MANAGEMENT Fleckvieh 3/ 2015 Herbstzeit – Grippezeit Husten, Schnupfen, Fieber - nicht nur uns Menschen, sondern auch die Rinder, vor allem aber die Kälber, erwischt es in der kalten Jahreszeit häufiger mit Atemwegserkrankungen und Grippe. Foto: Haubner Der Rindergrippe darf man keine Chance geben! Ein sauberes und gut belüftetes Umfeld im Kälberstall trägt maßgeblich dazu bei, dass die Tiere gesund bleiben und sich gut entwickeln. J edes Jahr im Herbst beginnt der Kreislauf von neuem, in den Arztpraxen stehen die Erkältungs- und Grippekranken Schlange und auch im Rinderstall häufen sich jetzt wieder die Fälle von Rinder- oder Kälbergrippe. Vornehmlich Jungtiere, die (noch) keinen guten Immunstatus aufweisen, erwischt es leicht. Die Rindergrippe, auch Enzootische Bronchopneumonie (EBP) genannt, gehört zu den multifaktoriellen Erkrankungen. Das alleinige Vorhandensein der Erreger (Viren und Bakterien), die immer und überall im Stall sind und auch natürlicherweise im Tier vorkommen, führt normalerweise nicht gleich zu einer Erkrankung der Tiere. Erst wenn weitere Faktoren hinzukommen, wird es ernst. Solche Faktoren sind beispielsweise Managementfehler wie schlechte Sauberkeit und Hygiene im Stall, Überbelegung, abrupte Futterwechsel, eine nicht bedarfsdeckende Fütterung oder eine mangelhafte Kolostrumversorgung sowie Unterkühlung der Kälber. Ein schlechtes Stallklima trägt ebenso zum Ausbruch der Kälbergrippe bei, wie sämtliche Stressfaktoren etwa Transporte, Auf- und Umstallen oder das Einbringen neuer Tiere in den Bestand. Prinzipiell können die Tiere das ganze Jahr über an Grippe erkranken, doch vor allem im Herbst und Winter trägt die feuchte, wieder kühlere Witterung im Zusammenspiel mit den aufgezählten Fak- toren dazu bei, dass die Tiere besonders leicht erkranken. Dass vor allem Kälber so leicht an Grippe erkranken hat zwei Gründe. Zum einen sind ihre Lungen zum Zeitpunkt der Geburt noch nicht vollständig ausgereift (bis zur sogenannten funktionellen Lungenreife dauert es etwa ein Jahr) und auch ihr Immunsystem muss sich erst entwickeln. Im Prinzip können sie schon bei der Geburt von der Mutter angesteckt werden. Eine schnelle und ausreichende Gabe von hochwertigem Kolostrum ist deshalb das A und O, um die Kälber mit Antikörpern zu versorgen. Schnell und ausreichend bedeutet: mindesens drei Liter innerhalb der ersten drei Stunden und weitere drei Liter innerhalb der nächsten zehn Stunden. Treten in einem Bestand schon bei sehr jungen Kälbern häufiger Atemwegserkrankungen auf, besteht die Möglichkeit, schon die trächtige Kuh vor der Geburt zu impfen. Das Kolostrum reichert sich dann mit den spezifischen Antikörpern an und hilft so, das Kalb von Beginn an besser zu schützen. Die Kälber selber können ab dem achten Tag frühgeimpft werden (siehe Impfschemata Abb. 1). Eine weitere Möglichkeit, den Infektionsdruck niedrig zu halten, ist die Bestandsimpfung. Hier wird der gesamte Tierbestand vor der Risikoperiode geimpft (Vorgehensweise siehe Abb. 2). Dies sollte im späten Sommer stattfinden. Dabei werden zwei Impfungen im Abstand von vier Wochen durchgeführt. Die letzte Impfung sollte etwa zwei Wochen vor Beginn der Riskioperiode abgeschlossen sein. Derzeit gibt es einen Kombinationsimpfstoff auf dem Markt, der sowohl gegen die wichtigsten Viren als auch gegen bestimmte Bakterien (z.B. Mannheimia haemolytica) wirkt und vom Kalb bis zur Mutterkuh eingesetzt werden kann. Kranke Tiere sofort behandeln Erkrankte Tiere müssen schnellst möglich behandelt werden. Wer die ersten Anzeichen einer Rindegrippe bereits frühzeitig erkennt, kann den Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen. Die regelmäßige Beobachtung der Kälbergruppen hilft, auffällige Einzeltiere frühzeitig zu erkennen. Liegen die Tiere abseits, stehen nicht auf und atmen schneller und tiefer, muss das Fieberthermometer zum Einsatz kommen. Liegt die Körpertemperatur über 39,5 °C sollte tierärztlicher Rat eingeholt und das Kalb gegebenenfalls behandelt werden, auch wenn noch keine weiteren SymptoQuelle: MSD 46 Abb. 1: Impfschema für hochtragende Kühe und Kälber gegen Rindergrippe. MANAGEMENT 47 Foto: Riesberg Quelle: MSD Fleckvieh 3/ 2015 Kranke Kälber sondern sich häufig von der Gruppe ab. Abb. 2: Impfschema für die Bestandsimpfung vor Risikoperioden, wie z.B. Veränderung der Witterung im Herbst. me, wie beispielsweise Ausfluss aus Nase, Maul und Augen zu erkennen sind. Wird das Kalb richtig krank, das heißt, es hat eine Lungenentzündung und zeigt schwere Krankheitssymptome, drohen bleibende Schäden (eingeschränkte Leistungsfähigkeit auf Lebenszeit) oder im schlimmsten Fall sogar der Tod des Tieres. Als Therapie wird der Tierarzt Antibiotika oder eine Kombination aus Antibiotika und Entzündungshemmer verabreichen. Das Antibiotikum bekämpft die Bakte- rien und der Entzündungshemmer soll drohende Lungenschäden verhindern. Außerdem wirkt er schmerzstillend und fiebersenkend. Ist auf Grund der Haltungsbedingungen oder der aktuellen Stress-Situation anzunehmen, dass weitere Tiere in einer Gruppe bereits infiziert aber noch nicht offensichtlich erkrankt sind, sollte über eine vorbeugende Behandlung dieser Tiere nachgedacht werden. Diese ›Metaphylaxe‹ genannte Therapieform ist allerdings seit der Debatte um den Antibiotikaverbrauch stark in die Kritik geraten, da hier die Medikamente vorbeugend gegeben werden. Um aber weiteres Leid der Tiere zu verhindern, ist diese Form der Therapie aber nach wie vor das Mittel der Wahl. Hier wird der Tierarzt ein möglichst lang wirkendes Antibiotikum verabreichen, um die Kälber über einen möglichst langen Zeitraum vor der Ansteckung mit Kälbergrippe zu schützen. AH Anzeige