5 Diskussion Die hier vorliegende Arbeit zeigt, dass eine Immunadsorption 1. zu einer Verbesserung der systolischen linksventrikulären Funktion und zu einer Abnahme des linksventrikulären Diameters führen kann, 2. die Endothel-vermittelte Vasodilatation bei Patienten mit chronischer iDCM verbessert, 3. die Anzahl der EPC nicht verändert, 4. zu einem signifikanten Abfall von zirkulierenden Mikropartikeln führt und 5. dass dieser Abfall der zirkulierenden MP mit der Verbesserung des RHI korreliert ist. Die Immunadsorption wird in den letzten Jahren zunehmend in der Therapie bei chronischer iDCM und nicht-ischämischer DCM eingesetzt. Seit 2007 wird sie von der American Society for Apheresis (ASFA) auf der Liste der Einsatzmöglichkeiten als Evidence Grad II zur Therapie einer dilatativen Kardiomyopathie (ungeachtet deren Ursache) erwähnt [122]. Wallukat et al. konnten als erste den positiven Effekt der AntikörperElimination durch Immunadsorption bei Patienten mit nicht-ischämischer DCM nachweisen [133]. Eine schnelle klinische Verbesserung mit Zunahme der linksventrikulären systolischen Funktion und Reduktion des NYHA-Status im Endstadium der Herztransplantation Erkrankung überbrücken. konnte Im die Überlebenszeit Folgenden haben bis diverse zur offen- kontrollierte Pilotstudien gezeigt, dass die Immunadsorption einen positiven Effekt auf die systolische Funktion des Herzens, die Höhe des freien BNP und/oder die Lebensqualität der Patienten mit postinflammatorischer DCM hat [27, 42, 44, 45, 119], die Ergebnisse waren allerdings nicht immer einheitlich [40]. Die hier vorliegende Untersuchung hat für die Patienten positive Ergebnisse erbracht: 11 von 13 Patienten wiesen nach der Immunadsorptionstherapie eine verbesserte linksventrikuläre Funktion auf, jedoch zeigten die übrigen 50 zwei Patienten in den ersten sechs Monaten keine Verbesserung. Zusammengenommen spricht dies dafür, dass der Effekt der Immunadsorption bei Patienten mit iDCM - trotz ausgeweiteter invasiver Voruntersuchungen nicht vorherzusehen ist. Große prospektive randomisierte und doppelblinde Studien werden aktuell durchgeführt. Die in der hier vorliegenden Arbeit evaluierte Endothelfunktion wurde mittels einer peripheren Arterien-Tonometrie, die untersucherunabhängig und frei reproduzierbar die durch Hyperämie veränderte Pulswellenamplitude in den Fingerspitzen misst, analysiert. Wie in anderen Untersuchungen gezeigt, ist diese über den NO-Stoffwechsel vermittelte Hyperämieantwort ein Maß für die Endothel-vermittelte Vasodilatation [100]. Verglichen mit anderen nichtinvasiven Methoden zur Messung der Endothelfunktion (z.B. brachial-artery flow-mediated dilatation) hat die periphere Arterien-Tonometrie eine vergleichbare Aussagekraft bezogen auf das Outcome der Patienten mit koronarer Herzerkrankung [76]. Bei gesunden Probanden konnte im Vergleich zu Patienten mit Niereninsuffizienz ein normwertiger RHI mehrfach bestätigt werden [96]. Diverse Untersuchungen haben bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz eine abgeschwächte Endothel-vermittelte Vasodilatation in den peripheren Gefäßen festgestellt [47, 70, 71]. Diese abnormal schlechte Endothelfunktion wurde sowohl bei Personen mit ischämischer als auch mit nicht-ischämischer DCM gefunden [47, 71]. Auch bei Patienten mit einer iDCM wurde bei aktiver Virusinfektion eine reduzierte Endothelfunktion nachgewiesen [127]. Eingeschlossen in die hier vorliegende Untersuchung waren Patienten mit einer chronischen iDCM, die nach Abklingen der akuten Virusinfektion dennoch Zeichen der Myokardinflammation zeigten. Die bei diesen Patienten gemessenen Indizes für Endothel und arterielle Steifheit (RHI und AI) wurden als Marker für die Endothelfunktion der peripheren Gefäße bestimmt. Mit den dadurch ermittelten Ergebnissen konnte somit erstmalig beschrieben werden, dass eine Immunadsorptionstherapie bei iDCM die Endothelfunktion dieser Patienten signifikant verbessert. 51 In diversen Untersuchungen wurde bereits gezeigt, dass eine reduzierte Endothelfunktion als prädiktiver Marker für kardiovaskuläres Risiko bei Patienten mit KHK gültig ist [30, 56, 57]. Dabei ist die nicht-invasive periphere Messung gleichwertig den invasiven Messverfahren [30]. Rubinshtein konnten bei einem 7 Jahre follow-up den Endothelindex RHI als Marker für endotheliale Dysfunktion ermitteln. Dabei traten bei Probanden mit niedrigem RHI eine höhere Rate an kardiovaskulären Ereignissen (plötzlicher Herztod, Myokardinfarkt, Revaskularisation und Krankenhausaufenthalt auf Grund von Herzerkrankung) auf, so dass auch der RHI als unabhängiger prädiktiver Marker gilt [113]. Wie bereits in der Einleitung erwähnt, spielt die systemische Endothelfunktion eine entscheidende Rolle in der neuro-humoralen und inflammatorischen Pathogenese der chronischen Herzinsuffizienz [17]. Tatsächlich haben zahlreiche Untersuchungen bisher gezeigt, dass proinflammatorische Zytokine und reaktive Sauerstoffradikale die endotheliale Dysfunktion verursachen oder zumindest aktiv verstärken [43, 85]. In der vorliegenden Untersuchung lag der Schwerpunkt darauf zu belegen, dass die Immunadsorption sowohl die Zahl der freien Mikropartikel als auch die endotheliale Dysfunktion bei Patienten mit chronischer iDCM verändert. Es wird aufgrund vieler vergleichbarer Ergebnisse ein kausaler Zusammenhang zwischen dem durch freie Mikropartikel ausgelösten Gefäßschaden und endothelialer Dysfunktion angenommen, dies ist aber nach wie vor nicht bewiesen. In zahlreichen Untersuchungen wurden bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen und/oder Risikofaktoren - z.B. Diabetes mellitus [101], instabiler Angina pectoris [118] oder akutem Koronarsyndrom [90], arterieller Hypertonie [111], präkapillärer pulmonarer Hypertonie [8] oder metabolischem Syndrom [2] - erhöhte Werte der thrombozytären bzw. endothelialen Mikropartikel festgestellt [129, 134]. Von der Bochumer Arbeitsgruppe wurde beschrieben, endothelialen Mikropartikel bei dass Patienten die mit Zahl der reduzierter zirkulierenden systolischer linksventrikulärer Funktion unabhängig von der Anzahl der zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktoren im Vergleich zu gesunden Probanden verdoppelt ist [25]. Des Weiteren gibt es deutliche Hinweise, dass 52 zirkulierende Mikropartikel eine zentrale Rolle in der Pathogenese diverser auto-inflammatorischer Erkrankungen, z.B. der systemischen Vaskulitis [36], systemischer Sklerose und dem Antiphospholipid-Antikörpersyndrom spielen und eine positive Korrelation mit klinischen Ereignissen zeigen [39]. Es ist bekannt, dass eine inflammatorische und autoimmunologische Komponente den Pathomechanismus der iDCM beeinflusst. Diese ist charakterisiert durch eine vermehrte Zahl kardiotoxischer Autoantikörper im Blut und Zeichen der Myokardinflammation. Wie schon beschrieben, senkt die Immunadsorptionstherapie die Zahl der zirkulierenden (Auto)-Antikörper, die myokardiale Inflammation und T-Zell-Aktivität bei Patienten mit iDCM signifikant ab [27, 40, 42, 132]. Die Autoren konnten bei Patienten nach Immunadsorption eine geringere T-Zell-Aktivierung nachweisen [27]. Somit kann postuliert werden, dass dies auch für die hier untersuchten Patienten zutrifft. Eine reduzierte inflammatorische Aktivität scheint mit einer geringeren Anzahl zirkulierender Mikropartikel assoziiert zu sein. Zu den vorliegenden Ergebnissen passen die Beschreibungen von Küpers et al. in einer Fallstudie, dass eine erhöhte Anzahl endothelialer, leukozytärer und thrombozytärer Mikropartikel bei einer vaskulitischen Kardiomyopathie vorhanden waren. Die Genannten konnten ebenfalls nachweisen, dass nach durchgeführter immunsuppressiver Therapie mit Corticosteroiden und Cyclophosphamid die Anzahl der Mikropartikel reduziert war und es so zu einer Reduktion der vaskulitischen Aktivität und zur Verbesserung der Kardiomyopathie kam. Es wird diskutiert, ob zwischen Zellreduktion, verbesserter Kardiomyopathie und reduzierter Gefäßentzündungsaktivität ein kausaler oder nur ein paralleler Zusammenhang besteht [84]. Ob sich diese Komponenten gegenseitig bedingen oder nur zufällig gleichzeitig auf Grund einer anderen, unbekannten Ursache verändern, konnte auch mit dieser Arbeit nicht geklärt werden. Jedoch kann mit den hier vorliegenden Ergebnissen postuliert werden, dass kardiale Funktionsfähigkeit, endotheliale Funktion (hier gemessen als Ersatzmarker der flussabhängigen Vasodilatation), die Anzahl zirkulierender Mikropartikel und die Inflammation in einem komplexen Netzwerk verbunden sind. 53 Es verdichten sich Hinweise, dass Mikropartikel nicht nur ein Marker für vaskulären Zellschaden und Inflammation sind, sondern eine eigene biologische Aktivität besitzen und so kardiovaskuläre Erkrankungen unterhalten bzw. verstärken können [37, 114]. Es ist jedoch nicht bewiesen, dass Mikropartikel im Rahmen einer Inflammation eine veränderte biologische Aktivität aufweisen oder durch eine Immunadsorption die Entstehung von MP oder ihre inflammatorische Aktivität gesenkt wird [27]. In diesem Zusammenhang haben Barry und Mitarbeiter gezeigt, dass thrombozytäre Mikropartikel Thrombozyten und Endothelzellen über den transzellulären Transport von Arachidonsäure und die folgende Stimulation von Monozyten-Endothelzell-Interaktion durch hochregulierte Adhäsionsmoleküle und vermehrte Chemotaxis aktivieren [12]. So soll ein neuer Mechanismus entdeckt worden sein, durch welchen Mirkopartikel Arteriosklerose auslösen und Inflammation unterhalten [12]. Boulanger und Mitarbeiter konnten zeigen, dass aus dem Blut von Patienten mit Myokardinfarkt isolierte Mikropartikel die Acetylcholin-vermittelte Vasodilatation in isolierten Aortenringen von Ratten verschlechtern [19]. Dieser Effekt wurde in Anwesenheit von Monomethyl-L-Arginin aufgehoben, so dass vermutet werden kann, dass zirkulierende Mikropartikel den endothelialen NOTransduktionsweg beeinträchtigen. Mikropartikel von gesunden Patienten konnten diesen Effekt hingegen nicht auslösen. Agouni und Mitarbeiter impften Mäuse mit Mikropartikeln aus dem Blut von Patienten mit metabolischem Syndrom und beobachteten eine verminderte Endothel-vermittelte Vasodilatation und eine reduzierte endotheliale NOSynthese [2]. Brodsky und Mitarbeiter isolierten Mikropartikel aus kultivierten Endothelzellen und beschrieben einen stark hemmenden Effekt der endothelialen Mikropartikel auf die Acetylcholin-vermittelte Vasodilatation in Aortenringen von Ratten [21]. Dieser Effekt wurde von einem Anstieg der Sauerstoffradikale in den Aortenringen begleitet und konnte mittels Superoxiddismutase (SODm) inhibiert werden. Zudem hat die Arbeitsgruppe in den endothelialen Mikropartikeln die p22phox Subgruppe der NADPH-Oxidase entdeckt, welche durch Superoxidradikalproduktion einen Auslöser der Endothel-vermittelten Vasodilatation, Remodelling und Apoptose darstellt [53, 79]. Das deutet darauf hin, dass endotheliale Mikropartikel einen direkten 54 Einfluss auf das Gefäßendothel durch die Induktion von radikalem Stress haben. Mikropartikel zeigen somit nicht nur eine endotheliale Dysfunktion an, sondern haben auch bei bereits bestehender Dysfunktion einen negativ verstärkenden Effekt. Bulut et al. haben unlängst einen weiteren Mechanismus gefunden, über den Mikropartikel direkt endotheliale Dysfunktion auslösen [23]. Mikropartikel wurden mit humanen Endothelzellen inkubiert, was zu einer isolierten Apoptose ohne Nekrose im Endothel führte. Nach Vorbehandlung der Mikropartikel mit Caspase-Inhibitoren war dieser Effekt blockiert. Die Mikropartikel führten zudem zu einer Verbesserung der zuvor schlechten Achetylcholin-vermittelten Aortenring-Relaxation bei Ratten, auch dieser Effekt konnte durch Caspase-Inhibitoren blockiert werden. Daher kann gefolgert werden, dass Mikropartikel die Apoptose in Endothelzellen über eine Aktivierung der zellulären Caspasen auslösen. Zusammengenommen zeigen diese Ergebnisse die vielfältigen biologischen Wirkungen der Mikropartikel, die möglicherweise auch systemisch eine funktionelle Veränderung in der Endothelzellbiologie bewirken können. In der vorliegenden Untersuchung konnte gezeigt werden, dass die Zahl der gesamten und der endothelialen Mikropartikel unter einer Immunadsorptionstherapie signifikant abfällt. Hieraus mag gefolgert werden, dass dieser Abfall der zirkulierenden Mikropartikel nicht alleine ein Epiphänomen darstellt, sondern mit der Verbesserung der Endothelfunktion assoziiert ist. Der Aufbau dieser Pilot-Studie erlaubt aber nicht die Schlussfolgerung, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen Mikropartikeln und endothelialer Dysfunktion bei Patienten mit chronischer iDCM besteht. Die Zahl der endothelialen Progenitorzellen als Maß für den Zellumsatz ist im untersuchten Zeitraum stabil, so dass eine unveränderte Situation des Zellumsatzes angenommen werden kann. 55