Dr. C. Redenbach Dipl.-Math. G. Gaiselmann SS 2010 16.07.2010 Übungen zur Angewandten Stochastik I Probeklausur (Abgabe: Freitag, 23.07.2010, vor den Übungen) Aufgabe 1 Betrachte 8-stellige Telefonnummern; die Möglichkeit einer 0 an der ersten Stelle sei NICHT ausgeschlossen. (a) Wie sieht der Grundraum Ω aus? (1) (b) Wie viele Möglichkeiten für solche Nummern gibt es, wenn nur bekannt ist, dass die Nummern mit 0731 beginnen? (1) (c) Wie viele Möglichkeiten für solche Nummern gibt es, wenn nur bekannt ist, dass die Nummern nur ungerade Ziffern enthalten? (1) (d) Wie viele Möglichkeiten für solche Nummern gibt es,wenn nur bekannt ist, dass die Nummern mindestens eine 2 und genau eine 3, aber keine Ziffer doppelt enthalten? (1) Lösungsvorschlag: (a) Ω = {ω = (x1 , ..., x8 ) : xi ∈ {0, ..., 9} ∀i ∈ {1, ..., 8}} (b) je 10 Möglichkeiten für 4 Stellen ⇒ 104 = 10.000 (c) je 5 Möglichkeiten für 8 Stellen ⇒ 58 = 390.625 (d) 8 Möglichkeiten für „2“, 7 für „3“, 8 · 7 · · · 4 · 3 für den Rest, also 8 · 7 · 8!/2 = 1.128.960. Aufgabe 2 Es sei ein Spielbrett mit 16 Feldern gegeben, die in 4 Zeilen mit je 4 Feldern angeordnet sind, wobei auf jedem Feld höchstens eine Figur stehen kann. Wie viele Möglichkeiten gibt es (a) 3 identische Figuren auf dem Brett zu platzieren? (1) (b) 3 unterschiedliche Figuren auf dem Brett zu platzieren? (1) (c) 2 identische rote und 2 identische grüne Figuren zu platzieren? (1) (d) 4 identische Figuren zu platzieren, wobei in jeder Zeile des Brettes genau eine Figur stehen soll? (1) (e) 4 unterschiedliche Figuren zu platzieren, wobei in jeder Zeile des Brettes genau eine Figur stehen soll? (1) Lösungsvorschlag: (a) 16 3 = 560 (b) 16 · 15 · 14 = 3.360 (c) 16·15·14·13 2·2 = 10.920 (d) 44 = 256 (e) 44 · 4! = 6.144 Aufgabe 3 Die Zufallsvariable X sei exponentialverteilt mit Parameter λ > 0. (a) Bestimme die Verteilungsfunktion FX (x). (1) (b) Zeige die Gültigkeit folgender Eigenschaft, die „Gedächtnislosigkeit der Exponentialverteilung“ genannt wird: P (X ≤ t + t0 |X ≥ t0 ) = P (X ≤ t) für t, t0 > 0 (2) Lösungsvorschlag: (a) Bekannt: fX (x) = λe−λx 1I(0,∞) (x). Verteilungsfunktion: Für x ≤ 0 gilt FX (x) = 0. Für x > 0 gilt: Zx FX (x) = P (X ≤ x) = Zx fX (y)dy = −∞ 0 λe−λy dy = λ Zx e−λy dy = 0 x 1 −λy 1 1 =λ − e = λ(− e−λx + ) = 1 − e−λx λ λ λ 0 (b) P (X ≤ t + t0 , X ≥ t0 ) P (t0 ≤ X ≤ t + t0 ) = = P (X ≥ t0 ) P (X ≥ t0 ) −λ(t+t0 ) − (1 − e−λt0 ) X abs.stetig; Def. Vert.fkt. FX (t + t0 ) − FX (t0 ) (a) 1 − e = = = 1 − FX (t0 ) e−λt0 e−λt0 − e−λ(t+t0 ) Def. Vert.fkt. −λt (a) = 1 − e = F = P (X ≤ t) X (t) −λt e 0 P (X ≤ t + t0 |X ≥ t0 ) Def. bed. Wkt. = Aufgabe 4 Gegeben sei die Funktion f : R → R, die definiert ist durch θ−1 θx , falls 0 < x ≤ 1, f (x) = 0 , sonst, mit einem Parameter θ > 0. (a) Zeige, dass f eine Dichte ist. (1) (b) Nun sei X eine Zufallsvariable mit Dichte f . Zeige, dass EX = θ . θ+1 (1) (c) Bestimme die Varianz von X. (1) (d) Bestimme einen Schätzer für θ mit der Momenten-Methode. (1) (e) Bestimme einen Schätzer für θ mit der Maximum-Likelihood-Methode. (1) Lösungsvorschlag: (a) Offenbar gilt f (x) ≥ 0 für alle x. Z Z f (x)dx = 1 0 R 1 θxθ−1 dx = xθ 0 = 1 (b) Z EX = Z xf (x)dx = 0 R 1 1 θx dx = θ xθ+1 θ+1 θ 1 = 0 θ θ+1 (c) 1 1 θ θ+2 x = θx dx = θ EX = x f (x)dx = θ+2 θ+2 R 0 0 θ θ2 θ(θ + 1)2 − (θ + 2)θ2 ⇒VarX = EX 2 − (EX)2 = − = θ + 2 (θ + 1)2 (θ + 1)2 (θ + 2) θ3 + 2θ2 + θ − θ3 − 2θ2 θ = = 2 (θ + 1) (θ + 2) (θ + 1)2 (θ + 2) 2 Z 2 Z 1 θ+1 (d) θ θ+1 g1 (θ) = Eθ X = ⇒X n = θ̂ θ̂ + 1 ⇒θ̂X n + X n = θ̂ ⇒θ̂X n − θ̂ = −X n ⇒θ̂ = Xn 1 − Xn (e) L(x1 , . . . , xn ; θ) = n Y θxiθ−1 1I(0,1] (xi ) =θ i=1 n n Y xθ−1 1I(0,1] (xi ) i i=1 Also von nun an 0 < xi ≤ 1 für alle i. logL(x1 , . . . , xn ; θ) = n log θ + (θ − 1) n X log xi i=1 n d n X logL(x1 , . . . , xn ; θ) = + log xi dθ θ i=1 n d2 logL(x , . . . , x ; θ) = − <0 1 n dθ2 θ2 Nullsetzen der 1. Ableitung: n n X ! + log xi = 0 θ i=1 ⇔ n X i=1 log xi = − n θ −n i=1 log xi ⇔ θ = Pn Es ist ein Maximum, weil die 2. Ableitung negativ ist. Also ist der gesuchte SchÃtzer −n . i=1 log xi θ̂(x1 , . . . , xn ) = Pn Aufgabe 5 Wie oft muss man eine faire Münze werfen, damit die relative Häufigkeit von „Wappen“ mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 90 % zwischen 0.4 und 0.6 liegt? Gib dazu eine Abschätzung bzw. Näherungslösung mit Hilfe (a) der Tschebyschew-Ungleichung (1) (b) des Zentralen Grenzwertsatzes (2) an. Lösungsvorschlag: Sei X eine Zufallsvariable, die beim einmaligen Münzwurf angibt, ob „Wappen“ gewurfen 1 wurde (X = 1) oder nicht (X = 0), sprich X ∼ Bin 1, 2 mit EX = 21 und VarX = 1 1 − 21 = 41 . Sei (X1 , . . . , Xn ) eine Zufallsstichprobe zum Merkmal X. Gesucht ist eine 2 Abschätzung für P Xn ∈ [0.4, 0.6] . 1 (a) Für das Stichprobenmittel Xn gilt EXn = 12 und VarXn = 4n . Somit gilt: 1 1 P Xn ∈ [0.4, 0.6] = P Xn − ∈ [−0.1, 0.1] = P Xn − ≤ 0.1 2 2 VarXn 1 = 1 − P Xn − > 0.1 ≥ 1 − 2 0.12 100 100 ≥ 0.9 ⇐⇒ n ≥ =1− 4n 0.4 =⇒ n ≥ 250 (b) Es gilt: 1 −0.1 ≤ Xn − ≤ 0.1 2 √ √ √ = P −0.1 4n ≤ 4n Xn − 1/2 ≤ 0.1 4n √ √ √ n n n ≈Φ −Φ − = 2Φ − 1 ≥ 0.9 5 5 5 √ √ n n ≥ 0.95 ⇐⇒ ≥ 1.65 ⇐⇒ Φ 5 5 P Xn ∈ [0.4, 0.6] = P =⇒ n ≥ 69