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Hygiene World
for the
Cutting-edge expertise in hygiene and infection control
EDITORIAL
Absurd müssen sie klingen, die Ideen,
die zu Innovationen führen sollen.
Wenigstens am Anfang wünscht
ihnen das kein
Geringerer als
Albert Einstein.
Die Initiatoren der
Innovation Academy bei der
ICPIC Conference
in Genf denken in
großen Kategorien. Sonst hätten
sie die Ausschreibung für den
Innovationspreis
nicht mit diesem
Zitat Einsteins eingeleitet. Sie dürfen
und müssen dies auch tun. Vermutlich gibt es weltweit keine Liga in der
Krankenhaushygiene, die es mit der
aufnehmen könnte, die sich regelmäßig bei solchen Konferenzen trifft.
Dr. Elizabeth Bryce spielt in dieser
Liga. Und sie war gewiss weit entfernt davon, einer absurden Idee
nachzugehen, als sie mit ihrem Team
am Vancouver General Hospital
in Kanada via photodynamischer
Therapie Patienten operationsbegleitend dekolonisierte und damit
die Infektionen mit dem Keim Staphylococcus aureus deutlich zurückführte (siehe Beitrag Seite 2 dieser
Zeitung). Jedenfalls gewannen sie
und ihr Team den Innovationspreis,
zu dem wir an dieser Stelle noch
recht herzlich gratulieren möchten.
Einen Ausflug ins Reich des Absurden machen viele Patienten in der
Psychiatrie. So sieht es jedenfalls für
die psychisch gesunden Menschen
außerhalb der „Anstaltsmauern“
aus. Dass die Paranoia manchmal nur
ganz knapp neben einem gesunden
Bewusstsein für Hygiene liegen kann
INHALT
– das sehen wir immer wieder bei
Zeitgenossen mit Waschzwang oder
jenen, für die das Fläschchen mit
Handdesinfektion zum überstrapazierten Dauerbegleiter geworden
ist. Wie auch Dr. Bodo Kirchner im
nebenstehenden Interview erklärt,
gehört es tatsächlich zu den großen
Aufgaben all jener, die Verantwortung tragen in der Krankenhaushygiene, nicht über das Ziel hinauszuschießen. Man kann sie nirgends
sehen, die Keime, Viren, Pilze und
Sporen. Aber wir können sie vermuten, wir müssen wachsam sein
ihnen gegenüber – wir dürfen dabei
aber einfach unseren Realitätssinn
nicht verlieren.
Wie wichtig dieser gerade dann
ist, wenn Aufklärungsarbeit in
Sachen Hygiene geleistet wird,
darüber spricht auch Chandrakant
S. Ruparelia im Interview auf der
letzten Seite dieser Ausgabe von
„Hygiene for the World“. Nur wer
den nötigen Sinn für Realität mitbringt, dem werden Aufklärung
und Entwicklungshilfe in Sachen
Hygiene gelingen. Verstehen, wie die
Menschen „gestrickt“ sind, die man
am Wissen um die Wichtigkeit von
Desinfektion, Sterilisation und Handhygiene teilhaben lassen möchte, ist
das große Geheimnis der interkulturellen Zusammenarbeit. Ein wenig
wollen wir mit „Hygiene for the
World“ dazu beitragen. Aus diesem
Grund haben wir für Sie bei der
Entstehung dieser Ausgabe mit
Menschen gesprochen, ihnen Fragen gestellt und ihre Botschaften
für Sie aufbereitet, die sich auseinandersetzen damit, wie Hygiene, Emotionen und zu guter Letzt
auch die Innovationen miteinander
verknüpft sind.
Herzlichst, Ihr Markus Braun
[2] Ein Preis für Dr. Elizabeth Bryce
und ihr Team:
Am Vancouver General Hospital in Kanada steht
die Krankenhaushygiene auch für Forschung und
Innovation. So wurde das Team um die Hygienefachärztin Dr. Elizabeth Bryce bei der 2. ICPIC
Konferenz in Genf für die Erprobung einer zeitnahen Patienten-Dekolonisierung vor OPs via
photodynamischer Therapie ausgezeichnet.
[3] Salzburger Hygienetage:
Gertie van Knippenberg-Gordebeke, die „Queen
of Bedpans“, widmete sich der Fortbildung von
Krankenpflegeschülern. Vor allem die richtige
Handhabung von Patientengeschirren lag ihr
bei der Schulung des Nachwuchses in Salzburg
am Herzen.
[4] Sein Kultur-Code: Leben retten!
Die internationale Non-Profit-Gesundheitsorganisation Jhpiego ist in mehr als 50 Ländern aktiv
und kämpft gegen den vermeidbaren Tod von
Frauen und ihren Familien. Wir sprachen mit
Chandrakant S. Ruparelia, der sich bei Jhpiego
insbesondere der Infektionsprävention und -kontrolle widmet, über das Thema „Kultur-Code“.
[4] Impressum
Ausgabe 3 / September 2013
Das Kribbeln
im Kopf
Wenn Hygienefragen sich jenseits der Vernunft bewegen,
ist die Paranoia nicht mehr weit. Interview mit dem Hygieniker und Psychoanalytiker Dr. Bodo Kirchner
Das Wissen, dass die Hygiene sich zwischen Angst, Zwang und Hysterie bewegen kann, ist so alt
wie das Wissen um die Hygiene selbst. Was es bedeutet, wenn sich die Hygiene jenseits der
Vernunft bewegt, dieser Frage ging Dr. Bodo Kirchner während der Salzburger Hygienetage in
einem Vortrag nach. Wohl kaum ein Mediziner dürfte besser geeignet sein, diese Frage zu stellen –
und dazu auch einige Thesen zu wagen. Kirchner ist Facharzt für innere Medizin, Arzt für Allgemeinmedizin und Geriatrie, Palliativmedizin, psychosoziale und psychosomatische Medizin. Außerdem ist
er Psychoanalytiker und Lehranalytiker des Salzburger Arbeitskreises für Psychoanalyse, Psychotherapeut, Balint-Gruppen-Leiter und Supervisor. Wir sprachen mit dem Arzt, der außerdem auch
Hygienebeauftragter des Unfallkrankenhauses der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt
Landesstelle Salzburg ist, darüber, ob Hygiene „irre“ macht …
Frage:
Viele Hygienebeauftragte und
Hygienefachkräfte kommen mehr
oder weniger zufällig zu ihrem
Amt – sie werden häufig gefragt,
ob sie sich nicht um diese Aufgabe kümmern wollen. Verändert
solch ein Auftrag die Menschen?
Oder – provokanter formuliert:
Wie viel Psychose, wenn nicht
gar Neurose entwickelt man in
diesem Beruf?
Dr. Bodo Kirchner:
Es gehört sicherlich zu den großen
Herausforderungen in diesem
Beruf, dass man nicht paranoid
wird! Natürlich wird man sensibler gegen die unsichtbaren Gefahren aus der Welt der Keime –
man darf aber nicht verlernen,
diese Gefahren realistisch einzuschätzen. Vor allem Institutionen
Fragen & Antworten
Frage:
Gibt es tatsächlich keine Therapie gegen das Lungenvirus „Mers“?
Antwort:
Mehr als 50 Menschen sind bisher an dem erst seit
kurzem bekannten Lungenvirus Mers gestorben. Mehr
als 110 Infektionen sind bestätigt. Bisher wurden die
Patienten auf Intensivstationen behandelt, ihre Organe
unterstützt, eine direkte Therapie gab es jedoch nicht.
Allerdings scheint jetzt ein erster Therapieansatz gefunden zu sein, wie ein Versuch mit Affen hoffen lässt.
Das Team um Heinz Feldmann von den Rocky Mountain
Laboratories im US-Bundesstaat Montana infizierte
sechs Rhesusmakaken. Drei von ihnen wurden mit einer
Kombination der Wirkstoffe Interferon alpha und
Ribavirin behandelt. Die drei anderen bekamen nur
eine Scheinbehandlung. Die Tiere, die die echten
Medikamente erhielten, hatten keine Atemschwierigkeiten, die übrigen Affen hingegen schon. Der Verlauf der Erkrankung bei den Rhesusaffen ähnelt
milden bis mäßig schweren Erkrankungen bei
Menschen. Offensichtlich wirken die Medikamente
am besten dann, wenn sie frühzeitig nach einer Infektion verabreicht werden.
tappen gerne in diese
Falle. Ich habe es erlebt,
dass wir in Österreich von
einem Tag auf den anderen
den OP-Betrieb hätten
einstellen können, wenn
wir dem buchstäblich
Folge geleistet hätten,
was von oberster Stelle vor
lauter Angst verordnet
wurde. Unwissenheit ist
ein Faktor, der Ängste
beflügeln kann. Auf der
anderen Seite ist großes
Wissen, das man nicht in
der Praxis erlebt, genauso gefährlich. Ein Leutnant
vor Ort weiß im Krieg
manchmal mehr als der
General im Hinterland.
Frage:
Womit wir bei der kriegerischen und martialischen
Metaphorik wären, die die
Hygiene oft begleitet: Antibiotika
als Waffe, Kampf gegen Keime,
Sieg über einen Ausbruch, Killerkeime usw. Woher kommt dieses
kämpferische Vokabular?
Dr. Bodo Kirchner:
Weil wir diesen „Feind“ so schlecht
erkennen können, unterstellen wir
ihm metaphorisch böse Absichten.
Im Prinzip haben Keime aber
dasselbe Lebensinteresse wie der
Mensch. Dass man sich der Kriegsmetaphorik bedient, hat sicherlich
auch mit der Vergangenheit zu tun.
In der Geschichte des Menschen
gab es immer wieder Fantasien
über die Reinhaltung. Das Bild, dass
das Minderwertige das Höherwertige gefährdet, ist sehr alt.
Frage:
Einen Patienten mit einer Phobie
kann man mit einer Konfrontationstherapie heilen: Man lässt ihn
fliegen trotz Flugangst, zeigt ihm
Spinnen, auch wenn er große Angst
vor diesen Tieren hat. Wie hilft man
einem Patienten, der unter KeimPhobie leidet?
Dr. Bodo Kirchner:
Hier stößt die Therapie an ihre
Grenzen – weil man einen Keim
einfach nicht sehen kann. Man
muss mit der Imagination arbeiten
– man kann einen Patienten sich
vorstellen lassen, eine Türklinke
anzufassen, obwohl er Angst davor
hat, dass sie völlig verkeimt ist.
Insgesamt ist die Ansteckungsangst sehr schwer zu behandeln,
auch der Dermatozoen-Wahn, bei
dem Menschen glauben, dass sich
Lebewesen in ihrer Haut befinden;
stellt für Ärzte eine große Herausforderung dar. Meist helfen dann
nur zusätzliche Psychopharmaka
gegen die Angst, die sich an dieser
Fantasie festmacht.
Frage:
In Ihrem Vortrag bei den SalzFortsetzung auf Seite 2
[1]
Hygiene World
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for the
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NEWS · NEWS
„Innovation Award“ für Dr. Bryce
und das Vancouver General Hospital
Bakterienhemmer Triclosan:
Riskant in der Zahncreme?
Photodynamische Therapie (PDT) am Vancouver General Hospital, Kanada, getestet.
Dr. Elizabeth Bryce erhält im Namen des VGH für ihr Pilotprojekt Preis der ICPIC
„Wenn eine Idee am Anfang nicht absurd klingt, dann gibt es keine Hoffnung für sie. Innovation
ist nicht das Produkt logischen Denkens, auch wenn das Ergebnis logisch ist!“ Diese Worte Albert
Einsteins überschreiben die zweite „Innovation Academy“ der ICPIC Conference 2013 in Genf
(International Conference on Prevention & Infection Control). Gewonnen haben den Award in
diesem Jahr Dr. Elizabeth Bryce und ihr Team, bestehend aus Spezialisten aus dem Bereich
Infektionskontrolle, Qualitätssicherung & Patientensicherheit, Chirurgie und medizinische
Mikrobiologie des Vancouver General Hospital.
Der mit 10.000 Schweizer Franken
dotierte Preis honorierte damit die
Arbeit des Teams im Bereich der
Vermeidung operationsbegleitender Infektionen – und zwar durch
Score Analyse, bei der behandelte
und unbehandelte Patienten verglichen werden, legte den Beweis
dar, dass die Dekolonisierungstherapie das Infektionsrisiko bei
Hospital. Mehr als 5.000 Patienten
wurden während dieser Studie
mit einer Kombination aus nasaler
Photodesinfektion (der neuartigen
Technologie) und ChlorhexidinAbwaschungen des Körpers behandelt – und die Zahl der postoperativen Wundinfektionen reduzierte sich um 42 Prozent. Dr.
Elizabeth Bryce erklärt: „Dank
dieser neuen Methode sparte die
Klinik 1,3 Millionen kanadische
Dollar an Kosten, die ansonsten
für die Behandlung der zu erwartenden Infektionen hätten aufgewandt werden müssen, wäre
diese Methode nicht angewandt
worden!“
Das ist allerdings nicht das einzige beeindruckende Ergebnis, das
das multidisziplinäre Team um
In wenigen Minuten
kann ein Patient
dekolonisiert und vor
Schaden bewahrt werden
eine präoperative zeitnahe Dekolonisierung von Patienten. „Wir
haben die Methode der UV-Desinfektion in der Nasenhöhle der
Patienten in Kombination mit in
Chlorhexidin getränkten Tüchern
zur Behandlung des übrigen Körpers unmittelbar vor der Operation
verwendet“, erklärt Elizabeth Bryce
die innovative Vorgehensweise.
Diese Methode reduzierte laut
Aussage der Kollegen in der
Mikrobiologie der Klinik in 82 Prozent der Fälle die Staphylococcusaureus-Besiedelung in der Nase
der Patienten. Eine Propensity
operativen Eingriffen um mehr als
das Zehnfache reduziert hatte.
Zwölf Monate dauerte das Pilotprojekt am Vancouver General
Fortsetzung von Seite 1 Das Kribbeln im Kopf
burger Hygienetagen haben Sie
den zwangsneurotischen Modus
erklärt, zu dem Dinge gehören
wie Angst vor Beschmutzung
und Ansteckung, Ordnung, Sauberkeit, Korrektheit, Macht, Kontrolle, Überwachung und Strafe.
Lässt das Schlüsse auf den idealen
Hygieniker zu?
[2]
Dr. Bodo Kirchner:
Diese Frage war auch von mir
ironisch gemeint mit einem Schuss
Selbstkritik … All diese Begriffe
gehören ja zu den ureigenen
Aufgaben eines Hygienikers –
inklusive der restriktiven Maßnahmen. Die Hygieniker, Hygienefachkräfte und Hygienebeauftrag-
Elizabeth Bryce bei der einjährigen
Studie vorlegen konnte. So ist zum
Beispiel die von dem Team angewandte Dekolonisierungsmethode
sofort wirksam und nimmt lediglich zehn Minuten für die Durchführung in Anspruch, während
bei traditionellen Methoden die
Patienten im Rahmen einer Dekolonisierung mit nasalen Antibiotika über einen Zeitraum von
fünf bis sieben Tagen sowie Chlorhexidin-Abwaschungen behandelt
werden müssen. Laut Bryce ist eine
Compliance von 94 Prozent der
Beweis dafür, dass sich dieser neue
Prozess der Dekolonisierung spielend in die Operationsvorbereitung
des Patienten integrieren lässt.
Was für Elizabeth Bryce mindestens genauso wichtig ist: „Die
antimikrobielle photodynamische
te, die ich auf Kongressen so
treffe, sind aber alle ganz vernünftig. Im Grunde sind sie keine typischen Zwangsneurotiker, die gerne
die anderen quälen. Der Umgang
mit Ängsten braucht aber manchmal dennoch den Zwang. Wenn
Piloten vor dem Start zwanghaft
ihre Checkliste durcharbeiten, ist
das ein sorgfältiger, verantwortungsvoller Umgang mit der Angst,
Therapie verursacht keine Resistenzen bei den Mikroorganismen.
Wir können mit dieser Methode
sogar bereits resistente Bakterien
eradizieren.“
Dr. Elizabeth Bryce und das Team
haben auf diese Weise der Krankenhausverwaltung ein Szenario
vorgeführt und bewiesen, dass die
Einbeziehung der Dekolonisierung
in die Operationsvorbereitungen
erhebliche Kosteneinsparungen mit
sich bringt. So sank beispielsweise
die Zahl der nach Entlassung
wieder neu eingelieferten Patienten aufgrund einer Wundinfektion während der Testphase auf
monatlich 1,5 gegenüber den vorher 4 Patienten monatlich. In die
Testreihe aufgenommen wurden
übrigens Patienten für große chir-
urgische Eingriffe einschließlich
kardiologischer, spinaler, orthopädischer, thorakaler und vaskulärer Eingriffe sowie für Brustrekonstruktionen und neurochirurgische Eingriffe.
Insgesamt 40 Teams nahmen am
Innovationswettbewerb der ICPIC
während der Konferenz teil, die
im Juni 2013 in Genf zum zweiten
Mal von Didier Pittet, Leiter des
Infektionskontrollprogramms und
WHO-Kooperationszentrums für
Patientengesundheit an der Universität der Genfer Krankenhäuser,
initiiert wurde.
Die antimikrobielle photodynamische Therapie wurde übrigens von
Ondine Biomedical, einem Unternehmen aus Vancouver, entwickelt.
Grippe-Impfstoff
weiß sich anzupassen
Die Crux der Grippe-Impfung besteht vor allen Dingen darin, dass
sich die Erreger der Virusgrippe beständig verändern. Über einen
Impfstoff zu verfügen, der sich rasch an virale Mutationen
anpassen kann, wäre eine ausgesprochen praktische Lösung
bei der alljährlichen Impfaktion gegen Grippe. Hierbei würde es
sich um einen sogenannten rekombinanten
Foto: Eisenhaus – Fotolia.com
Grippe-Impfstoff handeln.
Genau dieser wurde jetzt in den USA zugelassen.
Wie der Hersteller Protein Sciences Corporation
mitteilt, hat der innovative saisonale Grippe-Impfstoff Flublok ein großes Plus: Der gentechnisch
hergestellt Grippe-Impfstoff enthält keine kompletten Viren, sondern nur das Glykoprotein
Hämagglutinin. Dieses trägt wiederum die
wichtigsten antigenen Strukturen der Virusoberfläche. Was darüber hinaus entscheidend ist: Auch
die Hülle des Influenzavirus A besteht zu 80 Prozent aus Hämagglutinin. Der neue Impfstoff kann
drei aktuell relevante Virusvarianten erfassen: die
Influenza-A-Stämme H1N1 und H3N2 sowie einen Influenza-B-Stamm.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt die Maßgaben vor,
nach denen die Virustypen ausgewählt werden, und leitet die ImpfstoffHersteller damit an, welche Stämme für die folgende Saison verwendet
werden sollen.
Wie die US-Arzneibehörde FDA in einer Pressemitteilung informiert,
wurde die Wirksamkeit des rekombinanten Impfstoffs in einer placebokontrollierten Multicenter-Studie an insgesamt 2300 Amerikanern
getestet. Rund 45 Prozent der Geimpften entwickelten protektive Antikörper – und zwar Antikörper gegen alle zirkulierenden Virusstämme, nicht
nur gegen die drei, deren Proteine in der Vakzine enthalten sind.
etwas Wichtiges zu vergessen. Das
Einzige, worauf man achten muss,
ist, dass der Zwang ein gutes Maß
hat und dass er sich nicht zur
Hysterie oder Paranoia entwickelt.
Man darf nicht dem Wahn verfallen, dass man diesen Kampf gewinnen könnte. Immer wenn man
das glaubt, muss man zur Kenntnis
nehmen, dass dieser Kampf gerade
erst anfängt. Penicillin hat uns nicht
nur stark gemacht beim Heilen
von Krankheiten – es schwächt
uns auch, weil ein Selektionsdruck
bei den Bakterien entsteht.
Ein absolutes System, eine Art
Hygiene-Faschismus, lässt uns
keinen Kampf gewinnen. Und auch
AIDS hat uns gelehrt: Das Problem
sind manchmal nicht die Keime,
sondern das Immunsystem, das
nicht funktioniert.
Salzburger Hygienetage:
Geschärftes Profil und
Angebot für den Nachwuchs
Mit den Salzburger Hygienetagen hat sich der
Salzburger Arbeitskreis Hygiene (SAKH) den Ruf eines
Konferenz-Machers erarbeitet, der die Hygiene-Themen
gerne von ungewöhnlicher Seite angeht, um den
Blickwinkel der eigenen Arbeit zu erweitern. Zum
7. Mal fand die Veranstaltung dieses Jahr im Mai statt.
In der Nachbetrachtung zeigte sich Dr. Markus Hell,
Facharzt für Hygiene am Landeskrankenhaus Salzburg Universitätsklinikum, absolut zufrieden mit
der Resonanz auf die Veranstaltung und auch damit,
dass ein wichtiges Ziel erreicht wurde: „Wir wollen
der Veranstaltung ein Profil geben. Dazu gehört einerseits ein regionales Einzugsgebiet, andererseits bieten
wir internationale Referenten.“
Zu diesen gehörte auch in diesem Jahr wieder die
niederländische Hygienefachkraft und Inhaberin des
Beratungsunternehmens KNIP Consult, Gertie van
Knippenberg-Gordebeke. Die international renommierte
Referentin, die mittlerweile den Titel „Queen of
Bedpans“ trägt, hielt nicht nur einen Vortrag über die
Aufgaben der Hygienefachkraft als „Spinne im Netz“
in einem Krankenhaus, sie widmete sich auch mit
Enthusiasmus der Fortbildung junger Krankenpflegeschüler. „Diese sind die Zukunft“, begründete Dr.
Markus Hell die Tatsache, dass man zum ersten Mal
auch dem zukünftigen Pflegefachpersonal im Rahmen
der Hygienetage ein Angebot unterbreitete.
An einem von MEIKO, Hersteller von Reinigungsund Desinfektionsautomaten, bereitgestellten Steckbeckenspüler schulte die niederländische Expertin aus
Leidenschaft den Nachwuchs im richtigen Beladen eines
Reinigungs- und Desinfektionsgeräts. Es gab aber auch
noch fundierte Theorie zum Thema Steckbeckenspüler
und Gefahren, die von nicht ausreichend aufbereiteten
Patientengeschirren bzw. dem falschen Umgang mit
ihnen ausgehen können.
Die Guten und die Bösen
auf einer Intensivstation
Sollte man die bisherigen
Hygiene- und Sanitätsmaßnahmen in Krankenhäusern
hinterfragen? Wird zu viel gereinigt, desinfiziert, sterilisiert?
Forscher der Technischen und
der Medizinischen Universität
Graz haben die mikrobiellen
Bewohner einer Intensivstation
genauer untersucht. Sie sind
dabei zu dem Schluss gekommen: Es gibt nicht nur
eine unerwartet hohe Anzahl verschiedener Arten – es
gibt durchaus auch potenzielle
Nützlinge!
Das Team um Professor Dr.
Gabriele Berg veröffentlichte seine
Ergebnisse im „Scientific Report“
und ergänzte in einer Pressemitteilung: „Die Nützlinge im
Krankenhaus-Mikrobiom stellen
sich potenziellen Krankheitserregern entgegen und sind daher
zu fördern.“
Daraufhin äußerte Professor Dr.
Christina Wolz, Arbeitsgruppenleiterin am Institut für medizinische
Mikrobiologie und Hygiene an der
Universität Tübingen, erhebliche
Zweifel an dieser Schlussfolgerung:
„Diese Bestandsaufnahme des
Mikrobioms einer Intensivstation
liefert keinerlei Evidenz dafür, dass
die Hygienemaßnahmen geändert
werden sollten.“ Selbst nichtpathogene Keime könnten den
Patienten auf einer Intensivstation
gefährlich werden und „deshalb
muss es dort so sauber sein wie
möglich“.
Professor Berg hingegen zitiert
in ihrer Pressemitteilung die Warnung des Mikrobiologen Professor
Dr. Martin Blaser. Er ist Leiter
des Department of Medicine am
Langone Medical Center der New
York University und warnte vor
einem Übergebrauch von Antibiotika. Er forderte in einem Kommentar bereits vor zwei Jahren:
„Hört auf damit, nützliche Bakterien zu töten!“ Blaser schrieb darüber in der Zeitschrift „Nature“.
Seiner Meinung nach könnte die
Zerstörung der protektiven, freundlichen Flora des menschlichen
Körpers durch Antibiotika für die
Gesundheit sogar noch gefährlicher
sein als die Erschaffung resistenter
Mikroben, sogenannter „Superbugs“. In seinem Kommentar in
„Nature“ schreibt Blaser weiter:
„Jedes Kind in den USA und anderen entwickelten Ländern bekommt
bis zur Volljährigkeit durchschnittlich 10 bis 20 Dosen Antibiotika.
Damit werden auch freundliche
Bakterien abgetötet, was möglicherweise zum Anstieg von Übergewicht, Allergien, Asthma, ent-
zündlichen Darmerkrankungen und
Typ-1-Diabetes beiträgt. Ich glaube, dass die Ärzte in der Zukunft
die verlorenen Mitglieder unserer
normalen Flora ersetzen werden,
um die Wahrscheinlichkeit für
die Entwicklung dieser schweren
und chronischen Krankheiten zu
verringern.“
In der Intensivstation der UniKlinik Graz hatten die Forscher um
Berg Proben von 34 Stellen
gewonnen: vom Boden, mehreren
Arbeitsplätzen und von verschiedenen medizinischen Gerätschaften. Sie fanden dabei Bakterien, die
für gewöhnlich außerhalb einer Klinik vorkommen, aber auch nahe
Verwandte von potenziellen Erregern menschlicher Krankheiten –
allerdings auch zahlreiche Nützlinge. Die Forscher ermittelten aber
auch mehrere Unterarten von Propioni-, Pseudomonas- und Burkholderia-Bakterien – insgesamt stieß
man auf 405 Gattungen aus sieben
verschiedenen Bakterienstämmen.
Ein weiteres Ergebnis: Gattungen,
die auf der Haut leben, dominierten auf den medizinischen Geräten
und den Arbeitsflächen. Das hatten
die Forscher erwartet, leben doch
typischerweise mehr als 150 Bakterienarten auf einer menschlichen
Handfläche.
Was Zähneputzen mit Resistenzen von Bakterien zu tun haben kann?
Eine ganze Menge! Der Wirkstoff Triclosan in Zahncremes soll gegen
Zahnfleischprobleme, Plaque und Mundgeruch wirken. Der Schwede
Bo Jönsson, Chemieprofessor an der Universität Lund, hat jedoch festgestellt: Triclosan findet sich bei der Verwendung von Zahncreme mit
diesem Wirkstoff bereits binnen einer Woche mit einem mehr als
tausendfach erhöhten Wert im Urin der Probanden. Er rät deshalb
Kindern und Schwangeren von Zahnpasta mit Triclosan ab, weil er fürchtet,
diese könnte hormonschädigend wirken.
In Deutschland hat man zu Triclosan eine
nicht ganz eindeutige Meinung beim
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR).
Wegen der möglichen Resistenzentwicklung rät das Institut seit Jahren
Foto: Vally – Fotolia.com
vom Gebrauch von Triclosan in nichtmedizinischen Bereichen ab. Bei den Forschungsergebnissen von
Bo Jönsson zeigt man sich beim BfR hingegen weniger beunruhigt
und verweist auf die europaweit geltenden Triclosan-Grenzwerte für
Kosmetika, die in der Europäischen Union festgelegt wurden.
Hepatitis – eine
unterschätzte Gefahr?
Allen fünf Hepatitis-Virustypen ist eines gemeinsam: Sie greifen die Leberzellen an, die sie für die
eigene Vermehrung nutzen. Das Immunsystem
kann die Viren nur bekämpfen, indem es infizierte Zellen zerstört. Es kommt zur Hepatitis, zur
Leberentzündung. Hepatitis A und E gelten als
weniger gefährlich, Infektionen mit den Virustypen Bildquelle: Wikimedia/CDC
B, C und D können hingegen kritisch verlaufen. Deutsche Experten
fordern deshalb ein intensiveres Screening, da gerade Patienten mit dem
Hepatitis-B- oder C-Virus meist nur zufällig entdeckt werden. Leberkrebs
gehört weltweit zu den fünfthäufigsten Krebserkrankungen.
Das Hepatitis-A-Virus scheiden infizierte Menschen unter anderem mit
dem Stuhl aus. Circa 50 Prozent der infizierten Patienten entwickeln eine
Gelbsucht. Meist heilt die Erkrankung aus und hinterlässt keine Schäden.
Das Hepatitis-E-Virus ist vor allem in Südostasien, Afrika sowie in Mittelund Südamerika aktiv und wird über verunreinigtes Trinkwasser oder
Nahrungsmittel übertragen. Spezielle Medikamente dagegen gibt es nicht.
Das Hepatitis-B-Virus ist sehr ansteckend. Es wird von Mensch zu Mensch
über Blut, Speichel und Vaginalsekret übertragen. Bei Erwachsenen heilt
die Krankheit in bis zu 95 Prozent der Fälle innerhalb von drei Monaten
aus. Dauert die Infektion länger als sechs Monate, spricht man von einer
chronischen Virushepatitis. In 20 bis 30 Prozent entwickelt sich sogar eine
Leberzirrhose. Gegen dieses Virus gibt es eine Impfung.
Das Hepatitis-C-Virus wird vor allem durch Blut und Blutprodukte übertragen. 95 Prozent der Infizierten haben keine Beschwerden und es gibt
keine direkte Beziehung zwischen Infektion und erhöhten Leberwerten.
Die Hepatitis-C-Viren können vollständig aus dem Körper entfernt
werden, das Risiko einer chronischen Infektion ist jedoch hoch. 50 bis 80
Prozent der Infizierten entwickeln eine chronische Leberentzündung.
Das Risiko, an Leberkrebs zu erkranken, beträgt etwa vier Prozent.
Mit Hepatitis-D-Viren können sich nur Menschen anstecken, die bereits
mit dem Hepatitis-B-Virus infiziert sind. Treten beide Infektionen auf,
verläuft die Erkrankung meist schwer. Medikamente schlagen nur bei
etwa einem Viertel der Patienten an.
Berg und ihre Kollegen berichteten,
dass ein hoher Anteil der Bakterien potenziell humanpathogen
gewesen sei, und sie vermuten, dass
die Patienten auf der Intensivstation zur Ausbreitung der Bakterien
beigetragen haben. Das Team
verglich die Daten mit denen der
während des Studienzeitraums
erfassten Infektionen und sah den
Verdacht bestätigt. Den Großteil
der Erkrankungen verursachten
Staphylococcus, E. coli, Klebsiella,
Pseudomonas, Serratia, Enterobacter, Edwardsiella, Proteus und
Chryseobacterium.
Was die Forscher um Berg aber
auch fanden, waren Bakteriengattungen, die in Symbiose mit
Pflanzen leben können oder
die als Pro- und Präbiotika verwendet werden wie Burkholderia,
Pseudomonas, Lactobacillus und
Methylobacterium.
Ihre Schlussfolgerung: „Wer bei
Bakterien im Krankenhaus sofort
an gefährliche Erreger denkt, irrt.
Weil bisherige Hygiene- und Sterilitätsmethoden nicht zwischen
wünschenswerten und gefährlichen
Bakterien unterscheiden, braucht
man ein anderes Verständnis von
Sterilität und eine neue Bewertung
bisheriger Hygienemaßnahmen im
Krankenhausbetrieb.“
Quelle: Medscape
[3]
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„Innovation Award“ für Dr. Bryce
und das Vancouver General Hospital
Bakterienhemmer Triclosan:
Riskant in der Zahncreme?
Photodynamische Therapie (PDT) am Vancouver General Hospital, Kanada, getestet.
Dr. Elizabeth Bryce erhält im Namen des VGH für ihr Pilotprojekt Preis der ICPIC
„Wenn eine Idee am Anfang nicht absurd klingt, dann gibt es keine Hoffnung für sie. Innovation
ist nicht das Produkt logischen Denkens, auch wenn das Ergebnis logisch ist!“ Diese Worte Albert
Einsteins überschreiben die zweite „Innovation Academy“ der ICPIC Conference 2013 in Genf
(International Conference on Prevention & Infection Control). Gewonnen haben den Award in
diesem Jahr Dr. Elizabeth Bryce und ihr Team, bestehend aus Spezialisten aus dem Bereich
Infektionskontrolle, Qualitätssicherung & Patientensicherheit, Chirurgie und medizinische
Mikrobiologie des Vancouver General Hospital.
Der mit 10.000 Schweizer Franken
dotierte Preis honorierte damit die
Arbeit des Teams im Bereich der
Vermeidung operationsbegleitender Infektionen – und zwar durch
Score Analyse, bei der behandelte
und unbehandelte Patienten verglichen werden, legte den Beweis
dar, dass die Dekolonisierungstherapie das Infektionsrisiko bei
Hospital. Mehr als 5.000 Patienten
wurden während dieser Studie
mit einer Kombination aus nasaler
Photodesinfektion (der neuartigen
Technologie) und ChlorhexidinAbwaschungen des Körpers behandelt – und die Zahl der postoperativen Wundinfektionen reduzierte sich um 42 Prozent. Dr.
Elizabeth Bryce erklärt: „Dank
dieser neuen Methode sparte die
Klinik 1,3 Millionen kanadische
Dollar an Kosten, die ansonsten
für die Behandlung der zu erwartenden Infektionen hätten aufgewandt werden müssen, wäre
diese Methode nicht angewandt
worden!“
Das ist allerdings nicht das einzige beeindruckende Ergebnis, das
das multidisziplinäre Team um
In wenigen Minuten
kann ein Patient
dekolonisiert und vor
Schaden bewahrt werden
eine präoperative zeitnahe Dekolonisierung von Patienten. „Wir
haben die Methode der UV-Desinfektion in der Nasenhöhle der
Patienten in Kombination mit in
Chlorhexidin getränkten Tüchern
zur Behandlung des übrigen Körpers unmittelbar vor der Operation
verwendet“, erklärt Elizabeth Bryce
die innovative Vorgehensweise.
Diese Methode reduzierte laut
Aussage der Kollegen in der
Mikrobiologie der Klinik in 82 Prozent der Fälle die Staphylococcusaureus-Besiedelung in der Nase
der Patienten. Eine Propensity
operativen Eingriffen um mehr als
das Zehnfache reduziert hatte.
Zwölf Monate dauerte das Pilotprojekt am Vancouver General
Fortsetzung von Seite 1 Das Kribbeln im Kopf
burger Hygienetagen haben Sie
den zwangsneurotischen Modus
erklärt, zu dem Dinge gehören
wie Angst vor Beschmutzung
und Ansteckung, Ordnung, Sauberkeit, Korrektheit, Macht, Kontrolle, Überwachung und Strafe.
Lässt das Schlüsse auf den idealen
Hygieniker zu?
[2]
Dr. Bodo Kirchner:
Diese Frage war auch von mir
ironisch gemeint mit einem Schuss
Selbstkritik … All diese Begriffe
gehören ja zu den ureigenen
Aufgaben eines Hygienikers –
inklusive der restriktiven Maßnahmen. Die Hygieniker, Hygienefachkräfte und Hygienebeauftrag-
Elizabeth Bryce bei der einjährigen
Studie vorlegen konnte. So ist zum
Beispiel die von dem Team angewandte Dekolonisierungsmethode
sofort wirksam und nimmt lediglich zehn Minuten für die Durchführung in Anspruch, während
bei traditionellen Methoden die
Patienten im Rahmen einer Dekolonisierung mit nasalen Antibiotika über einen Zeitraum von
fünf bis sieben Tagen sowie Chlorhexidin-Abwaschungen behandelt
werden müssen. Laut Bryce ist eine
Compliance von 94 Prozent der
Beweis dafür, dass sich dieser neue
Prozess der Dekolonisierung spielend in die Operationsvorbereitung
des Patienten integrieren lässt.
Was für Elizabeth Bryce mindestens genauso wichtig ist: „Die
antimikrobielle photodynamische
te, die ich auf Kongressen so
treffe, sind aber alle ganz vernünftig. Im Grunde sind sie keine typischen Zwangsneurotiker, die gerne
die anderen quälen. Der Umgang
mit Ängsten braucht aber manchmal dennoch den Zwang. Wenn
Piloten vor dem Start zwanghaft
ihre Checkliste durcharbeiten, ist
das ein sorgfältiger, verantwortungsvoller Umgang mit der Angst,
Therapie verursacht keine Resistenzen bei den Mikroorganismen.
Wir können mit dieser Methode
sogar bereits resistente Bakterien
eradizieren.“
Dr. Elizabeth Bryce und das Team
haben auf diese Weise der Krankenhausverwaltung ein Szenario
vorgeführt und bewiesen, dass die
Einbeziehung der Dekolonisierung
in die Operationsvorbereitungen
erhebliche Kosteneinsparungen mit
sich bringt. So sank beispielsweise
die Zahl der nach Entlassung
wieder neu eingelieferten Patienten aufgrund einer Wundinfektion während der Testphase auf
monatlich 1,5 gegenüber den vorher 4 Patienten monatlich. In die
Testreihe aufgenommen wurden
übrigens Patienten für große chir-
urgische Eingriffe einschließlich
kardiologischer, spinaler, orthopädischer, thorakaler und vaskulärer Eingriffe sowie für Brustrekonstruktionen und neurochirurgische Eingriffe.
Insgesamt 40 Teams nahmen am
Innovationswettbewerb der ICPIC
während der Konferenz teil, die
im Juni 2013 in Genf zum zweiten
Mal von Didier Pittet, Leiter des
Infektionskontrollprogramms und
WHO-Kooperationszentrums für
Patientengesundheit an der Universität der Genfer Krankenhäuser,
initiiert wurde.
Die antimikrobielle photodynamische Therapie wurde übrigens von
Ondine Biomedical, einem Unternehmen aus Vancouver, entwickelt.
Grippe-Impfstoff
weiß sich anzupassen
Die Crux der Grippe-Impfung besteht vor allen Dingen darin, dass
sich die Erreger der Virusgrippe beständig verändern. Über einen
Impfstoff zu verfügen, der sich rasch an virale Mutationen
anpassen kann, wäre eine ausgesprochen praktische Lösung
bei der alljährlichen Impfaktion gegen Grippe. Hierbei würde es
sich um einen sogenannten rekombinanten
Foto: Eisenhaus – Fotolia.com
Grippe-Impfstoff handeln.
Genau dieser wurde jetzt in den USA zugelassen.
Wie der Hersteller Protein Sciences Corporation
mitteilt, hat der innovative saisonale Grippe-Impfstoff Flublok ein großes Plus: Der gentechnisch
hergestellt Grippe-Impfstoff enthält keine kompletten Viren, sondern nur das Glykoprotein
Hämagglutinin. Dieses trägt wiederum die
wichtigsten antigenen Strukturen der Virusoberfläche. Was darüber hinaus entscheidend ist: Auch
die Hülle des Influenzavirus A besteht zu 80 Prozent aus Hämagglutinin. Der neue Impfstoff kann
drei aktuell relevante Virusvarianten erfassen: die
Influenza-A-Stämme H1N1 und H3N2 sowie einen Influenza-B-Stamm.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt die Maßgaben vor,
nach denen die Virustypen ausgewählt werden, und leitet die ImpfstoffHersteller damit an, welche Stämme für die folgende Saison verwendet
werden sollen.
Wie die US-Arzneibehörde FDA in einer Pressemitteilung informiert,
wurde die Wirksamkeit des rekombinanten Impfstoffs in einer placebokontrollierten Multicenter-Studie an insgesamt 2300 Amerikanern
getestet. Rund 45 Prozent der Geimpften entwickelten protektive Antikörper – und zwar Antikörper gegen alle zirkulierenden Virusstämme, nicht
nur gegen die drei, deren Proteine in der Vakzine enthalten sind.
etwas Wichtiges zu vergessen. Das
Einzige, worauf man achten muss,
ist, dass der Zwang ein gutes Maß
hat und dass er sich nicht zur
Hysterie oder Paranoia entwickelt.
Man darf nicht dem Wahn verfallen, dass man diesen Kampf gewinnen könnte. Immer wenn man
das glaubt, muss man zur Kenntnis
nehmen, dass dieser Kampf gerade
erst anfängt. Penicillin hat uns nicht
nur stark gemacht beim Heilen
von Krankheiten – es schwächt
uns auch, weil ein Selektionsdruck
bei den Bakterien entsteht.
Ein absolutes System, eine Art
Hygiene-Faschismus, lässt uns
keinen Kampf gewinnen. Und auch
AIDS hat uns gelehrt: Das Problem
sind manchmal nicht die Keime,
sondern das Immunsystem, das
nicht funktioniert.
Salzburger Hygienetage:
Geschärftes Profil und
Angebot für den Nachwuchs
Mit den Salzburger Hygienetagen hat sich der
Salzburger Arbeitskreis Hygiene (SAKH) den Ruf eines
Konferenz-Machers erarbeitet, der die Hygiene-Themen
gerne von ungewöhnlicher Seite angeht, um den
Blickwinkel der eigenen Arbeit zu erweitern. Zum
7. Mal fand die Veranstaltung dieses Jahr im Mai statt.
In der Nachbetrachtung zeigte sich Dr. Markus Hell,
Facharzt für Hygiene am Landeskrankenhaus Salzburg Universitätsklinikum, absolut zufrieden mit
der Resonanz auf die Veranstaltung und auch damit,
dass ein wichtiges Ziel erreicht wurde: „Wir wollen
der Veranstaltung ein Profil geben. Dazu gehört einerseits ein regionales Einzugsgebiet, andererseits bieten
wir internationale Referenten.“
Zu diesen gehörte auch in diesem Jahr wieder die
niederländische Hygienefachkraft und Inhaberin des
Beratungsunternehmens KNIP Consult, Gertie van
Knippenberg-Gordebeke. Die international renommierte
Referentin, die mittlerweile den Titel „Queen of
Bedpans“ trägt, hielt nicht nur einen Vortrag über die
Aufgaben der Hygienefachkraft als „Spinne im Netz“
in einem Krankenhaus, sie widmete sich auch mit
Enthusiasmus der Fortbildung junger Krankenpflegeschüler. „Diese sind die Zukunft“, begründete Dr.
Markus Hell die Tatsache, dass man zum ersten Mal
auch dem zukünftigen Pflegefachpersonal im Rahmen
der Hygienetage ein Angebot unterbreitete.
An einem von MEIKO, Hersteller von Reinigungsund Desinfektionsautomaten, bereitgestellten Steckbeckenspüler schulte die niederländische Expertin aus
Leidenschaft den Nachwuchs im richtigen Beladen eines
Reinigungs- und Desinfektionsgeräts. Es gab aber auch
noch fundierte Theorie zum Thema Steckbeckenspüler
und Gefahren, die von nicht ausreichend aufbereiteten
Patientengeschirren bzw. dem falschen Umgang mit
ihnen ausgehen können.
Die Guten und die Bösen
auf einer Intensivstation
Sollte man die bisherigen
Hygiene- und Sanitätsmaßnahmen in Krankenhäusern
hinterfragen? Wird zu viel gereinigt, desinfiziert, sterilisiert?
Forscher der Technischen und
der Medizinischen Universität
Graz haben die mikrobiellen
Bewohner einer Intensivstation
genauer untersucht. Sie sind
dabei zu dem Schluss gekommen: Es gibt nicht nur
eine unerwartet hohe Anzahl verschiedener Arten – es
gibt durchaus auch potenzielle
Nützlinge!
Das Team um Professor Dr.
Gabriele Berg veröffentlichte seine
Ergebnisse im „Scientific Report“
und ergänzte in einer Pressemitteilung: „Die Nützlinge im
Krankenhaus-Mikrobiom stellen
sich potenziellen Krankheitserregern entgegen und sind daher
zu fördern.“
Daraufhin äußerte Professor Dr.
Christina Wolz, Arbeitsgruppenleiterin am Institut für medizinische
Mikrobiologie und Hygiene an der
Universität Tübingen, erhebliche
Zweifel an dieser Schlussfolgerung:
„Diese Bestandsaufnahme des
Mikrobioms einer Intensivstation
liefert keinerlei Evidenz dafür, dass
die Hygienemaßnahmen geändert
werden sollten.“ Selbst nichtpathogene Keime könnten den
Patienten auf einer Intensivstation
gefährlich werden und „deshalb
muss es dort so sauber sein wie
möglich“.
Professor Berg hingegen zitiert
in ihrer Pressemitteilung die Warnung des Mikrobiologen Professor
Dr. Martin Blaser. Er ist Leiter
des Department of Medicine am
Langone Medical Center der New
York University und warnte vor
einem Übergebrauch von Antibiotika. Er forderte in einem Kommentar bereits vor zwei Jahren:
„Hört auf damit, nützliche Bakterien zu töten!“ Blaser schrieb darüber in der Zeitschrift „Nature“.
Seiner Meinung nach könnte die
Zerstörung der protektiven, freundlichen Flora des menschlichen
Körpers durch Antibiotika für die
Gesundheit sogar noch gefährlicher
sein als die Erschaffung resistenter
Mikroben, sogenannter „Superbugs“. In seinem Kommentar in
„Nature“ schreibt Blaser weiter:
„Jedes Kind in den USA und anderen entwickelten Ländern bekommt
bis zur Volljährigkeit durchschnittlich 10 bis 20 Dosen Antibiotika.
Damit werden auch freundliche
Bakterien abgetötet, was möglicherweise zum Anstieg von Übergewicht, Allergien, Asthma, ent-
zündlichen Darmerkrankungen und
Typ-1-Diabetes beiträgt. Ich glaube, dass die Ärzte in der Zukunft
die verlorenen Mitglieder unserer
normalen Flora ersetzen werden,
um die Wahrscheinlichkeit für
die Entwicklung dieser schweren
und chronischen Krankheiten zu
verringern.“
In der Intensivstation der UniKlinik Graz hatten die Forscher um
Berg Proben von 34 Stellen
gewonnen: vom Boden, mehreren
Arbeitsplätzen und von verschiedenen medizinischen Gerätschaften. Sie fanden dabei Bakterien, die
für gewöhnlich außerhalb einer Klinik vorkommen, aber auch nahe
Verwandte von potenziellen Erregern menschlicher Krankheiten –
allerdings auch zahlreiche Nützlinge. Die Forscher ermittelten aber
auch mehrere Unterarten von Propioni-, Pseudomonas- und Burkholderia-Bakterien – insgesamt stieß
man auf 405 Gattungen aus sieben
verschiedenen Bakterienstämmen.
Ein weiteres Ergebnis: Gattungen,
die auf der Haut leben, dominierten auf den medizinischen Geräten
und den Arbeitsflächen. Das hatten
die Forscher erwartet, leben doch
typischerweise mehr als 150 Bakterienarten auf einer menschlichen
Handfläche.
Was Zähneputzen mit Resistenzen von Bakterien zu tun haben kann?
Eine ganze Menge! Der Wirkstoff Triclosan in Zahncremes soll gegen
Zahnfleischprobleme, Plaque und Mundgeruch wirken. Der Schwede
Bo Jönsson, Chemieprofessor an der Universität Lund, hat jedoch festgestellt: Triclosan findet sich bei der Verwendung von Zahncreme mit
diesem Wirkstoff bereits binnen einer Woche mit einem mehr als
tausendfach erhöhten Wert im Urin der Probanden. Er rät deshalb
Kindern und Schwangeren von Zahnpasta mit Triclosan ab, weil er fürchtet,
diese könnte hormonschädigend wirken.
In Deutschland hat man zu Triclosan eine
nicht ganz eindeutige Meinung beim
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR).
Wegen der möglichen Resistenzentwicklung rät das Institut seit Jahren
Foto: Vally – Fotolia.com
vom Gebrauch von Triclosan in nichtmedizinischen Bereichen ab. Bei den Forschungsergebnissen von
Bo Jönsson zeigt man sich beim BfR hingegen weniger beunruhigt
und verweist auf die europaweit geltenden Triclosan-Grenzwerte für
Kosmetika, die in der Europäischen Union festgelegt wurden.
Hepatitis – eine
unterschätzte Gefahr?
Allen fünf Hepatitis-Virustypen ist eines gemeinsam: Sie greifen die Leberzellen an, die sie für die
eigene Vermehrung nutzen. Das Immunsystem
kann die Viren nur bekämpfen, indem es infizierte Zellen zerstört. Es kommt zur Hepatitis, zur
Leberentzündung. Hepatitis A und E gelten als
weniger gefährlich, Infektionen mit den Virustypen Bildquelle: Wikimedia/CDC
B, C und D können hingegen kritisch verlaufen. Deutsche Experten
fordern deshalb ein intensiveres Screening, da gerade Patienten mit dem
Hepatitis-B- oder C-Virus meist nur zufällig entdeckt werden. Leberkrebs
gehört weltweit zu den fünfthäufigsten Krebserkrankungen.
Das Hepatitis-A-Virus scheiden infizierte Menschen unter anderem mit
dem Stuhl aus. Circa 50 Prozent der infizierten Patienten entwickeln eine
Gelbsucht. Meist heilt die Erkrankung aus und hinterlässt keine Schäden.
Das Hepatitis-E-Virus ist vor allem in Südostasien, Afrika sowie in Mittelund Südamerika aktiv und wird über verunreinigtes Trinkwasser oder
Nahrungsmittel übertragen. Spezielle Medikamente dagegen gibt es nicht.
Das Hepatitis-B-Virus ist sehr ansteckend. Es wird von Mensch zu Mensch
über Blut, Speichel und Vaginalsekret übertragen. Bei Erwachsenen heilt
die Krankheit in bis zu 95 Prozent der Fälle innerhalb von drei Monaten
aus. Dauert die Infektion länger als sechs Monate, spricht man von einer
chronischen Virushepatitis. In 20 bis 30 Prozent entwickelt sich sogar eine
Leberzirrhose. Gegen dieses Virus gibt es eine Impfung.
Das Hepatitis-C-Virus wird vor allem durch Blut und Blutprodukte übertragen. 95 Prozent der Infizierten haben keine Beschwerden und es gibt
keine direkte Beziehung zwischen Infektion und erhöhten Leberwerten.
Die Hepatitis-C-Viren können vollständig aus dem Körper entfernt
werden, das Risiko einer chronischen Infektion ist jedoch hoch. 50 bis 80
Prozent der Infizierten entwickeln eine chronische Leberentzündung.
Das Risiko, an Leberkrebs zu erkranken, beträgt etwa vier Prozent.
Mit Hepatitis-D-Viren können sich nur Menschen anstecken, die bereits
mit dem Hepatitis-B-Virus infiziert sind. Treten beide Infektionen auf,
verläuft die Erkrankung meist schwer. Medikamente schlagen nur bei
etwa einem Viertel der Patienten an.
Berg und ihre Kollegen berichteten,
dass ein hoher Anteil der Bakterien potenziell humanpathogen
gewesen sei, und sie vermuten, dass
die Patienten auf der Intensivstation zur Ausbreitung der Bakterien
beigetragen haben. Das Team
verglich die Daten mit denen der
während des Studienzeitraums
erfassten Infektionen und sah den
Verdacht bestätigt. Den Großteil
der Erkrankungen verursachten
Staphylococcus, E. coli, Klebsiella,
Pseudomonas, Serratia, Enterobacter, Edwardsiella, Proteus und
Chryseobacterium.
Was die Forscher um Berg aber
auch fanden, waren Bakteriengattungen, die in Symbiose mit
Pflanzen leben können oder
die als Pro- und Präbiotika verwendet werden wie Burkholderia,
Pseudomonas, Lactobacillus und
Methylobacterium.
Ihre Schlussfolgerung: „Wer bei
Bakterien im Krankenhaus sofort
an gefährliche Erreger denkt, irrt.
Weil bisherige Hygiene- und Sterilitätsmethoden nicht zwischen
wünschenswerten und gefährlichen
Bakterien unterscheiden, braucht
man ein anderes Verständnis von
Sterilität und eine neue Bewertung
bisheriger Hygienemaßnahmen im
Krankenhausbetrieb.“
Quelle: Medscape
[3]
Hygiene World
for the
Sein Kultur-Code lautet:
„Leben retten!“
Er möchte den Menschen das zurückgeben, was er selbst bekam, als er aus seinem Heimatland
Indien nach Amerika zog: die Chance auf ein besseres Leben. Dr. Chandrakant S. Ruparelia (Foto) ist
Arzt und „Senior Technical Advisor“ bei der internationalen Non-Profit-Gesundheitsorganisation
Jhpiego, die an die Johns Hopkins Universität angeschlossen ist und ihren Sitz in Baltimore hat. Die
Organisation ist in mehr als 50 Ländern aktiv und kämpft gegen den vermeidbaren Tod von Frauen
und ihren Familien. Auch Chandrakant S. Ruparelias Familie lebt in Baltimore. Allerdings verbringt er
die meiste Zeit auf Reisen. Zu Hause fühlt er sich quasi auf dem afrikanischen Kontinent, hin und
wieder arbeitet er jedoch auch in Indien – aber immer dort, wo Frauen und Kinder um ihr Leben kämpfen, ob in Zusammenhang mit HIV/AIDS, Erkrankungen von Mutter und Kind oder Infektionsprävention und -kontrolle. Jhpiego setzt sich seit 40 Jahren vor allem für eines ein: die Rettung von Leben.
Die Redaktion von „Hygiene for the World“ sprach mit Chandrakant Ruparelia während der
ICPIC-Konferenz in Genf über seine Arbeit und seine Organisation.
Frage:
Warum sind es vor allem die
Frauen, um die Jhpiego sich
bemüht? Wäre es nicht viel sinnvoller, bei den Männern anzusetzen, da viel häufiger sie es sind,
die in den Entwicklungsländern die
Macht in der Familie haben?
Chandrakant S. Ruparelia:
Es stimmt, dass wir eine Menge für
die Frauen tun: Wir klären über
Verhütung auf, wir versuchen, die
Geburten sicherer zu machen, die
Kindersterblichkeit zu senken und
Gebärmutterhalskrebs zu verhindern. Das heißt aber nicht, dass
Männer nicht auch von unserer
Arbeit profitieren können. Wir
ermuntern auch sie, unsere Leistungen in Anspruch zu nehmen
und den größtmöglichen Nutzen
daraus zu ziehen. Natürlich brauchen wir auch die Akzeptanz der
Männer bei dem, was wir für die
Frauen tun. Wir suchen ständig
nach Wegen, wie wir sie mit einbeziehen können. Das ist ein ganz
wichtiger Teil unserer Arbeit in allen
Ländern. In Nigeria zum Beispiel
setzen wir männliche Gesundheitsberater ein, um Fragen der
Familienplanung mit den Ehemännern und männlichen Verwandten zu besprechen, und in
Indien sind die Männer die ersten
Ansprechpartner bei diesem Thema. Wir erklären ihnen, wie wichtig ein angemessener Abstand
zwischen den Geburten für Mutter,
Kind und die ganze Familie ist.
Frage:
Sie stammen selbst aus Indien und
arbeiten auch immer wieder auf
dem Subkontinent. Anders als in
Afrika sind die Standards hier
mittlerweile sehr unterschiedlich.
Was bedeutet das für Ihre Arbeit?
Chandrakant S. Ruparelia:
Wir adaptieren die Standards je
nach Situation, die wir bei unserer
Arbeit antreffen – aber wenn es um
die Anwendung der besten, auf
soliden wissenschaftlichen Erkenntnissen basierenden Praktiken geht,
sind wir völlig kompromisslos.
Indien hat sich in den vergangenen
zehn Jahren in rasantem Tempo
weiterentwickelt, aber es gibt
immer noch sehr viel zu tun. Viele
private Einrichtungen haben in
Bezug auf Gesundheitsversorgung
und Hygiene schon sehr hohe
Nur wenn ein System
Veränderung wirklich
will, kann man etwas
bewegen
Standards erreicht, und es sieht
so aus, als ob die öffentlichen Gesundheitseinrichtungen konsequent
nachziehen werden.
Frage:
Wie schwierig ist es, in diesen
Ländern in der Gesundheitsversorgung etwas zu bewegen?
Chandrakant S. Ruparelia:
Um politischen Konsens zu erreichen, müssen große Hindernisse
überwunden werden, wie in beinahe jedem anderen Land auch.
Die einzig mögliche Strategie
muss an dem Punkt ansetzen,
an dem ein System Veränderung
wirklich will!
Frage:
Eine Ihrer wichtigsten Aufgaben
besteht in der Verbesserung der
Infektionskontrolle. Arbeiten Sie
auf diesem Gebiet auch mit der
WHO zusammen?
Chandrakant S. Ruparelia:
Wir nutzen die technischen Guidelines der WHO, um die Standards
zu erreichen. Aber das gilt
grundsätzlich für jedes Land, in
dem wir arbeiten. Die WHO ist
stets unser technischer Partner.
Frage:
Ihre Ziele sind Aufklärung, das
Herbeiführen von Verhaltensänderungen und die Vermittlung
von Wissen durch „Train the
Trainers“-Kurse. Sie vertreten
jedoch die Meinung, dass Sie
nur dann sinnvolle Ergebnisse
erzielen können, wenn Sie wissen,
wie man mit dem „Kultur-Code“
der Menschen in einem Land
umgeht. Ich nehme an, dass
Sie wissen müssen, wie die
Menschen bei bestimmten Themen
reagieren ...
Chandrakant S. Ruparelia:
Das ist absolut richtig. Wenn wir
das Verhalten im Bereich Gesundheitsversorgung in einem Entwicklungsland ändern wollen, müssen
wir unsere Kommunikation, unsere Botschaften so effizient wie
möglich an den kulturellen Code
anpassen. Ich kann jedem deshalb
nur das Buch „The Culture Code“
von Clotaire Rapaille empfehlen.
Der Anthropologe und MarketingExperte hat vielen Unternehmen
gezeigt, warum wir so leben, kaufen und lieben, wie wir es tun und
warum andere Völker sich da
völlig anders verhalten. Wenn wir
diese Erkenntnisse unserer ärztlichen Tätigkeit und der Entwicklungshilfe zugrunde legen würden,
wären viele unserer Bemühungen
sicherlich erfolgreicher.
Frage:
Können Sie hierfür ein Beispiel
geben?
Chandrakant S. Ruparelia:
Sehen Sie sich doch nur einmal in
einem indischen Slum um! Was
glauben Sie, welche Rolle Handhygiene hier spielen kann, wenn
Sie nicht einmal sauberes Wasser
haben? Wir müssen herausfinden,
wie wir den Menschen dabei helfen können, selbst unter diesen
Umständen Handhygiene zu prak-
„Der Standard bei der Aufbereitung
von Patientengeschirren
Von Genf über Offenburg nach Essen führte der Weg einer Delegation von zehn Hygienefachärztinnen und Hygienefachkräften
ist ungeheuer wichtig!“
aus Singapur. In Genf nahmen die Expertinnen teil an der International Conference for Prevention & Infection Control (ICPIC).
In Offenburg informierten sie sich beim deutschen Hersteller von
Reinigungs-und Desinfektionsgeräten MEIKO über den Herstellungsprozess der Geräte. Gertie van Knippenberg-Gordebeke,
seit Jahrzehnten spezialisiert auf Forschung und Unterweisung
bezüglich der richtigen Anwendung von Patientengeschirren,
hielt bei MEIKO außerdem einen Vortrag für die Gäste. Moi Lin
Ling (Singapore General Hospital) zog Bilanz: „Wir ignorieren
das Thema Aufbereitung von Patientengeschirren immer noch
zu sehr. Dabei ist der Standard, mit dem man arbeitet, ungeheuer wichtig!“
Und auch Lily Lang, Hygienefachkraft (Infection Control Nurse)
an der National Healthcare Group Polyclinic, meinte: „Ich hatte
selbst eine Mentorin aus Großbritannien in den 80er Jahren, die
mir eingeschärft hat, unbedingt auf die Patientengeschirre zu
achten. Heute arbeiten wir mit Geräten von MEIKO und die individualisierte Ausstattung unserer Pflegearbeitsräume und die
Schnittstellen der Geräte sind ein wichtiger Beitrag zur Patientensicherheit und auch zu unserer eigenen Sicherheit.“
[4]
tizieren. Und dazu müssen wir
den kulturellen Code kennen, der
ihr Verhalten in Bezug auf Handhygiene bestimmt.
Frage:
Was ist Ihr persönlicher „KulturCode“?
Chandrakant S. Ruparelia:
Etwas bewirken und Leben retten!
TERMINE
02.-04.10.2013
IFIC Buenos Aires, Argentinien
08.-09.10.2013
IHEEM Manchester, England
10.-12.10.2013
Congrès National SapeursPompiers Chambéry-Savoie,
Frankreich
15.-17.10.2013
Pflege + Homecare Leipzig,
Deutschland
23.10.2013
12. Hygienetag Fürth,
Deutschland
30.10.-01.11.2013
IFAS Romandie Lausanne,
Schweiz
6.11.2013
Hygienesymposium
Baden-Baden, Deutschland
20.-23.11.2013
Medica Düsseldorf,
Deutschland
IMPRESSUM
Redaktion: Stargast-Media
Gert Reiser (v.i.s.d.P.), Doris Geiger
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Nachdruck, auch auszugsweise,
nur mit schriftlicher Genehmigung
von Autoren und Herausgeber.
Hygiene for the World erscheint bei
MEIKO Maschinenbau
GmbH & Co. KG
Englerstraße 3, 77652 Offenburg,
Deutschland
[email protected]
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