Im Rahmen des in der Landeskirche von der Synode angeregten Gesprächsprozesses zum Schrift- und Kirchenverständnis wurden in den Schwesterkirchen Großhartmannsdorf, Langenau, Mulda-Helbigsdorf und Zethau drei Gemeindeabende zu folgenden Themen durchgeführt: „Das Schriftverständnis Martin Luthers“ „Die Schrift als ,einig Richter, Regel und Richtschnur’ – Das Schriftprinzip in der Luth. Orthodoxie“ und „Die historisch-kritische Bibelauslegung – Hilfe oder Hindernis zum Glauben?“ Nach den Vorträgen und in Auswertung der anschließenden Gespräche können wir für uns Folgendes festhalten: Vorbemerkung Es gibt im Blick auf die Bibel und die darin enthaltene Botschaft von Jesus Christus mehrere Denk-, Verstehens- und Glaubensmöglichkeiten. Das zeigt sich nicht zuletzt an den unterschiedlichen christlichen Konfessionen. Was uns als Gemeinden innerhalb der Landeskirche eint, uns als Landeskirche im weiteren Blick jedoch auch erkennbar macht, ist unser evangelisch-lutherisches Bekenntnis. Zum Schriftverständnis So stehen wir als Schwesterkirchgemeinden innerhalb der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens auf, unter und im Evangelium von Jesus Christus, wie es in der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testamentes gegeben ist. Die Heilige Schrift ist für uns letzte verbindliche Autorität und normierende Norm, auch zur Beurteilung von Lehren. Darüber hinaus sind für uns als Richtweiser und normierte Norm die Bekenntnisschriften unserer evangelisch-lutherischen Kirche (die drei altkirchlichen Symbole, die unveränderte Augsburgische Konfession von 1530, die Apologie, die Schmalkaldischen Artikeln, die Katechismen Martin Luthers und die Konkordienformel) verbindlich – auch in dem Sinne, dass die Einigkeit darüber uns „verbindet“.1 Die Bibel ist für uns Gottes Wort und damit Heilige Schrift und steht nicht zur menschlichen Disposition. Die Menschen, welche die biblischen Bücher verfasst haben, waren getrieben von Gottes Geist. Auch in der Entstehungsgeschichte, insbesondere der Kanonisierung, sowie im Erhalt der Bibel bis heute sehen wir Gottes Wirken. Das glauben und bekennen wir zusammen mit unserer evangelisch-lutherischen Kirche. Alle Schriftauslegung, auch die so genannte historisch-kritische Methode, ist nützlich, sofern sie tiefer in das Verständnis der Heiligen Schrift hineinführt. Alle wissenschaftlichen Methoden finden jedoch wegen ihrer Abhängigkeit vom menschlichen Verstand ihre Begrenzung und führen nicht zu der nur glaubensmäßig zu erfassenden Heiligkeit und Lebendigkeit des Gotteswortes hin. 1 siehe auch: Präambel zur Verfassung der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsen; Konkordienformel, Von dem summarischen Begriff; sowie Lehrordnung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands 1 Wir halten also fest daran, dass bei unterschiedlichen Auffassungen die Heilige Schrift nur durch sich selbst ausgelegt werden kann, dass die Heilige Schrift „ der einige Richter, Regel und Richtschnur“2 ist. Deshalb muss sich alle Auslegung daran messen lassen, wie weit sie tatsächlich durch die Heilige Schrift selbst begründet ist oder ob andere Faktoren, wie z. B. gesellschaftliche Entwicklungen, geänderte ethische Sichtweisen oder so genannte wissenschaftliche Erkenntnisse die Auslegung maßgeblich bestimmt haben. Das in der Heiligen Schrift gegebene Evangelium sehen wir in Übereinstimmung mit dem Bekenntnis unsere Landeskirche als Einheit aus zwei untrennbaren Bestandteilen: Das sind die Erkenntnis der Sünde, dass wir Gottes Anforderungen nicht gerecht werden und die Reue darüber (Buße) und die tröstende Botschaft, dass „Christus alle Sünde gebüßet und bezahlet, und ihme [dem Menschen] ohn allen seinen Verdienst erlanget und erworben habe Vergebung der Sünden, Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, und das ewige Leben“ (Gnade).3 Ohne Sündenerkenntnis folgen also auch keine Buße und kein Gnadenbegehr. Aus der Wortverkündigung kommt beides: Sündenerkenntnis und Gnadenzusage. Was aus biblischer Sicht Sünde und Zurückbleiben hinter Gottes Ansprüchen ist, ergibt sich aus der Gesamtschau der Heiligen Schrift. Neben auslegungsbedürftigen Einzelregelungen sind auch grundlegende Aussagen zu finden, die sich aus eben dieser Gesamtschau unter Wahrung der Autorität der Heiligen Schrift der Diskussion entziehen. Beispiele dafür sind u.a. die Siebenteilung der Woche mit Feiertagsheiligung, das Verbot menschliches Leben zu töten, und die Gottesebenbildlichkeit in der Einheit von Mann und Frau. Die Tatsache, dass zu verschiedenen Zeiten unter unterschiedlichen Bedingungen und aus unterschiedlichen Gründen von diesen grundsätzlichen Ordnungen abgewichen wurde und abgewichen wird und davon in den Heiligen Schriften selbst auch berichtet wird, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Abweichungen Sünde sind und nicht Gottes Willen entsprechen. Jedwede Verniedlichung oder Leugnung von Sündhaftigkeit gleich welcher Art mit der Absicht, das Gewissen der Menschen nicht zu beunruhigen, führt zu einer menschgemachten Schmälerung des in der Heiligen Schrift gegebenen Evangeliums (Buße – Gnade). Zum Kirchenverständnis Die Einheitlichkeit (oder: innere Einheit) der Landeskirche ergibt sich daraus und muss sich daran messen lassen, dass deren einzelne Glieder sich auf die in der Präambel der Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche formulierten Grundlagen als kleinsten gemeinsamen Nenner stellen. Als Vertreter der Teilnehmer/innen an den Gemeindeabenden Jörg Beukert, Gerd Dalke, Uwe Lotze, Gunter Thiele, Pfr. Denny Wermann, Pfr. Daniel Wüst 2 3 Konkordienformel, Von dem summarischen Begriff siehe auch: Konkordienformel, V. Vom Gesetz und Evangelio 2