Die Tiere sind die besten Beweise LBZ Echem setzt auf ein intensives Aufzuchtverfahren Rund 800 junge Menschen besuchen jährlich das Landwirtschaftliche Bildungs­zentrum der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Echem (LBZ). Es sind Auszubildende des dritten Lehrjahres, die vor Ort in der Rinderhaltung unterrichtet werden. Wenn sie während ihres mehrwöchigen Aufenthaltes in Echem mit Niko Mammen und Ramona Blecken zusammenarbeiten, staunen viele von ihnen nicht schlecht. Der Fachmann für Herdenmanagement und die Ausbilderin mit dem Schwerpunkt Milchviehhaltung sind klare Verfechter der intensiven Aufzucht von Kälbern und diese wird im LBZ nicht nur in der Theorie vermittelt sondern ganz praktisch gelebt. Dieses Verfahren ist nicht neu, wird aber immer noch etwas skeptisch beäugt. Alt hergebracht und in der Praxis weitverbreitet ist es, den Kälbern zwei Mal pro Tag etwa drei bis vier Liter Milch anzubieten. „Wir haben bei dieser Methode gemerkt, dass unsere Kälber nicht so vital waren und sich schlecht entwickelten“, berichtet Niko Mammen. Hinzu kamen Durchfall­erkrankungen, die die Tiere meist nicht ohne tierärztliche Hilfe und den Einsatz von Medikamenten überstanden. Deshalb suchte das LBZ nach Alternativen – und wurde mit der Hilfe von Klaus Bürsken von der AGRAVIS Raiffeisen AG fündig. Der Produktmanager stellte dem Bildungszentrum die intensive Aufzucht vor, die auch metabolische Programmierung genannt wird. „Natürlich gab es eine anfängliche Skepsis und man stellte sich die Frage, ob diese Methode auch auf die Betriebe der Auszubildenden übertragbar ist“, sagt Bürsken. Schlussendlich aber hat das LBZ den Versuch gewagt. Einige Bullenkälber wurden zunächst für die neue Fütterungsmethode ausgewählt. Die ersten „Aha-Effekte“ ließen dabei nicht lange auf sich warten: die Kälber tranken deutlich mehr, fraßen aber auch mehr. Die Tageszunahmen pro Tier verdreifachten sich, die Tiere sahen vital, fit und muskulös aus. Inzwischen wird die intensive Aufzucht bei allen Kälbern praktiziert. Das bedeutet, die Tiere werden nach wie vor zwei Mal am Tag gefüttert. Doch statt sechs bis acht Liter bekommen sie in den ersten vier Wochen 14 Liter Milch pro Tag, die ihnen in einem Eimer mit Nuckel ständig zur Verfügung stehen. „Wir halten uns 28 Aus der Praxis­ Auch die jüngsten Kälber dürfen so viel Milch trinken, wie sie wollen. Bis zum Abwinken. damit an das Vorbild aus der Natur“, erklärt Klaus Bürsken. Werden die Kälber bei der Mutterkuh groß, haben sie auch ständig unbegrenzten Zugang zur Milch. Vier Tage lang bekommen die Kälber in Echem Biestmilch, danach wird ihnen täglich bis zum 14. Lebenstag 14 Liter Vollmilch angeboten. Anschließend werden sie am Automaten umgesetzt und erhalten bis zum 28. Lebenstag täglich 12 Liter bei 140 Gramm MAT Combimilk Galant. Danach geht die Milchkurve bis zum 70. Lebenstag auf null Liter runter. Ein System, das für sich spricht. „Die Tiere selbst sind der beste Beweis“, sagt Niko Mammen. Seien sie doch größer, schwerer, vitaler und mit einem starken Immunsystem ausgestattet. Mit Durchfallerkrankungen – sofern sie noch auftreten – können die Kälber nun besser umgehen, meistens reicht eine homöopathische Behandlung. Zu beachten ist bei der Umstellung von extensiver auf intensive Aufzucht jedoch, dass sich das Verhalten der Tiere verändert: Springen sie sonst bei der Fütterung sofort auf, kann es durch die ständige Verfügbarkeit der Milch sein, dass die Kälber nun bei der Milchausgabe liegen bleiben. Die Tiere müssen genau beobachtet, eventuell aufgescheucht werden. Nur so kann der Landwirt herausfinden, ob sein Kalb satt ist oder ob es krankheitsbedingt liegen bleibt. „Das ist ein Lernprozess, auf den sich die Landwirte einlassen müssen“, weiß der Produktmanager. Die Auszubildenden in Echem haben viele Fragen zu dieser Aufzuchtsmethode. Sie drehen sich hauptsächlich um Aufwand und Kosten. „Es ist etwas arbeitsintensiver, denn die Milcheimer müssen sehr gründlich gereinigt werden“, sagt Ramona Blecken. Die höhere Tränkemenge bringt anfangs höhere Kosten mit sich. Sie rechnet sich jedoch langfristig durch den weitgehenden Verzicht auf Medikamente, die höhere Zunahme der Tiere und durch eine Reduzierung des Kraftfutters ab dem sechsten Lebensmonat. Ebenso können die Rinder früher belegt werden. „Früher war eine Erstbelegung mit 15 bis 16 Monaten Standard. Bei der intensiven Aufzucht sind die Tiere heute im Durchschnitt zwei Monate jünger“, sagt Niko Mammen. Kontakt Bei Fragen zur intensiven Aufzucht steht Ihnen Klaus Bürsken, Produktmanager Kälber, unter Tel. 0172 . 5306363 zur Verfügung. AGRAVIS aktuell 4/2013