Apfelwickler

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166 Pflanzenschutz
Potential und Grenzen der Apfelwickler-Verwirrung
an der Niederelbe
Dr. Roland W. S. Weber, Dr. Gerd Palm
Obstbauversuchsanstalt Jork
Zusammenfassung
An der Niederelbe hat die Verwirrungsmethode
zur Bekämpfung des Apfelwicklers (Cydia pomonella) mit ca. 200 ha behandelter Fläche derzeit
eine geringe Bedeutung, im Gegensatz zu anderen europäischen Obstbauregionen. Auch wenn
eine Ermittlung des Wirkungsgrades schwierig
ist, bestätigen praxisorientierte Versuche und
Beobachtungen, dass die Verwirrung bei einem
Vorjahres-Fruchtbefall unter 1% als alleinige Bekämpfungsmaßnahme gegen C. pomonella dienen kann. Bei höherem Befallsdruck kann diese
Methode die Wirkung von Insektiziden und
Granuloseviren ergänzen. Die zusammenhängenden Obstflächen der Niederelbe-Region sowie der aktuell geringe Befallsdruck durch den
Apfelwickler sprechen für eine verstärkte Nutzung der Verwirrung. Das Potential dieser Methode für die Region wird erörtert.
Schlagwörter: Apfelwickler, Codlemone, Cydia pomonella, Integrierter Obstbau, Pflanzenschutz, RAK
3, Verwirrungsmethode
Potential and limitations of codling
moth mating disruption in the Lower Elbe region
Summary
Mating disruption plays a minor role in the control of codling moth (Cydia pomonella) in the Lower Elbe region, covering only 200 ha of apple
orchards at present. This is in marked contrast
to other European fruit growing regions. Even
though a determination of efficacy is difficult,
trials and practical observations indicate that
mating disruption is sufficient as the sole codling moth control method in orchards with a fruit
infestation level below 1% during the preceding
season. At higher population densities mating
disruption may add to the efficacy of treatments
with chemical insecticides or granulosis viruses.
The coherent orchards of the Lower Elbe region
and its currently low codling moth infestation levels support an enhanced deployment of mating
disruption. The potential of this method for regional apple production is discussed.
Keywords: Codlemone, codling moth, crop protection, Cydia pomonella, integrated production, mating disruption, RAK 3
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In vielen Obstbaugebieten Europas
hat der Befall durch den Apfelwickler
(Cydia pomonella) in den Jahren seit
der Jahrtausendwende zugenommen
(ZELGER et al., 2004; JEHLE et al., 2009).
Dies trifft in verstärkter Form auch
auf die Niederelberegion zu. Begünstigt durch die warmen Vegetationsperioden 2003 und 2006 hat sich C. pomonella in diesem Zeitraum in vielen
unserer Obstanlagen als wirtschaftlich bedeutsamer Schädling etabliert
und wird durch die Obsterzeuger mit
entsprechendem Aufwand bekämpft
(PALM & HAUSCHILDT, 2006; PALM et al.,
2007).
Welche befallsfördernden Faktoren
für den europaweiten Anstieg des Apfelwicklers ausschlaggebend gewesen sind, ist nicht eindeutig geklärt.
Genannt werden die Auswirkungen
des Klimawandels in Gestalt längerer
und wärmerer Vegetationsperioden
(HENNIGES et al., 2007; JEHLE et al., 2009),
die Entwicklung von Resistenzen gegen chemische Insektizide (HÖHN et
al., 2004) und Granulose-Viren (JEHLE et
al., 2009) in einigen Populationen des
Apfelwicklers, sowie eine anfängliche
Unterschätzung des Schadpotentials
des Apfelwicklers durch die Obsterzeuger und ihre Berater (ERSCHBAMER &
KIEM, 2003). Für unser Gebiet ist wahrscheinlich nur der erstgenannte Faktor relevant.
Erst in den letzten zwei Jahren haben wir an der Niederelbe wieder einen Rückgang der Apfelwickler-Population beobachtet (R.W.S. Weber & G.
Palm, in Vorbereitung). Zur Ernte 2009
belief sich der Schaden in vielen Apfelanlagen auf weniger als 1% Fruchtbefall. Unterhalb dieses Befallsniveaus
kann die Pheromonverwirrung als alleinige Bekämpfungsmethode gegen
den Apfelwickler eingesetzt werden
(TRAUTMANN, 2008; PALM, 2008) – Grund
genug, um im vorliegenden Artikel
die Möglichkeiten und Grenzen dieser Methode anhand von praktischen
Erfahrungen aus unserer Region zu
erörtern.
Das Prinzip der Verwirrung
Das Aufeinandertreffen kopulationsfähiger Geschlechtspartner ist für
zeitlich und räumlich nur vereinzelt
vorkommende flugfähige Insekten
ein Problem, welches durch die Freisetzung von Sexuallockstoffen (Pheromonen) durch die Weibchen und
deren Wahrnehmung mit Hilfe hochsensibler Rezeptoren an den Antennen der Männchen gelöst werden
kann. Männchen orten ihre Weibchen
sehr effektiv an dem Konzentrationsgradienten des Pheromons in der Luft.
Hauptsubstanz des Apfelwickler-Pheromons ist (E,E)-8,10-Dodecadien-1-ol
(Codlemone). Werden Ampullen (Dispenser), die diese Substanz langsam
freisetzen, in engen Abständen in eine
Obstanlage gehängt (Abb. 1), kann die
Anlage während der gesamten Vegetationsperiode in eine großflächige
Pheromonwolke gehüllt werden. Eine
Ortung der Weibchen durch die Männchen an Hand der Duftspuren kann
dort nicht mehr erfolgen – die Männchen sind „verwirrt“. Ein Aufeinan-
Abb. 1: RAK 3-Dispenser in einer Obstanlage. Um eine gleichmäßige Freisetzung
des Pheromons zu gewährleisten, sollten
die Dispenser im Schatten aufgehängt
werden.
Mitt. OVR 65 ·06/2010
Pflanzenschutz 167
dertreffen von Männchen und Weibchen in einer so behandelten Anlage
ist nur noch durch Zufall möglich:
je höher die Dichte der Falter, desto
wahrscheinlicher ist solch ein Treffen.
Ideale Verwirrflächen sind großparzellig (>0,5 ha), arrondiert und besitzen einen homogenen Baumbestand
sowie einen geringen Ausgangsbefall
des Apfelwicklers.
Wo wird verwirrt?
In Europa ist Südtirol die Hochburg
der Verwirrung. Dort wird ein Großteil der für diese Methode geeigneten
Fläche von 12000 ha behandelt (WALDNER, 2002). Dies entspricht etwa zwei
Drittel der gesamten Kernobstfläche
der Region. Voraussetzungen für die
erfolgreiche Einführung der Verwirrung seit 1993 waren ein deutlicher
Wirkungsverlust bei einigen der damals zugelassenen Insektizide, eine
finanzielle Förderung der Verwirrung
durch die Erzeuger-Organisationen,
sowie eine gebietsweite starke Unterstützung durch die Beratung (WALDNER,
1999). Selbst im ohne solche Subventionen wirtschaftenden und somit noch
härter kalkulierenden Obstbau Nordamerikas hat sich die Verwirrungsmethode seit ihren Anfängen vor 20
Jahren durchgesetzt und ist zu einem
wichtigen Baustein der ApfelwicklerBekämpfung geworden. So wurden im
Jahre 1999 allein im US-Bundesstaat
Washington State 25000 ha Apfelfläche mit dieser Methode behandelt
(THOMSON et al., 2001).
Am Bodensee werden derzeit etwa
2000 ha bei teilweiser finanzieller Förderung verwirrt (TRAUTMANN & SCHEER,
2006; TRAUTMANN, 2008). An der Niederelbe stagniert die verwirrte Fläche seit einigen Jahren bei ca. 200 ha.
Dies ist umso erstaunlicher, als insbesondere das Kerngebiet des Alten
Landes mit seinen zusammenhängenden Kernobstflächen und seinem
derzeit geringen Befallsniveau des Apfelwicklers gute Voraussetzungen für
die Verwirrungsmethode bietet. Dieser Widerspruch zwischen Wirklichkeit
und Möglichkeit erklärt sich dadurch,
dass man gerade bei einem zurückgehenden Befallsdruck nicht bereit
ist, die Kosten dieser Maßnahme von
über € 250 / ha für die RAK 3-Dispenser und deren Ausbringung zu tragen.
Mitt. OVR 65· 06/2010
Aufhängen der Dispenser
Aktuell ist RAK 3 (BASF AG) das
einzige in Deutschland für die Apfelwickler-Verwirrung zugelassene
Codlemone-Produkt. Innerhalb der zu
verwirrenden Fläche mit Bäumen einer Kronenhöhe unter 4 m werden vor
Beginn des Falterfluges 500 RAK 3-Dispenser pro ha aufgehängt. Dies entspricht einem Dispenser je 20 m2. Bei
einem Reihenabstand von 3,5 m wird
somit in jeder Reihe alle 5,7 m oder in
jeder zweiten Reihe alle 2,9 m ein Dispenser aufgehängt. Am Rande des zu
verwirrenden Areals wird grundsätzlich alle 2 m ein Dispenser angebracht.
Angrenzende Flächen werden auf einer Tiefe von 30 m mit einem Dispenser pro 20 m2 abgehängt. Innerhalb der
zu verwirrenden Anlage werden die
an breite Schneisen (>10 m) angrenzenden Bäume alle 2 m abgehängt.
Liegt am Rande der Verwirrfläche ein
freies Stück von <100 m Breite, muss
die daran angrenzende Vegetation
auf einer Tiefe von 30 m abgehängt
werden. Das Abhängen von Grenzflächen bezieht sich auch auf Nicht-Obstbäume. Hohe Obstbäume, die sich innerhalb der Verwirrfläche befinden,
gelten als Grenzbereich und müssen
im oberen Kronenbereich der ersten
Reihe alle 2 m abgehängt werden.
Die Pheromonfreisetzung der Dispenser ist zu überprüfen, indem Pheromonfallen innerhalb und außerhalb
der verwirrten Fläche aufgehängt und
regelmäßig auf Falterfänge kontrolliert werden. Innerhalb der verwirrten
Fläche sollten keine oder nur geringe
Falterfänge registriert werden. Trifft
dies zu, ist es allerdings noch keine Garantie für Befallsfreiheit der Früchte, da
bereits befruchtete Weibchen von außen zuwandern und in den verwirrten
Flächen Eier ablegen können.
Beitrag der obstbaulichen Praxis zur
Ermittlung des Wirkungsgrades
Eine präzise Ermittlung des Wirkungsgrades der Verwirrungsmethode ist fast nicht möglich, da arrondierte Flächen abgehängt werden
müssen und somit keine direkte Kontrolle innerhalb einer Anlage erfolgen kann. Durch Vergleiche zwischen
verwirrten Flächen und räumlich getrennten, ähnlich stark befallenen,
unverwirrten und mit Ausnahme der
Verwirrung ähnlich behandelten Kontrollflächen der gleichen Betriebe haben wir dennoch versucht, zu einer
Abschätzung der Wirkung zu kommen. Hierfür wurden großflächige
Vorernte-Bonituren durchgeführt, bei
der für jede Fläche an mindestens 50
repräsentativen Bäumen jeweils 100
Früchte auf Apfelwickler-Befall untersucht wurden. Dieser hohe Aufwand
war nötig, da sich der Befall einzelner
Bäume durch Fruchteinbohrungen
des Apfelwicklers in vielen Anlagen
sehr heterogen darstellt (siehe Abb. 2).
Die integriert bewirtschaftete Anlage I war ein Zusammenschluss von
Teilflächen mehrerer Obsterzeuger
und wurde in den drei Jahren 20072009 beprobt (Tab. 1). In der Kontroll-
Tab. 1: Details der Praxisanlage I, bestehend aus der Kontrolle (4,2 ha) und der sich daran
anschließenden, mit RAK 3 behandelten Verwirrfläche (15 ha).
Jahr
Verwirrung
nein
2007
ja
nein
2008
ja
nein
2009
ja
1
sonstige
Behandlungen 2
Insegar WG, Steward,
Runner, Madex 3
Insegar WG, Steward,
Runner, Madex 3
Insegar WG, Reldan 22,
Madex 3
Anzahl der
Früchte
8600
1
Befall
2,02%
9900
0,78%
11700
0,63%
Insegar WG, Madex 3
11800
0,03%
Insegar WG, Reldan 22,
Madex 3
11900
0,14%
Insegar WG, Madex 3
8500
0%
Anzahl ausgewerteter Früchte abzüglich des Befalls in Hofnähe (nördlich des ersten
Querweges; siehe Abb. 2).
² gegen Apfelwickler bzw. im Falle von Reldan 22 gegen Blutlaus.
1
168 Pflanzenschutz
JGR/Gl [Alle 20 m]
7
4
11
6
9
16
1
HC [30 m]
11
23
4
6
6
10
10
1
9
5
12
8
0
7
4
2
11
3
5
7
4
Hofnaher
Bereich
0
9
Unverwirrte Kontroll-Fläche
6
9
3
5
7
Querweg
2
5
3
1
4
0
0
0
1
2
4
1
1
2
W
7
2
2
2
6
0
3
S
5
0
1
9
1
1
2
1
1
3
2
5
10
15
16
3
0
3
2
5
2
7
0
2
7
2
3
0
3
Els
2
JGR [Alle 50 m]
3
2
1
2
1
0
5
15
16
2
Els
1
10
0%
1-2%
3-5%
6-10%
11-15%
über 15%
0
Br
Rodungsfläche
0
2
2
0
0
Fruchtbefall des
Apfelwicklers
O
Fruchtbefall des
Apfelwicklers
1
1
2
N
Weitere unverwirrte Apfelanlagen
JGR
RP
JGR
0
1
0
0
Bos
2
1
0
1
0
0
4
3
0
3
3
0
0
5
7
1
0
4
4
1
0
3
Wettern
Gl/JGR
JG [Alle 50 m] Els
JGR [Alle 50 m]
RP
5
0
2
2
0
0
3
0
7
2
0
0
0
0
2
0
1
0
2
0
3
1
3
0
1
0
2
1
2
0
0
0
0
0
0
0
0
1
2
1
1
1
0
1
6
1
0
0
0
0
0
3
3
0
1
2
0
1
0
0
2
0
1
2
0
0
Gl
0
0
1
3
1
0
0
0
0
0
1
1
0
0
0
0
0
0
0
0
1
0
0
0
0
1
0
0
0
0
Freifläche
0
Wiese
Freifläche
0
0
Wiese
Unverwirrte Apfelanlagen
Mit RAK3 verwirrte Fläche
Br/JGR
0%
1-2%
3-5%
6-10%
11-15%
über 15%
Abb. 2: Flächige Untersuchung der Praxisanlage
I im August/September
2007 (schematische, nicht
maßstabsgetreue Darstellung). Alle 20, 30 oder 50
m wurde ein Baum untersucht. Jeder beprobte
Baum ist als quadratisches
Symbol mit Apfelwickler-Befall von 100 Früchten (%) dargestellt. Die
bonitierten Sorten waren
'Boskoop' (Bos), 'Braeburn'
(Br), 'Elstar' (Els), 'Gloster'
(Gl), 'Holsteiner Cox' (HC),
'Jonagold' (JG), 'Jonagored'
(JGR) und 'Redprince' (RP).
Nicht bonitierte Reihen
sind als einfache Linien
angedeutet. Die gesamte
Fläche war während der
Vegetationsperiode praxisüblich mit Insektiziden
behandelt worden (Insegar WG, Steward, Runner,
Madex 3). Die verwirrte
Teilfläche befand sich südlich der Wettern (blaue Linie), das nicht verwirrte
Teilstück nördlich davon.
Da ein Effekt der Hofnähe
auf den Apfelwickler-Befall
offensichtlich war, wurde
der Bereich nördlich des
Querweges bei der Ermittlung des Kontroll-Befalls
nicht berücksichtigt (siehe
Tab. 1).
Mitt. OVR 65 ·06/2010
Pflanzenschutz 169
fläche konnte eine Häufung der Einbohrungen in Haus- und Hofnähe
beobachtet werden (Abb. 2). Die bis
zum ersten Querweg bonitierten
Bäume wurden daher für 2007 von der
Berechnung des Kontroll-Befalls ausgeschlossen. Die sich südlich der Wettern anschließende Verwirrfläche wies
bei ansonsten ähnlicher Behandlung
(Insegar WG, Steward, Runner, Madex
3) schon im ersten Verwirrungsjahr
2007 einen deutlich reduzierten Apfelwickler-Befall auf. Der Vorjahresbefall
(Ernte 2006) war nach den Angaben
der Obsterzeuger in beiden Teilflächen
vergleichbar gewesen. Auch im Folgejahr 2008 zeigte die verwirrte Parzelle
einen deutlich niedrigeren Befall als
die Kontrollfläche. Höhepunkt war das
dritte Jahr (2009), als kurz vor der Ernte
in der gesamten Verwirrfläche (ca. 15
ha) keine einzige Apfelwickler-Einbohrung gefunden wurde. Der eingangs
erwähnte Rückgang des Apfelwickler-Befalls von 2007 bis 2009 wurde
als Trend auch in der Kontrollfläche
der Anlage I beobachtet (Tab. 1).
Zwei weitere Obstbau-Betriebe wurden im starken Befallsjahr 2007 untersucht (Tab. 2). Im integriert produzierenden Betrieb II befand sich die
Verwirrfläche (5,2 ha) direkt am Hof,
die Kontrollparzelle (2,1 ha) etwa 200
m entfernt. Aufgrund der Hofnähe und
des nicht ausreichend erfolgten Abhängens der angrenzenden Flächen war in
der verwirrten Anlage ein starker Randeffekt zu beobachten. Unter Ausschluss
dieser Randbäume zeigte die Verwirrung hier einen deutlichen Bekämpfungserfolg im Vergleich zur unverwirrten und verstärkt mit chemischen
Insektiziden behandelten Kontrolle.
In der Verwirrfläche (4,5 ha) des ökologisch bewirtschafteten Betriebes III
hatte der Betriebsleiter im Herbst 2006
einen ca. 5-fach höheren Ausgangsbefall im Vergleich zur 500 m entfernten
Kontrollfläche (2,3 ha) beobachtet.
Unter diesen Umständen wurde der
zur Ernte 2007 in beiden Flächen vergleichbar hohe Apfelwickler-Befall
durch den Obsterzeuger als Erfolg der
Verwirrungsmethode angesehen.
Tab. 2: Effekt der Verwirrungsmethode 2007 in den Praxisbetrieben II und III.
Betrieb
sonstige
Behandlungen
1x Insegar WG,
1x Steward, 3x Runner
Anzahl der
Früchte
Befall
5700
4,53%
1x Steward, 3x Runner
7900 1
1,68% 1
nein
10x Madex 3
6900
1,72%
ja
10x Madex 3
8900 1
1,90% 1
Verwirrung
nein
II
ja
III
1
Anzahl ausgewerteter Früchte abzüglich des Befalls in Hofnähe.
Tab. 3: Apfelwickler-Befall in einer praxisüblich mit Insektiziden behandelten und zusätzlich mit Isomate-C/OFM verwirrten Obstanlage.
Sorte
'Golden Delicious'
'Elstar'
'Rubinette'
20. Aug. 2007 1
(je 500 Früchte)
1,4%
4
4,80%
2,8%
13. Aug. 2008 2
(je 1000 Früchte)
4. Aug. 2009 3
(je 500 Früchte)
0%
0,20%
0%
4
0%
0%
4
0,20%
'Gala'
1,40%
0%
0%
'Jonagored'
1,00%
0%
0%
'Gloster'
0,20%
0%
0%
Durchschnitt
1,93%
0%
0,07%
1
Insektizid-Behandlungen 2007: 9x Madex, 1x Runner, 1x Reldan 22 (gegen Blutlaus).
² keine Insektizid-Behandlungen im Jahr 2008.
³ Reldan 22 (gegen Blutlaus) als einzige Insektizid-Behandlung im Jahr 2009.
4
Durchführung einer Handausdünnung im Vorernte-Zeitraum.
Mitt. OVR 65· 06/2010
Aus diesen Ergebnissen lassen sich
folgende Schlüsse ziehen, beruhend
auf dem Vergleich einer unverwirrten
mit einer verwirrten Fläche bei ungefähr gleichem Ausgangsbefall und
ähnlichen Behandlungen mit Insektiziden oder Granuloseviren. Bei einem
Befall von 2,0-4,5% in der unverwirrten
Kontrolle zeigte die zusätzlich durchgeführte Verwirrung eine deutliche
Befallsreduzierung um bis zu 50%. War
der Befall der Kontrolle unter 1%, verstärkte sich diese befallsreduzierende
Wirkung der Verwirrungsmethode.
Ergebnisse aus der Versuchsarbeit
In einer Zulassungsprüfung wurde
die Wirkung der Spaghetti-förmigen
Codlemone-Dispenser des Typs Isomate-C/OFM (Andermatt Biocontrol
AG) mit den bereits zugelassenen
RAK 3-Ampullen verglichen. Hierzu
wurden nach den Vorgaben der Hersteller 1000 Dispenser mit IsomateC/OFM bzw. 500 RAK 3-Dispenser pro
ha aufgehängt. Es wurde eine isolierte
Versuchsfläche außerhalb des Alten
Landes gewählt. Der Ausgangsbefall
zur Ernte 2006 lag unter 1%, so dass im
ersten Versuchsjahr 2007 ausschließlich die Verwirrung zur Bekämpfung
des Apfelwicklers eingesetzt werden
konnte. Für Isomate-C/OFM bzw. RAK
3 betrug der Apfelwickler-Befall zur
Ernte im ersten Versuchsjahr 0,38%
bzw. 0,25% (PALM, 2008), im zweiten
Versuchsjahr 0,08% bzw. 0%, im dritten Versuchsjahr für beide Flächen jeweils 0%.
In einem ab 2007 parallel durchgeführten Versuch wurde eine andere Fläche (5-10% Fruchtbefall zur Ernte 2006)
mit Isomate-C/OFM abgehängt und zusätzlich durch den Obsterzeuger mit
betriebsüblichen Insektizid-Behandlungen versehen. Im zweiten Versuchsjahr (2008) fanden keine derartigen Behandlungen statt, während 2009 nur
eine Reldan 22-Applikation gegen Blutlaus-Befall durchgeführt wurde. Die Ergebnisse (Tab. 3) sind vergleichbar mit
denen aus der Verwirrfläche der Anlage I (Tab. 1) und zeigen einen Rückgang des Apfelwickler-Befalls seit 2007,
obwohl in den Folgejahren auf den Einsatz von Insektiziden völlig (2008) bzw.
weitgehend (2009) verzichtet wurde.
Diese Untersuchungen lassen das
Fazit zu, dass bei einem Ausgangsbefall
170 Pflanzenschutz
unter 1% die Verwirrung als alleinige
Methode der Apfelwicklerbekämpfung
ausreicht. Zudem zeigte sich IsomateC/OFM als ebenso effektiv wie RAK 3.
Diskussion und Ausblick
Die Verwirrungsmethode hat sich
auch unter den norddeutschen Bedingungen als geeignete Methode der
Apfelwickler-Bekämpfung erwiesen.
Die hier zusammengestellten Daten
bestätigen die in anderen Regionen
gemachten Beratungsaussagen, dass
die Verwirrung bei einem mäßigen Befallsdruck unter 5% die Wirkung der
ausgebrachten Insektizide oder Granuloseviren deutlich verstärken bzw.
Behandlungen einsparen kann (WALDNER, 1999, 2002). Die von PALM (2008) ermittelte Wirkungssteigerung von 15%
erscheint an Hand der hier dargestellten Ergebnisse als sehr vorsichtige
Schätzung, wurde allerdings auf einer
Fläche mit hohem Ausgangsbefall von
5-10% ermittelt. In Nordamerika kann
die Verwirrungsmethode in solchen
Situationen durch die langjährige Einsparung von Insektizid-Applikationen
eine auch in betriebswirtschaftlicher
Hinsicht rentable Maßnahme sein
(THOMSON et al., 2001).
Die hier vorgelegten Daten bestätigen die Empfehlungen vieler Beratungsringe, dass die Verwirrungsmethode bei einem Ausgangsbefall
unter 1% als alleinige Maßnahme gegen den Apfelwickler dienen kann
(WALDNER, 1999; TRAUTMANN, 2008). Die
Vorteile eines solchen Einsatzes bestehen unter anderem darin, dass
keinerlei Pflanzenschutzmittel-Rückstände entstehen und im Idealfall
keine anderweitigen Behandlungen
gegen den Apfelwickler während der
Saison erforderlich sind. In jedem Falle
sollte der Obsterzeuger seine Anlagen
regelmäßig überprüfen, um einen unerwartet auftretenden Befall rechtzeitig erkennen und etwaige Pflanzenschutzmaßnahmen treffen zu können.
Da die Verwirrungsmethode den Apfelwickler selektiver bekämpft als chemische Pflanzenschutzmittel, kann die
durch eine alleinige Anwendung dieser
Methode realisierte Einsparung von Insektizid-Spritzungen zum Aufbau von
Populationen anderer Schaderreger
führen. In Südtirol traf dies nach einigen
Jahren der Apfelwickler-Verwirrung auf
den Pfirsichwickler (Cydia molesta) zu.
Die Lösung bestand in der Einführung
einer separaten Verwirrungsmethode
gegen diesen Schädling in Befallslagen,
oder in der Aufhängung von Dispensern mit kombinierten Pheromonen
beider Wickler-Arten (WALDNER, 2002).
An der Niederelbe kann das Problem
einer möglichen Zunahme des Fruchtschalenwicklers (Adoxophyes orana) in
Verwirrflächen durch die einmalige Applikation von Coragen gegen den Apfelwickler unter Nutzung der Nebenwirkung gegen schlüpfende Raupen
des Fruchtschalenwicklers gelöst werden (siehe PALM et al., 2010).
Mit Kosten pro Hektar von € 215 für
die RAK 3-Dispenser und ca. € 50 für die
Aufhängung erscheint die Verwirrungsmethode den meisten Obsterzeugern
derzeit unwirtschaftlich. Angesichts
der Erfolge dieser Methode in anderen
Gebieten, ihrer völligen Rückstandsfreiheit, ihrer freien Kombinierbarkeit
mit biologischen und chemischen Bekämpfungsmaßnahmen sowie der Eignung unseres großflächigen Anbaugebietes mit seinem aktuell geringen
Ausgangsbefall des Apfelwicklers wäre
zu überdenken, ob eine finanzielle Förderung dieser Methode, wie sie in anderen Gebieten ermöglicht wird, nicht
auch für unsere Obstproduktion einen
Mehrwert erwirtschaften könnte.
Danksagung
Wir danken Petra Kruse für die Auswertung der in Tab. 3 zusammengefassten Apfelwickler-Versuche, Ina
Vollmer für die Mitarbeit bei den flächigen Bonituren für Tab. 2 sowie allen
Obsterzeugern, die sich an der praktischen Erprobung der Verwirrungsmethode beteiligt haben. Forschung
am OVB Jork zur Populationsbiologie und Bekämpfung des Apfelwicklers wurde durch das BMBF gefördert (Projekt KliO, Förderkennzeichen
01LS05025).
Literatur
ERSCHBAMER, M. & KIEM, U. (2003). Der Apfelwicklerbefall 2003 im Bio-Anbau.
Obstbau Weinbau 40: 349-350.
HENNIGES, Y., VOLLMER, I., WEBER, R.W.S., GÖRGENS, M. & CHMIELEWSKI, F.-M. (2007). Der
Klimawandel, eine Herausforderung
für den norddeutschen Obstbau.
Mitteilungen des Obstbauversuchsringes des Alten Landes 62: 156-160.
HÖHN, H., GRAF, B., CHARMILLOT, P.-J., PASQUIER, D. & GRELA, C. (2004). Die Insektizidresistenz beim Apfelwickler
breitet sich weiter aus. Schweizerische Zeitschrift für Obst- und Weinbau 140: 6-9.
JEHLE, J., HARZER, U. & LAMPE, I. (2009). Dem
Apfelwickler gemeinsam die Stirn
bieten. Obstbau 34: 110-112.
PALM, G. (2008). Neue Untersuchungsergebnisse für eine integrierte Bekämpfung des Apfelwicklers. Mitteilungen des Obstbauversuchsringes
des Alten Landes 63: 276-283.
PALM, G. & HAUSCHILDT, H. (2006). Integrierte Bekämpfung des Apfelwicklers (Cydia pomonella). Mitteilungen
des Obstbauversuchsringes des Alten
Landes 61: 167-173.
PALM, G., VOLLMER, I. & KRUSE, P. (2007). Untersuchungen der Apfelwickler-Population und Bekämpfung 2006 an
der Niederelbe – Bekämpfungsempfehlung für 2007. Mitteilungen
des Obstbauversuchsringes des Alten
Landes 62: 111-115.
PALM, G., KRUSE, P., MOHR, D. & HARMS, F.
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Mitt. OVR 65 ·06/2010
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