Pharmazeutischer Cocktail Grundwasser?

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Pharmazeutischer Cocktail Grundwasser?
Beispiel: Diclofenac
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Stephan Schulz
TU Bergakademie Freiberg
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Zusammenfassung. Die Problematik der Arzneimittelrückstände wurde bei Umweltbetrachtungen
lange Zeit nicht berücksichtigt. Erst als verschiedene Pharmaka im Grund- und später auch im Trinkwasser entdeckt wurden, stieg das öffentliche Interesse und eine Reihe von Studien wurden durchgeführt. Obwohl das Diclofenac mit ca. 86 Tonnen Jahresverbrauch in Deutschland nicht das am häufigsten angewendete Medikament ist, fällt ihm eine besondere Bedeutung zu, denn es wird nur schlecht
von herkömmlichen Kläranlagen zurückgehalten und gerät so in die aquatische Umwelt. Da sich dieses Pharmazeutikum im Fettgewebe akkumuliert, können bereits geringe Konzentrationen genügen um
bei einer chronischen Exposition Schäden an Organismen zu verursachen. Technische Verfahren zur
Abtrennung von Arzneimittelrückständen werden bereits angewendet. Aufgrund hoher Kosten allerdings nur in einem sehr kleinen Rahmen.
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Abstract. The problems concerning traces of pharmaceuticals were not account for environmental
observation for a long time in the past. As recently as different pharmaceuticals were found in the
ground and drinking water, the public interest increased and a couple of studies were arranged. Although Diclofenac is with 86 tons not the mostly used drug, it has a great relevance, because usual
filter plants are not able to hold it completely. The consequence is the contamination of the aquatic
environment. Because of the accumulation in the fatty tissue, even low concentrations are sufficient at
a chronicle exposure for a related claim. Technical proceedings for the separation of those compounds
are already applied. But due to the high costs, just in a small scale.
1 Einleitung
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Allein in der Humanmedizin werden jährlich etwa 30.000 t Pharmazeutika verabreicht. Da diese im
menschlichen oder tierischen Körper nur teilweise metabolisiert werden, geraten Medikamente wie
Diclofenac in der Wasserkreislauf und so auch in das Grundwasser (RÖNNEFAHRT et al. 2002). Die
ersten Nachweise für solche Arzneimittel in der aquatischen Umwelt erbrachten amerikanische Wissenschaftler Ende der 1970er Jahre. In Proben aus den Abläufen eines Klärwerkes bei Kansas City in
den USA fanden sie 10 µg/l Clofibrinsäure (Blutfettsenker) und 100 µg/l Salicylsäure (Acetylsalicylsäure - Aspirin®). Und auch in den 1980er Jahren beschäftigten sich Forscher mit dieser Problematik.
Es blieb jedoch vieles ungeklärt und viele Überlegungen waren theoretisch. Erst als 1994 ein Bericht
zur Clofibrinsäure in Berliner Grund- und Trinkwasser veröffentlicht wurde, stieg das öffentliche Interesse und damit auch das Verlangen nach einer umfangreichen Studie (MERSMANN 2003). So entwickelte der Bund/Länderausschuss für Chemikaliensicherheit (BLAC) ein Programm zur „repräsentativen Erfassung der Belastungssituation in Deutschland in bezug auf Arzneistoffe und deren Metaboliten für die maßgeblichen Eintragspfade sowie für die betroffenen Umweltkompartimente“ (BLACAG 1998) und veröffentlichte 1998 den Bericht „Auswirkungen der Anwendung von Clofibrinsäure
und anderer Arzneimittel auf die Umwelt und Trinkwasserversorgung“.
Weitgehend unerforscht sind allerdings die öko- und humantoxikologischen Konsequenzen. Zwar
liegen die durch das Trinkwasser aufgenommenen Dosen in der Regel weit unterhalb der therapeutischen und auch deutlich unterhalb der maximal zulässigen Rückstandsmengen in Nahrungsmitteln für
den menschlichen Gebrauch, doch birgt eine permanente Exposition gegenüber auch gering konzentrierten Arzneimittelwirkstoffen gewisse Gefahren (RÖNNEFAHRT et al. 2002). Für einige Wirkstoffe
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Pharmazeutischer Cocktail Grundwasser? Beispiel: Diclofenac
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wie beispielsweise Sexualhormone oder Antibiotika konnte eine schädliche Auswirkung auch bereits
nachgewiesen werden. Ein sehr bekanntes Beispiel dafür ist das in der Anti-Baby-Pille enthaltene
Hormon 17-alpha-Ethinylestradiol, welches zu einer Verweiblichung der männlichen Fische (Eidotterausbildung) und so zu einer Fortpflanzungsstörung führt (KERN 2004).
Verbrauch der am häufigsten verschriebenen Pharmaka im Jahr 2001 in
Deutschland (RÖNNEFAHRT et al. 2002)
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Tab. 1:
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Trotz schwierigem Nachweis konnten mittlerweile 80 verschiedene Arzeimittelwirkstoffe und ihre
Metabolite in aquatischen Systemen nachgewiesen werden. Darunter auch das schmerz- und entzündungshemmende Pharmaka Diclofenac, wovon im Jahr 2001 85,8 t in Deutschland allein für humanmedizinische Zwecke verbraucht worden sind und so einen wichtigen Untersuchungsgegenstand darstellt (Tab. 1)(RÖNNEFAHRT et al. 2002).
2 Eigenschaften von Diclofenac
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2.1 pharmazeutische Eigenschaften
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Diclofenac wirkt schmerzlindernd, fiebersenkend und entzündungshemmend und gehört zu den nichtsteroidalen Antirheumatika. Nichtsteroidal bedeutet dabei, dass kein Cortison enthalten ist. Trotzdem
handelt es sich um ein Präparat, dass stark in die natürlichen Regulationmechanismen des Körpers
eingreift. So hemmt es die Bildung von Prostaglandienen, welche sich im zentralen Nervensystem
befinden und Einfluss auf die Schmerz- und Temperaturwahrnehmung und Temperaturregelung haben. Nebenwirkungen bestehen neben diesen beunruhigenden Eingriffen in den Organismus vor allem
in der leber- und nierenschädigenden Wirkung bei dauerhafter Einnahme.
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2.2 chemische Eigenschaften
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Diclofenac gehört zu den Phenylessigsäurederivaten, dessen Salze schwach gelblich,
praktisch geruchslos und schwach hygroskopisch kristallin sind. Im Grundwasser
liegt es in der Regel ionisiert vor, denn erst
unter einem pKS-Wert von 4,16 kommt das
Molekül in überwiegend undissozierter
Form vor. Weiterhin hat Diclofenac einen
relativ hohen Octanol/Wasserverteilungskoeffizienten von KOW=4,51, was zu einer
guten relativ Sorptionsfähigkeit an Sediment
führt. Auch ist die wasserlöslichkeit mit 2,37 Abb. 1: Strukturformel von Diclofenac (BOREEN et al.
mg/l eher niedrig, so dass eine akute Vergif2003)
tung über das im Trinkwasser gelöste Medikament für den Menschen nicht möglich ist (LD50=62,5 mg/kg Ratte). Die Bioverfügbarkeit des in der
Umwelt vorkommenden Diclofenac beträgt etwa 55% (MERSMANN 2003).
3 Quellen und Konzentrationen
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Vom menschlichen Körper werden Arzneimittel-Wirkstoffe in Abhängigkeit von ihrer Pharmakokinetik in Form von Metaboliten, oder aber auch unverändert, wieder ausgeschieden und gelangen mit dem
Abwasser in die Kläranlagen. Studien belegen, dass viele pharmakologisch wirksame Substanzen dort
nur in geringem Umfang abgebaut werden und anschließend in Oberflächengewässer oder mit dem
Klärschlamm auf Böden und so auch in das Grundwasser gelangen (RÖNNEFAHRT et al. 2002). Diclofenac wird dabei zwar zu 99% im menschlichen Körper abgebaut, doch weist der hydroxylierte
Hauptmetabolit immer noch eine ähnliche Wirkung auf (MERSMANN 2003). In etwa einem viertel aller
Fälle wird das Arzneimittel durch eine Salbe (dermal) angewendet. Bei dieser Methode kann der Körper nur 5 bis 10% des Diclofenac aufnehmen und der Rest wird unverändert abgewaschen (HEBERER
2007). Außerdem geht man auch davon aus, dass eine noch nicht erfasste Menge in privaten Haushalten über das Abwasser entsorgt wird.
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Bevor dieses Abwasser jedoch die Kläranlage
erreicht fließt es zunächst viele Kilometer durch
zum Teil undichte Abwasserkanäle und kontaminiert so direkt und ungereinigt das Grundwasser.
So sind in Deutschland ca. 450.000 km öffentliche Kanäle in Betrieb, von denen ca. 15 % Undichtigkeiten aufweisen. Die privaten Anschlusskanäle und Grundleitungen werden auf das Dreifache also ca. 1,5 Mio. km geschätzt, wobei davon ca. 40 % (600.000 km) undicht sind. Das
Kontaminationspotential ist somit sehr hoch und
es besteht in vielen Fällen ein Handlungsbedarf
für eine Sanierung dieser Leitungen. Aber auch
intakte Abwasserkanäle sind niemals völlig dicht
und so kommt es auch hier zu einer, wenn auch
wesentlich geringeren, Kontamination durch die
Diffusion bestimmter Stoffe durch die Kanalwand (MÄRKISCHER-KREIS 2009).
Aber auch nachdem das Abwasser in der Kläranlage gereinigt und in ein oberirdisches Gewässer
Abb. 2: undichter Abwasserkanal (BÖLKE 2009)
eingeleitet (in manchen seltenen Fällen auch über
Infiltrationsbrunnen direkt in das Grundwasser)
wurde, ist es in der Regel noch stark mit Arzneimittelrückständen behaftet. Besonders die Entfernung
des Diclofenac gestaltet sich dabei schwierig, so dass durchschnittlich nur etwa 50% zurückgehalten
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Pharmazeutischer Cocktail Grundwasser? Beispiel: Diclofenac
werden (Tab. 2). Kläranlagen mit alten Reinigungsverfahren filtern teilweise gar nicht (LANDESAMT
2006).
Konzentration von Diclofenac in Abwässern, Oberflächengewässern, im Grund- und Trinkwasser (MERSMANN 2003)
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Nachdem das Abwasser die Kläranlage passiert hat wird es in der Regel in ein Oberflächengewässer
eingeleitet. Verfügt dieses Gewässer über einen geringen Abfluss, so können die Abwasserkonzentrationen sehr hoch werden. So besteht der Tegeler See bei Berlin aus 14 bis 18% geklärten Abwasser
(MASSMANN 2007). In unseren Breiten ist es nun üblicher Weise so, dass das Grundwasser Oberflächengewässer speist und es so nur selten zu einem Eintrag des Abwassers in das Grundwasser kommt.
Wird allerdings das Trinkwasser über Uferfiltrat gewonnen wie es bei der berliner Wasserversorgung
am Müggelsee der Fall ist, so dreht sich der hydraulische Gradient um und das Grundwasser wird aus
Oberflächenwasser gespeist. Die sich daraus ergebene Problematik der Grund- und schließlich auch
Trinkwasserkontamination mit Pharmaka wurde in einer berliner Studie nachgewiesen. So wurden in
einer Untersuchung von zur Trinkwassergewinnung genutztem Grundwasser Arzneimittelwirkstoffe
wie Clofibrinsäure (Lipidsenker), Diclofenac (Antirheumatikum), Phenazon (Analgetikum), Propyphenazon (Analgetikum) und Ibuprofen (Anti-rheumatikum) mit Gesamtkonzentrationen bis zu
7300 ng/l nachgewiesen (SCHEYTT et al. 1998). Beprobungen anderer Systeme haben gezeigt, dass es
sich hierbei um kein Einzelphänomen handelt.
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Ein weiterer Eintragspfad von Arzneimittelrückständen aus dem kommunalen Abwasser in das
Grundwasser ist das Ausbringen von Klärschlamm oder das nur noch selten praktizierte Berieseln von
Feldern.
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Auch stellt die Verwendung von Pharmaka in der Veterinärmedizin einen Einflussfaktor für die
Grundwasserkontamination dar. Hier gibt es im Wesentlichen zwei Eintragspfade. Entweder durch
eine direkte Applikation in ein Gewässer wie es in Fischzuchtanlagen üblich ist oder indirekt über das
Ausbringen von Gülle. Pharmaka werden dabei aus zwei verschiedenen Gründen eingesetzt. Zum
einen als Tierarzneimittel zur fallweisen therapeutischen Behandlung von kranken Tieren oder als
Medizinalfutter als Wachstums- oder Leistungsförderer und Infektionsschutz zur vorbeugenden Behandlung von Tierherden. Da Diclofenac in Deutschland keine Zulassung als Tierarzneimittel hat
(FREY 2007), spielt die Tierhaltung nur eine sehr untergeordnete Rolle bezogen auf eine Grundwasserkontamination mit diesem Arzneimittel.
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Abb. 3:
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schematische Darstellung der Eintragspfade für Arzneimittelrückstände in das Grundwasser
4 Verhalten im Grundwasser
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Um ein besseres Verständnis für den Transport und die Sorption von Diclofernac in der wassergesättigten Zone zu erhalten wurden im Jahr 2003 im Rahmen einer Dissertation (MERSMANN 2003) Säulenversuche dazu durchgeführt. Dazu wurden 35cm lange und 13,59cm dicke Säulen mit einen karbonatarmen, schwach grobsandigen Mittelsand mit geringen Anteilen an Braunkohle und Glimmermineralen und sehr geringem Schluffanteil (0,2%) bepackt. Der Durchlässigkeitsbeiwert kf von 5·10-4 m/s
wurde nach Beyer aus der Kornsummenkurve ermittelt und der Gehalt an organischen Kohlenstoff
betrug 0,2%. Um eine Referenz neben dem Diclofenac zu haben wurde ein Tracer (LiCl) beim Versuchsstart mit zugegeben. Das Ergebnis war, dass das der erste signifikante Durchbruch des Diclofenac erst etwa 24 Stunden nach dem Tracer am Säulenende detektiert werden konnte. Daraus ergibt
sich bei diesem Versuch eine Retardation von 2,6, was für eine relativ hohe Mobilität spricht. Nach ca.
weiteren 60 Stunden kam es zu einer Plateaubildung bei einem Verhältnis von Endkonzentration zu
Anfangskonzentration von 0,88 (Abb. 4). Damit ist eine Inaktivierung (z.B. irreversible Sorption oder
Abbau) in diesem Sediment für Diclofenac unter aeroben Bedingungen als gering einzuschätzen. Nach
Beendigung der Wirkstoffzugabe (nach 384 Stunden) war die Konzentrationsabnahme relativ langsam. Die anfangs sorbierte Menge an Diclofenac wurde nahezu vollständig desorbiert. Bei Versuchsende (nach 599 Stunden) wurden noch ca. 5% der Eingabekonzentration gemessen. Die Mengenbilanzierung ergab, dass von den insgesamt eingegeben 125 µg des Wirkstoffs ca. 123 µg (98% der
Ausgangsmenge) am Säulenauslauf gemessen wurden. Im Rahmen der Messgenauigkeit bedeutet dies,
dass Diclofenac quasi nicht abgebaut wurde (MERSMANN 2003).
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Abb. 4:
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Ausbreitung von Lithium und Diclofenac nach kontinuierlicher Zugabe unter wassergesättigten
Bedingungen (MERSMANN 2003)
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5 ökotoxikologische Auswirkungen
Fischtoxizität von Diclofenac; Abkürzungen: NOEC – No Observable Effect Concentration,
LOEC – Lowest Observable Effect Concentration, EC x – Effect Concentration, auf die x% der
Organismen reagieren (FELDMANN 2005)
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Tab. 3:
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Wie bereits weiter oben besprochen gibt es bei Diclofenac in aquatischen Systemen keine akute Vergiftungsgefahr. Doch ist eine dauerhafte Exposition gegenüber einem solchen Medikament, auch wenn
es sich dabei um relativ geringe Konzentration handelt, als sehr kritisch zu einzustufen. Der Grund
dafür liegt im hohen Octanol/Wasserverteilungskoeffizienten von KOW=4,51, der verantwortlich für
eine starke Akkumulation im Fettgewebe ist. So konnte im Blut von Fischen eine 113mal höhere Diclofenakkonzentration im Vergleich zum umgebenden Wasser festgestellt werden (FENT 2006). Die
eigentliche Problematik im Falle dieses Arzneimittels ist allerdings erst Anfang 2004 bekannt geworden, als in einem veröffentlichten Artikel von Zellveränderungen bei Regenbogenforellen berichtet
wurden, die bereits in einer Konzentration von 1 µg/l Diclofenac ausgelöst werden (Tab. 3) – einer
Konzentration, die einigen aquatischen Systemen bereits festgestellt werden konnte (Tab. 2). Alle bis
dahin durchgeführten toxikologischen Untersuchungen zeigten eine niedrigste chronische Wirkkonzentration im Bereich von 1 mg/l (FELDMANN 2005).
Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel für das Gefahrenpotential von Diclofenac stammt aus Indien. In
den 1990 Jahren starben dort etwa 90% der Geier-Populationen an Visceralgischt (die inneren Organe
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Pharmazeutischer Cocktail Grundwasser? Beispiel: Diclofenac
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betreffende Gischt) und Nierenversagen. Lange wusste man nicht weshalb, bis im Jahr 2003 der Verdacht auf Diclofenac fiel, welches die Veterinärmediziner den Rindern verabreichten. Da aus religiösen Gründen in Indien kein Rindfleisch gegessen wird, sterben diese in der Regel einen natürlichen
Tod und werden nach ihrem Verenden von den Geiern aufgefressen (STRATTNER 2005).
Ein weiteres Problem stellen Kombinationswirkungen mit anderen häufig auftretenden Arzneimittelrückständen wie beispielsweise Carbamazepin, Clofibrinsäure, Propyphenazon oder Ibuprofen dar.
Hier muss man zumindest von einer additiven Wirkung ausgehen (FELDMANN 2005).
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6 Filter- und Abbaumöglichkeiten
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Diclofenac kann schnell photolytisch abgebaut werden. So wurde in einer Studie herausgefunden, dass
das Medikament unter zentraleuropäischen Bedingungen (Magdeburg, 52,08° N) eine durchschnittliche Halbwertszeit von nur 7 Stunden (2,5 bis 3 Stunden im Frühjahr und Sommer und 9 bis 14 Stunden im Herbst und Winter) hat, wenn die Lösung, in der es sich befindet, dem Tageslicht ausgesetzt
ist. Im Grundwasser kann dieser Abbau also nicht erfolgen (ADLER 2006).
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Neben dieser natürlichen Abbaumöglichkeit gibt es auch einige technische Verfahren zur Entfernung
von Arzneimittelrückständen wie Diclofenac. In Experimenten konnte aufgezeigt werden, dass bei
einer Ultrafiltration 44% und bei der Umkehrosmose sogar mehr als 99,9% des Pharmazeutikums
entfernt werden können (HEBERER 2008). Die Ultrafiltration beruht dabei auf einer Abtrennung von
Molekülen aufgrund ihrer Größe (>0,01µm). Die Umkehrosmose dagegen ist ein Verfahren, bei dem
durch Druck der natürliche Osmoseprozess umgekehrt wird und es so zu einer Aufkonzentrierung
eines bestimmten Wasserinhaltsstoffes kommt (Abb. 5) (MELIN 2007).
schematischer Aufbau der unterschiedlichen Membrantypen (MELIN 2007)
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Abb. 5:
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Ein weiteres Verfahren, dass zur Entfernung von Diclofenac dienen könnte, ist die heterogenkatalytische Oxidation. Hierbei wird das Arzneimittel mit Hilfe von Wasserstoffperoxid und einem Katalysator an der NH-Brücke aufgespaltet. Die Abbaugeschwindigkeit und der Abbaumechanismus hängen
dabei von der Anzahl und der Art der Substituenten ab (FREIER 2005). Wie aus der Abb. 6 ersichtlich
ist auch diese Variante sehr effektiv.
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ionenchromatographisch nachweisbare Intermediate und Mineralisierungsprodukte für die
heterogen-katalytische Oxidation von Diclofenac (FREIER 2005)
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Abb. 6:
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Die hier vorgestellten Verfahren zur Reduktion bzw. Entfernung von Arzneimittelrückständen wie
Diclofenac sind in der Regel trotz vieler neuer Entwicklungen noch relativ teuer (WEIGELT 2007).
Dennoch sollten sie zumindest dort, wo mit erhöhten Konzentrationen von Pharmaka zu rechnen ist
(vor allem Krankenhausabflüsse) eingesetzt werden.
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Pharmazeutischer Cocktail Grundwasser? Beispiel: Diclofenac
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