726_757.qxd 748 26.10.2006 14:19 Uhr Seite 748 MET H ODE N & AN WE N DU NGEN Biomarker Analyse von klinischen Biomarkern durch LC-MALDI basierte Top-Down Proteomics SVEN BRAND, MARKUS MEYER, RALF KETTERLINUS UND DETLEV SUCKAU BRUKER DALTONIK GMBH, BREMEN Das Auffinden von neuen Biomarkern in der klinischen Proteomik befindet sich im Spannungsfeld zweier Versuchsansätze, die bei ihrer Kombination maximalen Erfolg bieten können: Erstens, das Hochdurchsatzscreening klinischer Proben wie Serum, Plasma, Zell Lysate oder Urin mit dem Ziel eine statistisch ausreichende Probenanzahl zu untersuchen, die mit der Detektion signifikanter Markerkandidaten abschließt. Zweitens, tiefergehende Analysetechniken zielen darauf ab möglichst viele Proteine aus wenigen biologischen Proben zu identifizieren. Das richtige Werkzeug ist der Schlüssel zum Erfolg Das Ziel der vorliegenden Machbarkeitsstudie war es, mit Hilfe neuester technologischer Entwicklungen die effektive Kombination beider Ansätze zu evaluieren: Screening und Charakterisierung von Biomarkerkandidaten in komplexen Proteomen. Wir stellen im Folgenden eine Kombination von Techniken vor, die sowohl eine hohe Trennleistung, als auch eine reproduzierbare, automatisierbare und rasche Analyse von intakten Peptiden bzw. Proteinen aus komplexen Proben ermöglicht. Im Gegensatz zur „Bottom-Up“ Analytik bei der zunächst das Proteingemisch mit Trypsin in kleine Peptide verdaut wird, bietet der hier verwendete „TopDown“ Ansatz, der auf einen derartigen proteolytischen Schritt bewusst verzichtet, Informationen über intakte Peptid/Proteinmassen ˚ Abb. 1: LC-MALDI Profil (SurveyView) einer WCX Serum Fraktion. Im Extracted Ion Chromatogram (rechts) ist deutlich die Auftrennung von Komponenten gleicher Masse zu erkennen. zur Klärung biologischer Zusammenhänge. Dabei kann es sich z. B. um Degradationsprodukte, proteolytische Prozessierung oder posttranslationale Modifikationen handeln, die bei der Biomarkercharakterisierung eine wichtige Rolle spielen und die nur mit dem Top-Down Verfahren unterschieden werden können. Screening: Hochsensitives ProteomProfiling In einem ersten Schritt werden typische Proben wie z. B. Serum oder Plasma mit Hilfe der etablierten CLINPROT™ Beads vorfraktioniert[1, 2]. Hier werden funktionalisierte magnetische Nanopartikel wie z. B. Anionenoder Kationenaustauscher, IMAC oder hydrophobe Interaktionschromatographie (HIC) automatisiert und reproduzierbar eingesetzt. Durch HPLC Separation der vorfraktionierten Proben werden Proteomprofile erzeugt, welche auch die Detektion von niedriger-abundanten Proteinen und Peptiden erlauben als dies ohne LC Separation möglich wäre. Zudem können durch die chromatographische Dimension Komponenten mit identischer oder sehr ähnlicher Masse unterschieden werden. Neben der Vorfraktionierung ist auch die LC-MALDI Fraktionierung[3] vollständig automatisiert: Ein Fraktionensammler setzt Fraktionen des HPLC-Eluats präzise auf einem MALDI Probenträger für die anschließende Messung im autoflex MALDI-TOF Massenspektrometer ab. Dabei kommt ein neu entwickelter MALDI Probenträger zum Einsatz: Der Prespotted AnchorChip™ (PAC) bietet neben vor-gespotteten Kalibrationspunkten fertig gespottete Matrixpositionen für den MALDI-Prozess. Dies garantiert ein hohes Maß an Reproduzierbarkeit, da Klimaeinflüsse auf die MALDI Probenpräparation ausgeschlossen werden, vermeidet jegliche Art von Memory Effekt und ist zudem mit den gespotteten Proben archivierbar – also ideal zur späteren Nachmessung geeignet. Nach der Aufnahme von linearen Massenspektren (bis ca. 15.000 Da) werden die Daten zunächst in der WARP-LC™ Software visuaBIOspektrum | 07.06 | 12. Jahrgang 726_757.qxd 26.10.2006 14:19 Uhr Seite 749 ˚ Abb. 2: Hauptkomponenten Analyse (PCA) multipler LC-MALDI Profile zur Differenzierung von Markergruppen und Detektion der dafür zuständigen Komponenten. lisiert. Der hier zum Einsatz kommende „SurveyViewer“ erlaubt die übersichtliche Begutachtung von kompletten chromatographischen MS Peak-Mustern zusammen mit dem selektierten MS Spektrum einer einzelnen Fraktion einerseits und dem EIC (Extracted Ion Chromatogram) einer selektierten Masse andererseits. Nach Übergabe vieler derartiger LCMALDI Datensätze von Kontroll und beispielsweise Patientenproben an die ProfileAnalysis™ Software werden Hauptkomponenten Analysen (PCA: Principal Components Analysis) durchgeführt, um jene Komponenten der Spektren zu detektieren, welche zur Unterscheidbarkeit der Gruppen beitragen. ID: Identifizierung von MarkerKandidaten Die kombinierte Reduktion der Probenkomplexität mittels Vorfraktionierung durch Magnetische Partikel und HPLC Separation ermöglicht nun den Zugang zur Identifizierung von Biomarkern im TOF/TOF Modus des autoflex. Da die ProBIOspektrum | 07.06 | 12. Jahrgang ben sich bereits von der ersten Messung auf dem MALDI-Probenträger befinden, kann hier ohne weitere Probenpräparation und ohne Wiederholung der LC-Auftrennung eine MS/MS Analyse zur Marker-Identifizierung erfolgen. Sollte das Peptid zu groß sein, kann direkt auf dem Probenträger ein TrypsinVerdau durchgeführt und daraufhin eine MS und MS/MS Identifizierung durchgeführt werden. Das Experiment Zum Nachweis der prinzipiellen Leistungsfähigkeit des Systems wurden humane Seren mit geringen Mengen von Peptiden versetzt, die vom System als Marker im Vergleich zur nicht-gespikten Kontrollgruppe zu detektieren waren. Nach Marker-Detektion sollten diese Peptide direkt identifiziert werden. Eingesetzt wurden: 25 fmol ACTH [117], 50 fmol ACTH [18–39] und 75 fmol ACTH [7-3] (finale Menge auf der Säule). Es wurden je 20 Seren dieser Marker Gruppe und 20 Seren einer ungespikten Kontrollgruppe verwendet. 726_757.qxd 750 26.10.2006 14:19 Uhr Seite 750 MET H ODE N & AN WE N DU NGEN erkennung herangezogen werden können, ist mitunter die MS/MS Analyse von nur sehr wenigen Peptiden aus einzelnen archivierten LC Trennungen völlig ausreichend, um die relevanten Markerkandidaten zu identifizieren. Auch ist in diesem Ansatz die vorherige Identifizierung nicht die Grundlage für die Eignung eines Peptids als Biomarker. Die LC-MALDI Top-Down Analyse ist somit auf dem besten Weg ein Standard in der klinischen Proteomik zu werden. Literatur ˚ Abb. 3: Direkte Identifizierung der detektierten Marker auf achivierten PAC Targets mittels MALDI-TOF/TOF. Proben-Vorfraktionierung und HPLC Separation Serumproben (5 μl) wurden zunächst mit Hilfe von funktionalisierten magnetischen Partikeln (MB-WCX Kit, Bruker Daltonik) fraktioniert. Durch Wahl der entsprechenden Funktionalität der magnetischen Partikel ließ sich das Startmaterial und damit das Subproteom für die spätere Analyse weiter variieren. Die anschließende Separation der Eluate erfolgte auf einem CapLC System (Agilent 1200, 2 μl/min) mit einem 20 min Gradienten (5–45 % Acetonitril). Dabei wurde eine monolithische Säule (Dionex, PS-DVB, 200 μm iD) verwendet. Fraktionen des LC-Laufs wurden alle 16 sec auf PAC Probenträger aufgetragen. MALDI-MS und Datenauswertung Für die Datenaufnahme wurde ein autoflex III smartbeam™ MALDI-TOF/TOF Massenspektrometer mit 200 Hz Laserfrequenz im Linearmodus (m/z 1000–12000) eingesetzt. Dabei konnten im Profil jeder Probe ca. 1700 unterschiedliche Komponenten detektiert werden (Abb. 1), eine Trennleistung vergleichbar der 2D Gelelektrophorese. Die Profile wurden anschließend mit Hilfe unüberwachter multivariater Verfahren (PCA) ausgewertet (Abb. 2). Dabei ergab sich eine eindeutige Unterscheidung in die gespikte und die ungespikte Gruppe. Zudem wurden die entsprechenden gespikten Substanzen als die Komponenten detektiert, die für die Differenzierung verantwortlich sind. Diese Peptide konnten abschließend direkt mit MS/MS auf den archivierten PAC Targets eindeutig identifiziert werden, eine Wiederholung der LC war nicht notwendig (Abb. 3). [1] Ketterlinus et al. (2005): Fishing for biomarkers: analyzing mass spectrometry data with the new ClinProTools™ software. BioTechniques 38: S37–S40, [2] Elssner et al., Probenaufbereitung für MALDI-TOF MS mit Hilfe von magnetischen Mikropartikeln. BIOspektrum 3/05 [3] Brand et al., Protein profiling and identification in complex biological samples using LC-MALDI. DrugPlus international; September 2005 1 2 3 Korrespondenzadresse: Sven Brand1 Markus Meyer2 Detlev Suckau3 Bruker Daltonik GmbH Fahrenheitstraße 4 D-28359 Bremen Tel.: 0421-22050 [email protected] www.bdal.de Fazit: LC-MALDI verkleinert die Lücke zwischen Screening und Identifikation von Biomarkern Die LC-MALDI Analyse von vorfraktionierten Seren erlaubt die Detektion auch von vielen Peptiden/kleinen Proteinen in komplexen Proben. Durch die chromatographische Dimension kann zwischen Komponenten mit identischer oder sehr ähnlicher Masse unterschieden werden. Die Top-Down Analyse liefert zudem den für die Biomarkersuche essenziellen Zugang zur intakten Peptid/Proteinmasse und gewährt damit auch Zugang zu Informationen über mögliche Degradationsprodukte (Apoptose) und posttranslationale Modifikationen wie z. B. Proteinglycosylierung. Mit Hilfe der speziellen PAC MALDI Probenträgern können LC-Profile monatelang archiviert werden – die Identifizierung eines Markers ist somit zeitlich unkritisch und erfordert keine neue LC Separation. Bei kleineren Komponenten (< 4,5 kDa) kann die Identifizierung direkt durch MS/MS erfolgen, während größere Komponenten direkt auf dem PAC-target – in situ – tryptisch verdaut werden. Das vorgestellte System ermöglicht so einen non-redundanten Zugang zur Identifizierung von Biomarker-Kandidaten. Während selbst hunderte von Profilen mit vielen Tausenden von Komponenten statistisch zur Biomarker- BIOspektrum | 07.06 | 12. Jahrgang