Manuskript

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Hessischer Rundfunk
hr2-kultur
Redaktion: Heike Ließmann
Wissenswert
Vor der Präsidentschaftswahl - Die USA im Blick:
Statussymbol Öko
von
Wolfgang Stuflesser
Sendung: 31.10.2012, 08.40 Uhr, hr2-kultur
Regie:
12-110
Copyright
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Die USA gelten nicht gerade als "grün": Spritfressende Geländelimousinen,
Klimaanlagen im Dauereinsatz und der Kaffee im Einweg-Pappbecher sorgen nicht
gerade für eine positive Ökobilanz der weltgrößten Volkswirtschaft. In Kalifornien ist
das ein wenig anders: Aus der Hippie-Bewegung hat sich eine regelrechte ÖkoKultur entwickelt. Selbsternannte Garten-Missionare kommen zu den Leuten nach
Hause und leiten sie an, einen Biogarten anzulegen. Der Staat Kalifornien gilt als
Vorreiter in Sachen Ökologie für die gesamten Vereinigten Staaten. Doch über
manches schüttelt der Europäer eher den Kopf: Es gibt zwar Pfandflaschen, aber nur
wenige Sammelstellen mit schlechten Öffnungszeiten - also wandern viele Dosen
oder Flaschen doch in den Müll. Und: Öko ist teuer - man muss es sich leisten
können. Der Öko-Supermarkt "Whole Foods" wird im Volksmund gern als "whole
paycheck" verspottet, weil man schnell seinen ganzen Gehaltsscheck dort lassen
kann. In schicken Cafés gibt es "raw food" - ökologische Rohkost zu Höchstpreisen.
Echte Öko-Enthusiasten fahren zwei Stunden mit dem Auto, nur um einen
bestimmten Rohmilchkäse zu kaufen - aus ökologischer Sicht sicher eher
fragwürdig. Und natürlich nehmen auch "grün" denkende Kalifornier selbst für
kleinste Strecken das Auto - nur eben den Toyota Prius mit Hybridantrieb, das
beruhigt das Gewissen. Ein Blick darauf, wie ökologisch der Südwesten der USA
wirklich ist.
Anmod.:
Die USA gelten nicht eben als "grün": Spritfressende Geländelimousinen,
Klimaanlagen im Dauereinsatz und der Kaffee im Einweg-Pappbecher sorgen nicht
gerade für eine positive Ökobilanz der weltgrößten Volkswirtschaft. In Kalifornien ist
das ein wenig anders: Der bevölkerungsreichste Bundesstaat gilt als besonders
umweltbewusst. Aus der Hippie-Bewegung hat sich eine regelrechte Öko-Kultur
entwickelt. Und doch gibt es auch hier einige typisch amerikanische
Verhaltensweisen, die den umweltbewussten Europäer vielleicht eher den Kopf
schütteln lassen. Unser Korrespondent Wolfgang Stuflesser wirft einen Blick darauf,
wie ökologisch der Südwesten der USA wirklich ist.
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Sekunden
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OT Brett: „Welcome to café gratitude …“
Willkommen im „Café der Dankbarkeit“. Der Kellner in seinem schneeweißen T-Shirt mit
dem tiefen Ausschnitt über der enthaarten, sonnengebräunten Brust erklärt dem Gast
zunächst einmal die Philosophie des schicken Bistros.
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OT Brett:
„Congratulations, you’re gonna eat very well today. We’re a hundred percent vegan, we’re
a hundred percent organic. Everything you see on the menu is bought from local, organic
farmers. There are no cans here, there are no can openers. Nothing that says ‘organic’ on
can. Everything is made from scratch, fresh, in house, every day.”
“Glückwunsch, Sie werden heute sehr gut essen. Wir sind hundert Prozent vegan,
hundert Prozent Bio. Alle Zutaten kaufen wir von örtlichen Bauern. Es gibt hier keine
Dosen, keine Dosenöffner. Wir bereiten alles frisch zu, jeden Tag.“
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Das Zauberwort heißt „Organic“, also Bio. Auf der Karte steht Zuchini-Kokosnuss-Salat
mit Tomaten und roten Zwiebeln oder ein Wrap mit Hummus, Gurke und Chili. Die Preise
für ein Hauptgericht liegen bei umgerechnet um die 10 Euro – nicht teurer als in anderen,
Nicht-Bio-Restaurants. Die gut 90 Plätze sind an diesem Mittag fast alle belegt. Und zwar
längst nicht nur von Vegetariern oder den noch strengeren Veganern, erklärt
Restaurantbesitzer Ryland Engelhart.
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OT Ryland Engelhart:
„Absolutely not! If you normally have a burger for lunch, you can still find something, that
will satiate and satisfy you. I’d say 60 percent of our customers aren’t even vegetarian.
They just are leaning in the direction of ‘I know it’s good to eat organic food – so I’m not
gonna do it exlclusively, but maybe one day a week’ – so I’d say that’s the majority of our
customer base.”
“Absolut nicht! Wenn Sie normalerweise mittags einen Burger essen, dann finden Sie bei
uns trotzdem etwas, dass Sie satt macht. Ich würde sagen: 60 Prozent unserer Kunden
sind nicht mal Vegetarier. Aber gehen in die Richtung: Es ist gut, Bio zu essen – und
machen das zwar nicht ausschließlich, aber vielleicht einmal die Woche. Ich würde sagen,
das ist die Mehrheit unserer Kundschaft.“
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Und doch will das Café Gratitude mehr sein als nur ein gesundes Restaurant. Deshalb
stellt Kellner Brett jedem Gast bei der Begrüßung eine „Frage des Tages“:
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OT Brett „The question of the day is: What are you dedicated to?”
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„Wo sind sie mit Leib und Seele dabei?“ - Die Frage soll einladen zum Tischgespräch,
erklärt Restaurantbesitzer Ryland.
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OT Ryland
“If we look back to our forefathers and those who came before us, one of the most
important times with family and with friends was over breaking bread – the last supper.
We have a meal and we nourish ourselves physically and we nourish ourselves
emotionally and spiritually through good conversations. We’re actually initiating that with
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the question of the day. And if you’re not interested, that’s fine, too. If you just came in for
some food, we’ll love you.”
“Wenn wir auf unsere Vorfahren schauen, dann war die wichtigste Zeit mit Familie und
Freunden die des Brotbrechens, denken Sie ans letzte Abendmahl. Wir teilen eine
Mahlzeit, wir ernähren uns physisch - und wir ernähren uns seelisch mit guten
Gesprächen. Das wollen wir mit der Frage des Tages in Gang bringen. Aber wenn Sie nur
fürs Essen da sind, lieben wir Sie auch.“
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Ryans Eltern haben das erste Restaurant dieser Art vor zehn Jahren eröffnet, in der Bay
Area rund um San Francisco. Wo früher das Zentrum der Hippie-Bewegung war, spielt
auch heute Erdverbundenheit und spirtituelle Sinnsuche eine große Rolle – nur jetzt eben
verbunden mit ökologischem Bewusstsein. Bio ist IN in Kalifornien: Das Restaurant im
angesagten Stadtteil Venice von Los Angeles, nur ein paar Straßen vom Surferparadies
am pazifischen Ozean entfernt, ist schon die vierte Filiale des Café Gratitude.
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OT Ryland:
„California is a very healthy-lifestyle-state. The weather is good, people are active, and
then they start wondering: How do I sustain my activity? Well, I need goud nourishment,
no poison in my food, so I’m gonna have organic food. The customer is more ready and
they’ve been more interested for a longer period of time.”
“Kalifornien steht für einen sehr gesunden Lebensstil. Das Wetter ist gut, die Leute sind
sportlich, und dann fragen sie sich: Wie bleibe ich so aktiv? Klar, dann brauche ich gute
Ernährung, kein Gift im Essen, also Bio. Die Kunden sind hier aufgeschlossener dafür,
und das auch schon länger.“
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Und so sitzen hier die durchaus wohlhabenden 30- bis 50-Jährigen, die auch sonst das
Straßenbild von Venice prägen. Sie haben Geld und sind bereit es auszugeben, wenn sie
damit etwas für sich oder ihr gutes Umweltgewissen tun. Wissenschaftler haben sie als
eigene demografische Gruppe ausgemacht: Die LOHAS, abgekürzt für das englische
Lifestyles of Health and Sustainability - auf Deutsch etwa: gesunder und nachhaltiger
Lebensstil. Die LOHAS sind so etwas die bürgerlichen Erben der Hippies. Neben dieser
Tradition gibt es aber noch einen zweiten Grund für das kalifornische
Umweltbewusstsein.
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OT David Ginsburg:
“We have the oceans, we have the mountains, we have the deserts, we have lakes, we
have streams. Within a hundred miles you can essentially visit many different types of
biogeographic regions. I think that people understand this is unique – and they want to
protect those areas. And that’s unique to other parts of a country that have less diversity
than particularly Southern California.”
„Wir haben das Meer, die Berge, die Wüsten, wir haben Seen und Flüsse“, sagt
Umweltwissenschaftler David Ginsburg von der University of Southern California. „Im
Umkreis von 100 Meilen können Sie so viele unterschiedliche natürliche Lebensräume
besichtigen. Ich glaube, die Leute hier sehen, dass das einzigartig ist, und sie wollen es
schützen. Das unterscheidet uns von anderen Teilen der USA mit weniger Vielfalt als
gerade Südkalifornien.“
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Kein Wunder, dass Kalifornien auch Vorreiter ist bei den Umweltgesetzen. Die sind in den
USA meist Sache der einzelnen Bundesstaaten. Und oft wird ein Gesetz, das ein
besonders fortschrittlicher Staat erlässt, von anderen übernommen.
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Atmo: Autos im Stau, Hupen.
Manche dieser Regelungen waren bitter nötig: Denn Kalifornien ist nicht nur der Staat der
schneeweißen Strände und glasklaren Bergseen. Der Süden ist geprägt vom Moloch Los
Angeles, der Mega-City mit 18 Millionen Einwohnern. Weil die Stadt im SMOG zu ersticken
drohte, wurden hier in den 60ern die ersten Abgas-Grenzwerte für Autos erlassen – die
dann später auch Länder wie Deutschland übernahmen.
Bio gedeiht also gut in Kalifornien. Und ist längst auch ein Geschäftsfeld.
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Atmo Whole Foods
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Besonders deutlich wird das in den Supermarktfilialen der Kette Whole Foods – auf
Deutsch vielleicht „ganzheitliche Lebensmittel“. Mehr als 50 ihrer 330 Filialen hat die
Kette in Kalifornien, fährt mit Ökoprodukten Umsätze in Milliardenhöhe ein.
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Wer einen solchen Laden betritt, sieht als erstes Unmengen an frischem Obst und
Gemüse, von fleißigen Mitarbeitern handpoliert und zu Pyramiden aufgetürmt. Die oft
riesigen Filialen wirken, als hätte man einen Supermarkt mit dem Garten Eden gekreuzt:
sanftes Licht, warme Holztöne, nicht die übliche Dudelmusik der Konkurrenz. Dafür
kostet die Mango dann aber eben auch 3 Dollar statt anderswo 1,50. Die Bioversion ist
sogar noch einen Dollar teurer. Spötter nennen „whole foods“ deshalb auch „whole
paycheck“, weil man hier schnell mal den ganzen Gehaltsscheck ausgibt. Und doch
strömen die Kunden.
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OT Kundin: “They have the best selection of organic foods. And it’s also really visually
pleasing in there.” – “Sie haben die besten Auswahl bei Biolebensmitteln. Und es ist so
hübsch präsentiert.”
OT Kunde 1: „Here they have things that only whole foods will have. Balsamic vinegar that
is aged 18 years. Or food for my babies – or things like that.” - „Manche Dinge gibt es nur
bei Whole Foods. 18 Jahre alter Balsamico-Essig oder auch bestimmte Babynahrung.“
OT Kundin 2: “It’s very expensive. But I like organic food because it prevents me from
having any health problems in the future.” – “Es ist sehr teuer. Aber ich mag
Biolebensmittel, weil sie gesundheitliche Probleme verhindern.”
OT Kunde 2: “It’s goods way of telling you you have too much money.” – “Es ist Gottes Art,
Dir zu zeigen, dass Du zu viel Geld hast.”
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Auf Kunden mit Geld, am besten mit viel Geld, setzt auch Danny Rojany. Er ist
Bauunternehmer. Sein jüngstes Objekt ist fast fertig. Und hat für kalifornische
Verhältnisse eine echte Besonderheit: Isolierte Wände!
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OT Danny Rojany
“You can see some of the foam. The foam covers the whole outside of the building. And
then there’s ground up newspaper that does the rest of the insulation – which is totally
green.”
„Hier siehst Du den Isolierschaum, der bedeckt die ganze Außenseite des Gebäudes. Und
in der Mauer selbst ist geschreddertes Zeitungspapier, das übernimmt den Rest der
Isolierung und ist total öko.“
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Green – also grün und ökologisch ist auch der Rest des Hauses: Statt der sonst üblichen
Glühbirnen gibt es LED-Lampen. Das Wasser wird vom Sonnenlicht über Röhren an der
Hauswand erwärmt, und auf dem Dach werkeln Solarzellen.
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OT Danny
“So not only do I create my own hot water, but also my own electricity. I’m gonna have a
50 Amp Car charger right here. So could buy a Chevy Volt and drive around town and
never pay for Gas again.”
„Ich produziere meinen eigenen Strom, hierher kommt später ein 50 Ampère-AutoLadegerät. Dann kann ich mir ein Elektroauto kaufen, damit durch die Stadt fahren und
muss nie wieder für Benzin zahlen.“
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Danny wird erst mal selbst im Haus wohnen – später soll es aber einen reichen Käufer
finden. Die Öko-Ausstattung ist für ihn ebenso Statussymbol wie der Rest des Hauses: Es
wurde vom gleichen Architekten entworfen, von dem auch das Traumhaus in der
Fernsehserie „Californication“ stammt. 350 Quadratmeter Wohnfläche, verteilt auf vier
Halbgeschosse. Die Klimaanlagen in jedem Zimmer lassen sich vom Smartphone aus
steuern – alles nur vom Feinsten. Auch die Geräte, wie Herd, Waschmaschine und
Trockner.
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OT Danny
“What’s funny is: A lot of the appliances come from Europe, too. Because they are the
most efficient. Gaggenau and Miele.”
„Es ist schon lustig: Viele der Geräte kommen aus Europa, denn die sparen den meisten
Strom.“
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Ein Filmstar oder einer von Google könnten mögliche Käufer sein. Danny peilt einen Preis
von viereinhalb Millionen Dollar an, umgerechnet knapp dreieinhalb Millionen Euro. Allein
die für kalifornische Verhältnisse ungewöhnliche Ökoausstattung hat die Baukosten um
ein Drittel verteuert. Aber Danny geht mit dem Trend, und Öko ist in. Also wollte er so viel
Öko wie möglich.
OT Danny
„I’m trying to go as green as I can.”
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OT Joanne Poyourow
“Going green – that phrase is very much an elitist phrase.”
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“Going green” – die Formulierung findet Joanne Poyourow ziemlich elitär. Mit
Luxushäusern hat sie nicht viel am Hut. Sie pflückt gerade Bohnen.
OT Joanne
„They always hide underneath. You have to look for them. And then you stand back and
think, you got them all, but there’s always something deep under there.”
“Sie verstecken sich immer unter den Blättern. Du musst sie suchen. Und wenn Du
denkst, Du hast sie alle, dann ist bestimmt tief unten noch was übrig.“
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Auf einem ungenutzten Vorgartengrundstück vor einer Kirche im Westen von Los Angeles
hat Joanne mit Freunden vor ein paar Jahren einen „Community Garden“ angelegt, eine
Art Lehrgarten. In einer Gegend, wo sonst die Gärten vor allem schön sein sollen, gibt
Joanne kostenlose Kurse, wie man Obst und Gemüse anbaut.
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OT Joanne
“The whole urban vegetable Gardening has taken a big resurgence here in the City. So we
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see a lot of people being interested in getting back to that. They say: Oh, I used to do that
as a kid, someone will do it with their kids, or they wanna do it for other reasons, like
ecological reasons. Some people are in to it for health reasons. Wanting to have organics
and wanting to know what’s in their food.”
“Die Idee des Gemüsegartens hat in der Stadt großen Zulauf. Viele Leute kehren wieder
zum Nutzgarten zurück. Manche erinnern sich an ihre Kindheit, andere wollen so einen
Garten für ihre eigenen Kinder, wieder andere haben ökologische Beweggründe, oder sie
wollen einfach wissen, was in ihrem Essen ist.“
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Jetzt, im Oktober, wenn die größte Sommerhitze vorbei ist, pflanzt Joanne Salat an,
Mangold, Grünkohl oder Erbsen. Die Ernte des Gartens geht an eine lokale Suppenküche.
Für Joanne ist Ökologie ein Lebensprinzip – und kein Statussymbol wie für manche der
jungen, wohlhabenden Kalifornier, die sich einen Hybrid-Auto kaufen und dann eben doch
jeden Meter damit fahren, statt mal zu Fuß zu gehen. Joanne will, dass die Leute
umdenken. Aber das sei für ihre Landsleute gar nicht so einfach.
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OT Joanne
“Americans have it tough because we had a big country and so our cultural history is one
of exploration. If you needed more, you just spreaded out in this big plot of earth and got
some new earth. And so there was always a ‘more’ to go to.”
“Wir hatten halt immer ein großes Land, und unsere Geschichte ist die der Erschließung
diesees Landes. Wenn wir mehr brauchten, gingen wir einfach aufs nächste Stück Land.
Es gab immer dieses „mehr“.
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Das “Mehr und mehr” sei deshalb lange fester Bestandteil der amerikanischen
Kulturgeschichte gewesen.
OT Joanne
“So the ‘more and more and more’ has been part of our cultural history and our story for
a very long time. The Pioneer mindset is very integrated in our story of who Americans
are. But that always has to do with conquering some new space. And look, that’s been
played out in our corporate mentality. It’s a pioneering mind set. So it goes back to the
story we tell ourselves about who we are as a people, who we are as a nation. And we’re
faced with having to changing some of those very, very basic stories.”
„Der Pioniergeist ist tief in unserer Geschichte verankert. Bis hin zu den großen
Unternehmen, die immer weiter wachsen. Das macht unser ganzes Verständnis als
Nation aus. Und nun, da die Ressourcen sich als endlich herausstellen, müssen wir auf
einmal ganz grundsätzlich umdenken.“
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Ein Beispiel für dieses Umdenken könnte schon bei der anstehenden Wahl ganz konkret
werden: Die Kalifornier stimmen nicht nur über den nächsten Präsidenten ab, sondern
auch über einen Gesetzesvorschlag, wonach gentechnisch veränderte Lebensmittel
gekennzeichnet werden müssten. Kalifornien könnte auch hier wieder Vorreiterstaat sein.
Die „Proposition 37“ ist Aktivisten wie Joanne enorm wichtig.
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OT Joanne
„I understand you have that in Europa. You know, many of us wish that we had such
knowledge of our foods, but this is our first effort to do that and of course we’ve got
enormous corporate forces working against our doing it. And at the same time as we’re
working on this law here in California, there are at least six other states who have similar
laws just waiting in the wings to see what happens here in California, because this is the
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most likely place to get it passed first.”
“In Europa habt ihr das schon. Viele von uns wünschten, wir wüssten so genau über
unsere Lebensmittel Bescheid. Aber wir fangen damit gerade erst an, und natürlich gibt
es aus der Industrie enormen Widerstand dagegen. Aber sechs andere Bundesstaaten
haben ähnliche Gesetze in der Schublade, die warten nur auf uns und könnten dann
nachziehen. Denn Kalifornien ist der Ort, an dem so ein Gesetz die größten Chancen hat.“
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In anderen Bereichen wird das Umdenken wohl deutlich länger brauchen. Beispiel
Wasserbedarf: Während der durchschnittliche Deutsche um die 120 Liter Wasser am Tag
verbraucht, sind es in Los Angeles 700 Liter pro Einwohner am Tag, in manchen
Wüstenregionen sogar fast 1.800 Liter.
Atmo: Rasensprenger startet.
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Und drei Viertel davon versickern wortwörtlich im Boden, sagt Umweltwissenschaftler
David Ginsburg. In vielen kalifornischen Gärten laufen fast täglich die Wassersprenger,
um trotz des heißen Klimas die Illusion eines ewig grünen Rasens am Leben zu erhalten.
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OT David Ginsburg
„We may have to make a choice in the future that we don’t have lawns anymore. We live in
a desert. Southern California is a desert. A lawn is really not part of that ecosystem.”
“Vielleicht werden wir in der Zukunft entscheiden müssen, dass wir keine Rasenflächen
mehr haben. Wir leben in einer Wüste, Südkalifornien ist eine Wüste. Und eine
Rasenfläche ist wirklich nicht Teil dieses Ökosystems.“
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Aber natürlich wäre ein solches Verbot nur schwer durchzusetzen in einem Land, das die
Freiheit und die freie Entscheidung des Einzelnen als höchstes Gut ansieht. Joanne
jedenfalls will auf Veränderung von oben nicht warten.
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OT Joanne
“If change is gonna happen, it’s really gonna come from us, the grassroots people, who
are making a stand for it and say, look, it can’t go on that way. We’ve got to do things
differently. And we can’t wait for government, because by the time that change comes, it
will be too small too late, you know.”
“Wenn der Wandel kommt, dann geht er von uns aus, von der Basis. Auf die Regierung
können wir da nicht warten, denn wenn von dort ein Wandel ausgeht, wird es zu wenig
sein – und zu spät.“
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Schützenhilfe könnte sie von Unternehmern wie Ryland erhalten, dem Besitzer des Café
Gratitude. Auch wenn im vermeintlichen Vorzeigestaat Kalifornien beim Thema Bio längst
nicht alles grün ist – als Geschäftsmann hat er seine Nische gefunden. Ökologie könne
ein kalifornischer Exportschlager werden, sagt er. Ein Café Gratitude gebe es inzwischen
auch in Kansas City – mehr als zweitausend Kilometer im Landesinnern.
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OT Ryland
“Kansas City - that is middle of America. Completely. Who is to see we can’t do well
there, because we are doing really well there. If heard that there’s more enthusiasm for
it. Maybe the numbers of customers aren’t as big as they are here. There’s a mass
enthusiasm of people who wake up and say: I wanna start taking care of myself, I wanna
start taking care of the planet.”
„Kansas City – das ist in der Mitte der Vereinigten Staaten. Wer sagt, dass wir da keinen
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Erfolg haben? Den haben wir nämlich, und ich höre, dass es dort sogar besonders viel
Enthusiasmus gibt. Vielleicht sind die Kundenzahlen noch nicht so hoch wie hier. Aber es
gibt eine Menge Leute dort, die aufwachen und sagen: Ich kümmere mich jetzt um mich
selbst, ich kümmere mich um die Erde.“
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Schon einmal, in der Zeit der Blumenkinder, hat Kalifornien den anderen Bundesstaaten
den Weg gewiesen. Vielleicht sind es heute nicht die Hippies, sondern ihre
geschäftstüchtigen Kinder, die als ökologisch engagierte Unternehmer dem Thema
Umweltschutz in den USA zu einem zweiten Frühling verhelfen.
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