Pharmazeutischer Cocktail Grundwasser? Beispiel: Diclofenac ion Stephan Schulz TU Bergakademie Freiberg nte nv ers Zusammenfassung. Die Problematik der Arzneimittelrückstände wurde bei Umweltbetrachtungen lange Zeit nicht berücksichtigt. Erst als verschiedene Pharmaka im Grund- und später auch im Trinkwasser entdeckt wurden, stieg das öffentliche Interesse und eine Reihe von Studien wurden durchgeführt. Obwohl das Diclofenac mit ca. 86 Tonnen Jahresverbrauch in Deutschland nicht das am häufigsten angewendete Medikament ist, fällt ihm eine besondere Bedeutung zu, denn es wird nur schlecht von herkömmlichen Kläranlagen zurückgehalten und gerät so in die aquatische Umwelt. Da sich dieses Pharmazeutikum im Fettgewebe akkumuliert, können bereits geringe Konzentrationen genügen um bei einer chronischen Exposition Schäden an Organismen zu verursachen. Technische Verfahren zur Abtrennung von Arzneimittelrückständen werden bereits angewendet. Aufgrund hoher Kosten allerdings nur in einem sehr kleinen Rahmen. ert e Stu de Abstract. The problems concerning traces of pharmaceuticals were not account for environmental observation for a long time in the past. As recently as different pharmaceuticals were found in the ground and drinking water, the public interest increased and a couple of studies were arranged. Although Diclofenac is with 86 tons not the mostly used drug, it has a great relevance, because usual filter plants are not able to hold it completely. The consequence is the contamination of the aquatic environment. Because of the accumulation in the fatty tissue, even low concentrations are sufficient at a chronicle exposure for a related claim. Technical proceedings for the separation of those compounds are already applied. But due to the high costs, just in a small scale. 1 Einleitung nic ht va lidi Allein in der Humanmedizin werden jährlich etwa 30.000 t Pharmazeutika verabreicht. Da diese im menschlichen oder tierischen Körper nur teilweise metabolisiert werden, geraten Medikamente wie Diclofenac in der Wasserkreislauf und so auch in das Grundwasser (RÖNNEFAHRT et al. 2002). Die ersten Nachweise für solche Arzneimittel in der aquatischen Umwelt erbrachten amerikanische Wissenschaftler Ende der 1970er Jahre. In Proben aus den Abläufen eines Klärwerkes bei Kansas City in den USA fanden sie 10 µg/l Clofibrinsäure (Blutfettsenker) und 100 µg/l Salicylsäure (Acetylsalicylsäure - Aspirin®). Und auch in den 1980er Jahren beschäftigten sich Forscher mit dieser Problematik. Es blieb jedoch vieles ungeklärt und viele Überlegungen waren theoretisch. Erst als 1994 ein Bericht zur Clofibrinsäure in Berliner Grund- und Trinkwasser veröffentlicht wurde, stieg das öffentliche Interesse und damit auch das Verlangen nach einer umfangreichen Studie (MERSMANN 2003). So entwickelte der Bund/Länderausschuss für Chemikaliensicherheit (BLAC) ein Programm zur „repräsentativen Erfassung der Belastungssituation in Deutschland in bezug auf Arzneistoffe und deren Metaboliten für die maßgeblichen Eintragspfade sowie für die betroffenen Umweltkompartimente“ (BLACAG 1998) und veröffentlichte 1998 den Bericht „Auswirkungen der Anwendung von Clofibrinsäure und anderer Arzneimittel auf die Umwelt und Trinkwasserversorgung“. Weitgehend unerforscht sind allerdings die öko- und humantoxikologischen Konsequenzen. Zwar liegen die durch das Trinkwasser aufgenommenen Dosen in der Regel weit unterhalb der therapeutischen und auch deutlich unterhalb der maximal zulässigen Rückstandsmengen in Nahrungsmitteln für den menschlichen Gebrauch, doch birgt eine permanente Exposition gegenüber auch gering konzentrierten Arzneimittelwirkstoffen gewisse Gefahren (RÖNNEFAHRT et al. 2002). Für einige Wirkstoffe 1 Pharmazeutischer Cocktail Grundwasser? Beispiel: Diclofenac ion wie beispielsweise Sexualhormone oder Antibiotika konnte eine schädliche Auswirkung auch bereits nachgewiesen werden. Ein sehr bekanntes Beispiel dafür ist das in der Anti-Baby-Pille enthaltene Hormon 17-alpha-Ethinylestradiol, welches zu einer Verweiblichung der männlichen Fische (Eidotterausbildung) und so zu einer Fortpflanzungsstörung führt (KERN 2004). Verbrauch der am häufigsten verschriebenen Pharmaka im Jahr 2001 in Deutschland (RÖNNEFAHRT et al. 2002) lidi ert e Stu de nte nv Tab. 1: ers Trotz schwierigem Nachweis konnten mittlerweile 80 verschiedene Arzeimittelwirkstoffe und ihre Metabolite in aquatischen Systemen nachgewiesen werden. Darunter auch das schmerz- und entzündungshemmende Pharmaka Diclofenac, wovon im Jahr 2001 85,8 t in Deutschland allein für humanmedizinische Zwecke verbraucht worden sind und so einen wichtigen Untersuchungsgegenstand darstellt (Tab. 1)(RÖNNEFAHRT et al. 2002). 2 Eigenschaften von Diclofenac va 2.1 pharmazeutische Eigenschaften nic ht Diclofenac wirkt schmerzlindernd, fiebersenkend und entzündungshemmend und gehört zu den nichtsteroidalen Antirheumatika. Nichtsteroidal bedeutet dabei, dass kein Cortison enthalten ist. Trotzdem handelt es sich um ein Präparat, dass stark in die natürlichen Regulationmechanismen des Körpers eingreift. So hemmt es die Bildung von Prostaglandienen, welche sich im zentralen Nervensystem befinden und Einfluss auf die Schmerz- und Temperaturwahrnehmung und Temperaturregelung haben. Nebenwirkungen bestehen neben diesen beunruhigenden Eingriffen in den Organismus vor allem in der leber- und nierenschädigenden Wirkung bei dauerhafter Einnahme. 2 Pharmazeutischer Cocktail Grundwasser? Beispiel: Diclofenac 2.2 chemische Eigenschaften nte nv ers ion Diclofenac gehört zu den Phenylessigsäurederivaten, dessen Salze schwach gelblich, praktisch geruchslos und schwach hygroskopisch kristallin sind. Im Grundwasser liegt es in der Regel ionisiert vor, denn erst unter einem pKS-Wert von 4,16 kommt das Molekül in überwiegend undissozierter Form vor. Weiterhin hat Diclofenac einen relativ hohen Octanol/Wasserverteilungskoeffizienten von KOW=4,51, was zu einer guten relativ Sorptionsfähigkeit an Sediment führt. Auch ist die wasserlöslichkeit mit 2,37 Abb. 1: Strukturformel von Diclofenac (BOREEN et al. mg/l eher niedrig, so dass eine akute Vergif2003) tung über das im Trinkwasser gelöste Medikament für den Menschen nicht möglich ist (LD50=62,5 mg/kg Ratte). Die Bioverfügbarkeit des in der Umwelt vorkommenden Diclofenac beträgt etwa 55% (MERSMANN 2003). 3 Quellen und Konzentrationen ert e Stu de Vom menschlichen Körper werden Arzneimittel-Wirkstoffe in Abhängigkeit von ihrer Pharmakokinetik in Form von Metaboliten, oder aber auch unverändert, wieder ausgeschieden und gelangen mit dem Abwasser in die Kläranlagen. Studien belegen, dass viele pharmakologisch wirksame Substanzen dort nur in geringem Umfang abgebaut werden und anschließend in Oberflächengewässer oder mit dem Klärschlamm auf Böden und so auch in das Grundwasser gelangen (RÖNNEFAHRT et al. 2002). Diclofenac wird dabei zwar zu 99% im menschlichen Körper abgebaut, doch weist der hydroxylierte Hauptmetabolit immer noch eine ähnliche Wirkung auf (MERSMANN 2003). In etwa einem viertel aller Fälle wird das Arzneimittel durch eine Salbe (dermal) angewendet. Bei dieser Methode kann der Körper nur 5 bis 10% des Diclofenac aufnehmen und der Rest wird unverändert abgewaschen (HEBERER 2007). Außerdem geht man auch davon aus, dass eine noch nicht erfasste Menge in privaten Haushalten über das Abwasser entsorgt wird. nic ht va lidi Bevor dieses Abwasser jedoch die Kläranlage erreicht fließt es zunächst viele Kilometer durch zum Teil undichte Abwasserkanäle und kontaminiert so direkt und ungereinigt das Grundwasser. So sind in Deutschland ca. 450.000 km öffentliche Kanäle in Betrieb, von denen ca. 15 % Undichtigkeiten aufweisen. Die privaten Anschlusskanäle und Grundleitungen werden auf das Dreifache also ca. 1,5 Mio. km geschätzt, wobei davon ca. 40 % (600.000 km) undicht sind. Das Kontaminationspotential ist somit sehr hoch und es besteht in vielen Fällen ein Handlungsbedarf für eine Sanierung dieser Leitungen. Aber auch intakte Abwasserkanäle sind niemals völlig dicht und so kommt es auch hier zu einer, wenn auch wesentlich geringeren, Kontamination durch die Diffusion bestimmter Stoffe durch die Kanalwand (MÄRKISCHER-KREIS 2009). Aber auch nachdem das Abwasser in der Kläranlage gereinigt und in ein oberirdisches Gewässer Abb. 2: undichter Abwasserkanal (BÖLKE 2009) eingeleitet (in manchen seltenen Fällen auch über Infiltrationsbrunnen direkt in das Grundwasser) wurde, ist es in der Regel noch stark mit Arzneimittelrückständen behaftet. Besonders die Entfernung des Diclofenac gestaltet sich dabei schwierig, so dass durchschnittlich nur etwa 50% zurückgehalten 3 Pharmazeutischer Cocktail Grundwasser? Beispiel: Diclofenac werden (Tab. 2). Kläranlagen mit alten Reinigungsverfahren filtern teilweise gar nicht (LANDESAMT 2006). Konzentration von Diclofenac in Abwässern, Oberflächengewässern, im Grund- und Trinkwasser (MERSMANN 2003) Stu de nte nv ers ion Tab. 2: va lidi ert e Nachdem das Abwasser die Kläranlage passiert hat wird es in der Regel in ein Oberflächengewässer eingeleitet. Verfügt dieses Gewässer über einen geringen Abfluss, so können die Abwasserkonzentrationen sehr hoch werden. So besteht der Tegeler See bei Berlin aus 14 bis 18% geklärten Abwasser (MASSMANN 2007). In unseren Breiten ist es nun üblicher Weise so, dass das Grundwasser Oberflächengewässer speist und es so nur selten zu einem Eintrag des Abwassers in das Grundwasser kommt. Wird allerdings das Trinkwasser über Uferfiltrat gewonnen wie es bei der berliner Wasserversorgung am Müggelsee der Fall ist, so dreht sich der hydraulische Gradient um und das Grundwasser wird aus Oberflächenwasser gespeist. Die sich daraus ergebene Problematik der Grund- und schließlich auch Trinkwasserkontamination mit Pharmaka wurde in einer berliner Studie nachgewiesen. So wurden in einer Untersuchung von zur Trinkwassergewinnung genutztem Grundwasser Arzneimittelwirkstoffe wie Clofibrinsäure (Lipidsenker), Diclofenac (Antirheumatikum), Phenazon (Analgetikum), Propyphenazon (Analgetikum) und Ibuprofen (Anti-rheumatikum) mit Gesamtkonzentrationen bis zu 7300 ng/l nachgewiesen (SCHEYTT et al. 1998). Beprobungen anderer Systeme haben gezeigt, dass es sich hierbei um kein Einzelphänomen handelt. ht Ein weiterer Eintragspfad von Arzneimittelrückständen aus dem kommunalen Abwasser in das Grundwasser ist das Ausbringen von Klärschlamm oder das nur noch selten praktizierte Berieseln von Feldern. nic Auch stellt die Verwendung von Pharmaka in der Veterinärmedizin einen Einflussfaktor für die Grundwasserkontamination dar. Hier gibt es im Wesentlichen zwei Eintragspfade. Entweder durch eine direkte Applikation in ein Gewässer wie es in Fischzuchtanlagen üblich ist oder indirekt über das Ausbringen von Gülle. Pharmaka werden dabei aus zwei verschiedenen Gründen eingesetzt. Zum einen als Tierarzneimittel zur fallweisen therapeutischen Behandlung von kranken Tieren oder als Medizinalfutter als Wachstums- oder Leistungsförderer und Infektionsschutz zur vorbeugenden Behandlung von Tierherden. Da Diclofenac in Deutschland keine Zulassung als Tierarzneimittel hat (FREY 2007), spielt die Tierhaltung nur eine sehr untergeordnete Rolle bezogen auf eine Grundwasserkontamination mit diesem Arzneimittel. 4 Abb. 3: Stu de nte nv ers ion Pharmazeutischer Cocktail Grundwasser? Beispiel: Diclofenac schematische Darstellung der Eintragspfade für Arzneimittelrückstände in das Grundwasser 4 Verhalten im Grundwasser nic ht va lidi ert e Um ein besseres Verständnis für den Transport und die Sorption von Diclofernac in der wassergesättigten Zone zu erhalten wurden im Jahr 2003 im Rahmen einer Dissertation (MERSMANN 2003) Säulenversuche dazu durchgeführt. Dazu wurden 35cm lange und 13,59cm dicke Säulen mit einen karbonatarmen, schwach grobsandigen Mittelsand mit geringen Anteilen an Braunkohle und Glimmermineralen und sehr geringem Schluffanteil (0,2%) bepackt. Der Durchlässigkeitsbeiwert kf von 5·10-4 m/s wurde nach Beyer aus der Kornsummenkurve ermittelt und der Gehalt an organischen Kohlenstoff betrug 0,2%. Um eine Referenz neben dem Diclofenac zu haben wurde ein Tracer (LiCl) beim Versuchsstart mit zugegeben. Das Ergebnis war, dass das der erste signifikante Durchbruch des Diclofenac erst etwa 24 Stunden nach dem Tracer am Säulenende detektiert werden konnte. Daraus ergibt sich bei diesem Versuch eine Retardation von 2,6, was für eine relativ hohe Mobilität spricht. Nach ca. weiteren 60 Stunden kam es zu einer Plateaubildung bei einem Verhältnis von Endkonzentration zu Anfangskonzentration von 0,88 (Abb. 4). Damit ist eine Inaktivierung (z.B. irreversible Sorption oder Abbau) in diesem Sediment für Diclofenac unter aeroben Bedingungen als gering einzuschätzen. Nach Beendigung der Wirkstoffzugabe (nach 384 Stunden) war die Konzentrationsabnahme relativ langsam. Die anfangs sorbierte Menge an Diclofenac wurde nahezu vollständig desorbiert. Bei Versuchsende (nach 599 Stunden) wurden noch ca. 5% der Eingabekonzentration gemessen. Die Mengenbilanzierung ergab, dass von den insgesamt eingegeben 125 µg des Wirkstoffs ca. 123 µg (98% der Ausgangsmenge) am Säulenauslauf gemessen wurden. Im Rahmen der Messgenauigkeit bedeutet dies, dass Diclofenac quasi nicht abgebaut wurde (MERSMANN 2003). 5 Abb. 4: de nte nv ers ion Pharmazeutischer Cocktail Grundwasser? Beispiel: Diclofenac Ausbreitung von Lithium und Diclofenac nach kontinuierlicher Zugabe unter wassergesättigten Bedingungen (MERSMANN 2003) Stu 5 ökotoxikologische Auswirkungen Fischtoxizität von Diclofenac; Abkürzungen: NOEC – No Observable Effect Concentration, LOEC – Lowest Observable Effect Concentration, EC x – Effect Concentration, auf die x% der Organismen reagieren (FELDMANN 2005) nic ht va Tab. 3: lidi ert e Wie bereits weiter oben besprochen gibt es bei Diclofenac in aquatischen Systemen keine akute Vergiftungsgefahr. Doch ist eine dauerhafte Exposition gegenüber einem solchen Medikament, auch wenn es sich dabei um relativ geringe Konzentration handelt, als sehr kritisch zu einzustufen. Der Grund dafür liegt im hohen Octanol/Wasserverteilungskoeffizienten von KOW=4,51, der verantwortlich für eine starke Akkumulation im Fettgewebe ist. So konnte im Blut von Fischen eine 113mal höhere Diclofenakkonzentration im Vergleich zum umgebenden Wasser festgestellt werden (FENT 2006). Die eigentliche Problematik im Falle dieses Arzneimittels ist allerdings erst Anfang 2004 bekannt geworden, als in einem veröffentlichten Artikel von Zellveränderungen bei Regenbogenforellen berichtet wurden, die bereits in einer Konzentration von 1 µg/l Diclofenac ausgelöst werden (Tab. 3) – einer Konzentration, die einigen aquatischen Systemen bereits festgestellt werden konnte (Tab. 2). Alle bis dahin durchgeführten toxikologischen Untersuchungen zeigten eine niedrigste chronische Wirkkonzentration im Bereich von 1 mg/l (FELDMANN 2005). Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel für das Gefahrenpotential von Diclofenac stammt aus Indien. In den 1990 Jahren starben dort etwa 90% der Geier-Populationen an Visceralgischt (die inneren Organe 6 Pharmazeutischer Cocktail Grundwasser? Beispiel: Diclofenac ion betreffende Gischt) und Nierenversagen. Lange wusste man nicht weshalb, bis im Jahr 2003 der Verdacht auf Diclofenac fiel, welches die Veterinärmediziner den Rindern verabreichten. Da aus religiösen Gründen in Indien kein Rindfleisch gegessen wird, sterben diese in der Regel einen natürlichen Tod und werden nach ihrem Verenden von den Geiern aufgefressen (STRATTNER 2005). Ein weiteres Problem stellen Kombinationswirkungen mit anderen häufig auftretenden Arzneimittelrückständen wie beispielsweise Carbamazepin, Clofibrinsäure, Propyphenazon oder Ibuprofen dar. Hier muss man zumindest von einer additiven Wirkung ausgehen (FELDMANN 2005). ers 6 Filter- und Abbaumöglichkeiten nv Diclofenac kann schnell photolytisch abgebaut werden. So wurde in einer Studie herausgefunden, dass das Medikament unter zentraleuropäischen Bedingungen (Magdeburg, 52,08° N) eine durchschnittliche Halbwertszeit von nur 7 Stunden (2,5 bis 3 Stunden im Frühjahr und Sommer und 9 bis 14 Stunden im Herbst und Winter) hat, wenn die Lösung, in der es sich befindet, dem Tageslicht ausgesetzt ist. Im Grundwasser kann dieser Abbau also nicht erfolgen (ADLER 2006). va lidi ert e Stu de nte Neben dieser natürlichen Abbaumöglichkeit gibt es auch einige technische Verfahren zur Entfernung von Arzneimittelrückständen wie Diclofenac. In Experimenten konnte aufgezeigt werden, dass bei einer Ultrafiltration 44% und bei der Umkehrosmose sogar mehr als 99,9% des Pharmazeutikums entfernt werden können (HEBERER 2008). Die Ultrafiltration beruht dabei auf einer Abtrennung von Molekülen aufgrund ihrer Größe (>0,01µm). Die Umkehrosmose dagegen ist ein Verfahren, bei dem durch Druck der natürliche Osmoseprozess umgekehrt wird und es so zu einer Aufkonzentrierung eines bestimmten Wasserinhaltsstoffes kommt (Abb. 5) (MELIN 2007). schematischer Aufbau der unterschiedlichen Membrantypen (MELIN 2007) ht Abb. 5: nic Ein weiteres Verfahren, dass zur Entfernung von Diclofenac dienen könnte, ist die heterogenkatalytische Oxidation. Hierbei wird das Arzneimittel mit Hilfe von Wasserstoffperoxid und einem Katalysator an der NH-Brücke aufgespaltet. Die Abbaugeschwindigkeit und der Abbaumechanismus hängen dabei von der Anzahl und der Art der Substituenten ab (FREIER 2005). Wie aus der Abb. 6 ersichtlich ist auch diese Variante sehr effektiv. 7 ionenchromatographisch nachweisbare Intermediate und Mineralisierungsprodukte für die heterogen-katalytische Oxidation von Diclofenac (FREIER 2005) Stu Abb. 6: de nte nv ers ion Pharmazeutischer Cocktail Grundwasser? Beispiel: Diclofenac ert e Die hier vorgestellten Verfahren zur Reduktion bzw. Entfernung von Arzneimittelrückständen wie Diclofenac sind in der Regel trotz vieler neuer Entwicklungen noch relativ teuer (WEIGELT 2007). Dennoch sollten sie zumindest dort, wo mit erhöhten Konzentrationen von Pharmaka zu rechnen ist (vor allem Krankenhausabflüsse) eingesetzt werden. 7 Literatur lidi ADLER, NICOLE & ALTENBURGER, ROLF (2006): Phytotoxicity assessment of diclofenac and its phototransformation products Phytotoxicity assessment of diclofenac and its phototransformation products. Springer. Berlin, Heidelberg 2006 BLAC-AG (1998): Auswirkungen der Anwendung von Clofibrinsäure und anderer Arzneimittel auf die Umwelt und Trinkwasserversorgung. Umweltbehörde Hamburg. Hamburg 1998 va BÖLKE, KLAUS PETER (2009): Kanalinspektion – Zustände erkennen und dokumentieren. Springer. Berlin, Heidelberg 2009 BOREEN, ANNE L., ARNOLD, WILLIAM A. & MCNEILL, KRISTOPHER (2003): Photodegradation of pharmaceuticals in the aquatic environment: A review. Department of Chemistry, University of Minnesota. Minneapolis 2003 nic ht FELDMANN, DIRK F. (2005): Modellberechnungen zum Verhalten und Verbleib von Arzneimittelrückständen im Krankenhausabwasser und Beurteilungsmöglichkeiten ihres ökotoxikologischen Gefährdungspotentials. Springer. – Genehmigte Dissertation an der Fakultät III Prozesswissenschaften der Technischen Universität Berlin. Berlin 2005 FENT, KARL, WESTON, ANNA A. & CAMINADA, DANIEL (2006): Ecotoxicology of human pharmaceuticals. Elsevier. 2006 FREIER, UTE & HOFMANN, JÖRG (2005): Abbau von Pestiziden, Pharmainhaltsstoffen und anderen toxischen Verbindungen im Grundwasser durch heterogen-katalytische Oxidation. Institut für nichtklassische Chemie e.V. an der Universität Leipzig. Leipzig 2005 8 Pharmazeutischer Cocktail Grundwasser? Beispiel: Diclofenac FREY, HANS-HASSO & ALTHAUS, FELIX R. (2007): Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie für die Veterinärmedizin. Georg-Thieme-Verlag. Stuttgart 2007 ion HEBERER, THOMAS (2007): Belastung von Abwässern in Krankenhäusern. Bundesinstitut für Risikobewertung. Berlin 2007 HEBERER, T. & FELDMANN, D. (2008): Removal of Pharmaceutical Residues from Contaminated Raw Water Sources by Membrane Filtration. – In: KÜMMERER, KLAUS (Hrsg.): Pharmaceuticals in the Environment. Springer. Berlin, Heidelberg 2008 ers KERN, KATHARINA (2004): Umweltauswirkungen von Arzneimitteln – Bestandsaufnahme und Reformbedarf. UFZ-Diskussionspapiere. Leipzig 2004 LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ (2006): Arzneistoffe in Zu- und Abläufen von kommunalen Kläranlagen des Landes Sachsen-Anhalt – Bericht zum Sondermessprogramm 2002 bis 2004. Landesamt für Umweltschutz. Sachsen-Anhalt 2006 nv MÄRKISCHER-KREIS (2009): Dichtigkeit von Abwasserleitungen. Märkischer Kreis – Der Landrat. http://www.maerkischer-kreis.de/umwelt/dichtigkeit.php. 2009 nte MELIN, THOMAS & RAUTENBACH, ROBERT (2007): Membranverfahren – Grundlagen der Modul- und Anlagenauslegung. Springer. Berlin, Heidelberg 2007 de MERSMANN, PETRA (2003): Transport- und Sorptionsverhalten der Arzneimittelwirkstoffe Carbamazepin, Clofibrinsäure, Diclofenac, Ibuprofen und Propyphenazon in der wassergesättigten und -ungesättigten Zone. – Genehmigte Dissertation am Institut für Angewandte Geowissenschaften der Technischen Universität Berlin. Berlin 2003 RÖNNEFAHRT, I., KOSCHORRECK, J. & KOLOSSA-GEHRING, M. (2002): Arzneimittel in der Umwelt. – In: Mitteilungsblatt der Fachgruppe Umweltchemie und Ökotoxikologie 8. Jahrgang 2002/Nr. 4. Berlin 2002 Stu SCHEYTT, TRAUGOTT, GRAMS, SUSANNE & FELL, HOLGER (1998): Vorkommen und Verhalten eines Arzneimittels (Clofibrinsäure) im Grundwasser. – In: Grundwasser. Springer. Berlin, Heidelberg 1998 STRATTNER, ANNE (2005): Wilde Tiere an der TiHo. – In: TiHo Anzeiger, Heft 5/2005. Tierärztliche Hochschule. Hannover 2005 nic ht va lidi ert e WEIGELT, REINHARD (2007): Wasseraufbereitung. – In: MUTSCHMANN, JOHANN & STIMMELMAYR, FRITZ (Hrsg.): Taschenbuch der Wasserversorgung. Vieweg + Teubner Verlag. Wiesbaden 2007 9