Auswirkungen der Rollenflexibilität in den beruflichen und privaten Wirkungsbereichen von Frauen und Männern. – Geschlechter- und familiensoziologische Hypothesen Brigitta Kreß, balancing consult Die Hypothesen 1. 2. 3. 4. „Der Dritte im Bunde“ – Männliche Erzieher als Vaterersatz: Systemische, familiensoziologische Funktionsverschiebungen im Blick behalten. Frauenkulturen – Männerkulturen – Multikulturen. Kinder lernen mehrdimensionale Beziehungsstrukturen leben. Techniken der Frauenförderung taugen auch zur Männerförderung. Vorteile und Grenzen im Vergleich. Männer lernen von Männern. – Männliche Pädagogen als Vorbilder und Multiplikatoren in der Fortbildung. Wie steht es mit der Konkurrenz? www.balancing-consult.de 2 Hypothese 1 „Der Dritte im Bunde“ männliche Erzieher als Vaterersatz: Systemische, familiensoziologische Funktionsverschiebungen im Blick behalten. www.balancing-consult.de 3 Die Lebensziele vieler Männer verändern sich n Das Ideal: Stabile Paarbeziehung mit Kindern streben 87 % der Männer an. n Vertrauen und Liebe sind die wichtigsten gewünschten Eigenschaften. n Moderne und balancierende Männer nähern sich in der Praxis bei Art und Ausmaß des Umgangs mit den Kindern den statistischen Werten der Frauen an. (Quelle: Volz/Zulehner,08) www.balancing-consult.de 4 Der „Dritte im Bunde“ n Väter spielen eine bedeutende Rolle bei der n n n n Entwicklung der Affektregulierung des Kindes. Für die Kinder gibt es nicht nur ein „Mehr“ sondern ein „Anders“ im Spiel. Väter sind zuständig für das erlernen von Regeln und Systemen. Väter haben und zeigen Zutrauen in die Fähigkeiten des Kindes. u. v. m. (Quelle: Dammasch) www.balancing-consult.de 5 Männer auf der Suche – die beiden Seiten einer Medaille n Lebensziele und Verantwortungsbewusstsein von Männern bewegen sich mehr ins Innere der Familie. n Der Vater verlässt seine Funktion als alleiniger Familienernährer und wird immer häufiger Beziehungsarbeiter. n Frauenarbeit wird anerkannt und Partnerschaft wird auf Augenhöhe gelebt. n Angst vor Identitätsverlust bewirkt eine Aufwertung konservativer Männlichkeitswerte. n Die Abgrenzung zur „Frauenwelt“ wird überbetont und durch deren Abwertung verstärkt. n Jede Flexibilisierung der Geschlechtsrollen wird mit sozialen und psychologischen Ressentiments bestraft. www.balancing-consult.de 6 Familiensoziologisches Phänomen: n Aufhebung der Trennung von Produktions- und Reproduktionssphäre und den zugeordneten Geschlechtsrollen. n Neue Partnerschaftskonzepte und neue Aufgabenverteilung: ˜ Notwendigkeit ˜ Kompetenz Der Arbeit ist es egal, von wem sie verrichtet wird. ˜ Neigung www.balancing-consult.de 7 Der neue Pragmatismus: n Entidealisierung von Familie n Chance: Familie wird nicht mehr politisch missbraucht. n Säkularisierung von Familie und Staat n Mehr Demokratie und Vielfalt, denn Familie wird gefördert, egal, wie sie konstruiert ist. www.balancing-consult.de 8 Funktionsverschiebungen durch das Sichtbarwerden der Männer n Die pädagogische Einrichtung kann erst jetzt für Kinder ein beinahe vollständiges Abbild seiner Familienkonstellation abgeben. n Die Einrichtung mit ihren Mitarbeitenden übernimmt nicht nur ergänzende, sondern auch korrigierende und stabilisierene Funktionen. n Sie fängt nicht nur die Kinder, sondern oft auch die Eltern auf. n Die Kita ist „Der Zweite im Bunde“. www.balancing-consult.de 9 Die Berufswelt ist „Die Dritte im Bunde“ Erst durch den Eintritt der Väter und Erzieher in die inneren Lebenswelten der Familien, werden die Einrichtungen zum stabilen ökonomischen Faktor für alle Familienformen. Zuhause der Familie www.balancing-consult.de Arbeitsplätze der Eltern Kita und Schule als Bildungseinrichtungen 10 Hypothese 2 Frauenkulturen – Männerkulturen Multikulturen. Kinder lernen mehrdimensionale Beziehungsstrukturen leben. www.balancing-consult.de 11 Die Geschlechtszugehörigkeit ist eine Konstante n Das Geschlecht ist ein globales STRUKTURELEMENT in der menschlichen Entwicklung. n Es differenziert alle Eigenschaften in weibliche und männliche Lebenswelten. n Die Ausprägung und Deutung wird von den jeweiligen Kulturen vorgenommen www.balancing-consult.de 12 Gender als Schlüssel n n n n n Jedes Kind erlebt als eine der ersten Prägungen, dass es noch ein anderes Geschlecht gibt, außer dem eigenen. Die Art des Umgangs mit diesem Andersartigen, lernt das Kind u. a. durch seine soziale Umgebung. Es überträgt diese Art auch auf anderes Fremde und neue Gruppen. Hier werden erste Eindrücke, Erfahrungen und auch (Vor-) Urteile geformt. Dies hilft, den eigenen Platz in der Vielzahl von Besonderheiten zu finden. (Quelle: B. Stiegler) www.balancing-consult.de 13 Kulturen auf Augenhöhe leben n Frauenkultur und Männerkultur leben, ohne gegenseitige Abwertung. n Ihre Grenzen überschreiten dürfen. n Fremdartigkeit mit Neugier begegnen. www.balancing-consult.de 14 Identitätsbildung ohne Angst n Achtung! Nicht alles neutralisieren, vermischen, gleichgültig oder beliebig werden lassen. Sondern: n Die Kleinteiligkeit und Vielfalt der menschlichen Eigenschaften in der jeweiligen Besonderheit betrachten. n So kann auch die eigene Identität, der eigene Platz gefunden werden, ohne Abwertung des Andersartigen. Dies ist die Grundlage für: KULTURELLE KOMPETENZ www.balancing-consult.de 15 Was es braucht? n Das dichotome Denken „Sowohl als auch“. n Mit Gegensätzen, Gleichzeitigkeiten und offenen Fragen umgehen können (Ambiguitätstoleranz). ˜ Wissen, dass man nichts wirklich weiß. ˜ Eigene Grenzen überschreiten, indem man sich einlässt auf neues Denken. (Quellen: Schulz von Thun, Prömper)) www.balancing-consult.de 16 Kulturelle Kompetenz Im Zentrum der Betrachtung steht das Individuum. www.balancing-consult.de 17 Hypothese 3 Techniken der Frauenförderung taugen auch zur Männerförderung. Vorteile und Grenzen im Vergleich. www.balancing-consult.de 18 Frauenförderung – Männerförderung - Kommt es Ihnen bekannt vor? - n In der Wirtschaft: ˜ In den Führungsetagen der Wirtschaft fördern zu wenige Männer qualifizierte Frauen. ˜ Die Frauenbewegung bedauert die geringe Solidarität der Männer. ˜ Viele Männer fürchten Macht und Privilegien abgeben zu müssen. ˜ Konservative Männer verteidigen ihre frauenfeindlichen Männerkulturen. ˜ Frauen müssen sich an Männerwerten und in Männerstrukturen messen lassen. ˜ Typische Frauenarbeit gilt als minderwertig, deshalb wird sie geringer bezahlt. www.balancing-consult.de 19 Männerförderung – Frauenförderung - Zwischen Klischee und Wirklichkeit - n In den Kitas: ˜ Männliche Kollegen sind keine Konkurrenz, sondern eher Bereicherung. ˜ Männer wertschätzen die Frauenarbeit indem sie selbst diesen Beruf ausüben. ˜ Männer zeigen, dass es eine männliche Form der Fürsorge und Beziehungsarbeit gibt. ˜ Männer zeigen sich als Lernende und sind offen für Gespräche, Beziehungen, Gefühle. www.balancing-consult.de 20 Maßnahmen der Wirtschaft n n n n n n n n n n n n n Führungskräftefortbildung Empowerment -Seminare Girls –Day, PR in Schulen Stellenausschreibungen Individuelle Auswahlgespräche Betriebliche Frauenbeauftragte Betriebsvereinbarungen Vereinbarkeitsangebote Patenschaften Mentoring Coaching Netzwerke Interne Quotenregelung mit Gehaltsangleichung www.balancing-consult.de 21 Die Übertragbarkeit Führungskräftefortbildung n Empowerment -Seminare Girls –Day, PR in Schulen n Stellenausschreibungen Individuelle Auswahlgespräche n Betriebliche Frauenbeauftragte n Betriebsvereinbarungen Vereinbarkeitsangebote n Patenschaften n Mentoring n Coaching Netzwerke n Interne Quotenregelung mit Gehaltsangleichung n Was braucht es noch? Geschlechterdialog Männerakzeptanz Frauenakzeptanz Politischer Wille Ressourcen für Projekte www.balancing-consult.de 22 Grenzen der Übertragbarkeit trotz neuer, politischer Aktionen n Die realen gesellschaftlichen Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männer (Löhne, Führung, Partizipation). n 30000 Jahre Patriarchat können kaum in 100 Jahren Frauen- und 20 Jahren Männerbewegung verändert werden. n Das Machtgefälle ist als scheinbar biologische Gegebenheit noch in den Einstellungen vieler Menschen. n Gleichwertigkeit von weiblichen und männlichen Lebenswelten ist erst am entstehen. www.balancing-consult.de 23 Hypothese 4 Männer lernen von Männern. – Männliche Pädagogen als Vorbilder und Multiplikatoren in der Fortbildung. Wie steht es mit der Konkurrenz? www.balancing-consult.de 24 Männer haben viele Was bekommen sieVorteile: dafür? n Flexible Arbeitszeiten n Unkonventionelle Lebensmöglichkeiten n Menschliche Begegnungen n Arbeiten können ohne tägliche „Fassade“ n „Männer-Bonus“ www.balancing-consult.de 25 Männer fördern Männer - oder? - Der Konflikt Argumente oder Vorurteile? ˜ Männer haben keinen „Leidensdruck“. ˜ Sie richten es sich gut ein in ihren Kitas. ˜ Die Zusammenarbeit mit den Frauen klappt prima. ˜ Die Vereinbarkeit ist gesichert. ˜ Sie genießen es, der „Hahn im Korb“ zu sein, denn ˜ wenn es mehr Männer gibt, entsteht eher Konkurrenz. Holt die Männer aus ihren Kuschelecken! www.balancing-consult.de 26 Fortbildung von Männern für Männer n Rollen- und Identitätsklärung in pädagogischen Einrichtungen: F F F F F F F F F F F F Mann Vater Kollege Therapeut Handwerker Beschützer Vaterersatz Partnerersatz Hausmeister Beichtvater Vollstrecker u. v. m. www.balancing-consult.de 27 Wer, wenn nicht Ihr? n Alte Männerwerte auf dem Prüfstand! n Der Dialog zwischen Pädagogen und Manager. n Keine Berührungsängste! Die Wirtschaftsvertreter an der runden Tisch holen! n Seht es sportlich: es geht auch um das Aushandeln von neuen Regeln. www.balancing-consult.de 28 Großbaustelle: neue Werte n Den (Geschlechter-) Dialog auch in den Entscheidungsstrukturen von Politik und Wirtschaft intensivieren: ˜ Männer als Paten, Mentoren und Multiplikatoren einsetzen. ˜ Männer und Frauen reden über Konkurrenz. ˜ Frauenarbeit als solche aufwerten. ˜ Mehr Frauen für die Männerförderung gewinnen. Die Gleichstellungspolitischen Ziele der UN, EU und BRD bieten die rechtlichen Grundlagen für den Dialog. www.balancing-consult.de 29 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Brigitta Kreß Brigitta Kreß, balancing consult, Frankfurt am Main, April 2011, www.balancing-consult.de Ergebnisse der Diskussion im Anschluss an den Vortrag: „Auswirkungen der Rollenflexibilität in den beruflichen und privaten Wirkungsbereichen von Frauen und Männern. – Geschlechter- und familiensoziologische Hypothesen“ im Rahmen der Veranstaltung: „Mehr Männer in Kitas“ am 26. März 2011 in Köln. Die Fragen und Diskussionsbeiträge kreisten inhaltlich um zwei zentrale Themen: 1. Wo stehen männliche Erzieher innerhalb des Beziehungsgeflechtes einer Einrichtung, wenn sie sich mit ihrer gesamten Rollenflexibilität einbringen möchten? 2. Wo stehen die Erzieherinnen und Erzieher, sowie die gesamte Einrichtung, innerhalb des gesellschaftlichen, politischen und internationalen Gesamtgefüges? Die Frage der eigenen Standortbestimmung auf der Mikro- sowie auf der Makroebene scheint ein allgemeines Bedürfnis zu sein, das es in regelmäßigen Abständen neu zu überprüfen gilt. Das Wissen über die weit reichenden psychosozialen, wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen der Rollenflexibilisierung der Männer innerhalb der Kitas, ist vielen Mitarbeitenden nur wenig bekannt. Bei dessen Bewusstmachung über Streuung, Auswirkung und Bedeutung innerhalb aller öffentlichen und privaten Lebensbereiche, sowie der wissenschaftlichen Disziplinen beginnt die dringend notwendige Aufwertung des Berufsstandes mit all seinen Konsequenzen. Der konkrete Vergleich von Instrumenten der Frauenförderung und deren Tauglichkeit für die Förderung von Männern im ehemaligen Frauenberuf „Erzieherin“ wurde in den Diskussionsbeiträgen mit praktischen Erfahrungen und Beispiele aus der alltäglichen Arbeit durchgeführt. Anregung für die eigene Praxis wurden mitgenommen, z. B. die Vernetzung mit Wirtschaftunternehmen. Eine systematische wissenschaftliche Überprüfung dessen, wurde als erstrebenswert angesehen. Eine rege Nachfrage im Anschluss des Vortrags und der Diskussion zeigte, dass diese beiden Themenschwerpunkte in ihrer Tiefe und Bedeutung in Fortbildungsveranstaltungen von und für Kita -Leitungen, sowie bei Trägern, Ämter, Kirchen und Ministerien noch einen großen Nachholbedarf haben. Brigitta Kreß, E-Mail: [email protected]