Kommission für Medizinische Forschung Bericht F l e cke n s t e i n Arbeitsstelle der Akademie am Virologischen Institut der Universität Erlangen-Nürnberg: Neue persistierende Viren bei Immunopathien und Tumorkrankheiten des hämatopoetischen Systems Mitarbeiter im Projekt: Dr. rer. nat. Andrea Kreß, Priv.-Doz. Dr. med. Frank Neipel, Dr. med. Dr. rer. nat. Heide Reil, Priv.-Doz.Dr. med. Barbara Schmidt Virusbedingte menschliche Tumoren und AIDS entstehen in der Folge langer Erregerpersistenz. Die Arbeitsstelle der Akademie zu Neuen persistierenden Viren untersucht die Rolle und Interaktionen von Lentiviren, Herpesviren und Flaviviren bei Immundefizienz und Tumorkrankheiten des blutbildenden Systems. Die Arbeiten unter Koordination durch den Kommissionsvorsitzenden werden durch Wissenschaftler des Virologischen Instituts am Klinikum der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg durchgeführt. Am Virologischen Institut sind das Nationale Referenzzentrum für die Diagnostik von Immundefizienzviren und ein Graduiertenkolleg über Viren des Immunsystems angesiedelt; das Institut ist auch eingebunden in die DFG-Sonderforschungsbereiche SFB 643 Strategien der zellulären Immunintervention und SFB 796 Steuerungsmechanismen mikrobieller Effektoren in Wirtszellen. Das Projekt von Dr. rer. nat. Andrea Kreß befasst sich sich mit neuartigen Funktionen des viralen Transaktivators Tax in der Leukämie-Entstehung. Das Humane T-Zell-Leukämie Virus Typ 1 (HTLV-1), ein Delta-Retrovirus, transformiert mittels Tax CD4+ T-Zellen zu permanentem Wachstum. Infektionen mit HTLV1 sind ursächlich für die Entstehung der Adulten T-Zell-Leukämie (ATLL), einer schweren lymphoproliferativen Erkrankung, sowie der HTLV-1-assoziierten Myelopathie/Tropischen Spastischen Paraparese (HAM/TSP), einer neurodegenerativen Entzündung. Beide Krankheiten können nach jahrzehntelanger Persistenz des Virus entstehen. HTLV-1-transformierte Zellen ähneln hinsichtlich ihres Phänotyps langlebigen T-Zell-Populationen wie z.B. regulatorischen T-Zellen. In regulatorischen T-Zellen spielen erhöhte Konzentrationen des Botenstoffs cAMP für deren suppressive Aktivität eine Rolle. Innerhalb dieses Forschungsprojekts konnten erstmals erhöhte Konzentrationen von cAMP als durchgängiges Kennzeichen HTLV-1-transformierter Zellen identifiziert werden, unabhängig davon, ob diese Zellen in vitro HTLV-1-transformiert, Tax-transformiert, ATLL-oder HAM/TSP-abgeleitet waren (Kress et al., 2010). Obwohl transiente ektopische Expression von Tax alleine nicht ausreichend war, um cAMP zu induzieren, war Tax für die Aufrechterhaltung der erhöhten cAMP-Spiegel notwendig, da Repression der Tax-Expression mit Erniedrigung der cAMP-Spiegel in Tax- und HTLV-transformierten Lymphozyten einher ging. Microarray-Analysen lieferten Hinweise auf Beteiligung der cAMP-spaltenden Phosphodiesterase 3B (PDE3B) an der cAMP-Regulation, da PDE3B spezifisch in HTLV-transformierten Zellen herunterreguliert war. Zudem korrelierten PDE3BTranskripte invers mit den cAMP-Konzentrationen in HTLV-transformierten Zellen. Überexpression von PDE3B in HTLV-1-transformierten Zellen führte zu einer Reduktion der cAMP-Konzentrationen. Am PDE3B-Promoter wurde in HTLVpositiven Zellen eine Anreicherung von inhibitorischen Histonmodifikationen detektiert, welche für die Herunterregulation von PDE3B verantwortlich sein könnten. Somit scheint Tax zu erhöhten cAMP-Spiegeln beizutragen, was durch epigenetische Modifikationen von PDE3B unterstützt werden könnte. In Zusammenhang mit dem langlebigen Phänotyp könnten erhöhte cAMP-Konzentrationen die Persistenz HTLV-1-infizierter T-Zell-Klone unterstützen. Ein weiteres Projekt beinhaltete die Suche nach neuen Zielgenen des viralen Transaktivators Tax, welche für die Pathogenese der HTLV-1-Infektion von Relevanz sein könnten. In Microarray-Analysen, die in T-Zellen mit konditioneller Tax-Expression durchgeführt wurden, konnte Dr. Andrea Kreß erstmalig die Überexpression des Tumormarkers Fascin in Zusammenhang mit HTLV-1/Tax identifizieren (Kress et al., in Druck). Fascin ist ein Aktin-bündelndes Protein, welches bei zahlreichen Tumorerkrankungen hochreguliert ist und in uninfizierten CD4+ T-Lymphozyten nicht exprimiert wird. Die Überexpression konnte als durchgängiges Merkmal aller HTLV-1-transformierten Zellen sowohl auf transkriptioneller als auch auf Protein-Ebene nachgewiesen werden. Transiente Expression von Tax war ausreichend, um Fascin zu induzieren. In primären CD4+ T-Lymphozyten aus ATLL-Patienten war Fascin nachweisbar, sobald diese Tax exprimierten. Es konnte ein neuartiger Mechanismus der transkriptionellen Regulation von Fascin identifiziert werden. Tax-vermittelte Induktion von Fascin war sowohl in transfizierten als auch in transformierten Lymphozyten von NF-kappaB-Signalen abhängig. Mittels RNA-Interferenz konnte die biologische Relevanz von Fascin näher eingegrenzt werden. Knockdown von Fascin reduzierte das invasive Potential ATLL-abgeleiteter Zellen in die extrazelluläre Matrix. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Tax-vermittelte Induktion von Fascin für die Infiltrationen und Hautläsionen, die sehr häufig bei ATLL auftreten, von Relevanz sein könnte. Das humane Herpesvirus Typ 8 (HHV-8), das auch als Kaposi-Sarkom assoziiertes Herpesvirus (KSHV) bezeichnet wird, ist das bislang einzige bekannte Rhadinovirus des Menschen. Es wurde 1994 im Kaposi-Sarkom entdeckt. Dieses Virus kodiert für vier Gene mit Homologie zum Interferon-regulatorischen Faktoren (IRFs) der Wirtszelle. Die Arbeitsgruppe von Priv. Doz. Dr. med. Frank Neipel konnte durch RNA Interferenz erstmals zeigen, dass einer dieser viralen IRFs (vIRFs), der virale Interferon-regulatorische Faktor 3 (vIRF-3), in allen Zellen des Primären Effusionslymphoms exprimiert ist und an der Onkogenese durch HHV-8 beteiligt ist. Weiterhin ist vIRF-3 an der Regulation der Typ I Interferon-Antwort beteiligt. Im Jahr 2010 wurden die Arbeiten zur Analyse der Funktion dieses viralen Onkogens weiter fortgeführt. Es konnte gezeigt werden, dass vIRF-3 auch mit dem adaptiven Immunsystem interferiert. Die Analyse des Transkriptoms vIRF-3 exprimierender bzw. vIRF-3 negativer Zellen liess erkennen, dass dieses virale Protein die Expression der MHC II-Moleküle hemmt. So führte die siRNA-vermittelte Reduktion von vIRF-3 in HHV-8 infizierten PEL-Zelllinien zu einer Erhöhung der MHC II Expression, die Überexpression von vIRF-3 in KSHV negativen B Zellen resultierte dagegen in einer Reduzierung der MHC-II Expression. Diese Beobachtungen konnten auf eine Hemmung der Klasse II Transaktivator (CIITA) Transkription durch vIRF-3 zurückgeführt werden. Mit weiteren Reporter-Assays konnte belegt werden, dass die IFNgamma-regulierten CIITA Promotoren PIV und PIII durch Expression von vIRF-3 inhibiert wurden. Dies konnte wiederum auf die direkte Verminderung der IFNgamma-Expression durch vIRF-3 zurückgeführt werden. Somit trägt vIRF-3 durch Inhibition der IFNgamma- und damit MHC-II-Expression zur Immunevasion des HHV-8 bei. Weitergeführt wurden auch die Arbeiten zur Identifizierung zellulärer Rezeptoren dieses Virus. Durch Immunpräzipitation und Massenspektrometrie gelang es in 2009 erstmals, mit dem Ephrin-A2 Tyrosinkinase-Rezeptor (EphA2) einen potentiellen Rezeptor für gH/gL zu identifizieren. Im Jahre 2010 wurden die Arbeiten zur Funktion von EphA2 bei der HHV-8 Infektion fortgesetzt. Die Bindung der viralen Glykoproteine gH und gL an EphA2 löst dabei nicht nur die Endozytose dieses Komplexes aus, sondern führt auch zur Autophosphorylierung dieser Tyrosinkinase. Da EphA2 in vielen Tumoren überexprimiert und an der Neoangiogenese beteiligt ist, stellt EphA2 vermutlich nicht nur einen Rezeptor für HHV-8 dar, sondern könnte auch unmittelbar an der Pathogenese des Kaposi-Sarkoms beteiligt sein. Die Forschungsarbeiten der Arbeitsgruppe von Dr. med. Dr. rer. nat. Heide Reil haben zum Ziel, virale Interferenzmechanismen aufzudecken, um diese gegebenenfalls für die Entwicklung von neuen Therapeutika heranzuziehen. Menschen, die mit HIV infiziert sind, müssen sich mit einer Reihe von Mikroben auseinandersetzen. Diese Koinfektionen können zu Interaktionen führen, die Auswirkungen entweder in der HIV-Pathogenese oder in der Krankheitsentwicklung des jeweiligen koinfizierten Erregers nach sich ziehen. Meist beschleunigt sich das Krankheitsgeschehen, so kommt es zum Beispiel bei Hepatitis C Virus positiven Patienten zu schwereren Lebererkrankungen, wenn die Individuen mit HIV koinfiziert sind. Im Gegensatz dazu kann der Verlauf einer HIV-Infektion deutlich abgemildert werden, wenn zusätzlich eine weitere Virusinfektion mit einem für den Menschen ungefährlichen Virus, dem GB-Virus C (GBV-C), vorliegt. Ungefähr 10 bis 15% der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland infizieren sich im Laufe ihres Lebens meist sexuell oder über Nadelstiche oder Blut und Blutprodukte mit GBV-C. Dabei sind aber durchaus chronische Verläufe möglich, wobei über Jahre oder Jahrzehnte im Blut dieser Individuen bis zu 100 Millionen GBV-C Partikel pro Milliliter Blut nachweisbar sein können, ohne dass eine Gesundheitsbeeinträchtigung vorliegt. In mehreren epidemiologischen Studien konnte gezeigt werden, dass chronisch GBV-Cinfizierte HIV-Patienten einen signifikanten Überlebensvorteil gegenüber GBV-Cnegativen HIV-Patienten besitzen. Aus diesem Grund untersucht die Arbeitsgruppe Reil, welche GBV-C-Proteine für die HIV-Suppression verantwortlich sind. Durch In-vitro-Experimente mit GBV-C und HIV in Zellkultur konnte die Arbeitsgruppe zeigen, dass eine GBV-C Infektion die HIV-Replikation signifikant unterdrücken kann. Dabei konnte interessanterweise gezeigt werden, dass nicht alle klinischen GBV-C Isolate die Eigenschaft besitzen, die HIV-Replikation zu unterdrücken. Zur Eingrenzung der verantwortlichen Genprodukte wurde ein initiales Screening mit Hilfe von Herpesvirus saimiri-basierenden Genvektoren durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass mehrere Komponenten des GBV-C-Genoms an der HIV-Suppression beteiligt sein können. Der 5’-Bereich, der für die strukturellen Proteine kodiert, scheint ausschließlich die frühen Schritte des HIV-Replikationszyklus zu inhibieren, wohingegen die nicht-strukturellen Proteine von GBV-C in den späteren Phasen der HIV-Replikation eingreifen. Eine weitere Eingrenzung der verantwortlichen Kandidaten erfolgte durch die stabile Expression der Einzelproteine in T-Zelllinien und adhärenten HIV-suszeptilen Zellen mittels dem Tet-Off-Expressionssystem. Dieses System hat zum Vorteil, dass durch Zugabe eines Antibiotikums die Expression des Fremdgens abgeschaltet werden kann, um somit spezifisch den Einfluss des jeweiligen Genproduktes auf die HIV-Replikation untersuchen zu können. Hier zeigte sich, dass von den nicht-strukturellen Proteinen die Serin-Protease NS3/4A und das nicht-strukturelle Protein NS5A an der HIV-Inhibition beteiligt sein könnten. Von den strukturellen GBV-C-Proteinen konnte das Glykoprotein E2, welches auf der GB-Virusoberfläche vorliegt, als spezifischer HIV-Inhibitor identifiziert werden. Um die Bereiche des E2-Proteins, die für die HIV-Inhibition verantwortlich sind weiter einzugrenzen, wurde im weiteren Verlauf des Projektes ein Peptidscreening durchgeführt. De facto konnte im N-Terminus der Bereich von Aminosäure 29 bis 72 des E2-Proteins identifiziert werden, welcher den Eintritt von HIV in die Wirtszelle unterdrückt. E2-abgeleitete Peptide aus dieser Region zeigen in In-vitro-Infektionsversuchen eine relativ hohe Wirksamkeit (IC50) von 0,1-2µM, was eine Weiterentwicklung als HIV-Therapeutikum möglich erscheinen lässt (Ködel et al., J.Virol., in revision). Weitere Analysen weisen darauf hin, dass hierbei nicht die Bindung von HIV an die Wirtszelle, sondern die darauf folgende Membranfusion zwischen dem HI-Virus und der Zellmembran in entsprechender Weise unterbunden wird. Es konnte gezeigt werden, dass diese E2-abgeleiteten Peptide dabei nicht mit der HIVZielzelle interagieren, sondern direkt das HI-Viruspartikel binden. Die eigentliche Zielstruktur scheint hierbei das Fusionspeptid des HIV gp41-Glykoproteins zu sein, da in In-vitro-Versuchen die gp41-induzierte Membrandestabilisierung von Erythrozyten durch die E2-Peptide spezifisch unterdrückt werden kann. Aufgrund der Tatsache, dass das gp-41-Fusionspeptid zuerst verborgen und erst im Verlauf der Fusion von HI-Virus und Wirtszelle exponiert wird, ist anzunehmen, dass das E2-Protein vorerst die Virusmembran bindet. Tatsächlich befindet sich in dem verantwortlichen E2-Bereich eine hydrophobe, tryptophanreiche Region, die Ähnlichkeit mit einem Motiv besitzt, das auch bei T20 für die Membranbindung verantwortlich ist und essentiell für die T20-vermittelte HIV-Hemmung ist. Bei T20 handelt es sich ebenfalls um einen HIV-Fusionsinhibitor, der seit 2003 für die klinische Anwendung am HIV-Patienten zugelassen ist. Weiterführende Untersuchungen haben ergeben, dass nicht nur das GB-Virus selbst mit HI-Viren interferiert, sondern dass sowohl die IgG-Antikörper von GBV-C-positiven Spendern als auch zwei spezifische mono klonale anti-E2-Antikörper eine HIV-neutralisierende Reaktion zeigen. Es konnte aufgedeckt werden, dass die kreuzreaktiven anti-E2-Antikörper Phospholipide als Bestandteile der Virushülle erkennen, sogenannte Phosphoinositole. Diese stammen von der Wirtszelle ab und werden während der Virusbildung in die Virusmembran eingebaut. Da diese Phospholipide sich nicht in den verschiedenen HIV-Subtypen unterscheiden, zeigen die anti-E2-Antikörper ein sehr breites Wirkspektrum und inhibieren auch HIV-Stämme, die sonst sehr schwer zu neutralisieren sind. Diese Erkenntnisse würden nicht nur das bessere Überleben von GBV-C infizierten HIVPatienten erklären, sondern implizieren ebenfalls, dass mit dem GBV-C E2-Protein neue und vielversprechende HIV-Vakzinestrategien entwickelt werden können. Tatsächlich scheint es zwischen HIV und GBV-C eine strukturelle Mimikry zu geben, da auch zwei HIV-neutralisierende Antikörper, die das gp41 erkennen auch mit GBV-C E2 Glykoprotein kreuzreagieren können. Der wissenschaftliche Schwerpunkt der Arbeitsgruppe von Priv.-Doz. Dr. med. Barbara Schmidt liegt auf der Interaktion des angeborenen bzw. nativen Immunsystems (engl. innate immunity) mit zwei unterschiedlichen Viren, nämlich Humanes Immundefizienzvirus Typ 1 (HIV-1) und Herpes simplex Virus Typ 1 (HSV-1). Das native Immunsystem spielt in der Ersterkennung und Abwehr bakterieller und viraler Infektionen eine wichtige Rolle. Ein wichtiger Bestandteile der nativen Immunabwehr sind die plasmazytoiden dendritischen Zellen (PDC). Diese wurden 1999 als Hauptproduzenten von Typ I-Interferonen (IFN) identifiziert, wodurch sie natives und adaptives Immunsystem miteinander verknüpfen. Die durch Kontakt mit umhüllten Viren ausgelöste Interferon-Sekretion ist wegen ihrer antiviralen Aktivität erwünscht. Bei persistierenden Viren kann jedoch die durch IFN-alpha ausgelöste Immunstimulation auch ins Gegenteil umschlagen, da HIV-1 und HSV-1 persistieren und daher nicht elimiert werden können. Bei HIV-infizierten Patienten findet man mit dem Fortschreiten der Erkrankung einen Abfall der zirkulierenden PDC im Blut. Darüber hinaus hat die Arbeitsgruppe untersucht, ob sich auch ein funktioneller Defekt dieser Zellen beobachten lässt (Donhauser et al., 2010). Dafür wurden in einer Studie an insgesamt 23 unbehandelten HIV-Infizierten und 16 altersangepassten Kontrollspendern periphere mononukleäre Zellen aus dem Blut isoliert und mit unterschiedlichen Klassen an CpG-Oligonukleotiden stimuliert. Darunter versteht man unmethylierte Nukleinsäure-Motive, welche bei PDC eine Immunstimulation auslösen können. Die für die kommerzielle Nutzung entwickelten Substanzen lassen sich in unterschiedliche Klassen einteilen, die sich in der Wirkung auf die Induktion von Interferon-alpha bzw. die Aktivierung und Reifung der PDC unterscheiden. In unserer Studie unterschieden sich die PDC von HIV-Patienten phänotypisch und funktionell von den Kontrollen, vor allem dann, wenn die Helferzellzahl der HIV-Patienten niedrig war. Die beobachteten Defekte, insbesondere die nicht ausreichende Hochregulierung des Migrationsmarkers CCR7 (CD197) sowie die IFN-alpha-Produktion, ließen sich durch die neue Klasse P-Oligonukleotide günstig beeinflussen. Darüber hinaus führte diese Substanzklasse zur signifikanten Sekretion des antibakteriellen und antiviralen CXC-Chemokins IP-10. Damit könnten die Klasse P-Oligonukleotide interessante Substanzen darstel len, mit denen die HIV-bedingte Schwächung des nativen Immunsystems zumindest teilweise aufgehoben werden könnte. In einer weiteren Studie hat die Arbeitsgruppe den Effekt von HSV-1 auf die Regulation der PDC-Oberflächenrezeptoren untersucht (Schuster et al., 2010). Die Rationale für dieses Projekt lag darin, dass seit kurzem andere Arbeitsgruppen auf die Bedeutung von Zell:Zell-Kontakten für die Interaktion von PDC mit anderen Zellen des Immunsystems hinweisen. Aus diesem Grund wurde mittels MicroarrayAnalysen (Gen-Chips), Quantifizierungen zellulärer Transkripte und Durchflusszytometrie das PDC-Oberflächenrepertoire untersucht. Somit konnte die Arbeitsgruppe Schmidt als erste die Rezeptoren CD156b, CD229, CD305 und CD319 auf der Oberfläche von PDCs nachweisen. Insgesamt 33 Oberflächenrezeptoren wurden in Reaktion auf Interleukin-3 und/oder HSV-1 signifikant reguliert. Darunter waren Rezeptoren für die Chemotaxis, Antigenaufnahme, Aktivierung und Reifung, Migration, Apoptose, Zytotoxizität und Kostimulation. Dabei konnte eine zeitlich koordinierte Regulation von Oberflächenrezeptoren beobachtet werden, die jeweils einer Funktionsgruppe angehörten. Aus diesen Daten lässt sich ein „PDC-Lebenszyklus“ ableiten, welcher mit der Abwanderung in infiziertes Gewebe beginnt, wo PDC entsprechende Antigene aufnehmen, um am Ort der Entzündung mit Effektorzellen interagieren zu können. Die Herabregulation von Adhäsionsmolekülen könnte dann die Emigration von PDC ins Blut und die Hochregulation von Migrationsmarkern wie CCR7 die Migration in sekundäre lymphatische Gewebe unterstützen. Da auch die Regulation kostimulatorischer und koinhibitorischer Oberflächenmoleküle beobachtet werden konnte, könnte dies einen Hinweis auf die Antigenpräsentation von PDC beispielsweise an CD8+ zytotoxische T-Zellen darstellen. Unsere Daten stützen die multifunktionale Rolle der PDC in der Interaktion mit anderen Zellen des Immunsystems, sei es am Ort der Entzündung oder in sekundären lymphatischen Geweben. Die Hypothesen werden derzeit in weitergehenden funktionellen Untersuchungen geprüft. Publikationen der Arbeitsgruppen aus dem Jahr 2010 Donhauser, N., Helm, M., Schuster, P., Ries, M., Korn, K., Vollmer, J., & Schmidt, B. for the German Competence Network HIV/AIDS (2010). Differential effects of P-class versus other CpG oligodeoxynucleotide classes on the impaired innate immunity of plasmacytoid dendritic cells in HIV-1 infection. AIDS Res. Hum. Retrovir. 26, 161-171. Koedel, Y., Eissmann, K., Fleckenstein, B., & Reil, H. Peptides derived from a distinct region of GB Virus C glycoprotein E2 mediate strain specific HIV entry inhibition by targeting virus particles. J. Virol., in revision. Kress, A. K., Kalmer, M., Rowan, A. G., Grassmann, R., & Fleckenstein, B. The tumor marker Fascin is strongly induced by the Tax oncoprotein of HTLV-1 through NF-κB signals. Blood, in Druck. Kress, A. K., Schneider, G., Pichler, K., Kalmer, M., Fleckenstein, B., & Grassmann, R. (2010). Elevated Cyclic AMP Levels in T Lymphocytes Transformed by Human T-Cell Lymphotropic Virus Type 1. J. Virol. 84, 8732-8742. Schuster, P., Donhauser, N., Haupt, S., Kittan, N. A., Korn, K., & Schmidt, B. (2010). Coordinated regulation of plasmacytoid dendritic cell surface receptors upon stimulation with herpes simplex virus type 1. Immunology 129, 234-247.