Fehlbildungen des Ohres – unsere Behandlungsmöglichkeiten Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient, Diese Broschüre erläutert ihnen unsere die Behandlung von Ohrfehlbildungen. Fehlbildungen des Ohrs reichen von kleinen Formfehlern bis hin zu einem vollständigen Fehlen der Ohrmuschel. Begleitet werden sie häufig von Einschränkungen des Hörvermögens, da der Gehörgang und das Trommelfell nicht angelegt oder die Mittelohrstrukturen gleichfalls fehlgebildet sein können. Im folgenden stellen wir unsere Behandlungsmöglichkeiten dieser Fehlbildungen vor. Dabei wird eine besonderer Schwerpunkt auf die Kombination der ästhetischen Wiederherstellung einer möglichst normal aussehenden Ohrmuschel mit der funktionellen Wiederherstellung des Hörvermögens mittels aktiver Mittelohrimplantate gelegt. An der Entwicklung dieses Konzept der kombinierten Rehabilitation ist unsere Klinik maßgeblich beteiligt. Definition von Ohrfehlbildungen: Fehlbildungen des Ohres betreffen häufig die äußere Ohrmuschel, sie reichen von kleineren Formfehlern, wie z. B. abstehenden Ohren, über ausgeprägte Fehlbildungen der äußeren Ohrmuschel bis hin zum vollständigen Fehlen der Ohrmuschel. Sie sind häufig mit einem Fehlen des äußeren Gehörganges und des Trommelfells kombiniert, zusätzlich sind die Gehörknöchelchen oft fehlgebildet. Daraus resultiert zusätzlich zu der ästhetischen Beeinträchtigung durch das Fehlen der Ohrmuschel eine funktionelle Beeinträchtigung, da der Schall nicht mehr zum Innenohr gelangt und das Hörvermögen des betroffenen Ohrs hochgradig eingeschränkt ist. Meist jedoch ist die Funktion des Innenohrs, also der Hörschnecke mit den Sinneszellen, normal. Es liegt also eine Schallleitungsschwerhörigkeit vor. Unabhängig von Fehlbildungen des äußeren Ohres und des Mittelohrs kommen auch Fehlbildungen des Innenohrs vor, die zu einer Innenohrtaubheit führen. Hierzu finden sie Informationen unter dem Stichwort „Cochlear-Implant“. Im weiteren sollen hier jedoch die Therapiemöglichkeiten für Fehlbildungen des äußeren Ohres und des Mittelohrs aufgeführt werden. Diagnostik: Die Fehlbildungen des äußeren Ohres, d. h. Ohrmuschel und äußerer Gehörgang sind leicht sichtbar. In Bezug auf die Fehlbildung der äußeren Ohrmuschel unterscheiden wir unterschiedliche Schweregrade, abhängig davon, welche Teile der Ohrmuschel angelegt sind oder fehlen. Bei der Diagnostik des äußeren Gehörgangs unterscheiden wir zwischen einem kompletten Fehlen des Gehörganges, hier sprechen wir von einer Atresie, oder einer Enge, hier spricht man von einer Stenose. Bei einer Stenose können Teile des Trommelfells angelegt sein, es kann jedoch auch durch eine bindegewebige Platte ersetzt sein. Mit Hörtests wird die Schallübertragung von außen auf das Innenohr und die Hörfähigkeit des Innenohrs geprüft. Das Innenohr ist meistens normal funktionsfähig, es besteht eine Schallleitungsschwerhörigkeit, bei der der Schall nicht von außen auf das Inennohr übertragen werden kann. Entscheidend ist nun für die weitere Therapieplanung, welche Fehlbildungen Gehörgang und Mittelohr aufweisen. Die weitere Diagnostik erfordert eine Bildgebung, wir verwenden hierfür die moderne Digitale Volumentomographie (DVT), die besonders genaue Bilder mit der geringsten Strahlenbelastung liefert. Mit der DVT lassen sich die knöchernen Strukturen des Mittelohrs und des Innenohrs im Detail darstellen. Hierbei wird besonderes Augenmerk auf die Anlage der Gehörknöchelchen, die Belüftung der Mittelohr- und Mastoidräume, dem Verlauf des Gesichtsnervens und der knöchernen Anlage des Innenohrs gelegt. Untenstehende Abbildungen zeigen DVT-Aufnahmen des Mittelohrs, in der oberen Aufnahme liegt eine Unterentwickelter Steigbügel bei ansonsten normalen Gehörknöchelchen vor, in der unteren Aufnahme zeigt sich eine Verplumpung von Hammer und Amboss bei vorhandenem Steigbügel, Trommelfell und Gehörgang fehlen. Therapie: 1. Therapie von Fehlbildungen der Ohrmuschel: Geringe ausgeprägte Formfehler lassen sich chirurgisch durch eine operative Umformung des vorhandenen Knorpels und Korrektur des Weichteilgewebes beheben. Fehlen hingegen größere Teile des knorpeligen Ohrmuschelgerüstes, so ist ein Aufbau der Ohrmuschel erforderlich. Wir bevorzugen den Aufbau mit körpereigenem Gewebe, da dieses am besten verträglich, robust und langzeitstabil ist. Kleinere Korrekturen können mit Knorpel von der gegenseitigen Ohrmuschel oder mit Septumknorpel rekonstruiert werden, bei größeren Defekten ist die Entnahme von Rippenknorpel erforderlich. Aus diesem Rippenknorpel wird dann ein neues Ohrmuschelgerüst geformt und in einem ersten Schritt unter die Haut implantiert. In einem zweiten Schritt wird dann die Umschlagfalte hinter der Ohrmuschel gebildet. Wir arbeiten für die Ohrmuschelrekonstruktion mit einem hocherfahrenen Spezialisten für die Ohrmuschelrekonstruktion zusammen. Die folgenden Abbildungen zeigen verschiedene Beispiele eines Ohrmuschelaufbaus: 1. vor und nach Ohrmuschelrekonstruktion 2. Ergebnis nach kompletter Rekonstruktion einer Ohrmuschel und Mittelohrimplantat 2. Therapie von Fehlbildungen des Gehörgangs und des Mittelohrs: Ziel der Maßnahmen ist es, die Übertragung der Schallenergie auf das Innenohr zu ermöglichen. Verschiedene operative Möglichkeiten stehen uns zur Verfügung. Liegt nur eine geringe Fehlbildung des Gehörgangs oder des Mittelohrs vor, so können wir den Gehörgang, das Trommelfell und die Gehörknöchelchenkette rekonstruieren und damit den natürlichen Weg der Schallübertragung wieder herstellen. Eine solche Rekonstruktion ist aber nur bei günstigen anatomischen Voraussetzungen möglich und langfristig erfolgreich. Bei schwereren Formen der Fehlbildung, z.B. dem vollständigen Fehlen des Gehörgangs oder Fehlen von Gehörknöchelchen, z.B. dem Steigbügel, setzen wir andere Verfahren zur Wiederherstellung des Hörvermögens ein: Eine seit langem bewährte Methode ist das knochenverankerte Hörgerät (auch BAHA genannt von Bone Anchored Hearing Aid). Dabei wird eine Titanschraube im Schädelknochen verankert und der Schall über den Schädelknochen auf das Innenohr übertragen. Es kann mit dieser Technik ein sehr gutes Hörvermögen erreicht werden. Ein gewisser Nachteil ist, dass die Titanschraube durch die Haut herausrsagt, dieses Areal muss regelmäßig gepflegt werden, selten einmal können Infektionen auftreten. Wir bevorzugen daher, wenn möglich, ein von uns entwickeltes, neues Verfahren, die Implantation eines aktiven Mittelohrimplantats. Diese werden seit über 10 Jahren zur Behandlung von Innenohrschwerhörigkeiten eingesetzt werden, und können nun auch zur funktionellen Herstellung des Hörvermögens bei Ohrfehlbildungen eingesetzt werden. Anders als konventionelle Hörgeräte, die den Schall akustisch verstärken, übertragen die aktiven Mittelohrhörgeräte die akustischen Schwingungen mechanisch die Gehörknöchelchen oder direkt auf das Innenohr. Dadurch lässt sich eine Schallübertragung erreichen, auch wenn Gehörgang oder Gehörknöchelchen fehlen oder missgebildet sind. Die nebenstehende Abbildung zeigt den Aufbau eines solchen aktiven Mittelohrhörgerätes (Soundbridge). Es besteht aus dem Implantat (oben gezeigt), dass unter die Kopfhaut in ein Knochenbett implantiert wird. Es steuert das Schwingungselement, das entweder mittels der anhängenden Klemme an die Gehörknöchelchenkette oder an eine der Öffnungen des Innenohrs, meist das runde Fenster, angekoppelt wird. Hierdurch ist eine direkte Energieübertragung auf das Innenohr und damit ein Höreindruck gewährleistet. Der Sprachprozessor (unten links) nimmt den Schall auf, verarbeitet ihn und sendet die Informationen an das Implantat. Das Implantat kann auf verschiedene Weise an das Innenohr angekoppelt werden. Hierfür verwenden wir z.B. den Steigbügel, den Amboss, die Fußplatte oder das Runde Fenster des Innenohrs. In dieser Abbildung sehen sie die Ankopplung des Schwingungsgebers an die Membran des Runden Fensters, eine Technik, die auch bei vollständigem Fehlen der Gehörknöchelchen noch verwendet werden kann. Vorteile dieser neuen Technik sind, dass nur ein operativer Schritt erforderlich ist, dass sie mit der Rekonstruktion des äußeren Ohres kombiniert werden kann, die Technik sehr risikoarm ist und insgesamt eine wesentlich höhere Erfolgsrate auf als die operative Wiederherstellung von äußerem Gehörgang und Gehörknöchelchenstrukturen aufweist. Die Implantate selbst sind äußerst robust und zuverlässig. Untenstehende Abbildung zeigt weitere postoperative Befunde nach Implantation einer Soundbridge und Ohrmuschelrekonstruktion. Mit dieser neuen Technik steht am HNO ZENTRUM REGENSBURG eine elegante und erfolgreiche Methode zur Verfügung, die die ästhetische Korrektur der äußeren Ohrmuschel mit der funktionellen Rehabilitation des Hörvermögens verbindet. Ich hoffe, diese Broschüre hat Ihnen unser Konzept für eine funktionelle und ästhetische Rekonstruktion der Ohrmuschel näher bringen können. Für ein persönliches Gespräch und ihre Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Prof. Dr. med. Jan Kiefer HNO ZENTRUM REGENSBURG