Regine Tschan Wenn die Seele taumelt Somatoformer Schwindel – Ein Ratgeber 5 Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 – Schwindel und Gleichgewichtsstörungen 7 1. Einleitung 9 2. Das Phänomen Schwindel 11 3. Schwindel als Krankheitsbild 17 4. Häufigkeit und Prognose 19 5. Bin ich ein eingebildeter Kranker? 20 6. Die Psychosomatische Medizin 22 7. Was beinhaltet eine gute Schwindeldiagnostik? 23 8. Der organmedizinische (vestibuläre) Schwindel 26 8.1 Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel 26 8.2 Neuritis vestibularis 27 8.3 Morbus Menière 27 8.4 Vestibuläre Migräne 28 9. Psychische Beeinträchtigung beim vestibulären Schwindel 29 10. Der sekundäre somatoforme Schwindel 31 11. Der primäre somatoforme Schwindel 34 12. Welche Sprache spricht die Seele? 36 13. Beschreiben Sie Ihren Schwindel! 38 14. Schwindel als Ausdruck einer Angststörung 40 15. Schwindel als Ausdruck einer Depression 43 16.Schwindel als Ausdruck einer somatoformen Störung bzw. Somatisierungsstörung 17. Betroffene berichten 45 48 © 2011 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden. Aus: Regine Tschan; Wenn die Seele taumelt, 1. Auflage. 6 Inhaltsverzeichnis Kapitel 2 – Erfolgreiche Selbsthilfe bei Schwindel 55 18. Das Körpertraining 57 19. Die Atmung: Ruhen in der Bewegung 62 20. Das Entspannungsverfahren 63 21. Das Tagebuch: Schreiben Sie sich den Schwindel von der Seele! 66 22. Geben Sie Ihrem Leben einen Sinn! 68 23.Kopfkino: Wie Sie sich bei Schwindel mental entspannen können 70 24. Konfrontationstherapie: Stellen Sie sich dem Schwindel! 76 Kapitel 3 – Die professionelle Therapie 81 25. Psychotherapeutische Behandlungskonzepte 83 26. Was kann ich mir unter einer Psychotherapie vorstellen? 85 27. Welche therapeutischen Berufsklassen gibt es? 88 28. Wer finanziert die Psychotherapie? 90 29. Wie finde ich psychotherapeutische Hilfe? 93 30. Und was sagt die Wissenschaft? 95 Literaturverzeichnis 101 Die Autorin 104 © 2011 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden. Aus: Regine Tschan; Wenn die Seele taumelt, 1. Auflage. 20 Kapitel 1: Schwindel und Gleichgewichtsstörungen 5. Bin ich ein eingebildeter Kranker? Aufgrund der massiven Beeinträchtigungen beim Schwindelerleben, der Angst vor neuen Attacken und der Stigmatisierung durch das Umfeld («Dieser Mensch muss betrunken sein!») ist es nur zu gut verständlich, dass Sie als Patient eine eindeutige Diagnose fordern und brauchen. Bleibt es auf Seiten des Arztes bei vagen Vermutungen, einem «In der Diagnostik ist alles in Ordnung!» oder bei der Ausstellung einer neuen Überweisung, sieht man sich allein gelassen und in seiner Krankheit nicht ernst genommen (Staab 2000, Yardley 2000). Es ist verständlich, dass Sie in einem solchen Fall enttäuscht oder wütend reagieren können. Neben dem Zweifel an der Qualität des Arztes kommt es zu Zweifeln an sich selbst. Wie ein «Schwindler» fühlt man sich – denkt sogar manchmal ernsthaft darüber nach … «Bilde ich mir meine Beschwerden vielleicht wirklich nur ein?» Nein! Hier tut eine fachgerechte, kompetente Aufklärung Not! Beim somatoformen Schwindel kann zwar organmedizinisch kein Befund gestellt und körperlich keine Störung nachgewiesen werden, jedoch ist der Schwindel keinesfalls eingebildet oder vorgetäuscht. Patienten mit einem somatoformen Schwindel leiden vergleichbar stark wie vestibuläre Schwindelpatienten unter ihren Gleichgewichtsstörungen (Tschan und Kollegen 2010a, Staab 2000, Clark und Kollegen 1994). Die Beschwerden sind tatsächlich vorhanden und führen zu erheblichen Belastungen. Die Schwindelintensität als auch das Unverständnis der Außenwelt können zu © 2011 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden. Aus: Regine Tschan; Wenn die Seele taumelt, 1. Auflage. 5. Bin ich ein eingebildeter Kranker? 21 einem sozialen Rückzug und zu depressiven Verstimmungen führen. Die Angst, als Simulant zu gelten oder die Scham über eine mögliche seelische Erkrankung kann die Patienten in tiefe Krisen stürzen (Eckhardt-Henn und Kollegen 1998). Dabei sollten Sie bei einem organisch unauffälligen Befund hinsichtlich der psychosomatischen Ursachen für die Beschwerden untersucht und aufgeklärt werden! © 2011 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden. Aus: Regine Tschan; Wenn die Seele taumelt, 1. Auflage. 22 Kapitel 1: Schwindel und Gleichgewichtsstörungen 6. Die Psychosomatische Medizin Die Psychosomatische Medizin beschäftigt sich mit den körperlich-seelisch-sozialen Wechselwirkungen, die für die Entstehung und Aufrechterhaltung einer Erkrankung ursächlich sind. Diese Fachrichtung versucht den Menschen in seiner Gesamtheit aus körperlicher Konstitution (Veranlagung, Vorerkrankung), seelischer Verfassung (Stimmung, Gefühlswahrnehmung, belastende Gedanken, Verhaltensauffälligkeiten) und Umwelteinflüssen (Erziehung, Beziehung, Konflikt und Belastung) zu verstehen und zu begreifen (Eckhardt-Henn und Kollegen 2004). Zum psychosomatisch verursachten Schwindel kommt es, wenn im Gefühlsleben oder im Umfeld unlösbare Probleme oder tiefe Verletzungen aufgetreten sind. Dann leidet das seelische Gleichgewicht und sendet ein Alarmsignal: den Schwindel. In gemeinsamer psychotherapeutischer, individuell am Krankheitsbild des Patienten ausgerichteter Arbeit, kann die Ursache des Schwindels häufig schnell erkannt und behandelt werden. © 2011 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden. Aus: Regine Tschan; Wenn die Seele taumelt, 1. Auflage. 23 7. Was beinhaltet eine gute Schwindeldiagnostik? Wiederholte, medizinische Untersuchungen bei jeweils neuen Fachärzten bergen eine gewisse Gefahr: Handelt es sich um «unnötige» Konsultationen oder «falsche» Adressaten führen sie in der Regel ausschließlich zu Stress, einer Reduzierung von Freizeit und Erholung sowie zu Verunsicherung und Hilflosigkeit. Langfristig können sie die Krankheitsbewältigung schwächen. Denken Sie deswegen daran, zwar einer detaillierten, jedoch begrenzten medizinischen Abklärung nachzugehen. Aufgeführt ist im Folgenden ein diagnostischer Leitfaden am Beispiel der Mainzer Schwindelambulanz. Die medizinische Untersuchung des Gleichgewichts (= Vestibularisprüfung) beinhaltet folgende Punkte: Basisdiagnostik: • Geh-/Stehversuch (Romberger-Stehversuch, Unterberger-Tretversuch, Blindgang und Finger-Zeigeversuch). • Nystagmusprüfung (= Testung der Augenbewegungen) bei bestimmten Körperbewegungen inklusive einer Elektronystagmographie (elektrische Aufzeichnung von Augenbewegungen mit aufgeklebten Elektroden = ENG). • Lagerungsprüfung zur Beschleunigungsfähigkeit der Otolithen (= feine Kalziumkarbonatkristalle im Gleichgewichtsorgan im Innenohr). • Kalorische Prüfung, bei der Wasser oder Luft in den Gehörgang gegeben wird. • Posturographie (Balanceprüfung auf einem Schaumstoff-Wackelbrett). © 2011 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden. Aus: Regine Tschan; Wenn die Seele taumelt, 1. Auflage. 24 Kapitel 1: Schwindel und Gleichgewichtsstörungen Weiterführende medizinische Diagnostik: • Computertomographie (CT) bzw. seltener Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) zur Erkennung eines Hirntumors, einer Schädelknochen- oder Felsenbeinfraktur. • Testung der Hirnstammreflexe. • Kardiovaskuläre Diagnostik (Herz-Kreislauf-System). Psychosomatische Diagnostik: • 2–3 klinisch-psychosomatische Gespräche (à 50min); • Psychometrische Testungen anhand von Fragebögen: a) Schwindelerleben, Umgang und Begleitsymptome. b) Angst, Depression, Stress, Belastung. Nach diesen Untersuchungen müssen die Ergebnisse zusammengeführt werden. Ziel ist es zu klären, welchen Einfluss die körperliche Erkrankung und welchen die seelische Erkrankung auf die Schwindelintensität und Dauer hat. Hierzu dient folgende Einordnung (= Klassifikation nach Eckhardt-Henn und Kollegen 2009): • Vestibulärer Schwindel: Es liegt eine krankhafte Störung im Gleichge- wichtsystem vor; in der psychischen Diagnostik gibt es keine Auffälligkeiten. • Vestibulärer Schwindel mit psychischer Störung: Es liegt sowohl eine Störung im organischen Gleichgewichtsystem als auch in der psychischen Diagnostik vor. • Sekundärer somatoformer Schwindel: Die Ausheilung einer Erkrankung des Gleichgewichtssystems liegt mehr als sechs Monate zurück. In der psychischen Diagnostik zeigen sich eine Depression, Angst- oder somatoforme Störung. • Primärer somatoformer Schwindel: Es ergibt sich ein völlig unauffälliger, organmedizinischer Befund. In der psychischen Diagnostik hingegen zeigen sich eindeutige Hinweise auf eine Depression, Angst- oder somatoforme Störung. © 2011 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden. Aus: Regine Tschan; Wenn die Seele taumelt, 1. Auflage.