Aktuelle Warnungen September 2010 ChEck iT! hat bei einem Event am 03.September 2010 insgesamt 34 Proben vermeintlich psychoaktiver Substanzen getestet. Vor 9 Proben musste wegen bedenklicher Inhaltsstoffe besonders gewarnt werden. Eine detaillierte Beschreibung der Warnungen, unerwarteter Inhaltsstoffe, sowie die Übersicht über alle getestete Substanzen folgt: Als „Ecstasy“ zur Analyse gebrachte Substanzen: Eine Tablette ist hell rosa und hat eine Krone als Logo auf der Vorderseite (Straßenname: Rolex). Der Ducrchmesser beträgt ca. 9mm und die Dicke 4mm. Anstelle von MDMA enthielt die Tablette mCPP (12mg) und Metocolpramid (12mg). Eine Tablette ist dunkel rosa und hat das Symbol für Radioaktivität als Logo auf der Vorderseite. Der Durchmesser beträgt ca. 8mm und die Dicke 4mm. Anstelle von MDMA enthielt die Tablette ausschließlich mCPP (18mg). Meta-Clorphenylpiperazin (mCPP) gehört zu der Gruppe der Piperazine. Die Wirkung von mCPP ist ähnlich der von MDMA, wobei neben der vergleichsweise schwachen psychoaktiven Wirkung, wie Glücksgefühlen und optischen Veränderungen beim Konsum von mCPP sehr häufig unangenehme Nebenwirkungen wie Übelkeit, Kopfschmerzen, Nierenschmerzen, Nervosität, Schweratmigkeit, Müdigkeit, und ein mehrere Tage anhaltender „hangover" auftreten können. Im Zusammenhang mit dem gleichzeitigen Konsum von MDMA kann es zu Krampfanfällen kommen! Metoclopramid ist ein Antiemetikum (lindert Übelkeit und Erbrechen) und beispielsweise im Medikament Paspertin enthalten. Metoclopramid geht mit vielen anderen Substanzen Wechselwirkungen ein und kann deren Wirkung teilweise beschleunigen oder verstärken. Darüber hinaus kann Metoclopramid (auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch) das Reaktionsvermögen verlangsamen, besonders auch im Zusammenwirken mit Alkohol. Über die Kombination von mCPP und Metoclopramid gibt es naturgemäß keine wissenschaftlichen Studien. Allein aber aufgrund der Einzelwirkungen der Substanzen ist vom Konsum dringend abzuraten! Als „Speed“ zur Analyse gebrachte Substanzen: Zwei (von insgesamt 11) „Speed“-Proben wurden als gesundheitlich besonders bedenklich eingestuft, da sie neben anderen Substanzen auch noch das weit aus potentere Methamphetamin enthielten: Amphetamin (12mg/g)+Methamphetamin (4mg/g)+Koffein (Spuren) Methamphetamin (98mg/g)+Paracetamol+Koffein (Spuren) Als Kokain zur Analyse gebrachte Substanzen: Vor zwei vermeintlichen Kokain-Proben musste besonders gewarnt werden, da –wie nicht unüblich- neben Kokain noch eine Reihe anderer Inhaltsstoffe enthalten waren: Kokain (820mg/g)+Levamisol (120mg/g)+Lidocain (50mg/g) Kokain (750mg/g)+Benzoylecognin (Spuren)+Koffein+Levamisol+Phenacetin Levamisol ist ein Antihelmintikum (wird in der Tiermedizin gegen Wurmbefall eingesetzt), welches früher auch in der Humanmedizin Anwendung fand. Als Beimengung zu Kokain ist die Substanz bereits in den vergangenen Jahren öfters aufgetaucht. Meldungen anderer europäischer Pill-Testing Projekte und des Frühwarnsystems der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (2010) zu folge ist die Beimengung mit Kokain jedoch in letzter Zeit gehäuft aufgetreten. Es wurden verschiedene Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Levamisol berichtet, unter anderem: allergische Reaktionen (Schwierigkeiten beim Atmen, Anschwellen der Lippen, der Zunge, des Gesichts) und Beeinträchtigung des zentralen Nervensystems (Verwirrungszustände oder Bewusstlosigkeit, extreme Müdigkeit,...)1. Die bedenklichste Nebenwirkung von Levamisol ist die Veränderung des Blutbildes, Agranulocytosis genannt. Im Zuge dieser kommt es zu einer Reduktion der weißen Blutkörperchen, was in weiterer Folge – auf Grund von Immunschwäche – zu lebensbedrohlichen Infektionen führen kann. Lidocain ist ein Lokalanästhetikum, das sowohl in der Veterinär- als auch in der Humanmedizin als gut und schnell wirksames örtliches Betäubungsmittel eingesetzt wird. Phenacetin ist ein Aminophenol-Derivat, welches bis 1986 zur Schmerzbehandlung und Fiebersenkung eingesetzt wurde. Wegen seiner karzinogenen und insbesondere nierenschädigenden Wirkung in Kombination mit anderen Schmerzmedikamenten wurde es aus dem Handel genommen. Phenacetin kann auch Erregung und Euphorie auslösen und wird vermutlich deshalb als Streckmittel eingesetzt2. Als Heroin zur Analyse gebrachte Substanzen: Eine als Heroin zur Analyse gebrachte Substanz wurde als besonders gesundheitlich bedenklich eingestuft. Dabei handelte es sich um eine „typische Straßenmischung“, die neben Heroin (Diacetylmorphin) die Abbauprodukte 6-MAM, Papaverin und Noscapin, das halb synthetische Opioide Buprenorphin sowie Paracetamol und Koffein enthielt. Weitere Warnungen und unerwartete Inhaltsstoffe: Eine als 2-CB abgegebene Tablette ist hellblau und hat ein Herz auf der Vorderseite als Logo. Der Durchmesser beträgt ca. 7mm und die Dicke 5mm. Neben 2-CB enthielt die Tablette Koffein und noch weitere unbekannte Substanzen. 1 2 Kinzie E. Levamisole found in patients using cocaine. Annals of Emergency Medicine 2009 (53) 546-547. http://www.saferparty.ch/download/file/Warnungen_PDF_2010/Kokain_Streckmittel_April_10(1).pdf Eine als das legal High „Charge +“ abgegebene Substanz wurde ebenfalls zur Analyse abgegeben. Das weiße Pulver enthielt die stimulierende Substanz Alpha-Pyrrolidinopropiophenon, ein unbekanntes Pyrrolidinopropiophenon und Koffein. Eine Tablette, gekauft unter dem Namen „Diablos“ ist weiß. Der Durchmesser beträgt 9mm bzw. 16mm und die Dicke 6mm. Das vermeintliche legal High enthielt ausschließlich Mephedron (21mg). Alpha-Pyrrolidinopropiophenon (α-PPP) ist eine noch sehr wenig erforschte psychoaktive Substanz. In Deutschland wurde α-Pyrrolidinopropiophenon in als Ecstasy verkauften Tabletten nachgewiesen – vermutlich auf Grund der stimulierenden Wirkung und der Legalität. Von der chemischen Struktur gehört α-Pyrrolidinopropiophenon in die Klasse der Cathinone. Trotz der strukturellen Ähnlichkeit scheint α-Pyrrolidinopropiophenon eine geringere psychoaktive Wirkung als das weiter verbreitete Research Chemical Methcatinon zu haben. Mephedron (4-Methylmethcathinon, MMC) ist chemisch verwandt mit Cathinon, dem stimulierenden Wirkstoff des Kath Strauches, und Methcathinon (Ephedron). MMC ist ein Stimulans und Empathogen und kommt als weißes Pulver bzw. auch in Tablettenform vor. Mephedron gehört zu den sogenannten Research Chemicals, d.h. es ist weitgehend unerforscht, daher gibt es keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über Wirkmechanismen, Risiken, Langzeitfolgen sowie möglichen Gefahren beim Mischkonsum. Durch die stimulierende Wirkung von MMC kann es zu einer, als unangenehm empfundenen Hyperaktivität, starker Erhöhung des Blutdrucks und Herzrasen (bzw. unangenehmen Gefühl in der Herzgegend) kommen. Insbesondere bei Konsum von hohen Dosen können Wahnvorstellungen und Paranoia auftreten. KonsumentInnen berichten weiters von unangenehmen Körpergeruch und Kältegefühl, Hautausschlägen, Kopfschmerzen und Gewichtsverlust. Beim Herunterkommen kann es laut Erfahrungsberichten zu erhöhter Nervosität und Verstimmungen kommen. Langanhaltende Schlaflosigkeit, sowie Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnis und Erinnerungslücken können ebenfalls vorkommen. Als problematischer Nebeneffekt wird insbesondere bei (intranasalen) Konsum von Mephedron der Drang zum wiederholten Weiterkonsum beobachtet. Damit scheint Mephedron ein erhöhtes psychisches Abhängigkeitspotential aufzuweisen. Übersicht über alle am 03.09.2010 analysierten Substanzen (n=34): Gekauft als Ecstasy (Tablette) MDMA (Pulver/Kristall) Speed Tatsächlicher Inhalt Anzahl Dosierung (MinMax) MDMA mCPP mCPP+Metoclopramid Amphetamin+HMMA MDMA 1 1 1 1 3 707mg/g-806mg/g Amphetamin 3 26mg/g-451mg/g Amphetamin+Koffein Amphetamin+Methamphetamin Amphetamin+Methamphetamin+Koffein 7 1 1 Methamphetamin+Koffein+Paracetamol 1 Kokain LSD 2-CB Mephedron Methylon Charge+ Diablos Heroin Kokain+Levamisol+Lidocain Kokain+Benzoylecognin+ Koffein+ Levamisol+Phenacetin LSD LSD+unbekannte Substanz 2-CB+Koffein+unbekannte Substanzen Mephedron Methylon Methylon+Mephedron Amphetamin+Koffein Alpha-Pyrrolidinopropiophenon+unbekanntes Pyrrolidinopropiophenon+Koffein Mephedron Diacetylmorphin+6MAM+Papaverin+Noscapin+Paracetamol+Koffein +Buprenorphin 1 1 1 1 1 3 1 1 1 1 394mg/g-667mg/g 1 1 Quellen: www.erowid.com; www.wikipedia.org; Trachsel, D.,Richard, N.: Pschedelische Chemie (2000), Nachtschattenverlag: Solothurn. ChEck iT! ist ein wissenschaftliches Gemeinschaftsprojekt von: Klinisches Institut für medizinische und chemische Labordiagnostik ChEck iT! wird gefördert aus Mitteln der Sucht- und Drogenkoordination Wien, gemeinnützige GmbH und des Bundesministeriums für Gesundheit.