es gilt daher, die Risikopatienten zu erfassen und die Frühdiagnostik zu verbessern, um den Patienten in einem frühen Tumorstadium eine kurative Therapiechance bieten zu können. 1.1 Epidemiologie des Ösophaguskarzinoms Weltweit fand sich das Ösophaguskarzinom in einer Erhebung von 1990 an 26. Stelle der Todesursachen [124], jedoch in Bezug auf die Häufigkeit der zum Tode führenden Krebserkrankungen an 6. Stelle [134]. Da die Krebsregistrierung in Deutschland noch nicht flächendeckend erfolgt, kann die Zahl der jährlichen Krebserkrankungen weiterhin nur geschätzt werden. So verwendet das Robert-Koch-Institut zur Schätzung der in Deutschland aufgetretenen Krebsneuerkrankungen bzw. der Krebsmortalität Log-LinearModelle unter Berücksichtigung von regionalen Inzidenz- und Mortalitätsdaten in den einzelnen Altersgruppen. Die derzeit aktuellste Auswertung liegt für das Jahr 2000 vor mit einer Gesamtzahl von 200 018 Neuerkrankungen an bösartigen Tumoren insgesamt bei den Männern und 194 662 bei den Frauen in Deutschland. Dabei findet sich für das Ösophaguskarzinom eine Inzidenzschätzung von 3374 betroffenen Männern und 883 Frauen [138]. Dementsprechend macht das Ösophaguskarzinom einen Anteil von weniger als 2 % an allen bösartigen Neubildungen bei den Männern und von einem halben Prozent bei den Frauen aus. Hinsichtlich der Krebshäufigkeit nimmt das Ösophaguskarzinom Platz 13 bei den Männern und Platz 17 bei den Frauen ein. Deutsche Männer erkranken derzeit etwa vier- bis fünfmal häufiger und im Mittel 7 Jahre früher an Speiseröhrenkrebs als Frauen. Der Altersgipfel des Plattenepithelkarzinoms liegt mit 55 Jahren deutlich vor dem der Adenokarzinome mit 65 Jahren. Im Rahmen der Trendbeobachtung fiel bis Anfang der 90er Jahre eine zunehmende Ösophaguskarzinomrate bei den Männern auf [11,138], für die letzten Jahre zeigt die Schätzung jedoch wieder einen abnehmenden Trend. Die Erkrankungsraten der Frauen blieben im zeitlichen Verlauf weitgehend unverändert [138]. Regional erhöhte Ösophaguskarzinomraten spielen für Deutschland insbesondere im Vergleich zu einigen Regionen Chinas, der ehemaligen Sowjetunion, Südamerikas, Südafrikas und des Iran mit 8 1 Einleitung ______________________________________________________________ einer hohen Inzidenz von 100 – 500 Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus pro 100 000 Einwohner pro Jahr keine Rolle [32,50,80,102]. 1.2 Histologie des Ösophaguskarzinoms Mehr als 90 % der neoplastischen Neubildungen des Ösophagus werden in Mitteleuropa histologisch als epitheliale Tumoren klassifiziert, vor allem als Plattenepithelkarzinome (80 – 90 %) und Adenokarzinome (10 – 20 %) [33], die sich jedoch sowohl epidemiologisch als auch in ihrem sonstigen Verhalten deutlich voneinander unterscheiden. Erwähnenswert ist der drastische Inzidenzanstieg der Adenokarzinome in den letzten Jahrzehnten, ohne daß bisher die Ursache dafür vollständig geklärt werden konnte. Diskutiert wird insbesondere eine Zunahme auf dem Boden einer chronischen gastroösophagealen Refluxkrankheit mit Barrett-Zylinderepithel, Dysplasien und dann Ausbildung eines Adenokarzinoms. Dieser Trend wurde zuerst in den USA [9,33,38], später dann auch in Europa, Japan, Australien und Mittelamerika beobachtet [7,11,16,32,105], hingegen in Osteuropa oder China bisher nicht beschrieben. In Hinblick auf die Fragestellung dieser Arbeit wird in der weiteren Abhandlung auf das Adenokarzinom des Ösophagus nicht weiter eingegangen und der Blick auf das Plattenepithelkarzinom fokussiert. 1.3 Pathogenese des Ösophaguskarzinoms Die Pathogenese des Ösophaguskarzinoms ist letztlich noch unklar. Insbesondere für die Entwicklung des Plattenepithelkarzinoms scheinen pathogenetisch solche Faktoren eine Relevanz zu besitzen, die eine chronische Irritation und Entzündung der Ösophagusmukosa mit konsekutiv erhöhtem Zellumsatz hervorrufen können. So läßt sich eine eindeutige Kausalität zwischen einem chronischen Alkoholmißbrauch und einer erhöhten Inzidenz von Plattenepithelkarzinomen belegen [4,10,23,26,84,95,104,128,148, 177,194]. In zahlreichen Publikationen wird die Gefährdungsgrenze mit zu erwartenden physischen, psychischen und sozialen Folgeschäden kontrovers diskutiert [17,44,92,104, 160,161,176]. Dabei wird als Empfehlung für den risikoarmen Alkoholkonsum bis zu 30 g reiner Alkohol pro Tag für Männer und 20 g reiner Alkohol pro Tag für Frauen favorisiert [17,21,92,161]. Die Ergebnisse einer Metaanalyse [104] zu epidemiologischen Daten über den chronischen Konsum alkoholischer Getränke und das Auftreten von bösartigen 9 1 Einleitung ______________________________________________________________ Tumoren allgemein belegen eine eindeutige Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen dem täglichen Alkoholkonsum und dem Krebsrisiko und zwar unabhängig von der Art des zugeführten alkoholischen Getränkes [74,104,107,177,179]. Eine Schwellendosis für einen relevanten Anstieg des Krebsrisikos kann dabei jedoch nicht benannt werden. Die Daten bestätigen, daß letztlich jeder Alkoholkonsum einschließlich des geringen Konsums das Krebsrisiko steigert: Mit jedem durchschnittlich pro Tag getrunkenen „Drink“ von im Mittel ca. 10 g Alkohol steigt das Risiko einer Krebserkrankung um 5 bis 30 % mit dem höchsten Risiko für Tumore von Mundhöhle, Pharynx, Hypopharynx und Ösophagus [104,176]. Insbesondere für den Speiseröhrenkrebs scheint die Menge des täglich zugeführten Alkohols mit einem höheren Krebsrisiko verbunden zu sein als die Dauer des betriebenen Alkoholkonsums [100]. Als mögliche Schädigungsmechanismen werden dabei die Tonussenkung am unteren Ösophagussphinkter, die Hemmung der primären Peristaltik und die Veränderung der sekundären Peristaltik mit Kontraktionen erhöhter Amplitude und Dauer sowie simultanen Kontraktionen in den mittleren und distalen Ösophagusdritteln diskutiert. Als Konsequenz dieser funktionellen Veränderungen treten gehäufte und verlängerte gastroösophageale Refluxzeiten mit einer Verminderung der ösophagealen Clearance auf. Zusätzlich schädigt der Alkohol direkt konzentrationsabhängig die Ösophagusschleimhaut mit Folge einer Refluxösophagitis unterschiedlichen Grades, da durch die toxisch geschädigte Mukosabarriere die refludierten H+-Ionen in die Epithelzellschicht diffundieren und dort die Epithelzellen schädigen [160]. Die durch diese Mechanismen hervorgerufene chronische Entzündung der Speiseröhre bewirkt eine Sensibilisierung der Schleimhaut gegenüber Karzinogenen, wie beispielsweise polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen und Nitrosaminen. Diese Karzinogene wiederum sind in unterschiedlichen Konzentrationen in den verschiedenen alkoholischen Getränken enthalten oder werden aus Prokarzinogenen in der Leber aktiviert. Hinzu tritt die Hemmung der hepatischen Entgiftungsfunktion, einerseits durch den präferierten Äthanolabbau in der Leber und andererseits durch eine alkoholtoxische Leberschädigung. Insgesamt kommt es zu einer erhöhten Konzentration lokal wirkender Karzinogene und verlängerten Kontaktzeit dieser Substanzen an der vorgeschädigten Mukosa. Pathogenetisch wird auch der begleitende Einfluß der verschiedenen alkoholischen Getränke durch nicht-alkoholische Inhaltsstoffe von einigen Autoren für nicht unerheblich gehalten. So stimulieren alkoholische Getränke, die durch Vergärung und anschließende Destillation entstehen, wie der Großteil der Aperitifs und hochprozentigen Spirituosen, die Magensäure nicht. Dagegen steigern Getränke, die mittels Vergärung von Kohlenhydraten 10 1 Einleitung ______________________________________________________________ hergestellt werden, wie Bier, Wein, Champagner und einige Aperitifs, die Magensäuresekretion maximal und bewirken eine entsprechend hohe Konzentration von H+-Ionen mit konsekutiver Schleimhautschädigung im Falle eines Refluxes [174]. Als Hauptstimulantien konnten dabei die Dicarboxylsäuren Bernsteinsäure und Maleinsäure identifiziert werden [175]. Darüber hinaus variiert auch der Anteil der Karzinogene in den verschiedenen alkoholischen Getränken. So enthält Bier zum Beispiel in relativ hoher Konzentration Nitrosamine [160]. Tabakrauchen ist ein unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung eines bösartigen Tumors des oberen Aerodigestivtraktes. Zeitgleicher Alkohol- und Nikotinkonsum läßt das Karzinomrisiko exponentiell anwachsen [26,84,95,100,128,148,177,193,194]. So liegt das Risiko einer Ösophaguskarzinomentstehung bei einem täglichen Konsum von mehr als 80 g Alkohol pro Tag bei einem Faktor von 18, bei mehr als 20 Zigaretten pro Tag bei einem Faktor von 5 und - wenn beides zusammenkommt - bei einem Faktor von 44 [151]. In einer retrospektiven Studie ließ sich erheben, daß 90 % der Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus einen gesteigerten Alkoholkonsum betrieben und gleichzeitig geraucht hatten [20]. Korrespondierend zum Alkoholkonsum korreliert das Risiko für die Entwicklung eines Ösophaguskarzinoms direkt mit der Quantität der gerauchten Zigaretten pro Tag und der Dauer des Rauchens [20,100]. Dabei scheint die Gesamtdauer des Zigarettenrauchens ein höheres Risiko zu bergen als die Anzahl der täglich gerauchten Zigaretten [100]. Weiterhin konnte eine Beziehung zwischen dem Teergehalt der Zigaretten und der Karzinomentwicklung des oberen Digestivtraktes aufgezeigt werden [59]. Die Ingestion von Tabakkondensaten wird dabei für die Induktion eines karzinogenen Prozesses verantwortlich gemacht. Besonders die Nitrosamine scheinen als Tabakinhaltsstoffe für die kanzerogenen Eigenschaften eine bedeutende Rolle zu spielen. Die tabakspezifischen Nitrosamine werden zum Teil schon in der Tabakpflanze selbst gebildet. Der weitaus größere Anteil entsteht jedoch bei der Weiterbehandlung des Tabaks. Als wichtigstes Karzinogen in Hinblick auf den Ösophagus muß dabei das N-Nitrosonornikotin angeführt werden [70]. Insgesamt wurden in Tabakprodukten sieben verschiedene tabakspezifische Nitrosamine identifiziert, die mit der Entwicklung von Karzinomen im Bereich des oberen Aerodigestivtraktes, der Lunge und des Pankreas in Zusammenhang gebracht werden [3,69]. Nach metabolischer Aktivierung in der Zelle verursachen die Nitrosamine Einzelstrangbrüche der DNA und eine Hemmung des DNA-Reparatursystems [68,69]. 11 1 Einleitung ______________________________________________________________ Als weiteres Risikokollektiv müssen Patienten mit Plattenepithelkarzinomen des oberen Aerodigestivtraktes betrachtet werden, da sie eine hohe Prävalenz für die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus als Zweitneoplasie aufweisen. Dabei werden in der Literatur Zahlenangaben zwischen 10 – 14 % für das synchrone Auftreten eines Plattenepithelkarzinoms der Speiseröhre als Zweitneoplasie angeführt und 3 % für das metachrone Auftreten in der Verlaufsbeobachtung [125,172,178]. Als ursächlich wird einerseits das ähnlich gelagerte Spektrum der Risikofaktoren angesehen [107,160], andererseits aber auch die Theorie der von Slaughter et al. beschriebenen Feldkanzerisierung [101,162]. Dabei handelt es sich um eine erhöhte Inzidenz von synchronen und metachronen Zweittumoren im selben Organ bzw. Organsystem. So findet sich ein hochsignifikantes Auftreten von Zweittumoren im Digestivtrakt bei IndexTumoren im Hypopharynx oder der Mundhöhle (digestive Achse). Einen weiteren Risikofaktor für die maligne Entartung der Ösophagusmukosa stellt die Radiotherapie des Thorax dar [32,50]. Eine Karzinogenexposition über die Nahrung [8,62], beispielsweise durch mikrobiologische Toxine und Nitrosamine, aber auch die Fehlernährung mit nur geringem Anteil frischer Früchte oder Gemüse werden ebenfalls mit dem vermehrten Auftreten von Plattenepithelkarzinomen assoziiert [37,41,84,128,137]. Die thermische Irritation zum Beispiel durch heiße Getränke wird von anderen Autoren in Betracht gezogen [60,61], allerdings kontrovers diskutiert [173]. Als weitere Ursachen einer chronischen Ösophagusschleimhautirritation müssen die Achalasie mit einer Prävalenz von 2 - 7 % für die Ösophaguskarzinomentwicklung [113,142,146,185] und das Ösophagusdivertikel [146] angeführt werden, wobei als pathogenetischer Mechanismus die in der Speiseröhre verbleibenden und bakteriell zersetzten Nahrungsreste angesehen werden. Die nonepidermolytische palmoplantare Keratodermie als seltene autosomal dominante Erkrankung mit einer genetischen Abnormität des Chromosoms 17q25 ist das einzige bekannte prädisponierende familiäre Syndrom und geht mit einer Hyperkeratose der Handflächen und Fußsohlen sowie Verdickung der Mundschleimhaut einher. In den betroffenen Familien beträgt das Risiko für die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms 95 % ab dem 70. Lebensjahr [46]. Auch eine Beteiligung humaner Papillomviren (HPV) an der Entstehung sowohl benigner als auch maligner Tumoren des Plattenepithels des Ösophagus werden seit 1982 diskutiert [170]. Seitdem konnten in einer Vielzahl von Studien mit verschiedenen Detektionsverfahren wie In-situ-Hybridisierung, proteinchemische Nachweismethoden, 12 1 Einleitung ______________________________________________________________ Southernblot-Analyse und Polymerasekettenreaktion HPV in Papillomen und Karzinomen nachgewiesen werden. [98,154,169]. Epidemiologische Untersuchungen belegen die pathogenetische Rolle von HPV beim Ösophaguskarzinom, insbesondere auch in den Endemiegebieten Chinas [27,28]. In den nicht-endemischen Regionen ließen sich vergleichend nur bei einem Bruchteil der untersuchten Patienten HPV finden [171]. Obwohl die Ursachen für die unterschiedlichen geographischen Inzidenzraten noch nicht vollständig geklärt sind, könnte diese Infektion mit onkogenen HPV [169] neben genetischen Faktoren einerseits und den landesspezifischen Karzinogenexpositionen [2,106] andererseits dafür verantwortlich sein. Als weitere Risikofaktoren mit jedoch weniger ausgeprägtem kanzerogenen Effekt bzw. bisher fehlender Bestätigung in prospektiven Verlaufsstudien werden in der Literatur das Plummer-Vinson-Syndrom, die Zöliakie, eine endoskopische Sklerotherapie, eine Gastrektomie, Ösophagusmembranen sowie eine chronische Ösophagitis angeführt [113,146]. Neben der Erforschung ätiologischer Faktoren wurden auch präventive Maßnahmen zur Reduktion des Ösophaguskarzinomrisikos untersucht. In erster Linie muß dabei die Ausschaltung der angeführten exogenen Risikofaktoren genannt werden. Daneben entwickelten sich seit Ende der 80er Jahre Erkenntnisse über den protektiven Wert der Acetylsalicylsäure in Hinblick auf die Entstehung von kolorektalen und anderen Tumoren [45,111,155]. Der aktuelle Wissensstand zum Einsatz nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR) deutet auf eine protektive Wirkung hinsichtlich der Entwicklung von Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus hin [15,31,53,58]. Dabei spielen für den Grad der Protektion sowohl die Häufigkeit der Substanzeinnahme als auch die Unterscheidung in Acetylsalicylsäure und in andere NSAR ohne den Wirkstoff Acetylsalicylsäure eine Rolle: In der Literatur [31,53,120] wird eine signifikante Risikoreduktion für die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus für diejenigen Patienten mit einer regelmäßigen Aspirin®-Einnahme im Vergleich zu denjenigen Patienten beschrieben, die nie ein Aspirin®-Präparat verwendet haben. Jegliche Form der Aspirin®-Einnahme, sei es die regelmäßige oder intermittierende Einnahme, wird dabei als protektiv mit Zahlenwerten einer 45- bis 52-%igen Risikoreduktion für die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus gewertet [53]. Die NHANES I-Kohortenstudie ermittelte sogar eine bis 90-%ige Risikoverminderung bei Patienten, die Aspirin® einnahmen [58]. Der Grad des schützenden Effektes nahm dabei korrespondierend mit 13 1 Einleitung ______________________________________________________________ zunehmender Einnahmehäufigkeit zu. Auch die NSAR ohne den Wirkstoff Acetylsalicylsäure wirken gemäß den Literaturangaben vorbeugend gegen die Entwicklung eines Ösophaguskarzinoms, insgesamt jedoch etwas schwächer ausgeprägt [53]. Auch bei dieser Substanzgruppe ergibt sich für die regelmäßige Einnahme eine stärkere Risikoreduktion gegenüber einer nur gelegentlichen Einnahme. Dabei ist der antikarzinogene Wirkmechanismus der NSAR bis heute noch nicht vollständig geklärt. Diskutiert werden die Prostaglandinsynthesehemmung mit konsekutiver Stärkung der Immunantwort durch Hemmung der prostaglandin-induzierten Immunsuppression [111,121], die Reduktion der Zellproliferation und die Induktion der Apoptose von Tumorzellen [45,120,155]. Als weiterer präventiver Faktor wird in der Literatur auf eine ausgewogene Ernährungsweise mit ausreichendem Verzehr von frischem Gemüse und Früchten, insbesondere Zitrusfrüchten hingewiesen [8,14,62]. Auch die Zufuhr von Vitamin C und E sowie ß-Carotin und Selen führen nach Studienlage zur signifikanten Reduktion des Krebsrisikos [12,41]. Die Mechanismen sind dabei letztlich größtenteils unklar, jedoch wird vornehmlich eine Antioxidantien-Theorie vertreten. Die Grundannahme dieser Theorie besteht in der Hypothese, daß freie Radikale durch „oxidativen Streß“ die maligne Entartung der Zellen fördern. Antioxidantien, allen voran Vitamin C und E sowie die Vitamin-Vorstufe ß-Carotin, sollen die Radikale abfangen und so vor Krebs schützen. Die Fähigkeit des Vitamin C, die Nitrosaminbildung zu unterbinden, wird als weiterer krebsvorbeugender Faktor angeführt. 1.4 Lokalisation des Ösophaguskarzinoms Plattenepithelkarzinome sind im Gegensatz zu den Adenokarzinomen, die vorwiegend im distalen Drittel lokalisiert sind, häufig im mittleren (45 %) und unteren Drittel (40 %) des Ösophagus anzutreffen [33,143]. Der cervikale Ösophagusabschnitt weist nur selten ein Karzinom auf (< 15 %). 14 1 Einleitung ______________________________________________________________ 1.5 Metastasierungswege des Ösophaguskarzinoms Aufgrund des fehlenden Serosaüberzugs der Speiseröhre neigt der Tumor zu frühzeitiger Infiltration per continuitatem in das Mediastinum und andere benachbarte Strukturen wie das Gefäß- und Bronchialsystem, sowie zu einer intramuralen, submukösen Karzinomausdehnung entlang der Lymphbahnen, vorwiegend nach proximal. Weiteres Spezifikum des Ösophaguskarzinoms ist die frühe lymphogene Metastasierung [94]. Eine hämatogene Metastasierung erfolgt in der Regel relativ spät und wird von den Patienten in vielen Fällen nicht mehr erlebt. Fernmetastasen treten bei proximalen Tumoren vor allem in der Lunge (venöser Abfluß über die Vv. thyroideae, V. azygos oder V. hemiazygos in die V. cava superior) und bei distalen Tumoren hauptsächlich in der Leber (venöser Abfluß über V. coronaria ventriculi in die Pfortader) auf. 1.6 Klassifikation und Stadieneinteilung des Ösophaguskarzinoms 1.6.1 Klinische Klassifikation Die Einteilung der Tumoren erfolgt einerseits anhand des Bezuges zum Tracheobronchialsystem in infrabifurkale, suprabifurkale und rein zervikale Tumore und andererseits anhand der TNM-Klassifikation der UICC (Union Internationale Contre le Cancer) und der AJCC (American Joint Commission for Classification of Cancer) wie in Tabelle 1.1 und 1.2 dargestellt [47,55]. Dabei fließen in die von der AJCC etablierte klinische Stadieneinteilung sowohl das TNM-Stadium der UICC als auch die klinische Prognose und praktische chirurgische Aspekte, wie beispielsweise die Resezierbarkeit, ein. Hinsichtlich der besseren Abschätzbarkeit der Behandlungsmodalitäten auch bei fehlender Resektionsmöglichkeit wurden eine klinische und eine pathologische TNM-Klassifikation etabliert (cTNM und pTNM). Für die endgültige Beurteilung des N-Stadiums ist die sorgfältige histopathologische Untersuchung des Resektatpräparates nach der Ösophagektomie zwingend erforderlich. Die Richtlinien der AJCC sehen die histopathologische Untersuchung von mindestens 6 mediastinalen Lymphknoten vor [110]. Die allgemein akzeptierte Definition des Ösophagusfrühkarzinoms fordert eine Tumorinvasion bis maximal in die Submukosa und als zweites Kriterium ein Fehlen von Lymphknotenmetastasen. Somit werden die meisten Ösophagusfrühkarzinome im Stadium I nach AJCC, entsprechend T1N0M0 nach UICC diagnostiziert [96]. 15 1 Einleitung ______________________________________________________________ Tab. 1.1 Tumor-Nodus-Metastase- (TNM) Stadieneinteilung der Ösophaguskarzinome nach UICC (Union Internationale Contre le Cancer) Klinische Klassifikation des Ösophaguskarzinoms Primärtumor ( T- Stadium ) Tx Primärtumor nicht beurteilbar T0 kein Hinweis auf Primärtumor Tis Carcinoma in situ T1 Tumor infiltriert Lamina propria oder Submukosa T2 Tumor infiltriert Muscularis propria T3 Tumor infiltriert die Adventitia T4 Tumor infiltriert benachbarte Organe Regionale Lymphknoten ( N- Stadium ) Nx regionale Lymphknoten nicht beurteilbar N0 keine lokoregionären Lymphknotenmetastasen N1 Nachweis eines regionalen Lymphknotenbefalls Fernmetastasen ( M- Stadium ) Mx Beurteilung des Vorhandenseins von Fernmetastasen nicht möglich M0 kein Nachweis von Fernmetastasen M1 Vorhandensein von Fernmetastasen Tumoren des unteren thorakalen Ösophagus* M1a Befall der zöliakalen Lymphknoten M1b andere Fernmetastasen Tumoren des mittleren thorakalen Ösophagus* M1a nicht anwendbar M1b Befall nicht-regionaler Lymphknoten oder andere Fernmetastasen Tumoren des oberen thorakalen Ösophagus* M1a Befall der zervikalen Lymphknoten M1b andere Fernmetastasen * aus operationstechnischen Gründen und in Hinblick auf das Muster der lymphogenen Streuung wird der thorakale Ösophagus ( ca. 18 cm ab Zahnreihe) in 3 Segmente unterteilt: - oberer Teil ab oberer Thoraxapertur bis Trachealbifurkation, ca. 18 bis 24 cm ab Zahnreihe - mittlerer Teil von der Trachealbifurkation bis etwa 32 cm ab Zahnreihe - unterer Teil ab den letzten 8 cm bis zum ösophagogastralen Übergang inklusive des abdominellen Anteils bis ca. 40 cm ab Zahnreihe 16 1 Einleitung ______________________________________________________________ Tab. 1.2 Klinische Stadieneinteilung der Ösophaguskarzinome nach AJCC (American Joint Commission for Classification of Cancer) [110] Klinische Stadieneinteilung der Ösophaguskarzinome (American Joint Commission for Classification of Cancer ) Stadium TNM Klassifikation Tumorstadium Primärtumor Lymphknotenbefall Fernmetastasierung 0 Tis N0 M0 I T1 N0 M0 II A T2 N0 M0 T3 N0 M0 T1 N1 M0 T2 N1 M0 T3 N1 M0 T4 Jedes N-Stadium M0 IV Jedes T-Stadium Jedes N-Stadium M1 IV A Jedes T-Stadium Jedes N-Stadium M1a IV B Jedes T-Stadium Jedes N-Stadium M1b II B III 1.6.2 Morphologische Klassifikation Als Grundlage für die morphologische Klassifikation der Ösophaguskarzinome haben sich die Kriterien der Japanese Society for Esophageal Diseases etabliert, die sich von der Borrmann Klassifikation der Magenkarzinome aus dem Jahre 1926 ableiten [77,96,99]. Besondere Beachtung erfährt dabei der Typ 0, der aufgrund seiner effektiv minimalen lymphatischen Metastasierungsrate in der Literatur vielfach als das „wahre“ Frühkarzinom bezeichnet wird [48,96]. Die morphologischen Veränderungen und ihre Zuordnung zu den entsprechenden Typen und Subtypen werden in Tabelle 1.3 dargestellt. 17 1 Einleitung ______________________________________________________________ Tab. 1.3 Morphologische Klassifikation des Speiseröhrenkarzinoms nach den Kriterien der Japanese Society for Esophageal Diseases Morphologische Klassifikation des Ösophaguskarzinoms (Japanese Society for Esophageal Diseases) Oberflächliches Ösophaguskarzinom Typ 0 oberflächlicher Typ 0-I oberflächlicher und vorgewölbter Typ 0-Ip vorgewölbter und gestielter Typ 0-Is vorgewölbter und sessiler Typ 0-II oberflächlicher und flacher Typ 0-IIa leicht erhabener Typ 0-IIb flacher Typ 0-IIc leicht eingesunkener Typ 0-IIa + 0-IIc erhabener Typ mit einer zentralen Einsenkung 0-IIc + 0-IIa eingesunkener Typ mit einer leichten peripheren Erhebung 0-III oberflächlicher und exkavierter Typ Fortgeschrittenes Ösophaguskarzinom Typ 1 vorgewölbter Typ Typ 2 ulzerierter und umschriebener Typ Typ 3 ulzerierter und infiltrativer Typ Typ 4 diffus infiltrativer Typ ohne Ulcus Typ 5 unklassifizierbarer Typ 1.6.3 Histopathologische Klassifikation Mittels der revidierten Fassung der Vienna Klassifikation für intramuköse Neoplasien bei oberflächlichen neoplastischen Läsionen ließ sich eine internationale größtmögliche Übereinstimmung bei der histopathologischen Bewertung erzielen [39,98,99]. Die entscheidende Veränderung dieser Klassifikation im Vergleich zu den früheren Einteilungen besteht in der Zusammenführung der hochgradigen Dysplasien und 18 1 Einleitung ______________________________________________________________ intramukösen Karzinome zur Gruppe 4. Weiterhin wird der Ausdruck „intraepitheliale Neoplasie“ statt „Dysplasie“ favorisiert und sowohl die mittel- als auch die hochgradige Dysplasie zur hochgradigen intraepithelialen Neoplasie zusammengefaßt. Tabelle 1.4 erläutert die histopathologischen Kriterien nach den Richtlinien der überarbeiteten Fassung der Vienna Klassifikation. Tab. 1.4 Histopathologische Klassifikation nach den Richtlinien der überarbeiteten Fassung der Vienna Klassifikation für intramuköse Neoplasien bei oberflächlichen neoplastischen Läsionen [39] Histopathologische Klassifikation (überarbeitete Fassung der Vienna Klassifikation) Gruppe Histologische Kriterien 1 Keine intraepitheliale Neoplasie 2 Undefiniert hinsichtlich einer intraepithelialen Neoplasie 3 Leichtgradige intraepitheliale Neoplasie 4 Intramuköse Neoplasie 4-1 Hochgradige intraepitheliale Neoplasie 4-2 Nichtinvasives Karzinom 4-3 Suspekt hinsichtlich eines invasiven Karzinoms 4-4 Intramuköses Karzinom (Invasion der Lamina propria) 5 Submuköses Karzinom 1.7 Diagnostik des Ösophaguskarzinoms 1.7.1 Anamnese Anamnestische Hinweise auf ein Ösophaguskarzinom sind häufig Gewichtsverlust und Brustschmerzen mit oder ohne Dysphagie. Da eine Schluckstörung in der Regel erst auftritt, wenn 2/3 des Ösophaguslumens vom Tumor verlegt sind, oder das Lumen weniger als 1 cm weit ist, stellt die Dysphagie ein Spätsymptom dar. In einer Serie von 5044 Patienten, die 1994 in den USA behandelt wurden, konnte als häufigstes Symptom 19 1 Einleitung ______________________________________________________________ zum Zeitpunkt der Erstdiagnose bei 74 % der Patienten eine Dysphagie eruiert werden, weiterhin litten 57,3 % der Patienten unter Gewichtsverlust, 20,5 % unter retrosternalem Brennen, 16,6 % unter Schmerzen beim Schlucken und 12,1 % der Patienten unter Atemnot [33]. Die meisten der aufgeführten Symptome müssen dabei als unspezifisch betrachtet werden. So gaben beispielsweise 14 % der befragten Amerikaner ohne Anhalt für ein Ösophaguskarzinom ebenfalls an, ein retrosternales Brennen in identischer Ausprägung zu verspüren [129]. 1.7.2 Klinische Untersuchung Bei der klinischen Untersuchung findet sich in vielen Fällen ein unauffälliger Befund. Lediglich im Stadium der extensiven Metastasierung lassen sich vergrößerte, oft nicht verschiebliche Lymphknoten oder Lymphknotenpakete mit Bevorzugung der linken supraklavikulären Grube (Virchow’scher Lymphknoten) tasten. Weitere Anzeichen einer fortgeschrittenen Erkrankung können eine Hepatomegalie oder Pleuraergüsse darstellen. In Anbetracht des Risikofaktorenspektrums weisen viele Patienten nebenbefundlich alkoholtoxische Organschädigungen auf, die bei der klinischen Untersuchung erkennbar werden. 1.7.3 Apparative Diagnostik 1.7.3.1 Konventionelle Ösophagogastroduodenoskopie Im Rahmen der apparativen Diagnostik nimmt die konventionelle Ösophagogastroduodenoskopie als etabliertes Verfahren zur Diagnostik von Erkrankungen des oberen Gastrointestinaltraktes die zentrale Rolle ein. So kann vor allem makroskopisch eine Beurteilung von strukturellen Veränderungen der Schleimhauttextur vorgenommen werden mit der Möglichkeit, gezielt zu biopsieren. Dabei muß besonderes Augenmerk auf die Wahrnehmung von kleinsten endoskopisch sichtbaren Veränderungen gelegt werden, die auf ein Frühkarzinom oder eine Dysplasie schließen lassen. Insbesondere ein fokal geröteter Bezirk, kleine Veränderungen des Oberflächenreliefs, eine Erosion, eine Plaque, ein Nodulus oder eine Schleimhautaufhellung können ein morphologisches Korrelat eines präkanzerösen oder malignen Prozesses darstellen [34,96,116]. Weiterhin können auch Rückschlüsse auf die funktionelle Bedeutung einer Veränderung wie beispielsweise bei 20 1 Einleitung ______________________________________________________________ Vorliegen einer Stenose gezogen werden. Schließlich birgt die Endoskopie als weiteren großen Vorteil die Möglichkeit der minimal invasiven Therapie teils mit kurativer, teils mit palliativer Intention. So kommen die Mukosektomie, Thermoablation, photodynamische Therapie, Laserverfahren oder Stentimplantation zur Erhaltung einer peroralen Nahrungsaufnahme und somit Verbesserung der Lebensqualität bei Patienten mit fortgeschrittenen Ösophaguskarzinomen zum Einsatz. 1.7.3.2 Chromoendoskopie des Ösophagus Additive chromoendoskopische Verfahren haben sich zur Verbesserung der Früherkennung von neoplastischen Veränderungen sowohl im oberen als auch im unteren Verdauungstrakt etablieren können. So bergen die oft nur minimal ausgeprägten Schleimhautläsionen als morphologisches Korrelat eines Frühkarzinoms bzw. einer präkanzerösen Läsion die Gefahr, einer konventionell endoskopischen Detektion zu entgehen. Das Aufsprühen von Farblösungen auf die Schleimhaut führt zu einer verbesserten Detailerkennung und Diagnostik von makroskopisch nicht wahrnehmbaren Mukosaläsionen. Im Bereich der Speiseröhre werden die Lugol´sche Lösung und Toluidinblau zur Detektion von Plattenepithelveränderungen [71,81,146], sowie Methylenblau zur Markierung von inkompletten und kompletten intestinalen Metaplasien eingesetzt [25,43,64]. Zur Früherkennung der Plattenepithelkarzinome des Ösophagus hat insbesondere die Lugol´sche Lösung als einfaches, kostengünstiges, nebenwirkungsarmes und effektives Verfahren eine besondere Bedeutung erlangt und wird im folgenden hinsichtlich der Ausführung, Besonderheiten und Detektionsmöglichkeiten weiter dargestellt. Die Chromoendoskopie als Intravitalfärbemethode wurde erstmalig von Schiller 1933 mit Lugol´scher Lösung zur Dysplasiediagnostik der Plattenepithelschleimhaut an der Cervix uteri eingesetzt [147]. In den 60er und 70er Jahren wurden auch im Bereich des Ösophagus Färbetechniken angewandt, die die Diagnostik kleiner, makroskopisch nicht oder kaum sichtbarer Veränderungen der regelrechten Mukosa erleichtern sollten [109,180]. Die Lugol´sche Lösung, eine Jod-Kaliumjodid-Lösung, benannt nach dem französischen Arzt Jean Guillaume Auguste Lugol (1788 – 1851), der als Pionier der Jodtherapie bezeichnet wird, ist dabei das älteste Färbemittel zur Erkennung alterierter Schleimhautprozesse. Die Lösung ist leicht herstellbar und wird in unterschiedlichen Konzentrationen zwischen 21 1 Einleitung ______________________________________________________________ 0,5- bis 3-%ig auf die Schleimhaut aufgesprüht. Konzentrationsabhängig wurden Nebenwirkungen in < 1 % der Fälle im Sinne von substernalem Brennen und Übelkeit sowie eines kurz nach der Applikation auftretenden Ösophagusspasmus beschrieben [64,156]. Weiterhin existieren Berichte über seltene allergische Reaktionen auf die Anwendung der Lugol´schen Lösung. In Anbetracht des Jodgehaltes der Lösung sollte bei Patienten mit hyperthyreoter Stoffwechsellage der Einsatz von Lugol´scher Lösung vermieden werden [64], obgleich bislang keine negativen Mitteilungen vorliegen. Die Lugol´sche Lösung selbst gehört zu den absorptiven Farbsubstanzen und reagiert mit dem Glykogen des nicht verhornenden Plattenepithels. Hierbei erzeugt es eine dunkle, braungrünliche Färbung. Das regelrechte Ösophagusepithel enthält reichlich Glykogen und färbt sich intensiv braun-grünlich an. Als Negativfärbung werden dysplastische und karzinomatöse, aber auch entzündlich veränderte Epithelareale wegen des geringeren oder fehlenden Glykogengehaltes nur geringfügig oder gar nicht gefärbt. Auf diese Weise werden eine gezielte Biopsie oder auch eine bessere Einschätzung des Ausdehnungsgrades einer Läsion ermöglicht [24,78,81,115,122,133,156]. Die Differenzierung der ungefärbten Schleimhautareale in entzündliche, präkanzeröse oder kanzeröse Schleimhautläsionen gelingt dabei nur selten, so daß konsequent alle ungefärbten Schleimhautareale ausgiebig biopsiert werden müssen. Besonders zu beachten ist dabei der oft nur geringe Anteil der dysplastischen Mukosa innerhalb eines ungefärbten Areals. Die Spezifität dieser Methode zur Erkennung präkanzeröser oder kanzeröser Schleimhautalterationen ist demzufolge als eher mäßig zu bezeichnen und wird in den verschiedenen Studien mit Werten zwischen 16,5 % bis 63 % angegeben [5,36]. Die Sensitivität als entscheidendes Kriterium zur Früherkennung neoplastischer Läsionen wird hingegen mit 96 % als sehr hoch bewertet [36,64], wodurch diese Methode eine große Bedeutung in Hinblick auf die Frühdiagnostik des Ösophaguskarzinoms und seiner Vorstufen erlangt. 1.7.3.3 Apparative Zusatzdiagnostik (Präoperative) Staginguntersuchungen sollten Endosonographie, Röntgenuntersuchung des Thorax, Computertomographie des Thorax, evt. Computertomographie des Abdomens bei distalen Tumoren und die Abdomensonographie umfassen [153]. Dabei kommt der Endosonographie in Hinblick auf das lokoregionale Staging eine besondere Bedeutung zu. Insbesondere in Kombination mit der Feinnadelaspiration von erreichbaren Lymphknoten erlangt dieses Verfahren eine hohe Sensitivität [88,118,119,153,183,188]. Zur Beurteilung 22 1 Einleitung ______________________________________________________________ des Ausbreitungsmusters werden zudem die Bronchoskopie bei suprabifurkalen Tumoren und die Laparoskopie bei infrabifurkalen Tumoren empfohlen. Ferner wird eine Ösophagus- und Magen-Darm-Passage mit röntgendichtem Kontrastmittel angeraten, bei zervikalen Karzinomen mit wasserlöslichem Kontrastmittel aufgrund der Gefahr der Aspiration und bronchialen Fistelung. Neuere Techniken wie die Positronenemissionstomographie, deren Bedeutung insbesondere in der Detektion occulter Metastasen gesehen wird, sowie die optische Kohärenztomographie zur Bestimmung vor allem der Invasionstiefe bieten die Möglichkeit, [41,50,88,118183,184]. Von einigen Autoren das wird Staging jedoch die zu präzisieren endoskopische Mukosektomie als bedeutendste Entwicklung in Hinblick auf das Staging der Frühkarzinome des Ösophagus gewertet, da sie die histologische Bestimmung der Invasionstiefe ermöglicht [183]. 1.8 Prognose Das Plattenepithelkarzinom des Ösophagus hat eine der schlechtesten Prognosen aller gastrointestinaler Karzinome [141]. Dies ist vor allem auf das fortgeschrittene Tumorstadium zum Zeitpunkt der Diagnosestellung mit früher regionärer lymphatischer Metastasierung bzw. Tumorausbreitung per continuitatem in benachbarte Strukturen zurückzuführen. Erschwerend kommen insbesondere bei den Patienten mit Plattenepithelkarzinomen der häufig betriebene Alkoholabusus und die Assoziation mit einem niedrigen sozioökonomischen Status [20,50] hinzu. Die dadurch bedingte oft ausgeprägte Komorbidität durch Malnutrition und alkoholtoxische Organschäden verschlechtert die Therapiemöglichkeiten und somit die Prognose. Die Compliance vieler betroffener Patienten ist ebenfalls kritisch zu beurteilen. Letztlich sind aufgrund von Tumorlokalisation, Tumorausdehnung und individuellen Patientenmerkmalen selbst bei günstigster Sicht maximal 50 – 60 % aller diagnostizierten Ösophaguskarzinome prognostisch sinnvoll resektabel [50]. Die 5-Jahres-Überlebensrate von Patienten mit einem resektablen Tumor nach Therapie wird zudem in der Literatur mit nur 20 – 30 % angegeben [41,79]. In Deutschland liegt die relative 5-Jahres-Überlebensrate von Patienten mit Ösophaguskarzinom derzeit bei etwa 11 % für Männer und bei etwa 8 % für Frauen [138]. Damit haben sich die Überlebensaussichten für Patienten mit Speiseröhrenkrebs in den letzten Jahren nur geringfügig verbessert. Betrachtet man jedoch die 5-JahresÜberlebensrate differenziert nach den Tumorstadien bei der Erstdiagnose, so ergibt sich 23 1 Einleitung ______________________________________________________________ eine erhebliche Diskrepanz zwischen den erhobenen Daten. So konnte nach kompletter chirurgischer Tumorentfernung im Stadium 0 eine 5-Jahres-Überlebensrate von 95 %, im Stadium I eine von bis zu 80 % erzielt werden [13,67,72,73]. Hingegen wiesen Patienten mit einem Ösophaguskarzinom im Stadium IV nach Chemotherapie mit palliativer Radiotherapie eine mittlere Überlebenszeit von weniger als einem Jahr auf. [49,72,165]. Die altersstandardisierte Mortalitätsrate für den Speiseröhrenkrebs (ICD9: 150) betrug im Jahr 2000 in Deutschland 6,96 je 100.000 Einwohner für die Männer und 1,39 pro 100.000 für die Frauen. Bei der Betrachtung der Altersverteilung der Patienten mit Speiseröhrenkrebs ist eine sprunghafte Zunahme der Mortalität ab einem Alter von 45 Jahren zu beobachten mit höchster altersspezifischer Mortalitätsrate in der Gruppe der Patienten in der Altersstufe der 60- bis unter 75-Jährigen [138]. Die Prognose jüngerer Patienten (jünger als 50 Jahre) unterscheidet sich dabei nicht von derjenigen älterer Patienten [131]. Der Anteil dieser Erkrankung im Jahr 2000 an den Krebstodesfällen in Deutschland ist mit 2,9 % bei den Männern und 0,9 % bei den Frauen deutlich höher im Vergleich zu dem Anteil des Speiseröhrenkrebses an allen bösartigen Neubildungen von < 2 % für die Männer bzw. 0,5 % bei den Frauen. Aufgrund der ungünstigen Prognose bedeutet dies eine deutlich höhere Sterberate im Vergleich zur Erkrankungsrate. So nimmt das Ösophaguskarzinom bezogen auf die Inzidenz Platz 13 bei den Männern und Platz 17 bei den Frauen ein, liegt hingegen bezogen auf die Krebssterbefälle deutlich weiter vorn auf Platz 10 bei den Männern und Platz 15 bei den Frauen [138]. 24 2 Zielsetzung ______________________________________________________________ 2 Zielsetzung Die meisten Ösophaguskarzinome werden erst in einem fortgeschrittenen Tumorstadium mit folglich niedriger Überlebensrate diagnostiziert. Da eine Heilung und Verbesserung der Lebenserwartung nur in den Frühstadien erreicht werden kann, spielt die Frühdiagnose eine zentrale Rolle bei der Behandlung des Ösophaguskarzinoms. Anamnese und körperlicher Untersuchungsbefund sind in den Anfangsstadien häufig unauffällig, so daß den Screeningverfahren eine besondere Bedeutung zukommt. Aufgrund der niedrigen Inzidenz des Speiseröhrenkrebses in Deutschland scheint vor allem eine Untersuchung von Risikopatienten sinnvoll zu sein. Bei der Definition dieser Risikokollektive stehen in Deutschland der Alkoholkonsum und das Tabakrauchen als zwei unabhängige Risikofaktoren für die Entwicklung eines Ösophaguskarzinoms im Vordergrund. Im Falle eines gleichzeitigen Alkohol- und Nikotinabusus - wie von den meisten Menschen mit Alkoholabhängigkeit betrieben – ist sogar ein synergistischer Effekt mit multiplikativer Zunahme des Ösophaguskarzinomrisikos Screeningverfahrens stellt sich die zu erwarten. konventionelle Bei der Endoskopie Auswahl des des oberen Verdauungstraktes als Methode der ersten Wahl dar, jedoch entgehen dem Untersucher nicht selten einige präkanzeröse oder frühe kanzeröse Schleimhautläsionen als sogenannte occulte Veränderungen. Additive chromoendoskopische Verfahren können die Sensitivität der konventionellen Endoskopie hinsichtlich der Detektion bereits kleinster neoplastischer Läsionen erheblich steigern. Als Farbstoff eignet sich dabei besonders die Lugol´sche Lösung, da mehr als 90 % der neoplastischen Neubildungen des Ösophagus in Mitteleuropa histologisch als epitheliale Tumoren klassifiziert werden, wovon die Plattenepithelkarzinome ihrerseits mit 80 – 90 % den größten Anteil bilden. Die JodKaliumjodid-Lösung reagiert dabei mit dem Glykogen des Plattenepithels. Auf diese Weise werden dysplastische und karzinomatöse Areale wegen ihres geringen oder fehlenden Glykogengehaltes als geringfügig oder gar nicht gefärbte Areale erkennbar. Bereits kleinste neoplastische Veränderungen können somit frühzeitig detektiert und prognostisch günstig therapiert werden. In Hinblick auf den nicht unerheblichen Prozentsatz alkoholassoziierter oder durch Malnutrition verursachter Begleiterkrankungen bzw. der eingeschränkten Compliance des betroffenen Patientenkollektivs, können zudem weniger invasive und organerhaltende Therapieverfahren eingesetzt werden. So bieten sich bei klar abgrenzbaren präkanzerösen Läsionen und auch bei Frühmalignomen des 25 2 Zielsetzung ______________________________________________________________ Ösophagus in kurativer Absicht beispielsweise die endoskopische Mukosektomie, die photodynamische Therapie oder thermoablative Verfahren an. Trotz aller bekannten positiven Eigenschaften der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung als nebenwirkungsarme, kostengünstige, schonende und effektive Methode hat dieses Verfahren bis dato in Mitteleuropa allerdings noch keinen Eingang in die Routineendoskopie gefunden. Insbesondere als Screeninguntersuchung von Risikokollektiven für die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus scheint sich dieses additive Verfahren jedoch anzubieten. Das Ziel dieser Arbeit stellt somit die Abklärung der diagnostischen Wertigkeit und klinischen Relevanz der additiven Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung in Hinblick auf die Frühdiagnostik von Ösophaguskarzinomen und deren Vorstufen bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit dar. Als weitere Fragestellung interessiert eine mögliche Selektion besonders gefährdeter Subgruppen innerhalb der Alkoholabhängigen, die speziell von einer Früherkennung profitieren könnten. Mittels einer ausführlichen Erhebung der klinischen Patientendaten und individuellen Risikokonstellationen wird eine Charakterisierung jener Patientengruppe angestrebt. 26 3 Methodik ______________________________________________________________ 3 Methodik 3.1 Patientenkollektiv Insgesamt 229 konsekutive Patienten mit Alkoholabhängigkeit aus dem stationären Bereich der Medizinischen Klinik I der Universitätsklinik Marienhospital Herne bzw. der Medizinischen Klinik der Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen wurden von Oktober 1997 bis Oktober 2004 mittels konventioneller Ösophagogastroduodenoskopie und anschließender Chromoendoskopie des Ösophagus mit Lugol´scher Lösung untersucht. Sämtliche Patienten bedurften aus verschiedenen medizinischen Gründen einer Endoskopie des oberen Gastrointestinaltraktes und erteilten nach entsprechender Aufklärung zu der endoskopischen Untersuchung einschließlich Chromoendoskopie schriftlich ihr Einverständnis. Die Alkoholabhängigkeit als das entscheidende Einschlußkriterium für die Durchführung der Chromoendoskopie wurde anhand der Klassifikationskriterien des USamerikanischen DSM-IV-Systems festgelegt [92,140,145], welches in Anbetracht der Studienlage in Deutschland ausgewählt wurde. Dieses „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ wurde 1994 in der vierten Revision (DSM IV) von der American Psychiatric Association veröffentlicht mit dem Ziel, klare Beschreibungen diagnostischer Kategorien zu treffen. Auf diese Weise sollen Kliniker und Forscher in die Lage versetzt werden, bestimmte psychische Störungen zu diagnostizieren und sich über sie zu verständigen [145]. Gemäß dieser Klassifikation werden jene Patienten als alkoholabhängig eingestuft, die mindestens 3 der aufgeführten 7 Kriterien erfüllen: • Toleranzentwicklung, definiert durch eines der folgenden Kriterien : - Verlangen nach ausgeprägter Steigerung der Alkoholmenge, um einen Intoxikationszustand oder erwünschten Effekt herbeizuführen - deutlich verminderte Wirkung bei fortgesetztem Konsum derselben Alkoholmenge • Entzugssymptome - charakteristisches Entzugssyndrom - Alkohol wird getrunken, um Entzugssymptome zu lindern oder zu vermeiden • Alkohol wird häufig in größeren Mengen oder länger als beabsichtigt konsumiert 27 3 Methodik ______________________________________________________________ • Anhaltender Wunsch oder erfolgloser Versuch, den Alkoholgenuß zu verringern oder zu kontrollieren • Hoher Zeitaufwand für die Besorgung oder den Genuß alkoholischer Getränke oder für die Erholung von ihrer Wirkung • Wichtige soziale, berufliche oder Freizeitaktivitäten werden aufgrund des Alkoholmißbrauchs aufgegeben oder eingeschränkt • Fortgesetzter Alkoholmißbrauch trotz Kenntnis eines anhaltenden oder wiederkehrenden körperlichen oder psychischen Problems, das wahrscheinlich durch den Alkoholmißbrauch verursacht oder verstärkt wurde 3.1.1 Anamneseerhebung Neben den allgemeinen Angaben wie Name, Geburtsdatum und Geschlecht des jeweiligen Patienten wurde besonderer Wert auf die anamnestische Exploration gelegt: 1. In Bezug auf die Langzeitanamnese der Patienten wurden vor allem gastrointestinale Vorerkrankungen erfragt. 2. Die Bestimmung des Risikoprofils hinsichtlich der Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus erforderte die Erhebung der folgenden Daten: Als prokarzinogene Faktoren wurden erfragt: • Menge, Häufigkeit und Art des konsumierten Alkohols • Dauer des Alkoholkonsums in Jahren • Menge, Häufigkeit und Art des Tabakkonsums • Dauer des Tabakkonsums in Jahren • Tumorleiden des oberen Aerodigestivtraktes (falls vorbekannt) • Tumorleiden anderer Lokalisation einschließlich Therapieregime Als mögliche protektive Faktoren wurden festgehalten: • Die Einnahme von acetylsalicylsäurehaltigen bzw. anderen nichtsteroidalen Antirheumatika (Wirkstoff, Dosis und Dauer der eingenommenen Medikation) • Eine ausgewogene Ernährung mit regelmäßiger Zufuhr von Gemüse und Früchten 28 3 Methodik ______________________________________________________________ 3. Alle Patienten wurden bezüglich ihrer aktuellen Beschwerden befragt. In Hinblick auf mögliche Symptome eines Ösophaguskarzinoms wurde eine genaue Exploration zum Vorliegen folgender Beschwerden vorgenommen: • Dysphagie • Schmerzen retrosternal / im Rücken • Schmerzen im rechten Oberbauch • Regurgitation • Erbrechen • Hämatemesis • Appetitlosigkeit • Gewichtsverlust • Abgeschlagenheit • Leistungsminderung • Übler Mundgeschmack • Schluckabhängiger Hustenreiz • Heiserkeit • Ikterus • Fieber • Retrosternales Brennen 3.1.2 Erhebung des körperlichen Untersuchungsbefundes Der anamnestischen Exploration folgte eine gründliche körperliche Untersuchung mit besonderer Berücksichtigung der alkoholtoxisch bedingten Schädigungszeichen. Inspektorisch erfuhren dabei speziell die Leberhautzeichen, Ikterus bzw. Zeichen einer hormonellen Störung Beachtung. Bei der Palpation wurden neben einer Hepato- und/oder Splenomegalie das Vorliegen von Aszites und peripheren Ödemen als Ausdruck der portalen Hypertension dokumentiert. Besonderes Augenmerk galt auch den Anzeichen eines (fortgeschrittenen) Abschließend wurde der Ösophaguskarzinoms Lymphknotenstatus, supraclaviculären Lymphknoten festgehalten. 29 wie Kachexie insbesondere oder der Pleuraerguß. cervikalen und 3 Methodik ______________________________________________________________ 3.2 Analysekriterien der anamnestischen und klinischen Patientendaten Die Auswertung der erhobenen anamnestischen und klinischen Patientendaten zielte auf die genaue Charakterisierung des Patientenkollektivs ab. Eine zentrale Rolle spielte die Erfassung der Risikofaktoren sowie deren Ausprägungs- bzw. Schweregrad. Zu diesem Zweck erfolgte eine Kategorisierung der Patienten anhand der nachfolgend dargestellten Kriterien. 3.2.1 Biographische Patientendaten Dokumentiert wurden die Anzahl der Patienten, weiterhin die Altersverteilung der Patienten mit Angabe des jeweils jüngsten und ältesten Patienten, sowie das Durchschnittsalter errechnet als Durchschnitt der Altersangaben + der einfachen Standardabweichung. Alle Daten wurden sowohl für das Gesamtkollektiv, als auch nach Geschlechtern getrennt festgehalten. Um eine noch bessere Übersicht über das Patientenkollektiv hinsichtlich der Altersverteilung zu erzielen, erfolgte eine Unterteilung in 3 Altersgruppen. Dabei umfaßt die Gruppe 1 die Patienten bis 40 Jahre, die in Hinblick auf eine Alkoholabhängigkeit als jüngeres bis mittleres Patientenalter zu charakterisieren sind. Der Gruppe 2 wurden die 40 – 65-Jährigen zugeordnet, die altersgemäß als noch erwerbsfähig zu gelten haben, während in Gruppe 3 jene Patienten eingestuft wurden, die zum Untersuchungszeitpunkt älter als 65 Jahre waren: 3.2.2 Gruppe 1 < 40 Jahre Gruppe 2 > 40 - 65 Jahre Gruppe 3 > 65 Jahre Alkoholkonsum Nach den Angaben der Patienten zu Art, Häufigkeit und Menge des Alkoholkonsums wurde die verzehrte Alkoholmenge in Gramm pro Tag errechnet. So wurde über die Angabe der Alkoholkonzentration in Volumenprozent die Äthanolmenge in Milliliter pro Milliliter des verzehrten alkoholischen Getränkes ermittelt und schließlich unter Einbeziehung der Dichte 0,789 g/cm³ die Äthanolmenge in Gramm pro Milliliter nach folgenden Formeln bestimmt: 30 3 Methodik ______________________________________________________________ Äthanolmenge in Milliliter pro Milliliter eines alkoholischen Getränkes = Äthanolkonzentration in Volumenprozent dividiert durch 100 Anschließend wurde die Masse in Gramm als Produkt des Volumens in Milliliter und der Dichte (0,789 g/cm³) berechnet: Äthanolmenge in Gramm pro Milliliter eines alkoholischen Getränkes = Äthanolmenge in Milliliter pro Milliliter multipliziert mit der Dichte (0,789 g/cm³) Entsprechend der Angabe über die Menge und Art der zugeführten alkoholischen Getränke pro Tag wurde die verzehrte Alkoholmenge pro Tag errechnet: Äthanolmenge in Gramm pro Tag = Äthanolmenge in Gramm pro Milliliter multipliziert mit dem angegebenen Volumen des entsprechenden verzehrten alkoholischen Getränkes in Millilitern pro Tag Bei unregelmäßiger Alkoholaufnahme wurde die angegebene Alkoholmenge, die in der Zeiteinheit X Tage konsumiert wurde, durch die entsprechende Anzahl X der Tage dividiert und somit der tägliche Alkoholkonsum bestimmt. Den teils erheblichen Variationen des Äthanolgehaltes verschiedener alkoholischer Getränke desselben Herstellungsverfahrens wurde durch die Wahl eines mittleren Alkoholgehaltes für die Auswertung Rechnung getragen. Der zugrunde gelegte Alkoholgehalt der verschiedenen Getränke ist in Tabelle 3.1 zu ersehen. Dabei wurde aufgrund der breiten Spanne der enthaltenen Alkoholmenge noch zwischen Likör mit einer mittleren Alkoholkonzentration von 20 Vol-%, entsprechend 158 g Äthanol pro 1000 ml und Kräuterlikör mit 35 Vol-%, entsprechend 276 g pro 1000 ml unterschieden. 31 3 Methodik ______________________________________________________________ Tab. 3.1 Zugrunde gelegter mittlerer Alkoholgehalt verschiedener Getränke Mittlerer zugrunde gelegter Alkoholgehalt Äthanolkonzentration Äthanolmenge Äthanolmenge (%vol/vol) (Milliliter) (Gramm) in 1 ml in 1 ml Bier 4 0,04 0,032 Wein 12 0,12 0,095 Sekt 10 0,10 0,079 Likör 20 0,20 0,158 Kräuterlikör 35 0,35 0,276 Weinbrand 38 0,38 0,300 Schnaps 40 0,40 0,316 Whisky 40 0,40 0,316 Wodka 40 0,40 0,316 Zunächst wurde zur Beschreibung des Patientenkollektivs eine Einteilung gestaffelt nach der errechneten täglich konsumierten Alkoholmenge in Gramm gewählt. Der untere Grenzwert wurde dabei mit 30 g für die männlichen Patienten und 20 g Alkohol pro Tag für die weiblichen Patienten in Anlehnung an die Richtlinien der British Medical Association festgelegt [17]. Demnach werden als Empfehlung für den risikoarmen Alkoholkonsum weniger als 21 Getränkeeinheiten pro Woche für Männer, entsprechend maximal ca. 30 g Alkohol pro Tag, sowie 14 Getränkeeinheiten für Frauen, entsprechend maximal ca. 20 g reinen Alkohol für Frauen angenommen. Die Gruppe 4 bleibt den Patienten vorbehalten, die beispielsweise aufgrund von schwersten alkoholtoxischen Schäden wie Entwicklung einer Enzephalopathie nicht in der Lage sind, Aussagen über ihren Alkoholkonsum zu treffen. Die folgende Unterteilung wurde zur Beschreibung des täglichen Alkoholkonsums gewählt: Gruppe 1 (20 *) 30 – 100 g Alkohol pro Tag Gruppe 2 > 100 Alkohol pro Tag Gruppe 3 > 200 g Gruppe 4 Keine Angaben – 200 g Alkohol pro Tag * Wert in Klammern entspricht dem niedrigeren Grenzwert für die weiblichen Patienten 32 3 Methodik ______________________________________________________________ In Anlehnung an Bühringer und Mitarbeiter [21] erfolgte anschließend eine Eingruppierung der Patienten anhand der errechneten täglich konsumierten Alkoholmenge in Gramm während der letzten 12 Monate. Hierbei wurde der höheren Empfindlichkeit der Frauen bezüglich der Alkoholtoxizität bereits mittels niedrigerer Grenzwerte Rechnung getragen. Während Bühringer et al. eine Konsumgruppeneinteilung in Abstinenz, risikoarmen Konsum, sowie riskanten Konsum, gefährlichen Konsum und schließlich Hochkonsum vornehmen, wurde für diese Arbeit noch eine weitere Gruppe für Patienten gebildet, bei denen eine Anamneseerhebung nicht möglich war. In Bezug auf die Fragestellung dieser Arbeit wurden Patienten mit einem risikoarmen Alkoholkonsum, definiert als täglicher Alkoholkonsum von > 0 bis 30 g bei den Männern und > 0 bis 20 g Alkohol pro Tag bei den Frauen, ausgeschlossen, so daß sich modifiziert nach Bühringer et al. die folgende Einteilung ergab: Alkoholmenge in Gramm pro Tag Konsumgruppe Männer Frauen Gruppe 1 riskanter Konsum > 30 bis 60 g > 20 bis 40 g Gruppe 2 gefährlicher Konsum > 60 bis 120 g > 40 bis 80 g Gruppe 3 Hochkonsum > 120 g > 80 g Gruppe 4 keine Angaben über den Alkoholkonsum eruierbar Zusätzlich wurde der Alkoholindex errechnet, in den neben der zugeführten Alkoholmenge pro Tag auch die Dauer des Konsums eingeht. Diese Berechnung berücksichtigt somit eine weitere Komponente und führt zu einer genaueren Darstellung des betriebenen Alkoholabusus. Es wurde folgende Formel angewandt: Alkoholindex = Alkoholkonsum pro Tag in Gramm multipliziert mit der Dauer des Alkoholkonsums in Jahren Entsprechend der Gliederung der Konsumgruppen bzw. des täglichen Alkoholkonsums erfolgte auch für den Alkoholindex eine Unterteilung in 4 Gruppen. In Gruppe 4 flossen analog zur täglichen Alkoholmengenberechnung jene Patienten ein, die aufgrund schwerster alkoholtoxischer Schädigungen nicht in der Lage waren, Aussagen bezüglich ihres Alkoholkonsums zu treffen. Bei unregelmäßigem Alkoholkonsum wurde wie oben beschrieben zunächst der umgerechnete täglich aufgenommene Alkohol in Gramm pro Tag 33 3 Methodik ______________________________________________________________ errechnet (aufgenommene Alkoholmenge in der Zeiteinheit X Tage dividiert durch X Tage) und dann mit der Dauer des Alkoholkonsums in Jahren multipliziert. Bei fehlenden vergleichbaren Daten wurde bei dieser Einteilung auf eine geschlechtsabhängige Differenzierung der Grenzwerte verzichtet. Die Gruppeneinteilung anhand des Alkoholindex erfolgte detailliert wie aufgeführt: Gruppe 1 20 – 2000 Alkohol-Jahre Gruppe 2 >2000 – 4000 Alkohol-Jahre Gruppe 3 >4000 Alkohol-Jahre Gruppe 4 keine Angaben zum Alkoholkonsum eruierbar Wie von einigen Autoren [149,160,174,189] postuliert, scheint auch die Art der alkoholischen Getränke Einfluß auf die Organschädigung zu haben, so daß auch die konsumierten Alkoholikasorten berücksichtigt wurden. Aus diesen Daten resultierte eine Unterteilung der Patienten in Konsumenten von Bier, Wein und Schaumwein sowie Spirituosen. Patienten, die alkoholische Getränke verschiedener Arten zu sich nahmen, wurden nach dem am häufigsten konsumierten Getränk bewertet und entsprechend eingruppiert: 3.2.3 Kategorie 1 Bierkonsum Kategorie 2 Wein- und Schaumweinkonsum Kategorie 3 Spirituosenkonsum Kategorie 4 Keine Angaben zum Alkoholkonsum eruierbar Leberveränderungen Als Index zur Abschätzung der ethyltoxischen Organschäden wurde die Leber als das markante Stoffwechselorgan ausgewählt. Die Leberveränderungen ließen sich mittels der regelhaft durchgeführten Sonographie des Abdomens, der laborchemischen Untersuchung sowie der fallbezogenen, indizierten, sonographisch gesteuerten Leberpunktion bezüglich morphologischer und funktioneller Parameter gut beurteilen. Die Child-Pugh-Kriterien wurden zur weiteren Klassifikation der Leberzirrhose nach Schweregrad A – C angewandt (Tab. 3.2). 34 3 Methodik ______________________________________________________________ Tab. 3.2 Einteilung der Schweregrade der Leberzirrhose unter Berücksichtigung der Child-Pugh-Klassifikation Kriterium Albumin i. S. 1 Punkt 2 Punkte 3 Punkte > 3,5 2,8 – 3,5 < 2,8 < 2,0 2,0 – 3,0 > 3,0 > 70 40 -70 < 40 Kein Leichtgradig Mittelgradig 0° I°-II° III°-IV° (g/dl) Bilirubin i. S. (mg/dl) Quick (%) Aszites (sonographisch) Enzephalopathie Addition der Punkte: Child A = 5 – 6 Punkte Child B = 7 – 9 Punkte Child C = > 10 Punkte Gemäß dem Schweregrad der nachgewiesenen Lebererkrankung resultierte die Einteilung in Patientengruppen. Das Spektrum der Leberveränderungen reichte dabei von der als unauffällig beurteilten Leber bis hin zur Leberzirrhose. Als Sonderfälle wurden die zusätzlich detektierten, fokalen malignen Veränderungen wie das Hepatozelluläre Karzinom bzw. Metastasen anderer Primärtumoren betrachtet und der Gruppe 5 zugeordnet. Nach den genannten Kriterien ergab sich folgende Einteilung: Gruppe 1 Keine nachweisbaren Leberveränderungen Gruppe 2 Steatosis hepatis Gruppe 3 alkoholische Steatohepatitis Gruppe 4 mikronoduläre Leberzirrhose aufgeschlüsselt nach Schweregrad A - C nach Child-Pugh Gruppe 5 maligne Veränderungen 35 3 Methodik ______________________________________________________________ 3.2.4 Nikotinkonsum Bei der Dokumentation des Nikotinkonsums wurde ähnlich wie bei der Beurteilung des Alkoholkonsums verfahren. So interessierte zunächst die Anzahl der täglich gerauchten Zigaretten mit Bildung entsprechender Patientengruppen. Nichtraucher wurden der Gruppe 0 zugeordnet. Dabei galten auch jene Patienten als Nichtraucher, die seit 20 Jahren eine Nikotinkarenz einhielten. Patienten, die beispielsweise aufgrund schwerster alkoholtoxischer Schäden nicht in der Lage waren, ihren Nikotinkonsum anzugeben, wurden gemäß dieser Einteilung der Gruppe 4 zugerechnet. Gruppe 5 faßt Patienten zusammen, die eine andere Tabakart konsumierten. Aus diesen Daten ergibt sich folgende Gruppeneinteilung: Gruppe 0 Nichtraucher Gruppe 1 1 – 20 Zigaretten pro Tag Gruppe 2 > 20 - 40 Zigaretten pro Tag Gruppe 3 > 40 Zigaretten pro Tag Gruppe 4 keine Angaben zum Nikotinkonsum eruierbar Gruppe 5 andere Art des Tabakkonsums Anschließend erfolgte analog zum Alkoholindex die Berechnung der pack-years nach der Formel pack-years = Anzahl der gerauchten Zigarettenpackungen pro Tag multipliziert mit der Anzahl der Jahre des Tabakkonsums Jeweils 20 Zigaretten wurden dabei als eine Zigarettenpackungseinheit gewertet. Gruppe 0 besteht auch hier aus Nichtrauchern bzw. Patienten mit mehr als 20-jähriger Nikotinkarenz. Analog zur Unterteilung des täglichen Nikotinkonsums wurden Patienten, die nicht in der Lage waren, ihren Nikotinkonsum anzugeben, der Gruppe 4 zugerechnet. Der Konsum einer anderen Tabakart führte zur Einteilung in Gruppe 5. Aus diesen Daten ergibt sich folgende Gliederung: 36 3 Methodik ______________________________________________________________ 3.2.5 Gruppe 0 Nichtraucher Gruppe 1 1 – 20 Gruppe 2 > 20 - 40 pack-years Gruppe 3 > 40 Gruppe 4 keine Angaben zum Nikotinkonsum eruierbar Gruppe 5 andere Art des Tabakkonsums pack-years pack-years Weitere Risikofaktoren Die weiteren erfaßten Daten trugen den übrigen bekannten Risikofaktoren in Hinblick auf die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus Rechnung. Insbesondere fanden Tumore des oberen Aerodigestivtraktes, als auch vorbekannte und vorbehandelte Tumore anderer Lokalisationen Beachtung. Dabei wurde Augenmerk auf eine stattgehabte Radiotherapie des Thorax als kanzerogene Kondition gelegt. Andere Risikofaktoren wie die Achalasie oder das Ösophagusdivertikel wurden ebenfalls beleuchtet. Als prädisponierendes familiäres Syndrom interessierte die nonepidermolytische palmoplantare Keratodermie, die sich auch durch Hyper- oder Parakeratosen der Mundschleimhaut und der Handflächen/Fußsohlen äußert. Jene Erkrankungen mit gering ausgeprägtem kanzerogenem Effekt hinsichtlich des Speiseröhrenkrebses bzw. mit bisher fehlender Bestätigung in prospektiven Verlaufsstudien erfuhren keine weitere Betrachtung. 3.2.6 Protektive Faktoren Zur Dokumentation der protektiven Parameter bezüglich der Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus wurde die Einnahme von nichtsteroidalen Analgetika (NSAR) hinsichtlich Wirkstoff, Dosis und Dauer der Verwendung erfragt. Wie einige Publikationen belegen, scheint die präventive Potenz der Acetylsalicylsäure in Bezug auf das Ösophaguskarzinom etwas größer zu sein als die der übrigen NSAR, so daß entsprechend zwischen der Einnahme von Acetylsalicylsäure und von nicht- acetylsalicylsäurehaltigen NSAR unterschieden wurde. Weiterhin wird in der Literatur sowohl für Acetylsalicylsäure als auch andere NSAR mit zunehmender Einnahmehäufigkeit eine verstärkte Ösophaguskarzinomprotektion beschrieben. In Anlehnung an die Literaturangaben wurden Patienten mit gelegentlicher Einnahme von Acetylsalicylsäurepräparaten bzw. anderer NSAR gesondert von denjenigen Patienten mit 37 3 Methodik ______________________________________________________________ einem regelmäßigen Gebrauch betrachtet. Dabei wurde als gelegentliche Einnahme die Verwendung eines NSAR als Bedarfsmedikation zur Schmerzbekämpfung in den letzten 30 Tagen vor dem Befragungs-/Untersuchungszeitpunkt von dem regelmäßigen Gebrauch eines NSAR in den vergangenen 6 Monaten unterschieden. Patienten, die keine NSAR verwendeten oder bei sporadischer Bedarfsmedikation in den vergangenen 30 Tagen kein NSAR-Präparat eingenommen hatten, wurden zu einer Gruppe zusammengefaßt. Die Einteilung erfolgte somit in 6 Kategorien: Kategorie 1 umfaßt jene Patienten, die kein NSAR einschließlich Acetylsalicylsäure einnahmen, in Kategorie 2 sind Patienten eingruppiert, die gelegentlich Acetylsalicylsäure zu sich nahmen. In die Kategorie 3 wurden Patienten mit einer regelmäßigen Acetylsalicylsäure-Medikation eingeordnet. Aufgrund der verschiedenen Hypothesen zum Wirkmechanismus der NSAR mit unter anderem auch homöopathischem Erklärungsansatz wurden 3 Untergruppen eingeführt, die sich auf die jeweilige Dosierung des Acetylsalicylsäure-Präparates beziehen. Kategorie 4 enthält die Daten jener Patienten, die ein nichtsteroidales Analgetikum ohne den Wirkstoff Acetylsalicylsäure gelegentlich einnahmen, Kategorie 5 umfaßt die Daten der Patienten mit regelmäßiger Einnahme eines nichtsteroidalen Analgetikums ohne den Wirkstoff Acetylsalicylsäure und in Kategorie 6 wurden jene Patienten eingeordnet, die keine Aussagen zur Vormedikation aufgrund von mnestischen Störungen treffen konnten. Patienten mit einem Analgetikaabusus wurden gemäß der eingenommenen Wirkstoffe und der Häufigkeit der Einnahme in die entsprechende Kategorie eingeteilt. Patienten, die sowohl Acetylsalicylsäure, als auch andere NSAR verwendeten, wurden der Kategorie der Acetylsalicylsäure-Medikation als potentiell stärker protektives Medikament zugeordnet: Kategorie 1 keine Einnahme eines NSAR einschließlich Acetylsalicylsäure Kategorie 2 gelegentliche Einnahme eines Acetylsalicylsäure-Präparates Kategorie 3 2a 100 mg Acetylsalicylsäure/ die 2b 300 mg Acetylsalicylsäure/ die 2c > 500 mg Acetylsalicylsäure/ die regelmäßige Einnahme eines Acetysalicylsäure-Präparates 3a 100 mg Acetylsalicylsäure/ die 3b 300 mg Acetylsalicylsäure/ die 3c > 500 mg Acetylsalicylsäure/ die Kategorie 4 gelegentliche Einnahme nicht-acetylsalicylsäurehaltiger NSAR Kategorie 5 regelmäßige Einnahme nicht-acetylsalicylsäurehaltiger NSAR Kategorie 6 keine Angaben zu erhalten 38 3 Methodik ______________________________________________________________ Als weiteres protektives Element wurden retrospektiv die Ernährungsgewohnheiten der Patienten besonders hinsichtlich des regelmäßigen Verzehrs von Gemüse und Früchten erfragt. 3.2.7 Symptome und Aufnahmediagnosen Ein besonderes Augenmerk galt auch der Analyse von Symptomen und Erkrankungen, die zur stationären Behandlung bzw. zur endoskopischen Diagnostik geführt hatten. Das Interesse galt dabei insbesondere der Überprüfung, wie häufig „charakteristische“ Symptome bei Patienten mit Ösophaguskarzinomen und zwar besonders mit Ösophagusfrühkarzinomen zu registrieren waren. Vergleichend sollte festgestellt werden, wie viele Personen ohne Anhalt für ein Ösophaguskarzinom unter ähnlichen bzw. gleichen Symptomen litten. Weiterhin wurden alle Hinweise auf Erkrankungen beachtet, die in Zusammenhang mit einer Alkoholabhängigkeit stehen und somit als richtungsweisend für den Grad einer toxischen Schädigung des jeweiligen Patienten betrachtet werden können. Dazu wurden die Symptome und Aufnahmediagnosen aufgeschlüsselt und anschließend in 3 Kategorien unterteilt. Kategorie 1 wurde für jene Patienten gebildet, deren Symptome durch ein Ösophaguskarzinom erklärbar wären. Die unmittelbar alkoholassoziierten Erkrankungen wurden zusammengefaßt zur Kategorie 2. Die weiteren Diagnosen, die unabhängig von der Alkoholkrankheit zu werten sind, wurden in Kategorie 3 eingeordnet. Hinsichtlich des Diabetes mellitus wurde unterschieden in einen pankreopriven Diabetes mellitus (Klasse 3) bei Patienten mit endokriner ethyltoxisch bedingter Pankreasinsuffizienz, der der Kategorie 2 zugeordnet wurde, und in den Diabetes mellitus Typ 1 oder 2, der der Kategorie 3 zugerechnet wurde. Lagen mehrere Krankheitsbilder bei einem Patienten vor, wurde als führendes Kriterium zunächst das Vorliegen möglicher Symptome eines Ösophaguskarzinoms überprüft, dann bestehende Hinweise auf eine alkoholassoziierte Erkrankung und bei Ausschluß dieser Kriterien eine Einordnung in Kategorie 3 vorgenommen: Kategorie 1 Symptome oder Aufnahmediagnosen, die mit einem Ösophaguskarzinom in Einklang stehen könnten Kategorie 2 Symptome oder Aufnahmediagnosen, die unmittelbar mit der Alkoholabhängigkeit in Zusammenhang stehen Kategorie 3 Symptome oder Aufnahmediagnosen ohne direkten Bezug zu einem Ösophaguskarzinom oder zu einer Alkoholabhängigkeit 39 3 Methodik ______________________________________________________________ 3.3 Untersuchungsmethoden Der Untersuchungsablauf erfolgte nach dem Schema: 1. Konventionelle Ösophagogastroduodenoskopie einschließlich der deskriptiven Dokumentation der makroskopisch auffälligen Schleimhautläsionen 2. Chromoendoskopie des Ösophagus mit Lugol´scher Lösung einschließlich der histologischen Aufarbeitung der gewonnenen Biopsien aus den ungefärbten Schleimhautarealen 3.3.1 Konventionelle Ösophagogastroduodenoskopie 3.3.1.1 Durchführung Zum Einsatz kamen Glasfiberendoskope (GIF Q 10, GIF Q2 T10, GIF 1 T 20, GIF 1 T 10) und Videoendoskope (GIF Q 140, GIF 1 T 140 ) der Firma Olympus, Hamburg. Alle Patienten erhielten standardmäßig einen transvenösen Zugang, durch den soweit nötig bzw. gewünscht die entsprechende Prämedikation verabreicht werden konnte. Als Sedativa kamen nach Ausschluß von Kontraindikationen Midazolam und Propofol zum Einsatz. Im Einzelfall wurde auch das Spasmolytikum Butylscopolamin intravenös injiziert. Der Einsatz von Propofol erfolgte ausschließlich unter Kreislaufmonitoring und Atmungsüberwachung mittels Pulsoxymetrie sowie in Anwesenheit eines weiteren intensivmedizinisch geschulten Arztes. Für die Endoskopie wurde die transorale Intubation unter Verwendung eines Beißringes zum Geräteschutz gewählt. Nach Einführen des Endoskops erfolgte zunächst eine Inspektion des Larynx und der einsehbaren Hypopharynxabschnitte, sodann die Passage des oberen Ösophagussphinkters. Distal des oberen Ösophagussphinkters wurde die Speiseröhre durch Einspritzen von 20 ml destilliertem Wasser über den Arbeitskanal gespült. Es folgte die genaue Inspektion der Ösophagusschleimhaut auf vorhandene Schleimhautveränderungen, wie Plaques- oder Knötchenbildung, Hyperämie, Erosionen, Ulzerationen, Rötung, kleine Erhabenheiten oder Ösophaguslumenstenosierung bzw. -verziehung als mögliche endoskopische Kriterien einer Dysplasie oder malignen 40 3 Methodik ______________________________________________________________ Entartung [34]. Soweit es die Methode zuließ, wurde zusätzlich die Motilität des Ösophagus bzw. Suffizienz des unteren Ösophagussphinkters beurteilt. Es folgte das Vorschieben des Gerätes unter Sicht bis in die Pars descendens duodeni. Duodenum und Magen wurden dabei in konventioneller Weise beim Rückzug des Endoskops beurteilt und besondere Aufmerksamkeit auf alkoholassoziierte Veränderungen als Ausdruck der alkoholtoxischen Schädigung des oberen Gastrointestinaltraktes gelegt: Insbesondere wurden Folgeerscheinungen der portalen Hypertension wie Varizenbildung oder eine hypertensive Gastro- und Duodenopathie dokumentiert, ebenso morphologische Stigmata der direkten Schleimhautschädigung durch den Alkohol wie die (hämorrhagische) Gastritis und Duodenitis sowie das Vorliegen einer Refluxösophagitis. Dem Zusammenhang des Mallory-Weiss-Syndroms mit einer Alkoholkrankheit wurde ebenfalls Rechnung getragen. Der Soorbefall des Ösophagus als Ausdruck einer Abwehrschwäche, wie sie bei vielen Alkoholikern vorliegt, wurde bei Ausschluß anderer prädisponierender Faktoren ebenfalls als alkoholassoziierte Erkrankung gewertet. Die Ösophagusvarizen als Korrelat von dauerhaft unter erhöhtem inneren Druck stehenden und konsekutiv abnorm erweiterten Venen der Speiseröhre wurden anhand der endoskopischen Kriterien nach Paquet in 4 Schweregrade eingeteilt (Tab. 3.3). Gesondert aufgeführt wurden „red spots“ als Zeichen einer Varizenbildung auf einer Ösophagusvarize mit erhöhtem Blutungsrisiko. Tab. 3.3 Klassifikation der Ösophagusvarizen nach Paquet Graduierung Endoskopisches Korrelat Ösophagusvarizen I° Ausdehnung der Varizen knapp über das Schleimhautniveau Ösophagusvarizen II° Varizen ragen bis 1/3 des Lumendurchmessers vor und lassen sich durch Luftinsufflation nicht komprimieren Ösophagusvarizen III° Varizen ragen bis 50 % des Lumendurchmessers vor bzw. berühren sich Ösophagusvarizen IV° Varizen füllen das Lumen aus und reichen bis in das obere Drittel des Ösophagus 41 3 Methodik ______________________________________________________________ Die Einteilung der Refluxösophagitis erfolgte gemäß der Klassifikation der Refluxkrankheit nach Savary und Miller (Tab. 3.4). Das Stadium 0 dieser Klassifikation als gastrointestinale Refluxkrankheit ohne endoskopisch detektierbare Schleimhautveränderung konnte mit den angewandten Untersuchungsmethoden ohne Durchführung einer pH-Metrie entsprechend nicht diagnostiziert werden. Tab. 3.4 Klassifikation der Refluxösophagitis nach Savary und Miller Stadieneinteilung Endoskopisches Korrelat Stadium 0 Gastroösophagealer Reflux ohne Schleimhautveränderung Stadium I Isolierte Schleimhauterosionen Stadium IA • Oberflächliche Erosionen IB • Tiefere Erosionen mit fibrinoider Nekrose II Longitudinal konfluierende Erosionen entlang der Schleimhautfalten II A • Oberflächliche Erosionen II B • Tiefere Erosionen mit fibrinoider Nekrose Stadium III Zirkulär konfluierende Erosionen im gesamten Bereich der terminalen Speiseröhre Stadium IV Komplikationsstadium: Ulzerationen, Strikturen, Stenosen, Zylinderzellmetaplasie vom spezialisierten Typ IV A • Mit entzündlichen Veränderungen IV B • Irreversibles Narbenstadium ohne entzündliche Veränderung Hinsichtlich der Klassifikation des Barrett-Ösophagus wurde ab einer Segmentausdehnung größer oder gleich 3 cm oberhalb der Z-Linie von einem „Long-Barrett“ des gastroösophagealen Schleimhautüberganges ausgegangen. Ab einem Segment > 1 cm bis 3 cm oberhalb der Z-Linie einschließlich der Schleimhautzungenausläufer wurde ein „Short-Barrett-Ösophagus“ angenommen. Dabei wurde lediglich bei histologischem Nachweis eines spezialisierten, intestinalisierten Zylinderepithels von einem BarrettSyndrom gesprochen, da nur diese Form als präkanzeröse Bedingung anzusehen ist. Die Diagnose eines „Ultra-Short-Barrett“ als intestinale Metaplasie der Kardia erfordert Biopsien bei endoskopisch unauffälliger Kardia und wurde in dieser Arbeit nicht berücksichtigt. 42 3 Methodik ______________________________________________________________ Diagnostizierte Ösophaguskarzinome wurden nach den Richtlinien der Japanischen Gesellschaft für oberflächlichem Ösophaguserkrankungen Ösophaguskarzinom weiter (Typ klassifiziert, 0) und welche den zwischen fortgeschrittenen Ösophaguskarzinomen (Typ 1 – 5) unterscheiden, wie bereits ausführlich in der Einleitung (Tabelle 1.3) dargestellt [77]. 3.3.1.2 Auswertung der konventionell endoskopisch erhobenen Befunde Alle erhobenen Befunde wurden anschließend zur besseren Übersichtlichkeit in 2 Diagnosegruppen unterteilt: Gruppe 1 beinhaltet dabei die endoskopischen Befunde mit makroskopischem Verdacht auf das Vorliegen einer präkanzerösen Bedingung, Präkanzerose oder einer malignen Läsion, wohingegen alle nicht primär malignomsuspekten endoskopischen Befunde in Gruppe 2 zusammengefaßt wurden. Dabei erfolgte die Einordnung in die Gruppe der suspekten Befunde schon bei geringstem Verdacht. Obwohl definitionsgemäß von einem Barrett-Ösophagus nur bei histologischem Nachweis einer Zylinderzellepithelmetaplasie vom spezialisierten, intestinalisierten Typ gesprochen wird, wurde jedes endoskopisch detektierte Schleimhautsegment oberhalb der Z-Linie als potentielle präkanzeröse Bedingung bzw. Präkanzerose der Gruppe 1 zugeordnet. Somit erfolgte die Einteilung in die Gruppe 1 hoch sensitiv, aber wenig spezifisch. Gruppe 1 suspekte endoskopische Befunde hinsichtlich einer präkanzerösen Bedingung, Präkanzerose oder malignen Läsion Gruppe 2 endoskopische Befunde ohne Anhalt für eine präkanzeröse Bedingung, Präkanzerose oder maligne Läsion 3.3.2 Chromoendoskopie des Ösophagus mit Lugol´scher Lösung 3.3.2.1 Durchführung Zum Einsatz kamen Sprühkatheter mit 4 seitlichen Öffnungen der Firma MTW Endoskopie, Wesel, und radiale Sprühkatheter mit einer Gesamtlänge von 180 cm, einem Arbeitskanal mit 2,3 mm Durchmesser sowie 280 Öffnungen im Sprühkopf der Firma ENDO-FLEX, Voerde. 43 3 Methodik ______________________________________________________________ Als Färbemittel wurde die Lugol´sche Lösung, eine Jod-Kaliumjodidlösung, zunächst in einer 3-%igen Konzentration, später als 1-%ige Lösung verwandt. Hergestellt wurden die Lösungen in der Krankenhausapotheke des Marienhospitals Herne bzw. der Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen. Bei jedem Patienten wurde vor Durchführung der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung eine Jodunverträglichkeit durch Anamneseerhebung sowie eine manifeste Hyperthyreose anhand der laborchemischen Schilddrüsenparameter ausgeschlossen. Vor Verwendung der Färbelösung wurde die Speiseröhre mit 40 ml destilliertem Wasser über den Arbeitskanal gespült, um mögliche Verschmutzungen durch Regurgitation während der vorausgehenden konventionell endoskopischen Untersuchung zu entfernen. Daran schloß sich beim langsamen Rückzug des Endoskops das Benetzen der Schleimhaut mit maximal 20 ml der 1-%igen bzw. 3-%igen Lugol´scher Lösung an [75]. Hierzu wurde mittels der genannten Sprühkatheter von der Kardia bis knapp unterhalb des oberen Ösophagussphinkter kontinuierlich ca. 1 ml Lugol´sche Lösung pro Zentimeter Speiseröhre appliziert (siehe Anhang Abb. 8.1). Nach der Färbung folgte eine einminütige Einwirkzeit, um die Absorption des Farbstoffes zu gewährleisten. In dieser Zeit konnte bereits die überschüssige Farbstoff- und Spüllösung aus dem Magen abgesaugt werden. Danach wurde eine erneute Beurteilung der Ösophagusschleimhaut vorgenommen. Nicht gefärbte Schleimhautareale von mindestens 5 mm Größe [189] wurden zahlenmäßig erfaßt, die Lokalisation und Ausdehnung dokumentiert. Die Entnahme von mehreren, repräsentativen, gezielten Biopsien aus den ungefärbten Bezirken schloß sich an. Zum Abschluß der Untersuchung erfolgte eine Reinigung des Ösophagus mit 20 ml einer 2,5-%igen Natriumthiosulfatlösung über den Sprühkatheter mit anschließendem Absaugen der Spülflüssigkeit aus dem Magen. Der Rückzug und das Entfernen des Gerätes beendeten die Untersuchung. 3.3.2.2 Auswertung der chromoendoskopisch erhobenen Befunde Die Auswertung der erhobenen chromoendoskopischen Befunde erfolgte in 5 Kategorien, die jeweils die Anzahl der chromoendoskopisch ungefärbten Areale pro Patient widerspiegeln. Zusätzlich wurde die Lokalisation der ungefärbten Bezirke festgehalten. Kategorie 1 faßt dabei alle Patienten mit chromoendoskopisch unauffälligem Befund im Sinne einer gleichmäßigen Färbung der Ösophagusschleimhaut zusammen. Die weiteren 44 3 Methodik ______________________________________________________________ Kategorien orientierten sich an der Anzahl der detektierten Areale. Dabei wurde jede fokale Farbintensitätsminderung als pathologisch betrachtet und unter dem Begriff „ungefärbtes Areal“ subsummiert. Der Nachweis von mehr als 3 ungefärbten Arealen führte zur Eingruppierung in Kategorie 5. Somit ergab sich die folgende Einteilung: Auch Kategorie 1 gleichmäßige Schleimhautfärbung Kategorie 2 ein ungefärbtes Areal Kategorie 3 zwei ungefärbte Areale Kategorie 4 drei ungefärbte Areale Kategorie 5 mehr als drei ungefärbte Areale diejenigen Patienten, die bereits makroskopisch suspekte Ösophagusschleimhautveränderungen bei der konventionellen Endoskopie aufwiesen, wurden chromoendoskopisch mit Lugol´scher Lösung untersucht. Die Intention der Chromoendoskopie bestand in diesen Fällen sowohl in der Bestimmung der exakten Ausdehnung der malignomverdächtigen Bezirke, als auch in der Auffindung von synchron vorliegenden Läsionen. Das Ergebnis dieser chromoendoskopischen Untersuchung bei bereits konventionell endoskopisch geäußertem Verdacht auf ein Tumorleiden wurde gesondert betrachtet und dokumentiert. Zur Vermeidung einer Ergebnisverfälschung wurden die bereits konventionell endoskopisch suspekten Schleimhautbezirke zunächst nur deskriptiv beschrieben und erst nach Abschluß der Chromoendoskopie biopsiert. 3.3.3 Histologische Aufarbeitung der Biopsate 3.3.3.1 Transportmedium Die gewonnenen Biopsate wurden in 40 %igem Formalin konserviert und an die pathologischen Institute zur histologischen Aufarbeitung weitergeleitet. 3.3.3.2 Klassifikation der Dysplasien In Hinblick auf die Dysplasien wurde für die Diagnosestellung die histologische Klassifikation der Tumore nach Maßgabe der World Health Organization (WHO) zugrunde gelegt, wie tabellarisch dargestellt (Tab. 3.5). Die Diagnose einer 45 3 Methodik ______________________________________________________________ schwergradigen Dysplasie führte dabei gemäß den allgemeinen Empfehlungen in jedem Fall zur umfangreichen Rebiopsie sowie Zweitbegutachtung durch ein weiteres pathologisches Institut als „second opinion“. Tab. 3.5 Graduierung der Dysplasie anhand der histologischen Klassifikation der Tumore gemäß WHO Grad der Dysplasie Leichtgradige Dysplasie • Intraepitheliale Läsion mit leichter Ausbreitung der Proliferationszone mit mitotischer Aktivität, Hyperchromasie und Variabilität der Zellkerne Mittelgradige Dysplasie • Intraepitheliale Läsion ähnlich der leichtgradigen Form jedoch mit Ausbreitung der atypischen Proliferationszone bis zu der Hälfte der Epithelschicht Schwergradige Dysplasie • Intraepitheliale Läsion mit einer atypischen Proliferationszone, die ¾ der Epithelschicht umfaßt Als Carcinoma in situ wird vereinbarungsgemäß eine intraepitheliale Läsion bezeichnet, bei der die vollständige Epithelschicht aus atypischen unreifen Zellen ohne Nachweis eines invasiven Wachstums aufgebaut ist. 3.4 Auswertungskriterien der erhobenen Daten bei gesicherten Plattenepithelkarzinomen und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus Zum Abschluß folgte bei den Patienten mit nachgewiesenen plattenepithelialen präkanzerösen oder kanzerösen Läsionen des Ösophagus die Korrelation der erhobenen konventionell endoskopischen, chromoendoskopischen und histologischen Befunde mit den ausführlich erhobenen anamnestischen und klinischen Daten der Patienten. 46 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ 4 Ergebnisse 4.1 Analyseergebnisse der anamnestischen und klinischen Patientendaten 4.1.1 Biographische Patientendaten Insgesamt wurden 229 Patienten, davon 187 männliche und 42 weibliche Probanden mit Alkoholabhängigkeit chromoendoskopisch mit Lugol´scher Lösung zur Früherkennung von Ösophaguskarzinomen untersucht. Die Altersverteilung der Patienten wies dabei eine breite Streuung mit einer Altersdifferenz von 61 Jahren zwischen dem jüngsten und dem ältesten Patienten auf. Das Durchschnittsalter aller Patienten errechnete sich mit 52 Jahren mit einer einfachen Standardabweichung von 12 Jahren. Tabelle 4.1 spiegelt die erhobenen Daten bezüglich der Geschlechts- und Altersverteilung wider. Tab. 4.1 Alters- und Geschlechtsverteilung der untersuchten 229 Patienten mit Alkoholabhängigkeit Männer Frauen Gesamtpatienten Anzahl der Patienten 187 (81,7 %) 42 (18,3 %) 229 (100 %) Altersverteilung 22 – 83 Jahre 28 – 81 Jahre 22 – 83 Jahre Durchschnittsalter* 52 + 13 Jahre 50 + 12 Jahre 52 + 12 Jahre 35 (15,3 %) 9 (3,9 %) 44 (19,2 %) 121 (52,8 %) 28 (12,2) 149 (65,1 %) 31 (13,5 %) 5 (2,2 %) 36 (15,7 %) Gruppe 1 20 – 40 Jahre Gruppe 2 > 40 – 65 Jahre Gruppe 3 > 65 Jahre * Durchschnittsalter: Mittelwert + einfache Standardabweichung 47 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ 4.1.2 Alkoholkonsum Die Auswertung der Patientenangaben in Bezug auf den täglichen Alkoholkonsum ergab durchschnittlich einen Verbrauch von 143 g Alkohol pro Tag mit einer einfachen Standardabweichung von 124 g Alkohol pro Tag. Nach Geschlecht aufgegliedert tranken die Frauen durchschnittlich 131 g Alkohol pro Tag mit einer einfachen Standardabweichung von 59 g pro Tag, während der Alkoholverbrauch der Männer durchschnittlich 145 g pro Tag mit einer einfachen Standardabweichung von 135 betrug. Der höchste angegebene tägliche Alkoholkonsum errechnete sich dabei mit 1243 g Alkohol pro Tag bei dem männlichen Geschlecht und mit 286 g bei dem weiblichen. Der niedrigste Wert ließ sich bei den Frauen mit 31 g Alkohol pro Tag, bei den Männern mit 38 g pro Tag ermitteln. Aufgrund schwerster alkoholtoxischer Schäden konnten 0,9 % der Patienten keine Angaben bezüglich ihres Alkoholkonsums machen. Die folgende Tabelle 4.2 gibt nach Geschlecht getrennt die Anzahl der Patienten wieder, die einen entsprechenden Alkoholkonsum in Gramm pro Tag betrieben. Tab. 4.2 Anzahl der 229 untersuchten Patienten mit Alkoholabhängigkeit, die einen entsprechenden täglichen Alkoholkonsum in Gramm pro Tag betrieben Gruppe Alkohol Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual ( g/Tag ) 1 (20*) 30 – 100 96 24 120 52,4 % 2 > 100 64 14 78 34,0 % 3 > 200 25 4 29 12,7 % 4 Keine Angaben 2 0 2 0,9 % – 200 * Der Wert in Klammern bezieht sich auf den niedrigeren Grenzwert für die weiblichen Patienten Zur Abschätzung des Grades der Alkoholabhängigkeit erfolgte eine Einteilung in Konsumgruppen, modifiziert nach Bühringer et al., in die auch die höhere Empfindlichkeit der weiblichen Patienten in Hinblick auf eine alkoholtoxische Organschädigung eingeht. Gemäß dieser Einteilung müssen 48 114 der untersuchten 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ 229 Patienten mit Alkoholabhängigkeit, dies entspricht 49,8 % des Patientenkollektivs, der Hochkonsum-Gruppe zugeordnet werden. Lediglich 10,0 % der Patienten betrieben einen riskanten und 39,3 % der Patienten einen gefährlichen Alkoholkonsum. In die Gruppe 3 der Personen mit einem Alkohol-Hochkonsum ließen sich 27 Patientinnen einordnen, dies entspricht 64,3 % der untersuchten weiblichen Patienten mit Alkoholkrankheit, im Vergleich zu 46,5 % der untersuchten männlichen Patienten. Aufgrund schwerster alkoholtoxischer Schäden mit Ausbildung eines Korsakow-Syndroms waren 2 männliche Patienten nicht in der Lage, ihren Alkoholkonsum zu quantifizieren. Die folgende Tabelle 4.3 gibt die erhobenen Daten wieder. Tab. 4.3 Anzahl der 229 untersuchten Patienten mit Alkoholabhängigkeit, die einer entsprechenden Konsumgruppe zugeordnet werden konnten Gruppe Konsumgruppe Männliche Weibliche Patienten Patienten Gesamtpatienten prozentual 1 Riskanter Konsum 22 1 23 10,0 % 2 Gefährlicher 76 14 90 39,3 % Konsum 3 Hochkonsum 87 27 114 49,8 % 4 Keine Angaben bzgl. 2 0 2 0,9 % Alkoholkonsum Konsumgruppeneinteilung modifiziert nach Bühringer et al. Die Auswertung des Alkoholindex, in den neben der täglich konsumierten Alkoholmenge auch die Dauer des Alkoholkonsums in Jahren einfließt, ergab einen durchschnittlichen Alkoholindex von 2579 Alkohol-Jahren mit einer einfachen Standardabweichung von 3484 Alkohol-Jahren. Nach Geschlecht differenziert errechnete sich für die Männer ein durchschnittlicher Alkoholindex von 2657 Alkohol-Jahren mit einer einfachen Standardabweichung von 3679, bei den Frauen ein durchschnittlicher Alkoholindex von 2235 mit einer einfachen Standardabweichung von 2092 Alkohol-Jahren. Der maximale Alkoholindex wurde bei den Männern mit 37280 und bei den Frauen mit 7140 AlkoholJahren ausgewertet, der minimale mit 95 bei dem männlichen Geschlecht und 379 Alkohol-Jahren beim weiblichen. Aufgrund schwerster alkoholtoxischer Schädigung 49 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ konnten auch hier 0,9 % der Patienten keine Aussage zu ihrem Alkoholkonsum treffen. Tabelle 4.4 stellt geschlechtsgetrennt die jeweilige Anzahl der 229 untersuchten Patienten mit Alkoholabhängigkeit dar, die nach Umrechnung der Patientenangaben dem jeweiligen Alkoholindex zugeordnet werden können. Tab. 4.4 Anzahl der 229 untersuchten Patienten mit Alkoholabhängigkeit gemäß dem errechneten Alkoholindex Gruppe Alkoholindex Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual 1 20 - 2000 113 26 139 60,7 % 2 >2000 - 4000 40 11 51 22,3 % 3 >4000 32 5 37 16,1 % 4 Keine Angaben 2 0 2 0,9 % Alkoholindex = Alkoholkonsum pro Tag in Gramm multipliziert mit der Anzahl der Jahre Unter Berücksichtigung der Art des zugeführten Alkohols konnten 132 der 229 untersuchten Patienten mit Alkoholabhängigkeit als Konsumenten niederprozentiger Alkoholika wie Bier, Wein und Schaumwein sowie 99 Patienten als Konsumenten hochprozentiger Alkoholika identifiziert werden. Nach anamnestischen Angaben noch genauer aufgeschlüsselt, gaben sich 96 männliche und 13 weibliche Patienten als reine Biertrinker zu erkennen, dabei bezeichneten sich 2 Patienten als Quartalstrinker. Weitere 50 männliche und 7 weibliche Patienten nahmen regelmäßig Bier in Kombination mit Schnaps zu sich. Als reine Schnapstrinker ordneten sich 31 männliche und 9 weibliche Patienten ein, davon charakterisierten sich 2 Patienten als Quartalstrinker mit Alkoholkonsum nur am Wochenende. Einen reinen Weinkonsum betrieben 8 Männer und 7 Frauen, einen reinen Schaumweingenuß 5 männliche und 8 weibliche Patienten. Die übrigen Patienten bevorzugten Weinbrände, Kräuterliköre oder Kombinationen der verschiedenen alkoholischen Getränke. Zwei weitere männliche Patienten konnten keine Aussage zu ihrem Alkoholkonsum machen. Tabelle 4.5 stellt die Auswertung der Patientenaussagen bezüglich der Art der konsumierten alkoholischen Getränke dar. 50 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.5 Anzahl der 229 untersuchten Patienten mit Alkoholabhängigkeit nach Art der konsumierten alkoholischen Getränke Alkoholkonsum Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual Bierkonsum 96 13 109 47,6 % Wein- und 13 10 23 10,0 % Spirituosenkonsum 76 19 95 41,5 % Keine Angaben zum 2 0 2 0,9 % Schaumweinkonsum Alkoholkonsum Eingruppierung nach dem anamnestisch am häufigsten konsumierten Getränk 4.1.3 Leberveränderungen Leberveränderungen als Ausdruck einer alkoholtoxischen Organschädigung konnten bei 94,3 % der 229 Patienten mit chronischer Alkoholkrankheit diagnostiziert werden. Dabei lag bei 58,5 % der 229 Patienten eine Steatosis hepatis, bei 2,2 % eine alkoholtoxische Steatohepatitis und bei 33,6 % der untersuchten 229 Patienten eine Leberzirrhose vor. Die weitere Klassifikation der Leberzirrhose nach Child-Pugh ergab bei 13,1 % des Gesamtkollektivs den Schweregrad A, bei 10,0 % ein Stadium B und bei 6,1 % ein Stadium C. Der prozentuale Anteil jedes Schweregrades ließ sich bezogen auf die 77 Patienten mit zirrhotischen Leberparenchymumbau mit einem Wert von 51,9 % für den Schweregrad A errechnen, für das Stadium B mit einem Wert von 29,9 % und für das Stadium C von 18,2 %. Zwei der 229 Patienten wiesen maligne Veränderungen in der Leber auf. In einem Fall handelte es sich um die Metastasen eines Rektumkarzinoms als Primärtumor in einer Fettleber, im anderen Fall um ein Hepatozelluläres Karzinom in einer zirrhotisch umgebauten Leber des Schweregrades A nach Child-Pugh. Da die Leber der Patienten mit malignen Läsionen bereits hinsichtlich der benignen Leberparenchymveränderungen beurteilt wurde, ergibt sich prozentual im Vergleich zur Stärke des Patientenkollektivs eine 51 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ höhere Befundanzahl. Einen Überblick über die erhobenen Daten zu den Leberveränderungen gibt Tabelle 4.6. Tab. 4.6 Anzahl der 229 untersuchten Patienten mit Alkoholabhängigkeit, die die jeweiligen Leberveränderungen aufwiesen Leberveränderung Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual Unauffällige Leber 12 1 13 5,7 % Steatosis hepatis 107 27 134 58,5 % 5 0 5 2,2 % o Child-Pugh A 33 7 40 17,5 % o Child-Pugh B 18 5 23 10,0 % o Child-Pugh C Gesamt 12 2 14 6,1 % 53 14 77 33,6 % 2* 0 2* 0,9 % Steatohepatitis Leberzirrhose Maligne Leberveränderungen * 1 Patient mit hepatischen Metastasen eines Rektumkarzinoms in einer steatotisch veränderten Leber * 1 Patient mit einem Hepatozellulärem Karzinom in einer zirrhotisch umgebauten Leber des Schweregrades Child-Pugh A 4.1.4 Nikotinkonsum Nach eigenen Angaben betrieben 89,1 % der untersuchten 229 Patienten mit Alkoholabhängigkeit einen Nikotinabusus; der Anteil der Nichtraucher am Gesamtpatientenkollektiv betrug 10,0 %. Durchschnittlich konsumierten die Raucher 27 Zigaretten pro Tag mit einer einfachen Standardabweichung von 14 Zigaretten pro Tag. Das männliche Geschlecht rauchte dabei durchschnittlich 28 Zigaretten pro Tag mit einer einfachen Standardabweichung von 15 Zigaretten, das weibliche 25 mit einer einfachen Standardabweichung von 16 Zigaretten pro Tag. Der maximale Konsum betrug 90 Zigaretten pro Tag, der minimale 5 Zigaretten täglich. Aufgrund mnestischer Störungen bei Korsakow-Syndrom konnten 0,9 % der 229 Patienten keine Auskunft über einen möglichen Nikotinkonsum geben. Weitere 0,9 % der Patienten gaben sich als 52 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Pfeifenraucher zu erkennen. Tabelle 4.7 gibt die Anzahl der Patienten wieder, die die jeweilige Zigarettenmenge pro Tag rauchte. Tab. 4.7 Anzahl der 229 untersuchten Patienten mit Alkoholabhängigkeit gemäß dem errechneten Zigarettenkonsum pro Tag Gruppe Zigaretten Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual Anzahl pro Tag 0 0 16 7 23 10,0 % 1 > 0 – 20 89 19 108 47,2 % 2 > 20 – 40 67 15 82 35,8 % 3 > 40 11 1 12 5,2 % 4 Keine Angaben 2 0 2 0,9 % 5 Anderer 2 0 2 0,9 % Tabakkonsum Hinsichtlich der pack-years, in die neben der Anzahl der täglich gerauchten Zigaretten auch die Dauer des Nikotinkonsums einfließt, ließ sich bei den Rauchern ein Durchschnittswert von 32 pack-years mit einer einfachen Standardabweichung von 21 ermitteln. Dabei errechnete sich für das männliche Geschlecht ein durchschnittlicher Wert von 32 mit einer einfachen Standardabweichung von 22 pack-years, für das weibliche 28 mit einer einfachen Standardabweichung von 16 pack-years. Der Maximalwert konnte mit 120 pack-years bestimmt werden, der minimale mit einem pack-year. Aufgrund von mnestischen Störungen konnten auch bei dieser Berechnung 0,9 % der 229 Patienten keine Auskunft über einen möglichen Nikotinkonsum geben und wurden somit der Gruppe 4 zugeordnet. Weitere 0,9 % der Patienten gaben an, Pfeifenraucher zu seien und wurden in Gruppe 5 eingegliedert. Die Nichtraucher mit einem Anteil von 10 % am Gesamtpatientenkollektiv errechnen sich nach der verwendeten Formel mit dem Ergebnis 0. Tabelle 4.8 veranschaulicht den Nikotinkonsum ausgedrückt in pack-years der untersuchten 229 Patienten mit Alkoholabhängigkeit. 53 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.8 Anzahl der 229 untersuchten Patienten mit Alkoholabhängigkeit nach dem errechneten Nikotinkonsum ausgedrückt in pack-years Gruppe Rauchen Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual (pack-years) 0 0 16 7 23 10,0 % 1 > 0 – 20 66 19 83 36,2 % 2 > 20 – 40 57 11 68 29,7 % 3 > 40 46 5 51 22,3 % 4 Keine Angaben 2 0 2 0,9 % 5 Anderer 2 0 2 0,9 % Tabakkonsum 4.1.5 Weitere Risikofaktoren Insgesamt 2 Patienten, entsprechend 0,9 % des Gesamtkollektivs, gaben bei der anamnestischen Befragung ein vorbekanntes Tumorleiden des oberen Aerodigestivtraktes an. Dabei handelte es sich um einen männlichen Patienten mit einem operierten Zungengrundkarzinom und um eine Patientin mit einem Plattenepithelkarzinom der Tonsille. Letztere litt zusätzlich noch unter einem kleinzelligen Bronchialkarzinom, das erst während des stationären Aufenthaltes diagnostiziert werden konnte. Weitere 12 Patienten gaben bekannte Tumorerkrankungen an, die nicht dem oberen Aerodigestivtrakt zugeordnet werden konnten. Unter diesen Patienten fand sich ein Mann mit einem peripheren Plattenepithelkarzinom der linken Lunge im Stadium pT2G3pN2bM0 bei Erstdiagnose. Dieser Patient war in einer R0–Situation reseziert und anschließend radiotherapeutisch im Bereich des Brustkorbs behandelt worden. Dabei ist die Radiotherapie des Thorax ihrerseits als Risikofaktor für die Entwicklung eines Ösophaguskarzinoms anzusehen und wurde entsprechend dokumentiert. Tabelle 4.9 stellt als Übersicht die jeweilige Anzahl der Patienten mit ermittelten weiteren Risikofaktoren für die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus dar. Die Erstdiagnose eines Tumors des oberen Aerodigestivtraktes konnte während des stationären Aufenthaltes bis zum Untersuchungszeitpunkt bei keinem Patienten gestellt werden. Bezüglich weiterer Risikofaktoren für die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms bestand bei keinem Patienten eine vorbefundlich diagnostizierte Achalasie, noch ergaben sich während des stationären Aufenthaltes bzw. bei der endoskopischen Untersuchung Hinweise auf das 54 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Bestehen einer Ösophagusmotilitätsstörung. Bei einem Patienten konnte endoskopisch ein kleines Traktionsdivertikel des Ösophagus gesichert werden, sonstige Ösophagusdivertikel lagen nicht vor. Die nonepidermolytische palmoplantare Keratodermie spielte in dem untersuchten Patientenkollektiv keine Rolle. Tab. 4.9 Anzahl der 229 untersuchten Patienten mit Alkoholabhängigkeit mit weiteren Risikofaktoren für die Entwicklung eines plattenepithelialen Ösophaguskarzinoms Kategorie 1 Keine weiteren Risikofaktoren eruierbar Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual 184 41 Kategorie 2 225 98,3 % Tumorleiden des oberen Aerodigestivtraktes Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual 1 1 Kategorie 3 2 0,9 % Radiotherapie des Thorax in der Vorgeschichte Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual 1 0 Kategorie 4 Ösophagusdivertikel Männer 1 Frauen 0,4 % Gesamtpatienten prozentual 1* Kategorie 5 0 1* 0,4 %* Achalasie Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual 0 Kategorie 6 0 0 0% Nonepidermolytische palmoplantare Keratodermie Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual 0 0 0 0% * in Anbetracht der minimalen Größe des endoskopisch diagnostizierten Traktionsdivertikels der Speiseröhre ist von nur untergeordneter Bedeutung auszugehen 55 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ 4.1.6 Protektive Faktoren Besondere Beachtung fand auch die Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) als protektiver Faktor in Bezug auf die Entwicklung eines Ösophaguskarzinoms. Insgesamt 58 der 229 untersuchten Patienten, davon 32 Frauen und 26 Männer, nahmen täglich oder gelegentlich NSAR einschließlich Acetylsalicylsäure zu sich. Dabei ließen sich 53 Patienten der Gruppe mit einer Acetylsalicylsäure-Medikation zuordnen, im Vergleich zu einer Anzahl von 5 Patienten für die Gruppe mit Einnahme von nichtacetylsalicylsäurehaltigen NSAR. Aufgrund kardiovaskulärer Erkrankungen verwendeten 43 der 229 untersuchten Patienten regelmäßig Acetylsalicylsäure in der Dosierung zwischen 100 mg und 300 mg pro Tag, dazu zählten 21 weibliche und 22 männliche Patienten. Weitere 4 weibliche und 5 männliche Patienten nutzten 500 mg Acetylsalicylsäure unregelmäßig als Analgetikum. Aufgrund von muskuloskelettären Schmerzen nahmen 4 der 229 Patienten andere nicht-acetylsalicylsäurehaltige NSARPräparate gelegentlich ein, darunter 3 Frauen und 1 Mann. Regelmäßig nutzte ein weiterer männlicher Patienten nicht-acetylsalicylsäurehaltige NSAR zur Analgesie. Eine Patientin betrieb seit 7 Jahren einen chronischen Analgetikaabusus und nahm täglich diverse NSARPräparate einschließlich Acetylsalicylsäure zu sich, so daß sie der Gruppe 3 derjenigen Patienten mit regelmäßiger Verwendung eines Acetylsalicylsäure-Medikamentes zugeordnet wurde. Bei einem Frauenanteil von 18,3 % am Gesamtpatientenkollektiv bilden die absoluten Zahlen das Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Patienten nur unzureichend ab. So ließ sich prozentual bei 76,2 % der Patientinnen im Vergleich zu 13,9 % der Männer eine NSAR-Medikation ermitteln. Dabei erhielten 50,0 % der weiblichen Patienten im Vergleich zu 11,8 % der männlichen Patienten ein Acetylsalicylsäurepräparat in der Dosierung zwischen 100 bis 300 mg pro Tag zur Kardioprotektion. Tabelle 4.10 stellt die zusammengetragenen Daten zur Einnahme nichtsteroidaler Antirheumatika vor. 56 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.10 Anzahl der 229 untersuchten Patienten mit Alkoholabhängigkeit hinsichtlich der Einnahme nichtsteroidaler Antirheumatika Kategorie 1 Keine Einnahme eines NSAR einschließlich Acetylsalicylsäure Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual 159 10 169 73,8 % Kategorie 2 Gelegentliche Einnahme eines Acetylsalicylsäure-Präparates 2 mg ASS / die Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual 2a 100 mg 0 0 0 0% 2b 300 mg 0 0 0 0% 2c > 500 mg 4 5 9 4% Kategorie 3 Regelmäßige Einnahme eines Acetysalicylsäure-Präparates 3 mg ASS/ die Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual 3a 100 mg 20 19 39 17,1 % 3b 300 mg 2 2 4 1,7 % 3c > 500 mg 0 1 1 0,4 % Kategorie 4 Gelegentliche Einnahme nicht-acetylsalicylsäurehaltiger NSAR Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual 1 3 4 1,7 % Kategorie 5 Regelmäßige Einnahme nicht-acetylsalicylsäurehaltiger NSAR Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual 0 1 1 0,4 % Kategorie 6 Keine Angaben zu erhalten Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual 2 0 2 0,9 % Als weiteres protektives Element wurden retrospektiv die Ernährungsgewohnheiten der Patienten besonders hinsichtlich des regelmäßigen Verzehrs von Gemüse und Früchten erfragt. Insgesamt 7 männliche und 17 weibliche Personen gaben an, sich grundsätzlich oder überwiegend ausgewogen zu ernähren. 57 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ 4.1.7 Symptome und Aufnahmediagnosen Die Analyse der Symptome und Erkrankungen, die zur stationären Behandlung bzw. endoskopischen Diagnostik geführt hatten, ergab bei 47 Patienten entsprechend 20,5 % der 229 Patienten mögliche Hinweise auf das Vorliegen eines Ösophaguskarzinoms. So lagen bei 5 männlichen Patienten eine Dysphagie, ein Gewichtsverlust oder ein Globusgefühl als mögliche Symptome eines Ösophaguskarzinoms vor. Unter einer oberen gastrointestinalen Blutung litten 17 männliche und 8 weibliche Patienten. Weitere 15 männliche und 2 weibliche Personen gaben ein retrosternales Brennen als Symptom an. Alle anderen 182 Patienten wurden aus verschiedenen Gründen eingewiesen und behandelt, die in keinem direkten Zusammenhang zu möglichen Symptomen eines Ösophaguskarzinoms standen. 131 Behandlungsdiagnosen zeigten einen unmittelbaren Bezug zu der chronischen Alkoholkrankheit im Sinne von alkoholassoziierten Erkrankungen. So wurden 14,4 % der untersuchten 229 Patienten aufgrund eines Alkoholentzugsdelirs, 13,2 % der Patienten mit einer dekompensierten ethyltoxischen Leberzirrhose, 7,4 % der Patienten aufgrund einer akuten Alkoholintoxikation, 6,6 % wegen eines akuten Schubes einer chronischen ethyltoxischen Pankreatitis sowie 4,4 % der Patienten aufgrund eines zerebralen Alkoholentzugkrampfanfalls stationär behandelt. Bei weiteren 4,4 % der Patienten führte ein Bestreben nach einem qualifizierten Alkoholentzug zur Aufnahme, bei 3,5 % ein entgleister Diabetes mellitus Klasse 3 bei alkoholtoxischer endokriner Pankreasinsuffizienz und bei weiteren 1,7 % eine alkoholtoxische dekompensierte Kardiomyopathie. Die Alkoholhepatitis schließlich wurde in 1,7 % der Fälle als Behandlungsgrund angegeben. Die übrigen nicht unmittelbar alkoholassoziierten Beschwerden führten in 22,2 % der Fälle zur stationären Therapie. Aufnahmediagnosen unter Tabelle 4.11 gibt Berücksichtigung die eines erhobenen Symptome möglicherweise und bestehenden Zusammenhangs zu einem Ösophaguskarzinom bzw. zur Alkoholabhängigkeit im Sinne von alkoholassoziierten Erkrankungen wieder. 58 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.11 Anzahl der 229 untersuchten Patienten mit Alkoholabhängigkeit hinsichtlich der verschiedenen Symptome und Aufnahmediagnosen Kategorie 1 Symptome oder Aufnahmediagnosen, die mit einem Ösophaguskarzinom in Einklang stehen könnten Aufnahmediagnose Männer Frauen Gesamtpatienten Prozentual Obere gastrointestinale Blutung 17 8 25 10,9 % Retrosternales Brennen 15 2 17 7,4 % Globusgefühl, Dysphagie 3 0 3 1,3 % Gewichtsverlust 2 0 2 0,9 % Gesamt 37 10 47 20,5 % Kategorie 2 Symptome oder Aufnahmediagnosen, die unmittelbar mit der Alkoholabhängigkeit in Zusammenhang stehen Aufnahmediagnose Männer Frauen Gesamtpatienten Prozentual Alkoholentzugsdelir 26 7 33 14,4 % Dekompensierte ethyltoxische 24 6 30 13,2 % Akute Alkoholintoxikation 13 4 17 7,4 % Akuter Schub einer chronischen 12 3 15 6,6 % 9 1 10 4,4 % Qualifizierter Alkoholentzug 8 2 10 4,4 % Diab. mel. 3 bei ethyltoxischer 8 0 8 3,5 % Toxische Kardiomyopathie 4 0 4 1,7 % Alkoholhepatitis 3 1 4 1,7 % 107 24 131 57,3 % Leberzirrhose ethyltoxischen Pankreatitis Zerebraler Alkoholentzugkrampfanfall chronischer Pankreatitis Gesamt 59 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.11 Anzahl der 229 untersuchten Patienten mit Alkoholabhängigkeit hinsichtlich der verschiedenen Symptome und Aufnahmediagnosen - Fortsetzung Kategorie 3 Symptome oder Aufnahmediagnosen ohne unmittelbaren Bezug zur Alkoholabhängigkeit Aufnahmediagnose Männer Frauen Gesamtpatienten Prozentual Infektion 12 2 14 6,1 % Synkope 6 2 8 3,5 % Arteriosklerose 6 1 7 3,0 % Ulcus pepticum 4 2 6 2,6 % Schlaf-Apnoe-Syndrom 4 0 4 1,7 % Akutes Nierenversagen 2 0 2 0,9 % Vaskulitis 1 1 2 0,9 % Hirnblutung (hypertensiv) 2 0 2 0,9 % Dekomp. Cor pulmonale 1 0 1 0,4 % Fremdkörperingestion 1 0 1 0,4 % Ileus 1 0 1 0,4 % Tumorleiden 1 0 1 0,4 % Leberherdabklärung 1 0 1 0,4 % Diab. mel. 1 oder 2 entgleist 1 0 1 0,4 % Gesamt 43 8 51 22,2 % (Hämangiom) 4.2 Untersuchungsergebnisse 4.2.1 Befunde der konventionellen Ösophagogastroduodenoskopie 4.2.1.1 Ösophagus Bei der konventionell durchgeführten Ösophagogastroduodenoskopie fielen im Bereich des Ösophagus bereits makroskopisch 148 pathologische Veränderungen bei 109 Patienten (47,6 % des Gesamtkollektivs) auf. Die Refluxösophagitis wurde dabei als häufigste Diagnose bei 66 entsprechend 28,8 % der untersuchten 229 Patienten gestellt und nach Savary und Miller weiter klassifiziert. Das Stadium II war dabei am häufigsten mit insgesamt 43 endoskopischen Diagnosen vertreten, entsprechend 18,8 % des gesamten 60 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Patientenkollektivs. Differenziert nach Stadium II A und B konnten die meisten Patienten in die Gruppe II A mit Nachweis von oberflächlichen Erosionen eingeordnet werden. Sechs der 229 untersuchten Patienten mit chronischer Alkoholkrankheit wiesen endoskopisch ein Stadium III mit zirkulär konfluierenden Erosionen auf. Das Komplikationsstadium mit Ulzerationen, Strikturen sowie Stenosen ließ sich bei 3 Patienten mit noch floriden entzündlichen Veränderungen gemäß einem Stadium IV A und bei weiteren 2 Patienten gemäß Stadium IV B als irreversibles Narbenstadium diagnostizieren. Die erhobenen Daten sind im Einzelnen nach Geschlechtern differenziert in Tabelle 4.12 zu ersehen, wohingegen Abbildung 4.1 den prozentualen Anteil der einzelnen Refluxstadien bezogen auf die 66 Gesamtpatienten mit endoskopisch diagnostizierter Refluxerkrankung veranschaulicht. Tab. 4.12 Anzahl der untersuchten 229 Patienten mit Alkoholabhängigkeit, die sich den jeweiligen Refluxstadien nach Savary und Miller zuordnen ließen Refluxösophagitis Anzahl der betroffenen Patienten Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual Stadium I IA 8 2 10 4,4 % IB 2 0 2 0,9 % 10 2 12 5,3 % II A 32 4 36 15,7 % II B 3 4 7 3,0 % Gesamt 35 8 43 18,7 % Stadium III 6 0 6 2,6 % IV A 3 0 3 1,3 % IV B 2 0 2 0,9 % Gesamt 5 0 5 2,2 % Refluxösophagitiden gesamt 56 10 66 28,8 % Kein Hinweis auf Refluxösophagitis 131 32 163 71,2 % Gesamt Stadium II Stadium IV 61 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ 8% 9% 18% Stadium I Stadium II Stadium III Stadium IV 65% Abb. 4.1 Prozentualer Anteil der einzelnen Refluxstadien nach Savary und Miller bei 66 Patienten mit Alkoholabhängigkeit und endoskopisch diagnostizierter Refluxösophagitis Weiterhin ließen sich bei 51 Personen, entsprechend 22,3 % der 229 untersuchten Patienten mit Alkoholabhängigkeit, Ösophagusvarizen nachweisen. In 4 Fällen hatte dabei eine akute Ösophagusvarizenblutung zur Aufnahme geführt. In Anlehnung an die Klassifikation nach Paquet handelte es sich in 27 Fällen, entsprechend 11,8 % der untersuchten Patienten, um erstgradige Ösophagusvarizen, in 18 Fällen, entsprechend 7,9 % der Patienten, um zweitgradige Varizen und in 6 Fällen, entsprechend 2,6 % der untersuchten Patienten, um drittgradige. Viertgradige Ösophagusvarizen lagen bei keinem der untersuchten 229 Patienten vor. Sogenannte „red spots“ als Zeichen einer Varize auf einer Ösophagusvarize, die nicht in die gewählte Ösophagusvarizenklassifikation nach Paquet eingehen, wurden gesondert vermerkt. So ließen sich jeweils bei 3 männlichen Patienten mit zweitgradigen bzw. drittgradigen Ösophagusvarizen „red spots“ diagnostizieren. Die Tabelle 4.13 gibt die erhobenen Daten jeweils nach Geschlecht differenziert wieder, wohingegen Abbildung 4.2 den prozentualen Anteil der einzelnen Schweregrade gemessen an den gesamt diagnostizierten Ösophagusvarizen verdeutlicht. 62 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.13 Anzahl der untersuchten 229 Patienten mit Alkoholabhängigkeit mit Ösophagusvarizen, klassifiziert nach Paquet Endoskopischer Befund Anzahl der betroffenen Patienten Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual Ösophagusvarizen I ° 21 6 27 11,8 % Ösophagusvarizen II ° 16 * 2 18 7,9 % Ösophagusvarizen III ° 5* 1 6 2,6 % Ösophagusvarizen IV ° 0 0 0 0% Ösophagusvarizen gesamt 42 9 51 22,3 % Kein Hinweis für Ösophagusvarizen 145 33 178 77,7 % * davon jeweils 3 Patienten mit „red spots“ auf einer Varize 12% 0% Varizen I° Varizen II° Varizen III° Varizen IV ° 53% 35% Abb. 4.2 Prozentualer Anteil der einzelnen Ösophagusvarizenschweregrade nach Paquet bei 51 Patienten mit Alkoholabhängigkeit und endoskopisch Ösophagusvarizen Seltener konnten Soorösophagitiden (bei 3 Patienten, entspricht 1,3 % der gesamten 229 untersuchten Patienten), Ösophagitiden nach einer transnasalen Ernährungssonde (bei 2 Patienten, entspricht 0,9 % der Gesamtpatienten), Schatzki-Ringe (bei 3 Patienten, entspricht 1,3 % des Gesamtkollektivs), sowie ein Traktionsdivertikel gefunden werden. Ein kleiner gestielter Polyp im mittleren Ösophagusdrittel wurde makroskopisch primär als benigne eingestuft, zeigte ein chromoendoskopisch unauffälliges Färbeverhalten bei 63 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Verwendung von Lugol´scher Lösung und entsprach histologisch einem squamösen Papillom. Insgesamt 14 Läsionen bei 9 der 229 Patienten ließen nach endoskopischen Kriterien möglicherweise eine präkanzeröse Bedingung, eine Präkanzerose oder einen malignen Prozeß vermuten. Die endoskopisch detektierten Veränderungen stellten sich wie folgt dar: Im ersten Fall handelte es sich um eine umschriebene 0,5 cm große Wandeinziehung des distalen Ösophagusdrittels bei ansonsten makroskopisch unauffälliger Ösophagusschleimhaut, im zweiten um eine minimale Schleimhauteinziehung mit Rötung und im dritten Fall um eine 0,5 cm große unregelmäßige Rötung des distalen Ösophagus im Schleimhautniveau. Beim vierten Fall fand sich eine im Durchmesser 1,5 cm große Läsion mit granulierter Oberfläche im mittleren Ösophagusdrittel, beim fünften Fall fiel ein 1 cm großer fibrinbedeckter Bezirk des proximalen Ösophagusdrittels auf. Weiterhin waren bei 2 Patienten bereits endoskopische Kriterien eines fortgeschrittenen Ösophaguskarzinoms erfüllt. So ließ sich eine 5 cm lange subtotal stenosierende exophytische Raumforderung des proximalen Ösophagusdrittels sowie im anderen Fall eine 2 cm lange umschriebene Ulzeration nachweisen. Ein Patient wies multiple leicht erhabene umschriebene Schleimhautläsionen von ca. 0,2 – 0,5 cm Größe im mittleren und distalen Ösophagusdrittel auf. Weiterhin ließ sich nach vorausgegangener endoskopischer Entfernung eines 1,6 cm großen polypoiden Karzinosarkoms (Schlingenabtragung) ein 0,5 cm messendes Ulcus an der Abtragungsstelle im distalen Ösophagusdrittel darstellen. Da der Barrett-Ösophagus als Zylinderepithelzellmetaplasie vom spezialisierten, intestinalisiertem Typ als präkanzeröse Bedingung anzusehen ist, wurden alle makroskopischen Verdachtsdiagnosen auf das Vorliegen eines Barrett-Epithels als potentiell präkanzeröse Bedingungen bis zum histologischen Beweis des Gegenteils eingestuft. So konnte fünfmal im Bereich des gastroösophagealen Überganges die endoskopische Verdachtsdiagnose eines Barrett-Ösophagus gestellt werden. Bei unterschiedlich langen „Schleimhautsegmenten“ oberhalb der Z-Linie handelte es sich definitionsgemäß in zwei Fällen um ein Long-Segment mit einer Ausdehnung von mehr als 3 cm oberhalb der Z-Linie und in 3 Fällen um ein Short-Segment mit einer Ausdehnung von > 1 bis 3 cm. Tabelle 4.14 gibt die erhobenen endoskopischen Befunde des Ösophagus deskriptiv wieder. Zu beachten gilt, daß bei einigen Patienten parallel mehrere endoskopische Befunde erhoben werden konnten und somit die Anzahl der Befunde im Verhältnis zur Gesamtpatientenzahl deutlich höher ausfällt. 64 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.14 Endoskopische Befunde des bei Ösophagus 229 Patienten mit Alkoholabhängigkeit Gruppe 1 Suspekte endoskopische Befunde hinsichtlich einer präkanzerösen Bedingung oder einer präkanzerösen bzw. kanzerösen Läsion Endoskopischer Befund Anzahl der betroffenen Patienten Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual 0,5 cm große Wandeinziehung mit 1 0 1 0,4 % 1 0 1 0,4 % 1 0 1 0,4 % 1 0 1 0,4 % 1 cm großer fibrinbedeckter Bezirk 1 0 1 0,4 % Exophytische Schleimhautvorwölbung 1 0 1 0,4 % 1 0 1 0,4 % 1 0 1 0,4 % 1 0 1 0,4 % Zylinderepithelzellmetaplasie gesamt* 4 1 5 2,2 % a) Long Segment 2 0 2 0,9 % b) Short Segment 2 1 3 1,3 % Gesamtzahl der suspekten Befunde 13 1 morphologisch unauffälliger Schleimhaut Minimale Schleimhauteinziehung mit Rötung, kein Randwall Umschriebene 0,5 cm große Rötung im Schleimhautniveau 1,5 cm große Läsion mit granulierter Oberfläche ohne Ulzeration mit einer Ausdehnung von 17 – 22 cm ab Zahnreihe Umschriebene Ulzeration, teils fibrinbelegt, Ausdehnung von 28 - 30 cm ab Zahnreihe Multiple umschriebene leicht erhabene Schleimhautläsionen, ca 0,2 - 0,5 cm groß 0,5 cm großes Ulcus im Bereich der Abtragungsstelle nach Ektomie eines polypoiden Karzinosarkoms 14 * Makroskopische Verdachtsdiagnose, histologischer Typ der Zylinderepithelzellmetaplasie zum Untersuchungszeitpunkt noch unklar 65 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.14 Endoskopische Befunde des bei Ösophagus 229 Patienten mit Alkoholabhängigkeit - Fortsetzung Gruppe 2 Weitere endoskopische Befunde ohne Anhalt für eine präkanzeröse Bedingung oder präkanzeröse bzw. kanzeröse Läsion Endoskopischer Befund Anzahl der betroffenen Patienten Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual Refluxösophagitis 56 10 66 28,8 % Ösophagusvarize 42 9 51 22,3 % Venektasie des distalen Ösophagus 4 1 5 2,2 % Soorösophagitis 2 1 3 1,3 % Scleroulcus 1 1 2 0,9 % Ösophagitis nach transnasaler 2 0 2 0,9 % Schatzki-Ring 3 0 3 1,3 % Traktionsdivertikel 1 0 1 0,4 % Kleiner gestielter Polyp 1 0 1 0,4 % 112 22 134 125 23 148 Ernährungssonde - squamöses Papillom Gesamtzahl der weiteren endoskopischen Befunde Gesamtzahl aller Pathologischer Befunde 4.2.1.2 Magen und Duodenum Magen und Duodenum wurden konventionell endoskopisch untersucht und dabei besondere Aufmerksamkeit auf das Vorliegen alkoholassoziierter Veränderungen als Ausdruck der toxischen Schädigung des oberen Gastrointestinaltraktes gelegt. Als Zeichen einer portalen Hypertension konnte bei 23 Patienten, entsprechend 10,0 % des Patientenkollektivs, eine hypertensive Gastropathie, bei weiteren 4 (1,7 %) auch eine hypertensive Duodenopathie diagnostiziert werden. Neben den bereits im Kapitel 4.2.1 dargestellten Ergebnissen hinsichtlich der Ausprägung von Ösophagusvarizen, ließen sich bei 2 Patienten mit Ösophagusvarizen auch Kardiavarizen, sowie in 3 Fällen auch 66 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Fundusvarizen finden. Das Vorliegen einer Gastritis konnte als häufigste Diagnose insgesamt 201 mal gestellt werden, dabei handelte es sich in 21 Fällen um eine akute erosive Gastritis, welche gut mit einer ethanolinduzierten Schädigung der Magenmukosa zu vereinbaren wäre. Komplette Erosionen ließen sich bei 23 Patienten im Bereich des Antrums und bei 5 Patienten im Bulbus duodeni diagnostizieren, bei denen in 15 Fällen eine Helicobacter pylori-Besiedlung nachgewiesen wurde. Bei 6,6 % der 229 Patienten, dies entspricht einer absoluten Zahl von 15 Patienten, lag ein Ulcus ventriculi vor. Bei 9 dieser Personen ließ sich dabei ein positiver Helicobacter pylori-Nachweis sowohl im Urease-Schnelltest, als auch in der modifizierten Giemsa-Färbung führen. Anhand der endoskopischen Klassifikation der Blutungsaktivität nach Forrest ließen sich bei 3 Patienten mit einem Ulcus ventriculi II c-Blutungen und bei einem Patienten eine II a-Blutung feststellen, sowie bei einem weiteren Patienten mit Ulcus duodeni eine II b-Blutung mit entzündlicher subtotaler Stenose. Im Bereich der Kardia fanden sich bei 13 Patienten teils akut blutende, teils in Abheilung befindliche Mallory-Weiss-Läsionen. Als Zufallsbefund konnte bei der Ösophagogastroduodenoskopie in 3 Fällen die Diagnose eines Magenpolyps gestellt werden, histologisch in 2 Fällen als hyperplastisch und in einem weiteren Fall mit kleinherdiger intestinaler Metaplasie beurteilt, sowie einmal ein Polyp im Bulbus duodeni, histologisch als tubuläres Adenom klassifiziert. Als Ursache für eine Emesis und einen Gewichtsverlust fiel bei einem Patienten eine exophytische Raumforderung mit konsekutiver Magenausgangsstenose auf, histologisch einem Adenokarzinom des Magens entsprechend. Bereits makroskopisch ließ sich bei einem Patienten, der sich einer Ösophagogastroduodenoskopie aufgrund einer Dyspepsie unterzogen hatte, ein malignomverdächtiger exophytischer Tumor der Kardia nachweisen, der sich histologisch als Adenokarzinom herausstellte. Insgesamt 16 der 229 Patienten hatten anamnestisch bei Ulcuskrankheit eine Magenoperation angegeben und wiesen das entsprechende endoskopische Korrelat eines Restmagens nach Billroth-I-Operation (7 Patienten), nach Billroth-II-Operation (8 Patienten) bzw. nach 2/3-Magenresektion (1 Patient) auf. Neun dieser Patienten litten wiederum unter einer Anastomositis und ein weiterer unter einem Anastomosenulcus. Die Tabellen 4.15 und 4.16 geben die endoskopischen und histologischen Befunde des Magens und des Duodenums wieder. Zu beachten gilt auch hier, daß bei einigen Patienten parallel mehrere endoskopische Befunde erhoben werden konnten und somit die Anzahl der Befunde im Verhältnis zur Gesamtpatientenzahl deutlich höher ausfällt. 67 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.15 Anzahl der jeweiligen endoskopischen und histologischen Befunde des Magens bei 229 Patienten mit Alkoholabhängigkeit Endoskopischer Befund Anzahl der betroffenen Patienten Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual Gastritis ○ Antrumgastritis Akut 2 1 3 1,3 % Chronisch 70 19 89 38,9 % Erosiv 8 2 10 4,4 % Atrophisch 1 0 1 0,4 % 81 22 103 45 % Gesamt ○ Corpusgastritis Akut 1 0 1 0,4 % Chronisch 38 5 43 18,8 % Erosiv 4 1 5 2,2 % Atrophisch 1 0 1 0,4 % 44 6 50 21,8 % 0 Gesamt ○ Fundusgastritis Akut 0 0 Chronisch 1 0 1 0,4 % Erosiv 1 0 1 0,4 % Atrophisch 0 0 0 0% 2 0 2 0,8 % Gesamt ○ 0% Pangastritis Akut 1 1 2 0,8 % Chronisch 31 8 39 17,1 % Erosiv 3 2 5 2,2 % Atrophisch 0 0 0 0% 35 11 46 20,1 % 162 39 Gesamt Gesamtzahl Gastritiden 68 201 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.15 Anzahl der jeweiligen erhobenen endoskopischen und histologischen Befunde des Magens bei 229 Patienten mit Alkoholabhängigkeit- Fortsetzung Endoskopischer Befund Männer Frauen Gesamtpatienten Prozentual Komplette Erosion o Helicobacter pylori – positiv 13 2 15 6,5 % o Helicobacter pylori – negativ 7 1 8 3,5 % 20 3 23 10,0 % o Helicobacter pylori - positiv 7 2 9 3,9 % o Helicobacter pylori - negativ 4 2 6 2,6 % Gesamt 11 4 15 6,5 % Ulcusnarbe 2 0 2 0,9 % o Hypertensive Gastropathie 19 4 23 10,0 % o Kardiavarizen 2 0 2 0,9 % o Fundusvarizen 3 0 3 1,3 % 24 4 28 12,2 % o Billroth I-Magenresektion 7 0 7 3,1 % o Billroth II-Magenresektion 8 0 8 3,5 % o 2/3-Magenresektion 1 0 1 0,4 % Gesamt 16 0 16 7,0 % Mallory-Weiss-Läsion 7 6 13 5,7 % Axiale Hiatushernie 23 6 29 12,7 % Drüsenkörperzyste 1 0 1 0,4 % Lymphfollikel 1 0 1 0,4 % Anastomositis 9 0 9 3,9 % Anastomosenulcus 1 0 1 0,4 % Speisereste im Magen 1 0 1 0,4 % Magenkarzinom 2 0 2 0,9 % Magenpolyp ( hyperplastisch )* 2 1 3 1,3 % Angiodysplasie 0 1 1 0,4 % 282 64 Gesamt Ulcus ventriculi Zeichen einer portalen Hypertension Gesamt Z. n. Magenoperation Gesamtzahl pathologischer Befunde * in einem Fall mit kleinherdiger intestinaler Metaplasie 69 346 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.16 Anzahl der jeweiligen erhobenen endoskopischen und histologischen Befunde des Duodenums bei 229 Patienten mit Alkoholabhängigkeit Endoskopischer Befund Anzahl der betroffenen Patienten Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual Bulbusduodenitis Akut 0 0 0 0% Chronisch 22 3 25 10,9 % Erosiv 10 1 11 4,8 % Gesamt 32 4 36 15,7 % Komplette Erosion 4 1 5 2,2 % Ulcus duodeni Helicobacter pylori - positiv 5 1 6 2,6 % Helicobacter pylori - negativ 1 0 1 0,4 % Gesamt 6 1 7 3,0 % Ulcusnarbe 1 1 2 0,9 % Hypertensive Duodenopathie 3 1 4 1,7 % Polyp ( tubuläres Adenom ) 1 0 1 0,4 % Lipom 1 0 1 0,4 % Gesamtzahl pathologischer Befunde 48 8 4.2.2 56 Befunde der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung Insgesamt fanden sich im Ösophagus bei 45 der untersuchten 229 Patienten, entsprechend 19,7 % des Gesamtkollektivs, 61 durch die Lugol´sche Lösung nicht gefärbte Schleimhautareale, die zuvor im Rahmen der konventionellen Ösophagogastroduodenoskopie nur teilweise als verändert aufgefallen waren. Nach Geschlecht differenziert zeigten sich nach Aufbringen der Lugol´schen Lösung auf die Ösophagusschleimhaut nicht gefärbte Areale bei 37 (19,8 %) der untersuchten 187 männlichen und bei 8 (19,0 %) der untersuchten 42 weiblichen Patienten. Abbildung 4.3 veranschaulicht die Patientenanzahl mit ungefärbten Ösophagusschleimhautbezirken bei der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung. 70 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Gesamtpatienten Anzahl der Patienten männliche Patienten 184 200 180 160 weibliche Patienten 150 140 120 100 80 45 60 40 20 0 37 34 8 gleichmäßige Schleimhautanfärbung ungefärbte Schleimhautareale Abb. 4.3 Anzahl der Patienten mit chromoendoskopisch gleichmäßig gefärbter Ösophagusschleimhaut bzw. mit ungefärbten Schleimhautarealen bei Verwendung von Lugol´scher Lösung Die weiblichen Patienten wiesen lediglich je ein ungefärbtes Areal bei der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung auf, während sich bei 2 männlichen Patienten synchron 2 ungefärbte Schleimhautbezirke detektieren ließen sowie bei einem weiteren Patienten synchron 3 ungefärbte Areale. Die Ösophagusmukosa weiterer 3 Patienten zeigte nach Applikation des Farbstoffes multiple kleine ungefärbte Bezirke, die sämtlich ab einer Ausdehnung von > 5mm biopsiert wurden. Aus allen farbgeminderten Bezirken wurden jeweils mehrere Gewebeproben entnommen und zur histologischen Aufarbeitung weitergeleitet. Nach Geschlecht differenziert gibt die Abbildung 4.4 die Anzahl der Patienten mit chromoendoskopisch ungefärbten Ösophagusschleimhautarealen Abhängigkeit von der Anzahl der detektierten Areale wieder. 71 in 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Anzahl der Patienten Gesamtpatienten 40 40 35 männliche Patienten 32 weibliche Patienten 30 25 20 15 8 10 2 2 5 0 0 1 Areal 2 Areale 1 1 3 3 0 0 3 Areale > 3 Areale Anzahl der ungefärbten Schleimhautareale Abb. 4.4 Anzahl der Patienten mit chromoendoskopisch ungefärbten Ösophagusschleimhautarealen bei Verwendung von Lugol´scher Lösung. Darstellung in Abhängigkeit vom Geschlecht der Patienten und der Anzahl der detektierten Areale Unter Berücksichtigung des Verteilungsmusters der chromoendoskopisch nicht gefärbten Ösophagusschleimhautareale bei Verwendung von Lugol´scher Lösung ergibt sich die folgende tabellarische Darstellung 4.17. Der Lokalisationsschwerpunkt der ungefärbten Bezirke lag dabei im distalen Ösophagusdrittel. Alle Patienten mit mehr als 2 ungefärbten Arealen wiesen eine Verteilung über alle Ösophagusabschnitte auf. 72 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.17 Anzahl der Patienten mit chromoendoskopisch ungefärbten Ösophagusschleimhautarealen, dargestellt nach Anzahl sowie Lokalisation der detektierten Areale Lokalisation Anzahl der betroffenen Patienten Männer Frauen Gesamtpatienten prozentual Kategorie 1 gleichmäßige Schleimhautfärbung Gesamter Ösophagus 150 34 184 80,3 % Proximales Ösophagusdrittel 4 1 5 2,2 % Mittleres Ösophagusdrittel 5 2 7 3,1 % Distales Ösophagusdrittel 23 5 28 12,2 % Gesamt 32 8 40 17,5 % Proximales Ösophagusdrittel 1 0 1 0,4 % Mittleres Ösophagusdrittel 0 0 0 0% Distales Ösophagusdrittel 1 0 1 0,4 % Gesamt 2 0 2 0,9 % Gesamter Ösophagus 1 0 1 0,4 % Gesamt 1 0 1 0,4 % Kategorie 2 ein ungefärbtes Areal Kategorie 3 zwei ungefärbte Areale Kategorie 4 drei ungefärbte Areale Kategorie 5 mehr als drei ungefärbte Areale Gesamter Ösophagus 3 0 3 1,3 % Gesamt 3 0 3 1,3 % Die bei der konventionellen Endoskopie als suspekt gedeuteten Befunde hinsichtlich des Vorliegens einer Präkanzerose oder einer malignen Läsion zeigten allesamt ein pathologisches Färbeverhalten bei der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung. So ließ sich in allen Fällen ein ungefärbtes Areal > 5 mm an der Stelle der konventionell endoskopisch detektierten Schleimhautveränderung finden. Auch diejenigen Patienten mit bereits makroskopisch geäußertem hochgradigem Verdacht auf ein fortgeschrittenes Ösophagusmalignom Chromoendoskopie bei mit der konventionellen Lugol´scher Lösung Endoskopie unterzogen. Die wurden Intention einer der Chromoendoskopie bestand in diesen Fällen in der Bestimmung der exakten Ausdehnung der malignomverdächtigen Läsionen, als auch in der Auffindung von synchron 73 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ vorliegenden weiteren Läsionen. Die Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung demarkierte klar die Grenzen der Tumore, die zuvor makroskopisch im Rahmen der konventionellen Untersuchung in ihrer Ausdehnung leicht unterschätzt wurden. Weitere chromoendoskopisch ungefärbte Areale bei der Verwendung von Lugol´scher Lösung als Hinweis auf synchron vorliegende Läsionen oder ein multizentrisches Tumorwachstum ließen sich in keinem Fall nachweisen. Zwei Patienten, davon eine weibliche Patientin, mit jeweils einem ungefärbten Areal, wiesen globale Gerinnungsstörungen bei ethyltoxischer Leberzirrhose und toxischer Knochenmarksschädigung auf, so daß keine Biopsie entnommen werden konnte. In einem Fall handelte es sich um eine ungefärbte Schleimhautzunge, die bis 2 cm oberhalb der Z-Linie reichte und somit gut mit einem Short-Barrett-Ösophagus vereinbart werden hätte können, im anderen Fall um einen ungefärbten Bezirk bei makroskopisch unauffälliger Ösophagusschleimhaut. Ein kleiner konventionell endoskopisch benigne wirkender gestielter Polyp zeigte ein gleichmäßiges Färbeverhalten nach Aufbringen der Lugol´schen Lösung auf die Schleimhaut. Histologisch ergab sich die Diagnose eines squamösen Papilloms. 4.2.3 Histologische Befunde Wie bereits im Kapitel 4.3 dargestellt, fielen bei der Chromoendoskopie des Ösophagus mit Lugol´scher Lösung bei insgesamt 45 der untersuchten 229 Patienten mit Alkoholabhängigkeit 61 ungefärbte bzw. vermindert gefärbte Schleimhautbezirke von mindestens 5 mm Größe auf. Die Ösophagitis konnte dabei als häufigste histologische Diagnose gestellt werden. Ein Patient mit makroskopisch suspekten Schleimhautveränderungen im Sinne von multiplen umschriebenen, leicht erhabenen Läsionen zeigte insgesamt 6 vermindert gefärbte Areale > 5 mm nach Aufbringen der Lugol´schen Lösung. Die feingewebliche Untersuchung der Biopsien aus den 6 Läsionen ergab viermal die Diagnose einer Zylinderepithelzellmetaplasie vom Kardiatyp und zweimal den Befund einer regelrechten Schleimhaut. Bei dem anderen Patienten mit multiplen kleinen ungefärbten Schleimhautbezirken wurden alle 12 Areale, die eine Ausdehnung von > 5 mm aufwiesen, biopsiert und ergaben den histologischen Nachweis entzündlich infiltrierter Ösophagusschleimhaut und eines Soorbefalls. 74 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Hinsichtlich der dysplastischen Schleimhautveränderungen konnten zweimal histologisch eine geringgradige, zweimal eine mittelgradige und einmal eine hochgradige Dysplasie gesichert werden. Die Zylinderepithelzellmetaplasie vom spezialisierten Typ ließ sich histologisch bei zwei männlichen Patienten ohne Nachweis von Dysplasien in den untersuchten Gewebeproben diagnostizieren. Bei einem weiteren Patienten konnte histopathologisch die Diagnose eines Carcinoma in situ erhoben werden. Auch eine erneute ausgiebige Gewebeprobenentnahme aus den jeweiligen Läsionen und histologische Aufarbeitung durch ein zweites pathologisches Institut als „second opinion“ bestätigte die Erstdiagnose der hochgradigen Dysplasie und des plattenepithelialen Carcinoma in situ. Ein bereits invasives Plattenepithelkarzinom des Ösophagus konnte feingeweblich bei 4 Patienten festgestellt werden. Dabei ließ sich in 3 Fällen bereits konventionell endoskopisch der dringende Verdacht auf eine maligne Schleimhautläsion stellen. Der vierte Patient wies eine zwar als suspekt gedeutete, aber nur diskret ausgeprägte Schleimhautretraktion mit chromoendoskopisch ungefärbtem Areal von 0,5 cm Ausdehnung bei ansonsten makroskopisch unauffälliger Ösophagusschleimhaut auf. Histologisch konnte der Nachweis eines mittelgradig differenzierten nicht verhornenden Plattenepithelkarzinoms geführt werden. Unter Berücksichtigung des histologischen Gradings der Ösophaguskarzinome handelte es sich in einem Fall um ein gut differenziertes verhornendes Plattenepithelkarzinom G1, um zwei mittelgradig differenzierte nicht verhornende Plattenepithelkarzinome G2 und im letzten Fall um ein mittelgradig differenziertes fokal verhornendes Plattenepithelkarzinom G2. Nach endoskopischer Ektomie eines polypoiden Karzinosarkoms von 1,6 cm Größe im distalen Ösophagus wurde bei einem Patienten eine endoskopische Kontrolluntersuchung einschließlich Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung durchgeführt. Die feingewebliche Untersuchung der Biopsate, die aus den ungefärbten Bezirken im Bereich der Abtragungsstelle gewonnen wurden, ergab den Befund einer Karzinosarkominvasion in die Submukosa. Alle bereits konventionell endoskopisch als suspekt gedeuteten Veränderungen der Ösophagusschleimhaut blieben chromoendoskopisch ungefärbt. Histologisch ließ sich bis auf eine Ausnahme der Verdacht einer Präkanzerose bzw. einer malignen Läsion bestätigen. Nur der Patient mit den multiplen umschriebenen leicht erhabenen Schleimhautläsionen wies eine benigne 75 Veränderung im Sinne einer 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Zylinderepithelzellmetaplasie vom Kardiatyp auf. Tabelle 4.18 stellt die histopathologischen Befunde der Biopsate aus den chromoendoskopisch ungefärbten Ösophagusschleimhautarealen dar. Zu beachten gilt, daß sich bei der histopathologischen Untersuchung teils mehrere Befunde im selben Präparat erheben ließen, so daß sich gemessen an der Zahl der examinierten Biopsien eine höhere Befundanzahl ergibt. Tab. 4.18 Anzahl der Patienten mit dem jeweiligen histologischen Befund der Biopsate aus den chromoendoskopisch ungefärbten Ösophagusschleimhautarealen Histologischer Befund der Biopsate aus den ungefärbten Schleimhautarealen nach Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung Histologischer Befund Männer Frauen Gesamtpatienten Prozentual Unauffällige Schleimhaut 2 0 2 0,9 % A) floride chronische 19 6 25 10,9 % B) floride chronische ulzerierende 2 0 2 0,9 % Gesamt 21 6 27 11,8 % Soorösophagitis 1 0 1 0,4 % Leukoplakie 4 1 5 2,2 % Nekrose 1 0 1 0,4 % a) vom Kardiatyp 6 1 7 3,0 % b) vom spezialisiertem Typ 2 0 2 0,9 % Gesamt 8 1 9 3,9 % A ) leichtgradig 2 0 2 0,9 % B ) mittelgradig 2 0 2 0,9 % C) hochgradig 1 0 1 0,4 % Gesamt 5 0 5 2,2 % Carcinoma in situ 1 0 1 0,4 % Plattenepithelkarzinom 4 0 4 1,7 % Karzinosarkom 1 0 1 0,4 % Gesamtzahl der pathologischen Befunde 48 8 Ösophagitis Zylinderepithelzellmetaplasie Plattenepitheliale Dysplasie 76 56 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ 4.3 Auswertung der anamnestischen, klinischen, konventionell endoskopischen und chromoendoskopischen Daten der Patienten mit detektierten Plattenepithelkarzinomen und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus Als Ergebnis der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung konnten insgesamt 13 Läsionen bei 12 der 229 untersuchten Patienten als präkanzeröse Bedingung, Präkanzerose oder maligne Veränderung eingestuft werden. Dabei handelte es sich histopathologisch um eine Barrett-Schleimhaut, eine Dysplasie, ein Carcinoma in situ, ein Karzinosarkom oder ein Plattenepithelkarzinom des Ösophagus. Da die BarrettSchleimhaut nicht als eigentliche Domaine der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung angesehen werden kann und sich insbesondere durch die Applikation der Lugol´schen Lösung keine Hinweise auf fokale Barrett-Schleimhaut oder dysplastische Areale innerhalb des metaplastischen Schleimhautsegmentes ergeben [122], müssen diese Läsionen als Zufallsbefund gewertet werden. In Hinblick auf die Ergebnisse der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung wurde der Befund einer Barrett-Schleimhaut als präkanzeröse Kondition mit nicht weiter betrachtet. Das Karzinosarkom als weiterer Sonderfall eines malignen Tumors mit karzinomatösem und sarkomatösem Anteil wurde unter Berücksichtigung der plattenepithelialen karzinomatösen Komponente in die Auswertung einbezogen. Die genaue Charakterisierung des Patientenkollektivs mit nachgewiesenen plattenepithelialen präkanzerösen oder kanzerösen Läsionen als Ergebnis der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung erfolgte mittels Korrelation der umfangreich erhobenen anamnestischen, klinischen, konventionell endoskopischen, chromoendoskopischen sowie histologischen Daten und Befunde. 77 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ 4.3.1 Biographische Patientendaten Alle betroffenen Patienten mit präkanzerösen und kanzerösen Läsionen gehörten dem männlichen Geschlecht an. Ein Patient wies synchron im distalen Ösophagusdrittel eine leichtgradige und im proximalen Ösophagusdrittel eine mittelgradige Dysplasie auf. Die 4 Patienten mit einem gesicherten Plattenepithelkarzinom des Ösophagus konnten bis auf eine Ausnahme der Altersgruppe 2 der 40 – 65-Jährigen zugeordnet werden. Ein Patient ließ sich mit 67 Lebensjahren der Altersgruppe 3 (älter als 65 Jahre) zurechnen. Insgesamt betrug das Durchschnittsalter der Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom 60,3 Jahre mit einer einfachen Standardabweichung von 5,9 Jahren. Für die Patienten mit einer Dysplasie errechnete sich im Vergleich zu diesen Werten ein Durchschnittsalter von 50,5 Jahren mit einer einfachen Standardabweichung von 8,2 Jahren. Bei den höhergradigen Dysplasien ergab sich jedoch für 2 der 3 Patienten eine Einteilung in die Altersgruppe 3 der älter als 65 Jahre alten Personen. Lediglich ein Patient mit einer mittelgradigen Dysplasie ließ sich mit 48 Jahren der Altersgruppe 2 zuordnen. Der Patient mit dem plattenepithelialen Carcinoma in situ war zum Untersuchungszeitpunkt 63 Jahre alt und muß somit ebenfalls der Altersgruppe 2 zugerechnet werden. Mit 58 Jahren gehörte der Patient mit dem Nachweis einer Karzinosarkominfiltration der Submukosa im Bereich der Abtragungsstelle nach endoskopischer Ektomie eines polypoiden Karzinosarkoms ebenfalls zur Altersgruppe 2. Tabelle 4.19 faßt die detaillierten Daten der einzelnen Patienten unter Verwendung der Initialen zur Erleichterung der Zuordnung zusammen. 78 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.19 Biographische Daten der Patienten mit detektierten Ösophaguskarzinomen und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus Patientenkürzel Geschlecht Alter in Jahren Altersgruppe AR* Männlich 48 2 ( > 40 – 65 Jahre ) ST Männlich 62 2 ( > 40 – 65 Jahre ) AR* Männlich 48 2 ( > 40 – 65 Jahre ) SE Männlich 68 3 ( > 65 Jahre ) Männlich 68 3 ( > 65 Jahre ) Männlich 63 2 ( > 40 – 65 Jahre ) Männlich 58 2 ( > 40 – 65 Jahre ) HW Männlich 53 2 ( > 40 – 65 Jahre ) GL Männlich 56 2 ( > 40 – 65 Jahre ) KH Männlich 65 2 ( > 40 – 65 Jahre ) HB Männlich 67 3 ( > 65 Jahre ) Dysplasien Leichtgradige Dysplasie Mittelgradige Dysplasie Hochgradige Dysplasie MK Carcinoma in situ IS Karzinosarkom CB Plattenepithelkarzinome * AR = Patient mit synchron vorliegender leichtgradiger Dysplasie im distalen Ösophagusdrittel und mittelgradiger Dysplasie im proximalen Ösophagusdrittel 79 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ 4.3.2 Bei Alkoholkonsum der Analyse des Alkoholkonsumverhaltens der Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom, einem Karzinosarkom, mit einem Carcinoma in situ oder mit einer Dysplasie ergab sich durchweg eine Einordnung in einen gefährlichen Alkoholkonsum bis Hochkonsumbereich (Einteilung nach Bühringer et al. [21]). Bei einigen Patienten ergab sich eine deutliche Diskrepanz zwischen dem täglichen Alkoholkonsum und dem Alkoholindex, in den die Dauer des Alkoholkonsums in Jahren einfließt. So betrieb ein Patient mit einem gesicherten Plattenepithelkarzinom des Ösophagus in Hinblick auf den täglichen Alkoholkonsum einen gefährlichen Konsum, in Hinblick auf den Alkoholindex ließ er sich jedoch schon der Risikogruppe 3 mit entsprechend langer Dauer des Alkoholkonsums zuordnen. Hingegen nahm ein weiterer Patient mit einem Plattenepithelkarzinom umgerechnet 188 g Alkohol pro Tag zu sich und erfüllte damit die Kriterien des Hochkonsums, während der Alkoholindex mit 377 Alkohol-Jahren unter die Risikogruppe 1 fiel und Hinweis auf einen wohl erst kurzzeitig bestehenden exzessiven Alkoholabusus gab. Tabelle 4.20 gibt die jeweiligen Daten zum Alkoholkonsum der Patienten mit nachgewiesenen plattenepithelialen präkanzerösen und kanzerösen Läsionen detailliert wieder. 80 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.20 Darstellung des Alkoholkonsums der Patienten mit detektierten Ösophaguskarzinomen und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus Patientenkürzel Alkoholkonsum Gramm Konsumgruppe Alkoholindex Gruppe Gruppe pro Tag Dysplasien Leichtgradige Dysplasien AR* 149 2 Hochkonsum 5996 3 ST 74 1 Gefährlicher Konsum 1657 1 Mittelgradige Dysplasien AR* 149 2 Hochkonsum 5996 3 SE 151 2 Hochkonsum 2272 2 2 Hochkonsum 2761 2 Hochgradige Dysplasien MK 162 Carcinoma in situ des Ösophagus IS 180 2 Hochkonsum 2846 2 110 2 Gefährlicher Konsum 2890 2 Karzinosarkom CB Plattenepithelkarzinome HW 95 1 Gefährlicher Konsum 4261 3 GL 157 2 Hochkonsum 5207 3 KH 188 2 Hochkonsum 377 1 HB 110 2 Gefährlicher Konsum 2209 2 * AR = Patient mit synchron vorliegender leichtgradiger Dysplasie im distalen Ösophagusdrittel und mittelgradiger Dysplasie im proximalen Ösophagusdrittel Hinsichtlich der Art des konsumierten Alkohols gaben zwei der Patienten mit Ösophaguskarzinom an, reine Biertrinker zu sein. Die anderen Patienten mit Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus, Karzinosarkom, Carcinoma in situ und Dysplasien berichteten, jeweils Bier und vor allem Schnaps als alkoholische Getränke zu präferieren (Tabelle 4.21). 81 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.21 Art des vorwiegend konsumierten alkoholischen Getränks der Patienten mit detektierten Ösophaguskarzinomen und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus Patientenkürzel Bevorzugtes alkoholisches Getränk Dysplasien Leichtgradige Dysplasie AR* Bier und Schnaps ST Bier und Schnaps Mittelgradige Dysplasie AR* Bier und Schnaps SE Bier und Schnaps Hochgradige Dysplasie MK Bier und Schnaps Carcinoma in situ IS Bier und Schnaps Karzinosarkom CB Bier und Schnaps Plattenepithelkarzinome HW Bier GL Bier und Schnaps KH Bier und Schnaps HB Bier * AR = Patient mit synchron vorliegender leichtgradiger Dysplasie im distalen Ösophagusdrittel und mittelgradiger Dysplasie im proximalen Ösophagusdrittel 4.3.3 Leberveränderungen Die Leber als markantes Stoffwechselorgan wurde als Anhaltspunkt für das Vorliegen und den Ausprägungsgrad von alkoholtoxischen Organschäden ausgewählt. Bei einem Patienten mit einem histologisch gesicherten Plattenepithelkarzinom des Ösophagus fand sich ein sonomorphologisch unauffälliger Leberbefund mit ungestörter Leberfunktion, soweit dies laborchemisch beurteilbar war. In Hinblick auf den betriebenen 82 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Alkoholkonsum ließ sich dieser Patient - wie in Kapitel 4.3.2 ausgeführt - sowohl als Patient mit einem Hochkonsum, gemessen am täglichen Alkoholgenuß in Gramm, als auch in Risikogruppe 3 hinsichtlich des Alkoholindex einstufen. Bei den übrigen Patienten mit Plattenepithelkarzinom, Karzinosarkominfiltration, plattenepithelialem Carcinoma in situ oder nachgewiesenen dysplastischen Schleimhautveränderungen des Ösophagus waren entweder geringere morphologische Umbauvorgänge mit Fetteinlagerungen im Sinne einer Steatosis hepatis oder bereits ein narbiger Umbau mit Ausbildung einer Leberzirrhose der Child-Pugh–Schweregrade A und B zu verzeichnen. Die detaillierten Daten der einzelnen Patienten werden in Tabelle 4.22 aufgelistet. Tab. 4.22 Leberbeurteilung bei jenen Patienten mit detektierten Ösophaguskarzinomen und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus Patientenkürzel Leberveränderungen Dysplasien Leichtgradige Dysplasie AR* Fettleber ST Leberzirrhose Child-Pugh B Mittelgradige Dysplasie AR* Fettleber SE Leberzirrhose Child-Pugh B Hochgradige Dysplasie MK Fettleber Carcinoma in situ IS Fettleber Karzinosarkom CB Leberzirrhose Child-Pugh B Plattenepithelkarzinome HW Steatosis hepatis GL unauffällige Leber KH Leberzirrhose Child-Pugh A HB Leberzirrhose Child-Pugh A * AR = Patient mit synchron vorliegender leichtgradiger Dysplasie im distalen Ösophagusdrittel und mittelgradiger Dysplasie im proximalen Ösophagusdrittel 83 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ 4.3.4 Nikotinkonsum Der Nikotinkonsum als weiterer Hauptrisikofaktor für die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus wurde ebenfalls detailliert einerseits nach gerauchter Zigarettenanzahl pro Tag und andererseits nach pack-years verglichen. Dabei fiel insbesondere ein Patient mit gesichertem Speiseröhrenkrebs durch eine absolute Nikotinabstinenz auf, so daß hier ein wesentlicher Risikofaktor für die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus fehlte. Die anderen Patienten betrieben in wechselnder Ausprägung einen überwiegend starken Nikotinkonsum, der sich ebenso wie die Dauer des betriebenen Nikotinabusus in der Höhe der pack-years-Werte niederschlägt. So zählten alle rauchenden Patienten mit prämalignen oder malignen Ösophagusschleimhautveränderungen bis auf eine Ausnahme mindestens zur Risikogruppe 2, sowohl die Anzahl der täglich gerauchten Zigaretten, als auch die Höhe der pack-years betreffend. Eine andere Art des Tabakkonsums wie beispielsweise das Pfeifenrauchen bevorzugte keiner der betroffenen Personen. Tabelle 4.23 gibt die Daten der jeweiligen Patienten mit der entsprechenden Ösophagusschleimhautläsion ausführlich wieder. 84 präkanzerösen und kanzerösen 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.23 Nikotinkonsum der Patienten mit detektierten Ösophaguskarzinomen und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus Patientenkürzel Täglicher Zigarettenkonsum Zigarettenanzahl pack-years Risikogruppe pack-years Risikogruppe Dysplasien Leichtgradige Dysplasien AR* 40 2 80 3 ST 60 3 90 3 AR* 40 2 80 3 SE 60 3 60 3 30 2 38 2 40 2 60 3 20 2 32 2 Mittelgradige Dysplasien Hochgradige Dysplasien MK Carcinoma in situ IS Karzinosarkom CB Plattenepithelkarzinome HW 0 0 0 0 GL 25 2 63 3 KH 20 1 20 1 HB 25 2 44 3 * AR = Patient mit synchron vorliegender leichtgradiger Dysplasie im distalen Ösophagusdrittel und mittelgradiger Dysplasie im proximalen Ösophagusdrittel 4.3.5 Weiteres Risikoprofil Bei keinem der Patienten mit dem Befund einer plattenepithelialen präkanzerösen oder kanzerösen Läsion des Ösophagus ließ sich ein weiterer Risikofaktor für die Entwicklung eines Ösophaguskarzinoms eruieren. So lagen keine vorbekannten oder erstdiagnostizierten Tumoren des oberen Aerodigestivtraktes vor, noch waren die betroffenen Patienten in der Vorgeschichte mittels einer Radiotherapie des Thorax 85 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ behandelt worden. Auch eine Achalasie oder ein Ösophagusdivertikel ließen sich weder anamnestisch noch endoskopisch vermuten. 4.3.6 Protektive Faktoren Besondere Beachtung fand auch die Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika als protektiver Faktor hinsichtlich der Entwicklung eines Ösophaguskarzinoms. Nur ein Patient mit Nachweis eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus nahm täglich Acetylsalicylsäure in einer Dosis von 300 mg pro Tag zur Kardioprotektion nach rezidivierenden thromboembolischen Ereignissen zu sich. Alle anderen Patienten mit plattenepithelialen präkanzerösen oder kanzerösen Läsionen des Ösophagus gaben an, weder regelmäßig noch gelegentlich nichtsteroidale Antirheumatika zu verwenden. Als weiteres protektives Element wurden retrospektiv die Ernährungsgewohnheiten der Patienten unter besonderer Berücksichtigung des regelmäßigen Verzehrs von Gemüse und Früchten erfragt. Eine grundsätzlich oder überwiegend ausgewogene Ernährungsweise wurde nach eigenen Angaben von keinem der Patienten mit prämalignen oder malignen Ösophagusschleimhautveränderungen praktiziert. 4.3.7 Symptome und Aufnahmediagnosen Die Auswertung der zur stationären Behandlung bzw. zur endoskopischen Untersuchung führenden Beschwerden sollte Aufschluß geben, wie häufig „charakteristische“ Symptome bei Patienten mit Ösophaguskarzinomen und zwar besonders mit Ösophagusfrühkarzinomen auftreten. Dabei ließ sich die Dysphagie als mögliches Symptom eines (fortgeschrittenen) Speiseröhrenkrebses bei einem der Patienten mit einem gesicherten Ösophaguskarzinom im Tumorstadium I nach AJCC eruieren. Alle anderen Patienten mit einem Ösophaguskarzinom im Stadium 0 und I nach AJCC ebenso wie der Patient mit dem bereits fortgeschrittenen Karzinom im Stadium II B wiesen keine richtungsweisenden Symptome auf. Vergleichend boten 45 Patienten ohne Nachweis einer malignen oder präkanzerösen Läsion des Ösophagus ein Beschwerdebild, das mit dem Vorliegen eines Ösophaguskarzinoms hätte in Einklang stehen können. Als Ausdruck der toxischen Organschädigung wurden 2 Patienten aufgrund von alkoholassoziierten Erkrankungen stationär behandelt. Lediglich 1 Patient mit histologisch 86 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ nachgewiesenem Ösophaguskarzinom erlitt eine kardiovaskulär bedingte Synkope, somit eine Erkrankung ohne direkten Bezug zur Alkoholabhängigkeit. Ähnlich stellten sich auch die Erkrankungen der Patienten mit nachgewiesenen dysplastischen Veränderungen dar. So bestanden bei 2 Patienten Symptome, die mit dem Vorliegen eines fortgeschrittenen Ösophaguskarzinoms in Einklang hätten stehen können. In einem Fall handelte es sich um eine obere gastrointestinale Blutung, im anderen um eine Dysphagie. Die übrigen Patienten mit einer gesicherten Dysplasie ebenso wie der Patient mit der Karzinosarkominfiltration wurden aufgrund von alkoholassoziierten Erkrankungen behandelt. Der Patient mit dem Carcinoma in situ befand sich zur Durchführung eines qualifizierten Alkoholentzuges in stationärer psychiatrischer Behandlung. Die jeweiligen Diagnosen bzw. Symptome der einzelnen Patienten werden ausführlich in Tabelle 4.24 wiedergegeben. Tab. 4.24 Symptome und Aufnahmediagnosen der Patienten mit detektierten Ösophaguskarzinomen und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus Patientenkürzel Symptome und Aufnahmediagnosen Dysplasien Leichtgradige Dysplasie AR* Dysphagie ST Obere gastrointestinale Blutung Mittelgradige Dysplasie AR* Dysphagie SE Akute Alkoholintoxikation Hochgradige Dysplasie MK Rhabdomyolyse nach Alkoholentzugskrampfanfall Carcinoma in situ IS Qualifizierter Alkoholentzug Karzinosarkom CB Dekompensierte Leberzirrhose Plattenepithelkarzinome HW Synkope kardiovaskulär GL Akuter Schub einer chronischen ethyltoxischen Pankreatitis KH Akute Alkoholintoxikation HB Dysphagie * AR = Patient mit synchron vorliegender leichtgradiger Dysplasie im distalen Ösophagusdrittel und mittelgradiger Dysplasie im proximalen Ösophagusdrittel 87 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ 4.3.8 Konventionell endoskopische Befunde 4.3.8.1 Ösophagus Bei der Beurteilung der Schleimhautveränderungen ließen Ösophaguskarzinome nach den konventionell sich bei 2 endoskopisch Patienten morphologischen bereits Kriterien detektierbaren fortgeschrittene diagnostizieren. Die Malignome imponierten einerseits als eine umschriebene 5 cm lange exophytische Raumforderung ohne Ulzeration im mittleren Ösophagusdrittel, andererseits als umschriebene 2 cm lange Ulzeration mit partiellem Fibrinbelag im distalen Ösophagusdrittel. Zwei weitere Patienten zeigten morphologische Läsionen im Sinne einer leicht eingesunkenen Schleimhaut, in einem Fall nur eine umschriebene diskrete Einziehung bei makroskopisch ansonsten unauffälliger Schleimhaut im mittleren Ösophagusdrittel. Die Ausdehnung der beiden beschriebenen diskreten Schleimhauteinziehungen betrug jeweils 0,5 cm. Das Carcinoma in situ stellte sich makroskopisch als eine Läsion mit einem Durchmesser von 1,5 cm dar, deren Oberfläche eine Granulierung zeigte. Ein Patient mit einer mittelgradigen Dysplasie wies eine umschriebene Rötung mit einem Ausmaß von 0,5 cm auf, während sich bei dem Patienten mit der hochgradigen Dysplasie eine 1,0 cm große fibrinbedeckte Läsion im proximalen Ösophagusdrittel nachweisen ließ. Beide Läsionen waren bereits bei der konventionell endoskopischen Untersuchung beschrieben worden. Die übrigen histopathologisch gesicherten dysplastischen Schleimhautveränderungen fanden auch retrospektiv bei detaillierter Auswertung der angefertigten Videoaufzeichnungen kein morphologisches Korrelat. Die Diagnose einer Refluxösophagitis II a nach Savary und Miller war zwar bei einem Patienten mit gesicherter Dysplasie gestellt worden, jedoch zeigte sich diese Veränderung konventionell endoskopisch im distalen Ösophagusdrittel, während die präkanzeröse Läsion im makroskopisch unauffälligen mittleren Ösophagusdrittel lokalisiert war. Im Falle des Patienten CB mit der Karzinosarkominfiltration der Submukosa war eine endoskopische Abtragung eines polypoiden Karzinosarkoms vorausgegangen. Im Bereich der Abtragungsstelle ließ sich ein 0,5 cm großes Ulcus konventionell endoskopisch finden. Alle Daten zu den erhobenen endoskopischen Befunden der Speiseröhre sind fallbezogen in Tabelle 4.25 zusammengefaßt. 88 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.25 Konventionell endoskopische Befunde des Ösophagus der Patienten mit detektierten Ösophaguskarzinomen und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen Patientenkürzel Endoskopische Befunde des Ösophagus bei der konventionellen endoskopischen Untersuchung Dysplasien Leichtgradige Dysplasie AR* Morphologisch unauffällige Schleimhaut ST Refluxösophagitis II a Ausdehnung makroskopisch: distales Ösophagusdrittel Mittelgradige Dysplasie AR* Morphologisch unauffällige Schleimhaut (s. Anhang Abb. 8.3a) SE Umschriebene Rötung im Schleimhautniveau Lokalisation: mittleres Ösophagusdrittel Hochgradige Dysplasie MK 1 cm große fibrinbedeckte Läsion Lokalisation: proximales Ösophagusdrittel Carcinoma in situ IS 1,5 cm große Läsion mit granulierter Oberfläche Lokalisation: distales Ösophagusdrittel (s. Anhang Abb. 8.4a) Karzinosarkom CB 0,5 cm großes Ulcus im Bereich der Abtragungsstelle nach Ektomie eines polypoiden Karzinosarkoms Lokalisation: distales Ösophagusdrittel 89 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.25 Konventionell endoskopische Befunde des Ösophagus der Patienten mit detektierten Ösophaguskarzinomen und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen - Fortsetzung Patientenkürzel Endoskopische Befunde des Ösophagus Bei der konventionellen endoskopischen Untersuchung Plattenepithelkarzinome HW Ca. 2 cm große umschriebene Ulzeration, teils fibrinbelegt Lokalisation: distales Ösophagusdrittel (s. Anhang Abb. 8.5a) GL Minimale (ca. 0,5 cm große) Schleimhauteinziehung mit Rötung, kein Randwall Lokalisation: distales Ösophagusdrittel (s. Anhang Abb. 8.6a) KH Minimale (ca. 0,5 cm große) Schleimhauteinziehung ohne Randwall, Schleimhaut wirkt makroskopisch unauffällig Lokalisation: mittleres Ösophagusdrittel, weiterhin Ösophagusvarizen I ° (s. Anhang Abb. 8.7a) HB Exophytische Schleimhautvorwölbung ohne Ulzeration Ausdehnung 17 – 22 cm ab Zahnreihe Lokalisation: mittleres Ösophagusdrittel, weiterhin Refluxösophagitis II a nach SM im distalen Ösophagusdrittel bei axialer Hiatushernie * AR = Patient mit synchron vorliegender leichtgradiger Dysplasie im distalen Ösophagusdrittel und mittelgradiger Dysplasie im proximalen Ösophagusdrittel 4.3.8.2 Magen und Duodenum Als häufigste konventionell endoskopisch erhobene Diagnosen im Bereich des Magens und Duodenums wurden die Gastritis und die Duodenitis gestellt. Dabei reichte das Spektrum von der Antrumgastritis bis zur Pangastritis, teils auch erosiv und mit Nachweis kompletter Erosionen. Ein Patient mit histologisch bestätigtem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus wies eine Anastomositis bei Zustand nach Billroth-I-Magenresektion in der Vorgeschichte auf. Die jeweiligen endoskopischen Befunde von Magen und Duodenum der einzelnen 90 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Patienten mit präkanzerösen oder kanzerösen plattenepithelialen Läsionen können der Tabelle 4.26 entnommen werden. Tab. 4.26 Konventionell endoskopische Befunde von Magen und Duodenum der Patienten mit detektierten Ösophaguskarzinomen und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus Patientenkürzel Endoskopische Befunde von Magen und Duodenum Bei der konventionellen endoskopischen Untersuchung Dysplasien Leichtgradige Dysplasie AR* Zeichen einer chronischen Antrumgastritis sowie chronischen Bulbusduodenitis ST Zeichen einer chronisch aktivierten Pangastritis Mittelgradige Dysplasie AR* Zeichen einer chronischen Antrumgastritis sowie chronischen Duodenitis SE Komplette Erosionen im Antrum (Helicobacter pylori negativ) sowie erosive Bulbusduodenitis Hochgradige Dysplasie MK Zeichen einer chronischen Antrumgastritis Carcinoma in situ IS Zeichen einer erosiven Pangastritis Karzinosarkom CB Makroskopisch unauffällige Schleimhaut im Magen und Duodenum Plattenepithelkarzinome HW Komplette Erosionen im Antrum sowie Bulbusduodenitis GL Zustand nach Billroth-I-Magenresektion mit Anastomositis KH Makroskopisch unauffällige Schleimhaut im Magen Duodenum HB Erosive Pangastritis * AR = Patient mit synchron vorliegender leichtgradiger Dysplasie im distalen Ösophagusdrittel und mittelgradiger Dysplasie im proximalen Ösophagusdrittel 91 und 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ 4.3.9 Chromoendoskopische Befunde Ungefärbte Schleimhautbezirke bei der Chromoendoskopie des Ösophagus mit Lugol´scher Lösung wurden ab einer Ausdehnung von > 5 mm biopsiert. Bei allen Patienten mit einem gesicherten Plattenepithelkarzinom ließ sich endoskopisch jeweils ein singulär ungefärbtes Schleimhautareal detektieren. In zwei Fällen war das ungefärbte Areal dabei im distalen Ösophagusdrittel lokalisiert, bei den anderen beiden Patienten hingegen im mittleren Drittel. Drei ungefärbte Areale bei einem Patienten, die im distalen, mittleren und proximalen Ösophagusdrittel lokalisiert waren, erbrachten einerseits den histologischen Befund einer leichtgradigen Dysplasie im distalen Ösophagusdrittel und andererseits den einer synchron vorliegenden mittelgradigen Dysplasie im proximalen Ösophagusdrittel. Die entnommene Biopsie aus dem mittleren Drittel hingegen zeigte eine chronische Ösophagitis. Die Diagnose einer hochgradigen Dysplasie stammte aus einer Biopsie im proximalen Ösophagusdrittel bei einem Patienten, der zeitgleich 2 chromoendoskopisch ungefärbte Bezirke im gleichen Ösophagusdrittel aufwies. Die Biopsie aus dem zweiten ungefärbten Areal ergab dabei histologisch den Befund einer unauffälligen Ösophagusschleimhaut. Im Bereich der Abtragungsstelle nach endoskopischer Ektomie eines polypoiden Karzinosarkoms fand sich ein weiteres chromoendoskopisch ungefärbtes Areal, das entsprechend biopsiert und feingeweblich aufgearbeitet wurde. Hier ließ sich der Nachweis einer Infiltration der Submukosa durch das Karzinosarkom führen. Die chromoendoskopischen Befunde der einzelnen Patienten können der Tabelle 4.27 entnommen werden. 92 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Tab. 4.27 Chromoendoskopische Befunde des Ösophagus nach Applikation der Lugol´schen Lösung bei jenen Patienten mit detektierten Ösophaguskarzinomen und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus Patientenkürzel Chromoendoskopische Befunde des Ösophagus bei der Verwendung von Lugol´scher Lösung Dysplasie Leichtgradige Dysplasie AR* insgesamt drei ungefärbte Areale, histopathologischer Befund aus dem Areal im distalen Ösophagusdrittel ST ein ungefärbtes Areal im mittleren Ösophagusdrittel Mittelgradige Dysplasie AR* insgesamt drei ungefärbte Areale, histopathologischer Befund aus dem Areal im proximalen Ösophagusdrittel (s. Anhang Abb. 8.3b) SE ein ungefärbtes Areal im mittleren Ösophagusdrittel Hochgradige Dysplasie MK zwei ungefärbte Areale im proximalen Ösophagusdrittel Carcinoma in situ IS ein ungefärbtes Areal im distalen Ösophagus (s. Anhang Abb. 8.4b) Karzinosarkom CB ein ungefärbtes Areal im distalen Ösophagus im Bereich der Abtragungsstelle nach endoskopischer Ektomie eines polypoiden Karzinosarkoms Plattenepithelkarzinome HW ein ungefärbtes Areal im distalen Ösophagusdrittel (s. Anhang Abb. 8.5b) GL ein ungefärbtes Areal im distalen Ösophagusdrittel (s. Anhang Abb. 8.6b) KH ein ungefärbtes Areal im mittleren Ösophagusdrittel (s. Anhang Abb. 8.7b) HB ein ungefärbtes Areal im mittleren Ösophagusdrittel * AR = Patient mit synchron vorliegender leichtgradiger Dysplasie im distalen Ösophagusdrittel und mittelgradiger Dysplasie im proximalen Ösophagusdrittel 93 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ 4.4 Klassifikation und Stadieneinteilung der detektierten Plattenepithelkarzinome und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus 4.4.1 Morphologische Klassifikation Anhand der Klassifikation der Japanese Society for Esophageal Diseases ließ sich bei 2 Patienten bereits ein fortgeschrittenes Ösophaguskarzinom nach den morphologischen Kriterien diagnostizieren, einerseits vom vorgewölbten Typ, im anderen Fall vom ulzerierten und umschriebenen Typ. Zwei weitere Patienten zeigten makroskopische Schleimhautveränderungen, die sich gut mit oberflächlichen Ösophaguskarzinomen vereinbaren ließen. Zum einen handelte es sich um eine leicht eingesunkene Schleimhaut, zum anderen um eine umschriebene leichte Einziehung bei makroskopisch ansonsten unauffälliger Schleimhaut. Die morphologische Klassifikation der jeweiligen Veränderungen ist patientenbezogen in Tabelle 4.28 dargestellt. Tab. 4.28 Morphologische Klassifikation der Ösophaguskarzinome nach den Kriterien der Japanese Society for Esophageal Diseases Patientenkürzel Morphologische Klassifikation der detektierten Ösophaguskarzinome Plattenepithelkarzinome HW Typ 2 GL Typ 0-Iic : oberflächlicher, leicht eingesunkener Typ KH Typ 0-Iic : oberflächlicher, leicht eingesunkener Typ HB Typ 1 vorgewölbter Typ 4.4.2 : : ulzerierter und umschriebener Typ Histopathologische Klassifikation Als Grundlage der histopathologischen Beurteilung wurde die revidierte Fassung der Vienna Klassifikation für intramuköse Neoplasien bei oberflächlichen neoplastischen Läsionen verwendet. Gemäß den Richtlinien dieser Klassifikation ließ sich der Patient mit der leichtgradigen Dysplasie in die Gruppe der leichtgradigen intraepithelialen Neoplasien einordnen, während sowohl der Patient mit der hochgradigen als auch die Patienten mit der 94 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ mittelgradigen Dysplasie in die Gruppe 4-1 als hochgradige intraepitheliale Neoplasien einzugruppieren waren. Ebenfalls in die Gruppe 4, jedoch Subgruppe 4-2 ließ sich der Patient mit dem Carcinoma in situ einordnen. Die Einstufung aller Patienten mit einem gesicherten Karzinom erfolgte nach den histopathologischen Kriterien in Gruppe 5. Tabelle 4.29 gibt die fallbezogene Einstufung nach den Richtlinien der revidierten Fassung der Vienna Klassifikation unter Angabe der histologischen Kriterien wieder. Tab. 4.29 Histopathologische Klassifikation der detektierten Ösophaguskarzinome und intraepithelialen Neoplasien nach den Richtlinien der revidierten Fassung der Vienna Klassifikation Patientenkürzel Histopathologische Klassifikation der detektierten Ösophaguskarzinome und intraepithelialen Neoplasien Dysplasien ST Gruppe 3 : leichtgradige intraepitheliale Neoplasie AR Gruppe 4-1 : hochgradige intraepitheliale Neoplasie SE Gruppe 4-1 : hochgradige intraepitheliale Neoplasie MK Gruppe 4-1 : hochgradige intraepitheliale Neoplasie Gruppe 4-2 : nichtinvasives Karzinom HW Gruppe 5 : submuköses Karzinom GL Gruppe 5 : submuköses Karzinom KH Gruppe 5 : submuköses Karzinom HB Gruppe 5 : submuköses Karzinom Carcinoma in situ IS Plattenepithelkarzinome 4.4.3 Klinische Stadieneinteilung Die klinische Stadieneinteilung erfolgte anhand der TNM-Klassifikation der Union Internationale Contre le Cancer (UICC) mit Angabe des Tumorstadiums nach Maßgabe der American Joint Commission for Classification of Cancer (AJCC). Dementsprechend erfüllt der Patient mit dem Carcinoma in situ die Kriterien des Tumorstadiums 0. Bei 3 Patienten mit gesicherten Ösophaguskarzinomen ließ sich klinisch ein Tumorstadium I nach AJCC 95 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ diagnostizieren, während der vierte Patient bereits dem Tumorstadium II B zugeordnet werden mußte. Postoperativ ergab sich bei einem Patienten eine Diskrepanz zwischen der klinischen und pathologischen TNM-Klassifikation. So war dieser Patient nach Abschluß aller Staginguntersuchungen klinisch zunächst als T1N0M0 (Tumorstadium I nach AJCC) eingestuft worden, mußte nach abdominothorakaler Ösophagusresektion mit histopathologischer Aufarbeitung des Resektates hinsichtlich der Stadieneinteilung als pT1pN1M0 - somit einem Stadium II B nach AJCC entsprechend – korrigiert werden. Die jeweilige Stadieneinteilung ist in Tabelle 4.30 ersichtlich. Tab. 4.30 Klinische Stadieneinteilung der detektierten Ösophaguskarzinome und des Carcinoma in situ nach den Richtlinien der TNM-Klassifikation der UICC und der Tumorstadienbestimmung nach AJCC Patientenkürzel Klinische Stadieneinteilung der detektierten Ösophaguskarzinome und des Carcinoma in situ Carcinoma in situ IS Tumorstadium 0 : Tis N0 M0 Plattenepithelkarzinome HW Tumorstadium IIB : T1 N1 M0 GL Tumorstadium I : T1 N0 M0 Tumorstadium IIB : pT1 pN1 M0 KH Tumorstadium I : T1 N0 M0 HB Tumorstadium I : T1 N0 M0 96 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ 4.5 Therapie und Nachsorge der detektierten Plattenepithelkarzinome und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus 4.5.1 Dysplasien Der Patient mit einer hochgradigen Dysplasie (Patientenkürzel MK) lehnte trotz ausführlicher Erläuterung des Krankheitsbildes und des Speiseröhrenkrebsrisikos jede weitere Therapie oder Kontolle ab. Als Nachsorge wurde jenen Patienten mit leicht- und mittelgradiger Dysplasie zunächst zu halbjährigen, nach 12 Monaten dann zu jährlichen endoskopischen Untersuchungen einschließlich Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung geraten. 4.5.2 Carcinoma in situ Der Patient (Kürzel IS) mit einem Carcinoma in situ wurde zur endoskopischen Mukosektomie vorgestellt, die primär komplikationslos durchgeführt werden konnte. Die Nachsorgeuntersuchungen einschließlich Chromoendoskopie ergaben bisher keinen Anhalt für ein Rezidiv. 4.5.3 Karzinosarkom Ein Patient (Kürzel WB) wurde bei schlechtem Allgemeinzustand einer lokoregionalen Radiotherapie zugeführt. Histologisch bestand der Verdacht auf eine Submucosainfiltration. Das Tumorstadium entsprach nach AJCC einem Stadium I bzw. nach UICC T1N0M0. Vier Monate nach Beginn der Radiotherapie war der Lokalbefund noch unauffällig. Der Patient verstarb an einem Multiorganversagen auf dem Boden einer Mitralklappenendokarditis mit Nachweis von MRSA und Enterococcus faecalis in der Blutkultur. 4.5.4 Ösophaguskarzinome Ein Patient (Kürzel HB) klagte schon bei der stationären Aufnahme über eine seit Wochen progrediente Dysphagie, welche mit dem endoskopischen Befund eines exophytischen, subtotal stenosierenden Ösophaguskarzinoms über eine Ausdehnung von 5 cm gut zu 97 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ vereinbaren war. Aufgrund der Ausdehnung des Tumors, der eingeschränkten Compliance und des schlechten Allgemeinzustandes war ein operatives Vorgehen nicht möglich, so daß der Patient nach Anlage einer perkutanen endoskopischen Gastrostomie einer palliativen Radiotherapie mit transthorakaler Applikation von 50 Gy sowie dreimaligem Afterloading mit jeweils 5 Gy zugeführt wurde. Unter diesem Therapieregime ließ sich die ungehinderte Nahrungspassage wieder herstellen. Im Verlauf versäumte der Patient sämtliche Nachsorgetermine und stellte sich auch bei seinem angegebenen Hausarzt nicht mehr vor. Die anderen drei Patienten (Patientenkürzel HW, KH und GL) hatten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung keine mit dem Tumor in Verbindung stehenden Beschwerden und wiesen auch bei der klinischen Untersuchung keinerlei Hinweise auf das Vorliegen eines Tumors auf. Der Patient mit dem Kürzel HW mußte zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits einem Stadium II B nach AJCC zugeordnet werden mit computertomographisch nachweisbaren vergrößerten lokoregionären Lymphknoten, die alle radiologischen Kriterien einer lymphatischen Metastasierung erfüllten. Auch nach ausführlichen Gesprächen über die Prognose des unbehandelten Speiseröhrenkrebses lehnte dieser Patient jegliche weitere Therapie ab. Der Patient mit dem Kürzel KH befand sich bei Diagnosestellung in einem schlechten Allgemeinzustand mit fortgeschrittener Leberzirrhose, so daß auch dieser Patient im klinischen Stadium T1N0M0 einer Radiotherapie mit 50 Gy sowie dreimaligem Afterloading mit jeweils 5 Gy im Sinne einer endoluminalen Brachytherapie unterzogen wurde. Auf eine kombinierte Radiochemotherapie wurde in Anbetracht des schlechten Allgemeinzustandes mit einem Karnofwsky-Index von 50 % verzichtet. Bei der 2 Monate nach Abschluß der Bestrahlung durchgeführten Ösophagogastroduodenoskopie inklusive Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung zeigte sich wieder ein fast normales Färbeverhalten der Schleimhaut. Die erneut umfangreich entnommen Gewebeproben lieferten den Befund einer chronischen Ösophagitis mit umschriebenen Dyskariosen ohne Malignitätsnachweis (s. Anhang Abb. 8.7a-d). Ein Patient (Kürzel GL) litt zwar unter mehreren Begleiterkrankungen wie einer chronischen Pankreatitis ethyltoxischer Genese sowie einer chronisch obstruktiven 98 4 Ergebnisse ______________________________________________________________ Lungenerkrankung bei Nikotinabusus, wies aber ansonsten einen guten Allgemeinzustand auf. Aufgrund eines rezidivierenden Ulkusleidens war 1975 eine Billroth-II-MagenOperation erfolgt, die 1982 wegen Dumping-Syndroms in einen Billroth-I-Magen umgewandelt worden war. Als Zufallsbefund war bei der konventionell endoskopischen Untersuchung eine diskrete Schleimhauteinziehung beobachtet worden, die biopsiert wurde. Hier war differentialdiagnostisch ein mäßig differenziertes Plattenepithelkarzinom versus einem plattenepithelialen Carcinoma in situ bei fehlenden eindeutigen Zeichen eines invasiven Wachstums diskutiert worden. Nach Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung und gezielter Gewebeprobeentnahme aus dem ungefärbten Schleimhautareal hatte sich dann die Diagnose eine Plattenepithelkarzinoms bestätigt. Die Staginguntersuchungen ergaben das klinische Stadium T1N0M0, nach AJCC einem Stadium I entsprechend. Nach entsprechender Aufklärung des Patienten mit Erläuterung der erhöhten Operationsrisiken und der therapeutischen Alternativen wurden in der Viszeralchirurgischen Klinik der Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen mit kurativer Zielsetzung eine abdomino-thorakale (rechtsthorakale) Ösophagusresektion, Restgastrektomie, Splenektomie, ausgiebige Adhäsiolyse und Rekonstruktion mit Jejunuminterponat primär komplikationslos durchgeführt. Makroskopisch sah der Pathologe bei der Betrachtung des Resektates eine unregelmäßige und verfestigte Schleimhaut, die sich auf den Schnittflächen als 1,4 cm x 1,2 cm grau-weißer Tumor darstellte, der histologisch die Submukosa infiltrierte und bereits in einen regionären Lymphknoten metastasiert hatte. Somit mußte die präoperative Stadieneinteilung korrigiert werden mit jetzt pT1pN1M0, damit einem Stadium II B nach AJCC entsprechend. Postoperativ entwickelte sich bedauerlicherweise in der Folge ein Multiorganversagen mit konsekutivem Exitus letalis am fünften postoperativen Tag. 99 5 Diskussion ______________________________________________________________ 5 Diskussion 5.1 Methodische Probleme 5.1.1 Patientenkollektiv Das wichtigste Einschlußkriterium war neben der aus verschiedenen Gründen indizierten Ösophagogastroduodenoskopie das Vorliegen einer Alkoholabhängigkeit. Die Aussagen zum Alkoholkonsum wurden retrospektiv nach der gemittelten Menge-Frequenz-IndizesMethode (Fragetechnik: durchschnittliche Trinkmenge und Häufigkeit) notiert und in den täglichen Alkoholkonsum in Gramm/Tag bzw. als Alkoholindex (konsumierte Alkoholmenge in Gramm/Tag multipliziert mit der Dauer des Alkoholkonsums in Jahren) umgerechnet. Eine solche Berechnung, die auf subjektiven retrospektiven Angaben basiert, birgt natürlich Fehlerquellen in sich. So müssen die ermittelten Zahlen als Richtdaten angesehen werden und dürfen in keinem Fall als Absolutwerte betrachtet werden. Bei der Aufschlüsselung der Patientendaten und Charakterisierung des Risikoprofils der untersuchten Patienten wurde diesem Umstand durch eine große Referenzwertspanne der jeweiligen Risikogruppe Rechnung getragen. In der Literatur führt die gemittelte MengeFrequenz-Methode im Vergleich zu anderen Verfahren (z. B. der Time-Line-Technik: Alkoholtrinkmengen werden für jeden einzelnen Tag der letzten 30 Tage bestimmt) zur signifikant niedrigeren Angabe der Anzahl an Trinktagen, der Menge des jeweils getrunkenen Alkohols und der Anzahl der Tage, an denen sehr viel Alkohol getrunken wurde („excessive drinking days“) [163]. Insgesamt ist also eher von einer Unterschätzung der konsumierten Alkoholmenge auszugehen. In Hinblick auf die Praktikabilität und die Vergleichbarkeit der Daten mit vielen epidemiologischen Studien, die ebenfalls die Quantity-Frequency-Methode verwandten, liefert die angewandte Methode aber eine gute Korrelationsmöglichkeit ohne Anspruch auf eine exakte Bestimmung der Alkoholtrinkmengen. Ähnlich wurde bei der Ermittlung des weiteren Risikoprofils und möglicher präventiver Einflüsse auf die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus verfahren: So wurden der Nikotinkonsum ebenso wie die Einnahme nichtsteroidaler Antirheumatika nach der Quantity-Frequency-Methode mit der geschilderten Problematik bestimmt. 100 5 Diskussion ______________________________________________________________ Weiterhin war ein kleiner Anteil des Patientenklientels aufgrund schwerster alkoholtoxischer Schädigungen mit Ausbildung eines fortgeschrittenen KorsakowSyndroms gar nicht in der Lage, sinnvolle Angaben zu den anamnestischen Fragen zu machen und wurde hinsichtlich des Risikoprofils separat betrachtet. Als wichtiger Aspekt bleibt ebenfalls kritisch zu berücksichtigen, daß Patienten mit Alkoholabhängigkeit aufgrund von Incompliance und mangelnder Krankheitseinsicht oft schon einer Primärprävention nicht zugänglich sind und sich die Sekundärprävention – wie sie die Früherkennung von Ösophaguskarzinomen darstellt - als ebenso problematisch erweist. 5.1.2 Konventionelle Ösophagogastroduodenoskopie In den Endoskopielaboren standen neben den Glasfiberendoskopen auch Videoendoskope zur Verfügung. Der Schleimhautläsionen deutliche bei der Zugewinn in Verwendung der von Beurteilung von Videoendoskopen kleineren gegenüber Fiberendoskopen läßt sich klar dokumentieren. Weitere Verbesserungen, wie sie mit Magnifikations- oder Vergrößerungsendoskopen erzielt werden können, sind bisher nur ausgewählten Zentren vorbehalten. Die für diese Untersuchung verwendeten Geräte entsprechen der gerätetechnischen Routineausstattung vieler Endoskopielabore, so daß speziell unter dem Gesichtspunkt der Intention dieser Studie zur breit angelegten Früherkennung von Ösophaguskarzinomen bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit eine gute Vergleichbarkeit besteht. Zur Diagnostik auch kleinster Schleimhautveränderungen bedarf es neben der Gerätetechnik selbstverständlich des geschulten Auges und fundierten Wissens des Untersuchers. Zeitgleich aufgezeichnete Videoaufnahmen der endoskopischen Untersuchungen gestatteten retrospektiv eine Kontrolle der erhobenen morphologischen Befunde insbesondere im Vergleich zu den Befunden der folgenden Chromoendoskopie des Ösophagus mit Lugol´scher Lösung. Weitere Fehlermöglichkeiten wie mangelnde Kooperation der Patienten mit Unruhe bzw. Würgen während der Untersuchung wurden durch ausführliche Erklärung des Untersuchungsablaufes, schonende Untersuchungstechnik mit sparsamer Luftinsufflation 101 5 Diskussion ______________________________________________________________ und falls notwendig mit Hilfe einer anxiolytischen bzw. sedierenden Prämedikation minimiert. Die Dosierung der Sedativa wurde dabei individuell durch fraktionierte Gabe titriert, um unerwünschte Nebenwirkungen beziehungsweise Komplikationen zu vermeiden. Bei keinem der so prämedizierten Patienten konnte mit dieser Applikationstechnik eine Beeinflussung vegetativ-autonomer Funktionen beobachtet werden. Beim Einsatz von Midazolam als Prämedikation zeigten 16 % der untersuchten Patienten eine erhöhte Toleranz gegen die sedierenden Eigenschaften des Medikamentes. Diese verminderte Wirksamkeit läßt sich einerseits durch einen zeitgleich bestehenden Medikamentenabusus, andererseits in stärkerer Ausprägung durch die Entwicklung einer Kreuztoleranz bei Alkoholabhängigkeit begründen. So sind Sedativa bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit oft weniger wirksam, wenngleich der akut sedierende Effekt der Substanzen beim Nichtgewöhnten durch Alkohol verstärkt wird. In diesen ausgewählten Fällen wurde Propofol als Kurznarkotikum ebenfalls komplikationslos eingesetzt. Dabei erfolgte allerdings grundsätzlich ein intensives Monitoring der Patienten mit Kreislaufüberwachung einschließlich Pulsoxymetrie in Anwesenheit eines weiteren intensivmedizinisch geschulten Arztes. In den seltenen Fällen einer vermehrten Peristaltik als Untersuchungserschwernis wurde nach Ausschluß von Kontraindikationen Butylscopolamin intravenös verabreicht. 5.1.3 Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung Wie bereits bei der konventionellen Endoskopie thematisiert konnte eine mangelnde Kooperation mit rezidivierendem Würgen und somit Verunreinigung der Ösophagusschleimhaut während der Untersuchung durch ausführliche Erklärung des Untersuchungsablaufes, schonende Untersuchungstechnik mit sparsamer Luftinsufflation sowie eine suffiziente Prämedikation minimiert werden. Zu Beginn der Studie wurde eine 3-%ige Lugol´sche Lösung verwandt, später zur Reduktion möglicher durch die Lugol´sche Lösung induzierter Nebenwirkungen eine 1-%ige Lösung. Bezüglich der Absorption des Farbstoffes und der Färbeintensität konnten keine Unterschiede bei der Verwendung einer 3-%igen oder 1-%igen Lugol´schen Lösung festgestellt werden. In einer Studie [115] war es unter der 3-%igen Lugol´schen Lösung zum gehäuften Auftreten von oropharyngealem Brennen als Nebenwirkung gekommen, so daß auch hier die Konzentration der Lösung reduziert worden war. Diese Arbeitsgruppe 102 5 Diskussion ______________________________________________________________ kam sogar zu dem Schluß, daß die Applikation der Lugol´schen Lösung zwar einfach und schnell umgesetzt werden kann, aber ohne Sedierung nicht gut toleriert wird. Der Einsatz einer Natriumthiosulfatlösung als anerkannte Methode zur Reduktion der Nebenwirkungen wurde in dem Untersuchungsablauf dieser Studie nicht erwähnt, so daß dadurch eine Verbesserung der Chromoendoskopietoleranz noch möglich erscheint [87]. Zahlreiche andere Arbeiten lobten die gute Verträglichkeit der Lugol´schen Lösung, ohne sich jedoch explizit zu einer verwendeten Prämedikation oder zum Einsatz von Natriumthiosulfat zu äußern [5,36,52,189]. In der vorliegenden Studie konnte als unerwünschte Nebenwirkung lediglich bei 5 % der untersuchten Patienten ein kurzzeitiger initialer Ösophagusspasmus endoskopisch beobachtet werden, ohne daß die Patienten über ein Schmerzereignis klagten. Dabei muß berücksichtigt werden, daß 80 % der untersuchten Patienten bereits während der konventionell endoskopischen Untersuchung eine sedierende Medikation erhalten hatten. Ein leichtes retrosternales Brennen beschrieb eine Patientin nach Beendigung der Untersuchung. Alle beobachteten Nebenwirkungen traten nach Applikation der 1-%igen Lugol´schen Lösung auf. Da nur ein geringes Patientenkontingent mit der 3-%igen Lugol´schen Lösung untersucht wurde, läßt sich bezüglich der Häufigkeit von unerwünschten Nebenwirkungen im Vergleich 1-%ige versus 3-%ige Lösung keine signifikante Aussage treffen. Zeichen einer allergischen Reaktion oder die Schilderung von Übelkeit als in der Literatur beschriebene, meist konzentrationsabhängige Nebenwirkungen ließen sich nicht feststellen. Der weitere Untersuchungsablauf war gekennzeichnet durch die Entnahme von mehreren Biopsien aus chromoendoskopisch ungefärbten Arealen > 5mm. Entscheidend für das Ergebnis einer feingeweblichen Untersuchung ist dabei die Gewinnung einer gezielten Biopsie von guter Qualität und Größe. Drei der untersuchten Patienten zeigten multiple ungefärbte Areale im gesamten Ösophagus, von denen konsequent alle Bezirke > 5 mm biopsiert worden sind. Trotz Entnahme mehrerer Biopsien pro ungefärbtem Areal besteht die Möglichkeit eines falsch-negativen Befundes, da insbesondere dysplastische Mukosaveränderungen nur einen ganz geringen Anteil der ungefärbten Läsion ausmachen können. Ein weiterer Schwachpunkt betrifft die fehlende Biopsiemöglichkeit bei auftretenden Gerinnungsstörungen, wie sie bei einem Patientenkollektiv mit Alkoholabhängigkeit aufgrund ethyltoxischer Leber- und Knochenmarksschädigung oder bestehender Malnutrition nicht selten vorkommen. So wiesen zwei der untersuchten Patienten 103 5 Diskussion ______________________________________________________________ ungefärbte Areale bei konventionell endoskopisch primär nicht malignomverdächtigem Schleimhautbefund auf, die jedoch nicht biopsiert werden konnten und somit nur durch endoskopische Verlaufskontrollen weiter beobachtet werden können. 5.1.4 Histologische Untersuchung Die feingeweblichen Untersuchungen der gewonnenen Biopsien aus den chromoendoskopisch ungefärbten Ösophagusschleimhautarealen wurden von zwei verschiedenen pathologischen Instituten durchgeführt, die sicherlich auch interne Besonderheiten bezüglich der Bearbeitung und Auswertung von Gewebeproben aufweisen. Bei der Diagnose einer hochgradigen Dysplasie wurde grundsätzlich den allgemeinen Empfehlungen folgend die entsprechende Läsion nochmals umfangreich biopsiert und die Zweitmeinung eines weiteren Pathologen auch in Hinblick auf die sich ergebenden Therapiekonsequenzen eingeholt. Wie in der Literatur beschrieben, gab es zwischen westlichen Pathologen (aus Nordamerika, Europa) insgesamt jedoch eine gute Diagnosenübereinstimmung hinsichtlich Dysplasien, Carcinomata in situ und invasiven Karzinomen, wohingegen japanische Pathologen eine diskrepante Bewertung trafen [42,50,117]. So basierte die Diagnose eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus in Japan hauptsächlich auf Kern- und strukturellen Merkmalen, wohingegen die westlichen Pathologen die Invasion als Hauptkriterium ansahen. Dies führte zur differenten Einordnung insbesondere von Läsionen, die in westlichen Ländern als nichtinvasive leichtgradige Dysplasien bezeichnet worden sind, in Japan dagegen als oberflächliche intramuköse Karzinome eingestuft wurden. Dieser Unterschied in der diagnostischen Praxis ist sicherlich auch ein Erklärungsansatz für die relativ hohe Inzidenzrate und die gute Prognose des oberflächlichen Ösophaguskarzinoms in Japan [150]. Mittels der auch in dieser Arbeit verwandten revidierten Fassung der Vienna Klassifikation für intramuköse Neoplasien bei oberflächlichen neoplastischen Läsionen ließ sich zwischen westlichen und asiatischen Pathologen eine größtmögliche Übereinstimmung erzielen [39]. Die entscheidende Veränderung dieser Klassifikation besteht in der Zusammenführung einer hochgradigen Dysplasie mit einem intramukösen Karzinom zu einer Gruppe [39,98,99,103]. 104 5 Diskussion ______________________________________________________________ 5.1.5 Diskussion der Korrelation der anamnestischen, klinischen, konventionell endoskopischen und chromoendoskopischen Daten Aufgrund der geringen Zahl der „positiven“ Ergebnisse in Hinblick auf die Erstdiagnose einer plattenepithelialen präkanzerösen oder kanzerösen Ösophagusschleimhautläsion kann eine Korrelation der erhobenen Daten zur näheren Charakterisierung dieses speziellen Patientenkollektivs nur eine hinweisende Funktion haben. Signifikante Ergebnisse in Bezug auf mögliche Schwellenwerte des Alkohol- und Nikotinkonsums, die Risikofaktorenkonstellationen oder die Rolle der präventiven Faktoren lassen sich somit nicht erheben. Die Auswertung mittels Definition von Risikogruppen kann eine annähernde Vergleichbarkeit der Daten schaffen und eine einfachere Einordnung hinsichtlich des Risikoprofils ermöglichen. Die Referenzbereiche für die einzelnen Risikokategorien wurden bewußt weit gefaßt, um den nur als relativ zu bewertenden subjektiven Dosis- und Häufigkeitsangaben Rechnung zu tragen. Jegliche Strukturierung in Risikogruppen basiert letztendlich auf willkürlichen Einteilungen, wenngleich Bemühungen um nachvollziehbaren Unterteilungen beispielsweise durch Berücksichtigung geschlechtsspezifischer unterschiedlicher Grenzwerte oder einer potentiellen Erwerbsfähigkeit oder Vergleichbarkeit mit den Daten aus Veröffentlichungen einfließen. Neben den Angaben zur resultierenden Risikogruppe wurde auch der absolut ermittelte Zahlenwert mit angegeben. 5.2 Diskussion diagnostischer Ösophaguskarzinoms und Strategien seiner zur Früherkennung Vorstufen unter eines besonderer Berücksichtigung europäischer Risikokollektive Wie bereits im Kapitel 1 ausführlich beschrieben, stellt sich das Ösophaguskarzinom als sehr aggressiver Tumor dar, der lediglich in den Frühstadien eine gute Prognose aufweist. Somit kommt der Frühdiagnostik des Ösophaguskarzinoms eine große klinische Relevanz zu. Die nichtinvasiven, „einfachen“ diagnostischen Verfahren wie die anamnestische Exploration und klinische Untersuchung führen bei fehlenden Symptomen und unauffälligem körperlichen Untersuchungsbefund in den Anfangsstadien häufig nicht weiter, so daß die apparative Diagnostik in den Vordergrund rückt. 105 5 Diskussion ______________________________________________________________ Screening-Programme führten in Japan zu einer Steigerung der Frühkarzinominzidenzrate von 4 % auf 24 % [141,166,191]. In westlichen Ländern hingegen ließ sich trotz zunehmender endoskopischer Untersuchungszahlen eine niedrige, nahezu stagnierende Inzidenzrate von 0,7 – 4,7 % für das Ösophagusfrühkarzinom verzeichnen [57,166]. Ein kritisches Überdenken der diagnostischen Strategien wurde somit zwingend notwendig. Massenscreening-Programme mittels verschiedener Ösophagusdurchzugsverfahren mit Gewinnung von oberflächlichem Zellmaterial zur zytologischen Beurteilung wie sie erfolgreich in den Hochrisikopopulationen betrieben wurden [19,36,56,139,187], führten am Beispiel Chinas dazu, daß 70 % der Ösophaguskarzinome im Tumorstadium Tis bzw. T1 entdeckt werden konnten [166,189]. In westlichen Ländern ließ sich aufgrund der niedrigen Inzidenz des Ösophaguskarzinoms kein Benefit aus dem Einsatz zytologischer Massenscreening-Verfahren erzielen. In einer Studie an 255 männlichen, alkoholabhängigen Rauchern ließ sich mittels zytologischer Screeningmethoden bei 12,5 % der untersuchten Patienten die Diagnose einer Plattenepitheldysplasie stellen, die sich allerdings nur in 2 Fällen endoskopisch und chromoendoskopisch bestätigte [76]. Zudem muß die Methode der abrasiven Zytologie bei alkoholabhängigen Patienten kritisch betrachtet werden. Insbesondere besteht das Risiko, komplikativ eine Blutung aus Ösophagusvarizen oder Ösophagusulzerationen zu induzieren [115,146]. Zum Vergleich litten in dem hier untersuchten Kollektiv immerhin 22,3 % der Patienten unter Ösophagusvarizen, weitere 5,7 % wiesen eine Mallory-Weiss-Läsion auf und 0,9 % eine Ösophagusulzeration. In westlichen Ländern stellt sich somit die konventionelle Endoskopie des oberen Verdauungstraktes als Methode der ersten Wahl zur Frühdiagnostik der Ösophaguskarzinome dar. Bei der Erkennung früher kanzeröser bzw. präkanzeröser Läsionen, von denen einige als sogenannte occulte Veränderungen der endoskopischen Detektion entgehen können, haben sich additiv verschiedene chromoendoskopische Verfahren etablieren können. In Deutschland empfiehlt sich im Rahmen der frühdiagnostischen Strategien die Lugol´sche Lösung als additiver Farbstoff, da trotz steigender Inzidenzzahlen bei den Adenokarzinomen weiterhin die Plattenepithelkarzinome den Hauptanteil der Ösophaguskarzinome in Mitteleuropa ausmachen [33,50]. In Hinblick auf die niedrige Inzidenz der Ösophaguskarzinome in Deutschland erscheint jedoch ein globales Screening-Programm mittels endoskopischer Methoden nicht sinnvoll. Zu fordern ist somit eine systematische Erfassung der Risikokollektive, die einer Frühdiagnostik zugeleitet werden müssen. 106 5 Diskussion ______________________________________________________________ Die vorliegende Arbeit untersucht 229 Patienten mit Alkoholabhängigkeit als Risikokollektiv für die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus. Wie in Kapitel 1.3 ausführlich beschrieben ist der chronische Alkoholkonsum als ein wesentlicher kausaler Faktor zu werten, der sich in westlichen Ländern in mehr als 90 % der Ösophaguskarzinomfälle in Kombination mit dem Nikotinkonsum ermitteln ließ [166]. Pathogenetisch scheint eine Dosis-Wirkungs-Beziehung der zugeführten Alkoholmenge unabhängig von der Art des alkoholischen Getränkes vorzuliegen [4,10,23,26,84,95,104,128,148,177,194]. Gerade in Anbetracht der insbesondere auch von Jugendlichen geschätzten und mit zunehmender Häufigkeit konsumierten sogenannten Alcopops als alkoholische Mischgetränke gewinnt dieser Gesichtspunkt aktuelle Brisanz. Betrachtet man die epidemiologische Studienlage zur Erfassung der Alkoholabhängigkeit in der deutschen Bevölkerung, so beruht die häufig angeführte epidemiologische Schätzung von 2,5 Millionen Alkoholabhängigen in Deutschland auf den Daten einer Studie aus dem Jahre 1977 [54]. Den neueren schriftlich durchgeführten Bundesstudien von 1997 und 2000 liegt als Definitionsgrundlage des Alkoholmißbrauchs und der Alkoholabhängigkeit das amerikanische DSM-IV-System zugrunde, das zur besseren Vergleichbarkeit auch als Basis dieser Arbeit diente [145]. Als Ergebnis dieser Repräsentativerhebungen zum Konsum psychotroper Substanzen bei den 18 – 59-Jährigen in Deutschland resultierte die Diagnose einer Alkoholabhängigkeit bei circa 3 % der deutschen Bevölkerung 1997 und bei 2,4 % im Jahre 2000, entsprechend 1,6 Millionen Deutschen bezogen auf die Zwölf-Monatsprävalenz [90,91]. Dabei ließen sich 78 % der befragten 18 – 59-Jährigen in Deutschland 2000 (N=7987) nach den Kriterien von Bühringer et al. [21] in die Grenzen für einen risikoarmen Konsum einordnen. Weitere 12 % betrieben demnach einen riskanten, 4 % einen gefährlichen und 0,7 % der 18 – 59-Jährigen einen Hochkonsum hinsichtlich der Menge des täglich konsumierten Alkohols in den letzten zwölf Monaten vor der Befragung. In der Literatur findet sich weiterhin die Angabe von mindestens 75 % Rauchern unter den Alkoholikern als weiterer unabhängiger, aber das Risiko potenzierender Faktor [160]. In dieser Arbeit ließ sich sogar eine Rate von insgesamt 89 % der untersuchten Personen bestimmen, die zusätzlich einen Nikotinkonsum betrieben. Als weitere Risikogruppen konnten Patienten mit Tumoren des oberen Aerodigestivtraktes [51,125,159,172,178] sowie einer Achalasie identifiziert werden, die zahlenmäßig im Vergleich allerdings nur eine untergeordnete Rolle spielen [113,142,146,185]. Als Therapiefolge wiesen auch solche Patienten mit einer 107 5 Diskussion ______________________________________________________________ Radiotherapie in der Vorgeschichte ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Ösophaguskarzinoms auf [32,50]. Eine regional erhöhte Speiseröhrenkrebsrate spielt für Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wie zum Beispiel Frankreich hingegen keine Rolle [32]. Als Fazit müssen nach epidemiologischer Studienlage jene Personen mit chronischem Alkoholkonsum sowohl zahlenmäßig, als auch hinsichtlich der Risikofaktorkonstellation als größtes Risikokollektiv in Deutschland gewertet und somit einer Frühdiagnostik zugeleitet werden. 5.3 Diskussion der klinischen Daten des untersuchten Patientenkollektivs 5.3.1 Biographische Patientendaten Bei der Analyse des untersuchten Patientenkollektivs fällt eine Schwerpunktverlagerung zugunsten des männlichen Geschlechtes mit 187 männlichen Patienten versus 42 Patientinnen auf. Dies führt zur mangelnden Vergleichbarkeit der Daten zwischen männlichem und weiblichem Geschlecht. Darüber hinaus ergibt sich aus dem zahlenmäßig begrenzten weiblichen Patientengut eine eingeschränkte Aussagefähigkeit der Befunde, die das weibliche Geschlecht betreffen. Die Ursache dieser Unterrepräsentation des weiblichen Geschlechtes kann nur spekulativ bleiben, jedoch muß der prozentual höhere Anteil der Männer in den Kategorien gefährlicher Alkoholkonsum bis Hochkonsum, wie in einer Repräsentativerhebung zum Gebrauch psychoaktiver Substanzen bei Erwachsenen in Deutschland 2000 [91] angeführt wird, berücksichtigt werden. Lediglich in der Gruppe des risikoarmen Konsums waren die Frauen mit 83 % im Vergleich zu den Männern mit 74 % stärker vertreten. Bei den Männern wird der Anteil der Alkoholabhängigen mit riskantem und gefährlichem Konsum mit 34,7 % ungefähr viermal so hoch wie bei Frauen (8 %) beziffert [44]. Eine weitere Literaturangabe postuliert, daß bei 29 % der Männer, aber nur bei 9 % der Frauen, die in ein Allgemeinkrankenhaus eingewiesen werden, eine alkoholassoziierte Erkrankung vorliegt, so daß die Geschlechterverteilung im untersuchten Patientenkollektiv diese Prozentzahlen gut abzubilden scheint. Vergleichsstudien aus Frankreich, Japan und Brasilien [5,52,115,189,190] untersuchten trotz teils großem Patientenkollektiv sowohl absolut, als auch relativ deutlich weniger bzw. keine weiblichen Patienten (das größte Kollektiv betrug 7 Patientinnen in der französischen Arbeit), so daß 108 5 Diskussion ______________________________________________________________ die vorliegende Arbeit trotz der angeführten Bedenken die umfangreichste Studie zur Früherkennung von Ösophaguskarzinomen mittels Chromoendoskopie bei weiblichen Patienten mit Alkoholabhängigkeit darstellt. In Bezug auf die Altersstruktur des untersuchten Patientenkollektivs sind Patienten im Alter zwischen 40 und 65 Jahren als stärkste Gruppe vertreten. Die epidemiologischen Daten gehen von einem Altersgipfel von 55 Jahren für das Plattenepithelkarzinoms aus, so daß das untersuchte Patientengut als repräsentativ angesehen werden kann. 5.3.2 Alkoholkonsum Die erhobenen Daten spiegeln ein Vorherrschen des gefährlichen Alkoholkonsums und Hochkonsums sowohl bei den männlichen, als auch bei den weiblichen Patienten wider. Ban und Mitarbeiter beschrieben in einer prospektiv angelegten Studie eine signifikant höhere Prävalenz für die Entwicklung eines Ösophaguskarzinoms ab einem Alkoholindex von mehr als 4000 im Vergleich zu denjenigen Alkoholabhängigen mit einem Index von < 2000 Alkohol-Jahren [5]. Im untersuchten Kollektiv errechnete sich bei 16,1 % der Patienten ein Alkoholindex größer als 4000 als Ausdruck eines langjährigen und/oder exzessiv betriebenen Alkoholabusus. Insgesamt muß das ausgewählte Patientenkollektiv also hinsichtlich der Ausprägung des betriebenen Alkoholkonsums als repräsentatives deutsches Risikokollektiv für die Entwicklung eines Speiseröhrenkrebs gewertet werden. Die veröffentlichten Daten des Bundesverbandes der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure e. V. aus der Alkoholwirtschaft 2002 in Deutschland dokumentieren einen pro Kopf-Verbrauch für Bier von 5,8 Litern reinem Alkohol, für Spirituosen von 2,0 Litern, für Wein von 2,2 Litern und für Schaumwein von 0,4 Litern reinem Alkohol [22]. Auch die untersuchte Personengruppe präferierte als häufigste Konsumgewohnheiten das reine Biertrinken sowie den Genuß von Spirituosen in Kombination mit Bier und spiegelt somit die deutschen Trinkgewohnheiten gut wider. Ein Patient mit einem gesicherten Ösophaguskarzinom fiel durch einen „niedrigen“ Alkoholindex von 377 Alkohol-Jahren auf. Der tägliche Alkoholkonsum errechnete sich allerdings mit 188 g reinem Alkohol als Hinweis auf einen wohl erst kurzzeitig bestehenden exzessiven Alkoholabusus. Die Schlußfolgerung, daß die Menge des täglich zugeführten Alkohols mit einem höheren Speiseröhrenkrebsrisiko verbunden zu sein scheint als die Dauer des betriebenen Alkoholkonsums in Jahren, wird auch durch die Literatur gestützt [100]. 109 5 Diskussion ______________________________________________________________ 5.3.3 Leberveränderungen Nach Studienlage gehören die Lebererkrankungen zusammen mit der chronischen Pankreatitis und den Malignomen zu den häufigsten Alkoholfolgeerkrankungen [66,160], so daß die Leber als markantes und gut zu untersuchendes Stoffwechselorgan als Indikator für die bereits vorliegenden alkoholassoziierten Organschädigungen genauer betrachtet wurde. In der Literatur wird eine Fettleber bei Patienten mit chronischem Alkoholkonsum in bis zu 90 % der Fälle beschrieben und eine Leberzirrhose in 20 – 30 % [66,160]. Die Ergebnisse dieser Studie decken sich weitgehend mit diesen Daten, so ließ sich bei insgesamt 94,3 % der untersuchten 229 Patienten mit Alkoholabhängigkeit eine Leberveränderung nachweisen, davon 59 % im Sinne einer Fettleber und 34 % als Leberzirrhose der verschiedenen Stadien nach Child-Pugh. Konform zu der Erkenntnis einer höheren Empfindlichkeit der weiblichen Leber in Bezug auf die Entwicklung einer alkoholinduzierten fortschreitenden Lebererkrankung [6,151] war in dem untersuchten Kollektiv der prozentuale Anteil weiblicher Patienten mit einer Lebererkrankung höher. So ließ sich bei 60 % der Männer, aber 64 % der Frauen eine Fettleber nachweisen. Ebenso konnte die Diagnose einer Leberzirrhose prozentual häufiger bei den weiblichen Patienten mit 33 % versus 30 % bei den männlichen Patienten gestellt werden. Die diagnostizierten primären oder sekundären malignen Leberveränderungen bei insgesamt 2 Patienten müssen als Zufallsbefunde gedeutet werden und standen in keiner Beziehung zu Ösophaguskarzinomen. 5.3.4 Nikotinkonsum Die Analyse des Nikotinkonsums als unabhängiger, aber insbesondere in Kombination mit dem chronischen Alkoholkonsum potenzierender Risikofaktor, ergab mit 89 % einen deutlichen höheren Raucheranteil im untersuchten Patientenkollektiv als der epidemiologisch geschätzte Wert von mehr als 75 % Rauchern unter den Alkoholikern [160]. Der Prozentsatz der Raucher mit nachgewiesenem Ösophaguskarzinom oder präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen betrug im untersuchten Patientengut 90 %. Dieser Wert korreliert hervorragend mit den Ergebnissen einer Studie, die retrospektiv erhob, daß 90 % der Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus einen gesteigerten Alkoholkonsum betrieben und gleichzeitig geraucht haben [20]. Keiner der Patienten, die angaben, Pfeifenraucher zu sein, litt unter einem Malignom der Speiseröhre 110 5 Diskussion ______________________________________________________________ oder seiner Vorstufen. Bei einem Anteil von lediglich 0,9 % der untersuchten 229 Patienten können jedoch keinerlei Rückschlüsse auf den Risikograd von Pfeifenrauchen geschlossen werden. 5.3.5 Weitere Risikofaktoren Weitere Risikofaktoren eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus ließen sich bei 2 männlichen und 2 weiblichen Patienten nachweisen im Sinne von Tumoren des oberen Aerodigestivtraktes bzw. Radiotherapien des Brustkorbs in der Vorgeschichte. Die Feststellung, daß bei keinem dieser Patienten endoskopisch bzw. chromoendoskopisch eine präkanzeröse Läsion oder gar ein Ösophaguskarzinom nachgewiesen werden konnte, läßt jedoch aufgrund des geringen Patientenkollektivs keine Schlußfolgerungen zur Wertigkeit der unterschiedlichen Risikofaktoren bzw. - konstellationen zu. 5.3.6 Protektive Faktoren Als Ergebnis dieser Arbeit ließ sich bei insgesamt 58 (25 %) der 229 untersuchten Patienten, die gelegentliche oder regelmäßige Einnahme eines NSAR verzeichnen. Auffallend war unter Berücksichtigung des kleinen weiblichen Patientenkollektivs ein Prozentsatz von 76,2 % Frauen respektive nur 13,9 % Männern, die ein nichtsteroidales Antirheumatikum, sei es regelmäßig oder gelegentlich, zu sich nahmen. Auch für diese Feststellung gilt jedoch, daß aufgrund des begrenzten Patientenkollektivs keine Korrelationen zwischen der Einnahme nichtsteroidaler Antirheumatika und dem Speiseröhrenkrebsrisiko abgeleitet werden können. In Anbetracht der hohen Einnahmerate und dem fehlenden Nachweis eines Ösophaguskarzinoms bzw. seiner Vorstufen bei den weiblichen Patienten ergibt sich jedoch auch in dieser Studie ein Hinweis auf den protektiven Wert der NSAR hinsichtlich der Entstehung von Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus. Gestützt wird diese Annahme durch die Erkenntnis, daß von allen 12 Patienten mit gesichertem Ösophaguskarzinom oder mit intraepithelialen Neoplasien nur 1 Patient Acetylsalicylsäure eingenommen hat. Als weiteres protektives Element wurden retrospektiv die Ernährungsgewohnheiten der Patienten besonders hinsichtlich des regelmäßigen Verzehrs von Gemüse und Früchten erfragt. Nur 24 Patienten, davon 17 weibliche Personen, gaben an, sich grundsätzlich oder 111 5 Diskussion ______________________________________________________________ überwiegend ausgewogen zu ernähren. Alle Patienten mit präkanzerösen plattenepithelialen Ösophagusschleimhautveränderungen bzw. mit einem gesicherten Ösophaguskarzinom beurteilten ihre Ernährung als „ungesund“ mit nur geringem Anteil an Gemüse und Obst. Sicherlich kann auch in diesem Punkt ein Hinweis auf den schützenden Effekt eines regelmäßigen Verzehrs von Gemüse und Früchten abgeleitet werden. Gemäß der Intention dieser Studie wurde jedoch nur eine grobe Fragetechnik nach einer ausgewogenen Ernährungsweise angewandt, so daß allenfalls richtungsweisende Rückschlüsse resultieren können. 5.3.7 Symptome und Aufnahmediagnosen Als Ergebnis dieser Untersuchung wies nur ein Patient mit einem Ösophaguskarzinom (Stadium I nach AJCC) ein „charakteristisches“ Symptom im Sinne einer Dysphagie auf. Ein Patient mit einer synchron vorliegenden leicht- und mittelgradigen Dysplasie der Ösophagusschleimhaut hatte ebenfalls dysphagische Beschwerden angegeben, deren Ursache sich jedoch ebensowenig wie die gastrointestinale Blutung eines weiteren Patienten durch die jeweils diagnostizierten Dysplasien erklären ließ. Alle anderen Patienten mit nachgewiesenen Ösophaguskarzinomen - insbesondere auch alle Patienten mit oberflächlichem Karzinom - oder deren Vorstufen litten eigenanamnestisch unter keinerlei richtungsweisenden Beschwerden bzw. objektiv faßbaren körperlichen Krankheitsstigmata. Die Ergebnisse verdeutlichen die beschriebene Problematik der Ösophaguskarzinomdiagnostik in den frühen Stadien mit oft unauffälliger Anamnese und dem unauffälligen körperlichen Untersuchungsbefund. Hingegen boten 45 weitere Patienten ohne Nachweis einer malignen oder präkanzerösen Läsion des Ösophagus ein Beschwerdebild, das mit dem Vorliegen eines Ösophaguskarzinoms hätte in Einklang stehen können. Somit besteht eine weitere Schwierigkeit der Ösophaguskarzinomdiagnostik in der geringen Spezifität der Symptome. Auffällig bei der Patientenanalyse war jedoch die Beobachtung, daß bei allen Patienten mit gesicherten Ösophaguskarzinomen oder präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen bis auf eine Ausnahme alkoholassoziierte Erkrankungen zur stationären Aufnahme führten, als Ausdruck eines doch deutlich toxisch vorgeschädigten Patientenkollektivs. 112 5 Diskussion ______________________________________________________________ 5.4 Diskussion der Untersuchungsergebnisse 5.4.1 Konventionellen Ösophagogastroduodenoskopie 5.4.1.1 Ösophagus Die konventionelle Ösophagoskopie enthüllte 148 pathologische Veränderungen im Bereich der Speiseröhre. Dabei muß der chronische Alkoholkonsum bei der Entstehung von 95,3 % der erhobenen Befunde am Ösophagus als pathogenetischer Faktor betrachtet werden. Dieser hohe Prozentsatz alkoholassoziierter Speiseröhrenveränderungen verdeutlicht den toxischen Schädigungsgrad des Patientenkollektivs und zwar speziell des im Mittelpunkt des Interesses stehenden Ösophagus. Als suspekt hinsichtlich des Vorliegens einer präkanzerösen Bedingung, Präkanzerose oder eines malignen Prozesses wurden insgesamt 14 konventionell endoskopisch detektierte Befunde eingestuft und deskriptiv detailliert beschrieben. Das Spektrum der Schleimhautläsionen reichte dabei von einer umschriebenen Rötung über fokale Ösophaguswandretraktionen, eine Läsion mit granulierter Oberfläche, einen umschriebenen fibrinbedeckten Bezirk, eine Ulzeration bis zum exophytischen, subtotal stenosierenden Prozeß. Insbesondere die oberflächlichen Ösophaguskarzinome wiesen als morphologisches Korrelat nur minimale Veränderungen im Sinne von gering ausgedehnten Ösophaguswandretraktionen bzw. einer fokalen Schleimhautrötung auf. Diese Feststellung stützt das in der Literatur beschriebene Phänomen, daß gerade die oberflächlichen Karzinome einer konventionell endoskopischen Detektion leicht entgehen können [48,89,168,178] und betont somit die Wertigkeit additiver chromoendoskopischer Verfahren bei der Frühdiagnostik des Ösophaguskarzinoms. 5.4.1.2 Magen und Duodenum Im Rahmen der konventionell endoskopischen Gastroduodenoskopie konnte bei insgesamt 32 % der untersuchten 229 Patienten eine als alkoholassoziiert zu deutende Erkrankung des Magens und Duodenums festgestellt werden. Alkohol schädigt im Magen und Dünndarm konzentrationsabhängig die Schleimhaut einerseits über eine Schädigung der Mukosabarriere, andererseits über die Induktion einer Entzündung. Klinisch manifestiert sich diese alkoholinduzierte Schädigung vor allem als akute und dabei vornehmlich 113 5 Diskussion ______________________________________________________________ hämorrhagische Gastritis und Duodenitis [85,160]. Eine Assoziation zwischen der Inzidenz peptischer Ulzera und dem Konsum alkoholischer Getränke bestätigte sich nach Literaturangaben allerdings nicht [160]. Auch die Refluxösophagitis muß wie in Kapitel 1.3 ausführlich dargelegt als alkoholtoxische Entzündung gewertet werden. Der Häufigkeitsvergleich der toxischen Schädigungszeichen im Bereich des Ösophagus versus Magen und Duodenum führte zu der Erkenntnis, daß im untersuchten Kollektiv die Organe in der folgenden Abfolge durch eine alkoholassoziierte Entzündung betroffen waren: Speiseröhre mit 29 % Refluxösophagitiden, Magen mit 19 % erosiven Gastritiden und kompletten Erosionen, Duodenum mit 7 % erosiven Bulbitiden und kompletten Erosionen. Rückschlüsse auf eine erhöhte Empfindlichkeit der Speiseröhre versus Magen versus Duodenum gegenüber der toxischen Alkoholwirkung lassen sich in Anbetracht des begrenzten Patientenkollektivs sowie in Anbetracht weiterer pathogenetischer Cofaktoren jedoch nicht ziehen. 5.5 Diskussion der Bedeutung der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung bei der Früherkennung von Plattenepithelkarzinomen und präkanzerösen plattenepithelialen Läsionen des Ösophagus Wissenschaftler der verschiedensten Länder beschäftigten sich intensiv mit der Früherkennung von Ösophaguskarzinomen. Als wichtige Verbesserung der Frühdiagnostik kristallisierte sich die Charakterisierung von Risikokollektiven heraus. Alkoholabhängige Personen standen dabei als große Risikogruppe für die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus im Mittelpunkt des Interesses und wurden zunächst konventionell endoskopisch untersucht gefolgt von einer additiven Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung. Zwei japanische prospektive Studien, die sich mit der Früherkennung von Ösophaguskarzinomen und deren Vorstufen bei Patienten mit Alkoholkrankheit befaßten, konnten mittels des oben angeführten Studienkonzeptes eine Prävalenzrate von 3,3 % bzw. 3,9 % für T1-Tumore und Carcinomata in situ feststellen. Die eine Studie untersuchte 255 männliche Alkoholiker, bei denen sich konventionell endoskopisch 8 oberflächliche Karzinome des Ösophagus diagnostizieren ließen. Nach Applikation der Lugol´schen Lösung erhöhte sich diese Rate um weitere 5 oberflächliche Karzinome und 1 Dysplasie, so daß insgesamt 13 Ösophaguskarzinome bei 10 Patienten detektiert wurden, von denen 3 114 5 Diskussion ______________________________________________________________ auf das Epithel begrenzt waren, 7 auf die Lamina propria und 3 auf die Submucosa. Ein multizentrisches Tumorwachstum ließ sich bei 3 der 10 Patienten mit einem oberflächlichen Ösophaguskarzinom nachweisen [5]. Die andere breit angelegte japanische Studie erfaßte 629 männliche Patienten mit chronischem Alkohol- und Nikotinkonsum, die chromoendoskopisch mit 3-%iger Lugol´scher Lösung untersucht wurden. Bei 162 Patienten fielen nach Chromoendoskopie jeweils ungefärbte Areale auf, von denen sich insgesamt 36 Areale bei 21 Patienten als Manifestation eines Karzinoms erwiesen. Dabei konnten 19 von 20 oberflächlichen Karzinomen vom flachen Typ sowie 5 von 14 Karzinomen vom leicht eingesunkenen Typ ausschließlich nach Anfärbung der Schleimhaut mit Lugol´scher Lösung diagnostiziert werden. Die oberflächlich und vorgewölbten oder oberflächlichen und leicht erhabenen Typen waren hingegen alle auch konventionell endoskopisch beschrieben worden. Der Anteil der nur chromoendoskopisch detektierten oberflächlichen Karzinome entsprach 66,7 % der insgesamt diagnostizierten Karzinome. Bei 12 von 21 Patienten mit einem nachgewiesenen Karzinom lag ein multizentrisches Wachstum vor, das erst chromoendoskopisch deutlich sichtbar wurde. Hinsichtlich der Invasionstiefe waren 8 Karzinome auf das Epithel begrenzt, 9 auf die Lamina propria und 4 auf die Submucosa. Fünf der untersuchten Patienten wiesen einen Tumor des oberen Aerodigestivtraktes auf, von denen bei 2 Patienten synchron ein Ösophaguskarzinom diagnostiziert werden konnte [189]. Auch in Europa wurden ähnlich konzipierte Studien zur Frühdiagnostik des Ösophaguskarzinoms bei alkoholabhängigen Patienten initiiert. Eine französische Arbeitsgruppe untersuchte 158 Patienten, darunter 7 weibliche, die als Hochrisikokollektiv für die Entwicklung eines Ösophaguskarzinoms einzustufen waren. So betrug der mittlere errechnete Alkoholkonsum der untersuchten Patienten 86 + 46 g reinen Alkohol pro Tag über eine mittlere Zeitspanne von 26 + 11 Jahren. Bei der Quantifizierung des Nikotinkonsums wurden durchschnittlich 30 + 18 pack-years ermittelt. Drei Patienten wiesen einen Tumor im Bereich des oberen Aerodigestivtrakt als weiteren Risikofaktor auf. Die Diagnose eines invasiven Karzinoms oder einer intraepithelialen Neoplasie ließ sich siebzehn Mal (13,6 % der ungefärbten Areale) bei 13 Patienten stellen. Im Rahmen der konventionellen Videoendoskopie wurden 12 invasive Plattenepithelkarzinome des Ösophagus diagnostiziert sowie 1 intraepitheliales Karzinom und 2 hochgradige Dysplasien. Ausschließlich nach Einsatz der Lugol´schen Lösung konnten im Vergleich zur konventionellen Endoskopie eine weitere hochgradige Dysplasie, ein weiteres 115 5 Diskussion ______________________________________________________________ intraepitheliales Karzinom und ein weiteres invasives Karzinom nachgewiesen werden [115]. Als Ergebnis der vorliegenden Studie an 187 männlichen und 42 weiblichen Patienten mit Alkoholabhängigkeit ließen sich insgesamt 4 Ösophaguskarzinome, 1 Carcinoma in situ sowie 5 Dysplasien, davon 1 hochgradige, 2 mittelgradige und 2 leichtgradige, als plattenepitheliale präkanzeröse und kanzeröse Läsionen detektieren. Die hochgradige Dysplasie, das Carcinoma in situ und alle Ösophaguskarzinome einschließlich der oberflächlichen imponierten dabei bereits konventionell endoskopisch als suspekte Ösophagusschleimhauttexturstörungen. ausgeprägten Veränderungen der Bemerkenswert oberflächlichen waren die Karzinome nur mit nur minimal fokalen Ösophaguswandretraktionen bei ansonsten morphologisch unauffälliger Schleimhaut bzw. nur umschriebener Schleimhautrötung. Alle bereits makroskopisch als suspekt eingestuften Läsionen zeigten ein auffälliges Färbeverhalten mit scharf abgegrenzten ausgesparten Arealen, so daß eine gezielte Gewebeprobenentnahme leicht möglich war. Auffällig war neben der deutlichen Demarkation der Veränderungen auch die konventionell teils deutlich unterschätzte regionale Ausdehnung. Nur aufgrund des chromoendoskopischen Befundes konnten bei makroskopisch völlig unauffälliger Schleimhaut – auch retrospektiv im Rahmen der Videokontrolle so beurteilt - zwei leichtgradige und eine mittelgradige Dysplasie aufgefunden werden. Der plattenepithelialen Dysplasie kommt in Hinblick auf die Früherkennung von Ösophaguskarzinom jedoch eine besondere Bedeutung zu. Zwar stellt die Dysplasie grundsätzlich eine reversible Veränderung dar, die auf einer kontrollierten Zellproliferation beruht, jedoch erscheint es probat, eine Dysplasie aufgrund des biologischen Verhaltens als früheste maligne Entartung der Ösophagusschleimhaut anzusehen. Dabei nimmt das Risiko einer malignen Transformation [35,42,52,83,93,96,98,141]. Eine mit zunehmendem chinesische Studie Grad der befaßte Dysplasie sich mit zu der Verlaufsbeobachtung von 682 Patienten mit den Diagnosen unauffällige Schleimhaut, Basalzellhyperplasie, leicht-, mittel- und hochgradige Dysplasie sowie Carcinoma in situ. Während einer Verlaufszeit von dreieinhalb Jahren entwickelten 7,6 % der beobachteten Patienten ein Plattenepithelkarzinom des Ösophagus. Dabei ließ sich für die mittel- und hochgradige Dysplasien und die Carcinomata in situ ein signifikant höheres Karzinomrisiko ermitteln. Der Risikograd der hochgradigen Dysplasie war dabei sogar 116 5 Diskussion ______________________________________________________________ ähnlich hoch wie der des Carcinoma in situ [35]. Diese Daten belegen die Wertigkeit einer frühzeitigen Diagnostik der Dysplasien, die sich häufig - wie auch in dieser Studie bewiesen - als occulte Veränderungen darstellen und der konventionell endoskopischen Diagnostik entgehen können. Eine brasilianische Studie, die sich ebenfalls mit dem Nutzen der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung bei der Diagnostik von Dysplasien bei Hochrisikopatienten befaßte, analysierte 190 männliche Patienten mit extrem hohem Alkohol- und zeitgleich betriebenem Nikotinkonsum. Dort wurde der mittlere Alkoholkonsum mit 321 + 173 g Alkohol pro Tag angegeben. Bei der konventionellen Endoskopie fielen lediglich makroskopisch zwei leicht erhabene Schleimhautläsionen auf, die histologisch als Ösophaguskarzinom klassifiziert wurden. Nach Anfärbung der Schleimhaut durch die Lugol´sche Lösung ließen sich 25 ungefärbte Areale bei 25 Patienten (12,2 % der Patienten) darstellen. Die feingewebliche Untersuchung der Biopsate enthüllte in 26,2 % der ungefärbten Areale dysplastische Veränderungen, dabei zweimal in Form einer hochgradigen (8,7 %) und viermal in Form einer leichtgradigen Dysplasie (17,4 %), die alle als occulte Veränderungen bezeichnet wurden und der konventionell endoskopischen Diagnostik somit entgangen wären [52]. Neben den alkoholabhängigen Patienten als Risikogruppe für das Plattenepithelkarzinom des Ösophagus wurden in verschiedenen Arbeiten auch andere risikobehaftete Personengruppen einer Screeninguntersuchung unterzogen. Dabei bestätigte sich der Wert der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung in ähnlicher Form für die verschiedensten Risikokollektive. Chinesische Studien wurden konzipiert mit der Intention, den Wert der Chromoendoskopie des Ösophagus mit Lugol´scher Lösung für die endoskopische Erkennung und genaue Abgrenzung von Plattenepitheldysplasien und –karzinomen in regionalen Hochrisikogebieten abzuklären. Dazu wurden Personen aus diesen Gebieten mit einer hohen Ösophaguskarzinominzidenz zunächst einer Screeninguntersuchung mittels Ballonzytologie unterzogen. Bei Hinweisen auf das Vorliegen dysplastischer oder bereits entarteter Zellen schloß sich eine konventionelle Endoskopie mit nachfolgender Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung an [36,139,181]. Dawsey und Mitarbeiter entdeckten bei 225 Patienten bereits konventionell endoskopisch 20 Ösophaguskarzinome bei 19 Patienten. Nach Applikation der Lugol´schen Lösung fanden sich 253 ungefärbte Areale, die sich einerseits als Ösophaguskarzinom in den bereits konventionell 117 5 Diskussion ______________________________________________________________ endoskopisch detektierten 20 Fällen darstellten, weiterhin jedoch auch vierundneunzig Mal bei 66 Patienten als mittel- und schwergradige Dysplasien. Nur mit Hilfe der Chromoendoskopie ließen sich dysplastische Veränderungen bei 17 der 31 Patienten mit einer mittelgradigen und bei 8 der 35 Patienten mit einer hochgradigen Dysplasie diagnostizieren [36]. Andere chinesische Arbeitsgruppen, die umfangreichere regionale Hochrisikokollektive mit 1500 bzw. 3164 Patienten untersuchten, konnten ebenfalls chromoendoskopisch problemlos Frühkarzinome und hochgradige Dysplasien enthüllen. Insgesamt konnten 100 % der Ösophagusfrühkarzinome, 95,6 % der hochgradigen Dysplasien, 96,6 % der mittelgradigen und 92,3 % der leichtgradigen Dysplasien als ungefärbte Areale nach Applikation der Lugol´schen Lösung identifiziert werden [181,182]. Die Autorengruppen kommen zu dem Schluß einer ausgezeichneten Sensitivität und Spezifität der Methode, die zu einer Verbesserung hinsichtlich der Früherkennung von Ösophaguskarzinomen und präkanzerösen Läsionen beiträgt [182]. Patienten mit Tumoren des oberen Aerodigestivtraktes gehörten ebenfalls zu den untersuchten Hochrisikogruppen für das Plattenepithelkarzinom des Ösophagus [51,108,159,178]. Eine japanische und eine brasilianische Arbeitsgruppe unterzogen 178 bzw. 60 Patienten mit Tumoren des oberen Aerodigestivtraktes einer konventionell endoskopischen Screeninguntersuchung einschließlich Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung. Histopathologisch wiesen 22 bzw. 5 Patienten dysplastische Schleimhautveränderungen und 9 bzw. 5 Patienten ein Karzinom auf. In der japanischen Studie konnten 88,9 % der Karzinome in einem Frühstadium ohne lymphatische Metastasierung diagnostiziert werden, dabei lag bei 2 Patienten ein multizentrisches Tumorwachstum vor, so daß insgesamt 13 Karzinome bei 9 Patienten entdeckt wurden. Lediglich 4 der 13 Karzinome konnten dabei bereits konventionell endoskopisch detektiert werden [159,178]. Eine andere japanische Arbeitsgruppe untersuchte auf die gleiche Weise ein umfangreicheres Kollektiv von 788 Patienten mit nachgewiesenen Tumoren in der Kopf-Hals-Region. Histologisch ließen sich bei der Screeninguntersuchung in 93 Fällen (11,8 %) Ösophaguskarzinome, davon 72 (77,4 %) Frühkarzinome bestätigen [108]. Die hohe Rate der Frühkarzinome weist erneut auf den diagnostischen Nutzen der additiven Chromoendoskopie hin. Auch Studien an Patienten mit einer Achalasie als Risikofaktor für die Entwicklung eines Ösophaguskarzinoms bestätigten die Effektivität der Chromoendoskopie mit Lugol´scher 118 5 Diskussion ______________________________________________________________ Lösung. So lobt die Arbeitsgruppe um Yamamuro den Wert der Chromoendoskopie bei der Detektion von Dysplasien und malignen Läsionen insbesondere in Hinblick auf die bei zwei Drittel der Patienten mit Achalasie bestehenden Schleimhautveränderungen [185]. Die Chromoendoskopie besitzt folglich auch bei diesem Risikokollektiv einen erheblichen Stellenwert bei der Früherkennung von (oberflächlichen) Karzinomen bzw. von Plattenepitheldysplasien [113,142,146,185]. Als Fazit hat sich die Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung bei den verschiedenen Risikokollektiven für die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms bewährt, so daß ihr Einsatz in der Routineendoskopie von Risikopatienten zu fordern ist. Bei einem Altersgipfel von 55 Jahren bei den Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus sowie einem raschen Progreß dieser Erkrankung sollte zudem eine regelhafte chromoendoskopische Screeninguntersuchung der Risikokollektive ab dem 55. Lebensjahr in jährlichen Intervallen erwogen werden. In der aktuellen Literatur findet sich die Fallbeschreibung eines 42-jährigen Mannes mit chronischem Alkohol- und Nikotinkonsum, bei dem ein fortgeschrittenes 7 cm langes die ganze Zirkumferenz umfassendes Plattenepithelkarzinom des Ösophagus diagnostiziert worden war. In der Vorgeschichte war der Patient 16 und 20 Monate vor Erstdiagnose des Ösophaguskarzinoms aufgrund einer Hämatemesis mit Nachweis jeweils einer MalloryWeiss-Läsion endoskopiert worden und 8 Monate zuvor aufgrund von Oberbauchschmerzen und Erbrechen. Zu diesem Zeitpunkt waren lediglich eine Hiatushernie und eine Erosion im Magen als pathologische Befunde entdeckt worden. Eine angefertigte Fotodokumentation des Ösophagus zeigte bereits diskrete Schleimhautunregelmäßigkeiten, von den Autoren jedoch auch retrospektiv als weitestgehend normale Schleimhaut bezeichnet. Eine endoskopische Untersuchung 8 Monate später aufgrund einer progredienten Dysphagie enthüllte das beschriebene fortgeschrittene Karzinom. Kurze Zeit nach durchgeführter subtotaler Ösophagusresektion verstarb der Patient [186]. Dieser tragische Verlauf zeigt zum einen den raschen Progreß der Erkrankung, mahnt aber vor allem zu erhöhter Sensibilität in Hinblick auf die Detektion kleinster Schleimhautveränderungen und weist besonders auch auf die Notwendigkeit additionaler Verfahren hin, die die Frühdiagnose erleichtern. 119 5 Diskussion ______________________________________________________________ Das Bestreben, Ösophaguskarzinome in einem frühen Stadium zu diagnostizieren, rückte die teilweise schwer detektierbaren oberflächlichen Karzinome in den Mittelpunkt. Bemerkenswert bei der vorliegenden Untersuchung waren die nur minimalen Veränderungen als morphologisches Korrelat der oberflächlichen Karzinome im Sinne von fokalen Schleimhautrötungen bzw. gering ausgedehnten Ösophaguswandretraktionen bei ansonsten makroskopisch unauffälliger Ösophagusschleimhaut. So bergen insbesondere der flache Typ 0-II der oberflächlichen Karzinome als flacher bzw. der flache und leicht eingesunkene Sub-Typ 0-II c die Gefahr, einer Detektion bei einer konventionellen endoskopischen Untersuchung zu entgehen [48,89,168,178]. Wie eine Multicenter-Studie in Japan jedoch aufgezeigt hat konnte von insgesamt 1562 Läsionen bei den oberflächlichen Karzinomen vorrangig der flache Typ (Typ 0-II) diagnostiziert werden mit dem leicht eingesunkenen Sub-Typ c als häufigste Untergruppe [86]. Diese Daten decken sich auch mit einem nationalen japanischen Screening-Programm 1999, bei dem in 53 % der Fälle die oberflächliche neoplastische Läsion als Subtyp 0-IIc bewertet wurde [98]. Dawsey und Mitarbeiter postulierten 1993, daß 81 % der mittel- oder hochgradigen Dysplasien bzw. karzinösen Läsionen mit konventionell endoskopisch detektierbaren Schleimhauttexturstörungen einhergehen, so daß bis zu 94 % der Patienten mit moderater oder schwerer Dysplasie bzw. Entartung nur durch Gewinnung einer gezielten Biopsie aus makroskopisch verdächtigen Bezirken identifiziert worden wären [34]. Zu beachten ist, daß die gleiche Arbeitsgruppe 5 Jahre später eine weitere Studie an 225 Patienten mit auffälligem Befund in der Ballonzytologie durchführte und zu diesem Zeitpunkt vermerkte, daß 55 % der mittelgradigen und 23 % der hochgradigen Dysplasien nur nach Applikation der Lugol´schen Lösung entdeckt worden seien [36]. Auch diese Arbeitsgruppe empfiehlt letztlich den Einsatz der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung als einfache, hochsensitive Technik bei der Entdeckung von plattenepithelialen präkanzerösen und kanzerösen Bezirken, gerade auch dann, wenn eine optimale Visualisation von abnormen Befunden des Plattenepithels gefordert ist. Die Diskrepanz zu den Ergebnissen der früheren Studie dieser Forschergruppe macht deutlich, daß die Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung auch kritische Stimmen von ihrem Nutzen zu überzeugen vermochte. Von zahlreichen Arbeitsgruppen wird weiterhin die exakte Abschätzbarkeit der Ausdehnung und Abgrenzung suspekter Bezirke nach Aufbringen der Lugol´schen Lösung auf die Schleimhaut angeführt [5,36,40,52,115,122,127,185,189]. So wird die Ausdehnung 120 5 Diskussion ______________________________________________________________ einer Läsion konventionell endoskopisch häufig zumindest leicht unterschätzt mit erheblichen Folgen für die Therapieplanung, gerade auch in Hinblick auf den Einsatz weniger invasiver Verfahren wie der Mukosektomie oder photodynamischen Therapie. Die oben bereits angeführte Arbeitsgruppe um Dawsey und Mitarbeiter ermittelte, daß sich 88 % der hochgradigen Dysplasien oder Karzinome nach Chromoendoskopie ausgedehnter oder klarer demarkiert darstellten [36]. Eine chromoendoskopische Untersuchung mit Lugol´scher Lösung wird somit vor Beginn einer endoskopischen Therapie zwingend gefordert. Die Ergebnisse dieser Arbeit bestätigen diese Aussage. So wies ein Patient eine minimale Schleimhautretraktion bei makroskopisch ansonsten unauffälliger Schleimhauttextur auf. Chromoendoskopisch demarkierte sich klar ein ungefärbtes Areal, das in seiner Ausdehnung zuvor nicht zu erfassen war und einem Plattenepithelkarzinom im klinischen Stadium T1N0M0 entsprach (s. Anhang Abb. 8.7a und 8.7b). Nicht nur hinsichtlich der Früherkennung und genauen Abgrenzung von Ösophaguskarzinomen und deren Vorstufen hat sich die Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung etabliert, sondern vor allem auch bei der Detektion additionaler Läsionen [82,94,192]. Mehrere Studien befaßten sich mit der Koexistenz von dysplastischen Schleimhautveränderungen Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus bei bzw. Patienten mit mit diagnostizierten einem multizentrischen Tumorwachstum [94,123,126]. Eine japanische Arbeitsgruppe untersuchte postoperativ die Ösophagusresektate von 248 Patienten mit nachgewiesenem Ösophaguskarzinom auf die Koexistenz von Dysplasien. Die histopathologische Aufarbeitung in Serienschnittechnik ergab bei 29,4 % der untersuchten Patienten die Diagnose einer synchron vorliegenden Dysplasie. Die Häufigkeit einer koexistenten Dysplasie nahm dabei mit zunehmender Tumorinvasionstiefe ab. Die höchste Rate additionaler dysplastischer Läsionen mit bis zu 71 % wiesen jene Patienten auf, deren Ösophaguskarzinom auf die Muscularis mucosae beschränkt war. Ein multizentrisches Karzinomwachstum im Vergleich zu einem solitären Karzinom war mit einem Prozentsatz von 47,6 % versus 8,2 % häufiger mit einer koexistenten Dysplasie aller Grade verbunden [141]. Mehrere Studien konnten zudem eine signifikante Beziehung zwischen der Anzahl der chromoendoskopisch ungefärbten Areale in der Umgebung eines Karzinoms und der Inzidenz eines multizentrischen Tumorwachstums darstellen [119,126,127]. Das Auftreten eines multizentrischen Ösophaguskarzinoms bei Alkoholabhängigen wird in der Literatur mit einer Rate von 15,4 % in einer französischen Arbeit bis zu einer Rate von 57,1 % in einer japanischen 121 5 Diskussion ______________________________________________________________ Untersuchung an 629 Alkoholikern beziffert [115,189]. Auch Patienten mit einem Tumor des oberen Aerodigestivtrakt scheinen vielfach ein multizentrisches Tumorwachstum aufzuweisen [125,126,159]. So ermittelte eine japanische Arbeitsgruppe bei 4 von 5 Patienten mit einem synchron vorliegenden Ösophaguskarzinom und bei einem von 5 mit einem metachronen Karzinom ein multizentrisches Wachstumsmuster [159]. Angesichts der Häufigkeit eines multizentrischen Tumorwachstums und einer koexistenten Dysplasie bei konventionell endoskopisch gesicherten Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus muß dringend eine zusätzliche Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung zur präzisen Abschätzung der Ausdehnung und Grenzen, als auch zur Detektion von additionalen Läsionen empfohlen werden. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie ergaben zwar kein multizentrisches Wachstumsmuster der Ösophaguskarzinome, jedoch lagen bei einem Patienten simultan eine leichtgradige Dysplasie im distalen Ösophagusdrittel und eine mittelgradige im proximalen Ösophagusdrittel vor, die beide nur chromoendoskopisch detektiert werden konnten. Das Verhältnis zwischen der Gesamtzahl ungefärbter Areale und der im Vergleich dazu niedrigen Rate detektierter präkanzeröser und maligner Läsionen wird häufig als Diskussionspunkt angeführt. Die vorliegende Studie an 229 Alkoholikern ergab bei der histopathologische Beurteilung der Biopsate in 67 % der chromoendoskopisch ungefärbten Areale eine benigne Schleimhautveränderung im Sinne einer Ösophagitis, einer Nekrose, einer Zylinderepithelzellmetaplasie vom Kardiatyp oder einer Leukoplakie. Bei der Leukoplakie handelt es sich primär um einen deskriptiven Begriff des makroskopischen Erscheinungsbildes mit dem histologischen Korrelat einer Hyper- oder Parakeratose. Die einfache Leukoplakie ohne Zellatypien im Bereich des Ösophagus gilt im Gegensatz zur Leukoplakie anderer Lokalisationen wie beispielsweise der Mundhöhlen- und Kehlkopfschleimhaut nicht als Präkanzerose. Bei den detektierten malignen Läsionen muß der Nachweis der Karzinosarkominvasion der Submukosa als Sonderfall betrachtet werden. Ein Karzinosarkom als seltener bösartiger Tumor mit sowohl karzinomatösem, als auch sarkomatösem Anteil kann bei plattenepithelialer karzinomatöser Komponente zur fehlenden Anfärbung der Schleimhaut nach Applikation der Lugol´schen Lösung führen. In diesem Fall läßt sich die Farbaussparung im Bereich der Abtragungsstelle nach erst kürzlich durchgeführter endoskopischer Ektomie eines 1,6 cm großen polypoiden Karzinosarkoms allerdings eher durch die erst begonnene Reepithelialisierung mit noch dünner glykogenhaltiger Epithelschicht erklären. Ähnliche Phänomene können auch nach 122 5 Diskussion ______________________________________________________________ Radiotherapie, endoskopischer Mukosektomie oder nach photodynamischer Therapie beobachtet werden. Damit ist als Ursache einer verminderten Anfärbung eines Schleimhautareals bei der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung differentialdiagnostisch neben der präkanzerösen und kanzerösen plattenepithelialen Läsion sowie der Entzündung auch immer an eine fehlende Reepithelialisation, eine noch dünne Epithelschicht, an ein residuales Zylinderepithel oder ein fibrotisches Gewebe zu denken [1,109] (vergleiche auch Anhang Abb. 8.2b-d). Als Besonderheit bei den detektierten Veränderungen sind die Zylinderepithelzellmetaplasien vom spezialisierten Typ zu betrachten, die als präkanzeröse Bedingung für die Entwicklung eines Adenokarzinoms anzusehen sind. So kann zwar mittels des Lugol´schen Farbstoffes die Ausdehnung der Zylinderepithelzellmetaplasie durch die fehlende Anfärbung gut abgegrenzt werden (siehe Anhang Abb. 8.2d), jedoch kann keine Differenzierung zwischen dem spezialisierten Typ als präkanzeröse Bedingung einerseits und dem Kardia- oder Fundustyp andererseits getroffen werden. Auch finden sich bei der Verwendung dieses Farbstoffes keine Hinweise auf dysplastische Areale innerhalb des metaplastischen Schleimhautsegmentes mit der Möglichkeit einer gezielten Gewebeprobeentnahme [122]. Somit wurden die diagnostizierten Barrett-Syndrome als „Zufallsbefunde“ bei der Beurteilung der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung vernachlässigt. Als im Mittelpunkt des Interesses stehende präkanzeröse oder maligne plattenepitheliale Läsionen stellten sich 16,4 % der 61 chromoendoskopisch detektierten Areale im Sinne einer Dysplasie, eines Carcinoma in situ bzw. eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus dar. Ähnliche Daten finden sich auch in der Literatur. Als Hauptursache für eine verminderte Anfärbung der Ösophagusschleimhaut nach Applikation der Lugol´schen Lösung kristallisierte sich die Entzündung in den meisten Studien heraus. In zwei japanischen, einer brasilianischen und einer französischen Studie, die alkoholabhängige Patienten chromoendoskopisch mit Lugol´scher Lösung untersuchten, bestätigte sich die Ösophagitis mit einem Prozentsatz von mehr als 56 % als häufigste Ursache für die verminderte Anfärbeintensität der Schleimhaut. Der Anteil der detektierten präkanzerösen und kanzerösen Läsionen wird in den verschiedenen Studien mit Werten zwischen 14,4 und 34,9 % in Bezug auf die Gesamtzahl der ungefärbten Areale beziffert und bildete damit den am zweithäufigsten gestellten histopathologischen Befund [5,52,115,185]. Dawsey und Mitarbeiter untersuchten 225 Patienten mit dem ballonzytologisch hochgradigen Verdacht auf eine Dyplasie oder ein Karzinom und ermittelten bei diesem Patientenkollektiv sogar eine Rate von 45 % präkanzeröser oder kanzeröser Läsionen 123 5 Diskussion ______________________________________________________________ bezogen auf die gesamten ungefärbten Areale. Das weitere histopathologische Diagnosespektrum reichte von regelrecht strukturierter Ösophagusschleimhaut mit einem Prozentsatz von 7 bis 11 %, über die Parakeratosen, das Barrettepithel, die heterotope Magenschleimhaut bis zu den Granulosazelltumoren, die aber allesamt nur eine nebensächliche Rolle in Anbetracht der seltenen Diagnosestellung spielten [36]. Als Erklärung für die fehlende Anfärbung von histologisch als regelrecht befundeter Ösophagusschleimhaut wurde vor allem eine Ausdünnung der Epithelschicht mit konsekutiv vermindertem Glykogengehalt der Schleimhaut diskutiert [115,122]. Diskrepante Resultate lieferte eine chinesische Studie an 3164 Patienten aus einem Hochrisikogebiet mit einer Rate von 98,7 % (!) präkanzeröser und maligner Ösophagusschleimhautveränderungen gemessen an den gesamten detektierten Arealen. Die übrigen 1,3 % der ungefärbten Bezirke hätten in 0,9 % eine Ösophagitis und in 0,4 % eine unauffällige Ösophagusschleimhaut ergeben [182]. Die Mehrzahl der Studien decken sich aber mit den Daten der vorliegenden Arbeit, die die Spezifität der Chromoendoskopie hinsichtlich der Detektion präkanzeröser und kanzeröser plattenepithelialer Läsionen als eher eingeschränkt bewerten. So lassen sich in der Literatur Zahlenangaben überwiegend von etwa 60 % finden, in einzelnen Arbeiten bis hin zu 90 % [36,52,56]. Forschungsprojekte, die eine Verbesserung der Spezifität durch eine weitere Differenzierung der ungefärbten Areale anhand der Farbintensität oder Form anstrebten, konnten nur Anhaltspunkte liefern. So wiesen Mori und Mitarbeiter nach, daß die meisten ungefärbten Areale (als Grad IV bezeichnet) invasive Karzinome, Carcinomata in situ sowie schwere Dysplasien enthielten, während mittel- und leichtgradige Dysplasien teils auch nur eine verminderte Färbeintensität (als Grad III bezeichnet) aufwiesen. Die geringer gefärbten Areale zeigten häufig eine unscharfe Berandung, wohingegen sich alle Karzinome, die in vermindert gefärbten Arealen (Grad III) diagnostiziert wurden, exakt demarkierten [122]. Klare Richtlinien lassen sich erwartungsgemäß nur auf Kosten einer Verschlechterung der Sensitivität erstellen. Auch die Daten der vorliegenden Arbeit können richtungsweisende Unterschiede in der Färbeintensität oder Demarkation der präkanzerösen und kanzerösen Areale im Vergleich zu benignen Läsionen nicht bestätigen. Eine brasilianische Arbeitsgruppe formulierte ebenso deutlich, daß keinerlei Unterschiede zwischen chromoendoskopisch ungefärbten Arealen mit oder ohne histopathologischem Nachweis einer Dysplasie existierten [52]. 124 5 Diskussion ______________________________________________________________ Im Gegensatz zur eingeschränkten Spezifität der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung fiel eine gute Sensitivität der Methode auf. Das Design der vorliegenden Studie erlaubt keine signifikanten Angaben zur Sensitivität der Methode, da keine Kontrollbiopsien entnommen wurden. Hinweise auf eine gute Sensitivität ergaben sich durch die postoperative Aufarbeitung des Ösophagusresektates des Patienten mit dem Kürzel GL. Auch histopathologisch fand sich konform zu den Ergebnissen der Chromoendoskopie kein Anhalt für ein multizentrisches Tumorwachstum oder additionale präkanzeröse Läsionen. In der Literatur finden sich zahlreiche Arbeiten an Ösophagusresektaten, die eine nahezu 100-%ige Sensitivität der Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung für die Erkennung von plattenepithelialen Ösophaguskarzinomen und plattenepithelialen Carcinomata in situ belegen [109,167]. Hinsichtlich der Dysplasiedetektion lassen sich in der Literatur jedoch deutlich divergierende Zahlenangaben finden. So errechnete sich in zwei brasilianischen prospektiven Studien eine Sensitivität von 80 % bzw. von 46 % für die Erkennung dysplastischer Schleimhautareale [52,56]. Beide Arbeitsgruppen gewannen ungezielte Kontrollbiopsien aus chromoendoskopisch völlig gleichmäßig gefärbten Schleimhautarealen. In der Studie von Fagundes et al. mit der ermittelten geringeren Sensitivität konnte histopathologisch von 165 ungezielten Biopsien siebenmal der Befund einer leichtgradigen Dysplasie gestellt werden. Mittel- oder höhergradige Dysplasien, die mit einer deutlichen Zunahme des Ösophaguskarzinomrisikos einhergehen, fanden sich in den Gewebeproben aus den ungezielten Biopsien jedoch nicht [52]. In einer japanischen Studie, die ebenfalls Kontrollbiopsien aus chromoendoskopisch gleichmäßig gefärbten Schleimhautbezirken histopathologisch untersuchte, konnte aus allen ungezielt gewonnenen Proben lediglich der Befund einer unauffälligen Ösophagusschleimhaut erhoben werden [5]. Eine Studie an Ösophagusresektaten konnte nachweisen, daß alle Plattenepithelkarzinome, alle plattenepithelialen Carcinomata in situ aber nur 8 von 14 Dysplasien nach Applikation der Lugol´schen Lösung ungefärbt blieben. Die übrigen sechs dysplastischen Areale waren mikroskopisch klein und stellten sich nicht als scharf abgegrenzte ungefärbte Zonen dar [109]. Insgesamt muß nach Studienlage also eine hohe Sensitivität hinsichtlich der Detektion von plattenepithelialen Ösophaguskarzinomen und Carcinomata in situ sowie von mittel- und hochgradigen plattenepithelialen Dysplasien angenommen werden. Bei der Erkennung leichtgradiger und gering ausgedehnter Dysplasien, die im Vergleich ein geringeres Karzinomrisiko bergen, ist von einer deutlich niedrigeren Sensitivität auszugehen. Eine chinesische Arbeit, die sich mit der Detektion von plattenepithelialen 125 5 Diskussion ______________________________________________________________ Dyplasien und kanzerösen Schleimhautveränderungen des Ösophagus befaßt, vergleicht die konventionelle Endoskopie mit der additiven Chromoendoskopie. Bei der Betrachtung der Spezifität ließ sich für die konventionelle Endoskopie ein Wert von 79 % ermitteln, der sich nach Einsatz der Chromoendoskopie auf 63 % verringerte. Für die Sensitivität ergaben sich jedoch anders gelagerte Daten. So betrug die Sensitivität der konventionellen Endoskopie bei der Erkennung invasiver Karzinome 100 % und ließ sich folglich auch durch eine additive Chromoendoskopie nicht steigern. Bei der Detektion von Dysplasien konnte jedoch eine Verbesserung der Sensitivität von 62 % bei alleiniger konventioneller Endoskopie bis auf 96 % nach Einsatz der Lugol´schen Lösung erzielt werden.[36]. Aus diesen Daten ergibt sich im Sinne der Fragestellung zur Früherkennung von Ösophaguskarzinomen und deren Vorläufern für die additive Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung eine ausgezeichnete Sensitität bei mäßiger Spezifität. Als weiterer Benefit muß an die Möglichkeit gedacht werden, in Frühstadien endoskopische Therapieverfahren einsetzen zu können. Bei mucosalen Tumoren und hochgradigen Dysplasien bieten sich als Alternativen zur Ösophagektomie oder Radiochemotherapie die endoskopische Mukosektomie [73,97,157,158] bzw. die photodynamische Destruktion nach selektiver Sensibilisierung durch 5-Aminolaevulinsäure [63,135,136] sowie thermoablative Verfahren [65,112,164] an. Diese Therapieverfahren stellen sich mit guten Erfolgen insbesondere in den spezialisierten Zentren dar und müssen als schonende, organerhaltene Behandlungsformen betrachtet werden. Die operative Ösophagusresektion weist auch derzeit, insbesondere in Anbetracht der bestehenden Komorbidität bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit, eine hohe Mortalität und Letalität auf. So muß bei dem Risikokollektiv für die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms an begleitende alkoholassoziierte Erkrankungen, an Erkrankung bzw. Allgemeinzustandsverschlechterung durch Malnutrition sowie an die oftmals verminderte Compliance gedacht werden. Im untersuchten Patientenkollektiv lehnten jener Patient mit der hochgradigen Dysplasie sowie ein Patient mit einem fortgeschrittenen Ösophaguskarzinom jede Therapie ab. Bei schlechtem Allgemeinzustand und hoher Komorbidität wurden ein Patient mit einem Frühkarzinom und ein Patient mit einem fortgeschrittenen Karzinom lediglich einer Radiotherapie mit 50 Gy sowie dreimaligem Afterloading mit jeweils 5 Gy im Sinne einer endoluminalen Brachytherapie zugeführt. Auf eine kombinierte Radiochemotherapie wurde hinsichtlich des schlechten Allgemeinzustandes mit einem Karnofwsky-Index von 50 % oder aufgrund von 126 5 Diskussion ______________________________________________________________ mangelnder Compliance verzichtet. In kurativer Zielsetzung wurde bei einem Patienten mit einem T1M0N0-Tumor eine abdomino-thorakale Ösophagusresektion primär komplikationslos durchgeführt. Postoperativ entwickelte sich bedauerlicherweise in der Folge ein Multiorganversagen mit konsekutivem Exitus letalis. Diese Daten dokumentieren den Benefit der organerhaltenden, schonenderen, endoskopischen Therapieverfahren gerade bei der Behandlung dieses Patientenkollektivs. Zwingende Voraussetzung für den Einsatz endoskopischer Behandlungsmethoden in kurativer Intention stellt jedoch erneut die Frühdiagnostik des Ösophaguskarzinoms dar. Schließlich hat die Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung ihren Stellenwert auch in der Tumornachsorge zur Detektion von verbliebenem Tumorgewebe insbesondere nach endoskopischen Therapieverfahren als auch bei der Früherkennung von Rezidiven bewiesen [1,78]. 5.6 Alternative Methoden zur Früherkennung präkanzeröser und kanzeröser Läsionen des Ösophagus Als alternatives Verfahren bei der Frühdiagnostik plattenepithelialer Karzinome muß auch die Chromoendoskopie mit dem Farbstoff Toluidinblau angeführt werden. Dieses Färbemittel färbt besonders Zellen mit erhöhter mitotischer Aktivität [71,81]. Diese Substanz wird hinsichtlich der Detektion tumoröser Veränderungen im Vergleich zur Lugol´schen Lösung als geringer spezifisch beurteilt, geht mit einer Reihe unerwünschter Nebenwirkungen vor allem in höheren Konzentrationen einher und hat deshalb im Vergleich zur Lugol´schen Lösung an Bedeutung verloren [146]. Für die AdenokarzinomDiagnostik stellt sich der Farbstoff Methylenblau als Grundlage eines etablierten additiven chromoendoskopischen Verfahrens dar. Dieser Farbstoff färbt selektiv spezialisiertes intestinales Epithel, das im Barrett-Ösophagus sowohl fokal als auch flächig-diffus ausgeprägt sein kann. Auch die Detektion und somit gezielte Biopsie dysplastischer oder kanzeröser Läsionen in der Barrett-Schleimhaut wird bei Anwendung dieses Farbstoffes erleichtert, wobei besonders auf fokale Entfärbungen innerhalb eines sonst diffus gefärbten Areals geachtet wird [25,43,64]. Weiterhin kommt als alternatives Früherkennungsverfahren die hochauflösende („high resolution“) Endoskopie in Betracht. So lassen sich insbesondere auch in Addition 127 5 Diskussion ______________________________________________________________ mit chromoendoskopischen Verfahren bereits diskrete Schleimhautläsionen darstellen. Insbesondere mukosale Tumore, auch mit einem Durchmesser von weniger als 5 mm, lassen sich effektiv erkennen [119,152]. Die Magnifikationsendoskopie ermöglicht derzeit eine bis zu 150-fache Vergrößerung, die die Epithelaufsicht erheblich verbessert. Jedoch ist die Primärdetektion der Läsionen durch kleine Untersuchungsareale und lange Untersuchungszeiten deutlich erschwert [30]. Zudem stehen diese Techniken bisher nur ausgewählten Zentren zur Verfügung und stellen somit noch keine Routineverfahren dar [30,64,118]. Neuere Techniken wie die fluoreszenztechnischen Verfahren können die Detektion kleiner Schleimhautläsionen ebenfalls verbessern. Der Farbunterschied zwischen dem normalen und neoplastischen Gewebe entsteht durch endogene oder exogene Fluorophore. Unterschieden wird dabei zwischen der medikamentös induzierten Fluoreszenz als sogenannte „photodynamische Diagnostik“ und der Autofluoreszenz, die sich endogene „Farbstoffe“ wie beispielsweise NADH, Kollagen, Dinukleotide oder Porphyrine zu nutze machen [64,114,118,119,183]. Insbesondere für die Erkennung hochgradiger Dysplasien hat sich die Autofluoreszenz als gutes Werkzeug erwiesen. Auch diese Verfahren stehen bisher nur wenigen Zentren zur Verfügung und sind Gegenstand weiterer Forschungsprojekte. Ein weiteres technisches Prinzip stellt die optische Kohärenztomographie dar, die die Grundlagen von Ultraschall und Mikroskopie vereint. Die Bilddarstellung beruht auf Reflexionen von infrarotem Licht an Gewebeschichten und eignet sich insbesondere zur Bestimmung der Invasionstiefe von neoplastischen Läsionen [41,164,183,184]. Im Vergleich zum endoskopischen Ultraschall ist mit dieser Technologie bisher eine um den Faktor 20 höhere optische Auflösung erzielbar. Die Effektivität dieses Verfahrens muß allerdings mittels weiterer Studien noch genauer beleuchtet werden. In der Routineendoskopie haben sich zur Verbesserung der Früherkennung von präkanzerösen und frühen kanzerösen Läsionen bisher jedoch nur die chromoendoskopischen Verfahren etablieren können. Alle weiteren technischen Prinzipien stehen derzeit nur ausgewählten Zentren zur Verfügung und bedürfen überwiegend noch intensiverer Forschung zur Beurteilung der Wertigkeit der jeweiligen Methoden. 128 6 Zusammenfassung ______________________________________________________________ 6 Zusammenfassung Ösophaguskarzinome werden aufgrund der erst spät auftretenden Symptome meistens in einem fortgeschrittenen Tumorstadium diagnostiziert mit zu diesem Zeitpunkt schlechter Prognose. Die konventionelle Ösophagoskopie asymptomatischer Patienten mit bekannten Risikofaktoren für die Entwicklung eines Speiseröhrenkrebses stellt sich als die Methode der ersten Wahl zur Früherkennung dar, jedoch können einige präkanzeröse und frühe kanzeröse Schleimhautveränderungen als sogenannte occulte Veränderungen dem Untersucher entgehen. Die Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung ist ein geeignetes Verfahren zur Detektion bereits geringster plattenepithelialer Schleimhautläsionen. Die Lugol´sche Lösung reagiert mit dem Glykogen des nicht verhornenden Plattenepithels und erzeugt eine dunkle, grün-braune Farbe. Regelrechtes Ösophagusepithel enthält reichlich Glykogen und färbt sich intensiv und gleichmäßig an. Dysplasien und Karzinome enthalten nur wenig oder kein Glykogen und werden daher als nur geringfügig oder ungefärbte Areale klar abgrenzbar. Das untersuchte Kollektiv umfaßte insgesamt 229 Patienten mit Alkoholabhängigkeit, davon 42 weibliche und 187 männliche Patienten. Das mittlere Alter betrug 52 + 12 Jahre. Die 229 untersuchten Patienten konsumierten durchschnittlich 143 + 124 g Alkohol/Tag. Zusätzlich betrieben 89 % der Patienten einen Nikotinabusus und rauchten durchschnittlich 27 + 14 Zigaretten pro Tag. 1,3 % des Kollektivs wiesen weitere Risikofaktoren in Form von Tumoren des oberen Aerodigestivtraktes oder einer Radiotherapie des Brustkorbs in der Vorgeschichte auf. Der Ösophagogastroduodenoskopie Untersuchungsablauf gefolgt von umfaßte einer eine konventionelle Chromoendoskopie mit 1- bzw. 3-%iger Lugol´scher Lösung. Jeweils 20 ml der Farbstofflösung wurden dazu über einen Sprühkatheter auf die Ösophagusschleimhaut appliziert. Alle ungefärbten Areale mit einer Größe von mindestens 5mm wurden detailliert dokumentiert, gezielt biopsiert und feingeweblich beurteilt. Als Ergebnis ließ sich bei 45 (19,7 %) der untersuchten 229 Patienten ein pathologisches Färbeverhalten der Ösophagusschleimhaut mit 61 von der Färbung ausgesparten Arealen nach Aufbringen der Lugol´schen Lösung nachweisen. Insgesamt 16,4 % der chromoendoskopisch ungefärbten Areale erbrachten den „positiven“ histopathologischen Befund einer präkanzerösen oder kanzerösen Schleimhautveränderung. So ließen sich 129 6 Zusammenfassung ______________________________________________________________ 4 Ösophaguskarzinome, 5 plattenepitheliale Dysplasien, davon 1 hochgradige, 2 mittelgradige und 2 leichtgradige, sowie ein Carcinoma in situ als plattenepitheliale Läsionen detektieren. Zwei leichtgradige und eine mittelgradige Dysplasie konnten bei makroskopisch unauffälliger Schleimhaut nur aufgrund des chromoendoskopischen Befundes nachgewiesen werden. Insgesamt stellt die Chromoendoskopie mit Lugol´scher Lösung als einfaches, nebenwirkungsarmes und effektives diagnostisches Verfahren eine sinnvolle Ergänzung der konventionellen Endoskopie bei der Frühdiagnostik von Ösophaguskarzinomen und präkanzerösen Läsionen bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit dar. Insbesondere kann es die weitere Diagnostik von suspekten oder unklaren endoskopischen Schleimhautbefunden erleichtern. Bei Nachweis eines Ösophaguskarzinoms kann die Lugol´sche Lösung zur exakten Abgrenzung des Tumors, zur Detektion zusätzlicher Läsionen bzw. eines multizentrischen Tumorwachstums verwendet werden. Als weitere Domaine besitzt die Lugol´sche Lösung auch einen Stellenwert in der Tumornachsorge zur Früherkennung von Rezidiven bzw. verbliebenem Tumorgewebe. Bei insgesamt hoher Sensitivität hinsichtlich der Detektion von plattenepithelialen Karzinomen, Carcinomata in situ sowie mittel- und hochgradigen Dysplasien muß jedoch eine geringere Spezifität in Kauf genommen werden. 130 7 Literaturverzeichnis ______________________________________________________________ 7 Literaturverzeichnis [1] Acosta, M. M. and Boyce, H. W., Jr. (1998). Chromoendoscopy - where is it useful? J Clin Gastroenterol 27, 13-20 [2] Ahsan, H., Neugut, A. I. and Gammon, M. D. (1997). Association of adenocarcinoma and squamous cell carcinoma of the esophagus with tobaccorelated and other malignancies. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 6, 779-782 [3] Amin, S., Desai, D., Hecht, S. S. and Hoffmann, D. (1996). Synthesis of tobaccospecific N- Nitrosamines and their metabolites of related bioassays. Crit Rev Toxicol 26, 139-147 [4] Bagnardi, V., Blangiardo, M., La Vecchia, C. and Corrao, G. (2001). Alcohol consumption and the risk of cancer: a meta-analysis. 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C. Doberauer danke ich für die Überlassung des Themas sowie für die kompetente und stets bereitwillige Unterstützung bei der Entstehung dieser Arbeit. Mein Dank gilt allen Mitarbeitern der Medizinischen Klinik I der Universitätsklinik Marienhospital Herne wie auch den Mitarbeitern der Medizinischen Klinik der Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen, die mich bei der Durchführung dieser Arbeit in vielfältiger Weise unterstützt haben. Insbesondere bin ich den Mitarbeitern der Endoskopie-Abteilungen dankbar. Für die Gestaltung und Durchsicht der vorliegenden Arbeit bedanke ich mich besonders bei meiner Kollegin Dr. med. Martina Varrentrapp und meiner Schwester Stephanie Radtke. Mein ganz besonderer Dank gilt meiner gesamten Familie, die mir in jeder Beziehung hilfreich zur Seite stand. Meinem Ehemann und meinen Schwiegereltern möchte ich auch herzlich für die liebevolle Betreuung meiner Töchter Anna und Lisa während der Niederschrift dieser Arbeit danken. 152 LEBENSLAUF Persönliche Daten Name Adresse Telefonnummer Geburtsdatum Geburtsort Nationalität Konfession Elke Böing, geb. Bruckmann Neukölner Str. 169 46147 Oberhausen 0208/ 68 61 13 10.09.1971 Oberhausen deutsch evangelisch Schulbildung 8/ 1978 – 6/ 1982 Gemeinschaftsgrundschule Oberhausen-Schmachtendorf 8/ 1982 – 6/ 1991 Freiherr-von-Stein-Gymnasium Oberhausen 6/ 1991 Erlangung der allgemeinen Hochschulreife Studium WS/1991 – SS/1997 Humanmedizinisches Studium an der Ruhruniversität Bochum 10/ 1997 3. Abschnitt der ärztlichen Prüfung Assistenzarzttätigkeit 01.07.1998 – 31.12.1999 Ärztin im Praktikum am Evangelischen Krankenhaus Gelsenkirchen seit 01.01.2000 Assistenzärztin in der Medizinischen Klinik der Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen Familie 2002 Eheschließung mit Frank Böing 2003 Geburt meiner Tochter Anna 2005 Geburt meiner Tochter Lisa