6.5 Die Flammendicke und die Flammenzeit Wir haben in Abschnitt 6.2 die Brenngeschwindigkeit sL als einen Eigenwert bezeichnet, der sich aus der Lösung der eindimensionalen Bilanzgleichung ergibt. Annahmen - Einschrittreaktion, bei der nur eine chemische Zeitskala eingeführt wird, - Annahme Le = 1, thermische Diffusivität gleich der Diffusivität D → Lösung für die Brenngeschwindigkeit sL, die die Einflussgrößen der Diffusivität und der chemischen Zeit wie folgt verknüpft: 6.5-1 Hierin ist D die mit ρ = ρu und λ = λb ermittelte thermische Diffusivität definiert während die chemische Zeit durch gegeben ist. Diese Definition enthält im Nenner nicht mehr wie die Definition der Zündverzugszeit die Massenbrüche der Reaktanten, da einer oder beide davon in der Reaktionszone verbraucht sind. Stattdessen tritt die Zeldovich-Zahl quadratisch auf. 6.5-2 Da Ze von der Größenordnung 10 ist, ist die chemische Zeit tc um zwei Größenordnungen größer als eine chemische Zeit, die sich, abgesehen vom Dichteverhältnis ρu / ρb , aus der Reaktionsgeschwindigkeit zum Beispiel für sehr magere Flammen φu << 1 als Kehrwert von errechnen würde. Im engeren Sinne ist tc daher keine Zeit, die allein durch die Chemie bestimmt wird, sie berücksichtigt auch die Struktur der Flamme. Dies wird deutlich wenn man die Flammendicke aus Dimensionsgründen durch definiert. 6.5-3 Man kann weiterhin die Flammenzeit einführen. Dies ist die Zeit, die die Flammenfront benötigt, um sich um eine Flammendicke zu bewegen. Der Vergleich zwischen und bis zeigt, dass tc mit gleich der Flammenzeit ist. 6.5-4 Die Flammendicke kann anschaulich aus dem Temperaturprofil in der Flammenstruktur ermittelt werden. Legt man im Wendepunkt des Profils eine Tangente an und bestimmt deren Schnittpunkte mit den horizontalen Linien bei Tu und Tb , so kann man auf der Abszisse die Länge lF abgreifen. 6.5-5 Ersetzt man in die linke Seite durch (Tb - Tu)/ lF und wertet die rechte Seite bei T = Tb aus, so ergibt sich wieder in Übereinstimmung mit unserem vorherigen Ergebnis. 6.5-6 Da die Reaktionszone als dünn angenommen wurde gilt: Die Flammendicke beschreibt die Dicke der Vorwärmzone in der Flammenstruktur. Sie ist auch ein Maß für den Löschabstand d einer Flamme. Dieser ist der Abstand, bei dem eine Flamme verlöscht, wenn sie auf eine kalte Wand trifft. Es gibt die Abschätzung: So kann eine Flamme nicht durch ein Metallgitter propagieren, wenn der Abstand zwischen den Drähten geringer als d ist. 6.5-7 Anwendung dieses Sachverhalts: Grubenlampen Diese Lampen bestanden aus einer offenen Flamme innerhalb eines Drahtgitters. Wenn Grubengas, also Methan, unvorhergesehenerweise in einem Grubenschacht austrat, diffundierte dieses durch das Drahtgitter, was zur Folge hatte, dass die Flamme darin heller leuchtete. Andererseits bestand aber nicht die Gefahr, dass das Grubengas durch die Flamme gezündet werden konnte, da diese wegen des Löschabstandes das Gitter nicht durchqueren konnte. Der Bergmann wusste bei einem helleren Leuchten der Grubenlampe, dass er sich sehr schnell in Sicherheit bringen musste. 6.5-8 Wir haben die Flammentheorie für die vereinfachende Annahme einer Einschrittreaktion mit großer Aktivierungsenergie hergeleitet. Es ist jedoch möglich, ähnliche Theorien auf der Basis von reduzierten Mechanismen vorzunehmen, wie wir sie in Abschnitt 3.8 kennen gelernt haben. Dies ist ausgehend von Methan-Luft-Flammen für viele Kohlenwasserstoffflammen bis hin zu n-Heptan und iso-Oktan und auch für Wasserstoffflammen gelungen. 6.5-9 Die Flammenstruktur von Methan auf Basis des Drei-Schritt-Mechanismus Wie in der thermischen Flammentheorie existiert eine Vorwärmzone, danach schließen sich statt einer jedoch zwei Reaktionszonen an. 6.5-10 In der inneren Reaktionszone wird der Brennstoff verbraucht, darin findet der Umsatz entsprechend der Bruttoreaktion statt. Es werden somit CO und H2 gebildet, die dort ein Maximum haben. Sie diffundieren einerseits in die Vorwärmzone entgegen der Strömung andererseits auch mit der Strömung in die Oxidationszone wo sie in den Bruttoreaktionen verbraucht werden. 6.5-11 Die Dicke lδ der inneren Reaktionsschicht ist durch den kleinen Parameter δ mit lδ = δ lF gegeben, der etwa den Wert δ = 0,1 einnimmt. Die Temperatur T0 innerhalb dieser Schicht entspricht der Temperatur T0, die uns bereits bei den Approximationen im Abschnitt 6.3 begegnet ist. 6.5-12 6.6 Flammbarkeitsgrenzen Experimentelle Ergebnisse der laminaren Brenngeschwindigkeit für Methan-Luft-Flammen zeigen, dass unter φ=0,5 und über φ=1,5 keine Messwerte existieren. Für sehr fette und sehr magere Gemische kann sich nach Zündung durch einen Funken keine selbsttragende Flamme herausbilden. Die zugehörigen Grenzkonzentrationen werden als magere bzw. fette Flammbarkeitsgrenzen bezeichnet. 6.6-1 Die Flammbarkeitsgrenzen sind von großer praktische Bedeutung. Sie führen zum Beispiel zur Forderung, dass in Laborräumen, in denen mit brennbaren Gasen oder Flüssigkeiten gearbeitet wird, die Brennstoffkonzentration immer deutlich unter der mageren Flammbarkeitsgrenze liegen muss. Die Einhaltung erfordert die Installation geeigneter Sensoren, die dies überwachen und bei Überschreitung Alarm geben. 6.6-2 Magere und fette Flammbarkeitsgrenzen sind eine Funktion der Temperatur des Gemisches. Für Wasserstoff-LuftGemische ist der flammbare Bereich wesentlich größer als für Methan-Luft-Gemische. Vor allem die magere Flammbarkeitsgrenze liegt oberhalb λ= 3. Dies illustriert die größere Gefährlichkeit von Wasserstoff-Luft-Gemischen verglichen mit Kohlenwasserstoff-Luft-Gemischen. Wasserstoff-Luft-Gemische können bei Störfällen in Kernkraftwerken entstehen und zu Explosionen innerhalb des Sicherheitsbehälters führen. 6.6-3 Theoretische Begründung für die magere Flammbarkeitsgrenze Eine solche Grenze wird von der thermischen Flamentheorie nicht vorhergesagt. Wegen der exponentiellen Abhängigkeit der laminaren Brenngeschwindigkeit von der Temperatur im Verbrannten wird die laminare Brenngeschwindigkeit mit abnehmendem Tb zwar sehr klein aber niemals Null. Durch Wärmeverluste, wie schon bei der thermischen Explosion (siehe 4.1.2) berücksichtigt, kann die Flammenausbreitung zum Erliegen kommen. Die Einbeziehung solcher Wärmeverluste in die Theorie wird deshalb im folgenden vorgestellt. 6.6-4 Ein Wärmeverlust wird in die Temperaturgleichung eingesetzt. Für das sehr magere Gemisch kann die Reaktionsgeschwindigkeit lediglich als Funktion des Brennstoffs angesetzt werden: Für den Diffusionsstrom wird der binäre Ansatz benutzt. Es ergibt sich: 6.6-5 Kopplungsbeziehungen wie in der thermischen Flammentheorie können wegen des Wärmeverlusttermes nicht mehr abgeleitet werden. Wegen der vollständigen Verbrennung, Yb = 0, kann daraus jedoch die Beziehung abgeleitet werden. Es werden zweckmäßig dimensionslose Größen eingeführt: 6.6-6 Durch Addition der beiden so erhaltenen Gleichungen lässt sich der Reaktionsterm eliminieren. Man erhält für die dimensionslose Enthalpie die Gleichung Bei der Ableitung dieser Gleichung ist die Lewiszahl wieder zu eins gesetzt: Mit einem Referenzwert für den Massenstrom durch die Flamme, der demjenigen ohne Wärmeverlust entspricht, kann eine dimensionslose Koordinate definiert werden, wobei x = 0 die Lage der dünnen Reaktionszone festlegt. 6.6-7 Dividiert man die Gleichung für die Enthalpie → durch den Referenzmassenstrom, so erscheint darin der dimensionslose Massenstrom und der dimensionslose Wärmeverlust . Der dimensionslose Wärmeverlust wird umso größer, je kleiner die laminare Brenngeschwindigkeit wird. Der Wärmeverlustes gewinnt bei langsam propagierenden Flammen verstärkt Einfluss. 6.6-8 Die Differentialgleichung Kann in der Vorwärmzone einmal integriert werden: Entwicklung der dimensionslosen Temperatur für kleine Wärmeverluste um die Temperatur T0*ohne Wärmeverlust: Macht man die Temperaturgleichung in der gleichen Weise dimensionslos, so ergibt sich in der reaktionslosen Vorwärmzone: 6.6-9 Deren Lösung lautet: Für positive x* bleibt Daher gilt: Setzt man in ein, so ergibt sich wenn Terme der Ordnung des Wärmeverlustterms vernachlässigt werden. 6.6-10 Unbekannt ist noch der Gradient der Enthalpie. Die Enthalpiegleichung wird für positive x* zweckmäßig als Temperaturgleichung geschrieben: Wegen des nahezu linearen Verlaufs der Temperaturverteilung hinter der Reaktionszone, kann die 2. Ableitung vernachlässigt werden. Daher gilt: 6.6-11 Mit Ergibt sich schließlich: In Beispiel 6.14 wurde gezeigt, dass der Massenstrom durch die Flamme proportional zu ist. Daher gilt hier: In dimensionsbehafteter Form bei x*= 0 lautet die Lösung für das Temperaturfeld: 6.6-12 Diesen Ausdruck entwickelt man nun um die Referenztemperatur Und erhält aus mit der Zeldovich-Zahl: 6.6-13 Wir haben: Dies sind zwei Gleichungen, aus denen sich z(0+) eliminieren lässt. Es ergibt sich: Da das Produkt πZe von der Ordnung eins ist und Ze groß ist, zeigt sich wie angenommen, dass der dimensionslose Wärmeverlust π klein sein muss, was wir zur Berechnung der Lösung vorausgesetzt haben. 6.6-14 Grafische Darstellung von Die Funktion ähnelt derjenigen, die wir für das Verlöschen des homogenen Reaktors (siehe 4.2) kennen. Wird bei festgelegter Zeldovich-Zahl der Wärmeverlustparameter erhöht, so sinkt der Massenstrom durch die Flamme von M = 1 zunächst langsam ab. Bei M = 0,61 ergibt sich eine senkrechte Tangente und damit ein Verlöschen der Flamme. Bemerkung: Die zweite eingezeichnete Kurve zeigt einen qualitativ ähnlichen Verlauf für eine Vier-Schritt-Kinetik für Methan. 6.6-15 Wärmeverluste können also zum Verlöschen einer Vormischflamme führen. Dies umso eher, je kleiner der Massenstrom und damit die Brenngeschwindigkeit durch die Flamme selbst ist. Für Kohlenwasserstoffflammen ergibt sich überschlägig ein Zahlenwert für die Brenngeschwindigkeit von 5 cm/s. 6.6-16 Gibt es auch eine kinetisch bedingte Flammbarkeitsgrenze? Struktur einer Methan-Flamme Die Temperatur T0 der inneren Schicht entsprach der Temperatur T0 in der Approximationsformel Die Temperatur T0 stellt eine sogenannte „cross-over“-Temperatur zwischen Kettenabbruch und Kettenverzweigung dar. Sie ist also kinetisch bedingt. 6.6-17 Die Approximationsformel hat gegenüber derjenigen der thermischen Flammentheorie die Eigenschaft, dass sich bei Tb = T0 die Brenngeschwindigkeit zu Null ergibt. Die Approximation der Koeffizienten zeigt, dass T0 nur vom Druck und nicht vom Brennstoffanteil abhängt. Physikalisch kann man Tb = T0 also dadurch erreichen, dass man Tb durch Verringerung des Brennstoffanteils im Gemisch absenkt. Dies entspricht der Annäherung an die magere Flammbarkeitsgrenze. Wegen des geringen Brennstoffanteils wird nicht einmal mehr die innere „crossover“- Temperatur T0 erreicht. Es findet dann auch keine Kettenverzweigung mehr statt. Die Flamme kann sich nicht selbst tragen. 6.6-18 Setzt man in den Kopplungsbeziehungen T = T0 und YB,u = 0, so ergibt sich für den Massenbruch des Brennstoffs an der mageren Flammbarkeitsgrenze im Vergleich zum stöchiometrischen Gemisch Für Methan-Luft-Flammen bei Tu = 300 K und p = 1 bar mit T0 = 1219 K und mit Tst = 2229 ergibt sich . Dies entspricht λ = 2,16. Dies ist ein oberer Wert für die magere Flammbarkeitsgrenze. 6.6-19 Für reale Situation verlöscht die Flamme deutlich früher. Um dies zu berechnen, kann aus für endliche Werte von sL iterativ der Grenzwert YB,u bestimmt werden. Das Ergebnis für ansteigende Temperaturen zeigt das nebenstehende Bild. Mit steigender Temperatur nimmt der Molenbruch ab. Das Gebiet des flammbaren Gemisches weitet sich auf. Der Fall T0 = Tb stellt einen unteren Wert des Molenbruchs da. Dieser ist kinetisch bedingt. 6.6-20 6.7 Turbulente vorgemischte Verbrennung In Kapitel 5 hatten wir für turbulente Strömungen aus der turbulenten kinetischen Energie und ihrer Dissipation das integrale Längenmaß abgeleitet. Ein turbulentes (integrales) Geschwindigkeitsmaß können wir durch definieren. Es wird als Turbulenzintensität bezeichnet. Diese Geschwindigkeit stellt wie die turbulente kinetische Energie eine mittlere Größe und nicht eine Schwankungsgröße dar. 6.7-1 Mit dem Längenmaß und der Turbulenzintensität lässt sich eine turbulente (integrale) Zeit die proportional zu ist, einführen. Dies sind die größeren turbulenten Längen-, Zeit- und Geschwindigkeitsmaße. Daneben existieren auch noch Maße für die kleinsten Wirbel der Turbulenz. Diese hängen von der kinematischen Viskosität ab und sind durch definiert. Sie werden als Kolmogorov-Länge, -Zeit und -Geschwindigkeit bezeichnet 6.7-2 Um nun einen Überblick über die Interaktion der Turbulenz mit einer Flamme bei der vorgemischten, turbulenten Verbrennung zu erhalten, ist es sinnvoll ein Gebietsdiagramm zu erstellen, in dem das Verhältnis der Geschwindigkeitsmaße Turbulenzintensität zu laminarer Brenngeschwindigkeit und turbulentem Längenmaß zur laminaren Flammendicke als Achsen erscheinen. 6.7-3 Es sind verschiedene Gebiete eingezeichnet, in denen sich die Interaktion jeweils unterschiedlich darstellt. Um dies zu diskutieren, ist es notwendig dimensionslose Kennzahlen einzuführen. Da es sich nur um einen Vergleich von Größenordnungen handelt, wird die kinematische Viskosität ν gleich der thermischen Diffusivität D gesetzt, also die Prandtl-Zahl zu Pr = 1 angenommen. Mit ν = D = sL lF lautet dann die mit den integralen Größen gebildete turbulente Reynolds-Zahl : Daneben wird für das Verhältnis der integralen Zeit τ mit der Flammenzeit tF die turbulente Damkähler-Zahl eingeführt: 6.7-4 Das Verhältnis der Flammenzeit zur Kolmogorov-Zeit wird dagegen als Karlowitz-Zahl Ka bezeichnet. Es lässt sich für leicht zeigen, dass diese Größen ähnlich wie lF , sL und tF in auch über die Zähigkeit ν durch die Beziehungen miteinander verknüpft sind. 6.7-5 Für die hier durchzuführende Größenordnungsabschätzung mit ν = D beschreibt die Karlowitz-Zahl nicht nur das Verhältnis der Zeiten, sondern auch das Verhältnis der Flammendicke zur Kolmogorov-Länge und das Verhältnis der Kolmogorov-Geschwindigkeit zur Brenngeschwindigkeit. 6.7-6 Neben der Karlowitz-Zahl Ka auf der Basis der Flammendicke soll eine weitere Karlowitz-Zahl Kaδ eingeführt werden, die das Verhältnis der Dicke der inneren Schicht zur Kolmogorov-Länge beschreibt Wenn wir in für diesen Größenordnungsvergleich c1= (2/3) 3/2 setzten, so dass ist, kann man mit ν = sL lF die Karlowitz-Zahl durch ausdrücken. 6.7-7 Somit ergibt sich im Gebiets-Diagramm für Ka = 1 die Gerade mit der Steigung 1/3. Für Kaδ=1 gibt es eine Gerade mit der gleichen Steigung, die im Diagramm nach oben verschoben ist. Eine weitere Gerade lässt sich aus für Re = 1 ableiten: 6.7-8 Das Diagramm lässt sich am besten diskutieren, indem man für festgehaltenes Längenverhältnis nach oben wandert, also die Turbulenzintensität erhöht. 6.7-9 Das Diagramm lässt sich am besten diskutieren, indem man für festgehaltenes Längenverhältnis nach oben wandert, also die Turbulenzintensität erhöht. Startet man zum Beispiel bei lt / lF = 100 und erhöht v'/ sL von 0,1 bis 1,0 , so durchquert man ein Gebiet, in dem die Brenngeschwindigkeit größer als die Turbulenzintensität ist. Die Flamme pflanzt sich daher so schnell fort, dass die turbulenten Schwankungen sie nur geringfügig stören können. Gleichzeitig ist das turbulente Längenmaß wesentlich größer als die Flammendicke. Dies sind die “gewellten Flammen” (englisch: wrinkled flamelets). 6.7-10 Eine weitere Erhöhung der Turbulenzintensität führt zum Überschreiten der Gerade v'/ sL = 1 im Gebietsdiagramm. Mit Erhöhung der Turbulenzintensität wird bei konstantem Längenmaß die turbulente Dissipation größer und damit das Kolmogorov-Längenmaß kleiner. Es ist zunächst aber noch größer als die Flammendicke lF . Somit ist die gesamte Flammenstruktur einschließlich Vorwärm- und Reaktionszone noch dünner als die Abmessung der kleinsten turbulenten Wirbel von der Größenordnung η. Turbulente Schwankungen können die Flammenstruktur daher kaum beeinflussen, sie bleibt quasi-stationär. 6.7-11 Dieses Gebiet wird als das der “gefalteten Flammen” (englisch: corrugated flamelets) bezeichnet. Große turbulente Wirbel können die Flammenfront vor- und zurückschieben und dadurch falten. Die daraus resultierende Ausbreitungsgeschwindigkeit der Front, die turbulente Brenngeschwindigkeit , wird in erster Linie durch die turbulenten Geschwindigkeitsschwankungen bestimmt. 6.7-12 Wird die Turbulenzintensität weiter erhöht, überschreitet man die Linie, die durch Ka = 1 gegeben ist. Oberhalb dieser Linie ist die Flammendicke größer als die Kolmogoroff-Länge lF > η, das heißt, die kleinsten turbulenten Wirbel von der Größe η können in die Flammenstruktur eindringen. Da die Vorwärmzone wesentlich dicker als die innere Reaktionszone ist, dringen sie zwar in die Vorwärmzone ein, nicht aber in die dünne Reaktionszone von der Dicke lδ , die weiterhin quasi-stationär bleibt. Dieses Gebiet wird daher als das Gebiet der “dünnen Reaktionszonen” (englisch: Thin reaction zones) bezeichnet. 6.7-13 Jetzt werden die Reaktionszonen von den kleinen Wirbeln gefaltet, was dazu führt, das sich lokal große örtliche Krümmungen ergeben. Innerhalb der Flammenstruktur wird der diffusiven Austausch der Reaktionszone mit der durch kleine Wirbel durchmischten Vorwärmzone stark erhöht. Das Produkt von Diffusionskoeffizient D und der Krümmung κ ergibt eine Geschwindigkeit die an die Stelle der laminaren Brenngeschwindigkeit tritt. Letztere ist in dem Gebiet der dünnen Reaktionszonen nicht mehr definiert, da sie nur für eine quasi-stationäre Flammenstruktur gilt. 6.7-14 Erhöht man die Turbulenzintensität weiter, wird schließlich die Gerade Kaδ = 1 überschritten. Hier wird die Kolmogorov-Länge η kleiner als die Dicke der inneren Reaktionszone lδ . Somit können die kleinsten turbulenten Wirbel in die innere Reaktionszone eindringen. Dies kann dazu führen, dass insbesondere die zum Abbau des Brennstoffes notwendigen Radikale durch turbulenten Transport aus dieser Reaktionszone herausgetragen werden. Dies führt zum örtlichen Verlöschen der inneren Reaktionszone und kann schließlich zum Verlöschen der Flammenfront insgesamt führen. Das Gebiet oberhalb der Linie Kaδ = 1 wird daher als “ gelöschte Reaktionszonen” (englisch: Broken reaction zones) bezeichnet. 6.7-15 Es lässt sich jedoch leicht überprüfen, dass die Linie Kaδ = 1 nur schwer zu überschreiten ist, wenn die laminare Brenngeschwindigkeit bei etwa 50 cm/s beträgt. Bei lt / lF = 100 wird diese Linie bei v'/ sL =100 erreicht (Dabei ist δ =0,1 angenommen worden). Die Turbulenzintensität müsste also 50 m/s betragen. Derartig hohe Werte werden in technischen Verbrennungssystemen nicht erreicht. Somit ist das Erreichen der Linie Kaδ = 1 und damit örtliches Verlöschen nur möglich, wenn die laminare Brenngeschwindigkeit, etwa durch Abmagerung oder Abgasrückführung, stark abgesenkt wird. 6.7-16 6.8 Die turbulente Brenngeschwindigkeit Eine zentrale Frage der turbulenten vorgemischten Verbrennung ist die Quantifizierung der turbulenten Brenngeschwindigkeit. Geschwindigkeit, mit der sich eine turbulente Flammenfront in das unverbrannte Gemisch bewegt. Damköhler (1940) unterschied zwei Grenzfälle: - grobballige Turbulenz ↔ Gebiet der gefalteten Flammen - feinballige Turbulenz ↔ Gebiet der dünnen Reaktionszonen 6.8-1 Im Gebiet der gefalteten Flammen, grobballige Turbulenz: Damköhler betrachtete den Massenstrom einer turbulenten Strömung Der mittlere Strömungsgeschwindigkeit ist eine Schwankungsgeschwindigkeit überlagert. Dies führt zu einer turbulenten Flammenfront mit der Flammenfläche AT, die sich örtlich mit der laminaren Brenngeschwindigkeit ins Unverbrannte bewegt. Im Mittel bewegt sie sich jedoch mit der zur mittleren Anströmung entgegen gesetzt gleichen turbulenten Brenngeschwindigkeit sT. Die mittlere Flammenfläche ist die Querschnittsfläche A. 6.8-2 Massenbilanz Da der Massenstrom sowohl mit der zu sL entgegen gesetzten Geschwindigkeit durch AT fließt, als auch mit der mittleren Geschwindigkeit durch die Querschnittsfläche A kann man schreiben: Setzt man die Dichte im Unverbrannten konstant, , so gilt für die turbulente Brenngeschwindigkeit: 6.8-3 Durch Analogie zum Kegel einer Bunsenflamme hat Damköhler nun das Flammenflächenverhältnis abgeschätzt: Er kommt damit zu dem Ergebnis: Dies bedeutet, dass die turbulente Flammenfront allein durch turbulente Fluktuationen ins Unverbrannte getragen wird. Kinetische Einflüsse oder die molekulare Diffusion spielen in diesem Grenzwert keine Rolle, die Chemie wird als unendlich schnell angesehen, → die turbulente Mischung ist der geschwindigkeitsbestimmende Schritt . 6.8-4 Wenn diese einfache Proportionalität zwischen turbulenter Brenngeschwindigkeit wirklich von Anfang an bei der Verbrennung im Ottomotor bestünde, wäre keine Frühverstellung der Zündung bei Erhöhung der Drehzahl notwendig. Die Turbulenzintensität ist nämlich direkt proportional zur mittleren Kolbengeschwindigkeit und diese wiederum zur Drehzahl. Somit würde sich die turbulente Brenngeschwindigkeit proportional zur Drehzahl erhöhen. Damit würde die für den Ausbrand der Ladung benötigte Zeit gerade so verkürzt, dass der Ausbrand jeweils im gleichen Kurbelwinkelfenster erfolgte. 6.8-5 Experimente zur turbulenten Brenngeschwindigkeit zeigen, dass bei einer Erhöhung der Turbulenzintensität die turbulente Brenngeschwindigkeit zwar zunächst nahezu linear, dann jedoch schwächer ansteigt. 6.8-6 Der verminderte Anstieg der turbulenten Brenngeschwindigkeit wird durch den zweiten Grenzfall der kleinballigen Turbulenz von Damköhler ebenfalls bereits beschreiben. Damköhler ersetzt für diesen Grenzfall in Analogie zu die laminare Brenngeschwindigkeit und Diffusivität durch die turbulenten Größen: Aus Dimensionsgründen gilt: Proportionalitätskonstante: 0,78 6.8-7 Die chemische Zeit in den beiden Formulierungen für die Brenngeschwindigkeiten bzw. kann eliminiert werden. Man erhält: Danach ist für kleinballige Turbulenz die Brenngeschwindigkeit nur noch proportional zur Wurzel aus der Turbulenzintensität. Dies entspricht der experimentellen Erkenntnis. 6.8-8 Die beiden von Damköhler gefundenen Grenzwerte können zu einer gemeinsamen Form zusammengeführt werden. Diese lautet: Die freie Konstante ist bestimmt worden zu: α = 0,195. Für kleine Turbulenzintensität geht die Gleichung über in: Für große Werte überwiegt der zweite Term unter der Wurzel: 6.8-9