SWR2 ZEITWORT 11.11.2011, 6.45 Uhr 11.11.1572: Tycho Brahe

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SWR2 ZEITWORT
11.11.2011, 6.45 Uhr
11.11.1572: Tycho Brahe entdeckt im Sternbild Kassiopeia eine Supernova
Von Bettina Winkler©
„Am 11.Tag des November sah ich fast direkt über meinem Kopf einen neuen und
unüblichen Stern, der die anderen Sterne an Leuchtkraft übertraf. Es war ein
Wunder, eines, wie es nie vor unserer Zeit gesehen worden war, zu keiner Zeit seit
dem Beginn der Welt.“
So der dänische Astronom Tycho Brahe im Jahr 1572. Mit dieser
Himmelserscheinung hatte er nicht gerechnet! Plötzlich war da etwas Neues am
Firmament, eine „Stella nova“ im Sternbild Cassiopeia (dem großen Himmels-W). Sie
wurde heller und heller, zwei Wochen lang war sie sogar tagsüber zu sehen. Dann
verringerte sich die Leuchtkraft wieder, und im April des Jahres 1574 erlosch der
„neue Stern“. Brahes Beobachtung stand im krassen Widerspruch zur damaligen
Vorstellung von der Unveränderlichkeit der Fixsterne. Sie sollte das gesamte
geozentrische Weltbild ins Wanken bringen.
Tycho Brahe stammte aus einer reichen Adelsfamilie und hatte schon früh sein
Interesse für die Astronomie entdeckt. Als Jugendlicher beobachtete er 1560 eine
totale Sonnenfinsternis, ein Erlebnis, das seinen weiteren Werdegang entscheidend
beeinflusst hat. Jahrzehnte später, in den Diensten von Dänemarks König Frederick
II., initiierte er ein gigantisches Programm: Mit einem ganzen Heer von Assistenten
beobachtete er über 20 Jahre lang den Sternenhimmel und sammelte mit Hilfe von
selbst entwickelten Messgeräten – Linsenteleskope gab es damals noch nicht! Daten von bisher nicht dagewesener Genauigkeit. 1576 überließ ihm König Frederick
die Insel Hven für den Bau eines Observatoriums, genannt "Uraniborg" "Himmelsburg“. Und schon bald wurde diese Sternwarte zum Zentrum
astronomischer Studien in ganz Nordeuropa.
Der Stern, den Tycho Brahe am 11. November 1572 entdeckt hatte, war in
Wirklichkeit gar kein neuer, sondern ein sterbender Stern, eine Supernova. Im
Inneren von Sternen mit mehr als acht Sonnenmassen verschmelzen zunächst
Wasserstoff und Helium und dann immer schwerere Elemente - bis am Ende alle
nukleare Energie aufgebraucht ist und die Kernfusion abrupt stoppt. Der Kern hat
nun eine enorme Dichte, ist aber sehr instabil und kollabiert sofort. Auch die äußere
Hülle des Sterns stürzt nach innen, wird dann aber von dem dichten, harten Kern mit
enormer Wucht reflektiert und in einer gigantischen Explosion ins All geschleudert.
Für kurze Zeit erstrahlt der sterbende Stern so hell wie zehn Milliarden Sterne. Der
Kern jedoch ist unsichtbar geworden - ein Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch.
Wissenschaftlern vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg ist es vor ein
paar Jahren gelungen, den Lichtausbruch der Braheschen Supernova noch einmal
zu beobachten, und zwar mit einer Art Spiegeltrick. Das Licht dieser Supernova, die
sich vor etwa 11.000 Jahren ereignete, strahlte ja in alle Richtungen und erreichte im
Jahr 1572 die Erde. Die Astronomen konnten nun mit Teleskopen in Andalusien und
Hawaii mehrere Reflexionen des damaligen Lichtblitzes an Staub- und Gaswolken in
der Umgebung der Sternexplosion beobachten. Weil das Licht wegen der Reflexion
an diesen Wolken einen Umweg genommen hatte, erreichte es die Erde erst jetzt.
Ernst Dorfi, Supernova-Spezialist der Uni Wien, war begeistert:
„Man hat schon Lichtechos von anderen Objekten aufgefangen, aber noch nie von
der Explosion einer Supernova. Das ist schon etwas Besonderes.“
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