Möglichkeiten und Grenzen der aktivierenden Befragung

Werbung
Möglichkeiten und Grenzen
der aktivierenden Befragung
Nach dem Philosoph Ernst Bloch
„Es gilt auch für gute Ohren, für den Mann,
der sich etwas sagen lässt:
Damit er zuhört, muss er von seiner eigenen Lage her
gepackt sein, wie sie sich ihm spiegelt.
Erst dann hat das Weitere Aussicht,
gehört und verstanden zu werden, erweckt Vertrauen.
Das aber gilt nie von außen und von oben her.“
Themeninhalte
„
„
„
„
Aktivierenden Befragung – was ist das überhaupt?
Welche Möglichkeiten gibt es Aktivierende Befragungen
durchzuführen?
Welche Ziele werden mit einer Aktivierenden Befragung
verfolgt?
Was sind die kritische Punkte bei einer solchen
Befragung?
„
Wo liegen die Grenzen einer Aktivierender Befragung?
„
Welche Mindeststandards müssen erfüllt werden?
Wann spricht man nicht von einer
Aktivierenden Befragung?
„
„
Wenn das Ziel bereits vorgegeben ist
Wenn Geschlossene Fragen gestellt werden, die nur mit
„Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können.
Beispiel: „Wollen Sie in diesem Gebäude einen
Aufzug haben?“
=> Meinungsumfrage / Manipulation
„Aktivierung ist…
…wenn über mehrere Schritte hinweg die Erfahrung
gemacht werden kann, es lohnt sich aktiv zu werden, ich
kann durch mein Tun gemeinsam mit Anderen etwas
bewirken, ich bin nicht nur Opfer einer Situation oder eines
Konfliktes sondern selber (Mit-) Gestalter/in.“
Der Kern der Aktivierung
Erforschung der ganz
persönlichen Sichtweise
Erforschung der
Eigeninteressen
Kern der Aktivierung
Erforschung der jeweiligen
persönlichen Ressourcen
Fragen nach den
ureigensten Interessen
und Visionen
Allgemeines zur aktivierenden Befragung
„
„
„
„
Nicht alle aktivierenden Befragungen sind gleich
Allgemeine Kriterien helfen bei der Vorbereitung und
Durchführung
Aktivierung braucht Zeit und ist ein längerer Prozess
offenen, forschenden und nicht bewertenden Fragen:
„Was würden Sie tun, wenn Sie etwas zu sagen
hätten?“
Wann gelingt eine Aktivierung?
Aktivierung ist ein Prozess, der meist ausgelöst
durch einen Konflikt oder eine Krise, in der
aktivierten Person selber stattfindet.
Das können andere durch ihr Tun anregen und
unterstützen, aber auch stören und behindern.
Die qualifizierte innere Haltung eines Aktivierenden ist
wichtig!
Grundeinstellungen eines Aktivierenden
„
Ich spreche jetzt mit einem Experten des Lebens hier im
Quartier
„
Ich weiß erst mal nichts oder nur sehr wenig
„
Ich bin neugierig auf die Antworten
„
Ich höre wirklich zu, um zu erfassen, wie diese Person
die Dinge sieht und was auf Grund ihrer Erfahrungen
und ihrer Lebensgeschichte wichtig ist
„
„
„
„
Ich respektiere diese Person, ihre Meinung und nehme
Besonderheiten ihrer Sicht wahr. (Einzelheiten ernst
nehmen)
Ich möchte begreifen, was ihr Eigeninteresse ist und
was sie wirklich bewegt
Ich diskutiere nicht über richtig und falsch
Ich überlasse ihr die Entscheidung, ob sie sich weiter
engagieren möchte oder nicht
„
„
„
Respekt vor Entscheidungsfreiheit heißt auch, ich
respektiere, wenn jemand nichts tun will
Ich mache deutlich, dass das Problem nicht bei mir
abzuladen ist – ich bin kein Helfer, aber ich kann ein
Weggefährte sein
Ich zeige Verständnis für die Situation und ihre
Sichtweise
Zum Nachdenken und Diskutieren
Bei Aktivierenden Befragungen ist zu berücksichtigen:
Oft ist es so, dass Menschen nicht gleich einem ersten
Gespräch sagen, was sie wirklich denken. Aktivierung
braucht meist mehrere Gespräche.
Ein erster Kontakt ist wichtig, aber es sollte danach
möglich sein, dass weitere Gespräche folgen.
Um ehrliche Antworten von den Menschen zu bekommen
ist meist eine Vertrauensbasis notwendig.
Welche Fragen ergeben sich daraus für
unsere Arbeit im Mehrgenerationenhaus?
1.
2.
3.
4.
Ist es uns zeitlich möglich, die Bürger von Bad
Rodach mehrmals zu befragen? Wollen wir das
überhaupt?
Wenn ja, wie stellen wir sicher, wer bereits befragt
worden ist und wer noch nicht? Anonymität?
Wenn wir Fragebögen erstellen, weil wir nicht jeden
Bürger persönlich erreichen, ist es dann notwendig
mehrere Fragebögen zu entwerfen?
………………….
Aktivierende Befragungen
– ein längerer Prozess
„
„
Es sind immer wieder Schlüsselergebnisse nötig
Solche Schlüsselergebnisse werden vor allem in
persönliche Gespräche deutlich, in denen erfahrbar
wird:
* „Meine Meinung ist wichtig“
* in einer Bewohnerversammlungen: viele denken
ähnlich wie ich
* neue Rollenerfahrungen ( durch Übernahme
von Verantwortung z.B. durch Leitung einer
Gruppe
Aktivierung braucht eine qualifizierte
(weitere) Begleitung
Ohne Begleitung einer aktivierenden Befragung:
„ Es werden nur diejenigen aktiv bleiben, die sich sowieso
schon auskannten und die nötigen Kenntnisse haben
„ Die anderen machen erneut die Erfahrung:
„… hier kann man ja eh nichts erreichen….!“
-> Hoffnungslosigkeit und Apathie werden dadurch
verstärkt
-> erneute Bewegung zu einer Veränderung wird sehr
erschwert oder abgelehnt
Einladungen zu einer lebendigen
demokratischen Kultur, deswegen sollten
„
„
„
aktivierende Befragung auch mit benachteiligten
Bevölkerungsgruppen durchgeführt werden
verschiedenen Meinungen und Blickwinkel von
unterschiedlichen Menschen sollen als Bereicherung
gesehen werden
eigenständiges Denken ist erwünscht
Die unterschiedlichen Ziele einer
Aktivierenden Befragung
Die Ziele hängen davon ab, wer befragt wird, wofür die
Befragung ist und was mit der Befragung erreicht werden
möchte.
Hauptziel:
„Das Hauptziel der aktivierenden Befragung ist die
Veränderung der Situation im Gemeinwesen im Sinne der
dort lebenden und betroffenen Bürger/innen durch
deren Aktion.“
Vor der Befragung sind
folgende Fragen zu klären:
„
Wer bestimmt die Ziele?
„
Was ist das Ziele? Was sind die Ziele?
„
Wem gehören die Ergebnisse?
„
Was geschieht nach der Befragung?
Möglichkeit aktivierende
Befragungen durchzuführen:
„
Zu Beginn von Projekten
„
Im Rahmen einer Sozialraumanalyse
„
Durch bestehende Einrichtungen im Stadtteil
„
Durch bestehende Stadtteil-Organisationen
(Bürgerinitiativen/Vereine)
Zu Beginn von Projekten
Vorgehensweise:
Das vorläufige Ziel wird von den Professionellen formuliert,
es wird aber deutlich gemacht, dass die Aktivitäten nach
der Befragung in den Händen der Aktivierten (der Bürger)
übergehen werden.
Die Ziele lauten dann:
„
„
„
Zur Förderung von selbst bestimmten Engagement
wurden Kontakte zu Bewohner/innen geknüpft.
Bewohner/innen wurden darin unterstützt, sich klarer
über ihre eigenen Interessen zu werden.
Interessierte Bewohner/innen haben nach Abschluss
der Befragung die Möglichkeit zu einem moderierten
Zusammentreffen (Bewohnerversammlung).
Kritischer Punkt : das Rollenverständnis
Werden örtliche Schlüsselpersonen als gewählte
Vertreter/innen gestärkt oder werden sie als
ehrenamtliche Laien/ Helfer der Professionellen
angesehen?
Werden die Bewohner/innen darin unterstützt eigene
Organisationsformen zu entwickeln?
Im Rahmen einer Sozialraumanalyse:
Ziel nach dem Abschluss der Befragung lautet dann:
Mehr und qualitativ bessere Informationen zu
eine bestimmten Wohngebiet / Viertel wurden
erhoben.
Kritische Punkte - Fragen die man sich vor
der Befragung stellen sollte:
„
Mehr Informationen für wen?
„
Wem gehören die Ergebnisse?
„
Dienen die Ergebnisse der Sozialraumanalyse als
Basis für Entscheidungen von Politik und Verwaltung?
Befragungen durch bestehenden
Einrichtungen im Stadtteil (Dienstleister)
Ziele, die damit erreicht werden sollen:
„
„
„
Die Kontakte zu und zwischen den Bewohner/innen
wurden intensiviert.
Die Kenntnisse über die Interessen, Bedürfnisse und
Ressourcen der Bewohner/innen wurden erweitert.
Die Angebote und Dienstleistungen wurden im Sinne
von ressourcenorientierter Arbeit verbessert.
Kritische Punkte:
„
„
„
„
Oft geht es in Befragungen von Einrichtungen der
Wohlfahrtsverbände nur um Rückmeldungen und
Wünschen ihrem am professionellen Handeln
Die Ergebnisse werden genutzt, um die eigene Arbeit
effektiver gestalten zu können
Oft werden keine offenen Fragen gestellt, wie in
aktivierenden Befragungen üblich sondern spezielle
Fragen auf den Arbeitsbereich bezogen
Gegenüber dem Arbeitgeber ist hier deutlich zu machen,
dass Aktivierung nur mit Ergebnisoffenheit erreichbar
ist.
Aktivierende Befragung durch bestehende
Stadtteil-Organisationen
Ziele, die damit erreicht werden sollen:
„
„
„
Themen und Sichtweisen der Bewohner wurden
identifiziert bzw. ins Gespräch gebracht.
Die Aktivitäten und das Programm der Organisation
wurden erneuert.
Anknüpfungspunkte für die Miteinbeziehung neuer
aktiver Mitstreiter/innen wurden gefunden.
Kritische Punkte:
Bei dieser Form von Befragung ist die Vorbereitung und
das Training der Befrager/innen zu folgenden Aspekten
besonders wichtig:
„
Vertraulichkeit der Gespräche
„
Respekt vor verschiedenen Meinungen
„
Offenheit für neue Interessierte
Wem gehören die
Ergebnisse der Befragung?
„
„
„
Wozu werden die Äußerungen der Bürger/innen
benötigt? Wer wird über die Ergebnisse informiert?
Wichtig ist dabei die Transparenz!
Die Ergebnisse gehören zuallererst den Befragten! Sie
werden ihnen zur Verfügung gestellt und z.B. in einer
Bürgerversammlung am Ende des Befragungszeitraumes vorgestellt
Was geschieht mit den Ergebnissen? Professionelle
sollten die Aktivierten begleiten, unterstützen und
beraten.
Zum Nachdenken und Diskutieren:
Oft nutzen Professionelle selber die Ergebnisse, um eine
Presseerklärung nach einer Befragung herauszugeben.
Dabei ist allerdings zu bedenken, dass sie dann ihre Arbeit
darstellen und was dabei herausgekommen ist.
Es ist dann häufig nicht verwunderlich, wenn ihnen
daraufhin auch die Verantwortung übergeben wird, aus
den Ergebnissen etwas zu machen!
Welche Fragen ergeben sich daraus für
unsere Arbeit im Mehrgenerationenhaus?
1.
Wann werden Zeitungsberichte verfasst?
2.
Wer sollte diese Artikel schreiben?
3.
4.
Finden sich Menschen aus Bad Rodach die
gelegentlich Zeitungsartikel verfassen würden?
…………
Notwendige Faktoren für
eine Aktivierende Befragung
„
„
„
„
Materielle Rahmenbedingungen, die Ärger oder
Leidensdruck bewirken und Anlass geben, etwas
verändern zu wollen.
Persönliche Ressourcen der Aktivierten. Entscheidend
ist dabei das Eigeninteresse und die Erkenntnis: „Ich
habe persönlich etwas davon, wenn ich aktiv werde!“
Haltung der Aktivierer, die geprägt sein sollte, von einer
Mischung aus Offenheit und Zumutung: „Was sie tun ist
ihre Entscheidung. Wenn sie wollen, können sie hier
etwas bewirken.“
Ergebnisoffenheit des Auftraggebers.
Grenzen des sinnvollen Einsatzes von
Aktivierender Befragung
„
Nicht in allen (Wohn-)Gebieten und Aufgabenspektren
„
Zu wenig Menschen zur Verfügung stehen
„
ganz Stadtteile sind zu groß
„
„
Zu wenig Ressourcen der Menschen / nicht genügend
Eigeninteresse
Mangelnde Offenheit des Trägers
Gründe für den Abbruch des Vorhabens
eine Aktivierende Befragung durchzuführen
„
„
Es sind keine Ansatzpunkte für den Einstieg in konkrete
Aktionen erkennbar
Die zentralen Probleme betreffen
Entscheidungsebenen, die nicht vorrangig auf lokaler
Ebenen zu beeinflussen sind
Mindeststandards für
Aktivierende Befragungen
„
Es ist offen, welche Ergebnisse herauskommen
„
Die Ergebnisse gehören zu allererst den Befragten
„
Die Interessen der Beteiligten sind transparent
„
„
Es gibt eine Perspektive für eine nachhaltige
Unterstützung und Begleitung der Aktivierten im
Anschluss an die Befragung
Die Befrager werden für ihre Aufgaben qualifiziert
vorbereitet und trainiert
Herunterladen