Kapitel 5 Der Spin und die praktischen Pauli–Matrizen Bis jetzt haben wir hauptsächlich Photonen und ihre Polarisation betrachtet. Diese Experimente konnten wir —außer für schwache Strahlen— auch klassisch verstehen. Wir wollen hier eine Eigenschaft von Quantenobjekten betrachten, die klassisch nicht erklärt werden kann, und können so gleich den von Pauli eigens dafür entwickelten praktischen Formalismus (Pauli Matrizen) kennen lernen, der allgemein für physikalisches Systeme mit zwei Freiheitsgraden funktioniert. 5.1 Das Stern–Gerlach Experiment Das im Jahre 1922 von Stern und Gerlach durchgeführte Experiment mit Silberatomen ist sicher auch eine Geburtsstunde der Quantentheorie. Es veranlasste Goudsmit und Uhlenveck zu der Hypothese eines Spins (1925). In diesem Abschnitt verwenden wir das Experiment und sein Resultat zur Definition eines Mehrzustandssystems (wobei wir von den nicht ganz einfachen experimentellen Details absehen), bzw. um einen sehr praktischen Formalismus kennen zu lernen. Um die experimentellen Züge des Stern-Gerlach-Experiments zu erfassen, betrachten wir einen Strahl elektrisch neutraler, gleicher Teilchen (z.B. Atome der gleichen Sorte, Neutronen, Moleküle usw.). Der Strahl soll genügend intensitätsschwach sein, so dass Wechselwirkungen der Strahlteilchen untereinander (z.B. Stöße) vernachlässigt werden können. Im Idealfall und das ist auch experimentell möglich befindet sich immer nur ein Teilchen in der Versuchsanordnung. Die Teilchen sollen alle die gleiche kinetische Energie haben. Im Strahlengang ist ein genügend langer Magnet angebracht, der ein Magnetfeld mit relativ hoher Feldstärke hervorruft. Die Polschuhe sind so geformt, dass das Feld in Ebenen senkrecht zur Strahlrichtung inhomogen ist. 55 Kapitel 5. Der Spin und die praktischen Pauli–Matrizen Abbildung 5.1: Ein Inteferometer aus einem Einkristall. Siehe dazu auch zum Beispiel G. Badurek et al., Phys. Rev. D 14, 1177 (1976); J. Summhammer et al., Phys. Rev. A 27, 2523 (1983); G. Badurek et al., Phys. Rev. Lett. 51, 1015 (1983). Als experimentelles Resultat ergibt sich, dass der Strahl in eine Anzahl von Teilstrahlen aufgefächert wird, die deutlich voneinander getrennt sind. Die Zahl der Teilstrahlen hängt von der Sorte der Strahlteilchen ab. Das Originalexperiment wurde mit Silberatomen durchgeführt und ergab eine Zweifachaufspaltung. Die Aufspaltung kann aber auch bei anderen Teilchensorten beobachtet werden. Etwa 10% der Atomsorten des periodischen Systems zeigen keine Aufspaltung. Bei allen anderen Sorten erfolgt eine Aufspaltung in zwei, drei oder mehr Teilstrahlen. Auch für Strahlen aus angeregten Atomen oder Molekularstrahlen kann bei genügender experimenteller Sorgfalt eine Aufspaltung in diskrete Teilstrahlen beobachtet werden. Neutronenstrahlen werden immer nur in zwei Teilstrahlen aufgespalten. Die Aufspaltung ist allerdings um mehr als drei Größenordnungen kleiner und könnte daher mit der gezeichneten Anordnung nicht festgestellt werden. Um sie zu beobachten, verwendet man ein Interferometer aus einem Einkristall, das die zwei Österreicher Rauch und Badurek am Atomreaktor im Prater federführend entwickelt haben. Neutrale Teilchen werden in einem inhomogenen Magnetfeld abgelenkt, wenn sie ein magnetisches Moment ~µ haben. Die ablenkende Kraft zu einer Ablenkung, die umso größer ist, je länger der Magnet und je leichter und langsamer die Teilchen sind. Das neutrale Atome als Folge der Bahnbewegung der Elektronen um den Kern ein magnetisches Moment haben, ist zu erwarten. Aus klassischen Überlegungen folgt, dass dieses 56 5.1. Das Stern–Gerlach Experiment ~ proportional ist. In einem Teilchenstrahl sollten Moment dem gesamten Drehimpuls L die Drehimpulsrichtungen der einzelnen Teilchen statistisch verteilt sein; man würde daher erwarten, dass der Strahl in z–Richtung fächerförmig breiter wird. Das steht in krassem Gegensatz zur experimentell beobachteten Aufspaltung in diskrete Teilchen. Wollte man dieses Resultat in Termen des klassischen Modells interpretieren, so müsste man schließen, dass die magnetischen Momente (bzw. die Drehimpulse) der Strahlteilchen nicht statistisch verteilt sind, sondern dass es einige Teilchengruppen gibt, die bestimmten Richtungen entsprechen. Bei Zweifachaufspaltung hätten z.B. die Teilchen alle den gleichen Betrag von µz , aber die Teilchen im einen Teilstrahl würden sich von denen im anderen durch das Vorzeichen von µz unterscheiden. Man müsste schließen, dass es in der Quelle, aus der die Teilchen stammen, einen Mechanismus gibt, der eine Richtung für das magnetische Moment oder den Drehimpuls auszeichnet. Diese Interpretation enthält aber eine wesentliche Schwierigkeit: Die Quelle kann nichts von der Richtung des Magnetfeldes wissen! Diese wählt ja der Experimentator! Führt man das Experiment mit einem Magneten durch, der um die Strahlrichtung um einen bestimmten Winkel verdreht ist, so erfolgt die Aufspaltung in Teilstrahlen in der neuen z-Richtung. Eine korrekte Beschreibung des experimentellen Befundes muss damit der Tatsache Rechnung tragen, dass die Richtung der Aufspaltung durch den Magneten bestimmt wird und nicht durch die Richtung des Moments ~µ eines Strahlteilchens. Offenbar dürfen wir dem magnetischen Moment eines einzelnen Teilchens (oder seinem Drehimpuls) keine bestimmte Richtung zuschreiben. Wie sieht nun eine quantentheoretische Beschreibung aus? Die Aufspaltung des Strahls in diskrete Teilstrahlen legt die Verwendung des quantenmechanischen Zustandsbegriffs nahe. Dazu fassen wir den Magneten des Experiments als Analysator auf. Um sicherzustellen, dass er diese Funktion erfüllt, müsste man zwei Stern-Gerlach-Apparate hintereinanderschalten und sich davon überzeugen, dass sie die entsprechenden Eigenschaften aufweisen. Ein solches Experiment ist aufwendig, aber teilweise nicht möglich (Analysatorkreis ist technisch nicht durchführbar), und funktioniert in gleicher Weise wie unsere Polarisationsapparate. Ein Stern-Gerlach-Analysator spaltet also einen Strahl in mehrere auf und erzeugt damit ein Mehrzustandssystem. Die Zahl der Zustände ist durch die Zahl der Teilstrahlen gegeben, in die der Eingangsstrahl aufgespalten wird. Sie ist für die Teilchensorte charakteristisch, die analysiert wird. Der problematische Begriff Richtung des magne” tischen Moments eines Teilchens“wird bei dieser Zustandsdefinition nicht verwendet. Da die Zustände mit Hilfe eines Messapparats definiert werden, ist es evident, dass die Richtung der Aufspaltung durch den Apparat bewirkt wird. Diese Richtung wird die Quantisierungsrichtung genannt und man nennt das System ein System mit Spin j, wenn die Aufspaltung in 2j + 1 Teilstrahlen erfolgt (j = 0, 1/2, 1, 3/2, . . . ). Die Zahl j sind also ein Charakteristikum der Teilchen, aus 57 Kapitel 5. Der Spin und die praktischen Pauli–Matrizen denen der Strahl aufgebaut war: Jedes Strahlteilchen hat den gleichen Zahlenwert, denn der Strahl besteht voraussetzungsgemäss aus identischen Teilchen. Für die 2j + 1 Zustände des Systems kann man mit hintereinander geschalteten Stern-Gerlach Apparaten zeigen, dass diese Zustände orthogonal (und vollständig) zueinander sind, also eine Basis bilden. 5.2 Spin 1 2 Teilchen Neutronen, Protonen und Elektronen sind zum Beispiel alles Spin 1/2 Teilchen. Solche Zustände besitzen einen inneren“Drehimpuls (Spin). Aus den Experimenten folgt, ” ~ existieren dass ein Spinvektor S muss, dessen Komponenten ausschließlich die Werte ± ~2 annehmen können. Man kann den Zustand mit |s, sz i (5.1) bezeichnen und es gibt zwei Möglichkeiten 1 1 | , i, 2 2 1 1 | ,− i . 2 2 Diese können wir auch einfacher durch µ ¶ µ ¶ 0 1 , | − zi = | ⇓i ≡ | + zi = | ⇑i ≡ 1 0 (5.2) (5.3) ausdrücken. Es ist praktisch für solche Zweizustandssysteme die Pauli–Operatoren (–Matrizen) einzuführen. Diese 3 Operatoren definieren sich durch die Regeln (darstellungsunabhängig) σk = σk† Hermitizität σi σj = δij 1 + i εijk σk . (5.4) Das bedeutet insbesondere, dass zwei verschiedene Paulioperatoren kommutieren σi σj 6= σj σi i 6= j . (5.5) Wie wir noch sehen werden, spielt diese Eigenschaft eine zentrale Rolle bzw. kommt oft vor, daher wurde dafür ein eigenes Symbol eingeführt, der Kommutator [σi , σj ] := σi σj − σj σi = 2 i εijk σk 58 (5.6) 5.2. Spin 1 2 Teilchen und der Antikommutator [σi , σj ]+ := {σi , σj } := σi σj + σj σi = 2δij 1 . (5.7) . (Für andere physikalische Situationen ist die Angabe, wie sich diese Größen unter Vertauschung verhalten das Charakteristische.) Eine mögliche Matrixdarstellung der Paulioperatoren sind die folgenden Matrizen (die hauptsächlich verwendete Darstellung; bezogen auf z–Achse) µ σx = σy σz 0 1 1 0 ¶ = | ⇑ih⇓ | + | ⇓ih⇑ | , µ ¶ 0 −i = = −i| ⇑ih⇓ | + i| ⇓ih⇑ | , i 0 µ ¶ 1 0 = = | ⇑ih⇑ | − | ⇓ih⇓ | , 0 −1 (5.8) und der Einheit µ 1 = 1 0 0 1 ¶ = | ⇑ih⇑ | + | ⇓ih⇓ | . (5.9) Eine weitere praktische Eigenschaft der Paulimatrizen ist, dass ihre Spur (=die Summe der Diagonalelemente) verschwindet T r(σj ) = 0 (5.10) det σj = −1 (5.11) und dass die Determinate ergibt. Jede daraus durch unitäre Transformation hervorgehende neue Darstellung ist natürlich genauso gut. Benützt man für Rechnungen nur die algebraischen Eigenschaften der Paulimatrizen, so sind alle Resultate darstellungsabhängig. Die obige Wahl der Paulimatrizen stellt also eine Art Wahl des Koordinatensystems“, mit dem gearbeitet ” wird, dar (vergleichen Sie mit Abschnitt 3.4). Die Paulimatrizen können auch als Komponenten eines Vektoroperators σx (5.12) ~σ = σy σz 59 Kapitel 5. Der Spin und die praktischen Pauli–Matrizen aufgefasst werden. Das erspart viel Schreibarbeit. Insbesondere bedeutet dann ~a · ~σ = 3 X ak · σk = ax σx + ay σy + az σz k=1 µ ¶ az ax − iay = ax + iay −az = az | ⇑ih⇑ | − az | ⇓ih⇓ | + (ax − iay )| ⇑ih⇓ | + (ax + iay )| ⇓ih⇑ | (5.13) Zusammen mit der Einheit 1 bilden die Paulimatrizen eine vollständige Basis im Hilbertraum jedes Zweizustandsystems. Jede 2 × 2 Matrix kann durch ein Kombination von {1, ~σ } beschrieben werden, d.h. insbesondere, dass jeder Zustand und jeder Operator durch {1, ~σ } dargestellt werden kann. Das nützen wir gleich mal aus und betrachten die berühmte sehr anschauliche Bloch Kugel. 5.3 Die Bloch–Kugel: Eine anschauliche Darstellung von Zweizustandssystemen Hier werden wir sehen, dass der Diracsche Zustandsvektor nicht das allgemeinste Objekt darstellt, das wir zur Beschreibung des Zustandes von einem Quantenteilchen brauchen. 5.3.1 Allgemeine Definition Wir haben schon gesehen, dass das Objekt | ih | einen Operator darstellt. Bildet man das Objekt |ψihψ| , (5.14) das einen Dichteoperator (auch Dichtematrix oder schlampig Zustand genannt) darstellt, dann kann die allgemeinste Form eines Zustandes eines Zweizustandsystems durch den folgende Dichteoperator (Dichtematrix) beschrieben werden ρ = = 1 {1 + ~n · ~σ } 2µ ¶ 1 1 + nz nx − iny . 2 nx + iny 1 − nz (5.15) Warum man ihn Dichte“–Operator nennt werden wir noch besprechen. Für beliebi” ge Dimensionen (und Anzahl von Teilchen) braucht man nur drei Eigenschaften zu fordern. 60 5.3. Die Bloch–Kugel: Eine anschauliche Darstellung von Zweizustandssystemen Allgemein ist ein Dichteoperator oder auch statistischer Operator ρ definiert durch die folgenden drei Eigenschaften (darstellungsunabhängig, dimensionsunabhängig) (a) T rρ = 1 (Normierung) (b) ρ = ρ† (Hermitizität) (c) hφ|ρ|φi ≥ 0 ∀ φ (Positivität) . Die letzte Eigenschaft ist äquivalent zu der Forderung, dass alle Eigenwerte von ρ ≥ 0 sind. 5.3.2 Anwendung auf das Zweizustandssystem Kommen wir zu unseren Zweizustandssystem zurück. Die zweite Eigenschaft verlangt, dass der dreidimensionale Vektor ~n nur reelle Komponenten hat, also im R3 lebt. Die dritte Eigenschaft ergibt die Forderung |~n|2 ≤ 1 , (5.16) d.h. die Länge des Vektors ~n ist höchstens 1. Falls die Länge |~n| = 1 ist, dann beschreibt der Dichteoperator einen reinen Zustand (allgemein definiert durch T r(ρ2 ) = T r(ρ) = 1), falls |~n| < 1 dann gemischt (allgemein definiert durch T r(ρ2 ) ≤ 1, bzw. T r(ρ2 ) 6= T r(ρ)). Wir werden uns noch später darüber unterhalten, welchen Unterschied das macht. Bis jetzt haben wir nur reine Zustände betrachtet, da sich nur diese durch einen ket oder bra Vektor darstellen lassen! Drücken wir die Komponenten des Vektors ~n in Kugel–Koordinaten aus (da |~n| ≤ 1, bzw. T r(~σ ρ) = ~n) nx = r sin θ cos φ ny = r sin θ sin φ nz = r cos θ (5.17) mit |~r | ≤ 1 , erkennen wir, dass alle Zustände durch einen reellen Vektor beschrieben werden können, deren Menge einer Vollkugel entspricht, der so genannten Blochkugel: 61 Kapitel 5. Der Spin und die praktischen Pauli–Matrizen Reine Zustände: Den reinen Zuständen entsprechen die Punkte auf der Oberfläche der Kugel, denn für |~n| = 1 sind die Eigenwerte von ρ nur 0 und 1: det(ρ − λ1) = ( 1 + nz 1 − nz nx − iny nx + iny ! − λ)( − λ) − ( )( )} = λ(λ − 1) = 0 2 2 2 2 (5.18) Zunächst betrachten wir nur reine Zustände. Dann kann jeder mögliche reine Zweilevel– Zustand so beschrieben werden (bis auf eine Gesamtphase, die physikalisch keine Rolle spielt) |ψ(θ, φ)i = cos θ θ |0i + sin · eiφ |1i . 2 2 (5.19) Man nennt Zustände, die allgemein zwei Freiheitsgrade haben, auch Qubits. Dazu gehört die Polarisation von Photonen, alle Spin 12 Teilchen und z.B. neutrale Kaonen oder neutrale B–Mesonen. 62 5.4. Messdynamik anhand der Blochkugel 5.4 Messdynamik anhand der Blochkugel Was bewirkt eine projektive Messung? Jeden beliebigen Zustandsvektor |ψ(θ, φ)i kann man in zwei orthogonale Eigenvektoren |0i und |1i zerlegen. Diese können wir zum Beispiel als Eigenvektoren von σz auffassen. Hierzu legen wir die z–Richtung auf der Blochkugel fest. Eine Messung dieser Observablen bewirkt dann einen sprunghaf” ten“ Übergang von einem Ausgangszustand |ψ(θ, φ)i in den Endzustand |0i oder |1i je nach Messergebnis: θ |0i 2 θ P⊥ |ψ(θ, φ)i = |1ih1|ψ(θ, φ)i = sin · eiφ |1i 2 P + P⊥ = 1 . P |ψ(θ, φ)i = |0ih0|ψ(θ, φ)i = cos (5.20) Man beachte, dass nach einer Projektion der Output–Zustand i. Allg. nicht mehr normiert ist (eh klar!). In der Quantentheorie spricht man vom so genannten Messproblem“. Dabei han” delt es sich darum, dass man zwar den obigen Formalismus hat, um eine Messung zu beschreiben, aber nicht versteht (oder auch modellieren kann), wie man vom Input– Zustand plötzlich in den Output–Zustand kommt, man spricht auch vom Kollaps der Wellenfunktion. Im Dichteformalismus sieht das dann so aus: Der Dichteoperator ist gegeben durch µ ρ = |ψ(θ, φ)ihψ(θ, φ)| = cos2 2θ cos 2θ sin 2θ · e−iφ cos 2θ sin 2θ · e+iφ sin2 2θ θ θ = cos2 |0ih0| + sin2 |1ih1| 2 2 θ θ −iφ θ θ + cos sin · e |0ih1| + cos sin · eiφ |1ih0| 2 2 2 2 ¶ (5.21) Die Wahrscheinlichkeit 0 zu messen ist in der uns bereits bekannten Vektorschreibweise gegeben durch ¯2 ¯ ¯ ¯ θ θ iφ W (0|ψ(θ, φ)) = |P0 |ψ(θ, φ)i| = ¯¯ |0ih0| (cos |0i + sin · e |1i)¯¯ 2 2 θ = cos2 . (5.22) 2 2 63 Kapitel 5. Der Spin und die praktischen Pauli–Matrizen Die gleiche Rechnung können wir im Dichteoperatorformalismus machen µ ¶ µ ¶ 1 0 cos2 2θ cos 2θ sin 2θ · e−iφ W (0|ψ(θ, φ)) = T r(P0 ρ) = T r( · 0 0 cos 2θ sin 2θ · e+iφ sin2 2θ µ ¶ θ cos2 2θ cos 2θ sin 2θ · e−iφ = (5.23) = cos2 . 0 0 2 Im ket und bra Formalismus kann man natürlich genauso arbeiten: X X W (0|ψ(θ, φ) = T r(P0 ρ) = hj| P0 ρ |ji = hj| |0ih0| ρ |ji j = X j j θ hj|0ih0| ρ |ji = h0| ρ |0i cos2 . | {z } 2 (5.24) δ0,j Wir erkennen, dass die Spur T r nichts anderes ist als die Summe über irgendwelche vollständigen Basiszustandsvektoren. 5.5 Die unitäre Dynamik anhand der Blochkugel Wir wollen uns nun mit der Frage beschäftigen, wie sich ein Zustandsvektor |ψi verändert, wenn ein unitärer Operator U angewendet wird. Wir wissen bereits, dass das Ergebnis wieder ein Zustandsvektor sein wird, der falls |ψi normiert war, wieder normiert ist, also |ψ 0 i = U |ψi . (5.25) Sowohl die Zeilen alsPauch die Spalten einer unitären Matrix sind untereinander paar∗ weise orthonormal ( j Uij Ukj = δij ). Die Auswertung der entsprechenden Relationen werden wir nicht im Detail verfolgen, sie ergibt für Zweizustandssysteme: ³ ´ α α α U = eiδ e−i 2 ~e·~σ = eiδ cos 1 − i sin ~e · ~σ , (5.26) 2 2 wobei ~e die Einheitsdrehachse darstellt, α den Drehwinkel und δ eine beliebige Phase. Beispiel: (siehe auch UE) Um die Wirkung von U auf der Blochkugel zu veranschaulichen, betrachten wir eine Drehung um die z–Achse. Der allgemeine Phasenfaktor δ spielt keine Rolle für den Zustandsvektor, da dieser nur bis auf diese Phase definiert werden kann. Damit ist der unitäre Operator gegeben durch α α α U = e−i 2 ~ez ·σz = e−i 2 |0ih0| − ei 2 |1ih1| . 64 (5.27) 5.6. Was sind gemischte Zustände? Wir sehen, dass der neue Zustand genau um α um die z-Achse gedreht wurde. In der Quanteninformationstheorie spielen spezielle unitäre Operatoren eine besondere Rolle, die auch Quantengatter (quantum gates) genannt werden. Hierzu gehören alle Paulimatrizen, deren Wirkung wir bereits beschrieben haben, plus die folgenden häufig benutzten Gatter. Ein zukünftiger Quantencomputer muss alle solche Operationen durchführen können und noch bestimmte Zweiteilchenoperationen. 5.6 Was sind gemischte Zustände? Betrachten wir folgendes Experiment: Alice schickt uns entweder ein vertikal polarisiertes Photon oder ein horizontal polarisiertes Photon, wobei sie uns nicht verrät, welches Photon jetzt V oder H polarisiert ist, aber von den 100 Photonen sind genau 50 V polarisiert und 50 H polarisiert. Was können wir über das Ergebnis bei Messung in der H/V aussagen? 65 Kapitel 5. Der Spin und die praktischen Pauli–Matrizen Die Antwort lautet, nichts“, da ” 1 1 1 ρ = |HihH| + |V ihV | = 2 2 2 µ 1 0 0 1 ¶ = 1 1 2 (5.28) oder genauer formuliert das Ergebnis H und V ist genauso wahrscheinlich. Nun tritt etwas auf, dass ganz gegen unseren Hausverstand geht, und sehr viele Probleme beim Verständnis generiert. Das gleiche Ergebnis erhält man, falls in anderer (und damit beliebiger) Basis, z.B. +45◦ / − 45◦ Basis, geschickt wurde 1 1 1 ρ = | + 45◦ ih+45◦ | + | − 45◦ ih−45◦ | = 2 2 2 µ 1 0 0 1 ¶ = 1 1. 2 (5.29) Die zwei Fälle sind nur unterscheidbar, falls wir wissen wie der Zustand wirklich präpariert wurde. Falls in der H/V Basis präpariert wurde, dann führt eine Messung in der H/V Basis zu genau 50 Photonen die H und 50 die V sind, falls wir hingegen in einer anderen beliebigen Basis messen, erhalten wir z.B. 49 Photonen mit dem einen möglichem Ergebnis und die anderen 51 Photonen mit dem anderen möglichen Ergebnis. Wir haben es hier also mit einer klassischen Unkenntnis über den Zustand des Systems zu tun. Der obige Zustand befindet sich im Ursprung der Blochkugel. Alle Zustände, die sich nicht auf der Oberfläche der Kugel befinden, werden gemischte Zustände genannt. Sie können nicht durch Zustandsvektoren oder Wellenfunktionen dargestellt werden können. Diese Zustände besitzen eine klassische Unsicherheit, die man zum Beispiel durch den Radius charakterisieren kann. Damit erkennen wir, dass die Dichteoperatoren die besseren Konstrukte als die Zustandsvektoren sind, da sie einerseits allgemeiner sind als Zustandsvektoren andererseits das allgemeinste Konstrukt, dass mit der Wahrscheinlichkeitsstruktur verträglich ist (Theorem von Gleason). In der Natur werden wir nie ein Quantensystem finden, das von der Umgebung völlig isoliert ist. Die Idealisierung isoliertes“System reicht aber für (sehr) viele Experimente ” aus und daher ist es meist ausreichend nur “mit Zustandsvektoren zu arbeiten. Die ” älteren Quantenmechanikbücher bringen das Konzept des Dichteoperators meist gar nicht oder sehr kurz. Ein Grund dafür ist, dass für die zunächst betrachteten Fragestellung an quantenmechanische Systeme Zustandsvektoren ausreichend waren. Jedoch sobald man Zwei– oder Mehr–Teilchensysteme (zum Beispiel bei Teleportation, Verschränkung, Quantencomputer, Atomen, . . . ) betrachtet und man sich für z.B. ein Teilchen vom Gesamtsystem interessiert, kommt man ohne das Dichteoperatorkonzept nicht aus. Also alle derzeit modernen Quantenexperimente und Fragestellung benötigen dieses Konzept. 66 5.7. Was hat der Dichteoperator mit einer Dichte zu tun? Zusammenfassend können wir festhalten, dass jeder Dichteoperator in die Summe von reinen Zuständen zerlegt werden kann X ρ = pi |ψi ihψi | (5.30) i P mit pi = 1, pi ≥ 0 und normierten Zustandsvektoren |ψi i. Leider oder gottseidank gibt es keine eindeutige Zerlegung in reine Zustände. Das ist eine der Hauptschwierigkeiten bei beispielsweise dem Auffinden eines Verschränkungsmasses. 5.7 Was hat der Dichteoperator mit einer Dichte zu tun? Der Begriff wird bereits in der klassischen Mechanik benützt (wir haben ihn dort allerdings nicht besprochen). Wir hatten in der L1 gezeigt, dass konservative Kräfte durch ein Potential dargestellt werden können und dieses zusammen mit der kinetischen Energie die Hamiltonfunktion ergibt f X p~i2 H(q1 , . . . , qf ; p1 , . . . , pf ) = + V (qi ) . 2m i=1 (5.31) Die Menge aller 2f –tupel (q1 , . . . , qf , p1 , . . . , pf ) bilden den so genannten Phasenraum. Eine Observable, also beobachtbare Größe, ist eine reellwertige Funktion auf dem Phasenraum A(q1 , . . . , qf ; p1 , . . . , pf ) . (5.32) Alle möglichen Observablen bilden die so genannte Observablenalgebra. Beispiel solcher Observablen sind (a) die kinetische Energie oder (b) der Drehimpuls oder (c) befindet sich das System im Gebiet G des Phasenraums. Mögliche Messwerte einer Observablen A, also einer reellen Funktion ist der Wertebereich dieser Funktion A(q, p), das so genannte Spektrum von A. Für die oben genannten Beispiele, also (a) R+ , 67 Kapitel 5. Der Spin und die praktischen Pauli–Matrizen (b) R3 oder (c) {0, 1} = { System nicht in G, System in G }. Zum Beispiel hatten wir den harmonischen Oszillator betrachtet und ein ganz bestimmter reiner Zustand q0 , p0 ist einfach ein Punkt im Phasenraum; Teilchen ist am Ort q0 mit Impuls p0 . In der klassischen Physik steht der Realisierung eines solchen Zustandes keine theoretische, sondern nur praktische Grenze entgegen. Versucht man nun einen Zustand eines Systems durch eine große Anzahl von gleich präparierten Kopien des Systems zu realisieren, so wird es in einer realen experimentellen Situation natürlich nicht möglich sein, dass alle Kopien die exakt gleichen Werte von (q, p) aufweisen, es werden vielmehr Schwankungen auftreten, die man durch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung oder Dichteverteilung ρ(q, p) auf dem Phasenraum beschreiben kann ρ(p, q) ≥ 0 und einer (praktischen) Normierung Z dq dp ρ(p, q) = 1 . (5.33) (5.34) Bei makroskopischen Systemen mit ca. f ' 1023 Freiheitsgraden ist die Realisierung eines reinen Zustandes von vornherein völlig aussichtslos! Die Statistische Mechanik wird sich genau mit diesen physikalischen Situationen beschäftigen. Wir erkennen also, dass der quantenmechanische Dichteoperator eine Übernahme dieses Konzeptes in der klassischen Physik ist. 68