Christus - der wahre Hohepriester Invokavit Weil wir denn einen großen Hohenpriester haben, Jesus, den Sohn Gottes, der die Himmel durchschritten hat, so lasst uns festhalten an dem Bekenntnis. Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte mit leiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir, doch ohne Sünde. Darum lasst uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben. Hebräer 4,14-16 In diesem Text wird der Herr Christus als "Hoherpriester" bezeichnet um damit deutlich zu machen, was das, was er getan hat, für uns bedeutet. Für die Empfänger des Hebräerbriefes, die alle aus dem alttestamentlichen Glauben kamen, war es sofort ganz deutlich, was das meint. Sie wussten, welche Aufgabe das Priestertum hatte und sie kannten den Zusammenhang von dem priesterlichen Handeln in der Umgebung vom Allerheiligsten, dem Vorhang, dem Gnadenthron und allen andern Einrichtungen des Tempels. Für uns heutige Menschen ist das zunächst ein Umweg, weil wir uns die Bedeutung dieser Dinge erst einmal klar machen müssen. Aber es ist ein lohnender Umweg, weil wir so das Heilswerk unseres Herrn einmal auf eine ganz andere Weise kennen lernen können. Dazu müssen wir uns erst einmal ansehen, was der Dienst der Priester bedeutete. Das lateinische Wort für Priester heißt pontifex, was auf deutsch “Brückenbauer” heißt. Das zeigt die Aufgabe des priesterlichen Dienstes an. Er soll eine Brücke zu Gott bauen, durch die die Verbindung zwischen Mensch und Gott hergestellt wird. Dazu muss ein Priester Opfer bringen und damit fürbittend bei Gott für die Menschen eintreten. Das Priesteramt ist also ein Amt, das für andere bei Gott eintritt durch Opfer, durch Vermittlung und durch Fürbitte. Die Aufgabe der Priester wird am deutlichsten an dem, was am großen Versöhnungstag im Tempel von Jerusalem geschah. Er war die Zusammenfassung und der Höhepunkt alles priesterlichen Handelns, das durch das ganze Jahr hindurch geschah. An diesem Tag stand der Hohepriester mit dem ganzen Volk vor Gott und bat um Vergebung der Sündenlast des ganzen vergangenen Jahres. Dann drückte der Hohepriester seine Hände auf das Opfertier und übertrug damit sinnbildlich die ganz Schuld auf dieses Tier. Es sollte die Schuld tragen, wegtragen und tilgen. Dann wurde das Tier geopfert und der Hohepriester trug die Schale mit dem Opferblut in das Allerheiligste des Tempels. Das war der Raum, in dem die Bundeslade stand als der Gnadenthron der unsichtbaren Gegenwart Gottes. Das Allerheiligste war vom Heiligen, in dem die täglichen Opfer stattfanden, durch einen Vorhang getrennt. Der große Versöhnungstag war der einzige Tag, an dem der Hohepriester den Vorhang durchschreiten und das Allerheiligste betreten durfte. Er war auch die einzige Person, die dort hineingehen durfte. Einmal im Jahr trat er vor den Gnadenthron und sprengte zur Versöhnung des ganzen Volkes mit Gott das Blut des Opfertieres auf den goldenen Deckel der Bundeslade. Das war der Höhepunkt des Priestertums. Und doch war es nur ein Schattenbild von dem eigentlichen Hohenpriestertum, das erst mit dem Herrn Christus gekommen ist. Auch der alttestamentliche Opferdienst war von Gott so 1 angeordnet und befohlen, damit er den Menschen ihre Sünden vergeben konnte. Aber er war nur eine Übergangsregelung und Notlösung bis der eigentliche Hohepriester kam, den Gott zur Versöhnung für alle Menschen mit ihm eingesetzt hat. Das ist sein eingeborener Sohn, der Mensch geworden ist, um uns endgültig mit Gott zu versöhnen. Der Herr Christus ist der eigentliche Hohepriester. Alle anderen Hohenpriester waren nur unvollkommene Vorläufer, die wie ein Schatten vor dem einzigen und wirklichen Hohenpriester gekommen sind. Sie konnten nur das Blut von Tieren zum Opferbringen und ihre Opfer mußten immer wiederholt und aufs neue gebracht werden. Der Herr Christus aber hat die Sünden von uns Menschen nicht durch das Blut von Tieren, sondern durch sein eigenes Blut gesühnt. Er ist auch nicht nur wie der Hohepriester im Tempel feierlich durch den Vorraum des Heiligen und dann durch den Vorhang hindurch ins Allerheiligste geschritten, sondern er hat den Himmel durchschritten und damit die Zone, die die Welt bisher von Gott getrennt hat und die niemand betreten konnte, auch kein irdischer Hoherpriester. Der Herr Christus hat sein Opfer nicht in einem irdischen Tempel gebracht, sondern ist direkt vor Gottes Thron getreten und hat dort sein Amt der Versöhnung ausgeführt. Ja, er führt es noch immer weiter aus, indem er ununterbrochen für uns bittet und eintritt. Durch ihn haben wir Zugang zu Gott, der uns sonst durch die Sünde versperrt war. Durch ihn dürfen wir zu Gott kommen und ihm alles sagen und ihn alles bitten. Im Alten Bund war der Gnadenthron durch einen Vorhang verdeckt und versperrt und niemand außer dem Hohenpriester hatte dort Zutritt, und auch dieser nur einmal im Jahr. Vor der vernichtenden Heiligkeit Gott muss jedem, der sich ihm naht, der Atem stehen bleiben. Aber für die Jünger des Herrn Christus ist der Vorhang zerrissen. Der Weg zu Gott ist frei und wir dürfen zu ihm kommen wie die lieben Kinder zu ihrem lieben Vater. So hat unser Heiland das Opfer gebracht, das allein den Frieden zwischen Gott und uns schaffen kann. Sein Opfer ist wirklich verlässlich und braucht nicht wiederholt zu werden. Es ist ein für alle mal gültig. Deshalb steht das Priestertum des Herrn Christus nicht nur so viel höher als das im Tempel von Jerusalem, sondern ist die alleinige Versöhnung mit Gott. Wenn wir von dem Herrn Christus als dem großen Hohenpriester hören, der den Himmel durchschritten hat und direkt vor Gottes Thron getreten ist, dann ergibt sich dabei eine für uns ganz wichtige Frage, nämlich ob diese gewaltige Überlegenheit über jeden irdischen Hohenpriester, diese unvorstellbare Hoheit und Erhabenheit in der direkten Verbindung mit Gott denn nicht mit sich bringt, dass wir keinen Zugang und keine Verbindung mehr mit dem Herrn Christus haben. Müssen wir nicht befürchten, den Kontakt mit ihm zu verlieren, wenn er in solcher Höhe vor uns steht? Nein, es ist nicht so, sagt der Hebräerbrief. Er will uns gerade dessen versichern, dass wir keine Befürchtungen in dieser Hinsicht zu haben brauchen. Denn derselbe Herr Christus, der uns in aller seiner Erhabenheit vor Augen gestellt wird, wird uns zugleich als derjenige beschrieben, der sich uns Menschen gleich gemacht hat. Er ist unser Bruder geworden und in allem seinen Brüdern gleich (Hebr.2,17). Er ist uns sogar soweit gleich geworden, dass er denselben Versuchungen ausgesetzt war wie wir. "Wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte mit leiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir", sagt unser Text. Und einige Verse weiter heißt es: "Er hat in den Tagen seines irdischen Lebens Bitten und Flehen mit 2 lautem Schreien und mit Tränen dem dargebracht, der ihn vom Tod erretten konnte.... So hat er, obwohl er Gottes Sohn war, doch an dem, was er litt, Gehorsam gelernt." Das ist für uns von großer Wichtigkeit und von großem Trost. Denn nun wissen wir, dass wir uns wirklich an ihm festhalten können. Er versteht uns trotz seiner Erhabenheit sehr gut. Er weiß, was es heißt, ein schwacher Mensch zu sein. Denn er hat ja Fleisch und Blut angenommen und war allen Versuchungen ausgesetzt, denen auch wir ausgesetzt sind, wenn auch mit dem Unterschied, dass er dabei ohne Sünde blieb. Aber er weiß, wie es ist, wenn Anfechtung und unsere Schwachheit uns zu schaffen machen. Wir brauchen uns, wenn er uns gut zureden möchte, nicht von ihm abwenden, weil er ja doch nicht in unserer Lage ist und nicht weiß, was täglich von außen und innen auf uns eindringt und nicht den unsichtbaren Feind kennt, mit dem wir uns herumschlagen müssen. Keine Sorge! Er kennt unseren Feind und er kennt unsere Lage! Wir brauchen nur an das heutige Evangelium von seiner Versuchung durch den Teufel zu denken. Der wollte ihn damit verführen, dass er ihm einredete: 'Geh deinen eigenen Weg. Lass dir nicht immer alles von Gott vorschreiben. Gebrauche die Fähigkeiten, die du hast, für dich selbst und tue, was dir selber gefällt. Du hast Hunger? Dann sprich doch nur ein Wort, und er ist weg. Ergreife selber die Initiative anstatt dich immer an die Gebote zu halten. Mach dich bei den Menschen beliebt: Springe vom Tempel und beweise ihnen durch ein Wunder, wer du bist. Gib ihnen Brot und sie machen dich zum König. Die halbe Welt soll dir gehören, wenn du mich anbetest.' Die Versuchungen in der Wüste waren nicht die einzigen. Durch Petrus hat der Teufel dem Herrn Christus gesagt: 'Gott hat das Kreuz für dich bestimmt? Das geschehe dir nur nicht! Such dir einen leichteren Weg. Geh den Weg der Macht!' Und im Garten Gethsemane hieß die Versuchung: 'Du wirst doch deinen Mördern nicht in die Hände laufen. Du brauchst nur ein paar Schritte den Ölberg hinauf gehen und du bist in der Dunkelheit untergetaucht.' Ja, die Versuchungen blieben bis zum letzten Augenblick am Kreuz, wo sie noch einmal ganz gefährlich hießen: "Bist du Gottes Sohn, so steig herab vom Kreuz". So ist er versucht und vom Teufel angegriffen worden. Um unsertwillen hat er sich nichts erspart. Aber er ist dabei stark geblieben. An ihm ist der Versucher abgeprallt. Der Gehorsam zum Vater war ihm wichtiger als seine eigene Selbstverwirklichung. Ihm sei es gelobt, denn sonst wäre unsere Erlösung nicht geschehen. Wir wollen an dieser Stelle auch einmal darüber nachdenken, wie es denn mit unserem Widerstand gegen die Versuchungen und Anfechtungen in unserem Leben steht. Wir wissen, dass wir als Gottes Kinder in einem neuen Leben stehen. Wir stehen nicht mehr unter dem Zwang, sündigen zu müssen. Aber ist uns der Gehorsam gegenüber Gott wirklich wichtiger als das, was wir uns wünschen, vornehmen und wollen? Nehmen wir Gottes Wege mit uns im Vertrauen auf seine richtige Führung gerne an, oder wollen wir uns unsere eigenen Wege bahnen - notfalls auch ohne ihn? Deshalb ist es ein heilsamer Zustand, wenn wir angefochten werden. Bequemer wird unser Leben dadurch zwar nicht, aber wir kommen auf diese Weise näher zu dem einen Seelsorger, der unser Bruder geworden ist, und der uns deshalb in allen Nöten helfen kann, weil ihm nichts in unserem Leben fremd ist. Er kann und will uns selbst in der letzten Anfechtung helfen, die uns noch bevorsteht und auf die wir ohne Zweifel zugegen. Das ist unsere Verantwortung vor Gott im jüngsten Gericht. 3 Auch und gerade dort wird er zur Stelle sein und für uns einstehen, weil er unser Bruder und Hoherpriester ist. So finden wir unsere Zuversicht und unseren Trost in der Tatsache, dass wir bei unserem Herrn beides finden: Seine Sündlosigkeit, die seinen hoherpriesterlichen Dienst zu unserer Versöhnung bei Gott möglich und wirksam macht, und seine Versuchlichkeit, mit der er sich wirklich in unsere Lage hineinversetzen kann. Oder, um es mit den Worten des Hebräerbriefes zu sagen: Unser Heil liegt darin begründet, dass der Herr Christus unser Bruder geworden ist in der Anfechtung und als dieser unser Bruder zugleich der Hohepriester ist, der uns mit Gott versöhnt hat indem er sich selbst für uns geopfert hat und nun fürbittend für uns eintritt. Dadurch ist er zu der Brücke zwischen Gott und uns geworden, die uns allein zu Gott bringen kann. Und wir dürfen kommen und uns ganz und gar darauf verlassen, dass diese Brücke hält und uns trägt. Unser Herr wird uns tragen mit aller Last der Sünde und über alle Tiefen unseres Lebens, denn er hat bei Gott die Versöhnung für uns bewirkt. Das macht es uns leicht, auch der Aufforderung unseres Textes zu folgen: "Darum lasst uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade." Der Thron der Gnade steht nicht mehr im Allerheiligsten des Tempels in Jerusalem. Er ist uns viel näher gekommen und steht mitten unter uns. Unser Altar wird es dadurch, dass unser Herr im Sakrament leibhaftig anwesend ist. Hier wird uns alles angeboten und gereicht, was der wahre Hohepriester für uns getan hat. Hier bekommen wir seinen für uns in den Tod gegebenen wahren Leib und sein für uns vergossenes wahres Blut und damit Vergebung der Sünden und das ewige Leben. Vor diesem neuen Gnadenstuhl gibt es keinen Vorhang mehr, der uns von der Gemeinschaft mit Gott zurückhält und trennt. Der Zugang zu ihm ist frei und wir sind herzlich eingeladen, vor ihn zu treten, "damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wen wir Hilfe nötig haben." Lasst uns darum dieser Einladung immer wieder gern folgen und uns die Versöhnung mit Gott von unserem Herrn reichen und schenken lassen. Sein Heil bekommen wir nirgendwo anders. Amen Herr Jesus Christus, du bist der große Hohepriester, der den Himmel durchschritten und das ein-für-alle-Mal gültige Opfer für uns gebracht hast durch deinen Tod am Kreuz. Wir sagen dir von Herzen Lob und Dank für deinen Kampf gegen den Teufel und seine Versuchung, für deinen Sieg über Sünde und Tod und dafür, dass wir durch dich Zutritt haben zu dem Thron der Gnade und dort Barmherzigkeit empfangen alle Tage unseres Lebens. Hilf uns durch deine Barmherzigkeit in aller unserer Not und Schuld. Bleibe unser Fürsprecher und hilf uns in dein ewiges Reich. Dir sei Ehre in Ewigkeit. Amen Peter Ahlers 21. Febr. 2010 4