RIA 18/30 Teil 1 - Hessischer Landtag

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Stand: 19.04.2011
Teil 1
Ausschussvorlage RIA/18/30
Ausschussvorlage SPA/18/43
Eingegangene Stellungnahmen
zu der mündlichen Anhörung des Rechts- und Integrationsausschusses und des
Sozialpolitischen Ausschusses
zu dem
Antrag
der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN betreffend öffentliche Anhörung und ressortübergreifende Koordinierung zur Bekämpfung sexuellen Missbrauchs
von Kindern und Jugendlichen
– Drucks. 18/3630 –
1.
Prof. Dr. Christian Pfeiffer
S. 1
2.
BAG Verfahrensbeistandschaft
S. 15
3.
Glasbrechen e. V. *)
S. 17
4.
Sicheres Netz hilft e. V.
S. 22
5.
Institut für Rechtsmedizin Gießen u. Marburg
S. 26
6.
Staatsanwaltschaft Darmstadt
S. 28
7.
Deutscher Kinderschutzbund e. V.
S. 35
8.
Landespräventionsrat Hessen
S. 39
9.
Psychotherapeutenkammer Hessen
S. 44
*) Abgeordnete und Mitarbeiter des Landtags können die von Glasbrechen e. V.
genannten Anlagen über das Ausschusssekretariat erhalten.
1
Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen *
Christian Pfeiffer
1. Forschungsperspektiven zum sexuellen Kindesmissbrauch
Nach den 2010 bekannt gewordenen Missbrauchsfällen in Schulen und kirchlichen
Einrichtungen ist ein ausgeprägter Forschungsbedarf erkennbar geworden. In der
Bundesrepublik verfügen wir gegenwärtig nicht über aktuelle, repräsentative und
wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse zur Thematik des sexuellen Missbrauchs von
Kindern. Die Daten der einzigen deutschen Repräsentativbefragung, die das KFN gestützt auf
die Projektförderung des Bundesfamilienministeriums im Jahr 1992 durchführen konnte, sind
inzwischen veraltet und können bestenfalls als Anhaltspunkte für die aktuelle Diskussion
dienen. Für die Beantwortung der Fragen, wo heute besonders hohe Risiken des Missbrauchs
drohen und welche Präventions- und Interventionsansätze erfolgsversprechend erscheinen,
reichen Common Sense und Praxiserfahrungen nicht aus. Gerade weil es sich hier um ein
Phänomen handelt, das sich im Verborgenen abspielt, benötigen wir breit fundierte
Erkenntnisse der Dunkelfeldforschung.
Das KFN hat deshalb beim Bundesforschungsministerium Mittel dafür eingeworben, die von
ihm 1992 realisierte Untersuchung im Jahr 2011 zu wiederholen. Damals hatte sich als
Nachteil herausgestellt, dass die Teilstichprobe der von uns zum sexuellen Kindesmissbrauch
befragten Männer und Frauen mit 3.289 bei Weitem zu klein gewesen war, um angesichts
einer sich 1992 ergebenden Datenbasis von ca. 200 Tätern insbesondere zu den spezifischen
Risikokonstellationen des Missbrauchs und verschiedenen Tätergruppen differenzierte
Erkenntnisse erarbeiten zu können. Wir sind deshalb sehr dankbar dafür, dass wir 2011 die
Grundgesamtheit der Stichprobe auf 11.000 erweitern konnten. Wir beschränken uns dabei
auf die Altersgruppe der 16- bis 40-Jährigen, um so Erkenntnisse zu gewinnen, die sich auf
die Kindheitsphasen der letzten sechs bis 30 Jahre beziehen. Ferner haben wir die
Altersgruppe der 16- bis 20-Jährigen durch ein Oversampling von 2000 auf 3000 vergrößert,
um so zur aktuellen Situation von Kindern und Jugendlichen vertiefte Einblicke erhalten zu
können. Im Vergleich zu der Untersuchung des Jahres 1992 werden ferner dieses Mal gezielt
zwei Gruppen von Migranten einbezogen: türkischstämmige 16- bis 40-Jährige und solche,
die aus der früheren Sowjetunion stammen.
Methodisch orientiert sich die Opferbefragung des Jahres 2011 an dem bewährten Konzept
der KFN-Untersuchung des Jahres 1992. Die Datenerhebung beginnt mit einem kurzen
mündlichen Interview zu solchen Opfererfahrungen, die sich sowohl innerhalb als auch
außerhalb der Familie ereignen können und zum Gesamtthema der Untersuchung gehören.
Ein Beispiel ist hier etwa die Frage nach Körperverletzungen durch dritte Personen, die sich
_______________________________________
*Überarbeitete und teilweise erweiterte Version eines Textes, den der Verfasser im Jahr 2010 gemeinsam mit Dr. Lena Stadler und
Bettina Zietlow als Drittmittelantrag beim Bundesforschungsministerium eingereicht hatte.
2
außerhalb des familiären Kontextes ereignet haben oder das Thema des Wohnungseinbruchs.
Hinzu kommen Fragen zur Person (Alter, Geschlecht, Bildungshintergrund usw.).
Anschließend hinterlässt der Interviewer einen ergänzenden Fragebogen mit der Bitte, diesen
selber auszufüllen und ihn in einen beigefügten Umschlag zu geben und diesen mit einer
vorher überreichten Siegelmarke zu verschließen. Die von den Interviewern ca. zwei Stunden
später abgeholten Umschläge erbrachten 1992 eine Rücklaufquote von 98,2 Prozent. Es
gelingt also auf diese Weise, die angesprochenen Personen dazu zu motivieren, dass sie zu
derart schwierigen Themen wie dem sexuellen Missbrauch im Kindesalter oder der
innerfamiliären Gewalt durch Vater, Mutter oder andere Familienangehörige Auskunft geben.
Mit der Feldphase der Untersuchung konnten wir Anfang Januar 2011 beginnen.
Voraussichtlich wird die Datenerhebung bis Ende April 2011 abgeschlossen sein. Mit ersten
Ergebnissen ist im Herbst 2011 zu rechnen. Ergänzend zu dem Forschungskonzept des Jahres
1992 nutzen wir 2011 die Chance des direkten Kontakts zu ca. 400 bis 600
Missbrauchsopfern, sie zu fragen, ob sie sich auf für ein qualitatives, auf Tonband
aufgezeichnetes Interview zur Verfügung stellen möchten. Die bisherige Resonanz zeigt, dass
wir damit Erfolg haben werden. Wir können damit rechnen, mindestens 30 bis 40 Personen
für dieses wichtige Folgeprojekt zu gewinnen. Dies wird uns die Möglichkeit eröffnen, bei
der Interpretation der quantitativen Daten das heranzuziehen, was uns die Opfer aus ihrer
Sicht über den ihnen widerfahrenen Missbrauch berichtet haben.
2. Definition zum sexuellen Missbrauch von Kindern
Sowohl die aktuelle Mediendebatte als auch die wissenschaftliche Diskussion zeigen, dass die
Bewertung von Straftaten in hohem Maß von politischen Rahmenbedingungen bzw. den
Norm- und Wertvorstellungen unserer Gesellschaft beeinflusst wird. Diese Komplexität hat
auch für die Definitionskriterien des sexuellen Kindesmissbrauchs Bedeutung. Eine für alle
Anwendungszusammenhänge gültige Definition kann es deshalb nicht geben (Julius &
Boehme, 1997). Weite Definitionen versuchen sämtliche als schädlich angesehene
Handlungen zu erfassen. Es werden in der Regel auch sexuelle Handlungen ohne
Körperkontakt wie Exhibitionismus zum sexuellen Missbrauch gezählt. Enge Definitionen
beziehen nur bereits als schädlich identifizierte bzw. nach einem sozialen Konsens normativ
als solche bewertete Handlungen ein (Wetzels, 1997, 62). Angesichts der kriminologischrechtspsychologischen Zielsetzung unseres Forschungsvorhabens wird für den sexuellen
Kindesmissbrauch hier eine enge, an gesetzliche Vorgaben orientierte abstrakt-normative
Eingrenzung vorgenommen.
In Anlehnung an die §§174, 176 StGB werden deshalb als sexueller Kindesmissbrauch nur
sexuelle Handlungen Erwachsener bzw. in Relation zum Opfer bedeutend älterer Personen
einerseits und Kindern andererseits betrachtet. Aufgrund der Asymetrie der Beziehung ist
physische Gewaltanwendung kein Definitionskriterium. Bezeichnend für den sexuellen
Missbrauch ist vielmehr das Macht- und Autoritätsgefälle zwischen den Beteiligten. Sexuelle
Handlungen zwischen Gleichaltrigen und auch Handlungen von Jugendlichen gegenüber
Kindern werden also nicht dem sexuellen Kindesmissbrauch zugrechnet. Sie sind
2
3
strafrechtlich erst dann relevant, wenn der Jugendliche bei seinen sexuellen Handlungen
Gewalt einsetzt und dadurch eine sexuelle Nötigung oder eine Vergewaltigung begeht.
Ausgehend von der KFN-Datenerhebung des Jahres 1992 und dem zu dieser Thematik von
Wetzels 1997 veröffentlichten Forschungsbericht (S. 72) wird daher folgende Definition
vorgeschlagen:
Sexueller Kindesmissbrauch ist die sexuelle Handlung eines Erwachsenen oder in Relation
zum Opfer bedeutend älteren Person mit, vor oder an einem Kind, bei welcher der Täter seine
entwicklungs- und sozialbedingte Überlegenheit – unter Missachtung des Willens oder der
Verstandesfähigkeit eines Kindes – dazu ausnutzt, seine persönlichen, sexuellen Bedürfnisse
nach Erregung, Intimität oder Macht zu befriedigen. Es handelt sich um die sexuelle
Instrumentalisierung eines Kindes, bei welcher die Intensität der sexuellen Handlung auch
von strafrechtlicher Relevanz ist.
3. Erkenntnisse zum sexuellen Kindesmissbrauch
Kriminalstatistik und der Strafverfolgungsstatistik
aus
der
Polizeilichen
Die nachfolgende Abbildung 1 stellt für den Zeitraum 1993 bis 2009 die Gesamtzahl der in
Deutschland polizeilich bekannt gewordenen Fälle des sexuellen Kindesmissbrauchs dar
sowie die absolute Zahl der aufgeklärten Fälle, der Opfer und der ermittelten Tatverdächtigen.
Abb. 1: Sexueller Kindesmissbrauch in Deutschland, absolute Zahl Opfer, der erfassten Fälle,
der aufgeklärten Fälle und der Tatverdächtigen, 1993 bis 2009, Deutschland insgesamt
(Quelle: PKS).
25.000
20.000
Opfer
15.000
Fälle
aufgeklärte Fälle
10.000
Tatverdächtige
5.000
0
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
3
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
4
Auffallend ist zunächst der starke Rückgang der insgesamt polizeilich registrierten Fälle des
Kindesmissbrauchs um fast 30 Prozent, der sich seit 1997 abzeichnet. Auch die Zahl der
Opfer hat seit 1997 um 28,5 Prozent abgenommen. Zwar wäre theoretisch denkbar, dass diese
Entwicklung auf einen Rückgang der Anzeigebereitschaft der Opfer beruht. Nach einem
aktuellen Forschungsbefund des KFN dürfte jedoch eher das Gegenteil zutreffen. Zwischen
1998 und 2006 haben wir in mehreren Städten und Landkreisen mit insgesamt mehr als
20.000 Neuntklässlern wiederholt Repräsentativbefragungen durchgeführt. Danach hat sich
im Verlauf dieser sieben bzw. acht Jahre jedenfalls die Anzeigebereitschaft von Mädchen, die
Opfer eines Sexualdeliktes geworden sind von 9,8 auf 17,3 Prozent und damit insgesamt um
76,5 Prozent erhöht. Offenbar werden die Opfer solcher Straftaten heute nicht mehr in dem
Ausmaß wie früher durch ihre Scham daran gehindert, über ihnen widerfahrene Sexualdelikte
mit Polizeibeamten zu sprechen und auf diese Weise ein Strafverfahren in Gang zu bringen.
Sollte das der Fall sein, müssten wir davon ausgehen, dass es zwischen 1997 und 2009 im
Vergleich zu dem, was die Abbildung zeigt, in Wahrheit einen weit stärkeren Rückgang des
sexuellen Missbrauchs gegeben hat. Genaue Aufklärung über die tatsächliche Entwicklung
des Missbrauchsrisikos kann hier nur die Wiederholung der KFN-Dunkelfeldbefragung des
Jahres 1992 erbringen.
Auffallend ist ferner, dass die vier Verlaufskurven sich während der 16 Jahre immer mehr
angenähert haben. Dies findet eine einfache Erklärung in der Tatsache, dass die polizeiliche
Aufklärungsquote zwischen 1993 und 2009 von 63,4 auf 82,1 Prozent angestiegen ist. Es hat
sich also das Risiko der Täter beträchtlich erhöht, dass sie zumindest als Tatverdächtige
polizeilich registriert werden. Ein Vergleich der Tatverdächtigenstatistik mit der
Strafverfolgungsstatistik macht dann allerdings deutlich, dass die Verfahren für die Mehrheit
der Tatverdächtigen nicht mit einer Verurteilung, sondern mit einer Einstellung enden, weil
aus der Sicht der Staatsanwaltschaft bzw. des Gerichts kein ausreichender Tatverdacht
bestätigt werden konnte. Hinzu kommt, dass die Verurteiltenquote vom Höchststand des
Jahres 1994 (34,4 %) bis 2009 auf 26,5 Prozent gesunken ist. Eine Erklärung für dieses
überraschende Phänomen ist möglicherweise, dass der Vorwurf des sexuellen
Kindesmissbrauchs zunehmend im Rahmen von Scheidungsverfahren von Seiten der
Kindesmutter gegen den Vater erhoben wird. Sehr häufig stellt sich dann jedoch auf der Basis
von Glaubwürdigkeitsgutachten heraus, dass es sich hier um ein prozessstrategisches
Manöver der Kindesmutter handelt, die im Sorgerechtsstreit auf diese Weise zumindest
vorübergehend Vorteile erringen will. Solche Verfahren enden dann mit einer Einstellung
oder dem Freispruch mit der Folge, dass insgesamt betrachtet die Verurteiltenquote Jahr für
Jahr abnimmt.
In der der PKS werden zum sexuellen Kindesmissbrauch auch Angaben zur Täter-OpferBeziehung erfasst. In der nachfolgenden Abbildung 2 werden dazu die Daten des Jahres 2008
dargestellt. Danach handelte es sich bei den Tatverdächtigen zu 19 Prozent um Verwandte. 30
Prozent waren Bekannte des Kindes. In neun Prozent der Fälle lag der Tat eine flüchtige
Vorbeziehung zugrunde. Zu 35 Prozent kannten sich Täter und Opfer vorher nicht. In sieben
Prozent der Fälle konnten zum Täter-Opfer-Verhältnis keine Daten erhoben werden. Im
4
5
Hinblick auf die angezeigten Fälle zeigt sich damit, dass das Hauptrisiko für Kinder von
solchen Personen ausgeht, die aus ihrem näheren sozialen Umfeld stammen.
Abb. 2: Das Täter-Opfer-Verhältnis bei Fällen des sexuellen Kindesmissbrauchs (Quelle:
PKS 2008).
ungeklärt
7%
Verwandtschaft
19%
keine
Vorbeziehung
35%
Bekanntschaft
30%
flüchtige
Vorbeziehung
9%
Der PKS lässt sich im Übrigen entnehmen, dass bei den angezeigten Fällen die Opfer in den
letzten 15 Jahren zu drei Viertel bis vier Fünftel weiblich waren. Bei den Tatverdächtigen
dominieren dagegen die Männer zu 96,1 Prozent. All diese Angaben sind freilich aufgrund
der Tatsache, dass es sich nur um Daten aus dem Hellfeld handelt, nicht als Abbild der
Wirklichkeit anzusehen. So spricht viel dafür, dass in der Abbildung 2 die fremden Täter
überrepräsentiert sind, weil es hier den betroffenen Opfern leichter gefallen sein dürfte, eine
Anzeige zu erstatten als in den Fällen, in denen der Täter aus dem engeren sozialen Umfeld
kam.
4. Befunde der Dunkelfeldforschung zum sexuellen Kindesmissbrauch
Die umfassendste Dunkelfeldforschung, die in Deutschland bisher realisiert werden konnte
und zugleich die einzige, die auf einer repräsentativen Stichprobe basiert, ist bis heute die es
KFN. Im Rahmen einer vom BMFSFJ geförderten bundesweiten Opferbefragung konnten wir
im Jahr 1992 eine repräsentative Teilstichprobe von 3289 Personen unter anderem zum
sexuellen Missbrauch befragen. Ausgangspunkt der Datenerhebung war ein mündliches faceto-face-Interview, bei dem zunächst Daten zu allgemeinen Opfererfahrungen erfasst wurden –
also zum Beispiel, ob die Interviewpartner im Laufe der letzten fünf Jahre Opfer eines
Wohnungseinbruchs geworden sind. Am Ende dieses Interviews erhielt eine Zufallsauswahl
von ihnen einen ergänzenden Fragebogen zu den Themen der innerfamiliären Gewalt und des
sexuellen Missbrauchs im Kindesalter mit der Bitte, diesen selber auszufüllen, ihn in einen
beigefügten Umschlag zu geben und mit einer ihnen vorher überreichten Siegelmarke zu
verschließen. Die von den Interviewern ca. zwei Stunden später abgeholten Umschläge
5
6
erbrachten eine Rücklaufquote von 98,2 Prozent (Wetzels, 1997). Die Teilstichprobe dieses
Teils der Opferbefragung umfasste 1604 Männer und 1685 Frauen im Alter von 16 und 59
Jahren und war für diese Altersgruppe der Bevölkerung Deutschlands repräsentativ.
Bei Anwendung einer engen Definition sexuellen Missbrauchs (nur Delikte mit
Körperkontakt vor dem 16. Lebensjahr durch erwachsene Täter) ergab sich eine Prävalenzrate
von 8,6 Prozent für Frauen und 2,8 Prozent für Männer, die in ihrer Kindheit Opfer des
sexuellen Missbrauchs geworden sind. Weiterhin zeigte sich, dass die Opfer sexuellen
Kindesmissbrauchs zu einem Drittel auch Opfer elterlicher physischer Misshandlung
geworden waren. Diese Rate liegt damit etwa drei Mal höher als die der nicht sexuell
Missbrauchten. Ferner waren 45 Prozent der Missbrauchsopfer in ihrer Kindheit auch mit
physischer Gewalt in der Beziehung der Eltern konfrontiert – einer Rate, die doppelt so hoch
ist wie die der sexuell nicht missbrauchten Personen. Und schließlich bestätigte sich in der
KFN-Untersuchung ein Befund, der bereits aus früheren Dunkelfeldforschungen aus den USA
bekannt war (Finkelhor & Baron, 1986). Die Opfer sexuellen Kindesmissbrauchs kamen
überproportional häufig aus unvollständigen Familien („broken home“). Die dargestellten
Befunde legen die Schlussfolgerung nahe, dass solche Kinder ein besonders hohes Risiko des
sexuellen Missbrauchs haben, die zuhause nicht satt an elterlicher Liebe geworden sind und
sich deswegen auf die Suche nach Zuwendung begeben. Umgekehrt scheinen solche Kinder
am besten geschützt, die in stabilen familiären Rahmenbedingungen aufwachsen und Dank
einer von Liebe und Geborgenheit geprägten Erziehung zu selbstbewussten und sozial
kompetenten Persönlichkeiten heranreifen (Bange & Deegener, 1996).
Die KFN-Dunkelfeldbefragung hat differenzierte Erkenntnisse zu der dem Missbrauch
vorangegangen Täter-Opfer-Beziehung erbracht. Sie werden für Jungen und Mädchen
getrennt in der nachfolgenden Abbildung 3 dargestellt.
Abb. 3: Die Täter-Opfer-Beziehung beim sexuellen Kindesmissbrauch;
Repräsentativbefragung des Jahres 1992 (Quelle: Wetzels, 1997, 159).
6
KFN-
7
100%
90%
3,90%
5,80%
7,30%
7,80%
3,60%
5,50%
14,30%
16,40%
80%
70%
weibl.Täter
60%
27,30%
21,80%
50%
Vater
männl. Familie
40%
mannl.unbekann
t
30%
20%
Stiefvater
40,90%
45,50%
10%
0%
Frauen
Männer
Die Nennungen zur Beziehung zwischen Täter und Opfer verteilen sich insgesamt betrachtet
wie folgt: 25,7 Prozent Unbekannte, 41,9 Prozent Bekannte aus dem sozialen Umfeld des
Kindes und 27,1 Familienangehörige einschließlich der Stiefväter. Die meisten
bundesdeutschen Studien wie auch ausländische Erhebungen an nicht-klinischen Stichproben
sind zu ähnlichen Resultaten gelangt (vgl. etwa Brockhaus & Kolshorn, 1993; Bange &
Deegener, 1996; Engfer, 1997; Sariola & Uutela, 1994). Das Hauptrisiko ging nach den Daten
der Befragung des Jahres 1992 sowohl für Mädchen als auch für Jungen von Personen aus,
die dem sozialen Umfeld des Kindes entstammen. Wie oben schon vermutet wurde, liegt die
Quote der fremden Täter deutlich niedriger als bei den Hellfelddaten der Abbildung 2.
Zwar hat sich 1992 auch für das Dunkelfeld bestätigt, dass nur eine Minderheit der Befragten
von gut einem Viertel innerfamiliär Opfer des sexuellen Missbrauchs geworden ist.
Vergleicht man inzestuöse Missbrauchshandlungen mit nicht-inzestuösen Delikten, dann zeigt
sich allerdings anhand der Daten des Jahres 1992, dass Opfer von Vätern oder Stiefvätern
signifikant häufiger mehrfach missbraucht wurden und zu 53,6 Prozent Opfer von
Handlungen mit Penetration waren. Bei Opfern von Missbrauchshandlungen mit
Körperkontakt durch andere Täter sind entsprechende Handlungen in 33,1 Prozent der Fälle
vorgekommen. Die Opfer inzestuösen sexuellen Missbrauchs haben zudem ein signifikant
niedrigeres Erstviktimisierungsalter angegeben (N = 9,9; SD = 2,6) als Opfer anderer Täter
(M = 11,3; SD = 3,0). Der vergleichsweise seltene inzestuöse sexuelle Missbrauch durch
Väter oder Stiefväter hat also aus der Sicht der Befragten des Jahres 1992 früher begonnen, er
hat schwerwiegendere eingriffsintensivere Handlungen umfasst und war in der
überwiegenden Anzahl der Fälle ein mehrfacher sexueller Missbrauch. Hinzu kommt, dass
jedenfalls die Missbrauchsopfer der Befragung des Jahres 1992 innerfamiliäre Taten nur zu
0,5 Prozent polizeilich angezeigt hatten. Bei den außerhalb der Familie vorliegenden
7
8
Vorfällen war dagegen zu 11,4 Prozent eine Anzeige erfolgt. Im Durchschnitt ergab sich 1992
für Missbrauchsfälle mit Körperkontakt durch erwachsene Täter eine Anzeigequote von 7,4
Prozent. Zwar ist zu vermuten, dass sich das Strafverfolgungsrisiko sowohl für innerfamiliäre
als auch für extrafamiliäre Täter im Verlauf der seitdem vergangenen 18 Jahre deutlich erhöht
hat. Aber auch hier kann nur eine erneute Repräsentativbefragung die Aufklärung erbringen
und damit zugleich eine Antwort auf die Frage ermöglichen, in welchem Ausmaß der sexuelle
Missbrauch seit 1992 tatsächlich gesunken ist.
Zur Frage einer Reviktimisierung im Erwachsenenalter hat sich gezeigt, dass Frauen, die in
ihrer Kindheit Opfer elterlicher Misshandlung oder sexuellen Missbrauchs waren und auch
elterliche Partnergewalt beobachtet haben, später im Leben signifikant höhere Raten der
Viktimisierung durch schwere physische und/oder sexuelle innerfamiliäre Gewalt aufweisen.
In der Gruppe der Mütter, die im Erwachsenenalter Opfer innerfamiliärer Gewalt waren,
findet sich zudem eine höhere Rate von Frauen, die in der Erziehung ihrer eigenen Kinder
aktiv physische Gewalt anwendet.
International ist das Thema des sexuellen Missbrauchs ganz ähnlich wie in Deutschland erst
in den 80er und 90er Jahren in den Blickpunkt der Forschung geraten. Sehr schnell zeigte
sich, dass die relativ kleine Anzahl öffentlich bekannt gewordener Fälle keinesfalls als Beleg
für eine niedrige Opferrate gewertet werden kann (Finkelhor, Hotailing, Lewis & Smith,
1990). Finkelhor hat 2005 im Rahmen einer Sekundäranalyse anhand von Studien aus 21
Ländern verglichen, welche Opferraten sich jeweils gezeigt haben. Dabei stellte sich zunächst
heraus, dass die Daten zu einem großen Teil nicht vergleichbar waren, weil sich zu große
Divergenzen in der Definition des sexuellen Missbrauchs oder der Befragungsmethode
ergeben haben. Zudem war es den Forschern in den meisten Ländern nicht möglich gewesen,
ihren Untersuchungen repräsentative Bevölkerungsstichproben zugrunde zu legen.
Dort, wo Letzteres realisiert werden konnte, erbrachten die Befragungen sexuelle
Missbrauchserfahrungen bei wenigstens sieben Prozent der Frauen und bei drei Prozent der
Männer (Finkelhor, 2005). Generell bestätige sich, dass Mädchen im Vergleich zu Jungen ein
deutlich höheres Risiko haben, Opfer sexuellen Missbrauchs zu werden (1,5 bis 3-mal so
hoch) und dass sich hier besonders große Unterschiede im Bereich der innerfamiliären
Viktimisierung zeigen. Gleichzeitig ist aber auch deutlich geworden, dass es Jungen und
Männern erheblich schwerer fällt als Mädchen und Frauen, über ihre Erfahrungen zu
sprechen, Anzeige zu erstatten und möglicherweise auch gegenüber Wissenschaftlern
zuzugeben, dass sie Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sind (Bange, 2007). Insoweit ist
allerdings nicht auszuschließen, dass sich auch bei den Männern im Laufe der letzten 10 Jahre
die Bereitschaft deutlich erhöht hat, zu ihren sexuellen Viktimisierungserfahrungen in der
Kindheit zumindest bei Fragebogenerhebungen vollständige Angaben zu machen. Auffallend
ist jedenfalls, dass es sich bei den meisten Opfern, die in den letzten Jahren öffentlich über
entsprechende Opfererfahrungen berichtet haben, um Männer handelt.
In der öffentlichen Debatte zum sexuellen Missbrauch Minderjähriger stand in den letzten
Monaten häufig der Tätertyp des Pädophilen im Vordergrund. Hierbei handelt es sich um
8
9
Männer, die in ihrer sexuellen Ausrichtung ausschließlich oder überwiegend auf vorpubertäre
Kinderkörper (Jungen und/oder Mädchen) fixiert sind und deswegen meist nicht in festen
Partnerschaften bzw. Sexualbeziehungen mit altersgleichen Partnern leben (Ahlers, 2010, 14).
Das Interesse der Pädophilen bezieht sich dabei nicht nur auf sexuelle Kontakte mit einem
Kind. Darüber hinaus besteht meist ein ganzheitlicher, partnerschaftlicher Beziehungswunsch,
wie dies in partnerschaftlichen Beziehungen von Erwachsenen auch der Fall ist (Vogt, 2006).
Pädophile betonen deshalb sehr, dass ihr sexuelles Handeln gegenüber den Kindern von Liebe
geprägt sei und nicht davon, die Kinder mit Gewalt zu missbrauchen (Beier et al, 2006, 2009,
Ahlers, 2010).
In den Medien ist in den letzten Monaten vielfach der Eindruck entstanden, pädophile Täter
würden beim sexuellen Kindesmissbrauch dominieren. Hiergegen spricht jedoch bereits der
Befund einer Untersuchung der American Psychiatric Association (APA, 1999). Von den
wegen sexuellen Missbrauchs verurteilten Täters eines Jahrgangs war dort nicht einmal ein
Viertel als pädophil einzustufen. Dies mag allerdings auch damit zusammen hängen, dass
pädophile Täter möglicherweise ein geringeres Anzeigerisiko haben, weil sie sich häufig
darum bemühen, zu ihren Opfern eine enge persönliche Beziehung herzustellen.
Von den Pädophilen ist eine zweite Gruppe des sexuellen Missbrauchs zu unterscheiden – die
Hebephilen. Sie bevorzugen in ihrer sexuellen Ausrichtung jugendliche Mädchen- und
Jungenkörper. Gegenstand ihres sexuellen Interesses ist die beginnende, sich vollziehende
oder gerade abgeschlossene Geschlechtsreife, wenn sie sich in äußerlich erkennbaren Zeichen
dokumentiert wie etwa der Brustbildung bei den Mädchen oder dem Stimmbruch bei den
Jungen (Schiefenhövel, 2003; Grammer & Renninger, 2004; Fink et al 2006). Im Vergleich
zu den Pädophilen stellen die Hebephilen offenbar eine größere Gruppe dar. Für diese These
spricht jedenfalls der Befund einer empirischen Studie, die Ahlers 2010 vorgelegt hat. Er
konnte eine Gruppe von 466 Männern zu ihrer sexuellen Ausrichtung befragen, die sich in
Berlin freiwillig für seine Untersuchung zur Verfügung gestellt hatten. Danach zeigte sich,
dass die hebephile sexuelle Präferenz in Bezug auf Mädchen um das 3,5-fache (bei Jungen
um das 2,2-fache) häufiger ist als die Pädophile (Ahlers, 2010: 58). Damit ist freilich, was
Ahlers selber auch deutlich hervorhebt, noch nicht belegt, dass sich bei einer
Repräsentativbefragung eine entsprechende Dominanz der Hebephilen ergeben würde. So ist
es bei einer Befragung von Freiwilligen durchaus denkbar, dass Pädophile sich seltener zur
Verfügung stellen als Hebephile, weil sich erstere mit ihrer Vorliebe für Kinder noch stärker
als Außenseiter fühlen dürften als die Vergleichsgruppe derer, die Jugendliche kurz nach der
Pubertät bevorzugen. Und selbst wenn man unterstellt, dass bei Ahlers eingetretene
Zahlenverhältnis der beiden Gruppen entspräche weitgehend der Wirklichkeit, wäre damit
noch nicht geklärt, in welchem Ausmaß Pädophile und Hebephile ihre sexuellen Phantasien
und Wünsche auch in die Tat umsetzen und mit Minderjährigen ihrer Zielgruppe sexuellen
Missbrauch begehen.
Zu beachten ist ferner, dass es nach Einschätzung führender Sexualwissenschaftler unter
diesen Tätern des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger eine dritte Gruppe gibt, die
möglicherweise sogar zahlenmäßig dominiert: Männer und Frauen, die eigentlich erwachsene
9
10
Sexualpartner bevorzugen würden und sich, weil sie ihre Zielgrupe nicht erreichen konnten,
ersatzweise an Minderjährigen vergriffen haben (Beier et al, 2005; Ahlers, 2010). Die Gründe
dafür, warum es diesen Missbrauchstätern nicht möglich, eine Sexualbeziehung mit
erwachsenen Partnern einzugehen, sind bisher ebenso wenig erforscht worden wie die Frage,
zu welchem Anteil diese verschiedenen Tätergruppen bei der Realisierung ihrer
Sexualwünsche Gewalt eingesetzt haben und ob diesen Taten gegebenenfalls sadistische und
an Machtausübung orientierte Persönlichkeitsstrukturen zu Grunde liegen.
Angesichts der Tatsache, dass nach den Daten der KFN-Befragung des Jahres 1992 nur ein
Viertel der Missbrauchskontakte in der Familie entstanden ist, stellt sich die Frage, in
welchen Bereichen die Kinder ein besonders hohes Risiko haben, potentiellen Tätern zu
begegnen. Nach den vorliegenden empirischen Befunden ist sexueller Missbrauch in der
Regel kein zufälliges Geschehen, sondern langfristig geplant (Bange, 2007, 58). Das Ziel der
Täter ist es, die Kinder gefügig und wehrlos zu machen. Diese Kinder sollen nicht über ihre
Erlebnisse sprechen, der Missbrauch soll unentdeckt bleiben und fortgesetzt werden können
(Heiliger, 2000; Enders, 2001). Zentral ist für die Täter der Aufbau bzw. das Ausnutzen einer
Vertrauensbeziehung zum Opfer durch besondere emotionale und soziale Zuwendung.
Besonders empfänglich und von daher bevorzugt als Opfer ausgewählt sind Kinder mit
entsprechenden Defiziten: Kinder, die durch emotionale Vernachlässigung, ein familiäres
Klima der Gewalt oder auch durch ein Leben in sozialen Randlagen besonders geschwächt
sind. Zur Kontaktaufnahme werden Orte aufgesucht, an denen sich Kinder bevorzugt
aufhalten (Spielplätze, Schwimmbäder, Computerabteilungen großer Kaufhäuser) oder es
werden auch Berufe gewählt, die häufige Kontakte zu Kindern bzw. Jugendlichen
gewährleisten.
Die Tatsache, dass in den letzten Monaten mehrere Internate wegen gehäufter
Missbrauchsfälle in die Schlagzeilen geraten sind, dürfte kein Zufall sein. Zum einen ist
davon auszugehen, dass dort der Anteil von belasteten Kindern aus problematischen
Familienverhältnissen deutlich höher liegt als an normalen Schulen. Zum anderen ist zu
befürchten, dass pädophil orientierte Pädagogen sich mit besonderer Vorliebe auf Stellen an
Internaten bewerben, weil sich dort erweiterte Möglichkeiten ergeben, in engen Kontakt zu
Kindern treten zu können.
5. Zur aktuellen Debatte um den Kindesmissbrauch durch Priester, Diakone und
männliche Ordensangehörige
In der Öffentlichkeit ist im Jahr 2010 der Eindruck entstanden, dass katholische Kinder, die in
ihren Kirchengemeinden beispielsweise als Ministranten tätig sind, ein besonders hohes
Risiko haben könnten, Opfer sexuellen Missbrauchs durch Priester zu werden. So schätzte
Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung vom 1./2. April 2010 in seinem Leitartikel „Das
Leiden der Kirche“, dass in unserem Land 90 Prozent der Missbrauchsfälle sich außerhalb der
Katholischen Kirche ereignet. 10 Prozent wären danach den Priestern zuzurechnen. Der
Theologe Hans Küng hatte ferner in der SZ vom 8. März 2010 die These aufgestellt, der
Zölibat sei mitverantwortlich für einen massenhaften sexuellen Missbrauch von Kindern
10
11
durch katholische Priester und Ordensangehörige. Die bisher bekannt gewordenen Fakten
sprechen allerdings nicht dafür, dass diese Einschätzungen zutreffen.
So hat der SPIEGEL Anfang Februar bei allen 27 Diözesen Deutschlands nachgefragt, wie
viele Priester oder kirchlich angestellte Laien in ihrem jeweiligen Amtsgebiet seit 1995 als
Tatverdächtige oder Verurteilte dieses Deliktes registriert worden sind. 24 Diözesen haben
geantwortet. Wenn man die von ihnen benannten sieben Laien streicht, ergeben sich 117
verdächtige Priester – im Durchschnitt pro Bistum also 4,9. Unterstellt man ferner für die drei
fehlenden Bistümer sicherheitshalber jeweils eine doppelt so große Zahl, also 30 weitere
Personen, errechnet sich eine Gesamtzahl von 147 Priester, die in den 15 Jahren bundesweit
von der Polizei als Tatverdächtige registriert worden sind. Dem steht gegenüber, dass in
Deutschland zwischen 1995 und 2009 die Zahl der polizeilich erfassten Tatverdächtigen des
sexuellen Kindesmissbrauchs insgesamt 137.407 betrug. Der Anteil der tatverdächtigen
katholischen Priester liegt damit bei 0,1.
Nun könnte man einwenden, dass das Dunkelfeld bei Missbrauchsfällen in der Kirche
besonders groß sein könnte. Möglicherweise ist die Hemmschwelle, einen Priester
anzuzeigen, für viele Opfer höher als bei Tätern aus ihrem sonstigen nicht-familiären Umfeld.
Aber selbst wenn die kirchliche Dunkelfeldquote deswegen dreimal größer wäre als im
Durchschnitt der anderen Fälle, läge der Anteil der Priester bei den Tätern lediglich bei drei
statt bei einem Promille.
Zweifel ergeben sich ferner an der These von Küng, dass katholische Priester durch den
Zölibat ein deutlich erhöhtes Risiko hätten, Täter des Missbrauchs zu werden. Gegen diese
Behauptung spricht zunächst, dass es sich bei einem großen Teil der Täter um pädophile
Männer handeln müsste, also um Personen, die bereits unmittelbar nach der Pubertät darauf
festgelegt sind, durch vorpubertäre Kinderkörper sexuell erregt zu werden und sich in Kinder
zu verlieben. Bei ihnen kann die spätere Entscheidung, als Priester eine
Keuschheitsverpflichtung einzugehen, ihre sexuelle Grundorientierung also in keiner Weise
befördert haben.
Offen ist allerdings, ob Priester, die von ihrer sexuellen Grundorientierung her eigentlich
erwachsene Partner bevorzugen würden, gewissermaßen ersatzweise auf Kinder zugehen,
wenn ihnen – auch zölibatsbedingt – der Weg zu ihrer eigentlichen Zielgruppe versperrt
erscheint. Zu dieser wichtigen Frage verfügen wir in Deutschland über keine empirischen
Befunde. Anders als in den USA hat sich die katholische Kirche bisher nicht dazu
entschließen können, Wissenschaftler damit zu beauftragen, sämtliche bekannt gewordenen
Fälle des sexuellen Missbrauchs durch Priester systematisch zu untersuchen. In den USA ist
aus diesem großen Forschungsprojekt, zu dem sich dort die katholische Bischofskonferenz
bereits im Jahr 2004 entschlossen hat, eine Fülle von breit fundierten Erkenntnissen
erwachsen. Einen Überblick zu den aktuell vorliegenden Befunden vermittelt eine von Karen
Terry, der Projektleiterin, herausgegebene Sondernummer der Zeitschrift „Criminal Justice
And Behavior“ (Terry, 2008; Smith et al., 2008; Perillo et al., 2008, Tallon & Terry, 2008).
11
12
Die oben unter 1. dargestellte Dunkelfeldforschung wird zwar zur Häufigkeit der von
Priestern begangenen Missbrauchstaten sowie zu ihrer Vorgehensweise und den Merkmalen
der Opfer erste Erkenntnisse ermöglichen. Es ist aber zu bezweifeln, dass die Zahl der Fälle
ausreichend groß sein wird, um zu diesem Teilbereich des Missbrauchs breit fundierte
Befunde erarbeiten zu können. Es wäre der Katholischen Kirche deshalb sehr zu wünschen,
dass sie sich nach dem Vorbild der amerikanischen Bischofskonferenz dazu entschließt, zum
sexuellen Missbrauch durch Priester, Diakone und männliche Ordensmitglieder eine
umfassende Untersuchung zu ermöglichen.
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14
15
An die Vorsitzenden des Rechts- und Intergationsausschusses
und des sozialpolitischen Ausschusses
Hessischer Landtag
Postfach 3240
65022 Wiesbaden
Stellungnahme der BAG Verfahrensbeistandschaft zum Antrag der Fraktionen im
Hess. Landtag betreffend öffentliche Anhörung und ressortübergreifende
Koordinierung zur Bekämpfung sexuellen Missbrauchs von Kindern und
Jugendlichen
Berlin, den 09.04.2011
Die BAG Verfahrensbeistandschaft/Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche e. V. setzt sich grundsätzlich
für die Partizipationsrechte von Kindern gemäß der UN-Kinderrechtekonvention ein. Aus diesem Grunde halten
wir folgende Maßnahmen im Interesse der betroffenen Kinder für sinnvoll und notwendig:
1. Kommt es im Rahmen des Vorwurfs eines sexuellen Missbrauchs oder Übergriffs zu
einem
familiengerichtlichen Verfahren, so soll für das Kind grundsätzlich ein Verfahrensbeistand gemäß § 158
FamFG bestellt werden!
2. Kommt es im Rahmen eines Verdachtes auf sexuellen Missbrauch zu einer Herausnahme des Kindes im
Rahmen einer Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII und anschließendem Sorgerechtsverfahren, so soll dem
Kind im familiengerichtlichen Verfahren nach § 158 Abs. 2 Satz 3 FamFG ebenfalls umgehend ein
Verfahrensbeistand an die Seite gestellt werden.
3. Grundsätzlich soll gemäß § 158 Abs. 3 FamFG in diesen Fällen eine Verfahrensbeistandsbestellung
frühzeitig, also zu Beginn des Verfahrens erfolgen.
4. Kommt es im Rahmen des Vorwurfs eines sexuellen Missbrauchs oder Übergriffs zu einem polizeilichen
Ermittlungsverfahren oder einem strafgerichtlichen Verfahren, so soll für das Kind grundsätzlich ein
Ergänzungspfleger für den Bereich „Aussagegenehmigung“gemäß §§ 1909 BGB bestellt werden! Dabei soll
bei der Auswahl auf die ausreichende Qualifikation dieser Ergänzungspfleger im Bereich Pädagogik und
Psychologie sowie Umgang mit Kindern besonders geachtet werden.
5. In den Fällen, in denen von einem Elternteil ein Verdacht auf sexuellen Übergriff auf ein Kind geäußert
wurde, soll zur Absicherung des Rechts des Kindes auf Umgang mit beiden Elternteilen nach §§ 1684 Abs. 1
BGB ein geschützter Umgang nach §§ 1684 Abs. 4 Satz 3 BGB dann umgesetzt werden, wenn dies dem
Kindeswohl entspricht. Dies ist im Einzelfall zu prüfen. Dabei kann es aber auch in begründeten Fällen,
insbesondere bei eindeutiger Umgangsverweigerung des Kindes, zu einem vorübergehenden
Umgangsauschluss kommen.
16
6. Der nach §§ 1684 Abs. 4 Satz 3 BGB „mitwirkungsbereite Dritte“, also die
Person, die den beschützten Umgang in diesen Fällen durchführt, soll
über eine entsprechende Qualifizierung verfügen. Das Land soll im
Interesse der Kinder darauf hinwirken, dass die Kommunen eine
Finanzierung des beschützten Umgangs sicherstellen können.
7. Sollte es nach erfolgter Kindeswohlprüfung und der Anordnung eines
beschützten Umgangs zu einer Verweigerung des betreuenden
Elternteils kommen, den Umgang zuzulassen, so soll eine
Ergänzungspflegschaft für den Bereich „Umgang“ nach §§ 1909 BGB
eingerichtet werden.
8. Alle Personen, die als Professionelle in solchen Verfahren direkt mit
Kindern zu tun haben, sollen ein erweitertes Führungszeugnis gem. § 30a
BZRG vorlegen können.
9. Als präventive Maßnahme halten wir die Information aller Kinder über
ihre Rechte auf gewaltfreies Aufwachsen und die rechtliche Vertretung
in gerichtlichen Verfahren für dringend erforderlich. Diese Informationen
sollten Kindern in den Kindertagesstätten von den Erziehern und in den
Schulen von den Lehrern vermittelt werden.
Für den Vorstand
1.
Vorsitzender der der BAG Verfahrensbeistand/Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche e.V.
17
Per Email: [email protected]
Die Vorsitzenden des Rechts- und Intergrationsausschusses und des Sozialpolitischen Ausschusses
z.H. Dr. Ute Lindemann
Hessischer Landtag
PSF 3240
65022 Wiesbaden
12. April 2011
I A 2.2
Öffentliche Anhörung des Rechts- und Integrationsausschusses und des Sozialpolitischen
Ausschusses des Hessischen Landtags
Stellungnahme des Glasbrechen e.V.
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 16. März 2011 und die Einladung zu der öffentlichen Anhörung am
25. Mai 2011 in Wiesbaden.
Gern nehmen wir die gebotene Gelegenheit wahr, um schriftlich vorab Stellung zu nehmen.
I.
Wer ist Glasbrechen e.V. und was wollen wir?
1.
Am 4. September 2011 wurde Glasbrechen e.V. von ehemaligen Schülern der Odenwaldschule
gegründet und rund 2 Monate später als gemeinnütziger Verein eingetragen.
In Glasbrechen sind inzwischen viele Betroffene und nicht-betroffene ehemalige Schüler organisiert, die sich für die Interessen der betroffenen Ex-Schüler einsetzen. Hinzu kommen derzeitige
Mitarbeiter der Schule, wie auch ehemalige Lehrer und Lehrerinnen. Drei ehemalige Vorstandsmitglieder des Trägervereins der Odenwaldschule (seit 05.2010) sind Mitglieder bei Glasbrechen,
darunter auch die beiden zurückgetretenen Sprecher des Trägervereins. Hinzu kommt jetzt auch
der ehemalige Landrat des Kreises Bergstrasse, Norbert Hofmann. Die von der Schule seinerzeit
beauftragten “Aufklärerinnen” – Frau Burgsmüller und Frau Tilman – sind Mitglieder; Anwälte, Ärztinnen und Juristen, die teils selbstlos Opfer der Verbrechen auf der OSO vertreten, Psychologinnen und Finanzfachleute ebenso. Zwei Mitglieder des 2010 personell „erneuerten“ Trägervereins
sind ebenfalls bis dato zu Glasbrechen gestoßen.
18
Stellungnahme Glasbrechen e.V. vom 12.04.2011
Seite 2 von 5
2.
Im Einzelnen können Sie die Ziele von Glasbrechen aus der anliegenden Kopie unserer Satzung
ersehen (Anlage 1).
3.
Zum Anlass der Vereinsgründung im weiteren Sinne verweisen wir auf die umfangreichen Presseveröffentlichungen zum Thema „Missbrauch an der Odenwaldschule“ und die drei Berichte der von
der Schule beauftragten Ermittlerinnen, Frau vorsitzende Richterin am OLG i.R. und ehemalige
Präsidentin des OLG Frankfurt Brigitte Tilmann und Rain Claudia Burgsmüller (Anlagen 2-4).
II.
Was hat Glasbrechen seit vergangenem Herbst getan?
Wir haben einen Beirat eingerichtet, der sich mit der Verteilung möglicher Kompensationsgelder schon jetzt beschäftigt; und zwar vordringlich mit dem Thema, wie das unter Wahrung des
Persönlichkeitsschutzes transparent, menschlich und auch aus Sicht der Betroffenen nachvollziehbar erfolgen kann.
Wir sind durch Eigeninitiative beteiligt am Runden Tisch der Bundesregierung, der von Frau Dr.
Bergmann organisiert und einberufen wurde.
Wir haben uns, unter strikter Beachtung des Datenschutzes, an alle bekannten Opfer mit der
Bitte gewandt, uns zu sagen, was jeder/jede Einzelne erwartet oder sich wünscht – von uns im
Rahmen unserer Satzung und von der Schule.
Wir haben ein erstes fachlich kompetent geführtes Projekt für die Betroffenen auf den Weg gebracht, aus dem weitere Angebote für Gruppen oder Einzelne hervorgehen sollen. Voraussichtlich wird es vor Juni 2011 stattfinden.
Wir suchen nach Wegen, die wissenschaftliche Aufarbeitung der Taten zu fördern. Für die Aufarbeitung müssen nicht unerhebliche Mittel mobilisiert werden. Sie soll frei von Einflussnahmen
aus dem Kreis der im weiteren Sinne Beteiligten erfolgen. Hier stehen wir ganz am Anfang.
III.
Wünsche und Forderungen von Glasbrechen e.V. an die Politik
Glasbrechen solidarisiert sich unabhängig von Tatzeit und Tatort mit allen Betroffenen sexualisierter Gewalt.
Glasbrechen fordert im Zusammenhang mit pädosexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen – wo auch immer sie geschieht – Verjährungsfristen (zivil- wie strafrechtlich), die ihnen
eine wirksame Rechtsverfolgung ermöglichen, sobald sie dazu tatsächlich die Kraft und innere
Möglichkeit haben.
Mord verjährt – erst seit den siebziger Jahren – als einzige Straftat nicht. Der pädosexuelle
Missbrauch an Kindern allerdings lässt die Opfer wie die Täter weiterleben – die Täter in aller
Regel ungestraft, die Opfer bestraft für ihr Leben. Die bestehenden Verjährungsregelungen
verhindern eine gerichtliche Klärung.
Glasbrechen fordert größere und nachhaltigere Anstrengung durch Schaffung von Tatsachen
seitens der Gesetzgeber, der zuständigen Behörden, sowie der von der Bundesregierung eingerichteten Gremien zur Prävention und Aufklärung der pädosexuellen Gewalt an Kindern und
Schutzbefohlenen.
Glasbrechen setzt sich dafür ein, ein für die Tatbegehung ungünstiges Umfeld zu schaffen. Das
erfordert, dass die Personen in diesem Umfeld früher und eher geneigt sind, einzugreifen. Das
setzt zunächst voraus, dass es dem weiteren Umfeld erschwert wird, Druck auf Eingreifende
19
Stellungnahme Glasbrechen e.V. vom 12.04.2011
Seite 3 von 5
auszuüben. Es setzt weiter voraus, dass ein Rahmen geschaffen wird, in dem geeignete Maßnahmen schnell so ergriffen werden, dass in jeder Richtung die Menschenwürde gewahrt wird.
Bedenkt man, dass anfangs die Hinweise auf eine Tatgefahr diffus sein können, ist es auch nötig, einen Tatverdacht für potentielles Opfer und möglichen Täter schonend ausräumen zu können, wenn er nicht begründet ist. Am Ende soll so gut es geht gewährleistet sein, dass der Täter keine Gelegenheit erhält, auf potentielle Opfer zuzugreifen; und zwar zunächst bis zur Klärung der Umstände, sowie bei begründetem Verdacht bis auf Weiteres.
Glasbrechen spricht sich auch dafür aus, potentiellen Tätern die Möglichkeit zu geben, mit
fachlich qualifizierter Anleitung zu lernen, wie sie nach Kräften vermeiden, Taten zu begehen.
Sie sollten hierzu auch verpflichtet werden können.
Glasbrechen hält eine Verstärkung der Bemühungen für wesentlich, Kinder und Jugendliche zu
„stärken“ und zu befähigen, sich Übergriffen zu widersetzen und die Täter laut zu benennen.
Das Strafrechtsystem ist Angeklagtenzentriert gestaltet. Das hat seine guten Gründe und fußt
in der s.g. Unschuldsvermutung. Im Zivilprozess – meist auf Schadenersatz aber auch Unterlassung von Anschuldigungen gerichtet – sind Opfer Partei wie jede andere. Egal, wie man es
dreht oder wendet, tragen die Verfahren ihrer oft fragilen Verfassung nicht zureichend Rechnung. Leicht werden sie unerträglichen Befragungsmethoden ausgesetzt oder durch die Presse ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt. Die Öffentlichkeit orientiert sich dabei leicht an spektakulären Verfahren, wie sie in Frankreich, Worms oder Mannheim stattfanden bzw. -finden, ohne
die Vielzahl jener Fälle zu berücksichtigen, in denen sich der Tatverdacht bestätigte. Das Thema ist schwer angemessen zu bewältigen.
Gleichwohl fordert Glasbrechen nachdrücklich eine einfühlende, fürsorgliche Behandlung aller
Opfer von pädokriminellen Tätern in jeder Art von Verfahren; sei dies vor Behörden oder Gerichten. Auch Opfer, die später dem Kindesalter entwachsen sind, sollten so geschützt werden,
wie jugendliche Missbrauchsopfer, die vor Gericht oder Behörden gezogen werden.
IV.
Wünsche und Forderungen von Glasbrechen e.V. an die Politik in Hessen
1.
Die allgemeinen Forderungen von Glasbrechen richten sich im Wesentlichen an den Bundesgesetzgeber. Unsere Wünsche und Forderungen an das Land Hessen betreffen vor allem das Verhalten der zuständigen Landesbehörden und Ämter.
Wen man auch fragt - alle erklären sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen sei abscheulich. Allein, im Angesicht des Verdachts oder der Tat ist das engere und weitere Umfeld dann
seltsam verstock, schaut weg, und nimmt eine abwehrende Haltung ein, statt tatkräftig zu helfen. Das hilft den Tätern. Behörden und Ämter exponieren sich bei der Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben ungern und nehmen leicht eine als ‚defensiv’ zu qualifizierende Haltung
ein. Die Opfer sind nicht nur im Verhältnis zum Täter ‚verstrickt’ und fühlen sich befleckt oder
schuldig. Ab dem Tag, an dem sie die Tat und den Täter benennen können, sehen sie sich einem Stigma ausgesetzt. Vor allem bei im gesellschaftlichen Umfeld gut beleumundeten oder
beliebten Tätern erfahren sie weniger Solidarität, denn Zweifel oder verdeckte Ablehnung.
Schnell mobilisiert werden hier zur Diskreditierung der Opfer Beispielsfälle, in denen der Verdacht sexueller Gewalt sich später als unbegründet erwies.
Das Land Hessen ist aufgerufen, die verantwortlichen Mitarbeiter von Ämtern und Behörden so
zu schulen, dass sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbst nicht in solche Verhaltensmuster
verfallen und der Entstehung oder Verfestigung dieser Muster im Umfeld entgegenwirken.
20
Stellungnahme Glasbrechen e.V. vom 12.04.2011
Seite 4 von 5
Im Zusammenhang mit sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen wird zu sehr auf das
Strafrecht geschaut. Das vorrangige Ziel von Glasbrechen ist, dass möglichst wenige dieser
Taten geschehen. Glasbrechen wünscht sich vom Land Hessen kreative Kampagnen, mit denen das nähere und weitere Täterumfeld zum frühzeitigen Hinschauen und zur Intervention mit
Augenmaß angehalten wird. Das wird es erfordern, dass nach Kräften vermieden wird, im letztlich nicht gerichtsfest zu konkretisierenden Verdachtsfall all jene, die tätig wurden, mit disziplinarischen oder sonstigen rechtlichen Konsequenzen zu ‚überziehen’. Denn Glasbrechen hat
den Eindruck, dass Wegschauen und Negieren zu einem guten Teil der Furcht geschuldet ist,
negative Konsequenzen erleiden zu müssen.
Ziel sollte sein, die (potentiellen) Täter für alle Beteiligten schonend aus dem beruflichen oder
sonstigen Umfeld herauszunehmen, in dem sie mit potentiellen Opfern in zu engen Kontakt geraten können.
Konkret wünscht sich Glasbrechen vom Land Hessen deshalb eine wissenschaftlich fundierte
Entwicklung von Handlungskonzepten, die dann durch Schulungen der Verantwortlichen in Behörde und Schulen, sowie auch der Kinder und Jugendlichen im Unterricht dauerhaft umgesetzt und ständig beobachtet und verbessert werden.
Im Zusammenhang mit sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen an der Odenwaldschule
erschreckt, wie lange der Tatzeitraum ist und wie verspätet die Taten ins Blickfeld geraten sind.
Glasbrechen fordert eine Überprüfung der damaligen hessischen Kontrollorgane (Staatsanwaltschaften, Ermittelnde Polizei, Schulaufsichtsbehörden, Trägerverein, Hessisches Kultusministerium [hier Holzapfel: - es sollen dort angeblich Akten im Zusammenhang mit der Odenwaldschule verschwunden sein]). Es sind dabei die Mechanismen und Verhaltensmuster aufzudecken, die letztlich den Tätern zugute kamen.
Im Zusammenhang mit sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen auf der Aufsicht von
Landesbehörden unterliegenden Einrichtungen werden nach Eintritt von Taten Verfahren in
Gang gesetzt, die auf Sanktionen zielen - wie dem Entzug von erforderlichen Erlaubnissen. Es
ist klar, dass die Angst vor derartigen Konsequenzen die betroffenen Einrichtungen dazu motiviert, Vorfälle zu verschweigen oder zu unterdrücken. Es wird also staatlicherseits ein falscher
Anreiz gesetzt. Glasbrechen spricht sich demgegenüber dafür aus, einen Problemlösungsorientierten Absatz zu verfolgen. Das bedeutet, dass die Landebehörden sich vordringlich auf die
Intervention zur Bestandaufnahme und Verbesserung der internen Prozesse in der ‚befallenen’
Einrichtung konzentrieren sollten und – wenn noch nicht geschehen - befugt werden müssten,
hier Auflagen zu machen. Verwaltungsmäßige Sanktionen sollten nur ultima Ratio sein, wenn
eine Verbesserung scheitert. Im Übrigen sollte personenbezogen vorgegangen werden; z.B.
gegen Vertuschungs- oder Unterdrückungsversuche als Amtspflichtverletzung.
Glasbrechen wünscht sich vom hessischen Landtag Unterstützung für die wissenschaftliche
Aufarbeitung der sexuellen Gewalt an Kindern und Jugendlichen an der Odenwaldschule und
des passiv fördernden weiteren Umfelds, das diese über einen so langen Zeitraum ermöglichte.
Als qualifizierter Wissenschaftler kommt hier Prof. Dr. Jörg Fegert (Universitätsklinikum Ulm) in
Betracht, der willens und in der Lage ist, ein entsprechendes Projekt zu konzipieren und durchzuführen, wenn er dazu von unbeteiligter Seite beauftragt wird. Glasbrechen würde ihn durch
seine Mitglieder bei der Informationsgewinnung unterstützen. Das erforderliche Budget überschreitet die Möglichkeiten von Glasbrechen bei weitem. Glasbrechen will seine Mittel für die
Betroffenen einsetzen. Glasbrechen bittet deshalb den hessischen Landtag hier um Hilfe und
möchte mit den zuständigen Stellen in Hessen zu diesem Projekt ins Gespräch kommen.
Schließlich wünscht sich Glasbrechen eine nachhaltige öffentliche Debatte über Schuld, Sühne
und damit auch einen Ausgleich der von den Opfern erlittenen Nachteile. Glasbrechen hofft,
dass der hessische Landtag sich hierbei energisch engagiert. Glasbrechen bedauert, dass die
21
Seite 5 von 5
Stellungnahme Glasbrechen e.V. vom 12.04.2011
derzeitige öffentliche Debatte die Opfer aus dem Blick verliert, weil sie die sexuelle Gewalt an
Kindern und Jugendlichen an der Odenwaldschule in Zusammenhang mit behaupteten ‚Geburtsfehlern’ der Reformpädagogik thematisiert. Das verstellt den Blick auf das Wesentliche
und mobilisiert Abwehreaktionen, die - wohl ungewollt - den Tätern und ihren Gehilfen nutzen.
Allerdings wird irgendwann getrennt der Frage nachgegangen werden müssen, wie die Täter
ihr Umfeld so manipulieren konnten, dass reformpädagogisches Gedankengut von innen heraus erst usurpiert und dann pervertiert werden konnte.
Glasbrechen e.V. ist jederzeit an einem offenen Dialog mit allen interessiert, die sich darauf einlassen
wollen
Hochachtungsvoll,
Glasbrechen e.V.
Der Vorstand
Adrian Koerfer
Anlagen:
Sabine Pohle
1) Satzung Glasbrechen e.V.
2) 1. Ermittlungsbericht
3) 2. Ermittlungsbericht
4) 3. Ermittlungsbericht
Patrick de la Trobe
Erik Schäfer
22
Sicheres Netz hilft e.V.
Markus Wortmann M.A.
Äffentliche
AnhÅrung
und
ressortÇbergreifende
Koordinierung
zur
BekÉmpfung sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen
Der
sexuelle
Missbrauch
von
Kindern
und
Jugendlichen
stellt
eine
gesamtgesellschaftliche und ernstzunehmende Bedrohung dar. Auch wenn in der
aktuellen Polizeilichen Kriminalstatistik1 in Hessen 2010 ein R€ckgang der Fallzahlen
um 36 auf 753 F•lle (- 4,6 %) zu verzeichnen ist, sollte uns bewusst sein, dass jedes
Opfer ein Opfer zu viel ist. Auf Bundesebene ist laut PKS seit 20092 der niedrigste
Wert (- 6,1 % auf 11.319 F•lle) seit 1993 zu verzeichnen Das Dunkelfeld in diesem
Deliktsbereich spielt dabei eine wesentliche Rolle und sollte nicht untersch•tzt
werden.
Seitens der Medien- und Presseberichterstattung werden €ber aktuelle, aber auch
zur€ckliegende Straftaten im Zusammenhang mit dem sexuellem Missbrauch von
Kindern und Jugendlichen sowie €ber den Erwerb/Besitz und die Verbreitung von
Kinderpornografie im Internet berichtet ("Tatort Internet – Sch€tzt endlich unsere
Kinder").
In
der
Regel
werden
solche
„Eilmeldungen/Sondermeldungen“
durch
die
…ffentlichkeit kurzfristig sehr ernst genommen. Im schlimmsten Fall kann je nach Stil
der Berichterstattung auch eine sogenannte Kriminalit•tsfurcht in der Bev†lkerung
ausgel†st werden.
Die Frage, die wir uns stellen sollten, m€sste lauten: „Und was kommt nach dem
Opferwerden auf die Opfer zu? Werden die Opfer umfangreich, nachhaltig und
angemessen
betreut,
sodass
eine
sekund•re
bzw.
terti•re
Viktimisierung
ausgeschlossen werden kann? Haben wir einheitliche M†glichkeiten und Strukturen
um einen qualifizierten Opferschutz zu gew•hrleisten? Ist es uns m†glich, dass wir
durch geeignete Pr•ventionsma‡nahmen das Opferwerden erheblich reduzieren
k†nnen?
1
Polizeiliche Kriminalstatistik 2010 des Landes Hessen, Pressepapier, herausgegeben vom LKA in
Zusammenarbeit mit dem HMdIS am 24. Februar 2011, Seite 5.
2
Polizeiliche Kriminalstatistik 2009, Bundesministerium des Inneren, Seite 9.
1
23
Sicheres Netz hilft e.V.
F€r die Verhinderung des Opferwerdens sollte aktive Kriminalpr•vention auf
regionaler und €berregionaler Ebene stattfinden. Diese kann aber letztendlich nur
funktionieren, wenn alle Professionen und Institutionen sowie Vereine und Verb•nde
auf Grundlage von Wertsch•tzung und einem Miteinander, ohne Konkurrenzen, die
gleichen Ziele verfolgen - n•mlich der qualifizierte Opferschutz und die Verhinderung
des Opferwerdens.
Die Botschaft kann in aller Konsequenz nur lauten: „Taten statt Worte - gemeinsam
handeln und mehr erreichen durch interdisziplin•res Handeln.“
Zudem ist zu gew•hrleisten, dass die Betreuung von Opfern ausschlie‡lich von
geeignetem und qualifiziertem Personal erfolgt.
Dieses Fachwissen wird jedoch bislang bestenfalls fragmentarisch genutzt. Einige
Fachberatungsstellen sowie Opferverb•nde und Institutionen bieten einzelne
Fortbildungen/Fachtagungen an – anderen Einrichtungen fehlen die finanziellen
Voraussetzungen bei vorhandenen Fachkenntnissen g•nzlich. Zudem werden auch
in den aktuellen †ffentlichen Diskussionen die fachlichen Ressourcen der
Fachberatungsstellen
nicht
ausreichend
wahrgenommen,
wertgesch•tzt
und
ausgesch†pft.
Die
Bundesweite
Handlungsf•higkeit
Fortbildungsoffensive
(Pr•vention
und
2010-20143
Intervention)
von
zur
St•rkung
der
Mitarbeiterinnen
und
Mitarbeitern der Kinder- und Jugendhilfe zur Verhinderung sexualisierter Gewalt zielt
darauf ab, das vorhandene Wissen und die Erfahrungen der Fachberatungsstellen
f€r die Pr•ventionsarbeit gewinnbringend zu nutzen. Statt unter gro‡em zeitlichen
und finanziellen Aufwand neue Konzepte zu entwickeln und strukturell umzusetzen,
gilt es, auf den Erfahrungen jahrzehntelanger Pr•ventionsarbeit aufzubauen und
vorhandene
Best-Practice-Modelle
zu
st•rken
und
auszuweiten.
Qualit•tsmanagement und Controlling sowie die Gew•hrleistung der Nachhaltigkeit
3
Deutsche Gesellschaft f€r Pr•vention und Intervention bei Kindesmisshandlung und -vernachl•ssigung e.V.,
Dr. Esther Klees, Seite 1 – 7.
2
24
Sicheres Netz hilft e.V.
sind
Grundvoraussetzungen
um
einen
h†chstm†glichen
Kinderschutz
zu
gew•hrleisten.
Folgende Punkte sollten kurz- und mittelfristig im Vordergrund stehen, damit
ein optimaler Kinderschutz gewÉhrleistet werden kann.
 Sensibilisierung der …ffentlichkeit f€r den aktiven Kinderschutz (hinschauen
statt wegschauen), Selbstverantwortung und Anzeigepflicht als (Netz)
B€rgerpflicht. Interdisziplin•res Handeln bei der aktiven Kriminalpr•vention
und dem qualifizierten Opferschutz und fl•chendeckende Umsetzung
folgender Schwerpunkte:
a. Information und Wissen f€r Kinder, Eltern, Kindergarten- und Lehrpersonal,
Vereine und alle, die in ihrer Funktion als Erziehungsverantwortliche wirken.
b. die Erziehung von selbstbewusstem Verhalten von Anfang an
c. das Vorleben von erw€nschten Verhalten und die Thematisierung von
Erfahrungen im Umgang mit Grenz€berschreitungen in Familien
d. die Vernetzung aller an der Erziehung, Ausbildung, Jugend-, Familienhilfe,
Strafverfolgungsorgane
e. Aufnahme der Thematik in Lehr- und Studienpl•ne als Grundvoraussetzung
 Sensibilisierung von Kindern, Jugendlichen und Eltern €ber die Gefahren im
Internet,
Vermittlung
von
Internetsicherheit
und
Erlangung
von
Medienkompetenz durch Projekte wie die zertifizierte Aus- und Fortbildung
zum zertifizierten Internet-Medien-Coach4 f€r Erziehungsverantwortliche.
 Schaffung und Sicherung von Hilfsangeboten f€r Opfer (qualifizierter
Opferschutz5).
 Ausbau beratender und therapeutischer Angebote f€r Menschen mit
p•dosexuellen Neigungen.
 Professionelle
Einbindung von Wissenschaft
und Forschung
-
enge
Verzahnung von Theorie und Praxis.
4
Ideengeber/Konzeptverantwortlich f€r die zertifizierte Aus- und Fortbildung zum IMC sind Frau Dr. Korinna
Kuhnen und Herr Markus Wortmann M.A., Kooperationspartner: Netzwerk gegen Gewalt/Microsoft
Deutschland GmbH und Sicheres Netz hilft e.V.,
5
siehe DGfPI; WEISSER RING e.V.; zertifizierter Fachberater Opferhilfe durch die Alice Salomon Hochschule in
Berlin etc..
3
25
Sicheres Netz hilft e.V.
Eschborn, den 13. April 2011
im Original unterschrieben
Markus Wortmann M.A.
Kriminologe und Polizeiwissenschaftler,
Dipl.-Verwaltungswirt, zertifizierter Fachberater Opferhilfe
Vorstandsvorsitzender
Sicheres Netz hilft e.V.
www.sicheres-netz-hilft.de
65760 Eschborn
Nikolausengasse 3 a
[email protected]
4
26
Stellungnahme anlässlich der öffentlichen Anhörung des Rechts- und
Integrationsausschusses sowie des sozialpolitischen Ausschusses des Hessischen
Landtags am 25. Mai 2011 zum Thema
„Bekämpfung sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen“
Das Institut für Rechtsmedizin der Universitätsklinikum Gießen & Marburg GmbH ist
zuständig für die rechtsmedizinische Versorgung von 5 LG-Bezirken (Gießen, Marburg,
Limburg, Fulda, Kassel). Der Beitrag der Rechtsmedizin zur „Bekämpfung sexuellen
Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen“ umfasst u.a.:
1. Körperliche Untersuchung von missbrauchten Kindern und Jugendlichen mit
Dokumentation und sachverständiger Interpretation festgestellter Verletzungen. Die
Untersuchung kann in der institutseigenen Ambulanz in Gießen stattfinden oder in
Räumen des Universitätsklinikums Gießen. Unter dem Aspekt der Beweissicherung
wäre die einmalige gleichzeitige gynäkologische und rechtsmedizinische
Untersuchung sinnvoll.
2. Sicherung von Spuren am Körper des Opfers, an Kleidungsstücken, am Tatort und an
Tatgegenständen etc.
3. Erstellen von Rechtsmedizinischen Gutachten zur Kausalität von Verletzungen für u.a.
Polizei, Staatsanwaltschaft, Gerichte, Jugendämter, Heimaufsicht, konsiliarisch für
Ärztinnen und Ärzte, im Privatauftrag.
4. Beratung von insbesondere Mitarbeitern der Polizei- und Justizbehörden (Polizei,
Staatsanwaltschaft, Gerichte) zur konkreten Beweissicherung im Einzelfall, zum
Umfang der Beweissicherung, zu relevanten Fragestellungen an Gutachter.
5. Tätigkeit als Sachverständige in Gerichtsverfahren, v.a. Strafverfahren bei Anklagen
wegen Sexualstraftaten (13. Abschnitt des StGB – Straftaten gegen die sexuelle
Selbstbestimmung, §§ 174 bis 184f StGB) zum Nachteil von Kindern und
Jugendlichen. Diese Tätigkeit wird von anderen ärztlichen Berufsgruppen ungern
übernommen, weil dort die Erfahrung mit der Rolle als Sachverständiger vor Gericht
fehlt – dies gilt nicht nur für Strafverfahren.
6. Untersuchung von Körperflüssigkeiten (Urin, Blut) und Haaren zum Nachweis von
Fremdsubstanzen (mögliche Fremdbeibringung? Wehrlosigkeit des Opfers?), bei
Sexualdelikten v.a. zum Nachweis von sog. K.o.-Tropfen wie GHB.
7. Spurentechnische und mikroskopische Untersuchungen vor allem zum Nachweis von
Sekretspuren, v.a. Spermaspuren bzw. Spermien und Spurensicherung für
molekularbiologische Untersuchungen (DNA-Analyse).
8. Weiterbildungsvorträge u.a. für angehende Polizeibeamte, Polizisten, Staatsanwälte,
Mitarbeiter von Jugendämtern, Ärzte, (Kinder-)Krankenschwestern, Hebammen etc.
zum Thema Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch.
9. Beratung niedergelassener Ärztinnen und Ärzte bei fraglichen Fällen von
Kindesmisshandlung und sexuellem Missbrauch, Beratung und Unterstützung der
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Schutzambulanz Fulda (erfolgt regelmäßig).
27
10. Einbringen der Themen „Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch“ in die
studentische Ausbildung von Studierenden der Humanmedizin und der
Rechtswissenschaft.
11. Selten: Obduktion von minderjährigen Opfern eines sexuellem Missbrauchs bei
Tötung des Opfers, dann vorab Tatortinspektion, Interpretation des Spurenbildes am
Tatort, Untersuchung des Leichnams (Zustand und Auffindeposition,
Verletzungsmuster, Leichenliegezeitbestimmung usw.), weiterführende postmortale
biochemische, feingewebliche und chemisch-toxikologische Untersuchungen.
Institut für Rechtsmedizin
Universitätsklinikum Gießen&Marburg GmbH
Frankfurter Straße 58
35392 Gießen
Prof. Dr. Dr. R. Dettmeyer
Prof. Dr. M.A. Verhoff
28
Öffentliche Anhörung des Rechts- und Integrationsausschusses und des Sozialpolitischen
Ausschusses des Hessischen Landtages
Bekämpfung sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen
Kerstin Reckewell
Oberstaatsanwältin und Ständige Vertreterin des Leitenden Oberstaatsanwalts,
Staatsanwaltschaft Darmstadt
Die Strafverfolgungsbehörden sind auf dem Gebiet des sexuellen Missbrauchs von Kindern
repressiv tätig. Dabei darf jedoch die spezial- und generalpräventive Wirkung von Verurteilungen nicht vernachlässigt werden. Auch für das betroffene Kind ist die Durchführung eines
Strafverfahrens nicht nur belastend. Vielmehr kann von einem Strafverfahren auch eine Entlastungs- und Erledigungsfunktion ausgehen (vgl. Busse, Volbert, Steller, Belastungserleben
von Kindern in Hauptverhandlungen, S. 198 m.w.N.). Entscheidend hierfür sowie für die spezial- und generalpräventive Wirkung ist die Art und Weise der Durchführung des Strafverfahrens.
Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern stellen die Strafverfolgungsbehörden
vor die besondere Aufgabe, Opferschutz und Prävention in Einklang zu bringen mit Tataufklärung und den hierfür geltenden strafprozessualen Grundprinzipien wie Unschuldsvermutung, Mündlichkeits- und Öffentlichkeitsprinzip.
Wichtigstes und häufig einziges Beweismittel in Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs ist
zumeist ein kindlicher Zeuge. Dessen besondere Schutzbedürftigkeit, die hierdurch bedingte
hohe Emotionalität aller Beteiligten sowie die besonderen Schwierigkeiten der Würdigung
kindlicher Aussagen erfordern ein spezielles Vorgehen, das sowohl den besonders schützenswerten Zeugen, den Kindern, als auch den Schwierigkeiten der Wahrheitsfindung und damit
nicht zuletzt dem Schutz unschuldig Verfolgter gerecht wird.
Opferschonendes Vorgehen in derartigen Ermittlungsverfahren ist aber alternativlos. Nur ein
Verfahren, das die Belastungen für den kindlichen Zeugen möglichst gering hält, führt zu einer guten, verwertbaren Aussage und schafft damit die Voraussetzungen für die prozessuale
Wahrheitsfindung.
Die potentiell verfahrensindizierten Belastungen von Kindern in Strafverfahren haben Busse,
Volbert und Steller in einem Forschungsprojekt im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz bereits im Jahr 1996 untersucht. Die Ergebnisse gelten nach wie vor.
Belastungsfaktoren sind danach im Wesentlichen:
29
2
•
•
•
•
•
•
•
lange Wartezeiten bis zur Hauptverhandlung,
wiederholte Befragungen,
Verunsicherung durch fehlendes rechtliches Wissen,
Aussage in der Öffentlichkeit,
Befragung durch fremde Personen,
Begegnung mit dem Angeklagten,
unerwünschter Verfahrensausgang.
Ziel des Ermittlungsverfahrens sollte es sein, diese Belastungen für das Kind auf das geringst
mögliche Maß zu reduzieren.
Dies setzt zunächst voraus, dass die Sachleitungsbefugnis durch die Staatsanwaltschaft (§ 160
StPO) in Anspruch genommen wird. Eine koordinierte Planung und Durchführung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft ist nur möglich, wenn sie von Beginn an in das
Verfahren eingebunden ist. Dieses erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Polizei und
Staatsanwaltschaft. Es muss die Absprache getroffen werden, dass die Staatsanwaltschaft –
wie es § 160 StPO vorsieht – unmittelbar bei Bekanntwerden eines Missbrauchsvorwurfes bei
der Polizei von dieser kontaktiert wird. Nur wenn sichergestellt ist, dass der zuständige Sonderdezernent der Staatsanwaltschaft bei Aufnahme der Ermittlungen unterrichtet wird, besteht
für ihn die Möglichkeit, das Vorgehen im konkreten Fall zu konzipieren: zu entscheiden, zu
welchem Zeitpunkt Untersuchungsmaßnahmen stattfinden, wann der Beschuldigte rechtliches
Gehör erhält, von wem und wann der kindliche Zeuge vernommen wird. Nur so ist es möglich, vermehrte Vernehmungen des kindlichen Zeugen zu vermeiden und auf – im besten Fall
– nur eine zu reduzieren. Ob die Vernehmung durch die Polizei, die Staatsanwaltschaft oder
das Gericht erfolgt, ist von der konkreten Fallkonstellation abhängig. Die Auswahlentscheidung sollte aber immer die Staatsanwaltschaft unter Berücksichtigung der prozessualen und
tatsächlichen Besonderheiten des Einzelfalles treffen. Eine Stärkung der Sachleitungsbefugnis
bzw. deren verstärkte Inanspruchnahme durch die Staatsanwaltschaft führt mithin zu einer
Verbesserung der Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern.
Auch wenn die Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs ein zügiges Vorgehen erfordern, sind
übereilte Maßnahmen kontraproduktiv. Derartige Verfahren entwickeln häufig – insbesondere
durch die am Strafverfahren nur indirekt Beteiligten – eine Eigendynamik, die dazu verführt,
hektisch und übereilt zu agieren. Dabei ist ein ruhiges, bedachtes und koordiniertes Vorgehen
in diesen Verfahren besonders wichtig. So ist darauf zu achten, dass die Entscheidung über
den Zeitpunkt und die Durchführung der Vernehmung des Kindes durch die Staatsanwaltschaft geplant und nicht von außen bestimmt wird. Nur so ist es möglich, das Ziel der Reduzierung der Vernehmungen des Kindes im Ermittlungsverfahren auf möglichst nur eine zu
erreichen.
Erscheint ein Elternteil mit einem Kind auf einer Polizeistation, um Anzeige wegen sexuellen
Missbrauchs zum Nachteil des betreffenden Kindes zu erstatten, so ist die sofortige Verneh-
30
3
mung des Kindes fast nie angezeigt und im Fall eines bestehenden Aussageverweigerungsrechts im Zweifel ohnehin unverwertbar. Ziel sollte es sein, zu erreichen, dass die Anzeigeerstattung zunächst ohne Begleitung des Kindes erfolgt und ein Dritter (Elternteil oder eine andere Bezugsperson) den Sachverhalt der Staatsanwaltschaft bekannt gibt, damit diese sodann
den Ablauf des Ermittlungsverfahrens opferschonend und effektiv planen und durchführen
kann. Dieses Ziel kann erreicht werden, durch eine enge Vernetzung mit anderen in Fällen
sexuellen Missbrauchs beteiligten Einrichtungen wie Jugendamt und Opferschutzverbänden.
Vielerorts existieren bereits Arbeitskreise, an denen unter anderem Opferschutzverbände, Jugendämter, Soziale Dienste, Polizei und die Staatsanwaltschaft teilnehmen. Ein Kennenlernen
und Akzeptieren der unterschiedlichen Arbeitsansätze und Aufgabenbereiche ist erforderlich,
um ein effektives Zusammenarbeiten zu ermöglichen, das letztlich sowohl dem betroffenen
Kind als auch dem möglicherweise unschuldigen Beschuldigten zugute kommt. Die Abgrenzung und das Akzeptieren der unterschiedlichen Aufgabenbereiche sind für ein erfolgreiches
Miteinander aller Beteiligten besonders wichtig. Die Staatsanwaltschaft hat nicht therapeutisch tätig zu werden, ebenso haben andere Einrichtungen Ermittlungen zu unterlassen. Das
gegenseitige Erkennen und Akzeptieren der unterschiedlichen Aufgabenbereiche sollte vielmehr dazu führen, die Arbeit des anderen zu unterstützen und zu ermöglichen, indem die
Grenzen eingehalten werden und Aufgaben ggf. an den Anderen abgegeben werden.
So habe ich während meiner Arbeit als Sonderdezernentin der Staatsanwaltschaft Hanau in
den Jahren 1993 - 2004 erfolgreiche Vernetzung erlebt. Dies führte dazu, dass Anzeigen häufig direkt – durch Vermittlung insbesondere der Opferschutzverbände – bei der Staatsanwaltschaft erstattet wurden. Das ermöglichte nicht nur eine Planung und koordinierte Durchführung der Ermittlungsverfahren sondern war auch insoweit entlastend als die therapeutische
Betreuung der betroffenen Kinder und deren Elternteile sichergestellt war. Die Frage der Erstattung einer Anzeige stand für die Opferschutzverbände nicht nur mit im Fokus, sondern am
Beginn ihrer Arbeitsaufnahme. Dieses hatte den Vorteil, dass die Aussage durch die therapeutische Arbeit nicht beeinflusst und verändert wurde.
Dieses leitet über zum Schwerpunkt der Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs: der Vernehmung des kindlichen Zeugen. Die Vernehmung und die Beurteilung der Glaubhaftigkeit
der kindlichen Aussage bilden die wesentlichen Problemfelder in Verfahren wegen „sexuellen
Missbrauchs“.
Durch Einführung der videodokumentierten Vernehmung hat der Gesetzgeber in den zurückliegenden Jahren die entscheidenden rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, Belastungsfaktoren für kindliche Zeugen zu minimieren. Mittels des sog. „Zeugenschutzgesetzes“, das am
1.12.1998 in Kraft trat, hat der Gesetzgeber die Grundlage für die audiovisuelle Vernehmung
von Zeugen im Ermittlungsverfahren geschaffen. Durch die ausdrückliche Aufnahme des §
58a StPO in § 163a III S. 1 StPO im 2. Opferrechtsreformgesetz, welches am 01.10.2009 in
Kraft trat, besteht nunmehr auch für die polizeiliche Vernehmung insoweit Verbindlichkeit.
31
4
In seiner Entscheidung vom 03.08.2004 (NStZ-RR 2004, 336) hat der 1. Strafsenat des BGH
betont, dass § 58a StPO eine grundsätzliche Verpflichtung der Ermittlungsbehörden zur Aufzeichnung der Aussage des mutmaßlich geschädigten Zeugen beinhaltet, wenn eine noch
nicht 16-jährige Person Opfer schwerwiegender Sexualstraftaten geworden ist. Die durch den
Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz (Gesetz zur Stärkung der Rechte von
Opfern sexuellen Missbrauchs (StORMG)) vorgesehene Änderung des § 58a StPO in eine
Sollvorschrift hinsichtlich richterlicher Vernehmungen ist zwar grundsätzlich zu begrüßen,
sollte jedoch – der Rechtssprechung des BGH folgend – für sämtliche Vernehmungen gelten.
Zwar kann die Aufzeichnung einer richterlichen Vernehmung zu Beweissicherungszwecken
angezeigt sein, jedoch kann sich auch die Aufzeichnung einer polizeilichen oder staatsanwaltschaftlichen Vernehmung anbieten. Die Ergänzung des § 58a StPO drängt diese Möglichkeiten in den Hintergrund. § 58a StPO sollte dergestalt ergänzt werden, dass bei den angesprochenen Zeugen unabhängig von der Vernehmungsperson grundsätzlich eine Aufzeichnung auf
Bild-Ton-Träger erfolgen sollte. Anderenfalls ist zu befürchten, dass die von mir beobachtete
Entwicklung der letzten Jahre, die Vernehmung gerade kindlicher oder jugendlicher Opferzeugen den Ermittlungsrichtern zu überlassen, sich verfestigt und verstärkt. Ziel sollte es jedoch sein, auch die staatsanwaltschaftliche Vernehmung kindlicher Opferzeugen wieder mehr
in den Fokus zu rücken.
Je nach Einzelfall kann die polizeiliche, die staatsanwaltschaftliche oder die richterliche Vernehmung insbesondere aus Opferschutzgründen die richtige Wahl sein. Die richterliche Vernehmung mit dem Erfordernis der Beiordnung eines Pflichtverteidigers ist in Verfahren, in
denen gerade die Vernehmung des Zeugen erst Aufschluss über einen möglichen Tatvorwurf
bringen kann, gerade nicht angezeigt. In diesen Fällen macht jedoch die Aufzeichnung der
polizeilichen oder staatsanwaltschaftlichen Vernehmung Sinn, um die (zumindest im Ermittlungsverfahren) Erstaussage zu sichern und transparent für alle Verfahrensbeteiligte zu gestalten. Die geplante Änderung des § 58a StPO ist insoweit kontraproduktiv und führt zu einer
Schwächung der Opferrechte, da er die Sachleitungsbefugnis der Staatsanwaltschaft einschränkt und die Verantwortung für die Vernehmung des Opferzeugen auf die Ermittlungsrichter überträgt, anstatt die Verantwortung einer einzelfallbezogenen Auswahl der Vernehmungsperson bei der Staatsanwaltschaft zu belassen und sie mit in die Verantwortung als
ebenfalls mögliche Vernehmungsperson zu nehmen.
Für die Hauptverhandlung eröffnet § 255 Abs. 2 S. 1 StPO die Möglichkeit, die Vernehmung
eines Zeugen im Rahmen der Hauptverhandlung durch die Vorführung der Videovernehmung
vollständig zu ersetzen.
§ 58a und 255 StPO ermöglichen damit eine Minimierung der Belastungen kindlicher Zeugen
im Strafverfahren, indem im besten Fall lediglich eine auf Video aufzuzeichnende Vernehmung im Ermittlungsverfahren erfolgt. Die Belastungsfaktoren
•
•
lange Wartezeiten bis zur Hauptverhandlung,
wiederholte Befragungen,
32
5
•
•
Aussage in der Öffentlichkeit und
Begegnung mit dem Angeklagten
würden dadurch entfallen.
Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass die vernehmungsersetzende Bild-TonAufzeichnung enge rechtliche Voraussetzungen hat, die aufgrund tatsächlicher Gegebenheiten
– zu denen die nicht flächendeckend vorhandene und teilweise nicht ausreichende technische
Ausstattung sowie auch die Besonderheiten des Einzelfalles zählen – nicht in jedem Ermittlungsverfahren zu erfüllen sind, so dass die vernehmungsersetzende Bild-Ton-Aufzeichnung
in der Vergangenheit eher die Ausnahme als die Regel war. Zudem eröffnet § 255 a Abs. 2 S.
2 StPO trotz ersetzender Vorführung der Videoaufzeichung nicht zuletzt dem Verteidiger die
Möglichkeit, eine ergänzende Vernehmung des Zeugen zu erzwingen. Eine Aufweichung der
Voraussetzungen der Norm, um deren Anwendungsmöglichkeiten auszuweiten, scheidet aus,
da die Ersetzung der Vernehmung durch die Bild-Ton-Aufzeichnung bereits unter den gegebenen Voraussetzungen eine massive Durchbrechung des in § 250 StPO normierten Unmittelbarkeitsgrundsatzes und Mündlichkeitsprinzips darstellt, die keiner Erweiterung mehr zugänglich ist, ohne die Beschuldigteninteressen unzulässig einzuschränken.
Eine weitere rechtliche Möglichkeit Belastungen kindlicher Zeugen in der Hauptverhandlung
zu minimieren bietet § 247a StPO, der die Vernehmung von Zeugen in der Hauptverhandlung
in Form einer Videokonferenz ermöglicht.
Auch wenn die Ausschöpfung der gesetzlichen Möglichkeiten die Aufzeichnung von Aussagen auf Bild-Ton-Träger betreffend erhebliche Chancen der Minimierung von Belastungen
kindlicher Zeugen bietet, darf nicht vergessen werden, dass diese einhergehen muss mit persönlicher Eignung und fachlicher Qualifikation der agierenden Ermittlungspersonen. Ausund Fortbildung ist insoweit sicher ein wichtiges Kriterium, kann jedoch persönliche Eignung
und Engagement nicht ersetzen. Dieses sind die wesentlichen Faktoren für die Erreichung des
Ziels: des im jeweiligen Einzelfall größtmöglichen opferschonenden Vorgehens bei gleichzeitig größtmöglicher Effizienz der Ermittlungen. Die Auswahl geeigneter Dezernenten ist daher von entscheidender Bedeutung für eine erfolgreiche und opferschonende Ermittlungstätigkeit.
Die eigentlichen Probleme in Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern ergeben
sich aus der Zeugenrolle des Kindes.
Das größte Problem ist insoweit die Suggestibilität von Kindern. Dabei geht es nicht – wie
häufig verkannt wird – um die Frage, ob das Kind lügt oder ihm ein Erwachsener bewusst die
Unwahrheit eingeredet hat, sondern um die schwierige Frage, ob das Kind unbewusst beeinflusst wurde und hierdurch seine Aussage verändert wurde. Jede Vernehmung beeinflusst und
verändert die Aussage. Nicht nur Suggestivfragen sondern bereits die Wiederholung bestimmter Fragen, die Reaktion des Fragenden und die mit der Befragung verbundene Auf-
33
6
merksamkeit durch den Erwachsenen beeinflussen das Aussageverhalten. Dieses kann so weit
reichen, dass eine falsche Erinnerung beim Kind erzeugt wird. Diese wird vom Kind als tatsächlich erlebt geschildert und von ihm auch als Realität empfunden. In der Kognitionspsychologie werden hierzu drei Thesen vertreten: die Integrationsthese (die Suggestion wird integriert und ist später nicht mehr von dem real Erlebten zu unterscheiden), die Substitutionsthese (die Suggestion überschreibt das tatsächlich Erlebte) und die These von der fehlerhaften
Quellattribuierung (die Suggestion erschwert den Abruf der Quellsituation), vgl. hierzu
Klein/Jäger, Kinderaussagen, wie glaubhaft sind sie? ZfAL 34, 2001, 27-61. Kann eine solche
suggestive Befragung und Beeinflussung der Aussage des Kindes nicht ausgeschlossen werden, sind Anklage und Verurteilung des Beschuldigten nicht möglich, da ein Tatnachweis
nicht mit der für eine Verurteilung erforderliche Sicherheit nachzuweisen ist. Selbst wenn zur
Überzeugung der Staatsanwaltschaft und/oder des Gerichts feststeht, dass ein sexueller Missbrauch stattgefunden hat, dieser jedoch aufgrund der suggestiven Beeinflussung nicht hinreichend zu konkretisieren ist, weil sich nicht mehr feststellen lässt, was genau vorgefallen und
was lediglich suggeriert wurde, ist das Verfahren einzustellen bzw. der Angeklagte freizusprechen. Diese Entscheidung stößt zumeist auf Unverständnis in der Öffentlichkeit und bei
den am Verfahren nicht direkt Beteiligten, schildert das Kind doch (zumeist sogar detailreich)
einen sexuellen Missbrauch durch den Beschuldigten. Fälschlich wird häufig die Schlussfolgerung gezogen, man habe dem Kind nicht geglaubt.
Kinder, bei denen der Verdacht besteht, dass Sie Opfer eines sexuellen Missbrauchs geworden sind, dürfen mithin keinesfalls hierzu ausgefragt werden. Entscheidend für das Ermittlungsverfahren ist daher, inwieweit es gelingt, eine möglichst spontane (möglichst) Erstaussage des Kindes zu erlangen, die auf Video oder zumindest Tonträger aufzuzeichnen ist. Dieses
zu erreichen ist für die Strafverfolgungsbehörden nur möglich durch eine enge Zusammenarbeit mit den anderen betroffenen Einrichtungen. Anknüpfend an oben muss die Vernetzung zu
einem gegenseitigen Erkennen und Akzeptieren der unterschiedlichen Aufgabenbereiche führen. Befragungen durch Mitarbeiter des Kindergartens, des Kinderheims, des Jugendamtes,
von Therapieeinrichtungen sowie durch die Eltern bzw. Pflegeeltern oder andere Familienangehörige müssen zunächst unterbleiben, wenn ein Strafverfahren durchgeführt werden soll.
Nur ein derart professioneller Umgang ermöglicht es den Strafverfolgungsbehörden, eine
möglichst unbeeinflusste Aussage des Kindes zu erlangen, auf Video zu konservieren und
damit die Möglichkeit eines erfolgreichen Ermittlungs- und Strafverfahrens zu schaffen. Natürlich ist auch jede Befragung im Ermittlungsverfahren geeignet, die Aussage des Zeugen zu
beeinflussen, weshalb es – nicht nur aus Gründen des Kindswohls – überaus wichtig ist, wiederholte Befragungen zu vermeiden und die Anzahl der Vernehmungen auf möglichst nur
eine im Ermittlungsverfahren zu reduzieren.
Aus dem Geschilderten folgt, dass je später die Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet werden, desto geringer die Erfolgsaussichten eines Ermittlungs- und Strafverfahrens sind. Zumeist steht aufgrund des Zeitablaufs nur noch der Zeugenbeweis mit den geschilderten Problemen zur Verfügung. Lässt sich eine Beeinflussung der Aussage – beispielsweise durch Therapie – nicht ausschließen, ist eine Verurteilung nicht zu erreichen. Unter diesem Aspekt ist
34
7
eine weitere – auf den ersten Blick wünschenswerte - Verlängerung der Verjährungsregeln
abzulehnen. Bereits bei der bestehenden Verjährungsgesetzeslage kommt es aufgrund der
geschilderten Problematik kaum zu Verurteilungen gegen Ende der Verjährungsfrist.
Anstelle einer Verjährungsverlängerung sollte vielmehr eine Anzeigepflicht zur Diskussion
gestellt werden. Dem Argument, eine Strafanzeige sei dem Kindesschutz häufig nicht zuträglich, ist entgegenzuhalten, dass eine frühzeitige Anzeige bei effektiver Zusammenarbeit der
beteiligten Professionen die Möglichkeit einer erfolgreichen Strafverfolgung bietet. Demgegenüber endet ein zu späterem Zeitpunkt von dritter Seite oder auch von dem inzwischen erwachsenen Zeugen angestrengtes Ermittlungsverfahren zumeist durch Einstellung oder Freispruch und kann damit zu einer erheblichen psychischen Belastung (s.o. Belastungsfaktor:
unerwünschter Verfahrensausgang) führen.
Zusammenfassend sind mithin die wesentlichen Faktoren eines im repressiven wie präventiven Sinne effektiven Strafverfahrens die Inanspruchnahme und Stärkung der Sachleitungsbefugnis der Staatsanwaltschaft sowie die Vernetzung mit anderen Professionen und hierdurch
bedingte Zusammenarbeit anstelle von Nebeneinander und im schlechtesten Fall Gegeneinander bei der Durchsetzung des gemeinsamen Ziels der Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs
von Kindern.
Darmstadt, 14.04.2011
35
Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Hessen e. V.
Stellungnahme zu öffentlicher Anhörung
Koordinierung zur Bekämpfung sexuellen Missbrauchs von
Kindern und Jugendlichen
Absatz 1
Die Verpflichtung das Kindeswohl entsprechend Artikel 3 (Wohl des Kindes) Artikel 12
(Berücksichtigung des Kindeswillens ) Artikel 19 (Schutz vor Gewaltanwendung,
Misshandlung, Verwahrlosung) Artikel 34 (Schutz vor sexuellem Missbrauch) der UN
Kinderrechtskonvention und den in der nationalen Rechtsordnung verankerten
Schutzes des Kindes vor Gewalt und sein Recht auf gewaltfreie Erziehung zu achten,
muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden. Es muss immer wieder
darauf hingewiesen werden, dass Gewalt gegen Kinder kein Mittel zur Erziehung ist.
Die Werte unserer Gesellschaft auf Schutz und Achtung des Individuums muss durch
Vorleben und Erleben erreicht werden.
Die verbindliche Aufnahme des individuellen Rechts des Kindes in der Hessischen
Verfassung und im Grundgesetz der Bundesrepublik muss erfolgen. So wird ein
deutliches Zeichen für die Wahrung der Rechte der Kinder gesetzt und das
Bewusstsein der Gesellschaft für die Kinderrechte gestärkt.
Absatz 2
Durch Forschungs- und Evaluationsergebnisse über Programme zu Gewalt gegen
Kinder, dem Thema Missbrauch von Kindern, der Auswirkung von Partnergewalt auf
Kinder und andere Gewaltformen können die angesprochenen Konzepte, für die
unterschiedlichen Altersgruppen in den jeweiligen Einrichtungen oder Lebenswelten
der Kinder und Jugendlichen, aufgebaut werden.
Aus Sicht des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB) muss ein gezielter Auf- und
Ausbau der fachspezifischen Angebote und Qualifikationen erfolgen. Dies ist sowohl
im Bereich der bezahlten, wie unbezahlten Arbeit notwendig und ebenso bei der
Schulung der Erziehungsberechtigten zu Fragen der Bildung und Erziehung der Kinder
und Jugendlichen, wie im SGB VIII verankert.
Das Recht der Eltern auf Beratung und Unterstützung muss als Pflichtaufgabe definiert
werden. Kinderschutz fängt bei den Eltern an. Gerade auch beim Thema Missbrauch
von Kindern brauchen wir Vertrauenspersonen der Kinder, die ein offenes Ohr für die
Kinder haben, Verhaltensveränderungen frühzeitig erkennen und handeln.
Absatz 3
Die gelungene Vernetzung – auch ressortübergreifend – beschäftigt die
unterschiedlichen Disziplinen, Fachrichtungen und Ressortabteilungen schon lange.
Als Kinderschutzbund wissen wir:
Kinder und Jugendliche erwarten Hilfe und Unterstützung, wenn sie Probleme haben.
Sie halten sich nicht an Ressortzuordnungen. Die Fachrichtungen müssen das
Ressortdenken im Interesse zur Stärkung des Kinderschutzes, in eine vertrauensvolle
und kollegiale Zusammenarbeit in gegenseitiger Achtung und Wertschätzung,
aufbauen. Ein Gesamtkonzept soll entsprechende Einheiten für den gemeinsamen
1
36
Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Hessen e. V.
Austausch vorsehen. Das Ziel „Gewalt gegen Kinder und Gewalt unter Kindern“
einzudämmen, muss Priorität haben.
Die Differenzierung der Arbeit mit Opfern und der Arbeit mit Tätern sind zu
berücksichtigen. Die Erfahrungen im Täter-Opfer-Ausgleich zeigen, wie sensibel die
„Begegnung“ zwischen Opfern und Tätern angesprochen werden muss. Die
Differenzierung für die Betroffenen sichtbar und erkennbar sein.
Qualitätsstandards gehören zum Aufbau der Netzwerkarbeit dazu.
Absatz 4
Es ist dringend erforderlich Maßnahmen so zu gestalten, dass sie auch umgesetzt
werden können und die Rahmenbedingungen entsprechend geschaffen werden. Es
reicht nicht ein Konzept zu schreiben, Empfehlungen auszusprechen und zu erwarten,
dass es auf der Handlungsebene ohne zusätzliche Ressourcen sowohl in personeller,
wie auch in räumlicher und finanzieller Hinsicht umzusetzen ist. Eine gute Koordination
und ein guter Austausch unterschiedlicher Ansätze müssen ermöglicht werden.
Absatz 5
Der gesetzliche Auftrag Kinder und Jugendliche vor Gewalt jeglicher Form zu
schützen, erfordert konkrete Handlungen. Allein durch Informationen auf die
unterschiedlichen Angebote aufmerksam zu machen, reicht nicht aus. Wir brauchen
ein „Mehr“ an Prävention in allen Feldern der Kinder- und Jugendarbeit und einen
Ausbau der Beratungskapazitäten. Das Recht auf gewaltfreie Erziehung muss auch in
das Recht auf Schutz in Form der entsprechenden Unterstützungs-, Hilfs- und
Schutzmaßnahmen münden.
In der Gesellschaft muss das Bewusstsein gestärkt werden, dass Kinder und
Jugendliche ein Recht darauf haben, vor Gefahren geschützt zu werden und es ist
die Pflicht der Erwachsenen, nicht wegzusehen. Insbesondere Prävention ist eine sehr
wichtige Grundlage für einen wirksamen Kinderschutz. Prävention fängt mit den
„Frühen Hilfen“ an und zieht sich bis zu den Förderungen im Bereich der
Jugendbildung und Jugendeinrichtungen.
Jedes Kind hat das Recht auf Schutz, aber auch jeder Erwachsene die Pflicht, für den
Schutz Sorge zutragen und ebenfalls das Recht bei der Umsetzung der gewaltfreien
Erziehung und der Bewältigung eigener Gewaltproblematiken, zum Wohle der
Kinder, unterstützt zu werden.
Maßnahmen, die aus Sicht des DKSB dringend notwendig erscheinen:
Prävention
Ausbau der „Frühe Hilfen“.
Anbindung des Themas Kinderschutz in das Lebensumfeld der Kinder und
Jugendlichen durch Gruppenangebote für die Alterstufen sowie für die
unterschiedlichen Personengruppen, die zu den Bezugspersonen der Kinder gehören.
(Mütter, Väter, pädagogische Fachkräfte, Lehrerinnen und Lehrer, Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter im Freizeitsektor).
2
37
Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Hessen e. V.
Gewaltprävention
Gruppenangebote in den Einrichtungen mit dem Ziel konstruktive und gewaltfreie
Konfliktlösungen aufzubauen und die Stärkung des Aufbaus von Freundschaften mit
Gleichaltrigen, sowohl geschlechtergetrennt, wie übergreifend.
Barrierefreie, niederschwellige Beratungsangebote und Aufbau eines Netzwerks mit
Vertrauenspersonen, die für Kinder und Jugendliche gut erreichbar sind.
Verbindliche Unterrichtseinheiten zum Thema Sexueller Missbrauch und Gewalt
gegen Kinder. Sowie Gewalt in den Medien mit externen Fachkräften.
Theaterangebote zu Themen der Kindeswohlgefährdung mit anschließenden
Gruppenangeboten.
Beratungsangebote
•
•
•
•
•
•
Die Beratungsstellen des DKSB sollen Einzel- und Gruppentherapieangebote für
von sexueller Gewalt betroffenen Kindern und Jugendlichen vorhalten können
Beratungs- und Therapieangebote für sexuell ausbeutende Erwachsene
Beratungsangebot für nicht-ausbeutende Elternteile
Thematisierung der Gewalt in Paarbeziehungen und ihre Auswirkungen auf
Kinder – Erlebte Gewalt und die Auswirkungen auf eigenes Handeln der Kinder
und Jugendlichen
Thematisierung der sexuellen Gewalt unter Teenagern und in
Teenagerbeziehungen auch in Verbindung mit Mobbing und Stalking
Erarbeitung von Konzepten zum Täter-Opfer-Ausgleich unter Jugendlichen bei
sexuellen Übergriffen
Institutionelle Grundlagen
Verankerung des Themas in Aus- und Fortbildungen aller mit diesen Themen
befassten Professionen, nicht nur aus dem Bildungs- und Jugendhilfebereich, sondern
auch der Justiz.
Klare Handlungsleitlinien für die Vorgehensweise mit Verdachtsfällen innerhalb von
Institutionen, die sich an den zum Schutz der Kinder und Jugendlichen erarbeiteten
Standards orientieren. Hierzu zählt auch die Hinzuziehung der insoweit erfahrenen
Fachkräfte – Kinderschutzfachkraft – entsprechend § 8a SGB VIII.
Dies muss analog für die anderen Bereiche, in denen sich Kinder und Jugendliche
aufhalten, gelten:
Sensibilisierung des Fachpersonals für das Thema Kindeswohlgefährdung und
Kinderschutz
Qualifizierung zum Themenkomplex
Verbindliche Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe mit Benennung konkreter
Ansprechpartner mit guter Erreichbarkeit
Einführung des erweiterten Führungszeugnisses für alle Erwachsenen, die mit Kindern
und Jugendlichen arbeiten, unabhängig von bezahlter und unbezahlter Arbeit,
entsprechend dem Bundeskinderschutzgesetz.
Jugendschutz im Netz auf- und ausbauen.
Evaluation aller präventiven Angebote.
3
38
Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Hessen e. V.
Friedberg, den 13.04.2011
gez.
Verone Schöninger
Landesvorsitzende
Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Hessen e. V.
Gebrüder-Lang-Straße 7, 61169 Friedberg
Fon: 06031/18733
Fax: 06031/722649
Email: [email protected]
www.kinderschutzbund-hessen.de
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