www. vks-kalisalz.de Heft 2/2006 Kali und Steinsalz Wörmann Probleme der Verfügbarkeit von Rohstoffen Minkley, Baumert, Mühlbauer, Geißler Sicherung von carnallitischen Abbaufeldern in der stillgelegten Grube Merkers Fangk, Herrmann Excel-Programme zur Berechnung der Analysendaten von Salzlösungen und zur Quantifizierung von Mineral­reaktionen mariner Evaporite Kummer, Zerulla Ablauf und Eigenarten der ­Wirkstoffforschung in der ­Pflanzenernährung ISSN 1614-1210 Inhalt Titelbild: Die neu eingerichtete Grubenwarte auf dem Kaliwerk Zielitz. Abstract Seite 3 Editorial Seite 4 Wörmann Probleme der Verfügbarkeit von Rohstoffen Seite 6 Impressum Seite 11 Minkley, Baumert, Mühlbauer, Geißler Sicherung von carnallitischen Abbaufeldern in der stillgelegten Grube Merkers Seite 12 Fangk, Herrrmann Excel-Programme zur Berechnung der Analysendaten von Salzlösungen und zur Quantifizierung von Mineral­reaktionen mariner Evaporite Seite 20 Kummer, Zerulla Ablauf und Eigenarten der ­Wirkstoffforschung in der ­Pflanzenernährung Seite 29 Firmennachrichten Seite 36 Personalien Seite 38­­­ Kali und Steinsalz Heft 2/2006 Abstracts Wörmann: International Markets for Raw Materials: The Challenges Ahead In recent years, raw material prices have increased enormously: according to the raw materials index published by the Hamburg Institute of International Economics [Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv, HWWA] by 67% over the last five years. These developments have considerable consequences for our economy with its resource-intensive industrial sector. There are several reasons for the radical change in the raw materials markets: First, the sharp increase in demand for raw materials in China and other newly-industrializing countries; second, existing bottlenecks and limited flexibility on the supply side; third, a number of countries on both the demand side and supply side are distorting the trade of raw materials. Raw materials supply is primarily the responsibility of industry. However, the international raw material markets are increasingly subject to political interventions. These in turn have to be addressed at the political level. German policy-makers are well advised to make a contribution towards ensuring the availability and supply of raw materials. Minkley, Mühlbauer, Baumert, ­Geißler: Re-stabilisation of Carnallitic Working Areas in the Closed Merkers Potash Mine In the Merkers potash mine those working areas which have not been dimensioned in the past in a stable way are now stabilized by inserting rock salt as stowing material. This procedure concerns predominantly such working areas which have been mined in the carnallitite of the Thuringia seam following the room-and-pillar technique. The purpose of this type of stowing is to provide a permanent stabilization of the mine layout and thus to prevent rock burst danger. This purpose is fulfilled by limiting the de-strengthening processes running in the pillars since several dozens of years. Fangk, Herrmann: EXCEL based ­Programmes for the Characterization of Brines and calculating Mineral Reactions in marine Evaporites The programme SALZLÖSUNG V2.0 is suitable for the calculation of data for the chemical characterization of brines (salt solutions). Mineral reactions caused by solution and thermal metamorphism can be calculated with the programmes REVAL V2.0 and REVAT V2.0 This is possible for the main components and the element Br. The volumes of the components which participate in these reactions can also be calculated next to their quantities. Likewise, the mineralogical composition of the natural salt-rocks can be compared with the quantities of the calculated minerals. Kummer, Zerulla: Course and ­Peculiarity of Research for Additives in Plant Nutrition As all essential plant nutrients are known, product development in plant nutrition concentrates on new forms of administration and auxiliary substances that increase the efficiency such as inhibitors to delay chemical transformation of nutrients in the soil, coating materials or chelating agents. According to the intended use, many different classes of chemicals can be beneficial: polymers for coating, specific molecules to block enzymes or nitrogen-rich insoluble compounds for slow release fertilizer. A broad chemical base is necessary to provide a sufficient number of substances for a successful development. During the screening process the most useful ones are selected: high activity, cost efficient production and harmless to human beings and the environment. In the first stage, model tests are preferable for lower costs and standardised test conditions. In the following steps efficiency and behaviour under conditions of normal use have to be evaluated. Since fertilizers and their additives are released to the environment and enter the food chain, a conscientious examination of their potential hazards is compulsory to achieve registration. Since the development in many steps depends on the growth of plants or animals, it can take six to eight years until a new product finally enters the market. Kali und Steinsalz Heft 2/2006 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, das vorliegende Heft ist der erneute Versuch, die Themenvielfalt von der Grundlagenforschung über praxisbezogene Untersuchungen und Entwicklungen bis hin zur interessenorientierten Wirtschaftspolitik zu erfassen. Der Grundlagenforschung ist der Beitrag von Fangk/Herrmann über den Einsatz von Excel-Programmen bei der Erfassung und Beurteilung von Salzlösungen in Evaporit-Ablagerungen marinen Ursprungs gewidmet. Der Bericht verdeutlicht, dass mit dem neuen EDV-gestützten Berechnungskonzept ein deutlicher Fortschritt gegenüber der bisherigen mühsamen Methode erreicht werden konnte, aus einer Vielzahl von Einzelprogrammen verlässliche Erkenntnisse und Bewertungen ableiten zu können. Dies hat für den sicheren und effizienten Betrieb von Salzbergwerken und auch von Untertage-Deponien durchaus praktische Bedeutung. Kummer/Zerulla behandeln das für die Düngemittelindustrie wichtige Thema, wie durch sog. Wirkstoffe (Zusätze ohne eigenen Nährwert) der Einsatz von Düngemitteln, also der Nährstoffe selbst, quantitativ wie qualitativ verbessert werden kann. Ein gutes Beispiel ist die erfolgreiche Umhüllung von Düngemitteln. Der Bericht von Kummer/Zerulla veranschaulicht, dass dieses Anwendungsgebiet nicht nur erhebliche, u. a. auch kostenorientierte Fachkompetenz, sondern auch ein gerüttelt Maß an Geduld bei den langatmigen Zulassungsverfahren derartiger „Wirkstoffe“ erfordert. Ein wichtiger Teilaspekt der „Kalifusion“ im Jahre 1993 war die dauerhafte Sicherung von Teilen des thüringischen Kalibergwerks Merkers, also die Frage, wie die Gefahren beseitigt werden können, die von den zu schwachen Sicherheitspfeilern aus DDR-Zeiten – einige werden sich an den verhängnisvollen Grundsatz der „ökonomischen Pfeilerdimensionierung“ erinnern – ausgehen. Der Beitrag von Minkley/Baumert/Mühlbauer/Geißler ist ein eindrucksvoller Zwischenbericht über das umfangreiche, wahrscheinlich noch bis zum Jahre 2015 andauernde Sicherungsprojekt. Bemerkenswert ist u. a. die während der Sicherungsarbeiten gewonnene Erkenntnis, dass je nach Zustand eines Sicherungspfeilers oder eines Ensembles dieser Pfeiler ein Teilversatz ausreicht, um die erforderliche Standsicherheit herzustellen. Die Kostenrelevanz dieser Erkenntnis ist evident. Hochaktuell ist die von Frau Wörmann in ihrem Beitrag behandelte Rohstoffpolitik. Jahrelang war es sehr still um dieses Thema geworden. Die jüngsten, geradezu dramatischen Entwicklungen, um nicht zu sagen Verwerfungen auf den internationalen Rohstoffmärkten haben jedoch heilsames Erschrecken ausgelöst. Die EU-Kommission, das Bundeswirtschaftsministerium und nicht zuletzt die deutsche Industrie, vertreten durch ihre Spitzenverbände, bemühen sich intensiv um wirtschafts- oder handelspolitische Lösungsansätze, die Fehlentwicklungen wie die jetzt erkannten vermeiden oder zumindest mildern könnten. Dabei steht die sichere und preisgünstige Versorgung der europäischen Industrie mit Rohstoffen aus Drittstaaten – Kupfer ist ein prominentes Beispiel – im Vordergrund; Frau Wörmann konzentriert sich deshalb in ihrem Beitrag zu Recht auf diese Frage. Es gibt jedoch noch einen zweiten Aspekt, der namentlich für die deutsche Kali- und Salzindustrie wichtig ist: Das sind vernünftige, d. h. die Wettbewerbsfähigkeit erhaltende, möglichst stärkende Rahmenbedingungen für die Produktion heimischer Rohstoffe sowie für die Vermarktung der daraus hergestellten Produkte auf den inner- wie außereuropäischen Märkten. Kali und Steinsalz Heft 2/2006 Editorial Die Gestaltung angemessener Rahmenbedingungen für die Produktion heimischer Rohstoffe erfordert nicht nur Wachsamkeit zur Vermeidung unnötig behindernder Übermaßregelungen, z. B. im Umweltschutzbereich, sondern auch regelmäßig einen kritischen Vergleich mit den Produktionsbedingungen, die für die außereuropäischen Wettbewerber der heimischen Rohstoffindustrie gelten; denn danach bestimmt sich letztlich die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Industrie. Die Lissabon-Strategie der EU ist dafür im Prinzip der richtige Ansatz, nur fehlt es leider noch in der täglichen Arbeit der Kommission an der spürbaren Umsetzung dieser Strategie. Ebenso wichtig ist, dass auf den internationalen Märkten faire und gleiche Wettbewerbsbedingungen einschl. eines ausreichenden Schutzes gegen unfaire Handelspraktiken bestehen. Prinzipiell wünschenswert wäre es, wenn die dafür erforderlichen Instrumentarien auf WTOEbene zur Verfügung stünden. Die gegenwärtigen praktisch gescheiterten WTO-Verhandlungen zeigen jedoch, dass damit in absehbarer Zeit kaum zu rechnen sein wird. Deshalb ist es geboten, dass die EU aus eigener Kompetenz – sei es durch bilaterale Handelsabkommen, sei es durch entschlossene Wahrnehmung der ihr nach dem EG-Vertrag als Exekutivorgan zustehenden Befugnisse – die berechtigten Interessen der europäischen Rohstoffindustrie vertritt. Trotz der inzwischen weitgehenden Verlagerung der handels- und wirtschaftspolitischen Kompetenz auf die EU-Organe hat dieses Thema jedoch nach wie vor auch nationale Bedeutung. Die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten haben noch immer beachtliche Handlungsspielräume, um sich für die heimische Rohstoffindustrie wirksam einsetzen zu können. Auch diese Möglichkeit muss gezielt genutzt werden. Dabei fällt im Übrigen auf, dass Deutschland anders als viele andere Staaten kein eigenes Handelsministerium hat, das sich konzentriert und wirksam für die nationalen handelspolitischen Belange einsetzen könnte. Vielleicht ist dies eine konzeptionelle Schwäche, die beseitigt werden sollte. Dies alles und vieles mehr ist mit dem Stichwort Rohstoffpolitik verbunden. Der Beitrag von Frau Wörmann regt an, dieses Thema weiterhin und mit der gebotenen Deutlichkeit zu behandeln. In der vielfältigen Diskussion versucht auch der VKS, in Brüssel wie in Berlin, seinen Beitrag zu leisten. Damit genug der Vorrede; ich hoffe, Ihr Interesse an diesem Heft ist geweckt, das im Übrigen auch einen interessanten bergmännischen Kurzbericht über die schneidende Gewinnung im Bergwerk Heilbronn und wie immer lesenswerte Personalnachrichten enthält. Dr. Arne Brockhoff Kali und Steinsalz Heft 2/2006 Wirtschaftspolitik Probleme der Verfügbarkeit von Rohstoffen In den letzten Jahren sind die Preise von Rohstoffen drastisch gestiegen, gemessen am Rohstoffindex des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs um 67 % allein in den vergangenen fünf Jahren. Dies hat beträchtliche Konsequenzen für die deutsche Industrie. Die Hauptursachen der starken Preisanstiege sind der enorme Anstieg der RohstoffnachDr. Claudia Wörmann Leiterin der Abteilung ­Außenwirtschaftspolitik Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. frage – insbesondere seitens der Volksrepublik China –, Engpässe auf Seiten des Rohstoffangebots, die kurzfristig nicht überwunden werden können, sowie handels- und wettbewerbsverzerrende Maßnahmen seitens einer zunehmenden Zahl von Ländern – auf Anbieter- wie auch auf Nachfragerseite. Rohstoffversorgung ist in erster Linie Aufgabe der Industrie. Die internationalen Rohstoffmärkte sind jedoch in zunehmendem Maße Gegenstand politisch verursachter Verzerrungen. Diese müssen auf politischer Ebene adressiert werden. Es ist Aufgabe der deutschen Politik, ebenfalls einen Beitrag zur Verfügbarkeit von Rohstoffen zu leisten. Kali und Steinsalz Heft 2/2006 Wirtschaftspolitik Deutschland ist grundsätzlich ein rohstoffreiches Land: Bei Braunkohle, Kaolin, Steinsalz und Kalisalz sowie bei den Steinen und Erden gehört Deutschland weltweit zu den führenden Produzenten. Eine ganze Reihe anderer Rohstoffe müssen wir allerdings aus dem Ausland einführen. So muss der Bedarf an metallischen Erzen vollständig durch Importe gedeckt werden, von A wie Aluminium über E wie Eisenerz bis Z wie Zirkonium. Auch einen bedeutenden Teil der benötigten Sekundärrohstoffe müssen wir importieren. Schließlich ist Deutschland in einem hohen Maß von Energieimporten abhängig, sowohl bei dem für die Kernenergie benötigten Uran als auch bei Erdöl, Erdgas und Steinkohle. Umso folgenreicher für die deutsche Wirtschaft ist, dass es in den letzten Jahren bei einer ganzen Reihe von Rohstoffen drastische Preiserhöhungen gegeben hat. Gemessen am Rohstoffindex des Hamburgischen Welt-WirtschaftsArchivs (HWWA) sind die Rohstoffpreise im Zeitraum 2001 bis 2005 um insgesamt über 67 Prozent gestiegen, so stark wie seit 25 Jahren nicht mehr. Diese Entwicklung bezieht sich nicht nur auf den Preis für Rohöl, auch die Preise metallischer Rohstoffe haben sich extrem erhöht, Grafik 1 verdeutlicht diese Entwicklung. Allein zwischen 2003 und 2005 verteuerten sich Kupfer und Eisenerz um mehr als hundert Prozent, die Preise von Wolfram und Titan stiegen im selben Zeitraum um gut das Dreifache, der Preis von Molybdän verfünffachte Grafik 1: Preisentwicklung bei Rohstoffen im Zeitraum 2001–2006. Quelle: HWWA (2000=100, US-Dollar-Basis) / Development of raw material prices 2001–2006. Source: HWWA (2000=100, US dollar basis) sich, und Vanadium war 2005 gar sechsmal so teuer wie noch 2003. Neben diesen teils drastischen Preissteigerungen kam es in den vergangenen Jahren bei einigen Rohstoffen wiederholt de facto zu Verknappungen, zum Beispiel bei Stahl- und Aluminiumschrott. Die angespannte Situation auf den Rohstoffmärkten stellt kein spezifisch deutsches Problem dar. Rohstoffmärkte sind grundsätzlich Weltmärkte, und es gibt andere Länder, die eine ähnlich rohstoffintensive Industriestruktur besitzen, die ebenfalls einen großen Teil der benötigten Rohstoffe aus dem Ausland beziehen und deren Unternehmen folglich mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. Dennoch stellt sich die Frage, ob die Versorgung der deutschen bzw. europäischen Volkswirtschaft mit Rohstoffen nicht wieder stärker Eingang in die politische Agenda finden muss. Während die Märkte für Energierohstoffe schon immer erhöhte politische Aufmerksamkeit erfahren haben, hat man sich bei den Industrierohstoffen über viele Jahrzehnte hinweg auf die Steuerungsmechanismen der Märkte verlassen können. Bei genauerem Hinsehen sind aber auch diese Märkte in den letzten Jahren zunehmend unter den Einfluss politischer Interventionen geraten, und Antworten darauf müssen naturgemäß politischer Natur sein. Auch die Politik wird in Zukunft verstärkt Beiträge für eine sichere Rohstoffversorgung leisten müssen. Kali und Steinsalz Heft 2/2006 Wirtschaftspolitik Grafik 2: Chinesische Einfuhren an Metallrohstoffen 1995–2005 (in 1.000 t).­­­ Quelle: Eurometaux / Chinese imports of metal raw materials 1995­–2005 (in ­1,000 t). Source: Eurometaux Entwicklungen auf den Weltrohstoffmärkten Die enormen Preissteigerungen haben im Wesentlichen drei Gründe: eine langfristig gestiegene Nachfrage auf den internationalen Rohstoffmärkten, ein zumindest kurz- und mittelfristig knappes Angebot sowie handels- und wettbewerbsverzerrende Maßnahmen seitens einer Reihe bedeutender Akteure. Auslöser der deutlich gestiegenen Nachfrage sind das rasante Wachstum Chinas und der dadurch stark gestiegene Rohstoffbedarf. So hat die Volksrepublik China ihre Einfuhren von Kupfer, Aluminium, Blei und Zinn über das vergangene Jahrzehnt vervier- bis verzehnfacht. (Grafik 2 verdeutlicht dies.) Inzwischen ist das Land größter Rohstoffimporteur der Welt. Das Wachstum und der Nachfrageanstieg Chinas und ande- Kali und Steinsalz Heft 2/2006 rer Schwellenländer, insbesondere im asiatischen Raum, werden sich fortsetzen. Die anhaltend hohe und – davon ist auszugehen – weiter steigende Nachfrage wird die internationalen Rohstoffmärkte auch weiterhin nachhaltig prägen. Das Rohstoffangebot kann insbesondere im metallischen Bereich mit der gestiegenen Nachfrage nicht Schritt halten. Grund ist, dass in den neunziger Jahren zu wenig in die Erweiterung bestehender Kapazitäten wie auch in die Erschließung neuer Rohstoffvorkommen investiert wurde. Mit einem Anstieg der Nachfrage in dem Umfang der letzten Jahre ist seinerzeit nicht gerechnet worden. Der Aufbau zusätzlicher Kapazitäten im Rohstoffsektor ist indessen sehr zeitintensiv. So dauert es beispielsweise von der Entdeckung eines Vorkommens bis zur Förderung des Rohstoffs im Bergbau ca. zehn Jahre. Zwar werden in naher Zukunft einige Investitionsprojekte fertig gestellt und zusätzliche Kapazitäten verfügbar, dies wird bestehende Kapazitätsengpässe jedoch nur zum Teil auflösen. Hinzu kommt, dass infolge eines weltweiten Konzentrationsprozesses im Bergbausektor teilweise einzelne oder eine kleine Anzahl von Unternehmen über wachsende Marktmacht verfügen. Dies wurde in der jüngsten Vergangenheit vereinzelt dazu genutzt, außergewöhnlich hohe Preisanstiege durchzusetzen. Darüber hinaus zeichnen sich einige wichtige Länder durch handelsverzerrende Praktiken aus – als Anbieter ebenso wie als Nachfrager auf den Weltrohstoffmärkten. So halten z.B. die Ukraine und Russland Rohstoffe durch teils prohibitiv hohe Exportzölle im Land, was faktische Verknappungen bewirkt. Indien und bis vor kurzem auch China erstatten den eigenen Importeuren die Umsatzsteuer auf Rohstoffeinfuhren und versetzen diese somit in die Lage, höhere Preise als Konkurrenten aus anderen Ländern zu bieten; weitere Verknappungen auf den Märkten sind zurzeit die Folge. Es bestehen zusätzlich Risiken in Bezug auf die Verfügbarkeit von Rohstoffen insbesondere aufgrund der regionalen Konzentration der Vorkommen: Die Lagerstätten einer ganzen Reihe von Rohstoffen sind regional stark konzentriert. Zum einen begünstigt dies die Unternehmenskonzentration. Unternehmen, die bereits über Präsenz in einer Förderregion verfügen, haben es leichter bei Ausschreibungen für die Förderung wei- Wirtschaftspolitik terer Vorkommen in der Region und können Mitbewerber oftmals überbieten. Die Marktmacht einzelner Unternehmen, die teilweise schon heute hoch ist, wird somit vermutlich weiter wachsen. Zum anderen erhöhen sich durch eine starke regionale Konzentration von Lagerstätten potentiell auch die politischen Risiken für eine reibungslose Versorgung. Die nachfolgende Grafik 3 veranschaulicht die regionale Konzentration in der Förderung einiger wichtiger Metalle: Bei Niob, Wolfram und Platin vereint jeweils ein einziges Land mehr als die Hälfte der weltweiten Förderung auf sich, bei Niob sind es sogar fast 90 Prozent. Auch bei anderen Rohstoffen sind die Anteile der führenden Förderstaaten sehr hoch. Auswirkungen auf die deutsche ­Wirtschaft Die deutsche Industrie hat eine ausgesprochen rohstoffintensive Grundstruktur. Einen beträchtlichen Teil der Rohstoffe, die für die Produktion benötigt werden, müssen die deutschen Unternehmen importieren. Zwar sind bezogen auf den Bruttoproduktionswert der deutschen Wirtschaft nur acht Prozent als Rohstoffkosten zu bezeichnen. Doch die Rohstoffe sind schwer und kurzfristig gar nicht zu substituieren. Entsprechend stark wirken sich die Preisanstiege auf den internationalen Rohstoffmärkten aus. Betroffen ist die gesamte industrielle Wertschöpfungskette von der rohstoffverarbeitenden Industrie über die stahl- und metallverarbeitende Industrie bis hin zur Automobilindustrie, zum Anlagen- und Maschinenbau, zur Elektronik- und Elektrotechnikindustrie. Problematisch ist, dass in den materialintensiven Branchen kaum Chancen bestehen, den Preisanstieg durch Einsparungen an anderer Stelle zu kompensieren. Auch sind die Möglichkeiten, die benötigte Menge an Rohstoffen durch Steigerung der Materialeffizienz zu vermindern, zum größten Teil ausgereizt. Die gesamtwirtschaftlichen Folgen des Anstiegs der Rohstoffpreise sind hoch: Knapp achtzig Prozent der Grafik 3: Länderkonzentration in der Förderung ausgewählter Rohstoffe (2004) (größte Forderstaaten; kumulierter Anteil an der Weltförderung) Quelle: BGR / Country concentration of mining output of selected raw materials (2004) (countries with largest mining output; cumulated share in world mining output) Source: BGR Kali und Steinsalz Heft 2/2006 Wirtschaftspolitik importierten Rohstoffe werden in Form veredelter Endprodukte wieder exportiert (siehe Grafik 4). So fließt der mit Abstand größte Teil der importierten metallischen Erze in die Herstellung von Investitionsgütern. Der Großteil der Investitionsgüter ist wiederum für den Export bestimmt. Durch den Anstieg der Rohstoffpreise steigen die Produktionskosten der deutschen Industrie. Aufgrund des internationalen Wettbewerbs ist die Möglichkeit, die gestiegenen Materialkosten an die Endkunden weiterzugeben, begrenzt. Die Konsequenz ist, dass der Druck zum Abbau von Arbeitsplätzen steigt. Viele Tausend Arbeitsplätze sind bedroht, insbesondere in der Investitionsgüterindustrie. Unternehmen und Politik ­ brauchen eine zukunftsfähige Rohstoff­strategie! Die Handlungsspielräume der Wirtschaft sind zum Teil sehr eng bemessen. Die rohstoffintensiven Branchen in Deutschland schenken seit jeher den Fragen der Beschaffung und des Einsatzes ihrer Grundstoffe große Aufmerksamkeit. Als Folge gehören deutsche Unternehmen im Bereich Materialeffizienz und Recycling heute zur Weltspitze. Die Frage ist deshalb, welche Maßnahmen angesichts der aktuellen He­rausforderungen auf den Weltrohstoffmärkten zusätzlich ergriffen werden können. Mögliche unternehmerische Instrumente sind beispielsweise eine Diversifikation der Lieferanten, größere Lagerhaltung, langfristige Verträge oder gegebenenfalls eine Preisabsicherung über Geschäfte an den 10 Kali und Steinsalz Heft 2/2006 Grafik 4: Materialinput für die Komponenten des Bruttoinlandsprodukts (2001 in Mio. ) / Material input for the various components of GDP (2001 in million ). Quelle/Source: Energy Environment Forecast Analysis (EEFA) GmbH Rohstoffbörsen. Die Unternehmen können auch in Betracht ziehen, verstärkt Ersatzstoffe und Substitutionsmöglichkeiten zu erforschen. Es darf aber nicht vergessen werden, dass diese Optionen nicht allen Unternehmen gleichermaßen zur Verfügung stehen. Sicher ist: Ein Patentrezept für eine unternehmerische Lösung gibt es nicht. Nicht weniger wichtig ist die Frage, was zu tun ist, wenn die unternehmerischen Möglichkeiten erschöpft sind. Welches sind dann die Anforderungen an eine politische Strategie zur Sicherung der Rohstoffversorgung? Angesichts der vielfältigen und komplexen Problemstellungen muss eine zukunftsfähige Rohstoffstrategie ressortübergreifend konzipiert werden. Gefragt sind neben der Wirtschaftspolitik z.B. auch die Umweltpolitik, die Außenpolitik und die Entwicklungspolitik. International kommt der Sicherung eines offenen Weltmarktes für Rohstoffe eine zentrale Bedeutung zu. Das bestehende rechtliche Instrumentarium der Welthandelsorganisation WTO bietet zurzeit nur sehr begrenzt Möglichkeit, den bestehenden Handels- und Wettbewerbsverzerrungen auf den Weltrohstoffmärkten zu begegnen. Sowohl Importsubventionen als auch Exportbeschränkungen können mit den bestehenden Mitteln nur unzureichend eingedämmt werden. Deshalb ist es ein Anliegen der Industrie, dass das Instrumentarium der WTO an die Entwicklungen auf den Weltmärkten angepasst wird, damit den bestehenden Problemen rechtlich effektiver begegnet werden kann. Darüber hinaus gibt es nach innen gerichtete politische Aufgaben. Dazu gehört, den Boden für ein angemessenes Rohstoffbewusstsein zu bereiten. Eine politische Mentalität, die den Aufschluss von Lagerstätten als unerwünscht erklärt, ist nicht hilfreich. Es stellt sich weiter die Frage, welche Rahmenbedingungen für die heimische Rohstoffproduktion geschaffen werden müssen. Dass in Deutschland wettbewerbsfähige Rohstoffproduktion möglich ist, beweisen die heimische Salzproduktion und die Steine- und Erden-Industrie. Um Impressum zukunftsfähige Antworten auf die veränderte Verfügbarkeitssituation bei Rohstoffen zu entwickeln, hat der BDI zusammen mit den Mitgliedsverbänden der am stärkten betroffenen Branchen die BDI-Präsidialgruppe „Internationale Rohstofffragen“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, in enger Abstimmung mit der Politik eine zukunftsorientierte, industrien- und politikfelderübergreifende Rohstoffstrategie zu entwickeln. Es gibt Handlungsnotwendigkeiten und -möglichkeiten auf Seiten von Wirtschaft und Politik. Wir sind sehr zuversichtlich, dass es uns gemeinsam mit der Politik gelingen wird, die Rohstoffversorgung Deutschlands mit Blick auf bestehende und zu erwartende Herausforderungen sicherer zu machen. Impressum Kali und Steinsalz herausgegeben vom VKS e.V. VKS e.V.: Wilhelmshöher Allee 239 34121 Kassel Tel. (05 61) 3 18 27 0 Fax (05 61) 3 18 27 16 E-Mail: [email protected] www.vks-kalisalz.de Erscheinungsweise: dreimal jährlich in loser Folge ISSN 1614-1210 Schriftleitung: Dr. Wilbrand Krone, VKS e.V. Tel. (05 61) 318 2717 Redaktionsausschuss: Frank Hunstock, K+S Aktiengesellschaft Prof. Dr. Ingo Stahl, K+S Aktiengesellschaft Gerhard Horn, K+S KALI GmbH Uwe Handke, K+S Aktiengesellschaft Hartmut Behnsen, K+S Entsorgung GmbH Dr. Wolfgang Beer, K+S Aktiengesellschaft Dr. Arne Brockhoff, VKS e.V. Dr. Karl-Christian Käding Herstellung und Layout: diepiloten Dirk Linnerz Simplonstraße 21 10245 Berlin Tel. 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W. ­Minkley Geschäftsführer IfG Institut für Gebirgs­ mechanik GmbH, Leipzig Dipl.-Ing. Hartmuth Baumert Produktionsleiter Grube ­Merkers Werk Werra, K+S KALI GmbH In der Grube Merkers werden gegenwärtig einzelne, vornehmlich im Carnallitit des Flözes Thüringen aufgefahre­ne Abbaufelder, deren Dimensionierung unter Langzeitbedingungen keine ausreichende Standsicherheit gewährleisten kann, durch das Einbringen von Steinsalzversatz gesichert. Ziele dieser Versatzmaßnahmen sind eine dauerhafte Stabilisierung des Grubengebäudes durch Begrenzung der bereits über Jahrzehnte fortgeschrittenen Entfestigungsvorgänge an den Tragpfeilern und damit die Abwehr einer potentiellen Gebirgsschlaggefährdung. Dipl.-Ing. Jan Mühlbauer Wiss. Mitarbeiter IfG Institut für Gebirgs­ mechanik GmbH, Leipzig Dr. Dietmar Geißler, Merkers 12 Kali und Steinsalz Heft 2/2006 Einleitung Seit über 100 Jahren wird im Werra-Fulda-Revier in Thüringen und Hessen Kalibergbau betrieben [1]. Aufgrund der speziellen Lagerstättenbedingungen ist der bergmännische Abbaubetrieb dabei schon frühzeitig mit Gefährdungen durch plötzliche Ausbrüche von CO2 und Salz, Gefahren hydrolo- gischer Art sowie folgenschweren Gebirgs­schlagereignissen konfrontiert worden. So traten größere Gebirgsschläge, jeweils benannt nach den übertägigen Ortslagen, 1953 in Heringen (Magnitude ML = 5), 1958 in Merkers (ML = 4,8), 1961 in Merkers (ML = 3,7), 1975 in Sünna (ML = 5,2) und 1989 in Völkershausen (ML= 5,6) ein, wobei hauptsächlich Technik und Anwendung Abb. 1: Lage der Gebirgsschlag- und Versatzfelder im gebauten carnallitischen Flöz Thüringen der Grubenfelder Merkers und Unterbreizbach / Working areas of the Unterbreizbach and Merkers mine in the Werra potash deposit carnallitische Abbaufelder der 2. Sohle im Flöz Thüringen betroffen waren (Abb. 1). Insbesondere der letzte Gebirgsschlag im WerraKalirevier am 13.03.1989 unter der Ortslage Völkershausen, der zu den energiestärksten seismischen Ereignissen zählt, welche bislang weltweit in Bergbaugebieten aufgetreten sind, zwang dazu, sich intensiver mit den Ursachen dieser dynamischen Vorgänge auseinander zu setzen, um vergleichbare Gefährdungspotentiale auch für an­­de­re Baufelder vorab erkennen bzw. angemessen bewerten zu können sowie gegebenenfalls gezielte Maßnahmen zur Stabilisierung einzuleiten. So ist es erst nach der Entwicklung eines speziellen visko-elasto-plastischen Stoffmodells zur Beschreibung des spezifischen Entfestigungs- und Sprödbruchverhaltens von Carnallitit [2] gelungen, eine plausible Rückrechnung für den Gebirgsschlagvorgang in Völkershausen vorzunehmen. Damit konnte auch bestätigt werden, dass der Gebirgsschlag durch eine einzelne Sprengung (mit 30 kg Dekamon) an einem vorgeschädigten Carnallititpfeiler ausgelöst worden ist. Ausgehend von dieser zunächst lokalen Instabilität hat sich der Bruchvorgang dann kettenreak­tionsartig über eine Gesamtfläche von 6,5 km2 im Abbaufeld ausgebreitet und in wenigen Sekunden 3200 Carnallititpfeiler in 750 m bis 900 m Teufe zerstört. Die Rückrechnung lieferte insgesamt eine konsistente Erklärung für den in situ abgelaufenen Bruchvorgang, einschließlich des vor Ort beobachteten lokalen Versagens der Liegendbarriere durch einen CO2-Gasfrac während der dynamischen Entspannung des Unteren Werra-Steinsalzes beim Kollaps des Abbaufeldes auf der 2. Sohle [3]. Anforderungen an Stabilisierungsmaßnahmen Als Maßstab für die Beurteilung der Standsicherheit vergleichbar dimensionierter Abbaufelder in den thüringischen Gruben Merkers und Unterbreizbach stand zunächst nur das erfahrungsgemäß sichere Dimensionierungsverfahren der hessischen Gruben nach Uhlenbecker [4] zur Verfügung. Dieses Dimensionierungsverfahren basiert im Wesentlichen auf den Ergebnissen von im Gesteinslabor durchgeführten Kurzzeit-Belastungsversuchen an Salzpfeilermodellen zur Bestimmung der Bruch­festigkeit in Abhängigkeit vom Verhältnis Pfeilerbreite zu -höhe (B:H). Maßstabseffekte zwischen Modellgröße und In-situVerhältnissen sowie das zeitabhänKali und Steinsalz Heft 2/2006 13 Technik und Anwendung gige Entfestigungsverhalten der Salzgesteine werden mittels eines empirischen Sicherheitsfaktors von S = 3 bei der Dimensionierung berücksichtigt: S V Grenz V Pfeiler VGrenz : Grenztragfähigkeit aus Modellversuch VPfeiler : Pfeilerbelastung in situ Die gutachterliche Überprüfung des Dimensionierungszustandes der carnallitischen Abbaufelder des thüringischen Werra-Reviers durch Wittke [5] und Wilke [6] ergab z. T. wesentliche graduelle Abweichungen vom Soll-Sicherheitsfaktor S = 3, sowohl hinsichtlich der Einzelpfeilerberechnungen als auch bei Anwendung einer die lokalen Unterdimensionierungen ausgleichenden Ensembleregel nach Natau [7]. Im Ergebnis dieser Begutachtungen wurden 1993 vom zuständigen Bergamt die Versatzpflicht für insgesamt sechs Abbaufelder verfügt und ein notwendiger Versatzbedarf von ~ 30 Mio. Tonnen abgeschätzt [8]. Zur Stabilisierung der als besonders gefährdet eingestuften Bereiche kam letztlich nur Eigenversatz mit Steinsalz infrage, da die am dringlichsten zu sichernden Ab­baufelder bereits ca. 13 Mio. t ­Versatzmaterial erforderten, die wegen des engen zeitlichen Rahmens in diesem Umfang nicht durch geeignete Abfälle zur Verwertung zu akquirieren waren. Als zweifelsfrei sichere Stabilisierungsmaßnahme wurde zunächst ausschließlich Vollversatz der Abbaukammern angewandt, die unterdimensionierten Carnallititpfeiler also komplett in Steinsalzversatz eingebettet. Zur Optimierung der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen wurde 1998 das Institut 14 Kali und Steinsalz Heft 2/2006 für Gebirgsmechanik Leipzig durch die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufga­ben mit der Untersuchung der Versatzeigenschaften und dem rechnerischen Nach­weis zur effektiv erreichbaren Stabilisierungswirkung in Abhängigkeit vom eingebrachten Ver­satz­ umfang beauftragt. Maßgebende Zielstellung der Versatzarbeiten ist die Beseitigung der potentiellen Gebirgsschlag­gefahr in den exponiert eingestuften Abbaufeldern der Grube Merkers. Gelingt es durch die Einbettung der Carnallititpfeiler in ein Versatzmassiv ihr Tragverhalten in der Weise zu ändern, dass die notwendige Bedingung für einen dynamisch ablaufenden Versagensvorgang (Sprödbruch) wirksam beseitigt wird, ist auch keine seismische Energiefreisetzung mehr möglich. Im mechanischen Sinn bedeutet dies, dass die Belastbarkeit der Pfeiler stetig ansteigt bzw. kein Tragfähigkeitsabfall eintritt. Bei einem Vollversatz der Abbaue mit kohäsivem Steinsalzversatz wird diese Bedingung durch das zunehmend verfestigende Verformungsverhalten der komplett eingebette- ten Pfeiler erfüllt. Die völlige Beseitigung der Sprödbruchneigung der carnallitischen Tragelemente (Aus­schalten der notwendigen Bedingung für eine Energiefreisetzung) stellt jedoch einen sehr kon­ servativen und kostenaufwendigen Lösungsweg dar. Eine seismische Energiefreisetzung ist auch dann nicht mehr zu erwarten, wenn die Sprödbruchneigung durch die Versatzstabilisierung nicht gänzlich unterbunden wird, die hinreichende Bedingung jedoch nicht mehr gegeben ist. Durch ein Teilversetzen der Abbaue wird generell das Erreichen der hinreichenden Bedingung für eine Bruchauslösung, die Überschreitung der Tragfähigkeitsgrenze, aufgrund der Anhebung der ma­ximalen Pfeilertragfähigkeit bei gleichzeitiger Reduzierung des Entfestigungsmoduls (Abb. 2) er­schwert. Am Einzelpfeiler lässt sich jedoch nicht klären, inwieweit die Sprödbruchneigung des Tragelementes reduziert und die Anregungsschwelle angehoben werden müssen, damit eine Energiefreisetzung mit Abb. 2: Berechnete Tragfähigkeiten für einen Carnallititpfeiler bei variierter Höhe des einbettenden Steinsalzversatzes / Calculated load bearing capacity of a carnallitite pillar for different stowage levels Technik und Anwendung fortschreitender Bruchentwicklung unterbleibt. Die auf der Basis von Einzelpfeiler-Berechnungen gezogenen ersten Schlussfolgerungen wurden deshalb durch Berechnungen an kon­kreten Abbausystemen, unter Berücksichtigung von dynamisch ablaufenden Spannungsumlagerungen, ergänzt. Die praktischen Erfahrungen zeigen, dass auch unter den Bedingungen begrenzter seismischer Energiefreisetzungen (lokale Instabilität) ein Feldeszusammenbruch nicht eintritt, wenn die dynamische Anregungsschwelle für ein Systemversagen ausreichend hoch ist, d. h. noch genügend Tragfähigkeitsreserven existieren. Es war deshalb zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen lokale Instabilität in Systeminstabilität übergeht und wie dieser Mechanismus auf effektive Weise durch Einbettung der Carnallititpfeiler in Steinsalzversatz blockiert werden kann. Eine Optimierung des erforderlichen Versatzumfangs konnte demgemäß nur auf der Grundlage von Betrachtungen zur dynamischen Systemstabilität bei konkreter Abbildung der jeweils gegebenen Baufeldverhältnisse vorgenommen werden. Geotechnische Untersuchungen Zur quantitativen Einschätzung der stabilisierenden Wirkung des im Ostfeld Merkers gewonnenen und in die zu sichernden Grubenfelder einzubringenden Steinsalzversatzes waren eine Reihe von ex­perimentellen Laboruntersuchungen erforderlich. Der Versatz zeichnet sich aufgrund der ge­wählten Einbautechnologie unter Befeuchtung und Verdichtung durch Fahrlader sowie infolge des relativ breiten Kornspektrums des Sprenghaufwerkes durch schnel- Abb. 3: Eingebrachter Steinsalzversatz im SE-Feld der Grube Merkers und entnommene Bohrkernproben zur Bestimmung der Festigkeitsparameter Kohäsion und Reibungswinkel im Labor / Compacted backfilled material in the SE-field of the Merkers mine and sampled drill cores to determine the strenght values of cohesion and friction by rockmechanical laboratory tests len Aufbau kohäsiver Bindungen aus. Dadurch war es möglich, diverse Bohrkernproben aus den Versatz gebracht wurde. Zur Bestimmung der gesteinsmechanischen Eigenschaften des anstehenden Pfeilerge- Materialdichte Reibungswinkel f [°] Kohäsion c [MPa] (mittl. Dichte der Proben) r [g/cm3] Klasse I > 1,6 (1,68) 41 0,73 Klasse II < 1,6 (1,54) 39 0,21 Tab. 1: Steinsalzversatz Merkers / Rock salt stowing material in the Merkers mine bereits versetzten Abbaubereichen zu gewinnen (Abb. 3) und an diesen gesteinsmechanische Festigkeitsuntersuchungen zur Bestimmung der Kohäsion und des Reibungswinkels vorzunehmen. Im Ergebnis dieser Tests konnte der Ver­satzkörper in zwei repräsentative Dichteklassen mit rI > 1,6 g/cm³ und rII < 1,6 g/ cm³ unterteilt werden (Tabelle 1), wobei das Material der geringeren Dichte i. Allg. in den oberen Einbau­ schichten vorzufinden ist. Das Kompaktionsverhalten des Versatzmaterials wurde in einer 160 Liter fassenden Versatzdruckzelle untersucht, in die das Steinsalzhaufwerk, auf die in situ realisierbare Einbaudichte vorverdichtet, ein- steins wurden in mehreren Baufeldbereichen Gesteinsproben entnommen, wobei die Probengewinnung vorrangig an solchen Tragpfeilern erfolgte, an denen bereits In-situMessungen (Spannungssondierung, Bohrloch­­bemusterung) ausgeführt wurden. Ziel der gesteinsmechanischen Untersuchungen war es, die mechanischen Parameter zu bestimmen, mit denen sich sowohl das zeitabhängige viskose Verhalten als auch das zum Sprödbruch führende Entfestigungsverhalten der anstehenden Carnallititvarie­ täten beschreiben lässt (Abb. 4). Grundlage für die mechanische Beschreibung bildet ein speziell für Carnallitit entwickeltes visKali und Steinsalz Heft 2/2006 15 Technik und Anwendung Abb. 4: Triaxialversuche an Carnallitit-Prüfkörpern bei verschiedenen Manteldrücken / Triaxial strength tests on carnallitite at different confining pressures ko-elasto-plastisches Stoffmodell, dessen Ansatz (Entfestigungsmodell von Minkley [9]) die Bruchfestigkeit, die verformungsabhängige Entfestigung und die Dilatanz des Gesteinsmaterials durch ein nicht­ assoziiertes Fließgesetz erfasst. Damit wurden die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, die für Carnallitit charakteristischen sprödbruch­artigen Entfestigungsvorgänge in Abhängigkeit vom gegebenen Verformungs- und Einspannungszustand in numerischen gebirgsmechanischen Modellen abzubilden. Die triaxiale Einspannung der Carnallititpfeiler wird zudem ganz wesentlich durch die Scherfestigkeit an den Kontaktflächen zwischen Pfeilergestein und hangendem bzw. liegendem Steinsalz bestimmt. Deshalb wurden vor Ort auch mehrere massive Probenblöcke mit einem intakten Schichtübergang Carnallitit/Steinsalz gewonnen und mittels direkter Scherversuche im Labor untersucht. Zur Berücksichtigung des an den Kontaktflächen unter dynamischer Belastung eintretenden Haftreibungsverlustes 16 Kali und Steinsalz Heft 2/2006 ist ein speziell für das Verhalten salinarer Schichtflächen entwickeltes Schermodell [10] verwendet worden. Berechnungen zur Erhöhung der dynamischen Systemstabilität durch Versatz Die Sprödbruchneigung von Carnallititpfeilern kann durch die Einbettung in Versatz entweder eingeschränkt oder völlig beseitigt werden. In Abhängigkeit von den mechanischen Eigenschaften des eingesetzten Versatzmaterials und dem in situ angetroffenen Stabilitätszustand der Pfeiler ist zu entscheiden, ob Teilversatz oder Vollversatz zur Sicherung ausreicht. Zunächst wurde durch die gebirgsmechanischen Modellrechnungen die dynamische Systemstabilität, d. h. das Stabilitätsverhalten bei dynamischer Anregung, offener und versetzter KammerPfeiler-Abbausysteme im Carnallitit am konkreten Beispiel typischer Teilfelder mit Langkammerabbau untersucht, wie sie südlich des Gebirgsschlagfeldes von 1958 in Merkers vorliegen. Der den Berech- nungen zugrunde gelegte Abbaublock weist relativ große Bauhöhen von bis zu 12 m auf, bei entsprechender Schlankheit der Tragpfeiler (B:H = 0,8…1,7). Es handelt sich um den am schwächsten dimensionierten Abbaubereich im Ostfeld Menzengraben, über dem auch die größten Senkungsbeträge gemessen wurden. Die Berechnungen zeigen, dass im Fall dynamischer Anregung das gesamte System kollabiert und die Abbaukammern durch den massiven Verbruch der versagenden Carnallititpfeiler versetzt werden (Abb. 5). An der Tagesoberfläche würden innerhalb weniger Sekunden, wenn sich der Bruchvorgang untertage über eine größere Abbaufläche ausweitet, Senkungen von ca. 0,8 m eintreten. Bei Einbringung von Teilversatz bis auf 50 % der Kammerhöhen beschränken sich die im dynamischen Anregungsfall durch Sprödbruch entfestigenden Pfeilerbereiche auf die oberhalb des Ver­satz­massivs liegenden Konturzonen (Abb. 6). Es bilden sich jedoch durchgehende Scherzonen in den Pfeilern aus. Die mögliche Technik und Anwendung Absenkung übertage erreicht einige Zentimeter, was einer noch relativ hohen seismischen Energiefreisetzung entsprechen würde (ML ~ 3,5). Ein deutlich besseres dynamisches Systemverhalten stellt sich erst ab einer Versatzhöhe von 75 % ein. Die Absenkung der Tagesoberfläche erreicht dann weniger als einen halben Zentimeter. Mit Bezugnahme auf diese Berechnungsergebnisse wurde unter Berücksichtigung möglicher Imponderabilien für alle stark unterdimensionierten Teilfelder im Grubenfeld Merkers mit sehr schlanken Pfeilern Vollversatz empfohlen. Einer analogen Stabilitätsbewertung mussten auch die nördlich des Gebirgsschlagfeldes Völ­­kers­hau­sen gelegenen Baufelder unterzogen werden. Im Nordfeld der Grube Merkers sind von den 1779 Pfeilern 69 % nach dem Dimensionierungsverfahren von Uhlenbecker unterdimensioniert. 57 % der Carnallititpfeiler weisen rechnerische Sicherheiten S < 2 und 13 % S < 1 auf. Insgesamt muss eingeschätzt werden, dass das Nordfeld durch sehr unterschiedliche Abbauparameter charakterisiert ist, mit zum Teil starker Unterdimensionierung, aber auch Bereichen mit Tragfähigkeitsreserven. Im Sylvinit und in Abschnitten mit Carnallitit/Sylvinit-Wechsellagerung führt die Unterdimensionierung zu größeren Pfeilerverformungen (höhere Nachgiebigkeit), wobei lokal auch massive Brucherscheinungen zu beobachten sind. Zu den tragfähigkeitsmindernden Faktoren gehören eine häufige Gas- oder Laugenführung sowie Schichtflächen mit ausgeprägten Löser-Eigenschaften. Daraus kann sich ein schnellerer Abbau der triaxialen Einspannung im Pfeiler ergeben und damit eine deutliche Abnahme der vorhandenen Tragfähigkeitsreserven mit der Zeit. Die beobachteten Konturbrüche, die bereits große Teile des Nordfeldes erfasst haben, weisen darauf hin, dass die noch vorhandenen Standsicherheitsreserven ständig weiter aufgebraucht werden. Diesem Prozess ist nur durch das kontrollierte Einbringen von Versatz wirksam zu begegnen, da die zeitabhängige Entfestigung aufgrund der partiell hohen Pfeilerbelastungen von 40 bis 50 MPa und des relativ geringen Verhältnisses von Pfeilerbreite zu -höhe von selbst nicht zum Still- stand kommt und sich daraus eine Gefährdung entwickeln kann. Mit den gebirgsmechanischen Modellrechnungen zum dynamischen Systemverhalten des Nordfeldes konnte gezeigt werden, dass aus lokaler Instabilität ein progressiv verlaufender Bruchvorgang innerhalb des deutlich unterdimensionierten Pfeilerverbandes entstehen kann. Am Übergang zur sylvinitischen Fazies kommt der Bruchvorgang aufgrund der gegenüber Carnallitit deutlich geringeren Sprödbruchneigung des Sylvinits jedoch zum Stehen. Infolge der dynamischen Beanspruchungen beim Baufeldkollaps kann Abb. 5: Untersuchung der dynamischen Systemstabilität eines unterdimensionierten carnallitischen Abbaufeldes ohne Versatz / Numeric model calculations to determine the dynamic system stability of a undersized pillar assembly in carnallitite without stowing Kali und Steinsalz Heft 2/2006 17 Technik und Anwendung Abb. 6: Dynamisches Systemverhalten nach Versetzen von 50 % der Kammerhöhe / Dynamic system stability for a stowage level of 50 % auch ein lokaler Dichtheitsverlust in der Liegendbarriere nicht ausgeschlossen werden. Im Ergebnis aller baufeldspezifischen Untersuchungen und gebirgsmechanischen Berechnungen wurden folgende grundsätzliche Empfehlungen für die auszuführenden Versatzarbeiten festgelegt: •Bereits stark verbrochene Sylvinit- und Mischsalzberei­che sollten nicht in die Ver­satzmaßnahmen einbezogen werden. •Die zugänglichen, unterdimen­ sionierten Carnallititbreiche sind überwiegend bis auf 75 % der aufgefahrenen Kammerhöhen zu verfüllen. •Stark überdimensionierte Pfeilerverbände brauchen nicht versetzt werden. Nach dem aufgezeigten Prinzip wurde schrittweise für jedes flächenhaft unterdimensionierte Abbaufeld in der Grube Merkers eine entsprechende gebirgsmechanische Bewertung zum dyna- 18 Kali und Steinsalz Heft 2/2006 mischen Stabilitätsverhalten durchgeführt. Dabei konnte für mehrere versatzpflichtige Abbaufelder nachgewiesen werden, dass auch ein Teilversatz von 50 % bis 75 % der Kammerhöhen die Dauerstandsicherheit des Pfeilertragsystems gewährleistet. Für das in einer geringeren Teufe von etwa 500 m liegende Südostfeld II (73 % der Pfeiler mit Sicherheiten S < 3) haben die Berechnungen gezeigt, dass aufgrund des zumeist geschichteten Aufbaus der Pfeiler aus Hartsalz, Carnallitit und Steinsalz sowie der günstig verteilten Lage mehrerer nicht gebauter Vertaubungszonen eine Parzellierung des Abbaufeldes durch 200 m breite Versatzbarrieren, in denen die Pfeiler auf 75 % der Kammerhöhe in Versatz eingebettet werden, zur Abwehr einer Gebirgsschlag­gefährdung ausreichend ist (Abb. 7). Schlussfolgerungen Die Erfahrungen bei der Sicherung stabilitätsgefährdeter Abbau- felder in der Grube Merkers haben gezeigt, dass zur Optimierung der bergbehördlich verfügten Versatzmaßnahmen ne­ben der gezielten geotechnischen Untersuchung aller exponierten Baufelder auch grundlegende geomechanische Untersuchungen zum Tragverhalten in Steinsalzversatz eingebetteter Carnallititpfeiler und zur dynamischen Systemstabilität versetzter Kammer-Pfeiler-Abbausysteme erforderlich sind. Im Ergebnis von gebirgsmechanischen Berechnungen unter Verwendung eines speziellen visko-elasto-plastischen Stoffmodells zur Beschreibung des Entfestigungs- und Sprödbruchverhaltens von Carnallitit konnte nachgewiesen werden, dass bei 4 der 7 betrachteten Abbaufelder in der Grube Merkers, für die eine Gefährdungsentwicklung zu besorgen war, statt Voll- bereits Teilversatz zur Gewährleistung der Dauerstandsicherheit ausreicht. Mit der Einbringung des Steinsalzversatzes werden folgende geomechanische Zielstellungen erreicht: •Heraufsetzung der dynamischen Anregungsschwelle für lokales Pfeilerversagen. •Erhöhung des statischen Standsicherheitsniveaus im Abbaufeld, um den Übergang von lokaler Instabilität zu Systeminstabilität zu blockieren und somit die Gebirgsschlaggefährdung zu beseitigen. •Verringerung des konvergierbaren Hohlraumvolumens und Reduzierung der Beanspruchungen in den hangenden und liegenden geologischen Schutzschichten sowie Begrenzung der Senkungserscheinungen an der Tagesoberfläche und damit der übertägigen Auswirkungen auf ein verträgliches Maß. Die bergmännischen Arbeiten zur Sicherung aller exponierten Technik und Anwendung Abb. 7: Parzellierung des SE-Feldes II der Grube Merkers durch 200 m breite Versatzbarrieren / Segmentation of the working area of the SE-field II Merkers mine by build up several barriers in which the undersized pillars are embedded in rock salt stowing material up to 75 % of the room heights carnallitischen Abbaufelder in der still­gelegten Grube Merkers werden voraussichtlich im Jahr 2015 abgeschlossen sein. Sie werden im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Altlastenbeseitigung aus dem ehemaligen DDR-Kalibergbau durchgeführt und finanziert. Die Begleitung und Überwachung vor Ort obliegt den zuständigen Einrichtungen und Behörden des Freistaates Thüringen. Quellen [1] Eisenbach, U.; Paulinyi, A.: Die Kaliindustrie an Werra und Ful- da. In: Schriften zur hessischen Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte, 3, Hessisches Wirtschaftsarchiv, Darmstadt, 1998. [2] Minkley, W.; Menzel, W.; Konietzky, H.; te Kamp, L.: A visco-elasto-plastic model and its application for solving static and dynamic stability problems in potash mining. In: Proc. 2nd Int. FLAC Symposium Lyon, 29.-31.10.2001, A.A. BALKEMA PUBLISHERS, 21–27. [3] Minkley, W.: Back analysis rock burst Völkershausen 1989. In: Proc. 1st Int. UDEC/3DEC Symposium Bochum, 29.09.–01.10.2004, A.A. BALKEMA PUBLISHERS, 105–112. [4] Uhlenbecker, F. W.: Gebirgsmechanische Untersuchun­gen auf dem Kaliwerk Hattorf (Werra-Revier). In: Kali und Steinsalz 5 (1971), Heft 10, 345–359. [5] Wittke, W.: Gutachten über den Einfluß der vorhandenen Abbaufelder auf die Tagesoberfläche – Teil IV Grube Merkers. Wittke Beratende Ingenieure für Grundbau und Felsbau GmbH, unveröffentlicht, 1993. [6] Wilke, F. L.: Gutachterliche Stellungnahme zum Gefährdungspotential Grube Merkers. Technische Universität Berlin, Institut für Bergbauwissenschaften, unveröffentlicht, 1994. [7] Natau, O.: Geotechnische Nachweise zur Standsicherheit von Untertagedeponien im Salzgestein. In: Felsbau (1997), Nr. 6. [8] Kießling, H.; Marggraf, P.: Aktuelle Aspekte des Kalibergbaus im Werrarevier. Thüringer Landesbergamt, Vortrag anlässlich des Festsymposiums 50 Jahre Kaliingenieurbüro Erfurt, Sept. 2005. [9] Minkley, W.: Gebirgsmechanische Beschreibung von Entfestigung und Sprödbrucherscheinungen im Carnallitit. In: Schriftenreihe des Instituts für Gebirgsmechanik GmbH, Heft 1, SHAKER Verlag Aachen, 2004. [10] Minkley, W.; Mühlbauer, J.; Wiedemann, M.; Naumann, D.: Prognose der dynamischen Langzeitstabilität von Grubengebäuden im Salinar unter Berücksichtigung von Diskontinuitäts- und Schichtflächen. BMBF-Abschlussbericht FKZ 02 C 0892, 2005. Kali und Steinsalz Heft 2/2006 19 Forschung und Entwicklung Excel-Programme zur Berechnung der Analysendaten von Salzlösungen und zur Quantifizierung von Mineralreaktionen mariner Evaporite Die diesem Beitrag zugrunde liegenden Arbeiten wurden im Auftrag des ­Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter von der geo-log GmbH in Braunschweig ausgeführt. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren. Dipl.-Ing. Ivonne Fangk geo-log GmbH, Braunschweig Prof. Dr. Albert Günter Herrmann, Göttingen 20 Kali und Steinsalz 2/2006 Mit den drei Programmen SALZLÖSUNG V2.0, REVAL V2.0 und REVAT V2.0 können verschiedene Kennwerte zur Charakterisierung des chemischen Stoffbestandes von Salzlösungen berechnet sowie die Auflösung und Umbildung von Salzmineral-Assoziationen bei der Einwirkung von Lösungen (Lösungsmetamorphose) sowie bei Temperaturerhöhungen (Thermometamorphose) quantifiziert werden. Das gilt für die Hauptbestandteile und das Element Br als Nebenbestandteil. Neben den Massenanteilen werden auch die Volumina der an den Reaktionen beteiligten Lösungen und Minerale berechnet. Darüber hinaus lässt sich die Zusammensetzung der natürlichen Salzgesteine mit den Massenanteilen der berechneten Mineral-Assoziationen vergleichen. Forschung und Entwicklung 1. Einleitung Die Hauptkriterien zur Beurteilung der in Evaporit-Ablagerungen marinen Ursprungs vorkommenden Salzlösungen sind deren quantitative chemische Zusammensetzungen und Konzentrationen an gelösten Komponenten. Diese werden in Form verschiedener Kennwerte aus den chemischen Analysen ermittelt. Damit lassen sich die bei der Einwirkung von Wasser und/oder ungesättigten Lösungen sowie bei höheren Temperaturen stattfindenden Umbildungen von Mineral-Assoziationen als Massenund Volumenbilanzen berechnen. Das hierfür erstmals vor 30 Jahren entwickelte und auf FORTRAN basierende Konzept bestand aus verschiedenen Einzelprogrammen, welche zusammen eine Einheit bildeten für Aussagen über die mögliche Entstehung und Herkunft von Lösungen in Kali- und Steinsalzlagerstätten sowie für die Quantifizierung von Prozessen der Lösungs- und Thermometamorphose (Herrmann et al., 1978, 1979). Aus diesem sind in den 1980er und 1990er Jahren mehrere Versionen für EDV-Programme entstanden, die inzwischen nicht mehr den aktuellen Entwicklungen der Software entsprachen. Es wurde daher auf der Basis von Microsoft Excel 2003 ein neues Programmpaket konzipiert. Hierfür standen noch alle für die ersten FORTRAN-Programme benutzten Originalunterlagen zur Verfügung, wodurch es möglich war, sämtliche Rechenabläufe zu überprüfen. Das neue Berechnungskonzept, welches sich in den Grundlagen ebenfalls an der Monographie von Braitsch (1962, 1971) und damit auch an der Zusammensetzung der Evaporite des Zechsteins orientiert, besteht aus den folgenden Einzelprogrammen, die unabhängig voneinander benutzt werden können: 1. Programm SALZLÖSUNG V2.0 (ursprünglich SALZLOESUNG, Herrmann et al., 1978) zur Berechnung verschiedener Kennwerte für Salzlösungen sowie zur Dokumentation geologischer Merkmale und Kriterien (Fangk et al., 2005). 2. Programm REVAL V2.0 (Reak- tionen Evaporite – Lösungen; ursprünglich LOESUNGSMET, Herrmann et al., 1978) zur Berechnung und Quantifizierung der Stoffumsätze bei Reaktionen zwischen Salzmineralen und Lösungen in Kalisalzlagerstätten des Sulfat- und Chlorid-Typs sowie in Steinsalzvorkommen (Fangk & Herrmann, 2006 a). 3. Programm REVAT V2.0 (Reaktionen Evaporite – Temperatur; ursprünglich THERMOMET, Herr- Abb. 1: Positionierung der Programme in einem Schema zur Beurteilung der Bildung und Umbildung mariner Evaporite (Fangk & Herrmann, 2006 a) / Criteria for assessing the origin and alteration of marine evaporites. The location of programmes are marked (Fangk & Herrmann, 2006 a) Kali und Steinsalz Heft 2/2006 21 Forschung und Entwicklung mann et al., 1979) zur Berechnung der Stoffumsätze bei Mineralreaktionen durch Temperaturänderungen in Kalisalzlagerstätten des Sulfat- und Chlorid-Typs (Fangk & Herrmann, 2006 b). Die Positionierung der Einzelprogramme in einem Schema zur Beurteilung der Bildung und Umbildung mariner Evaporite geht aus der Abb. 1 hervor. Die Programme sind konzipiert zur Anwendung in der geowissenschaftlichen Evaporitforschung sowie in Verbindung mit Kontrollaufgaben in Salzbergwerken und Untertage-Deponien. 2. Programm SALZLÖSUNG V2.0 In das Programm SALZLÖSUNG V2.0 können für jede Salzlösung verschiedene Daten wie die Probenum- mer, das Datum, die Herkunft der Proben und weitere Informationen eingelesen werden. Zur Ermittlung der Kennwerte für Salzlösungen werden die möglichen Hauptbestandteile als Kationen und Anionen Na+, K+, Mg2+, Ca2+, Cl-, SO42- sowie CO32- oder als Verbindungen (Chloride und Sulfate von Alkali- und ErdalkaliElementen sowie CaCO3) in Masse-% oder g/L eingegeben. Falls Verbindungen eingelesen werden, erfolgt zunächst eine Umrechnung in Masse-% Kationen und Anionen. Die Umrechnung der in den Lösungen enthaltenen Kationen und Anionen in fiktive Verbindungen erfolgt nach einem bestimmten Schema, wobei die nebeneinander möglichen Alkaliund Erdalkalikomponenten den binären bis quinären Systemen mariner Evaporite entsprechen. Basierend auf dem folgenden Rechenschema erlauben die Verbindungen Rückschlüsse auf die aufgelösten Minerale und Salzgesteine: Tritt CaCl2 auf, sind MgSO4, Na2SO4 und K 2SO4 gleich Null. Falls K 2SO4 vorkommt, fehlen MgCl2 und CaCl2. Bei gleichzeitiger Anwesenheit von Na2SO4 und K 2SO4 sind KCl, MgCl2 und CaCl2 gleich Null. Unmittelbar nach Eingabe der Daten berechnet SALZLÖSUNG V2.0, ohne gesonderten Berechnungsbefehl, die folgenden Kennwerte zur Charakterisierung des Stoffbestandes von Salzlösungen und dokumentiert diese auf dem Ausgabe-Blatt (Abb. 2): • Massengehalt (Masse-%) Kationen und Anionen in der Lösung Abb. 2: Ausgabeblatt für Standard-Test SALZLÖSUNG V2.0 (Fangk et al., 2005; siehe auch Herrmann et al., 1978) / Printout for standard test SALZLÖSUNG V2.0 (Fangk et al., 2005; see also Herrmann et al., 1978) 22 Kali und Steinsalz 2/2006 Forschung und Entwicklung • Massengehalt (Masse-%) Verbindungen in der Lösung • Massenkonzentration, Gramm Kationen und Anionen je Liter Lösung • Massenkonzentration, Gramm Verbindungen je Liter Lösung • mol Kationen und Anionen je 1000 mol H2O • mol Verbindungen je 1000 mol H2O • Ionen-% (nach Jänecke), berechnet aus Verbindungen mol/1000 mol H2O • Klassifikation der Lösung • mol-% für (Na + K) + Mg + Ca und Cl + SO4 + CO3 (Stoffmengenanteile) • Moläquivalente ( = Masse-%•Wertigkeit des Ions/Atom- bzw. Molekülmasse) für Na + K + Mg + Ca und Cl + SO4 + CO3 • Äquivalentprozente für (Na+K) + Mg + Ca und Cl + SO4 + CO3, berechnet aus den Moläquivalenten Die Moläquivalente ermög­lichen eine Äquivalenzkontrolle der eingelesenen Analysenwerte für Kationen und Anionen. Die Äquivalentprozente können zu einer graphischen Darstellung der Lösungszusammensetzung in Dreieckkoordinaten verwendet werden (nicht zu verwechseln mit Ionen-% nach Jänecke; Fangk et al., 2005). Die Komponente Natrium wird entweder als analytisch bestimmter Analysenwert eingelesen oder bei der Berechnung der Alkali- und Erdalkaliverbindungen als Äqui­ valent zum Rest-Cl (Chlorid) ermittelt. Das Programm berücksichtigt beide Möglichkeiten. Die Äquivalenz von Kationen und An­ionen lässt sich auch mittels der Gesamt- konzentration an Cl (als Chlorid, Cl-) ermitteln, wenn Analysenwerte für Na in das Programm eingelesen werden. Zur Positionierung von Salzlösungen nach chemischen Zusammensetzungen und Konzentrationen gibt es verschiedene Schemata. Für SALZLÖSUNG V2.0 ist die gleiche Klassifikation verwendet worden, welche bereits Bestandteil des ersten Programms SALZLOESUNG war. Sie besteht aus einer Einteilung in je 5 Haupt- und Untergruppen, in welche neben den Angaben in mol Verbindungen/1000 mol H2O auch die entsprechenden Werte in g/L und Masse-% sowie die Dichten der Lösungen eingehen (Herrmann et al., 1978). Mit SALZLÖSUNG V2.0 können auch Daten für verschiedene Nebenbestandteile und Spuren­ elemente mit µg/g Lösung (mg/kg) dokumentiert werden, welche das Programm in die ebenfalls häufig verwendeten Angaben mg/L Lösung umrechnet. Weiterhin ist auf dem Ausgabeblatt eine Rubrik „Bemerkungen“ vorgesehen, wo bei Bedarf zum Beispiel auch Isotopenwerte dokumentiert werden können. 3. Programm REVAL V2.0 Bei der Einwirkung wässriger Lösungen auf Gesteine von Steinsalz- und Kalisalzablagerungen entstehen durch die kongruente und inkongruente Auflösung eines Teiles der ursprünglichen Minerale gesättigte Lösungen, wobei es häufig auch zur Bildung neuer Bodenkörper kommt. Die hierbei stattfindenden Stoffumsätze sind bei bestimmten Temperaturen vor allem abhängig von der Zusammensetzung und Konzentration der Lösungen sowie dem Mineralbestand der Salzgesteine. Die Reaktionen lassen sich beschreiben und quantifizieren mit den Lösungsgleichgewichten für binäre, ternäre, quaternäre und quinäre Systeme. Darauf basiert REVAL V2.0. Hexäre Systeme sind nur in Einzelfällen denkbar. Ähnlich wie bei SALZLÖSUNG V2.0 können auch bei REVAL V2.0 verschiedene Angaben zu den an der Reaktion beteiligten Komponenten sowie zu den Reaktionsbedingungen dokumentiert werden. Die Konzentration der am Stoffumsatz beteiligten Hauptbestandteile wird für die Minerale in mol 2NaCl, 2KCl, MgCl2, MgSO4, Tab. 1: Die in REVAL V2.0 enthaltenen, mit Buchstaben gekennzeichneten Minerale und Komponenten / Minerals and components which are part of REVAL V2.0 Kali und Steinsalz Heft 2/2006 23 Forschung und Entwicklung CaSO4, CaCl2 und H2O eingegeben. Beispielsweise besteht Kieserit aus je 1 mol MgSO4 und H2O. Die Eingabe für die Lösungen erfolgt in mol Verbindungen je 1000 mol H2O (Abb. 3). REVAL V2.0 enthält bereits alle Angaben zur Zusammenset- zung von 28 Mineralen, welche mit Buchstaben aufgerufen werden (Tab. 1). Die Daten mol/1000 mol H2O für die Lösungen müssen dagegen in REVAL V2.0 eingelesen werden. Die hierzu notwendigen Werte können mit SALZLÖSUNG V2.0 berechnet oder Publikationen entnommen werden (z. B. D´Ans, 1933; Usdowski & Dietzel, 1998). Bei Rechnungen mit CaCl2 -haltigen Mineralen und Lösungen oder Na2SO4 - und/oder K 2SO4 -haltigen Lösungen sind folgende Überlegungen zu beachten: Rechnungen mit CaCl2-haltigen Mineralen und Lösungen Im Verlauf der Einwirkung CaCl2 haltiger Lösungen auf ein Salzgestein finden bei Anwesenheit (Typ Sulfat-Evaporitlagerstätten) oder Abwesenheit (Typ Chlorid-Evaporitlagerstätten) von Kieserit unterschiedliche Reaktionen statt. Ist Kieserit im Salzgestein im Überschuss enthalten, reagiert dieser mit dem CaCl2 der Lösung unter Bildung von Gips oder Anhydrit sowie MgCl2. In solchen Fällen wird im Rechenschema des Programms kein CaCl2 als Verbindung ausgewiesen, sondern diese Komponente entsprechend dem reziproken Salzpaar CaCl2 + MgSO4 CaSO4 + MgCl2 in folgender Weise umgeformt (Braitsch, 1962: 97; Herrmann et al., 1978; Tab. 2): mol CaCl2 = -mol MgSO4 + mol CaSO4 + mol MgCl2 Tab. 2: Umformung des CaCl2 am Beispiel des Minerals Tachhydrit (Fangk & Abb. 3: Ausgabeblatt 1 für Standard-Test REVAL V2.0 (Fangk & Herrmann, 2006 a; Herrmann, 2006 a) / Example for trans- siehe auch Herrmann et al., 1978) / Printout page 1 for standard test REVAL V2.0 formation of CaCl2 (Fangk & Herrmann, 2006 a) (Fangk & Herrmann, 2006 a; see also Herrmann et al., 1978) 24 Kali und Steinsalz 2/2006 Forschung und Entwicklung (Beispiel Abb. 3). Verbleibt dagegen bei dem Stoffumsatz CaCl2 in der entstehenden Lösung (ENTSL), muss auch in das Rechenschema diese Verbindung eingesetzt werden. Soll beispielsweise eine entsprechende Reaktion für ein Gestein mit der Mineral-Assoziation Halit + Tachhydrit + Carnallit berechnet werden, müssen im Rechenschema die mol CaCl2 des Tachhydrits ausgewiesen werden. Aus diesem Grund werden für die beiden CaCl2 -Minerale Tachhydrit (CaMg2Cl6·12H2O) und Chlorocalcit (KCaCl3) die Werte in mol sowohl mit als auch ohne CaCl2 angegeben. Na2SO4 = - MgCl2 + MgSO4 + 2NaCl (Braitsch, 1962: 47, 73). K 2SO4 ist im reziproken Salzpaar K 2SO4 + 2NaCl 2KCl + Na 2SO4 des quaternären Systems NaCl-KCl-Na 2SO4 -H 2O enthalten. Daraus folgt: K 2SO4 = - 2NaCl + 2KCl + Na2SO4. Es ist zu beachten, dass bei der Umrech- nung von K2SO4 das dabei gebildete Na2SO4 ebenfalls noch in der angegebenen Weise in MgCl2, MgSO4 und 2NaCl umgeformt werden muss (Herrmann et al., 1978; Tab. 3). Sämtliche im Programm REVAL V2.0 enthaltenen Minerale mit Na2SO4 - und/oder K 2SO4 -Komponen- Rechnungen mit Na2SO4- und/oder K 2SO4-haltigen Lösungen Das Rechenschema für die Lösung linearer Gleichungen enthält kein Na2SO4 und K 2SO4. Falls diese Bestandteile zu berücksichtigen sind, müssen sie formal nach einem ähnlichen Schema wie das CaCl2 umgeformt werden. Das geschieht für Na2SO4 in folgender Weise: Dem quaternären Randsystem NaCl-Na2SO4-MgCl2H2O des quinären Systems mariner Salzablagerungen entspricht das reziproke Salzpaar Na2SO4 + MgCl2 MgSO4 + 2NaCl. Daraus folgt: Tab. 3: Beispiel für die Umformung von K2SO4 (Fangk & Herrmann, 2006a) /­ Abb. 4: Ausgabeblatt 2 für Standard-Test REVAL V2.0 (Fangk & Herrmann, 2006 a; Example for transformation of K2SO4 (Fangk & Herrmann, 2006a). siehe auch Herrmann et al., 1978) / Printout page 2 for standard test REVAL V2.0 (Fangk & Herrmann, 2006 a; see also Herrmann et al., 1978) Kali und Steinsalz Heft 2/2006 25 Forschung und Entwicklung ten wurden in der angegebenen Weise umgeformt. Der Benutzer muss für die Dateneingabe lediglich noch die in den Salzlösungen vorhandenen Na2SO4 - und/oder K 2SO4 -Anteile umrechnen. Im Ausdruck wird die Zusammensetzung der ein- dringenden und der entstehenden Lösung korrekt mit den fiktiven Verbindungen CaCl2, Na2SO4 und K 2SO4 angegeben. Zur Kontrolle der verwendeten Zahlenwerte wird das vollständige Rechenschema dargestellt. Für die Unbekannten werden zunächst die Abb. 5: Ausgabeblatt 1 für Standard-Test REVAT V2.0 (Fangk & Herrmann, 2006 b; siehe auch Herrmann et al., 1979) / Printout page 1 for standard test REVAT V2.0 (Fangk & Herrmann, 2006 b; see also Herrmann et al., 1979) 26 Kali und Steinsalz 2/2006 Werte mol Minerale und Lösungen berechnet und anschließend erfolgt die Umrechnung von mol in Gramm für die einzelnen Minerale und die Lösungen. Für letztere werden noch die in den Lösungen enthaltenen fiktiven Verbindungen ermittelt (Abb. 3). Aus Gründen der Übersichtlichkeit ist es sinnvoll, die an der Reaktion beteiligten Minerale auf eine bestimmte Verbindung zu „normalisieren“. Es wird empfohlen, hierfür ein auf der linken Seite der Reaktionsgleichung stehendes und bei dem Stoffumsatz verschwindendes Mineral auszuwählen. Beispielsweise wird bei der inkongruenten Zersetzung von Carnallit dessen Masse gleich 100 g gesetzt. Die Massenanteile aller anderen Minerale und der Lösungen REAGL (reagierende Lösung) sowie ENTSL (entstehende Lösung) sind dann darauf bezogen (Abb. 3). Negative Werte bedeuten, dass die betreffenden Komponenten auf der linken Seite der Reaktionsgleichung verschwinden. Das heißt, sie werden auf der rechten Seite der Reaktionsgleichung neu gebildet, zusammen mit der entstehenden Gleichgewichtslösung (ENTSL). Das gilt für alle Reaktionen in „geschlossenen“ Systemen (Braitsch, 1962: 92). Ausgenommen hiervon sind Reaktionen, bei denen ein Teil des H2O der Lösung als Kristallwasser in einem neu gebildeten Mineral fixiert wird sowie bei der Eindunstung von Salzlösungen, wobei H2O in die Atmosphäre übergeht. Die Berechnung solcher Reaktionen Forschung und Entwicklung mit REVAL V2.0 ist in Fangk & Herrmann (2006 a) beschrieben. Neben den Massenanteilen für die verschwindenden und entstehenden Minerale sowie die Lösungen können mittels der Dichtewerte auch die Volumenanteile der an den Reaktionen beteiligten Massen berechnet werden (Abb. 4; Fangk & Herrmann, 2006 a). Für Aussagen über die Entstehung und Umbildung von Salzmineral-Assoziationen (Salzgesteinen) sowie die Genese der an den Mineralreaktionen beteiligten Lösungen ist die Kenntnis der absoluten Gehalte des Elements Br (als Bromid, Br-) und deren relative Verteilung in den Chloridmineralen sowie der absoluten Br-Anteile in den Salzlösungen das wichtigste Kriterium. Das geochemische Verhalten des Br bei der Bildung und Umbildung mariner Evaporite ist gut bekannt und quantifizierbar wie bei keinem anderen Neben- und Spurenbestandteil der Evaporite. Aus diesem Grund wird die Umverteilung des Br bei Reaktionen zwischen Salzgesteinen und Lösungen als signifikantes geochemisches sowie genetisches Kriterium mit REVAL V2.0 quantifiziert. Mit REVAL V2.0 lässt sich berechnen, welche Br-Konzentrationen in den neu gebildeten Mineralen und Lösungen vorliegen, wenn für die Ausgangsminerale und die mit denselben reagierenden Ausgangslösungen bestimmte BrGehalte in das Programm eingelesen werden. REVAL V2.0 ist so programmiert, dass nur für die berechneten Chloridminerale auf der linken und rechten Seite der Reaktionsgleichung die absoluten Br-Gehalte sowie für die rechte Seite der Reaktionsgleichung die Br-Verteilungsfaktoren aufgerufen werden. Br-Gehalte für nicht berechnete Minerale ignoriert das Programm. Auf diese Weise lassen sich Fehler und Doppelrechnungen bei der Bestimmung der Br-Verteilung vermeiden (Abb. 4; Fangk & Herrmann, 2006 a). Mit REVAL V2.0 lässt sich auch ein Vergleich zwischen der Mineralzusammensetzung der natür- Abb. 6: Ausgabeblatt 2 für Standard-Test REVAT V2.0 (Fangk & Herrmann, 2006 b; siehe auch Herrmann et al., 1979) / Printout page 2 for standard test REVAT V2.0 (Fangk & Herrmann, 2006 b; see also Herrmann et al., 1979) Kali und Steinsalz Heft 2/2006 27 Forschung und Entwicklung lich vorkommenden Salzgesteine und dem berechneten Stoffumsatz durchführen. Falls keine Daten zur Zusammensetzung des AusgangsGesteins eingegeben werden, bleibt dieser Block des Tabellenblatts leer (Abb. 4; Fangk & Herrmann, 2006). 4. Programm REVAT V2.0 Mineralogisch wichtige Umwandlungspunkte für Salzhydrate im quinären System mariner Evaporite liegen zwischen 11 °C (8,5 °C) für Kainit (z. B. D´Ans, 1933; Usdowski & Dietzel, 1998) und 167,5 °C für die inkongruente Zersetzung von Carnallit (z. B. D´Ans, 1933; Freyer et al., 2006). Geringe Temperaturerhöhungen in Salzgesteinen gegenüber den Temperaturen der Lösungen bei der Kristallisation bewirken eine Umbildung der Salzhydrate. Dieser Prozess wird allgemein als Thermometamorphose bezeichnet. Als Ursachen kommen vor allem Absenkungen der Evaporite in Tiefen von mehreren hundert bis über tausend Metern bei zunehmender Sedimentüberdeckung sowie bei vulkanischen Aktivitäten im Bereich von Salzablagerungen in Betracht. REVAT V2.0 basiert auf dem Original-Programm THERMOMET (Herrmann et al., 1979). Damit können die durch Temperaturerhöhungen verursachten Mineralreaktionen für Kalisalzvorkommen des Sulfat- und Chlorid-Typs berechnet werden. Bei REVAT V2.0 entfällt die reagierende Lösung (REAGL) und es wird lediglich die entstehende Lösung (ENTSL) in das Rechenschema einbezogen. Im Übrigen entspricht REVAT V2.0 im Grund- 28 Kali und Steinsalz 2/2006 konzept REVAL V2.0 (Abb. 5 und 6). Mit dem Programm REVAT V2.0 sind Berechnungen der Volumina für Minerale und die ENTSL sowie der Br-Verteilung ebenso möglich wie Vergleiche zwischen der Mineralzusammensetzung der natürlich vorkommenden Salzgesteine und dem berechneten Stoffumsatz. Ein Beispiel hierfür ist die Umwandlung eines Kainit-Gesteins in ein kieseritisches Hartsalz (Abb. 6; Fangk & Herrmann, 2006 b; siehe auch Herrmann et al., 1979). Abweichungen bei den Br-Werten sind bedingt durch die Aktualisierung des Br-Gehaltes im Halit auf 300 µg/g. 5. Dank Für Ratschläge und Hinweise bei der Bearbeitung der Programme danken wir den Herren Dr. G. Stier-Friedland und Dipl.-Geol. M. Ranft (BfS, Salzgitter) sowie Dipl.Geol. A. Oppermann, Dipl.-Ing. A. Bauwe, Dipl.-Geol. P. Körner und Dipl.-Phys. W. Langnickel (geo-log GmbH, Braunschweig). 6. Literatur BRAITSCH, O. (1962): Entstehung und Stoffbestand der Salzlagerstätten. Springer-Verlag, Berlin, Göttingen, Heidelberg, 232 S. BRAITSCH, O. (1971): Salt deposits. Their origin and composition. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 297 S. D´ANS, J. (1933): Die Lösungsgleichgewichte der Systeme der Salze ozeanischer Salzablagerungen. Verlagsgesellschaft für Ackerbau m. b. H., Berlin, 254 S. FANGK, I., BAUWE, A. & OPPERMANN, A. (2005): SALZLÖSUNG V2.0 Excel-Programm zur Berechnung von Kennwerten für Salzlösungen. Dokumentation zum Programm. geo-log GmbH, Braunschweig, 71 S. (unveröffentlichter Bericht für das Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter). FANGK, I. & HERRMANN, A. G. (2006 a): REVAL V2.0 Excel-Programm zur Berechnung von Mineralreak­tionen bei der Einwirkung von Lösungen auf Salzgesteine. Dokumentation zum Programm. geo-log GmbH, Braunschweig, 115 S. (unveröffentlichter Bericht für das Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter). FANGK, I. & HERRMANN, A. G. (2006 b): REVAT V2.0 Excel-Programm zur Berechnung von Reaktionen bei der thermometamorphen Umwandlung von Mineral-Assoziationen mariner Evaporite. Dokumentation zum Programm. geo-log GmbH, Braunschweig, 80 S. (unveröffentlichter Bericht für das Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter). FREYER, D., VOIGT, W. & BÖTTGE, V. (2006): Zur thermischen Stabilität von Tachhydrit und Carnallit. Kali u. Steinsalz 1/2006, Kassel, 28–37. HERRMANN, A. G., SIEBRASSE, G. & KÖNNECKE, K. (1978): Computerprogramme zur Berechnung von Mineral- und Gesteinsumbildungen bei der Einwirkung von Lösungen auf Kali- und Steinsalzlagerstätten (Lösungsmetamorphose). Kali u. Steinsalz 7, Essen, 288­–299. HERRMANN, A. G., SIEBRASSE, G. & KÖNNECKE, K. (1979): Computerprogramm zur Berechnung von Thermometamorphose-Prozessen in marinen Salzlagerstätten. Kali u. Steinsalz 7, Essen, 389–394. USDOWSKI, E. & DIETZEL, M. (1998): Atlas and data of solid-solution equilibria of marine evaporites. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 316 S.