Parkinson ist eine fortschreitende Erkrankung, deren Verlauf sich durch gute medizinische Einstellung und regelmäßige Bewegungsübungen positiv beeinflussen lässt. 92 2012 11 In Bewegung bleiben bei neurologischen Erkrankungen in der zweiten Lebenshälfte Schwindel entsteht durch eine Störung im Gleichgewichtssystem und hat viele Ursachen. Schwindel und Gangstörungen eigenen Körpers oder auch der Umgebung (Drehen/Schwanken). Schwindel und Gangstörungen sind häufige Symptome in der Praxis eines Neurologen. Etwa jeder fünfte oder sechste Patient klagt über diese Symptome. Warum wird uns eigentlich schwindelig? Schwindelgefühle entstehen, wenn es irgendwo im Gleichgewichtssystem eine Störung gibt. Es kommt dann zu einer unangenehmen Störung der räumlichen Orientierung oder zu einer Fehlwahrnehmung des Die Ursachen sind vielfältig. Beim Schwindel wird zwischen dem gerichteten Drehschwindel sowie dem ungerichteten Schwankschwindel unterschieden. Beide Schwindelformen können episodisch oder über einen längeren Zeitraum auftreten. Durch spezielle neurologische, HNO-ärztliche und technische Untersuchungsverfahren wird die Ursache bestmöglich eingegrenzt. Während der gerichtete Dreh- 2012 11 schwindel zumeist seine Ursache im Gleichgewichtsorgan hat, finden sich beim ungerichteten Schwankschwindel vielfältige Ursachen, insbesondere nach Durchblutungsstörungen im Gehirn oder Ursachen des peripheren Nervensystems muss gefahndet werden. Was hilft? Mit entsprechenden Medikamenten können Schwindelsymptome oder 93 Bewegungen und Übungen helfen das Gleichgewicht zu stabilisieren. eine begleitende Übelkeit in den ersten Stunden oder Tagen zumeist gut gebessert werden. Wichtig ist jedoch der frühe Einsatz von speziellen krankengymnastischen Übungen. Therapeutisch sind beim gleichgewichtsorganbedingten Schwindel spezifische Lagerungsmanöver wie auch »Schwindelprovokationsübungen« von Wichtigkeit. Dahingehend kommen beim ungerichteten Schwindel allgemeine Übungen zur Gleichgewichtsstabilisierung wie auch zur allgemeinen Kräftigung zur Anwendung. Häufig lässt sich im Rahmen einer ambulanten krankengymnastischen Behandlung oder einer stationären Rehabilitation im Laufe weniger Tage oder Wochen eine gute Besserung erlangen. Im Einzelfall kann es erforderlich sein, diese speziellen Übungen auch langfristig Tag für Tag 94 durchzuführen, um wieder eine gute Gangsicherheit zu erlangen. Neben den bisher genannten Schwindelformen können jedoch auch verschiedene Faktoren wie Polyneuropathie (Erkrankungen des peripheren Nervensystems), Arthrosen oder eine allgemeine muskuläre Schwäche als Teilfaktoren zu einer sogenannten »multifaktoriellen Gangstörung« beitragen. Insbesondere wenn es bereits zu mehreren Stürzen gekommen ist, sollte auch hier eine sorgfältige Abklärung durch einen Neurologen oder einen Geriater (Altersmediziner) erfolgen, um einzelne Teilursachen zu identifizieren und durch spezifische Therapien die Beschwerden zu bessern oder zumindest einer weiteren Verschlechterung entgegenzuwirken. Früherkennung und Therapieformen können helfen, trotz Krankheit an den bisherigen Lebensformen festzuhalten. Parkinson-Erkrankung Die Parkinson-Erkrankung ist eine andere neurologische Erkrankung, die zu Gang- und Gleichgewichtsstörungen führen kann. Bei einem Teil der Patienten tritt diese Erkrankung im 5. oder 6. Lebensjahrzehnt mit den typischen Symptomen Kleinschrittigkeit, Muskelzittern und einer allgemeinen Minderbeweglichkeit auf. Bei älteren Menschen können diese typischen Symptome jedoch nur wenig erkennbar ausgeprägt sein. Dieser sogenannte »Altersparkinson« wird deswegen oftmals erst sehr spät erkannt. Diese Patienten fallen jedoch im Verlauf durch Stolperstürze, einer mangelnden Kontrolle der aufrechten Körperhaltung oder auch durch eine Fallneigung nach hinten auf. 2012 11 Dr. Bernd Meyjohann FA für Neurologie und Innere Medizin Klinische Geriatrie, physikalische Therapie Chefarzt Innere Medizin und Geriatrische Rehabilitation Asklepios Klinik Lindau Friedrichshafener Straße 82, 88131 Lindau Tel.: 0 83 82 / 2 76 31 21 [email protected] Diagnosestellung und Diagnostikverfahren In all diesen Fällen erfolgt wiederum die Diagnosestellung bei einem neurologisch orientierten Altersmediziner (Geriater) durch eine sorgfältige körperliche Untersuchung sowie spezielle Testverfahren. Die Ursache der Parkinson-Krankheit ist der Mangel des Botenstoffes Dopamin im Gehirn. Dieser kann jedoch durch entsprechende Medikamente auch über Jahre wirksam ausgeglichen werden. Da es sich bei der Parkinson-Erkrankung um eine chronische Krankheit handelt, ist die regelmäßige Durchführung krankengymnastischer Übungen bis ins hohe Lebensalter notwendig. Somit sind sowohl bei Schwindel- und Gleichgewichtsstörungen wie auch bei der Parkinson-Erkrankung eine sorgfältige neurologische Körperuntersuchung wie auch spezielle Diagnostikverfahren erforderlich, um eine genaue Diagnose zu stellen und mögliche behandelbare Erkrankungen oder Begleitfaktoren zu erkennen. Oftmals kann die Abklärung ambulant erfolgen. Grundsätzlich ist jedem Patienten mit länger anhaltenden Beschwerden die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe empfohlen. Durch die ambulante Krankengymnastik kann die Vermittlung eines Eigenprogramms erfolgen, – dieses muss jedoch auch regelmäßig durchgeführt werden. 2012 11 Insgesamt sind etwa 100.000 bis 250.000 Menschen an Parkinson erkrankt. In Deutschland erkranken jährlich etwa 10.000 bis 15.000. Stationäre Krankenhausbehandlung mit anschließender Rehabilitationsbehandlung Wenn es im höheren Lebensalter infolge einer allgemeinen Gebrechlichkeit oder Muskelschwäche jedoch gehäuft zu Stürzen kommt, zeigt sich, dass ambulante Maßnahmen nicht mehr ausreichen und eine stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich wird. Dieses gilt auch zur Abklärung von Patienten mit vorbestehender Pflegebedürftigkeit oder einer begleitenden demenziellen Erkrankung aufgrund der Komplexität der Symptome. Im akutstationären Rahmen beispielsweise einer geriatrischen Abteilung kann dann durch ein multiprofessionelles Team sowohl die Diagnostik wie auch eine Einschätzung von Selbsthilfefähigkeit und Gangsicherheit erfolgen, um abgestimm- te weitere Maßnahmen festzulegen. Ein Teil dieser Patienten entscheidet sich dann, nachfolgend eine geriatrische Rehabilitationsbehandlung wahrzunehmen. Hier erfolgt ein intensives dreiwöchiges Trainingsprogramm mit speziellen Übungen zur Gleichgewichtsschulung und allgemeinen Kräftigung, wie sie in der Regel mit gleicher Intensität zu Hause nicht durchgeführt werden können. Entsprechend Verlaufsbeobachtungen lassen sich auf diese Weise bei vielen Patienten Kraft, Gleichgewicht und Gangsicherheit durchgreifend bessern, sodass ein weiterer Verbleib in der bisherigen häuslichen Umgebung möglich wird und auch in höherem Lebensalter Mobilität und damit Lebensqualität erhalten bleiben. Text: Dr. Bernd Meyjohann / Asklepios Klinik Lindau / Fotos: privat (1); photos.com (5) 95