VII. Staatsverschuldung

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VII. Staatsverschuldung
Was ist Staatsverschuldung?
Als Staatsverschuldung wird die Summe der Verbindlichkeiten eines Staates gegenüber
Dritten bezeichnet. Hierbei wird zwischen internen Schulden (gegenüber Banken, Bürgern
oder Unternehmen des Landes - immer in eigener Währung ) und externen Schulden (gegenüber Staaten, ausländischen Investoren oder Unternehmen - auch in Fremdwährung
möglich)1 unterschieden. Neben Steuern, die den größten Teil der Einnahmen eines
Staates ausmachen, sind Schulden die zweitgrößte Einnahmequelle eines Staates2. Auf
den aufgenommenen Betrag werden zudem Zinsen abhängig vom Marktniveau bezahlt.
Als Schulden wird definiert: Fremdkapital, das aufgenommen wird (bzw. werden muss), um ein eigenes
Finanzierungsdefizit zu decken, um es zu einem späteren Zeitpunkt (mit Zinsen) zurückzuzahlen.
Ein historischer Abriss der Staatsverschuldung
Ideengeschichtlich ist die Staatsverschuldung in ihrer Form, wie wir sie heute kennen,
eine relativ neue Erfindung. Durch eine „Bankenkrise“ in Florenz fehlte es dem Staat
plötzlich an Mittel, um Kriege gegen benachbarte Stadtstaaten zu führen, da die Gewinne der Banken eine lukrative Geldquelle gewesen waren. Nun gab es zu der Zeit aber ein
„Zinsverbot“ der Kirche, das klassische Kreditgeschäfte untersagte. So entwickelte die
Stadt Florenz ein System „rückzahlbarer Steuern“3. Dies bedeutete eine Zwangsabgabe
für alle Florentiner Bürger, die jedoch zu einem späteren Zeitpunkt mit Gewinn zurückgezahlt wurde, als Entschädigung sozusagen. Die Bürger erhielten zudem einen Schuldschein, die erste Staatsanleihe. War die Haushaltslage des Stadtstaates stabil, so waren die
Papiere viel wert, und man kaufte sie sich gegenseitig ab. So entstand mitunter auch der
Wertpapierhandel.
Die Idee dieser Staatsanleihe verbreitete sich schnell in ganz Europa. Als sich 1568 die
Sieben Vereinigten Provinzen der Niederlande gegen das Königreich Spanien erhoben, waren
Kriegsanleihen unter anderem der Grund, weswegen der Unabhängigkeitskrieg schließlich erfolgreich endete. „So [wurde] die Staatsanleihe zur monetären Waffe der Volksherrschaft“3a. Dass die Staatsanleihe so erfolgreich war, lag daran, dass sie vornehmlich
in proto-demokratischen Systemen Anwendung fand. Beispielsweise ging das Ancién
Regime im Jahr 1788 bankrott, obwohl die Schuldenlast nur ein Drittel der von Großbritannien betrug. Der Unterschied war aber, dass in Frankreich ein absolutistisches Regime
herrschte und in England für die damalige Zeit eine beeindruckende Demokratiedichte
in der konstitutionellen Monarchie vorlag. Dadurch, dass sich der englische Staat quasi
„bei sich selbst“ verschuldete, besaßen die die Schulden eine höhere „Bonität“, wenn bePolitik und Wirtschaft
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reits davon sprechen kann. Dies waren dadurch Inlandsschulden (siehe unten). Frankreich und andere absolutistische Regimes wie Spanien ließen sich zwar ebenfalls gerne
Kredit geben, jedoch nur, um diesen danach nicht zurückzuzahlen. Schließlich war es
nahezu unmöglich, einen König „anzuklagen“. Aufgrund der oftmals mangelhaften Zahlungsmoral absolutistischer Staaten zahlten diese hohe Zinsen auf ihre Schulden. Vor
dem Zusammenbruch des Ancién Regimes wurden von den jährlichen 472 Millionen Livres an Einnahmen ca. 292 Millionen für die Zahlung von laufenden Krediten aufgewandt, also mehr als 50% des Haushalts3b. Während des ersten Weltkriegs nahm die
Reichsregierung des Deutschen Kaiserreichs mehr als 100 Milliarden Mark an sogenannten „Kriegsanleihen“3c auf, die von der Bevölkerung begeistert gekauft wurden, da durch
die vorherigen Kriegsanleihen während des Deutsch-Französischen Krieges (1870-1871)
große Gewinne aufgrund von Frankreichs Reparationszahlungen erzielt werden konnten.
Bis in die heutige Zeit spielen Staatsanleihen eine große Rolle bei der Finanzierung eines
Staates, wie sich im Folgenden zeigen soll.
Warum verschulden sich Staaten?
Es gibt verschiedene Gründe, warum sich Staaten verschulden. In der Regel geschieht
dies, um ein Haushaltsdefizit zu finanzieren, d.h. sollten die Einnahmen eines Staates unter den Ausgaben liegen, muss der entsprechende Fehlbetrag durch Schulden ausgeglichen werden. In Deutschland war das staatliche Finanzierungssaldo (Gegenüberstellung/Differenz von Einnahmen und Ausgaben) von 1970 bis 2000 stets ein Defizit4. Ein
Staat hat auch Ausgaben zu erfüllen, wie für Bildung in Infrastruktur, um die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft zu erhalten, unter der Voraussetzung, dass sich ein Wirtschaftssystem nicht selbst reguliert, daher ist es eher die Regel als die Ausnahme, dass Staaten
Schulden aufnehmen. In den modernen politischen Theorien erhält der Staat eine deutlich höhere Bedeutung, da die Erfahrungen der Vergangenheit gezeigt hatten, dass der
Markt versagen kann (Finanz- und Wirtschaftskrise 2007-2010, Große Depression und
Aktiencrash 1929). Demnach kann es moralisch und politisch vertreten werden, wenn
der Staat zur „Ordnungssicherung“ in das Wirtschaftsleben eingreift.
Desweiteren werden Schulden vor allem in der Keynesianischen Wirtschaftstheorie als
probates Mittel gesehen, einer Rezession zu begegnen, durch das sogenannte Deficit spending in Krisenzeiten, notfalls auch finanziert durch Schulden4. Eine derartige Krise war
vor allem die Finanzkrise von 2007-2010, die sich bis heute auf die wirtschaftliche Entwicklung der Eurozone auswirkt. In einer solchen Situation können Schulden als Möglichkeit erscheinen, eine Rezession bzw. eine handfeste Wirtschaftskrise zu verhindern
bzw. ihre Konsequenzen abzumildern. Volkswirtschaftliche Größen wie Banken wurden
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alleine wegen ihrer Systemrelevanz gerettet. Ohne Banken kämen Privatleute und Unternehmen kaum mehr an Kredite und würden auch keine wohlstandssteigernden Investitionen tätigen. Akzeptiert man die Theorien des Keynesianismus, so erscheinen Schulden nicht ausschließlich als Ausdruck einer verfehlten Haushaltspolitik, denn durch sie
können in Zeiten einer (Wirtschafts-)Krise notwendige Investitionen in Infrastruktur,
Bildung und Forschung getätigt werden. Letztlich unterscheidet sich die Haushaltsrechnung nicht sonderlich stark von der eines Bürgers. Die Ausgaben müssen auf jeden Fall
gedeckt werden, und sollten diese nicht ausreichen, entsteht ein Problem (das der Zahlungsunfähigkeit), dass sich oftmals nur durch Schulden ausgleichen lässt.
Wie verschulden sich Staaten?
Finanzieren sich Staaten über externe Geldgeber, d.h. in der Regel ausländische Investoren oder Banken, was in der Eurozone sehr häufig der Fall ist, werden Staatsanleihen
nach dem Auktionsprinzip an die Kapitalmärkte gebracht. Dies geschieht so, dass ein
Staat einer gewissen Zahl potenziellen Investoren und Banken das Recht gibt, Staatsanleihen zu kaufen und für diese zu bieten. Vorher gibt der Staat bekannt, wie viel Geld er
am Markt aufzunehmen gedenkt. Anhand der Nachfrage werden u.a. die Schulden berechnet.
Gedenkt er aber, inländische Anleihen zu vergeben, so geschieht dies über die Emission
von Wertpapieren wie den Bundesschatzbriefen, die an Banken, private Anleger oder
Fonds wie Renten- und Versorgungskassen, ausgegeben werden. Zusätzlich hierzu muss
gesagt werden, dass die tatsächliche Verwaltung der deutschen Schulden und der Kreditaufnahme in die Hände eines Unternehmens gelegt wurde: Der Bundesrepublik
Deutschland Finanzagentur GmbH5. Über sie werden am Kapitalmarkt Schulden aufgenommen, aber auch Altschulden getilgt. Als halbstaatlicher Dienstleister sorgt sie auch
für die Emission der Staatsanleihen, die von den oben genannten (natürlichen) Personen
gekauft werden können. Die Haushaltshoheit liegt zwar in den Händen des Bundestages
(siehe GG Art. 110), die tatsächliche Verwaltung der Wertpapiere (z.B der Bundesschatzbriefe) obliegt aber jener Agentur.
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Wie misst man Staatsverschuldung?
Für die Messung von Staatsschulden werden zwei Größen und Relationen herangezogen:
Absolute Staatsverschuldung und Relative Staatsverschuldung. Vergleich man bspw. die absoluten Schulden von Ländern wie Griechenland und den USA, liegt der Schluss nahe, dass
es Griechenland wirtschaftlich deutlich besser gehen müsste, da das absolute Niveau der
Schulden niedriger liegt. Jedoch entbehrt dieser Vergleich jeder logischen Grundlage, da
es genausowenig sinnvoll ist, Löhne verschiedener Länder absolut zu betrachten, wenn
dabei die sozialen und wirtschaftlichen Rahmendaten außer Acht gelassen werden.
Staatsverschuldung bedarf stets einer Vergleichgröße wie dem BIP (Bruttoinlandsprodukt) oder dem BSP (Bruttosozialprodukt). Hier liegt die Krux:
Die USA sind mit etwa 90% des BIPs verschuldet, während Griechenland mit fast 180%
des BIP verschuldet ist.
Gleichzeitig gibt es noch die sogenannten Sondervermögen des Bundes, manchmal auch
„Schattenhaushalte“ genannt. Sondervermögen werden als „vom Zentralhaushalt mit
eigener Finanzhoheit ausgestattete Institutionen“ (§ 18 Haushaltsgrundsätzegesetz) bezeichnet. Tatsächlich sind es Fonds, die vor allem in Krisensituation zum Tragen kommen, wie der SoFFin, eine Anstalt, die während der Finanzkrise Banken mit Eigenkapital
ausstattete. Schulden oder Belastungen, die durch diese Fonds, die als eigene Akteure
agieren, tauchen nicht im Bundeshaushalt auf. Erst wenn die entsprechenden Institutionen abgewickelt werden, wird deren Bilanz verzeichnet. Das Defizit der Fonds wird somit nicht direkt mit in die Staatsverschuldung einberechnet5b.
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Wie hoch ist die Staatsverschuldung in Deutschland?
Anteilig am BIP in Prozent
90
Absolut in Milliarden
2200
67,5
1650
45
1100
22,5
550
0
2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Fig. 1 Datenquelle: Eurostat (Statistisches Amt der EU)7
Die vorliegende Grafik „Staatsverschuldung in Deutschland“ zeigt die Entwicklung des
öffentlichen Schuldenstands beginnend im Jahre 2002 bis 2013. Die Datenerhebung
wurde durchgeführt von Eurostat, dem Statischen Amt der EU.
Der Graph ist eine Kombination aus Säulen- und Liniendiagramm. Auf der x-Achse ist
der zeitliche Raum der Daten aufgetragen, in diesem Fall reicht er von 2002 bis 2013.
Die Daten für 2014 fehlen. Es gibt zwei y-Achse, die sich jeweils auf einen Teil des Diagramms beziehen. So hängt die linke y-Achse mit dem prozentualen Schuldenstand anteilig am BIP (Bruttoinlandsprodukt) zusammen. Die rechte y-Achse bezieht sich auf die
absoluten Werte der Staatsverschuldung in Deutschland in Millionen. Der maximale
Wertebereich der absoluten Verschuldung reicht von ca. 1320 Milliarden bis ca. 2200
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Milliarden Euro. Die prozentualen Werte wachsen von ca. 60% im Jahr 2002 auf maximal 80% im Jahr 2010 an. Ab 2012 ist ein Sinken der prozentualen sowie absoluten
Staatsverschuldung zu erkennen. In den Jahren von 2007 bis 2010 ist ein starker Anstieg
- sowohl prozentual als auch absolut - zu verzeichnen. In der Vergangenheit von 2002
bis 2012 lässt sich ein Trend zu stetig wachsender Staatsverschuldung erkennen. Die
Schulden anteilig am BIP sind seit 2010 im Sinken begriffen.
Drei Punkte sollen im Folgenden untersucht werden: Zunächst warum der Schuldenstand seit 2002 nahezu ungebremst angestiegen war, daran anschließend, warum die
Staatsverschuldung in den Jahren 2007-2010 derart sprunghaft gewachsen war und zuletzt, warum die Schulden seit 2012 nunmehr zu sinken beginnen.
In der Vergangenheit war es gang und gäbe, Haushaltsdefizite über neue Schulden zu
finanzieren. Im Zuge der deutschen Einheit seit 1990 wurden zudem enorme Summen
investiert, die nicht ausschließlich über den Solidaritätszuschlag, finanziert wurden, sondern auch durch Schulden. Zudem befand sich Deutschland nach der Einführung des
Euro zunächst in einer schweren, wirtschaftlichen Phase, die vor allem in Zinseffekten
begründet werden.
Durch den Ausbruch der Finanzkrise 2007/2008 wandte der deutsche Staat riesige
Summen auf, um den in Turbulenzen geratenen Bankensektor zu retten. Zeitgleich wurden die Konjunkturpakete I und II verabschiedet, die Steuersenkungen und Investitionen beinhalteten.
Im Jahre 2009 verabschiedete die Bundesregierung zudem die Schuldenbremse, sodass
Bund, Länder und Kommunen ab 2020 keine neuen Schulden machen dürfen. Da
Deutschlands Wirtschaft zudem sehr robust ist, und durch das angestrebte Ziel der
„Schwarzen Null“ die Ausgaben rationalisiert wurden, sank der prozentuale Anteil der
Schulden am BIP, da letzteres schneller wuchs als die Nettokreditaufnahme (Aufnahme
von Schulden).
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Internationaler Schuldenstand in Prozent des BIP
Fig. 2 Quellen: Eurostat7, The Whitehouse6, Deutsches Statistisches Bundesamt
Deutschland
Italien
Frankreich
USA
Griechenland
180
135
90
45
0
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
Deutschlands Schulden im internationalen Vergleich
Die vorliegende Grafik zeigt die Entwicklung der Staatsschulden in Prozent des BIP von
Deutschland, Frankreich, den USA sowie Griechenland in den Jahren zwischen 2002
und 2013. Die Daten entstammen Eurostat, der offiziellen Website des Weißen Hauses
und dem Statistischen Bundesamt.
Der Graph ist ein Liniendiagramm. Der untersuchte Zeitraum ist 2002 bis 2013 und ist
auf der x-Achse aufgetragen. Auf der y-Achse sind die prozentualen Anteile der Schulden am BIP aufgetragen. Die Schuldenquote für Griechenland ist rot verzeichnet, die für
Italien grün, Frankreich ist gelb, die USA orange und Deutschland erhält die Farbe blau.
Klar erkennbar ist, dass die Schuldenquoten von Italien und Griechenland deutlich über
denen der Vergleichsländer liegen. In den Jahren 2007 bis 2010 steigt die Schuldenquote
für alle beteiligten Länder. In Frankreich, Italien und Griechenland wächst sie jedoch
auch nach 2012, während sie in Deutschland sowie den USA sinkt bzw. stagniert. Im
Jahr 2012 geschieht ein plötzlicher Knick in der Quote Griechenlands, nur um im Jahr
darauf wieder anzusteigen. Griechenland besitzt die prozentual höchste StaatsverschulPolitik und Wirtschaft
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dung aller aufgeführten Länder. Die Schuldenquoten von Frankreich, Deutschland und
den USA verliefen von 2002 bis 2007 nahezu parallel, seit 2008 zeigt sich jedoch eine
deutliche Divergenz in den Entwicklungen. Auffällig ist, dass für Griechenland erst Daten ab 2006 eingetragen sind. Frühere Werte finden sich nicht in der Statistik für dieses
Land.
Im internationalen Vergleich steht Deutschland sehr gut da. Zwar hat die Staatsverschuldung aller Vergleichsländer im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise stark zugenommen, jedoch weitaus weniger stark, als beispielsweise in Italien, das sich schon seit Einführung des Euro und davor schon auf einem sehr hohen Schuldenniveau bewegte, oder
Griechenland, das seit der Finanzkrise bereits mehrere Male am Rande eines Staatsbankrotts stand. Griechenland häufte über Jahrzehnte einen riesigen Schuldenberg an, der
während der Beitrittsverhandlungen zum Euro jedoch verschleiert wurde. Italien häufte
in den 90er-Jahren ebenfalls sehr viele Schulden an,
Ein häufig angeführter Grund für die hohen Schulden der südeuropäischen Länder ist
der der mangelnden Budgetdisziplin. Dies wird den „Defizitsündern“ in Verhandlungen
häufig entgegnet. Dabei galt Deutschland noch Anfang der 2000er als „Kranker Mann
Europas9“ und musste sogar beinahe ein Defizitverfahren über sich ergehen lassen, dass
2007 eingestellt wurde (siehe Unterrichtsmaterialien). Dies kann man daran erkennen,
dass die Schuldenquote Deutschlands im Diagramm zeitweise über der von Frankreich
und den USA liegt, und damit mit den entsprechenden damaligen Ereignissen korreliert.
Die Staatsschuld und wirtschaftliches Wachstum sind eng aneinander gekoppelt.
Die USA führten unter der Bush-Regierung mehrere teure Kriege wie den Zweiten Irakkrieg und senkte zudem die Steuern, was den Haushalt stark belastete und zu einem Anstieg der Schulden führte8, insgesamt waren dies 7 Billionen Dollar. Auch unter der Regierung von Barack Obama wurden sehr teure Maßnahmen ergriffen, diesmal allerdings
um die Auswirkungen der Finanzkrise abzumildern, darunter ein 787 Milliarden Dollar
schweres Konjunkturprogramm. Länder wie Frankreich haben nicht zuletzt aufgrund
der wirtschaftlichen Voraussetzungen und politischen Rahmensetzungen Probleme mit
Schulden. In den 80er-Jahren wurden unter Francois Mitterand im großen Stil Unternehmen verstaatlich, die Entschädigungszahlungen trieben die Staatsverschuldung nach
oben. Zudem hat der Staat in Frankreich eine traditionell starke, interventionistische
Rolle, was den freien Markt und wirtschaftliche Entfaltung, gerade in Krisen einschränkt.
Italiens Schulden verharrten seit etwa 2000 auf dem gleichen Niveau und veränderten
sich bis etwa 2008 nur sehr wenig. Eine Tendenz zum Schuldenabbau ist nicht erkennbar.
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Klar erkenntlich im Diagramm sind die stark gestiegenen Schulden im Zuge der Finanzund Wirtschaftskrise, während der die Staaten mit groß angelegten Konjunkturprogrammen versuchten, die Krise zu überwinden. Dies schlägt sich in hohen Haushaltsdefiziten nieder, deren Tendenz sich ab 2008 beobachten lässt.
In Deutschland dagegen bietet sich ein anderes Bild: Aufgrund der soliden Wirtschaft
Deutschlands und der steten Außenhandelsüberschüsse, ist die Schuldenlast für den
deutschen Staat tragbar. Allerdings profitiert(e) Deutschland auch von einer sinkenden
Zinslast auf Staatsanleihen, welche auf ein historisches Tief gefallen waren und so ca. 94
Milliarden Euro Zinsen einsparte8b. Gerade auch deswegen sind die Schulden für
Deutschland erträglich, da es nicht nur von den niedrigen Zinsen profitiert, sondern
auch vom guten Image der Marke „Made in Germany“ und der damit verbundenen starken Exportnachfrage, die Deutschlands Wirtschaft „beflügelt“. Auf den ersten Blick
mögen die Wirtschaftsdaten Deutschlands zwar sehr gut aussehen, sind sie doch fragil.
Als exportorientiertes Land ist Deutschland zweifelsfrei von der globalen Konjunktur
abhängig. Ereignisse wie beispielsweise die Finanzkrise 2008/2009 können erhebliche
und empfindliche Auswirkungen haben.
Jedoch gibt es erhebliche Risiken und Gefahren, die sich hinter den offiziellen Angaben
verstecken: Implizite Staatsschulden.
Zunächst einmal mag an dieser Stelle eine Unterscheidung zwischen impliziter und expliziter Staatsschuld getroffen werden.
Implizite und explizite Staatsschuld
Als explizite Staatsverschuldung werden die verbrieften Verbindlichkeiten des Bundes, der
Länder und der Kommunen bezeichnet. Implizite Staatsschulden sind „versteckte Staatsschulden10“, d.h. zukünftige Zahlungsverpflichtungen wie die wachsenden Belastungen
für die gesetzlichen Pensions- und Pflegekassen infolge des demographischen Wandels.
Für Deutschland beträgt dies implizite Verschuldung etwa 159% des BIP11.
Der Unterschied zwischen Inlandsschulden und Auslandsschulden
Die internationale Verschuldung zeichnet sich noch durch einen weiteren Unterschied
aus: Die Tatsache, ob Schulden von inländischen (internen) oder ausländischen (externen) Gläubigern gehalten werden. Denn dies macht durchaus einen Unterschied, inwieweit Staatsschulden tragfähig sind. Denn auf Staatsgebiet, hält ein Staat ein Gewaltmonopol, er kann Banken und auch Bürger mehr oder weniger dazu „zwingen“, öffentliche
Kredite zu künstlich zu verlängern, oder ganz auf die Forderung zu verzichten. Bei externen Gläubigern ist dies nicht ohne Weiteres möglich. Zudem sorgen extern verliehene
Kredite nicht für einen Kapitalabfluss. Denn wenn Bürger eines Staates diesem Geld leiPolitik und Wirtschaft
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hen, wird der Wohlstand nicht vernichtet, er wird bloß umverteilt. Er bleibt innerhalb
eines Landes. Diese Art von Schulden verrechnen sich zudem mit dem allgemeinen
Steuereinkommen.
Anders ist dies bei Auslandsschulden. Diese besitzen gewisser Maßen „Erpressungspotential“. Zunächst einmal fließen die Zinsen auf Staatsanleihen aus einem Land ab, was
einem Wohlstandsverlust gleichkommt. Darüber hinaus besitzt ein Staat nur wenige
Möglichkeiten, Gläubiger zu „zwingen“, wenn diese außerhalb des Staatsgebiets liegen.
Dies geht nur über supranationale Institutionen oder bilaterale Verhandlungen zwischen
Staaten.
Das „Erpressungspotential“ lässt sich am Beispiel der Vereinigten Staaten von Amerika
zeigen12: ca. 1,277 Billionen Dollar Schulden sind Forderungen der Volksrepublik China,
dahinter folgt Japan (Japan hat selbst hauptsächlich inländische Schulden) mit ca. 1,1 Billionen Dollar. Zwar hält die amerikanische Notenbank FED (Federal Reserve Bank)
mittlerweile den größten Teil der Schulden (ca. 2,1 Billionen Dollar), jedoch sind die
Forderungen Chinas von größerer Relevanz. Aufgrund der geopolitischen Spannungen
zwischen den USA und China, die beide u.a im Pazifikraum, aber auch global um die
Vorherrschaft „ringen“, sind Schulden eine wirkliche Bedrohung für die staatliche Integrität der USA. Denn sollte China plötzlich sämtliche Schulden zurückfordern, so wäre
dies eine Katastrophe, da der Haushalt in den USA weiterhin schuldenfinanziert läuft.
Somit wäre eine Schuldenspirale die Folge, wodurch die USA in haushaltspolitische
Schwierigkeiten kämen. Dadurch könnte China Zinsaufschläge fordern, da ihr Staatsanleihenkauf in den USA ein risikobehaftetes Engagement wäre.
Auslandsschulden machen auch in Deutschland etwa die Hälfte der Staatsschulden aus13.
Dies sind etwa 1,1 Billionen Euro.
Abschließendes Urteil: Staatsschulden - Fluch oder Segen?
Schaden Schulden einer Volkswirtschaft oder sind sie sogar in Krisenzeiten der Schlüssel
zu Wachstum zur Überwindung einer Rezession (Wirtschaftlicher Abschwung)?
Es gibt zwei Arten, Staatsschulden zu betrachten: Die des Keynesianismus14 sowie die
des Neoliberalismus15. Da beide Theorien dem Staat verschiedene Rollen zuweisen,
(einmal als die eines verantwortlichen Mitspielers, das andere Mal die des Betrachters,
der nur im Notfall eingreift, wenn die freien Kräfte des Marktes „verrückt spielen“ und
sich gegenseitig zu beseitigen versuchen), werden auch Schulden von einigen eher als
Fluch, von anderen als Segen gesehen. Es ist zwar korrekt, das Neuverschuldung in einer
Krise durchaus helfen kann, die Wirtschaft zu stützen (durch künstliche Nachfrage nach
Straßen, Gebäuden etc.), allerdings darf nicht vergessen werden, dass „Staat“ und „Wirtschaft“ zwei grundverschiedene Systeme sind. Zwar besitzt der Staat KontrollmechaPolitik und Wirtschaft
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nismen und Möglichkeiten der Einflussnahme, im Speziellen Wirtschaftliche Institutionen
(Kartellämter, Subventionsmechanismen, die Sicherung von Eigentumsrechten, die allgemeine Jurisdiktion sowie Patentämter). Es muss jedoch beachtet werden, dass der „Staat“ nicht die Wirtschaft ist. Beide basieren jedoch auf divergente Grundsätzen, die sich durchaus auch
zuwiderlaufen: Das eine basiert auf Kompromiss, das andere auf Eigeninteresse. Schulden sollten eher die Ausnahme bleiben, nicht die Regel, da zu viele Schulden früher oder
später zu Steuererhöhungen führen, um überhaupt die Schuldenlast (bzw. die damit verbundenen Zinsen) tragen zu können, was wiederum der Wirtschaft schadet. Es sollte jedoch nicht der Fehler gemacht werden, die Anforderungen eines privaten Haushalts analog auf den Staat zu übertragen. Schulden haben in den letzten Jahren einen schlechten
Ruf erhalten, dabei war es in Deutschland üblich, Haushaltsdefizite zu produzieren,
schließlich mussten die volkswirtschaftlichen Grundlagen in Infrastruktur, Bildung, Forschung und Recht aufrechterhalten werden. Zweifellos ist der „reine“ Keynesianismus
nicht die richtige Lösung. Ein kleiner Exkurs: Die Leitzinsen in der Eurozone befinden
sich auf einem historischen Tief, laut der Wirtschaftstheorie von Keynes müsste die
Wirtschaft schon längst „brummen“, was jedoch nicht der Fall ist. Der analoge Schluss
daraus ist, dass eine inkorrekte Vorhersage des Einflusses von Zinsänderung aus der
Theorie resultieren kann, auch auf die Schuldentheorie anwendbar ist. Es wird oft gesagt, die Schulden von heute seien die Steuern von morgen. In gewisser Weise stimmt
das. Die impliziten und expliziten Schulden müssen eines Tages von jemandem bezahlt
werden, und dieser „jemand“ wird die neue Generation sein, die gerade heranwächst. Es
gibt sogar einige Theorien, die besagen, dass schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme, die den Konsum ankurbeln sollen, gar keine Wirkung haben. Einer der Theorien,
die dieses Phänomen beschreibt, ist die „Riccardische Äquivalenz“16. Diese besagt, dass
aufgrund der Tatsache, dass Schulden eines Tages zurückgezahlt werden müssen, früher
oder später Steuern erhöht werden müssen, um diese abzutragen. Nun verhält sich der
Konsument nach diesem Theorem aber so, dass er das Geld, das ihm als Überschuss zur
Verfügung steht, spart, um die späteren Steuererhöhungen bezahlen zu können. Die
Nachfrage geht also in dem Maß zurück, als dass die Nachfrage von Seiten des Staates
erhöht werden soll. Diese Theorie wird vielfach als Argument gegen eine keynesianische
Wirtschaftspolitik angeführt.
Desweiteren macht die Zeit die Rückzahlung von Schulden schwierig: Die Ausgaben des
Staates werden durch den demographischen Wandel immer mehr steigen, während die
Einnahmen ab einem gewissen Punkt zu schrumpfen beginnen werden, genau dann,
wenn die Anzahl der Beitragszahler bzw. Steuerzahler zu sinken beginnen wird. Schulden
haben Deutschland teilweise zu dem gemacht, was es ist. Doch die Vorzüge der Gegenwart, mit vergleichsweise guter Infrastruktur und Bildungswesen sowie sozialen SichePolitik und Wirtschaft
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rungssystemen werden den deutschen Bürger in Zukunft möglicherweise teuer zu stehen
kommen.
Quellen von „VII. Staatsverschuldung“:
1http://www.haushaltssteuerung.de/lexikon-staatsschulden-interne.html
2http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/handwoerterbuch-politisches-system/40380/
staatsverschuldung
3http://www.wiwo.de/finanzen/staatsanleihen-italiener-erfanden-die-staatsverschuldung-seite-3/5155914-3.html
3a http://www.wiwo.de/finanzen/staatsanleihen-italiener-erfanden-die-staatsverschuldung-seite-4/5155914-4.html
3b http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelgeschichte/d-68812741.html
3c http://boerse.ard.de/boersenwissen/boersengeschichte-n/die-finanzquelle-des-krieges100.html
4https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/OeffentlicheFinanzenSteuern/OeffentlicheFinanzen/AusgabenEinnahmen/Tabellen_/AusgabenEinnahmenSaldo.html
5http://www.deutsche-finanzagentur.de/de/finanzagentur/ueber-uns/
5a http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/190/sondervermoegen-des-bundesv15.html
5b http://www.iwkoeln.de/infodienste/iwd/archiv/beitrag/27952
6https://www.whitehouse.gov/omb/budget/Historicals
7http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?
tab=table&plugin=1&language=de&pcode=tsdde410
8https://www.whitehouse.gov/infographics/us-national-debt
8b http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/zinsen-fuer-staatsschulden-bund-sparterund-94-milliarden-a-1030096.html
9http://www.zeit.de/2004/17/Mythos
10http://www.haushaltssteuerung.de/lexikon-staatsschulden-implizite.html
11 http://www.stiftung-marktwirtschaft.de/fileadmin/user_upload/Generationenbilanz/
Ergebnisse_kurz_Ehrbare_Staaten_2014.pdf
12http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/us-haushaltsstreit-die-groessten-glaeubigerder-usa-im-ueberblick-a-928124.html
13http://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Statistiken/Zeitreihen_Datenbanken/
Makrooekonomische_Zeitreihen/its_list_node.html?listId=www_v27_web004_02a
14http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/19777/keynesianismus
Politik und Wirtschaft
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15http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/20176/neoliberalis-
mus
16http://www.investopedia.com/terms/r/ricardianequivalence.asp
Politik und Wirtschaft
2015
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